Motivation und Volition - Über das Setzen und Verwirklichen von Zielen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

21 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Zielkonzept

3 Sequentielle und imperative Konzepte des Willens
3.1. Sequentielle Konzeptionen
3.2. Imperative Konzeptionen

4. Setzen und Verwirklichen von Zielen
4.1. Allgemeines zu Zielen
4.2. Beschaffenheit von Zielen
4.3. Kuhls Theorie der Handlungskontrolle
4.4. Weitere Theorien zur Zielverwirklichung
4.5. Wirkung von Implementations-Absichten
4.6. Wirkung von Zielsetzung auf die Leistung

5. Testverfahren zur Messung volitionaler Komponenten
5.1. Der Selbstregulations- und Konzentrationstest für Kinder (SRST-K) und der Selbstregulations-Strategientest für Kinder (SRKT-K)
5.1.1. Begriff der Selbstregulation
5.1.2. Konzeption des SRKT-K
5.1.3. Zusammenhang zwischen SRST-K und SRKT-K
5.1.4. Testdurchführung des SRST-K
5.1.5. Testauswertung und -interpretation des SRST-K
5.2. Handlungs- und Lageorientierungsmessung mit dem HAKEMP
5.3. Das Selbststeuerungsinventar: Dekomponierung volitionaler Funktionen

6. Trainingsprogramm zur Schulung von Lern- und Volitionsstrategien für Studenten

7. Zusammenfassung

8.Literatur

1. Einleitung

Nicht all unsere Handlungen führen wir aus, weil wir dazu motiviert sind. Ein Seminar etwa, welches ein Student aufgrund des Curriculums seines Studienfaches besuchen muss, dessen Inhalten er aber nichts abgewinnen kann, wird er als anstrengend erleben. Dennoch muss er auch hier seine Leistung bringen - ein Willensprozess ist dazu nötig. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Zusammenhang zwischen Motivation und Volition und geht insbesondere auf die Prozesse und Variablen ein, die bei der Volition eine Rolle spielen. Wie spielt Setzen und Verwirklichen von Zielen hier mit? Welche Bedingungen sind für eine Zielerreichung oder erfolgreiche Selbstregulation förderlich bzw. hinderlich. Um die Beantwortung dieser Fragen geht es in der vorliegenden Arbeit. Sie widmet sich zunächst den theoretischen Grundlagen, also etwa imperativen und sequentiellen Modellen von Motivation und Volition wie dem Rubikon-Modell. Auch die theoretische Fundierung von Kuhl Konzept der Handlungs- und Lageorientierung soll hier beleuchtet werden. Auch soll es darum gehen, in ausgewählten Testverfahren zu zeigen, wie volitionale Fähigkeiten und Schwächen gemessen werden können. Es soll herausgefunden werden, was Menschen unterscheidet, die ihre Ziele mehr oder weniger realisieren können. Zuletzt wird noch eine konkrete Anwendung vorgestellt, die Menschen mit Problemen bei der Zielerreichung helfen sollen.

2. Das Zielkonzept

Die nachstehend skizzierten Ausführungen zum Zielkonzept orientieren sich an GOLLWITZER und OETTINGEN (2000). Wenn die Rede von voltional gesteuerten Prozessen ist, spielt die Vorstellung, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, eine zentrale Rolle. Behavioristische Ansätze sehen einen externen Anreiz als zentralen Ausgangspunkt für zielgerichtetes Verhalten, nicht das selbst gefasste Ziel einer Person. Heutige Zieltheorien hingegen postulieren, dass zielgerichtetes Handeln sich auf Ziele bezieht, gegenüber denen sich eine Person verpflichtet fühlt. Diese Theorien gehen also davon aus, dass auch subjektive internale Ziele zielgerichtetes Verhalten ausüben können. Der Begriff des Anreizes aus der behavioristischen Tradition spielt auch bei diesen Ansätzen noch eine Rolle: Anreize werden als Produkte der Bedürfnisse einer Person und den situativen Möglichkeiten angesehen, eine Handlung umzusetzen. Diese neue Perspektive, die zielgerichtetes Handeln in Bezug zu subjektiven Zielen betrachtet, hat ihre Wurzeln im Mentalismus und der deutschen Willenspsychologie. Diese Ansätze sollen in der Folge kurz skizziert werden.

Die Mentalisten William James und William McDougall führten 1890 bzw. 1950 aus, dass Verhalten absichtlich gesteuert werden kann, auch wenn dieser Steuerungsversuch nicht zwangsläufig von Erfolg gekrönt sein muss. Bewusste Zielsetzungen etwa würden die Erfolgswahrscheinlichkeit durch kognitive Prozesse, die sich auf die Diskrepanz zwischen angestrebtem und aktuellem Zustand beziehen, erhöhen.

Narziß Ach war der Meinung, dass allein die Tatsache, dass man einen Entschluss gefasst bzw. sich eine Zielsetzung gebildet hat, bereits eine Kraft auswirkt. Dies nennt er determininierende Tendenz. Ist diese ausgebildet, so realisiert man die Handlung auch, sobald man die Gelegenheit dazu hat. Entschluss und Handlung sind in diesem Ansatz also miteinander verknüpft. Voraussetzung ist allerdings das Vorhandensein des aktuellen Moments, einer Entschlossenheit zur Handlungsausführung. Eine spezielle Zielsetzung, die verfolgt werden muss, ist in diesem Ansatz nicht nötig. Ebenfalls geht Ach nicht davon aus, dass für die Ausführung einer Gewohnheitshandlung eine Motivation notwendig ist.

Doch gerade dies besagt der Ansatz von Kurt Lewin: Sowohl dem Gewohnheitshandeln als auch dem Vornahmehandeln muss demnach Motivation zugrunde liegen. Die Theorie geht davon aus, dass Zielsetzungen bestimmten Objekten und auch Ereignissen einen Aufforderungscharakter zuweisen. Wie echte Bedürfnisse auch können Zielsetzungen bzw. Quasi-Bedürfnisse auf mehrerlei Wegen erreicht werden. Der Wille hat in diesem Ansatz zwei Funktionen. Zunächst die Vornahme bzw. Entschließung etwas Bestimmtes zu tun und solche Vorgänge, die beim Handeln direkt wirksam werden. Mit diesen Ausführungen unterscheidet sich Lewin klar von Ach und schafft gleichzeitig die Grundlage zur Unterscheidung von sequentiellen und imperativen Modellen des Willens, auf die nun kurz eingegangen werden soll.

3 Sequentielle und imperative Konzepte des Willens

3.1. Sequentielle Konzeptionen

Man kann also die Konzeptionen des Willens in zwei Gruppen unterteilen - die sequentiellen Konzeptionen, sich schwerpunktmäßig mit dem willentlichen Entschluss beschäftigen und die imperativen Konzeptionen, die das Hauptaugenmerk auf das willentliche Handeln legen. Beide Arten werden nun in Anlehnung an SOLOKOWSKI (1997) dargestellt. Die sequentiellen Konzepte gehen von einem sukzessiven Ablauf bzw. mehreren aufeinander folgenden Stufen bei der Ausführung willentlicher Handlungen aus. Entscheidend dabei ist, dass mehrere Alternativen als Handlungsziel zur Verfügung stehen, wie dies etwa im Falle einer Kaufentscheidung gegeben sein könnte. Je konkreter das Ziel dabei geplant ist, desto leichter gelingt die Umsetzung. Ein Beispiel für ein solches Modell ist das Rubikon-Modell, das 1987 von Heckhausen und Gollwitzer vorgestellt wurde. Es sieht vier aufeinander folgende Phasen vor, die sich voneinander abgrenzen lassen. In der ersten Phase (motivationale Phase) erfolgt die Generierung von und das Abwägen zwischen Zielen. Darauf folgt eine volitionale Phase. Sie wird mit einem Entschluss eingeleitet und ist gekennzeichnet durch planende Aktivitäten, die unter anderem durch eine gezieltere Informationsaufnahme und -verarbeitung die Umsetzung der gefassten Entschlüsse erleichtern. Man spricht beim Übergang in diese Phase auch vom Überschreiten des Rubikons und meint damit, dass der einmal getroffene Entschluss nicht umkehrbar ist und nun in die Tat umgesetzt werden wird. Bietet sich eine Möglichkeit zur Zielrealisierung und wird diese auch erkannt, erfolgt der Übergang in die dritte Stufe - sie ist ebenfalls volitionaler Natur. Zuletzt erfolgt in einer vierten, nun wieder motivationalen Phase die Bewertung der Handlung. Es werden also Erfolge und Misserfolge registriert und hinterfragt. Bei den Bewertungsprozessen erfolgt z.B. eine Kausalattribution: dem Scheitern bzw. Gelingen werden also Ursachen zugeschrieben, die etwa auf der eigenen Fähigkeit oder externen Faktoren beruhen können. Entspricht das Handlungsergebnis dem intendierten Ziel, wird die Zielintention abgehakt und das Ziel gilt als erreicht. Im anderen Falle müssen sich z.B. Strategien überlegt oder neue Vorsätze gefasst werden, um eine Zielerreichung wahrscheinlicher zu machen. Wird ein Ziel nicht erreicht, so kann dies sich negativ auf die Volitionsstärke auswirken, eine erfolgreiche Zielrealisierung kann dagegen positive Effekte haben. Das RubikonModell misst der Entschlussbildung besondere Bedeutung zu, zentral ist außerdem die Entschlussfassung als unumkehrbarer Akt (Rubikon-Übergang). Kritisiert wurde an diesem Modell, dass es eine lineare bzw. sogar kausale Beziehung zwischen bewussten Zielen und entsprechendem Verhalten. zugrunde legt.

3.2. Imperative Konzeptionen

Neben den sequentiellen Konzeptionen lassen sich auch die imperativen, also befehlenden Konzeptionen anführen. Sie besagen, dass sich energische Willenshandlungen gegen andere, entweder habituelle, affektive oder motivierte Handlungsstendenzen richten. Willentliches Agieren ist demnach weniger die Ausführung der Handlung als vielmehr die Unterdrückung von Unlust. Willentliches Handeln setzt Bewusstheit von Zielen und eine Gelegenheit zur Handlungsausführung voraus. Solche Handlungen sind durch ein subjektives Anstrengungserleben gekennzeichnet. Motivational gesteuerte dagegen durch ein „Flusserleben“ - dabei ist man frei von Reflexionen über sich selbst. Man fühlt sich eins mit der Tätigkeit, die Zeit verstreicht subjektiv schneller, es kann sogar zum gänzlichen Verlust des Zeitempfindens kommen („Flowerleben“). Bei volitionalen Handlungen ist die Wahrnehmung auf die handlungsrelevanten Situationsreize eingegrenzt, irrelevante Aspekte werden ausgeblendet. Die Funktion der Willenstätigkeit ist es dabei, eine andere als die gegenwärtige Antriebslage zu simulieren. So geschieht der Übergang von einer motivationalen in eine volitionale Phase. Die willentliche Handlungskontrolle geschieht über eine bewusste Kontrolle der Gedankeninhalte. Dadurch kann kurzfristig das ebenfalls im Bewusstsein repräsentierte Gefühl beeinflusst werden. Es ist allerdings zu erwähnen, dass Gefühle schwerer manipulierbar sind. So kann sich zum Beispiel jeder vorstellen, überfallen zu werden (Gedanke), doch wenn es in echt passiert, hat dies eine größere Tragweite (Gefühle). Sind Gedanken und Gefühle gleich, erfolgt eine motivationale Handlung. Sind Gedanken und Gefühle im Konflikt, so werden Gedanken erschaffen, die Motivation bilden um die Handlung auszuführen. Vor der Ausführung der Handlung wird das Gefühl „nach getaner Arbeit“ vorweggenommen (Anreizantizipation). Man kann Fähigkeiten zur motivationalen/volitionalen Handlungskontrolle üben. Je stärker die Emotion, desto schwerer das Gegenlenken. Wichtig ist im Rahmen imperativer Konzeptionen auch die Unterscheidung zwischen einer motivationalen vs. einer volitionalen Steuerungslage. Widerstände, die verhindern, dass zielgerichtetes Handeln ausgeführt wird oder es auch nur unterbrechen, können durch fehlende Motivation oder auch fehlende Fähigkeiten - erklärt werden. Widerstände äußerer Art stellen dabei vorwiegend ein Fähigkeitsproblem dar, Widerstände innerer Art ein Motivationsproblem. In den imperativen Modellen soll der Wille also eine aktuelle Motivationslage durch eine andere ersetzen und damit die Erreichung eines gesteckten Zieles wahrscheinlicher machen. Um Handeln auf Zielkurs zu halten sind nach Kuhl selektive Aufmerksamkeit, Enkodierkontrolle, Motivationskontrolle, Emotionskontrolle, Umweltkontrolle und eine sparsame Informationsverarbeitung erforderlich.

4. Setzen und Verwirklichen von Zielen

4.1. Allgemeines zu Zielen

Mit den Phänomenen der Zielsetzung und der Zielverwirklichung haben sich auch GOLLWITZER/OETTINGEN (2000) beschäftigt. Einige ihrer Ergebnisse sollen in der Folge dargestellt werden.

Die Merkmale zielgerichteten Verhaltens sind seine Beständigkeit bzw. Persistenz, die Wahl eines alternativen Weges bei der Blockierung des gewählten Weges zum Ziel und die Suche nach dem Zielobjekt bei relevanten Kontextstimuli. Ziele muss man sich nicht selbst setzen, sie können auch von Fremden, etwa dem Arbeitgeber oder dem Dozenten an der Universität gesetzt sein. Ob solche Ziele verbindlich als die eigenen übernommen werden, hängt unter anderem davon ab, ob es gelingt, das Ziel auf die eigene Person anzupassen, also es in bereits bestehende eigene Zielsetzungen zu integrieren. Es kann vorkommen, dass fremd gesetzte Ziele nicht mehr als solche erkannt werden. Dieses Phänomen wird als „Selbstinfiltration“ bezeichnet: Das Selbst wird von fremden Zielen infiltriert, ohne dass die Person die „Fremdheit“ ihrer Ziele bemerkt.

Wie bereits zuvor im Rubikon-Modell dargestellt, werden nicht alle Wünsche, die eine Person hat, automatisch auch zu Zielen, die sie hartnäckig verfolgt. Da den Menschen Zeit und Gelegenheit fehlt, alles in die Trat umzusetzen, muss eine Auswahl erfolgen. Dies geschieht anhand der Kriterien Wünschbarkeit und Machbarkeit. Mit der Wünschbarkeit wird dabei ausgedrückt, ob man die kurzfristigen und langfristigen Folgen einer Zielerreichung als Anreiz bewertet. Ob man sich eine Aufgabe zutraut, also davon ausgeht, die notwendigen Kompetenzen zur Zielerreichung zu besitzen, bezeichnet die Machbarkeit. Wünsch- und Machbarkeit werden nicht isoliert, sondern in Relation zu anderen möglichen Zielen gesehen.

4.2. Beschaffenheit von Zielen

Ziele unterscheiden sich nicht nur im Inhalt sondern auch in strukturellen Merkmalen. Sie können etwa anspruchslos oder herausfordernd sein, ganz konkret oder vage, positiv bzw. negativ. Ferner lassen sich übergeordnete Ziele („Be“-Ziele) und untergeordnete Ziele („Do-Ziele“) wie momentane Anliegen, Identitätsziele, persönliche Projekte, persönliches Streben oder non-normative Lebensaufgaben unterscheiden. Ziele können auch proximal bzw. distal sind. Proximale Ziele beziehen sich auf die nahe Zukunft, distale Ziele weisen in die ferne Zukunft. Genau mit dieser Zeitperspektive beschäftigten sich Bandura & Schunk (1981). Sie fanden heraus dass je nachdem, ob man sich proximale oder distale Ziele setzt, auch die Erfolgswahrscheinlichkeit der Zielrealisierung ändert. Das Setzen von proximalen Zielen erleichtert den Erfolg im Zielstreben. Liegt das Ziel in der Hemmung von Verhalten, so führen proximale Ziele jedoch zu Misserfolg. Higgins (1997) beschäftigt sich dagegen weniger mit der die Zeitperspektive von Zielen als vielmehr mit der Art und Weise, wie diese formuliert sind. Demnach werden positiv formulierte Ziele dann am ehesten erreicht, wenn sowohl die Erfolgserwartung (Machbarkeit) als auch der eingeschätzte Anreiz (Wunsch) am höchsten ist. Dieser Effekt ist bei negativ formulierten Zielen weniger ausgeprägt. Formuliert man positive Ziele, so besteht der Erfolg in einer Veränderung, ist er negativ, so liegt der Erfolg im Erhalt des Status quo.

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Details

Titel
Motivation und Volition - Über das Setzen und Verwirklichen von Zielen
Hochschule
Universität des Saarlandes  (Fachbereich 5.1 Erziehungswissenschaft)
Veranstaltung
Motivation und Volition – Über das Setzen und Verwirklichen von Zielen
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
21
Katalognummer
V48638
ISBN (eBook)
9783638452977
ISBN (Buch)
9783638776455
Dateigröße
431 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Motivation, Volition, Setzen, Verwirklichen, Zielen, Motivation, Volition, Setzen, Verwirklichen, Zielen
Arbeit zitieren
Eric Kolling (Autor:in), 2004, Motivation und Volition - Über das Setzen und Verwirklichen von Zielen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48638

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