Börsengang der Deutschen Bahn AG


Seminararbeit, 2006

22 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Bahnreform
2.1 Die bisher vollzogenen Reformschritte
2.2 Ziele von Reform und Privatisierung der Bahn

3. Deutsche Bahn AG – geplanter Börsengang
3.1 Meinungen zum Entwicklungsstand und Modelle des Börsengangs
3.2 Zielsetzungen und Probleme des Börsengangs
3.3 Vergleich mit dem Ausland

4. Aktueller Stand der Diskussionen und Schlussfolgerung

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Die erste Stufe der Bahnreform (Schritt 1); BEV

Abb. 2: Die erste Stufe der Bahnreform (Schritt 2); BEV

Abb. 3: Zweite Stufe der Bahnreform; BEV

Abb. 4: Ziele der Bahnreform; BDI / DIHK 2005

Abb. 5: Das Vertragsmodell; BDI / DIHK 2005

Abb. 6: Das Eigentumsmodell, BDI / DIHK 2005

Abb. 7: Das Grundmodell „Zukunft Bahn“, BDI / DIHK 2005

Abb. 8: Das „Kombinationsmodell“, BDI / DIHK 2005

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Thema dieser Arbeit ist der Börsengang der Deutschen Bahn AG. Dieser privatisierte, aber dennoch sich noch in staatlicher Hand befindliche Konzern, ist das „Zwischenergebnis“ einer mehrstufigen ökonomischen und politischen Metamorphose.

Die 1949 gegründete Deutsche Bundesbahn und ihr Pendant auf ostdeutscher Seite, die Deutsche Reichsbahn, wurden in Folge der zweistufigen Bahnreform aufgrund veränderter Verkehrsbedingungen, der daraus resultierenden Konsequenzen und Richtlinien der Europäischen Union in einen privatrechtlich organisierten Konzern umgewandelt. Dies geschah mit dem Ziel den Eisenbahnmarkt zu öffnen und ein wettbewerbsfähiges Unternehmen zu schaffen.

Kapitel 2 dieser Seminararbeit wird diese Entwicklung und deren Notwendigkeit bis hin zum heutigen Status Quo noch genauer schildern.

Anschließend wird der sich in Planung befindliche Börsengang des Eisenbahnunternehmens in seinen Modellformen beschrieben und deren Möglichkeiten und Prognosen in Kapitel 3 erläutert. Ziel der vorangehend erwähnten Bahnreform war es ein modernes, wettbewerbsfähiges Eisenbahnunternehmen zu etablieren. Dieses kann auf verschieden Arten (mit oder ohne integriertes Schienennetz) mit unterschiedlichen Erfolgsaussichten geschehen.

Dies wird mit Beispielen aus dem Ausland verglichen und in Kapitel 4 unter Berücksichtigung des aktuellen Standes der Diskussionen untersucht.

2. Die Bahnreform

2.1 Die bisher vollzogenen Reformschritte

Die im Jahr 1993 von Bundestag und Bundesrat beschlossene Bahnreform begann ihren Reformkurs mit Beginn des darauf folgenden Jahres im Januar 1994. Um dies überhaupt erst ermöglichen zu können, mussten eine Reihe von Gesetzen modifiziert werden, worunter sich selbst die deutsche Verfassung (GG) wieder findet.1 Es handelt sich um eine zeitlich aufeinander folgende, zweistufige Reform. Die als Bahnreform bekannte privatwirtschaftliche Neuausrichtung des Staatsunternehmens „Eisenbahn“ (Deutsche Bundesbahn und Deutsche Reichsbahn) wurde gesetzlich geregelt im Gesetz zur Neuordnung des Eisenbahnwesens (ENeuOG).

Die erste Stufe der Bahnreform lässt sich noch ein zwei Schritte untergliedern. Im ersten Schritt wurde das nicht rechtsfähige Sondervermögen der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn zu dem nicht rechtfähigen Sondervermögen Bundeseisenbahnen des Bundes zusammengeführt wie es in Abbildung 1 dargestellt ist.2

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Die erste Stufe der Bahnreform (Schritt 1); BEV

Im zweiten Schritt wurde aus dem Bundeseisenbahnvermögen nach der Zusammenlegung der beiden deutschen Bahnen der unternehmerische Teil ausgegliedert, der den Personen- und Güterschienentransport und den Betrieb des Schienennetzes betrifft, und in die privatrechtlich organisierte Deutsche Bahn AG ausgegliedert. Diese neu geschaffene Aktiengesellschaft wurde am gleichen Tag, dem 05. Januar 1994 in das Handelsregister des Amtsgerichtes Berlin-Charlottenburg eingetragen.3 Somit wurde die Bundeshauptstadt Berlin zum Firmensitz des Bahnkonzerns. Folglich wurden zwei Bahngesellschaften in einem Konzern zusammengeführt, die aus zwei unterschiedlichen Wirtschaftssystemen stammten.4 Zudem wurde ein Trassenpreissystem festgelegt, um den geforderten diskriminierungsfreien Netzzugang zur Schaffung eines fairen Wettbewerbs zu gewährleisten.

Der hoheitliche Bereich des Bundeseisenbahnvermögens wurde transformiert in das Eisenbahnbundesamt (EBA) und das Bundeseisenbahnvermögen (BEV), welche dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung unterstellt sind. Hierbei fungiert das EBA als Aufsichts- und Genehmigungsbehörde für Eisenbahninfrastruktur- und Eisenbahnverkehrsunternehmen.5

Das BEV betreut die Schulden- und Personalverwaltung sowie ausgegliederte Vermögenswerte der Bahn.6

Dieser Schritt ist in Abbildung 2 gezeigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Die erste Stufe der Bahnreform (Schritt 2); BEV

In der zweiten Stufe der Bahnreform, welche auf das Jahr 1999 fiel, wurde die Deutsche Bahn AG in einzelne Aktiengesellschaften untergliedert. Diese separaten AGs werden unter der Deutsche Bahn AG Holding geleitet. Hierbei betrifft das Geschäftsfeld der DB Cargo den Güterverkehr, die DB Netz AG die Schieneninfrastruktur, die DB Regio AG den Personennahverkehr, die DB Reise & Touristik den Personenfernverkehr und die DB Station & Service AG die Personenbahnhöfe. Hierunter fanden zudem noch eine Vielzahl an weiteren Ausgliederungen und Beteiligungen statt.7

Durch diese Aufspaltungen könnten somit die einzelnen Geschäftsbereiche übersichtlich getrennt werden und erstmalig auf Gewinnmaximierung ausgerichtet werden. Trotzdem sind Synergien zwischen den fünf Tochteraktiengesellschaften weiterhin möglich und können durch die Führung der Deutschen Bahn AG als Holding ausgenutzt werden. Alleineigentümer der DB AG Holding ist der Bund.8

Hierzu Abbildung 3:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Zweite Stufe der Bahnreform; BEV

Parallel zur Bahnreform wurde bei dem Schienenpersonennahverkehr im Rahmen der Regionalisierung die Verantwortung am 01. Januar 1996 auf die Bundesländer übertragen sowie die dazu gehörigen Transfermittel, die bis dato dem Bund zugeflossen waren.

13 Bundesländer haben allerdings bereits die Aufsicht über den Eisenbahnbereich an das EBA abgegeben, welches somit im Auftrag der Länder diese Pflicht erfüllt. Die einzelnen Länder entscheiden eigenverantwortlich über die Größe der Mittel, die für den Schienenverkehr ausgegeben werden und über das benötigte Angebot der Schienenverkehrsunternehmen.

2.2 Ziele von Reform und Privatisierung der Bahn

Vom einstigen Motor der Industrialisierung im 19. Jahrhundert, der Eisenbahn, bis heute haben sich fundamentale Änderungen ergeben. Durch das in der Nachkriegszeit rasch ausgebaute Straßen- und Autobahnennetz und den gestiegenen Wohlstand der Bevölkerung war der Eisenbahnverkehr (sowohl Personen- als auch Gütertransport) stark zurückgegangen zu Gunsten des Straßenverkehrs oder auch des Luftverkehrs9. Somit wurde die behördlich geführte Eisenbahn zu einer starken, finanziellen Belastung für den Steuerzahler. Da Prognosen eine Fortführung dieses Trends voraussagten, bestand dringender Handlungsbedarf der Politik.10

Zudem waren die durch den motorisierten Individualverkehr und den Straßen-Güterverkehr hervorgerufenen Umweltbelastungen an CO2, CO und NOx sowie deren Voraussagen Grund zur Besorgnis.

Die Bahnreform zielt somit ab auf folgende Ziele:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Ziele der Bahnreform; BDI / DIHK 2005

Ziel war die Zusammenlegung von den Staatsbahnen Deutsche Bahn und Deutsche Reichsbahn in ein marktwirtschaftlich ausgerichtetes Eisenbahnunternehmen. Somit soll der bundesdeutsche Haushalt entlastet werden.11

Außerdem soll der Verkehr von der Straße auf die Schiene stärker und nachhaltig verlagert werden mit dem Ziel Wettbewerb zu erzeugen. Hierzu soll ein diskriminierungsfreier Zugang zum Schienennetz erfolgen, damit durch den Konkurrenzdruck ein moderner an den Kundenbedürfnissen angepasster Markt entstehen kann. Dennoch muss dieser „neue“ Eisenbahnkonzern den Marktbedingungen und der Konkurrenz gewachsen sein und eigenverantwortlich auch in Zukunft sich behaupten können.12

All dies soll unter ökologischen Gesichtpunkten sinnvoll geschehen, also eine Stärkung im intermodalen Beförderungsmarkt zwischen Straßen- und Luftverkehr bewirken (Modal Split).

Zudem müssen neben nationalen Interessen den Eisenbahnrichtlinien der Europäischen Union Folge geleistet werden. Diese besagen, dass ein integrierter, europäischer Eisenbahnraum geschaffen, die „Schiene“ wieder belebt und die Qualität besser am Kunden ausgerichtet werden soll.13

Somit mussten strukturelle Eingriffe und Änderungen erfolgen wie sie in der Bahnreform beabsichtiget waren und angestrebt wurden. Geplant wurde im Anschluss an eine erfolgreiche Umstrukturierung und Privatisierung der Eisenbahn der Gang an die Börse um nachhaltigen Erfolg und Potential zu sichern und durch eine Aktienneuemission auf dem Wege der Außenfinanzierung Kapital zu generieren.

3. Deutsche Bahn AG – geplanter Börsengang

3.1 Meinungen zum Entwicklungsstand und Modelle des Börsengangs

Ursprünglich, unter der Regierung mit Bundeskanzler Schröder, war der Börsengang geplant für das Jahr 2006, da man in der Politik der Meinung war, dass die Bahnreform erfolgreich verlaufen ist, die DB AG börsen- und wettbewerbsfähig ist und die Zukunft der „Schiene“ gesichert ist. Hierbei allerdings teilen sich die Meinungen. Eben darum steht auch jetzt unter der neuen Regierung noch kein expliziter Termin für den Börsengang fest. Um jedoch keine Fehler zu begehen oder von Fehlern ähnlicher Börsengänge aus dem Ausland zu lernen, wurden Gutachten von der Regierung in Auftrag gegeben.14 Ziel war es zu prüfen, wie und wann die Deutsche Bahn an die Börsen gehen soll, um den Reformkurs auch in Zukunft bestmöglich gesteuert über den Markt beibehalten kann.

Der Börsengang ist der von der Regierung favorisierte Weg der Privatisierung des Staatskonzerns.

Dass die Bahnreform erfolgreich verlaufen sei, bejahte der Abschlussbericht der Task Force „Zukunft der Schiene“, die im am 20. März 2001 vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen (BMVBW) eingerichtet wurde.15

Anders allerdings sieht die die Investmentbank Morgan Stanley. Sie stellte in einem bereits veröffentlichten Gutachten fest, dass nur wenige Planziele des Bahnkonzerns wirklich effektiv erreicht worden seien. Zwar seien deutliche Fortschritte gemacht worden, jedoch müssten noch weitere Verbesserungen im Personenfern- und im Güterverkehr gemacht werden, bevor der Börsengang geplant werden könne.16

Als positiver Indikator kann genannt werden, dass die DB AG laut Geschäftsbericht des Jahres 2004 erstmals seit ihrem Bestehen in diesem Jahr einen positiven Gewinn verbuchen konnte.17

Laut Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD (2005) wird am Konsolidierungskurs der Deutschen Bahn weiter festgehalten und somit die Bahnreform fortgesetzt. Weitere Schritte, wie z.B. der Börsengang selbst werden nach einem im Januar vorzulegenden, in Auftrag gegebenen, Gutachten diskutiert. Berücksichtigt werden hierbei insbesondere neben Kapitalmarktgesichtspunkten verkehrs-, finanz-, haushaltspolitische, volkwirtschaftliche und auch ordnungspolitische Gesichtspunkte.18

Somit muss bei bestätigter Börsenreife des Schienenmarktes und des Bahnkonzerns die Form des Börsenganges entschieden werden. Hierzu bestehen mehrere Modelle, die je nach Privatisierungsgrad und Integration des Schienennetzes dem Bund mehr oder weniger Geld einspielen können.19 Außerdem ergeben sich Unterschiede beim diskriminierungsfreien, einfachen Zugang anderer Schieneverkehrsunternehmen zum Schienennetz je nach Verbleib dieses im Besitz der Deutschen Bahn, des Bundes oder einer (Teil)-Privatisierung.

Die Wettbewerbssituation im Schienenverkehr belegt trotz Fortschritten immer noch deutlich, dass die Deutsche Bahn bei einem intramodalen Wettbewerbsvergleich einen Gesamtmarktanteil von beinahe 90% ausmacht. Die restlichen 10% teilen sich 290 weitere Wettbewerber.20

Die für einen Börsengang vorstellbaren Modelle werden nun im Folgenden erläutert:

Das Vertragsmodell:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Das Vertragsmodell; BDI / DIHK 2005

Bei diesem Modell würde der DB AG Konzern beinahe unverändert zu 49,9% teilprivatisiert, da das Grundgesetz einen Verkauf der Mehrheit am Netz verbietet. Zu oben genanntem Prozentsatz würden sämtliche Tochteraktiengesellschaften inklusive der DB Netz AG zusammen als Paket teilprivatisiert. Eine „Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung“ würde somit den Netzbetreiber dazu verpflichten, gewisse Qualitätsvorschriften für das Schienenverkehrsinfrastrukturnetz zu befolgen. Der Staat würde demnach weiterhin als Partner und Finanzierer und die DB AG als Eigentümer und Betreiber fungieren.21 Die Bahn würde zu Dividendenzahlungen verpflichtet.

Daraus folgt, dass bei diesem Modell der Einmalerlös des Börsenganges dem Bund einen niedrigeren Wert ergeben würde als bei einer Privatisierung ohne Netz (Eigentumsmodell), jedoch die Dividenden an den Bund diesen Unterschied abfangen könnten.22 Dieses Modell ist auch das vom Bahnvorstand präferierte Modell, da so die Macht- und Monopolposition in kaum geschwächter Art und Weise fortbestehen könnte. Für den Vorstand können folglich die „unverzichtbaren“ Synergien zwischen Netz und Betrieb weiterhin genutzt werden.

Allerdings bestünde bei dieser Variante auch nach dem Börsengang eine Diskriminierung gegenüber Wettbewerbern was den Zugang zum Netz betrifft.23

Die Bahn kommentierte sogar den integrierten Börsengang als den einzig sinnvollen, da nur so die Synergien des Rad-Schiene-Verbundes ausgenutzt werden könnten. Dies lässt sich jedoch bei genauerer Betrachtung relativieren.

Das Eigentumsmodell:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Das Eigentumsmodell, BDI / DIHK 2005

Hierbei handelt es sich um die gegenwärtig vielleicht bestmögliche Variante laut Berichten über Kommentare des aktuellen Gutachtergremiums. Das Eigentum über Schienennetz würde beim Bund verbleiben und einer Gesellschaft zugeordnet. Die DB Netz AG würde aber in Abhängigkeit dieser reinen Eigentumsgesellschaft die Infrastruktur weiterhin betreiben. Zwischen Eigentumsgesellschaft und DB Netz AG würde eine Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung getroffen.24

Hierdurch könnte der Bund nachhaltig die Entwicklung der Eisenbahninfrastruktur beeinflussen und so deren Fortbestand und qualitative Funktionalität sichern, bzw. die Bahnreform auch künftig fortführen.

Infolgedessen wären die Privatisierungsmasse und der damit entstehende Erlös größer als beim Vertragsmodell. Allerdings blieben die Dividendenzahlungen an den Bund aus.

Bei diesem Modell bestünde kein Diskriminierungspotential was den Netzzugang betrifft, da Netz und Betrieb bei der Privatisierung getrennt würden. Demnach gäbe es die gleichen Nutzungsmöglichkeiten des Netzes für alle Wettbewerber. Ferner gilt das Schienennetz als defizitär und stellt eher einen Kostenfaktor dar.25

Das Grundmodell „Zukunft Bahn“:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7: Das Grundmodell „Zukunft Bahn“, BDI / DIHK 2005

Bei diesem Modell liegt eine noch stärkere Trennung zwischen Netz und Betrieb vor als beim vorangehenden Modell. Hierbei bliebe der Staat alleiniger Eigentümer und auch Betreiber des Netzes. Dadurch kann die Zukunft des Schienenverkehrs komplett durch die Politik kontrolliert und beeinflusst werden.26 Somit kann mit absoluter Sicherheit den Anforderungen der Richtlinien der Europäischen Union entsprochen werden. Ferner ist so eine komplett neutrale Vergabe der Trassennutzungsrechte möglich. Diese Netzgesellschaft des Bundes kann auch Teilaufgaben an Private ausgliedern, die somit mit einer gewissen Leistung im Namen der Netzgesellschaft beauftragt werden. Allerdings darf hier keine vertikale Zerstückelung stattfinden, um die zukünftige Sicherheit der Infrastruktur dauerhaft gewährleisten zu können und nicht wie bei der Bahnprivatisierung in Großbritannien Fehler zu begehen (vgl. Kapitel 3.3).

Nur die mit dem Personen- und Gütertransport beauftragten Aktiengesellschaften der DB AG würden somit privatisiert.27

Dieses Modell könnte zudem bei der Schienennetzgesellschaft in bspw. einzelne, regionale Firmen segmentiert werden (Modell „Netzvielfalt“), was allerdings recht komplex wirken würde und darum im Rahmen dieser Arbeit vernachlässigt wird.28 Überdies wird hier möglicherweise außer Acht gelassen, dass ein einzelner Anbieter aufgrund des enormen Fixkostenanteils günstiger und effektiver wäre als mehrere.

Als letztes Modell oder Variante des Mischmodells soll hier noch kurz die Möglichkeit des Kombinationsmodells geschildert werden:

Das Kombinationsmodell:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 8: Das „Kombinationsmodell“, BDI / DIHK 2005

Der Unterschied zu diesem Modell liegt in der vertikalen Aufteilung des Schienennetzes. Dort, wo der intramodale Wettbewerb im Markt positive Wirkungen bringt, ist das Netz unabhängig vom Betrieb staatlich zu verwalten. Dies ist der Fall bei internationalen, europäisch angebundenen Strecken und aufkommensstarken Mischverkehrsnetzen verkehrsstarker Regionen. Lediglich der klassische Regionalbahnverkehr soll integriert und gekoppelt werden mit dem Betrieb.29

Vorteil hierbei ist die genauere Differenzierung auf den Teilmärkten des Schienenverkehrs. Problematisch jedoch kann sich die Trennung zwischen den einzelnen Netzen darstellen, insb. bei Misch- und Regionalnetzen.30

Das Gutachten, das von der Bundesregierung in Auftrag gegeben wurde, wird voraussichtlich im Januar 2006 veröffentlicht. Das Gutachtergremium setzt sich zusammen aus der Unternehmensberatung Booz Allen & Hamilton, der Investmentbank Morgan Stanley sowie einer Reihe von Verkehrswissenschaftlern.31

Neben weiteren Modellen wie Mischmodellen oder Minimalmodellen (Modell „EU-Minimum“)haben sich die oben beschriebenen als besser geeignet herauskristallisiert.

3.2 Zielsetzungen und Probleme des Börsengangs

Laut Koalitionsvertrag wird als Form der Privatisierung am Börsengang festgehalten. Da staatliches Handeln stets einer Begründung bedarf und nur in besonderen Fällen, in denen eine Lösung über den Markt nicht die gewünschten Ziele erfüllen kann, gerechtfertigt ist, stellt dieser Fall der Deutschen Bahn eine klare Antwort dar; die Privatisierung.32 Durch den Börsengang kann der DB Konzern privates Kapital generieren, welches er benötigt, um auch auf internationalem Niveau zu wachsen und in nachhaltigen Wettbewerb zu treten, sowie weiterhin seine Qualität zu verbessern. Da die DB AG eine Eigenkapitalquote von nur 11,4% (2004) hat, würde ein Börsengang eine optimale Möglichkeit darstellen diese zu erhöhen und somit das Finanzierungsspektrum des Konzerns deutlich zu steigern.33 Allerdings müssten so die durch den Börsengang erwirtschafteten finanziellen Mittel auch im Konzern verbleiben und nicht vom Bund für andere Zwecke verwendet werden.

Neben der Wahl des Börsengangmodells muss auch der Konzern selbst reif sein für einen Börsengang, um so dessen Erfolg zu garantieren und die Börsenerfolgsaussichten zu steigern.34

Bei einem Börsengang laut Vertragsmodell kann ebenfalls als Kritik genannt werden, dass so der Staat weiterhin Einfluss hätte auf Investitionsentscheidungen des Unternehmens, welcher somit einen Nachteil im harten Konkurrenzkampf für den DB Konzern darstellen kann.35

Ferner beeinflusst das gewählte Modell des Börsengangs die Veränderung des Marktanteils. Hierbei muss noch signifikant mehr Wettbewerb entstehen, im Schienenpersonennahverkehr, im -personenfernverkehr und im -güterverkehr; die angetretenen Zielrichtungen der Bahnreform müssen fortgesetzt werden. Allerdings hat der Bund auch weiterhin seiner ihm durch das Grundgesetz auferlegten Verantwortung für die Infrastrukturgewährleistung, somit auch dem Schienennetz, Sorge zu tragen.36

3.3 Vergleich mit dem Ausland

Ein Blick auf andere Länder, in denen ähnliche Schritte wie die deutsche Bahnreform und ein darauf folgender Börsengang bereits durchgeführt wurden, hilft in gewissem Maße aus Erfahrungen und Fehlern Handlungsempfehlungen abzuleiten. Zwar existieren in jedem Land andere, unterschiedliche soziale, demographische oder geographische Gegebenheiten, doch können zumindest einige Modelle analysiert betrachtet Aufschluss über den Erfolg und das „wie“ des Erfolges geben. So ist beispielsweise im EU-Land Großbritannien eine Bahnreform mit anschließendem Börsengang durchgeführt worden.

In Großbritannien wurde 1993 das Eisenbahngesetz im „Railway Act“ geändert und das staatliche Eisenbahnunternehmen British Rail in den Folgejahren schrittweise komplett privatisiert.37 Allerdings wurden sowohl der Schienentransport (Personen und Güter) privatisiert und in einen Vielzahl privater Unternehmen umgewandelt, als auch das Schienennetz selbst. Letzteres wurde zudem in seine Teilaufgaben (z.B. Instandhaltung) untergliedert und diese Teile wurden wiederum in selbständige Privatunternehmen umgestaltet, wobei die Verantwortung und Kontrolle bei dem neu gegründeten Schieneninfrastrukturunternehmen bei Railtrack lag.38 Railtrack unterlag einem staatlichen Regulator und stand am Markt den Schienentransportunternehmen gegenüber. Während die Verkehrszahlen stiegen, sank die Qualität des Schienennetzes und es häuften sich gravierende Zugunfälle. Dies ist zurückzuführen auf zu hohe Kosten, die dem Infrastrukturbetreiber entstanden sind und eine zu komplexe Koordination und mangelnde Kontrolle innerhalb von Railtrack.39 Somit musste das Unternehmen 2001 überschuldet Konkurs melden und wurde 2002 unter der Führung von McAllister re-verstaatlicht, umstrukturiert und in Network Rail umbenannt. Somit wurde mit staatlicher Hilfe das Schienennetz saniert und wird auch noch in Zukunft weiter finanziell unterstützt werden. Insofern war der Börsengang der Eisenbahninfrastruktur komplett gescheitert. Seit 2002 bis heute hat sich die Eisenbahn in Großbritannien allerdings vollständig erholt und hat positive Prognosen.40 Sowohl der Personen-, als auch der Güterverkehr haben deutliche Zuwachszahlen, es herrscht Wettbewerb und auch das von Network Rail für den Staat betriebene Schienennetz funktioniert effizient und sicher.41

Dieses Beispiel zeigt die Bedeutung einer genauen Entscheidung, aber auch, dass sehr wohl Netz und Transport erfolgreich getrennt werden können, was dem Eigentumsmodell Chancen zusprechen sollte.

4. Aktueller Stand der Diskussionen und Schlussfolgerung

Der Bahnkonzern DB AG ist sehr bemüht seine Position auch international zu festigen. So wurde beabsichtigt mit der Übernahme des Logistikunternehmens Stinnes und dessen Tochter Schenker sowie deren Zusammenschluss mit DB Cargo zu Railion (Deutschland) im Jahre 2003 den kränkelnden Gütertransport- und Logistikmarkt mit einem starken und umfangreichen Leistungsspektrum versorgen zu können.42 Dennoch sind die Fortschritte der DB AG bezüglich des Güterschienenverkehrs bislang nur mäßig. Um diese Geschäftssparte weiter zu stärken hatte die Bahn im November 2005 den amerikanischen Logistikkonzern Bax Global übernommen.43 Außerdem entstanden Beteiligungsgespräche mit der Hamburger Hochbahn sowie dem größten hamburger Hafenunternehmen, der HHLA. Diese forderten allerdings die Verlagerung zentraler Funktionen der DB AG nach Hamburg, was vom Bahnvorstand anfangs bejaht, jedoch von Seiten der Bundesregierung als Eigentümer der Bahn aufgrund strukturpolitischer Gründe staatlich intervenierend abgelehnt wurde.44 Folglich sind diese Verhandlungen zwischen Bahn und Hamburg noch offen.

Somit kann die DB AG bereits komplette Logistikpakete anbieten und plant rasche Entwicklungen dieses Geschäftsfeldes und so auch des Schienengüterverkehrs.

Die 2005 eingeführte Lkw-Maut in Deutschland und dessen Lage als Transitland innerhalb der Europäischen Union mit seinen neuesten Mitgliedsländern soll auch zukünftig zur gewünschten Veränderung des Modal Split45 beitragen, der infolge der Bahnreform auch sein beabsichtigtes Ziel noch nicht erreichen konnte. Die Weichen für einen ausgeglichenen und fairen Vergleich der Verkehrssysteme müssen weiterhin gestellt werden.

Was die Kapitalmarktfähigkeit des Bahnkonzerns belangt, so ist laut Vorstandschef der DB AG nach einem Treffen mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG Ende November für das vergangene Jahr 2005 sogar eine Verdoppelung des Konzerngewinns zu erwarten. Außerdem wird die Sparte Personenfernverkehr, wie 2004 der gesamte Konzern an sich auch, erstmalig bis spätestens Anfang 2006 die Gewinnschwelle überschreiten.46

Dass gleichwohl der Börsengang nicht übereilig getroffen werden sollte, kann leicht am Beispiel von Großbritannien abgelesen werden. Aber auch, dass eine Trennung von Netz und Transport (Trennungsmodelle) nachteilige Auswirkungen auf das Rad-Schiene-System hat oder, dass Synergieeffekte verloren gehen, kann ausgeschlossen werden. Dies ist zudem die favorisierte Variante des Gutachtergremiums unter wettbewerbspolitischen Aspekten, da nur so realer Wettbewerb und eine „gesunde“ Fortentwicklung gesichert werden können.47 Somit ist auch die Wahl des Börsengangmodells von bedeutender Rolle für die zukünftige, erfolgreiche Weiterentwicklung der deutschen Eisenbahn und insbesondere deren Infrastruktur.

Der Börsengang wird sich allerdings mit Sicherheit nicht mehr im Laufe dieses Jahres ereignen, dennoch bleibt der Zeitkorridor bis 2008 bestehen und realistisch.

Literaturverzeichnis

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Bundeseisenbahnvermögen (BEV), Die Bahnreform,

http://www.bev.bund.de/bev_bahnreform_bahnreform.htm Stand 12/2005

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http://www.db.de/site/bahn/de/unternehmen/konzern/geschichte/chronik/1994__1999/1994__1999.html Stand 12/2005

Deutsche Bahn AG, in: Die Bahn, Daten und Fakten 2004, S.10-13

Die Welt, Bahn funktioniert auch ohne Netz, Lutz Frühbrodt, erschienen am 24.11. 2005

Eisenbahnbundesamt (EBA),

http://www.eisenbahn-bundesamt.de/eba/vorwort.htm, Stand 12/2005

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und

Bundesregierung lehnt Umzug der Bahn ab, erschienen am 29.11. 2005

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Bahn fährt schneller auf Gewinn zu, erschienen am 23.11. 2005

Focus Money, Bahn Börsengang, Steinbrück winken 14 Milliarden Euro, erschienen am 19.12.2005

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 87e

Internationales Verkehrswesen (56) 10/2004, S.470

Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD 2005, S. 58-59

N24, Gutachten bezweifelt Börsenreife der Bahn, http://www.n24.de/wirtschaft/unternehmen/?n2005052421451400002, vom 24.05.2005

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Gutachter streiten um Bahn-Börsengang, http://www.n24.de/wirtschaft/wirtschaftspolitik/?n2005091417124400002, vom 14.09. 2005

Network Rail, Overall Performance for Period 8 2005/06, http://www.networkrail.co.uk/companyinformation/PerformanceData/index.htm, Stand 12/2005

Privatisierung der integrierten DB AG – Auswirkungen und Alternativen, Kurzfassung des Endberichts, im Auftrag von BDI und DIHK, Berlin 2005, S. 3 – 29

Prof. Dr. Aberle, Gerd: Transportwirtschaft, dritte Auflage, Oldenbourg 2000, S.129-139 und S. 200-204

Railion Deutschland, von Fürth nach Europa, http://www.railion.com/site/railion/de/unternehmen/portrait/geschichte/geschichte.html, Stand 12/2005

Tim Engartner in RLS Standpunkte 2/2005, Falsch gestellte Weichen, 2005, S. 1 – 2

UIRR (2002), Stellungnahme der UIRR zum zweiten Eisenbahnpaket, http://europa.eu.int/comm/transport/rail_archive/package/doc/uirr-de.pdf.pdf

[...]


1 Vgl. Aberle (2000), S. 136-137.

2 Vgl. BEV (2005).

3 Vgl. BEV (2005).

4 Vgl. Deutsche Bahn AG (2005).

5 Vgl. EBA (2005).

6 Vgl. Aberle (2000), S. 138.

7 Vgl. DB AG (2005).

8 Vgl. Aberle (2000), S. 138.

9 Vgl. Aberle (2000), S. 129.

10 Vgl. Aberle (2000), S. 134.

11 Vgl. Task Force „Zukunft der Schiene“ (2005).

12 Vgl. Task Force „Zukunft der Schiene“ (2005).

13 Vgl. UIRR (2002), S.1-4.

14 Vgl. Focus Money (2005).

15 Vgl. Task Force „Zukunft der Schiene“ (2005).

16 Vgl. N24, Gutachten bezweifelt Börsenreife der Bahn (2005).

17 Vgl. Die Bahn, Daten und Fakten 2004.

18 Vgl. Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD 2005.

19 Vgl. Focus Money (2005).

20 Vgl. Privatisierung der integrierten DB AG – Auswirkungen und Alternativen, 2005, S.6-8.

21 Vgl. Privatisierung der integrierten DB AG – Auswirkungen und Alternativen, 2005, S.12-13.

22 Vgl. Focus Money (2005).

23 Vgl. Privatisierung der integrierten DB AG – Auswirkungen und Alternativen, 2005, S.14-15.

24 Vgl. Privatisierung der integrierten DB AG – Auswirkungen und Alternativen, 2005, S.22-23.

25 Vgl. Privatisierung der integrierten DB AG – Auswirkungen und Alternativen, 2005, S.16.

26 Vgl. Privatisierung der integrierten DB AG – Auswirkungen und Alternativen, 2005, S.23-24.

27 Vgl. Privatisierung der integrierten DB AG – Auswirkungen und Alternativen, 2005, S.23-25.

28 Vgl. Privatisierung der integrierten DB AG – Auswirkungen und Alternativen, 2005, S.25.

29 Vgl. Privatisierung der integrierten DB AG – Auswirkungen und Alternativen, 2005, S.26-27.

30 Vgl. Privatisierung der integrierten DB AG – Auswirkungen und Alternativen, 2005, S.26-27.

31 Vgl. Die Welt (2005).

32 Vgl. Internationales Verkehrswesen (56) 10/2004, S.470.

33 Vgl. Privatisierung der integrierten DB AG – Auswirkungen und Alternativen, 2005, S.12-13.

34 Vgl. N24, Gutachten bezweifelt Börsenreife der Bahn (2005).

35 Vgl. N24, Gutachter streiten um Bahn-Börsengang (2005).

36 Vgl. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 87e.

37 Vgl. Aberle (2000), S.200-204.

38 Vgl. Privatisierung der integrierten DB AG – Auswirkungen und Alternativen, 2005, S.8-11.

39 Vgl. Engartner (2005) S.1-2.

40 Vgl. Privatisierung der integrierten DB AG – Auswirkungen und Alternativen, 2005, S.8-11.

41 Vgl. Network Rail, (2005).

42 Vgl. Railion Deutschland (2005).

43 Vgl. FAZ, Deutsche Bahn kauft in Amerika zu (2005).

44 Vgl. FAZ, Bundesregierung lehnt Umzug der Bahn ab (2005).

45 bedingt durch die relative Verteuerung der Straße zur Schiene.

46 Vgl. FAZ, Bahn fährt schneller auf Gewinn zu (2005).

47 Vgl. Die Welt (2005).

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Börsengang der Deutschen Bahn AG
Hochschule
Universität zu Köln  (Verkehrswissenschaft)
Veranstaltung
Hauptseminar
Note
2,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
22
Katalognummer
V50175
ISBN (eBook)
9783638464468
ISBN (Buch)
9783656559658
Dateigröße
842 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Börsengang, Deutschen, Bahn, Hauptseminar
Arbeit zitieren
Alex Trimborn (Autor:in), 2006, Börsengang der Deutschen Bahn AG, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50175

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