Die dritte industrielle Revolution und daraus entstehende Folgen für die Soziale Arbeit


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

22 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0. Einleitung

1. Zunehmende Nutzlosigkeit der menschlichen Arbeitskraft

2. Rückzug des Staatswesens

3. Folgen des Kahlschlags
3.1. Folgen für die Soziale Arbeit
3.2. Nachhaltigkeit als Mittel für erfolgreiche Integration

4. Drohendes Ende des Systems

5. Schluss

Literaturverzeichnis

0. Einleitung:

In dieser Studienarbeit möchten wir uns mit einem Phänomen beschäftigen, von welchem kaum bzw. oft nur in einschlägigen Expertenkreisen zu hören ist. Ein Phänomen, das aus unserer Zeit nicht mehr wegzudenken ist und das uns in unserem gesellschaftlichen Dasein zunehmend und maßgeblich beeinflusst. Nicht nur wir in dieser Gesellschaft, sondern nahezu alle durch eine fortschreitende Globalisierung miteinander verknüpften Gesellschaften auf der Welt, sind davon betroffen. Im positiven, wie im negativen Sinne.

Das Phänomen ist die sogenannte „Dritte industrielle Revolution[1]. Ein Begriff, der auf einen Prozess hinweist, welcher seit mehr als 200 Jahren andauert und sich bis heute in drei Schritten vollzogen hat.

Den wesentlichen Eckstein der ersten industriellen Revolution stellt die Erfindung der Dampfmaschine durch James Watt im Jahre 1765 dar. Die daraus folgenden technologischen Fortschritte sind bekannt: Eisenbahn, hochleistungsfähige Maschinen, vor allem im Bereich der Textilindustrie, sowie das Entstehen erster Fabriken, vor allem in England, später aber auch auf dem europäischen Festland.

Die gesamte, damals existierende frühneuzeitliche Produktionsweise, das gesamte Zunft- und Handwerkswesen wurde dadurch auf den Kopf gestellt. Es entstand unter anderem durch diese rasante Technisierung der Produktionsabläufe eine riesige strukturelle Massenarmut in nahezu ganz Europa.

Die zweite industrielle Revolution war vor allem geprägt durch Massenproduktionen an Fließbändern in riesigen Fabriken. Maßgeblicher und bekanntester Pionier dieser Zeit, die im späten 19. Jahrhundert begann, war der US Autobauer und Unternehmer Henry Ford (1863-1947). Die zunehmende Massenproduktion, welche schließlich in den beiden Weltkriegen in nie gekannten Waffenproduktionen ihre dunkle Seite zeigte, um danach jeweils nochmals zusammenzubrechen, wurde besonders in den Aufbaujahren nach dem zweiten Weltkrieg im Europa der 50er, 60er und 70er Jahre zum Motor vor allem des sog. Deutschen Wirtschaftswunders.

Von der dritten industriellen Revolution schließlich, kann man etwa seit Anfang der 80er Jahre und besonders seit Ende des kalten Krieges sprechen.

Sehr deutlich zeigt sich hier eine zunehmende (Hoch-)Technisierung und Automatisierung der Produktionsabläufe in den Volkswirtschaften vor allem der reichen westlichen Länder. Immer modernere Computersysteme, sowie das Internet ermöglichen immer mehr Rationalisierung an Zeit und menschlicher Arbeitskraft in der Herstellung von Gütern, ganze Berufsgruppen und Belegschaften von Fabriken scheinen allmählich überflüssig zu werden.

Hand in Hand mit dieser Technisierung geht eine rasante Globalisierung und Liberalisierung der jeweiligen nationalen Finanz- und Warenmärkte. Oft komplette Fertigungs- oder Dienstleistungsbereiche werden dadurch einfach ausgegliedert, entweder ganz gestrichen, oder beispielsweise von Arbeitskräften im oft viel billigeren Ausland erledigt. Konzerne sind folglich immer weniger an Nationalstaaten und damit oft teure Standortkosten gebunden.

Um die Vertiefung dieser hier nur angeschnittenen negativen Symptome der dritten industriellen Revolution, die man sehr deutlich erahnen kann, geht es uns in dieser Arbeit. Wir wollen zeigen, welche weiteren potenziellen Risiken und Gefahren insbesondere auf die Schwachen der einzelnen Gesellschaften und der gesamten globalisierten Welt lauern.

Die Folgen, welche hierbei unausweichlich auch für die Soziale Arbeit entstehen, möchten wir hier ebenfalls diskutieren und aufzeigen. Durch die enorme Beeinflussung bestehender und gewachsener Wert- und Normsysteme wird es höchst wahrscheinlich auch für die SA unausweichlich zu drastischen Veränderungen kommen.

1. Zunehmende Nutzlosigkeit der menschlichen Arbeitskraft:

Zu Beginn der ersten industriellen Revolution gegen Ende des 18. Jahrhunderts, erleichterte das Erscheinen einiger bahnbrechender Erfindungen (z.B. Dampfmaschine, mechanischer Webstuhl) sowie die Einführung innovativer Maschinen die Herstellung von Waren. Besonders in England war dies als erstes der Fall. Dort wurden zunehmend riesige Textilfabriken errichtet, welche es ermöglichten, mit weniger Zeitaufwand und mit weniger menschlicher Arbeitskraft mehr und damit vor allem billigeren Stoff herzustellen. Der Konkurrenz in Kontinentaleuropa waren die Engländer damit ein gutes Stück voraus. Hier wurde bis zur Einführung von entsprechenden Maschinen, die allerdings bald folgte, der Stoff noch in Manufakturen und überwiegend von Hand bzw. unter zu Hilfenahme von einfachen Gerätschaften, gefertigt. Der „...Hauptinhalt der ersten industriellen Revolution (bestand im wesentlichen) darin, menschliche Muskelkraft durch Maschinenkraft zu ersetzen...“[2].

Das Resultat dieser technischen Neuerungen waren auf sozialer Ebene unter anderem ein Heer von arbeitslosen Webern, Handwerkern und zunehmend auch Fabrikarbeitern. Daraus folgten schließlich strukturelle Massenarmut, Hungersnöte und soziale Unruhen in England, wie auch später in ganz Europa, vor allem bei den Webern. Durch den entstehenden Preiskampf unter den Fabrikbesitzern, stiegen Kinderarbeit, Lohndumping und katastrophale Lebensverhältnisse unter den Arbeitern zunächst einmal an.

Begünstigt durch die vermehrte Massenproduktion von Stoffen und Textilien sanken natürlich mit der Zeit auch dementsprechend die Preise für diese Produkte. Einst teure Waren konnten jetzt einer breiten Masse zugänglich gemacht werden. Diese auch in andere Industriezweige vordringende Dynamik sorgte dafür, das die Nachfrage nach Waren schnell anstieg. Die durch den Strukturwandel arbeitslos gewordenen Handwerker wurden so schnell wieder vom System aufgesogen, da man ja zunehmend Arbeiter für die Produktion benötigte.

Wenn man auf der einen Seite sagen will, dass die erste industrielle Revolution im Grunde die menschliche Muskelkraft im Warenproduktionsprozess überflüssig gemacht hat, so kann man auf der anderen Seite sagen, dass mit Henry Ford und der zweiten industriellen Revolution gegen Ende des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts vor allem eine Automatisierung der menschlichen Arbeit stattfand.

Die Einführung des Fließbandes und die Optimierung von Arbeitsschritten, also die Veränderung der Arbeitsorganisation an sich, machten eine noch deutlichere Erhöhung der Produktivität möglich. Besonders sichtbar wurde dies allerdings erst nach dem zweiten Weltkrieg. Das sogenannte deutsche Wirtschaftswunder ist jedem als Synonym dafür bekannt. Mehr und mehr Luxusartikel wurden für die breiten Massen finanziell erschwinglich, so zum Beispiel das Auto oder etliche elektronische Kleingeräte (Haushalt, Unterhaltung, etc.).

Auch diese Automatisierung der menschlichen Arbeit breitete sich nach und nach in allen Industriezweigen aus. Die Produktion und der Konsum stiegen, die Preise schienen mehr und mehr zu sinken, wirtschaftlicher Wohlstand für alle erschien schon gesichert.

Allerdings trat gegen Ende der 70er Anfang der 80er Jahre allmählich das Ende dieses Wachstums ein. Mit Folgen, die Politik, Gesellschaft und Wirtschaft bis heute beschäftigen sollten.

Die fortschreitende Entwicklung der Mikroelektronik wirkte sich immer mehr auf die Produktionsabläufe aus. Nach dem Überflüssigwerden der menschlichen Muskelkraft während der ersten industriellen Revolution und der Automatisierung der einzelnen Arbeitsschritte in der zweiten, schien es nun „...das zentrale Merkmal der dritten industriellen Revolution (zu sein,) die menschliche Arbeitskraft im industriellen Produktionsprozess überhaupt überflüssig zu machen...“[3].

Die maßgeblichen negativen Entwicklungen der vorangegangenen beiden technischen Revolutionen, allen voran die strukturelle Massenarbeitslosigkeit, wurden noch aufgefangen durch den angewachsenen Bedarf an menschlicher Arbeitskraft. Immerhin stieg mit den technischen Neuerungen auch die Nachfrage an den hergestellten Gütern an, so dass eine erhöhte Produktion notwendig war.

Dieser Effekt will sich bei der aktuellen technischen Revolution bis heute nicht ganz einstellen. Seit den frühen 80ern scheint in gesamt (West-)Europa ein Sockel an struktureller Arbeitslosigkeit zu bestehen, der mehr und mehr anwächst:

Tabelle 1:

Arbeitslose (in Millionen)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch für das Ausland, 1998.[4]

Wenn man berücksichtigt, das sowohl die erste als auch die zweite industrielle Revolution mehrere Jahrzehnte benötigten, bis die gesellschaftlichen Folgen der technischen Neuerungen voll spürbar waren, kann man davon ausgehen, dass wir uns heute noch in einer Zeit befinden, in der zweite und dritte industrielle Revolution sich gegenseitig die Waagschale halten. Es werden zwar mehr und mehr Industriezweige auf Vollautomatisierung umgestellt, das heißt, ganze Maschinenhallen werden vollständig durch Computer gesteuert und geregelt. Beispielsweise in der Automobilfertigung: hier haben Roboter die Tätigkeiten von Arbeitern übernommen und sind in der Lage, einzelne Arbeitsschritte viel schneller zu erledigen und das auch noch rund um die Uhr. Ganze Generationen von Fach- und Industriearbeitern werden mit dieser fortschreitenden Entwicklung überflüssig. Anders als in den ersten beiden technischen Revolutionen werden sie kaum mehr vom Arbeitsmarkt aufgesogen, denn die menschliche Arbeitskraft an sich ist es ja die überflüssig geworden ist. Es reichen wenige hochspezialisierte Computerfachleute aus, um die Systeme zu betreuen.

[...]


[1] Kurz, Robert, „Schwarzbuch Kapitalismus“, Frankfurt am Main, 1999, S. 695ff.

[2] a.a.O., S.712

[3] a.a.O., S. 712

[4] a.a.O., S.733

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Die dritte industrielle Revolution und daraus entstehende Folgen für die Soziale Arbeit
Hochschule
Hochschule München  (Sozialarbeit)
Veranstaltung
Theorien, Werte, Normen
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2002
Seiten
22
Katalognummer
V5067
ISBN (eBook)
9783638130820
ISBN (Buch)
9783638741927
Dateigröße
557 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Revolution, Folgen, Soziale, Arbeit, Theorien, Werte, Normen, Thema Industrielle Revolution
Arbeit zitieren
Thomas Meinhart (Autor:in), 2002, Die dritte industrielle Revolution und daraus entstehende Folgen für die Soziale Arbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5067

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