Soziale Mobilität durch Sport. Zur ambivalenten Situation afroamerikanischer Sportler in den USA


Magisterarbeit, 2005

114 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einführung
1.1 Thema, Fragestellung und Untersuchungsgegenstand
1.2 These und Gliederung
1.3 Forschungsstand und Quellenkritik
1.4 Erläuterung relevanter Begriffe

2 Die Bedeutung von Sport in den Vereinigten Staaten
2.1 The American Dream– Soziale Werte und amerikanische Ideologie im Sport
2.2 Die Funktion von Sport in Politik, Wirtschaft und Medien

3 Die Eingliederung schwarzer Athleten in den amerikanischen Sport
3.1 Die ersten Schritte der Integration
3.2 Rassenkampf im Sport
3.3 Zur Integrationsfunktion des Sport

4 Sport im Leben der Afroamerikaner
4.1 Die Bedeutung von Sport in der schwarzen Bevölkerung
4.2 College – und Universitätssport – Segen oder Fluch?
4.2.1 Die problematische Situation der schwarzen Studenten – Athleten
4.2.2 Leben nach dem College

5 Die Überlegenheit schwarzer Athleten
5.1 Die Gefährdung des Projekts der Gleichberechtigung
5.2 Stereotype
5.3 Biologische Annahmen
5.4 Soziokulturelle Annahmen

6 Diskriminierung im Sport
6.1 Stacking
6.2 Die Besetzung von Machtpositionen im Sport

7 Rasse als Selbstbild
7.1 Cool Pose
7.2 Basketball – Sport der Afroamerikaner
7.3 Die „Niggaz“ der 1990er Jahre – eine neue Generation schwarzer Sportler
7.4 Zur Vorbildfunktion von schwarzen Sportstars

8 Schwarze Sportstars in den Medien
8.1 Zur Berichterstattung über afroamerikanische Sportler
8.2 Schwarze Athleten als Werbeträger
8.2.1 Michael Jordan und Nike
8.2.2 Allen Iverson und Reebok

9 Sport – ein möglicher Weg zu sozialer Mobilität?

10 Schlusswort

11 Quellen- und Literaturverzeichnis

Sekundärliteratur

Lexika/ Nachschlagewerke

Online verfügbare Quellen und Sekundärliteratur/ Internetseiten

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: College Student Athletes (Male)

Tabelle 2: World Running Records

Tabelle 3: Positional Breakdown by Race in Major League Baseball

Tabelle 4: College Head Coaches - Men’s Teams

Tabelle 5: Representations of Athletes in Adverstising, 1985-1994

1 Einführung

„Many people have concluded that racial and ethic issues are irrelevant in sports today. They think that playing fields are generally level, barriers to participation have been removed, personal prejudices and stereotypes have been controlled, and long-time patterns of discrimination have been eliminated or are disappearing with each passing year.”[1]

Im Jahr 1996 brach der Boxer Mike Tyson alle Rekorde, als er für drei Kämpfe die Rekordsumme von 75 Millionen Dollar erhielt. So viel hatte in der Geschichte des Sports noch niemals ein Sportler vorher in nur einem Jahr verdient. Auch Michael Jordan, der legendäre Punktemacher der amerikanischen Basketball-Mannschaft Chicago Bulls, verdiente während seiner aktiven Laufbahn durch seinen Vertrag mit dem Sportartikelhersteller Nike durchschnittlich 12 Millionen Dollar im Jahr. Und mit 2,1 Millionen Dollar Gehalt und 24 Millionen Dollar an Werbeprämien war Tiger Woods im Jahr 1997 der bestverdienende Golfspieler der Welt.

Zweifelsohne dominieren afroamerikanische Sportstars die Liste der bestverdienenden Sportler in den Vereinigten Staaten von Amerika. Obwohl sie nur knapp 13% der amerikanischen Gesamtbevölkerung ausmachen, ist ihre Präsenz in den populären amerikanischen Sportarten nicht zu übersehen. Im Jahr 2004 sind in der NBA beinahe 78% aller Spieler schwarz. In der NFL beträgt die Anzahl farbiger Spieler 69 %, und in der MLB sind 9% der Athleten afroamerikanischen Ursprungs. Schwarze Sportler dominieren vor allem die Mannschaftssportarten und Laufdisziplinen, während sie in den meisten Individualsportarten eher unterrepräsentiert sind. Aus diesem Grund liegt die Vermutung nahe, dass die Situation, wie sie sich im Profisport darstellt, nicht repräsentativ für die allgemeine Situation der afroamerikanischen Gemeinde in den Vereinigten Staaten ist. Schuld daran sind mitunter die Medien, welche den Sport bereits auf der Highschool und später dann im College in ein großes Medienspektakel verwandeln. Die ständige Präsenz der afroamerikanischen Sportler in den Medien führt bei den Zuschauern zu dem Glauben, dass Sport frei ist von Vorurteilen und Diskriminierung und für alle ethnischen Gruppen zugänglich. Doch rassische und ethnische Themen existieren wie in anderen Bereichen des amerikanischen Lebens auch im Sport schon immer. Die Bedeutung, die dem ethnischen Ursprung und der Hautfarbe einer Person von der Gesellschaft zugewiesen wird, hat großen Einfluss auf ihre Zugangsmöglichkeiten zu sportlichen Einrichtungen und die Entscheidungen, die sie dadurch im Laufe ihres Lebens treffen.

1.1 Thema, Fragestellung und Untersuchungsgegenstand

In dieser Arbeit geht es um die Situation der afroamerikanischen Sportler in den USA und um die Auswirkungen ihrer überdurchschnittlich großen Präsenz in den populären amerikanischen Sportarten auf die schwarze Gemeinde. Es wird untersucht, ob Sport für sportlich ambitionierte Afroamerikaner einen möglichen Weg zu sozialer Mobilität darstellt. Eine der wichtigsten Wertvorstellungen der amerikanischen Gesellschaft ist es, dass jeder Bürger durch persönliche Anstrengung und Engagement eine reale Chance auf sozialen Aufstieg hat. Sport spiegelt die Wertvorstellungen der modernen Leistungsgesellschaft in den Vereinigten Staaten perfekt wider, deshalb ist er in den Augen vieler Amerikaner ein möglicher Weg zu Ruhm und Erfolg.

Die allgemeine Meinung vertritt die Auffassung, dass soziale Ungleichheit im Sport nicht vorzufinden ist, oder zumindest seltener als in anderen Lebensbereichen auftritt. Man nimmt sogar an, Sport würde beim Abbau von Ungleichheiten, der Integration von Minoritäten, sowie der Überwindung von Klassengrenzen helfen und sei ein Mittel zur sozialen Aufwärtsmobilität. Als Begründung wird oftmals angeführt, dass dem Sport ein Gleichheitsanspruch eigen ist und er kaum Zwängen unterworfen ist.

Auf der anderen Seite müssen die unterschiedlichen Schichten, die in der amerikanischen Bevölkerung vorherrschen, berücksichtigt werden. Diese Bevölkerungsschichten haben aufgrund von sozialen Variablen jeweils unterschiedliche Zugriffsmöglichkeiten auf die verschiedenen amerikanischen Institutionen. Jedes menschliche Handeln – also auch das Sporttreiben – beruht auf schichtspezifischen Bedürfnissen und Werten, die im Bildungs-, Arbeits- und Lebensprozess ausgebildet werden. Eine Befriedigung dieser körper- und bewegungsbezogenen Bedürfnisse hängt in Art und Umfang primär vom sozialen Status ab. Um die Frage der sozialen Mobilitätsfunktion zu klären, stellt sich zunächst die Frage, ob Sport ein für alle Gesellschaftsmitglieder frei zugängliches soziales Feld ist oder ob er vor allem ein Handlungsfeld der mittleren und oberen Soziallagen ist.

Da die Spieler der amerikanischen Profiligen hauptsächlich im College rekrutiert werden, wird in der vorliegenden Arbeit auch auf die Vergabe von Sportstipendien und auf die Rolle des College- und Universitätssports eingegangen. In diesem Zusammenhang wird untersucht, inwiefern ein College- Aufenthalt das zukünftige Leben von Studenten-Athleten beeinflusst. Des Weiteren soll mit Hilfe von verschiedenen Erklärungsansätzen herausgearbeitet werden, warum schwarze Sportler in bestimmen Sportarten zahlenmäßig überrepräsentiert sind. Diese Erklärungsansätze werden äußerst kritisch dargestellt und sollen zeigen, inwiefern Stereotype und verschiedene Formen der Diskriminierung noch immer die Sichtweise der amerikanischen Bevölkerung prägen.

In dieser Arbeit richtet sich das Hauptaugenmerk auf die sportliche Beteiligung der afroamerikanischen Bevölkerung. Sie bilden in den Vereinigten Staaten die größte Minderheit und haben über einen ausgedehnten Zeitraum, seit Beginn der Sklaverei, eine ungewöhnliche Geschichte des Leidens und des Kampfes um Freiheit und gleiche Rechte erlebt.[2] In meiner Argumentation konzentriere ich mich vor allem auf die ambivalente Situation schwarzer Sportler in den Vereinigten Staaten. Hierbei stelle ich die positiven Funktionen von Sport der Kritik der Sozialwissenschaft gegenüber und beleuchte vor allem die Bereiche genauer, die auf den ersten Blick frei von Vorurteilen erscheinen. Denn bei genauerer Betrachtung treten im Bereich des Sports dieselben Probleme auf, auf die man auch in anderen Bereichen des amerikanischen Lebens stößt. In diesem Zusammenhang werden auch die Auswirkungen der Präsenz afroamerikanischer Athleten in der amerikanische Öffentlichkeit auf die schwarze Bevölkerung untersucht.

Primären Forschungsgegenstand bilden hierbei der Berufssport sowie der College- und Universitätssport. Der Terminus Sport ist hierbei in seinem umfassenden Sinn gemeint, so wie er sich in seinen spezifischen Bewegungsformen darstellt. Die in dieser Arbeit verwendete Definition von Sport schließt die aktiv und passiv beteiligten Persönlichkeiten und auch das soziale Umfeld, welches den Sport umgibt mit ein. Die Funktion und Bedeutung des Freizeit - und Gesundheitssports wird nicht abgehandelt. Um die Thematik etwas mehr einzugrenzen, gehe ich ausschließlich auf die männliche afroamerikanische Bevölkerung ein. Da schwarze Sportler in Amerika vor allem in den drei populären Mannschaftssportarten Baseball, American Football und Basketball zahlenmäßig überlegen sind, bilden diese Disziplinen den Schwerpunkt der Untersuchung. Weiterhin wird auch die Präsenz schwarzer Athleten im Bereich der Leichtathletik und im Boxen mitberücksichtig. In den meisten anderen Sportarten spielen schwarze Männer nur eine marginale Rolle, deshalb werden sie hier vernachlässigt. Obwohl sie in den vergangenen Jahrzehnten immer stärker in den amerikanischen Sport integriert wurden und große Erfolge erzielten, werde ich aufgrund des beschränkten Umfanges dieser Untersuchung die Rolle der afroamerikanischen Frau nicht berücksichtigen. Die Frage, warum der amerikanische Sport in der Vergangenheit hauptsächlich in Bezug zu den Erfahrungen männlicher Athleten gesetzt wurde gehört zur Thematik der gender studies.

Sport ist Teil der Kultur einer Gesellschaft, daher ist es notwendig, seine Rolle unter dem Gesamtbezug der umfassenderen Problematik, nämlich des Konfliktes der Rassenbeziehungen in allen Bereichen des amerikanischen Lebens zu analysieren. Dabei kennzeichnet eine Veränderung der Beziehungen der Rassen im Sport oft auch eine veränderte Lage des Rassenkonflikts in der amerikanischen Gesellschaft. Der zeitliche Rahmen der Arbeit erstreckt sich von 1945 bis in die Gegenwart. Da es mir in erster Linie darum geht auf die heutige Situation näher einzugehen, werde ich vor allem die letzten zwei Jahrzehnte konkreter herausarbeiten.

1.2 These und Gliederung

Die populäre Meinung ist der Auffassung, dass der Sport ein für alle Menschen frei zugänglicher Bereich ist. Die sportlichen Fähigkeiten junger afroamerikanischer Männer werden von der amerikanischen Gesellschaft als wertvolles Gut betrachtet, da Schwarze durch ihre Integration in den Sport nun nicht mehr von der Gesellschaft ausgeschlossen sind. Folglich wird Sport als Mittel gesehen, um in der sozialen Hierarchie der USA direkt oder indirekt aufzusteigen.

Die grundlegende These dieser Arbeit widerspricht dieser gängigen Auffassung und behauptet, dass aufgrund minimaler Erfolgschancen die Hoffnung auf eine Karriere im Profisport für viele Afroamerikaner zur Illusion wird. Betrachtet man die Situation der afroamerikanischen Bevölkerung in den Vereinigten Staaten, ist es falsch, sozialen Aufstieg in Verbindung mit Sport zu bringen. Noch immer bestehende Vorurteile und Diskriminierung machen den Bereich des Sports nicht für alle Amerikaner frei zugänglich. Aufgrund von gängigen Stereotype und bestehenden Vorurteilen über die physische Überlegenheit der schwarzen Minderheit, die zum Teil diskriminierende Auswirkungen haben, stehen Afroamerikaner auch in vielen Bereichen des Sports noch häufig vor verschlossenen Türen. Dabei spielt die oft unzureichende Ausbildung der schwarzen Studenten-Athleten im College, aber auch die schlechten Bildungsmöglichkeiten der Afroamerikaner im Allgemeinen noch immer eine wesentliche Rolle. Sozialer Aufstieg durch Sport ist nur in sehr seltenen Fällen zutreffend. Wirtschaftliche Mobilität erfahren die wenigen, die es in den Profisport schaffen oder diejenigen, die den Aufenthalt am College gezielt auch zur Verbesserung ihrer schulischen Kenntnisse nutzen.

Eine weitere These dieser Arbeit ist es, dass die Medien ein falsches Bild von afroamerikanischen Sportlern vermitteln. Durch die große Präsenz schwarzer Athleten in der Medienwelt wird oft der Eindruck erweckt, Sport sei ein leicht zugänglicher und lukrativer Arbeitsplatz. Was aus den Sportlern nach Beendigung ihrer Karriere wird, darüber wird nicht mehr berichtet. Die Aufmerksamkeit der Medien richtet sich nur auf die wenigen berühmten schwarzen Sportler, die sozialen Aufstieg erfahren haben. Dies beeinflusst die afroamerikanischen Jugendlichen in ihrer Zukunftsplanung und führt zu unrealistischen Vorstellungen. Folglich wählen sie oftmals einen falschen Weg, um in eine bessere soziale Schicht aufzusteigen. Die populäre Auffassung berücksichtigt in diesem Falle nicht die kulturellen Hintergründe und Wertvorstellungen, die in der afroamerikanischen Gemeinschaft vorherrschen. Sport übt großen Einfluss auf die schwarze Bevölkerung aus und kann dann zur Gefahr werden, sobald er zur auswegslosen Illusion wird.

Da es in dieser Arbeit um Rasse und Sport geht, werde ich einleitend auf die Bedeutung der Institution Sport in den Vereinigten Staaten eingehen. Sport ist kein trivialer Aspekt des amerikanischen Lebens, sondern ein bedeutender sozialer und wirtschaftlicher Faktor in einer freizeitorientierten Gesellschaft. Betrachtet man den Sport als Schauplatz, auf dem auch Rassenkämpfe ausgetragen werden, ist es wichtig, ein breites theoretisches Verständnis seiner gesellschaftlichen Funktion zu entwickeln und seine rassische Struktur im Vergleich zu anderen gesellschaftlichen Einrichtungen zu betrachten. Seit jeher stellt Sport einen von der gesamtgesellschaftlichen Wirklichkeit nicht zu trennenden sozialen Teilbereich dar.

Auf die historisch-gesellschaftlichen Grundverhältnisse bezogen, möchte ich weiterhin zeigen, wie der Sport in seinen vielfältigen Erscheinungsformen seine jeweils für die schwarze Gesellschaft charakteristischen Ausprägungen erhält. Hierbei wird der Werdegang des schwarzen Sportlers chronologisch beschrieben, beginnend von der ersten Phase der Integration im Jahr 1945, bis hin zur Gegenwart.

Den Hauptteil der Arbeit leitet die Beschreibung der großen Wertschätzung des Sports in der afroamerikanischen Bevölkerung ein. Unter Einbezug der soziokulturellen Vielfalt und der Umwelteinflüsse, welche die schwarze Bevölkerung beeinflussen, unterstütze ich die weitverbreitete Auffassung, dass Sport für Afroamerikaner einen herausragenden Stellenwert besitzt. Hierbei ist das Hauptaugenmerk auf die Rolle des Sports innerhalb der Infrastruktur der black community gerichtet.

Ebenfalls von großer Bedeutung für afroamerikanische Jugendliche ist die Teilnahme am College -und Universitätssport. Ziel diese Kapitels ist es, die positiven und negativen Auswirkungen eines College- Aufenthalts zu erfassen. Es stellt sich die Frage, ob die Ausbildung am College die Lebensqualität und die berufliche Karriere afroamerikanischer Athleten positiv beeinflusst. Denn trotz der Vorteile, die eine Ausbildung am College mit sich bringt, behaupten viele Sozialwissenschaftler, dass die Studenten-Athleten die modernen Gladiatoren der Spielfelder sind und von Universitäten ausgenutzt werden. Eine abschließende Untersuchung des Lebens nach dem College rundet das Kapitel ab und fasst die wichtigsten Argumente zusammen.

Der Inhalt des darauffolgenden Kapitels richtet sich auf die gesellschaftspolitische Wirklichkeit, insbesondere auf die bis heute spürbaren rassistischen Denkweisen und Stereotype, die seit Beginn der Sklaverei in den Köpfen der amerikanischen Bevölkerung verfestigt sind. Aufgrund der Überrepräsentanz afroamerikanischer Sportler in bestimmten Sportarten kommt es oft zu Vorurteilen über die natürlichen Fähigkeiten der schwarzen Rasse. Über die Ursachen dieser Überlegenheit ist sich die Forschung keineswegs einig. Naturwissenschaftler und Sozialwissenschaftler sind in dieser mit Vorsicht zu genießenden Debatte geteilter Meinung, denn die Suche nach einer Erklärung ist in vielen Fällen nicht objektiv und wird oft dazu missbraucht, um rassistisch motiviertes Gedankengut zu transportieren. Ich beziehe mich in diesem Kapitel auf aktuelle Ergebnisse der Forschung der letzten drei Jahrzehnte. Dabei werde ich versuchen, die Überrepräsentanz aus einer Kombination von kulturellen, sozialen, wirtschaftlichen und biologischen Einflüssen zu erklären. Denn die Diskussion über die Auswirkungen rassischer Unterschiede auf die sportliche Leistungsfähigkeit sollte nie auf einer exklusiven Ebene stattfinden, sondern versuchen alle relevanten Faktoren mit einzubeziehen.

Obwohl der Traum der Integration von afroamerikanischen Spielern in den populären Mannschaftssportarten in Erfüllung gegangen ist, sind sie in vielen Bereichen des Sports dennoch nicht gleichgestellt. Die Positionierung schwarzer Spieler auf dezentralen Positionen war im Baseball und Football lange Zeit ein großes Thema. Auf diese Form der Diskriminierung werde ich genauer eingehen, um herauszufinden, ob sie auch heutzutage noch von Bedeutung ist. Eine weitere Form der rassischen Diskriminierung zeigt sich vor allem bei der Besetzung wichtiger Posten im Sportmanagement. Die Positionen, die zu Macht und Kontrolle im Sport verhelfen, sind noch immer überwiegend in den Händen von Weißen. Dies zeigen die aktuellen Daten der Racial and Gender Report Card, herausgegeben von Richard Lapchick in Zusammenarbeit mit dem Institute for Diversity and Ethics in Sports und der University of Florida, die hier als wichtige Quelle dient.

Das Kapitel „Rasse als Selbstbild“ beschreibt, wie die afroamerikanische Jugend in einem von Rassismus und Diskriminierung geprägtem Umfeld versucht, sich mit Hilfe des Sports eine individuelle und kollektive Identität zu geben. Das Aneignen bestimmter Verhaltenweisen wie beispielsweise der Cool Pose oder die Funktion des Basketballs sind Ausdruck des afroamerikanischen Lebensstils. Außerdem wird erläutert, inwiefern schwarze Sporthelden das Selbstbild der Jugendlichen prägen und ihre Entscheidungen beeinflussen. Dieses Kapitel ist deshalb von großer Bedeutung weil es Aufschluss gibt über das kulturelle Umfeld sowie die Ängste und Zwänge der schwarzen Bevölkerung zeigt. Die Analyse des Selbstbildes der schwarzen Bevölkerung ist wichtig, weil es aufzeigt, aus welchen Gründen bestimmte Entscheidungen getroffen werden und warum Sport innerhalb der afroamerikanischen Gemeinde als möglicher Weg zu sozialer Mobilität angesehen wird.

Im weiteren Verlauf möchte ich näher auf die Darstellung von schwarzen Sportlern in den Medien eingehen und die große Macht darstellen, die von ihnen ausgeht. Ich möchte vor allem darauf aufmerksam machen, inwiefern sie der schwarzen Gemeinde schaden können, indem sie rassische Stereotype verstärken und falsche Vorstellungen über die soziale Mobilitätsfunktion von Sport vermitteln. Ferner werde ich anhand von prominenten Beispielen kritisch untersuchen, inwiefern die Sportartikelhersteller die Bekanntheit der Sportstars nutzen, um ihre Produkte zu verkaufen und ihr Image zu stärken.

Im letzten Kapitel möchte ich meine These wieder aufgreifen und zusammenfassend erklären, warum sich die afroamerikanischen Sportler in Amerika in einer ambivalenten Situation befinden. Dabei beziehe ich mich nun explizit auf die Funktion von Sport als Wegbereiter für soziale Mobilität. Die populäre Meinung, die den Sport als vorurteilsfreien Bereich sieht, wird hier der wissenschaftlichen Kritik gegenübergestellt. Sie sieht im College- und Profisport ähnliche Probleme wie auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen. Das Kapitel beinhaltet die Antwort auf die Frage, ob Sport für ambitionierte schwarze Athleten ein Mittel zu sozialem Aufstieg ist und bestätigt unter der Berücksichtung der positiven Funktionen des Sport meine zu Beginn aufgestellte These.

1.3 Forschungsstand und Quellenkritik

In den 1960er Jahren haben die Rasseunruhen und die Bürgerrechtsbewegung ein verstärktes Interesse der sozialwissenschaftlichen Forschung an der Rassenfrage hervorgerufen. In dieser Zeit massiver gesellschaftlicher Umwälzungen setzte sich auch die Öffnung des amerikanischen Sports für die schwarze Minderheit immer stärker durch. Die Tatsache, dass Schwarze in fast allen Sportarten, in die sie eingedrungen sind, neue Leistungsmaßstäbe gesetzt haben und vielfach sportliche Dominanz erlangten, rückte den Sport in dieser Zeit zunehmend in den Blickpunkt der öffentlichen und wissenschaftlichen Aufmerksamkeit. Die Analysen der race-relations bilden seit den 1970er Jahren das umfangreichste Gebiet der sportsoziologischen Minoritätenforschung. Eine große Anzahl von Arbeiten stellt sich gegen die populäre Meinung, dass Sport einen vorurteilsfreien Bereich darstellt. Die meisten sozialwissenschaftlichen Werke kommen zu dem Schluss, dass die afroamerikanische Minderheit im Sport wie in jedem anderen Bereich des amerikanischen Lebens mit den Problemen der sozialen Ungleichheit und Diskriminierung zu kämpfen hat. Die gängigen Diskriminierungs- und Segregationsmuster werden mit Hilfe von theoretischen Konzepten, sowie quantitativen und qualitativen Studien erforscht. Der primäre Forschungsgegenstand dieser Arbeiten ist der Berufssport, wobei einige Wissenschaftler auch großes Augenmerk auf die Untersuchung des College -und Universitätssports werfen.

Bei der anfänglichen Recherche für diese Arbeit ergab sich das Problem, dass es keine direkten empirischen Ergebnisse zur sozialen Mobilitätsfunktion von Sport für Afroamerikaner gibt. Da jedoch eine Vielzahl von Faktoren zu sozialer Mobilität führen, habe ich meine Recherche etwas breitgefächerter angelegt und versucht, alle wichtigen Faktoren, die für die soziale Mobilität schwarzer Amerikaner eine Rolle spielen, zu untersuchen und mich so an mein Thema herangetastet. Hierbei stöß man auf die recht umfangreiche Literatur der amerikanischen Sportsoziologie und auf eine Vielzahl von Studien und Theorien, welche die verschiedenen Bereiche des amerikanischen Sports und ihre Athleten untersuchen. Sie wurden vor allem seit den 1970er Jahren in amerikanischen Soziologiezeitschriften veröffentlicht.

Es gibt einige Sozialwissenschaftler, die sich explizit mit der Geschichte des afroamerikanischen Athleten und den Rassenbeziehungen im Sport beschäftigen. Auf ihre Untersuchungen und Theorien stütze ich mich in dieser Arbeit verstärkt. Darunter zählen unter anderem Harry Edwards, Richard Lapchick, Jay Coaklay, Gary A. Sailes oder David. K. Wiggins. Ihr beruflicher Werdegang und ihre individuelle Herangehensweise an die Thematik wird im Glossar dieser Arbeit kurz beschrieben.

Generell untersucht die Literatur über afroamerikanische Sportler meist die negativen Stereotype physischer Überlegenheit und kontroverse Themen wie die Sozialisierung afroamerikansicher Athleten. Die gängigen Studien beschäftigen sich mit Rassismus, Vorurteilen, Diskriminierung oder der Ausbeutung von schwarzen Sportlern. Hierbei werden weiße Athleten oftmals mit schwarzen Athleten verglichen. Nur wenige Studien erforschen die komplexen und mannigfaltigen kulturellen Begebenheiten, welche die Struktur des Sports für die schwarze Gemeinde mit sich bringt. Besonders wichtig für die wissenschaftliche Analyse war das Werk African Americans in Sport, von Gary A. Sailes, eine Sammlung von Aufsätzen verschiedener Autoren, die sich vor allem mit dem Einfluss von Sport auf die afroamerikanische Bevölkerung beschäftigen.[3] Eine sehr gelungene Analyse, welche die weitreichenden Auswirkungen und Bedeutung von Sport für die afroamerikanische Bevölkerung hervorhebt. Die Inhalte der Aufsätze beschäftigen sich mit Themen wie Maskulinität, afroamerikanische Kultur, College- Sport oder Rassismus. Sie geben eine aktuelle Übersicht über die wichtigsten Problemfelder und betonen vor allem die kulturellen Gegensätze, die innerhalb des Sports existieren. Sehr hilfreich war ebenfalls das Werk von Jay Coakley, Sport in Society. Issues and Controversies, ein oft gelesenes Werk aus dem Bereich der Sportsoziologie.[4] Obwohl es mehr der Versuch einer globalen Untersuchung der Rolle des Sports in der Gesellschaft darstellt, schenkt Coakley dem Thema Rasse und Ethnizität im Sport dennoch beachtliche Aufmerksamkeit, indem er auch kontroverse Themen kritisch hinterfragt.

Mehrere wertvolle Beiträge zur Situation des afroamerikanischen Sportlers und der Rolle von Sport in der schwarzen Gemeinde hat Prof. Dr. Richard Lapchick veröffentlicht, der Mitgründer und heutige Präsident des Center for the Study of Sport in Society der Northeasthern University . Als besonders hilfreich für diese Arbeit erwies sich die von Lapchick jährlich herausgegebene “Racial and Gender Report Card“, welche als einzige Quelle für aktuelle Daten diente. Sie wird jährlich von Prof. Dr. Richard Lapchick in Kooperation mit dem Institute for Diversity and Ethics in Sport und dem De Vos Sport Business Management Program herausgebracht. Das Institut gehört zur University of Central Florida. Der Report ist eine umfassende Analyse über den Anteil der Spielern, Manager, Besitzer, Trainer und Angestellter im professionellem und Amateursport. Ziel des Reports ist die Bewertung von Einstellungspraktiken gegenüber Frauen und farbigen Menschen.[5]

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass es leider nicht immer möglich war, aktuelle Zahlen und Fakten zu finden. Seit den 1990er Jahren scheint die Forschung im Bereich der Rassenbeziehungen und Sport etwas eingeschlafen zu sein. Es erwies sich als äußerst schwierig, an Sekundärliteratur zu gelagen, die innerhalb der letzten fünf Jahre veröffentlicht wurde. Die meisten von mir zitierten Werke stammen aus den Jahren zwischen 1990 und 2000. In meiner Darstellung der Diskussion über die Überlegenheit afroamerikanischer Sportler in bestimmten Sportarten stelle ich ein relativ neues Werk des Journalisten Jon Entine in den Mittelpunkt der Debatte, welches die provokative These aufstellt, dass die Dominanz schwarzer Sportler auf bestimmte physische Fähigkeiten zurückzuschließen ist.[6] Das Buch ist sehr gut recherchiert und enthält Informationen über viele wichtige Entwicklungen von Sportlern afroamerikanischer Herkunft, jedoch bleibt zu kritisieren, dass es keine eindeutigen und wissenschaftlich fundierten Beweise für die natürliche Überlegenheit von Afroamerikanern liefert.

Einen wichtigen Beitrag zum Thema College- und Universitätssport leisten Dana Brooks und Ronald Althouse mit ihrem Werk Racism in College Athletics: The African-American Athlete’s Experience.[7] Das Buch beinhaltet Essays, die Strategien und Lösungen vorstellen, um die Ursachen, die zu Rassismus und Unterdrückung der Studenten-Athleten führen, auszulöschen. Außerdem veranschaulicht die Aufsatzsammlung deutlich die vorherrschende Situation der schwarzen Studenten-Athleten auf dem Campus.

Eine große Hilfe für diese Arbeit leisteten außerdem Studien von diversen Sozialwissenschaftlern, die in verschiedenen wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht wurden. Vor allem in den 1970er Jahren beschäftigte sich die Wissenschaft verstärkt mit der Thematik der Rassenbeziehung im Sport und brachte eine Vielzahl von quantitativen und qualitativen empirischen Untersuchungen hervor, auf die ich mich in dieser Arbeit häufig stütze.

Inspirierende Informationen findet man natürlich auch im Internet. Obwohl die Informationen oftmals kommerziell ausgelegt sind und die meisten Kommentare mehr subjektiv als wissenschaftlich fundiert sind. Trotzdem stöß man auf einigen Websites auf interessante Veröffentlichungen und Aufsätze. Allen voran enthälten die Website Black Athlete Sport Network, sowie die Archive namhafter Zeitungen und Zeitschriften anspruchsvolles Material für diese Arbeit, welches den kulturellen Bezug nicht außer Acht lässt. Ferner findet man auf den Homepages der verschiedenen Sozialwissenschaftler weitere Veröffentlichungen und Artikel.

Zusammenfassend möchte ich bemerken, dass man bei der Untersuchung der sozialen Mobilitätsfunktion des Sports für die schwarze Bevölkerung vorsichtig mit der Sekundärliteratur umgehen muss, die sich vor allem mit den negativen Auswirkungen des Sports für Afroamerikaner beschäftigt, und darüber hinaus die kulturelle Einbettung des Sports in der afroamerikanischen Gemeinde oftmals übersieht. Die soziokulturelle Vielfalt, die in der schwarzen Gemeinde vorherrscht, und die spezielle Bedeutung von Sport werden oft nicht genügend berücksichtigt.

1.4 Erläuterung relevanter Begriffe

Die einführende Erklärung einiger relevanter zentraler Begriffe soll zum besseren Verständnis der Ausführungen in dieser Arbeit beitragen. Diese Begriffe werden nicht nur in der Diskussion um die Situation der Afroamerikaner verwendet, sondern sind von grundsätzlicher Bedeutung, wenn es um die Darstellung des Verhältnisses zwischen Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Ursprüngen und verschiedenen physischen Merkmalen geht.

Unter dem Begriff Ethnizität versteht man in den Vereinigten Staaten von Amerika den gemeinsamen Hintergrund einer Gruppe von Menschen, deren Mitglieder ein spezifisches soziales und kulturelles Erbe teilen. Sie grenzen sich von anderen Gruppen ab und entwickeln dadurch ein gewisses Zusammengehörigkeitsgefühl. Für den Soziologen Hartmut Esser zählen folgende Merkmale zur Ethnizität von bestimmten Gruppen: „Blutsverwandtschaft, Rasse, Sprache, Religion, gemeinsames politisches Schicksal, Habitus, Lebensstil, Kleidung, Wohnung, Ernährungsweise u.a.“[8] Ethnische Gruppen teilen auch kulturelle Übereinstimmungsmerkmale wie Sprache, Normen oder gemeinsame Werte.Dies führt zur Entstehung einer kollektiven Identität und zur Stärkung ihres Gemeinschaftsgefühls. „Ethnizität ermöglicht die Bildung ethnischer Kollektive; ethnische Kollektive beinhalten zum einen soziale Beziehungsstrukturen, zum anderen sind sie ‚soziale Kategorien’, die über ethnische Mobilisierung für die ‚Chance’ zum Gemeinschaftshandeln stehen.“[9]

Der Begriff Rasse hingegen ist laut dem allgemeinen Lexikon ein Konzept aus der Biologie, mit dem die Vielfalt der Menschen erfasst werden soll. Traditionell werden die Rassen des Menschen als genetisch einheitlich, aber untereinander verschieden betrachtet. Rassen sind Populationen einer bestimmten Art, bei denen kein großer genetischer Austausch mit anderen Populationen vorhanden ist[10] Dadurch kann es zu einer verstärkten Herausbildung von gemeinsamen phänotypischen Merkmalen kommen, welche die Individuen einer bestimmten Rasse von anderen Populationen der gleichen Art unterscheiden.[11] Der Soziologe Gerd Reinhold definiert Rasse als „eine Gruppe von Menschen, die sich durch erbbedingte charakteristische Merkmale deutlich voneinander unterscheiden lassen, etwa durch die Hautfarbe (weiß, schwarz, gelb), den Augenschnitt (Mongolenfalte) oder das Haar (blond, dunkel, glatt, kraus).“[12] Da es jedoch keine universell akzeptierte Definition des Begriffs gibt, geriet diese Definition von Rasse oftmals in die Kritik und ist heute oft nur noch von historischem Interesse. Einige Anthropologen sprechen schon lange nicht mehr von unterschiedlichen Rassen. Für viele ist der Begriff nur mehr ein soziales Konzept.[13] Denn auch wenn zwischen den menschlichen Populationen im Einzelnen genetische Unterschiede festgestellt werden können und sich diese Unterschiede im Allgemeinen mit der geographischen Entfernung vergrößern, sind die grundlegenden genetischen Variationen zwischen Populationen nur wenig ausgeprägt. Das bedeutet, dass die genetische Diversität beim Menschen gleitend ist und somit eine klare Abgrenzung verschiedener Rassen nicht möglich macht. Im alltäglichen Denken der Menschen ist die Klassifizierung nach Rassen jedoch noch immer präsent.[14] Geht es um die Erklärung menschlichen Handelns, erscheint es sinnvoll, Afroamerikaner wegen ihres gemeinsamen kulturellen Erbes als ethnische Gruppe zu bezeichnen. Jedoch geht es in dieser Arbeit auch um phänotypische Ausprägungen. Da der Hautfarbe in der amerikanischen Kultur eine bestimmte soziale Bedeutung zukommt, werde auch ich gelegentlich von der „schwarzen Rasse“ sprechen. Damit sind alle Amerikaner mit dunkler Hautfarbe gemeint. Der Begriff Rasse wird auch zukünftig auf der ganzen Welt von Bedeutung sein und Menschen in verschiedene Kategorien einordnen.

Rassismus ist der Glaube, dass menschliche Populationen sich in genetisch bedingten Merkmalen von sozialen Werten unterscheiden, so dass bestimmte Gruppen gegenüber anderen höherwertig oder minderwertig sind. Rassismus umfasst jede Unterscheidung, Bevorzugung oder jeden Ausschluss aufgrund von Rasse oder ethnischer Herkunft.[15] Es gibt aber keinen überzeugenden wissenschaftlichen Beleg, mit dem dieser Glaube gestützt werden könnte. Darüber hinaus gibt es keine überzeugenden Belege für "rassische" Verschiedenheit hinsichtlich Intelligenz, emotionaler, motivationaler oder anderer psychologischer Eigenschaften, die unabhängig von kulturellen Faktoren sind.

Als Afroamerikaner werden Amerikaner und insbesondere US-Amerikaner schwarzafrikanischer Herkunft bezeichnet. Obwohl sich im Laufe der Jahrhunderte Amerikaner schwarzer und weißer Hautfarbe vermischt haben, ist die Mehrheit der Schwarzen nach wie vor überwiegend afrikanischer Herkunft. Dieser Begriff wurde inzwischen wiederum ersetzt durch den Term African-American. Dies ist der momentan üblichste Begriff. Der Begriff Neger ist heute im US- amerikanischen Raum eine rassistische Zuschreibung.[16] Daher werde ich in meiner Arbeit entweder von Schwarzen, afrikanischen Amerikanern oder von Afroamerikanern sprechen.

Die USA ist ein modernes Gesellschaftssystem, das in verschiedene Klassen unterteilt werden kann. Hierbei bilden Gruppen mit vergleichbarer wirtschaftlicher Position innerhalb der Gesellschaft einzelne Klassen. Zumindest theoretisch kann jeder Bürger in jede Klasse wechseln und jeden gesellschaftlichen Status erreichen. Die niedrigste Klasse ist die sogenannte underclass, die vorwiegend in den Großstädten lebt. Trotz der Herausbildung einer schwarzen Mittelschicht ist der Großteil der Afroamerikaner nach wie vor dieser Schicht zuzurechnen. Einkommen, Vermögen, Besitz, Bildung, berufliche Qualifikation, Geschlecht und ethnische Zugehörigkeit sind Faktoren, welche die Klassenzugehörigkeit von Individuen in den Vereinigten Staaten von Amerika beeinflussen. Die allgemein schlechtere wirtschaftliche Ausgangslage, Mangel an Bildungsmöglichkeiten, und natürlich nach wie vor teilweise unverblümter Rassismus erschweren ethnischen Minderheiten den Zugang zu höheren Schichten.

In meiner Arbeit ist der Begriff der Sozialen Mobilität von zentraler Bedeutung. Um ein besseres Verständnis der gesamten Problematik zu garantieren, wird er an dieser Stelle genau definiert. Die Sozialwissenschaft versteht unter sozialer Mobilität die Bewegung von Einzelpersonen zwischen Klassen und Schichten und die daraus resultierende Veränderung ihrer sozialen Stellung in der Gesellschaft. Dies bedeutet meist den Auf - oder Abstieg in eine andere gesellschaftliche Schicht. In diesem Fall spricht man von vertikaler Mobilität. Da der Beruf eine der wichtigsten Determinanten in Bezug auf soziale Ungleichheit darstellt, wird soziale Mobilität in der vertikalen Forschungspraxis meist als berufliche Mobilität zwischen verschiedenen Klassen und Schichten erfasst.[17] Doch soziale Mobilität bedeutet auch die Bewegung von Menschen zwischen sozialen Positionen wie Wohnorten, Berufen, Familienständen, Lebensstilen, religiösen Bekenntnissen, politischen Parteien, Klassen oder Schichten.

Beschäftigt man sich mit der Frage nach sozialer Mobilität, stellt sich automatisch auch die Frage nach der Durchlässigkeit der Grenzen zwischen den sozialen Schichten sowie dem Grad der Offenheit einer Gesellschaft. Inwiefern es für afroamerikanische Athleten in Amerika möglich ist, die Stufen der sozialen Leiter mit Hilfe des Sports zu erklimmen, werde ich in der folgenden Arbeit erläutern.

2 Die Bedeutung von Sport in den Vereinigten Staaten

2.1 The American Dream– Soziale Werte und amerikanische Ideologie im Sport

„Sports are not simply…surface rituals for us. …Sport has entered the fabric and structure of our whole way of life. Sport is constant, a model, a value system. It is our strength and our weakness, our redeemer and destroyer. …Intellectually and philosophically, emotionally and psychologically, sexually and physically, sport governs our lives.[18]

Ziel dieses Kapitels ist es, Gründe für das Phänomen Sport zu erörtern und ein Bild von dem außergewöhnlichen Stellenwert, den er in der amerikanischen Gesellschaft einnimmt, zu vermitteln. Sport ist ein Produkt sozialer Realität und hat über das Ziel des Gewinnens und Unterhaltens hinaus viele weitere bedeutende Funktionen in der amerikanischen Gesellschaft. Kulturspezifisch ist der Sport ein getreues Abbild der Gesellschaft. Seine konstitutiven Bestandteile sagen nicht nur ungehindert Dinge über die gesellschaftlichen Beziehungen aus, sondern sie bieten auch eine Plattform, die für die Mitglieder der Gesellschaft soziale Anerkennung ermöglicht, und zwar in vielfältigen Spielarten.

Somit stellt der Sport ein Feld für alle Amerikaner dar. Ein Feld, in dem sich auch Afroamerikaner gleiche Chancen erhoffen können. Aus diesem Grund kann die Situation von schwarzen Sportlern nur unter der Berücksichtigung des Zusammenhangs von Sport mit anderen Bereichen des politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebens in Amerika diskutiert werden. Viele Wissenschaftler aus der Soziologie sind sich einig: Sport fungiert als Spiegel der Gesellschaft und in den Vereinigten Staaten von Amerika ist beinahe jeder gesellschaftliche Bereich in irgendeiner Weise mit Sport verbunden. S.W. Pope bestätigt diese Auffassung: „Not only do sports rehearse fundamental human movements, passions and characters in recurring, unpredictable scripts, they also provide a dynamic, accessible window into politics, economics, gender, race, class formation, ideology, religion, and virtually any other topic.”[19]

Der außergewöhnliche Stellenwert, den der Sport in den USA genießt, ist nicht zu bestreiten. Egal ob als aktiver Athlet oder passiv als Zuschauer, Sport dient den Amerikanern seit jeher als Ablenkung und Ausgleich zum Alltag und avancierte vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg zur beliebtesten Freizeitbeschäftigung. Auf unterschiedliche Art und Weise zeigen laut Umfragen täglich beinahe 75% der amerikanischen Bürger Interesse an Sport.[20] Die Kombination aus Erholung und Bewegung, individueller Spaß, die Freude am Wettkampf und vor allem die Förderung von Fitness und Gesundheit wird von sportlich aktiven Menschen besonders geschätzt. Diese Einstellung wird auch von der amerikanischen Regierung unterstützt. Überzeugt vom gesellschaftlichen Nutzen von Sport, ermuntert der President’s Council on Physical Fitness and Sports mit Hilfe einer Vielzahl von Aktivitäten- wie beispielsweise President Bush’s Initiative Healthier US - zu einer sportlichen Lebenseinstellung.

Sport ist Kult und bietet Aktiven sowie Zuschauern inzwischen mehr als nur abwechslungsreichen und gesunden Zeitvertreib. In einer Gesellschaft, in der traditionelle Sinngebungsinstanzen an Bedeutung verlieren, erhält Sport eine ganz neue Funktion. In den letzten 60 Jahren wurde er vermehrt zum Ausdrucksmittel individueller Lebensentwürfe und persönlichen Lebensstils. Besonders auffällig sind solche Stilisierungen in Trendsportarten wie Snowboarding, Surfen oder Mountainbiking. Sport ist also nicht nur eine gesunde Freizeitbeschäftigung, sondern wird in der amerikanischen Gesellschaft zunehmend zum individuellen Erlebnisraum, zur Selbstverwirklichungsinstanz, Sinnstifter, ja sogar zum Religionsersatz. In den Nachkriegsjahren, als der Alltag der Amerikaner von Arbeitslosigkeit, Konflikten und den Auswirkungen des Krieges geprägt war, fungierte er als „zusammenschweißendes“ Medium und wurde anstelle von Arbeit, Religion oder Familie zum Orientierungspunkt für viele Amerikaner.[21] Heutzutage ist „aus einer Nebensache...eine Hauptsache geworden.“[22]

In den 1950er Jahren unterzog sich die amerikanische Kultur einem rapiden Wandel. Zwischen 1945 und 1960 wuchs das gross national product um 250% an, während das Einkommen pro Kopf ebenfalls um 35% stieg. Der Baby-Boom, wirtschaftliches Wachstum, Suburbanisation, technologischer Fortschritt sowie internationale Spannungen - dies alles veränderte die amerikanische Gesellschaft. Sport diente in dieser Zeit als Fels in der Brandung, der den Menschen Sicherheit und Kontinuität gab. „The natural rhythms of the sporting season, the relative stability of the rules, and sport’s association with masculine strength and authority softened the effects of a booming marketplace in a rapidly changing consumer society….”[23] Auch heute reflektiert Sport politische, kulturelle sowie gesellschaftliche Veränderungen und kann als Ausdruck amerikanischer Kultur und Werte betrachtet werden. Wie keine andere Institution steht er für nationale Identität. Schon Theodore Roosevelt sprach von der Führungsstärke und Tugendhaftigkeit von Sportlern. Wenn junge Männer mentale und körperliche Stärke im Football zeigten, würden sie auch dazu fähig sein, starke Führer zu werden, die die Welt erobern und das Land regieren können. Um die Jahrhundertwende war es üblich, dass Männer ihre geistigen Fähigkeiten mit Hilfe ihres Körpers ausdrückten. In den 1940er Jahren verstärkte der Eintritt von Sportstars in die Armee das positive Image von Sport, denn er reflektierte schon immer die vorherrschende Ideologie.[24] Diese verspricht Erfolg durch persönliche Leistung und Selbstdisziplin, harte Arbeit und Demokratie. Wer in den USA den Regeln der Gesellschaftsordnung folgt, könne unabhängig von seiner sozialen Abstammung in der sozialen Hierarchie aufsteigen und einen hohen Status erlangen.[25] Auch soziale Werte wie Teamgeist, Fairness, Disziplin und Durchhaltevermögen, die in der amerikanischen Gesellschaft sehr geschätzt werden, findet man im Sport wieder. Diese Werte kommen vor allem in Teamsportarten wie Baseball, American Football oder Basketball zu Geltung. Sport trägt somit zur Charakterbildung, Sozialisation und Lebensvorbereitung bei.

Wettbewerbs,- Leistungs- und Erfolgsorientierung sind darüber hinaus kennzeichnend für die Ideologie des American Dream, wonach jeder nordamerikanische Bürger ein materiell abgesichertes Leben führen kann, wenn er seine Möglichkeiten mit persönlichem Fleiß und Zielstrebigkeit nutzt. Gängige Slogans, welche die Arbeitsmoral charakterisieren, lauten: „Erfolg sind 99% Schweiß und 1% Inspiration“ oder „Ohne Fleiß kein Preis“. Verliert ein Team, so heißt es oft, es war nicht engagiert genug hat und hat die Niederlage selbst verschuldet und verdient. Gewinnen, oft egal um welchen Preis, spielt in der amerikanischen Gesellschaft eine große Rolle. Dies wird vor allem im Sport deutlich sichtbar. Basketball- Trainer Frank McGuire trifft dies auf den Punkt: „In this country, when you finish second, no one knows your name.“[26]

Wichtige Fragen zum Thema Rassenzugehörigkeit, Klassenzugehörigkeit, Geschlechterkampf oder nationale Identität wurden seit jeher auf dem Spielfeld ausgespielt. So war die Integration von Jackie Robinson als erstem Afroamerikaner in Amerikas Baseballliga mehr als nur ein symbolischer Sieg. Robinsons Leistung auf dem Spielfeld inspirierte viele Bürgerrechtler, sich noch mehr für die Rassengleichheit, auch in anderen Bereichen einzusetzen.

2.2 Die Funktion von Sport in Politik, Wirtschaft und Medien

Besonders nach dem Zweiten Weltkrieg ist die politische Bedeutung von Sport nicht zu unterschätzen. Auf internationalen Sportveranstaltungen erfolgreich abzuschneiden und zu gewinnen ist für Amerika die Bestätigung, das beste Land der Welt zu sein.[27] Sportlicher Erfolg gilt seit jeher als Beweis für die Überlegenheit des wirtschaftlichen, politischen und sozialen Systems und bestätigt den Status eines Landes in der Gesellschaft der Nationen.[28] Als die olympischen Spiele 1952 in Helsinki näher rückten, intensivierten sich zeitgleich auch die Rivalitäten des Kalten Krieges. Russland zündete 1949 zur Überraschung der Amerikaner seine eigene Atombombe und mit dem politischen Fall von China zum Kommunismus schien die Welt gefangen in einem Kampf zwischen Kommunismus und Kapitalismus, Totalitarismus und Demokratie. Teil dieses Kampfes war der Sport. „For the United States and the Soviet Union, the Olympics provided a rare stage upon which they could compete publicly and directly.”[29] Ziel der Vereinigten Staaten war es bei diesen Olympischen Spielen, die Russen zu besiegen. Eine Trennung von Sport und Politik war somit im Kontext des Kalten Krieges fast unmöglich. Heutzutage nehmen amerikanische Athleten oft an internationalen Sportwettkämpfen teil, weil solche Veranstaltungen immer wieder die Möglichkeit bieten, die amerikanische Kultur zu präsentieren und die Völkerverständigung zu fördern. Herausragende Ereignissen im internationalen Sport sind die Olympischen Spiele, die bereits acht Mal in den USA stattfanden.[30]

Gleichzeitig entwickelte sich der nordamerikanische Sport zunehmend zu einem enormen Wirtschaftsfaktor. Diese Kommerzialisierung ist das Resultat verschiedener wirtschaftlicher, politischer und kultureller Entwicklungen der letzten zwei Jahrhunderte und geht Hand in Hand mit der Kommerzialisierung der amerikanischen Gesellschaft. Moral und Selbstverwirklichung spielen im kommerzialisierten Sport, der abhängig ist von hohen Einschaltquoten und großem Unterhaltungswert, eine untergeordnete Rolle. So rückte das Interesse, Sponsoren und Medien anzuziehen, immer mehr in den Vordergrund. Die wirtschaftliche Bedeutung ist so groß, dass sogar ein Bruttosportprodukt kalkuliert wurde, welches im Jahr 1988 einen Umsatz von 63,1 Millionen Dollar erzielte. Somit belegte das Bruttosportprodukt in diesem Jahr in der Liste der 50 Top- Industrien Rang 22.[31]

Große Popularität sowie mediale und wirtschaftliche Bedeutung genießt nicht nur der Profisport, sondern auch der College- und Universitätssport, vor allem im Männer- Basketball und -Football. Er wird streckenweise ebenfalls professionell vermarktet und verwaltet. Für viele Sportler bahnt der College -und Universitätsport den Weg in die Profiligen, da diese in erster Linie aus den College- Mannschaften rekrutieren.

Die Kommerzialisierung des Sports steht in engem Zusammenhang mit der Rolle der Medien, vor allem dem Fernsehen. Die Sender zahlen immense Summen an die Sportorganisationen, um sich die Übertragungsrechte für populäre und internationale Sportveranstaltungen zu sichern. So verkaufte die National Football League die Übertragungsrechte ihrer Spiele von 1990 bis 1993 für 3,6 Billionen Dollar. Dies hat das jährliche Einkommen der Liga um 90% erhöht.[32] Für die Sender sind Sportübertragungen billiger und einfacher zu gestalten als andere Sendeformate. Außerdem erreichen sie eine sonst schwer erreichbare Zielgruppe junger, gebildeter Männer mit gutem Einkommen. Einer Studie zufolge verfolgen 50 % der Nordamerikaner und 28% der Nordamerikanerinnen die Profispiel der NFL.[33] Dies wiederum verstärkt die Attraktivität solcher Sportprogramme für Werbetreibende, was die symbiotische Beziehung zwischen den Medien und der amerikanischen Wirtschaft deutlich veranschaulicht.

„Television simply expands the commercial interests that are already an inherent part of spectator sports in capitalist societies. Although some changes are uniquely linked to the special needs of television coverage, the real reason for most of the changes occurring over the past 3 decades has been the desire to produce more marketable entertainment for all spectators and a more attractive commercial package for sponsors and advisers. “[34]

Aber auch andere Medien schenken dem Sport überragende Beachtung. So widmet die populärste Zeitung in den USA, die USA Today, dem aktuellen Sportgeschehen ein Viertel ihrer Ausgabe.[35] Auch die Masse der Zuschauer, die den Wettbewerben vor Ort beiwohnt, wächst in jedem Jahr an. Im Jahr 2003 besuchten 16,913,584 Millionen Zuschauer die Spiele der NFL.[36]

Häufig wird in den Medien über sogenannte Erfolgs- Storys von Sportlern berichtet. Unter anderem kommt hier der afroamerikanischen Medienabhandlung eine entscheidende Rolle zu. Die Sportsoziologen Laurel Davis und Othello Harris unterstützen die These, dass die Sportberichterstattung den im Sport noch immer vorherrschenden Rassismus Sport verhehlt, indem sie die Erfolge der schwarzen Sportler hervorhebt, ohne die wirtschaftlichen oder politischen Probleme zu berücksichtigen. Somit wird der Glaube verstärkt, dass Afroamerikaner wirtschaftlich genauso erfolgreich sein können wie weiße Amerikaner. Diejenigen, die es nicht schaffen, werden als moralisch minderwertig abgestempelt.[37]

Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich eine regelmäßige Sportberichterstattung, die jedoch erst in den 1960er und1970er Jahren zu einer Millionen-Dollar-Industrie wurde und bedeutende kulturelle Auswirkungen in Amerika mit sich brachte. Das Fernsehen war der Motor für viele bedeutende Entwicklungen im amerikanischen Sport. Denn die Sender sorgen für die finanzielle Unterstützung im Profi- und College- Sport, beeinflussen die Popularität bestimmter Sportarten und machen Sportler zu nationalen Stars. Ferner ist das Medium Fernsehen verantwortlich für eine neue Definition des Sports in einer mediatisierten Gesellschaft.[38]

Abgesehen von den positiven Werten, die der Sport vermittelt, gibt es dennoch auch negative Aspekte. Drogenmissbrauch, Siegesbesessenheit, Gewalt, Diskriminierung von Frauen und Rassismus sind Probleme der amerikanischen Gesellschaft, von denen auch der Sport als soziale Institution nicht verschont bleibt. Der ehemalige Athlet Kenny Moore bestätigt dies:

„Sport also presents us with cocaine deaths, steroid cover-ups, collegiate hypocrisies, gambling scandals, criminal agents, and Olympic boycotts. Such failures show that sport’s civilizing, freeing effect on us is incomplete. Not everyone is following the rules. Not everyone is trying.“[39]

Sport ist kein trivialer Aspekt des amerikanischen Lebens. Er spielt eine bedeutende soziale und wirtschaftliche Rolle in der freizeitorientierten Gesellschaft der USA und betrifft das Leben von allen Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen. Er hat seit jeher das Zusammengehörigkeitsgefühl der Amerikaner verstärkt und befriedigt die Grundbedürfnisse der Menschen.

„Sport elaborates in its rituals what it means to be a human: the play, the risk, the trials, the collective impulse to games, the thrill of physicality, the necessity of strategy; defeat, victory, defeat again, pain, transcendence and, most of all, the certainty that nothing is certain-that everything can change and be changed. “[40]

3 Die Eingliederung schwarzer Athleten in den amerikanischen Sport

3.1 Die ersten Schritte der Integration

Die Geschichte der afroamerikanischen Sportler ist gekennzeichnet von großen Erfolgen und bitteren Enttäuschungen. Doch trotz systematischer Diskriminierung von Afroamerikanern in der amerikanischen Geschichte spielen schwarze Sportler schon immer eine bedeutende Rolle im Sportgeschehen des Landes. Nach dem Zweiten Weltkrieg veranschaulichen einige spektakuläre Durchbrüche der Rassenschranken die langsame Integration der schwarzen Athleten in den amerikanischen Sport. Jedoch waren es nicht nur die Aufsehen erregenden Stars, die die Integration vorantrieben. Vielmehr waren es auch viele unbekannte weiße und schwarze Sportler, die sich äußerst engagiert für das Ziel der Integration einsetzten. Wie sich das Durchbrechen der Rassenschranken im Sport vollzog und welche Umstände diese Entwicklung ermöglichten soll in diesem Kapitel beschrieben werden. Auch wenn es nicht möglich ist, eine exakte zeitliche Abgrenzung und Auflösung der rassistischen Barrieren festzulegen, soll die Hervorhebung der wesentlichen Anstöße zur Überwindung der Rassenschranken einen Überblick über die historische Entwicklung des schwarzen Sportlers seit 1865 geben, wobei diese exemplarische Beschreibungen keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.

Die Anfänge des professionellen, insbesondere des schwarzen Sports, fallen erst in die Zeit nach dem Bürgerkrieg (1861-1865). Nach dem offiziellen Ende der Sklaverei standen sich zwar schwarze und weiße Athleten auf den Football, -Baseball, -und Basketballspielfeldern gegenüber, doch sobald man die Dominanz schwarzer Sportler spürte, kam es zur Errichtung rassischer Schranken. Vor allem im Pferderennen, im Boxsport und im Radfahren erzielten schwarze Sportler beachtliche Erfolge, welche viele Amerikaner fürchteten.

„The contemptuous posture and defiance of superb Black heavyweight boxing champion Jack Johnson only fanned the flames of fear and resentment among whites. After his defeat in 1915, white champion boxers refused to fight a black man until 1936 when Joe Luis defeated Jimmy Braddock to become boxing’ s world champion. “[41]

Die Angst, gegenüber einer als minderwertig angesehene Rasse zu verlieren, führte letztendlich auch zur Vereinbarung weißer Major League Clubbesitzer, keine Afroamerikaner aufzunehmen. Dieses ungeschriebene Gesetz blieb bis 1945 bestehen.[42] Während der Ära der Rassentrennung (1896-1954) bestand die separate-but-equal – Doktrin, worin es heißt, dass die schwarze Bevölkerung in allen öffentlichen Anlagen getrennt werden müsse. Aus diesem Grund bildeten sie - unter denkbar schlechten Bedingungen - ihre eigenen Teams und Ligen. Nur bei den Olympischen Spielen durften schwarze Athleten aufgrund des internationalen Charakters der Veranstaltung auch schon vor dem Zweiten Weltkrieg uneingeschränkt teilnehmen.[43]

Aufgrund des Kampfes gegen Deutschland verstummte der offen ausgesprochene amerikanische Rassismus nach dem Zweiten Weltkrieg, und viele Farbige nutzen die Ideologie des Krieges und ihren Dienst, als Argumentation für ihre Integration in den amerikanischen Sport. Die schleichende Auflösung der Rassentrennungsgesetze, verbunden mit vielen Protestwellen in den 40er Jahren sorgte für eine langsame Aufnahme Schwarzer in den organisierten Sport, welche parallel zur gesellschaftlichen Entwicklung verlief.[44] Der Vertrag zwischen Jackie Robinson und den „Brooklyn Dodgers“ 1945 war ein Meilenstein dieser Entwicklungen. Auch wenn Jesse Owens und Joe Louis bereits Stars waren, so ist die Integration farbiger Sportler in den Teamsport von besonderer symbolischer Bedeutung. Nach jahrzehntelanger Trennung war es einem Schwarzen gelungen, in die Berufsliga des Baseball aufzusteigen um zusammen mit seinen weißen Teamkollegen ein gemeinsames Ziel zu verfolgen. „As a second baseman, he was also one half of a double play combination with shortstop Pee Wee Reese, a Southerner from Kentucky. Together, Robinson and Reese showed thousands of Americans a working model of racial integration.”[45] Möglich gemacht hat dies Branch Rickey, der damalige Präsident und Teilhaber des New Yorker Baseballclubs. Als geschickter Geschäftsmann, der vom Nutzen Robinsons für die Mannschaft überzeugt war, war sein Interesse natürlich auch wirtschaftlich wohl überlegt. „Branch Rickey was an astute businessman, and I am sure he was convince

d that in the long run Negro players would bring additional throngs to the ball park.“[46] Dennoch leistete er einen großen Beitrag zur Integration farbiger Sportler und nahm ein großes Risiko in Kauf, als er Robinson einer konservativen Baseballwelt mit meist sehr rassenbewussten Spielern und Zuschauern vorstellte. Durch sein überlegenes Spiel und aufgrund seiner ausgeglichenen Persönlichkeit, und natürlich auch durch die damit verbundenen Siege konnten die Dodgers die afroamerikanische Zuschauerzahl um über 400% steigern.[47] Obwohl die NFL zwei Jahre vor Robinsons Debüt bereits die beiden schwarzen Spieler Kenny Washington und Woody Strode integrierte, war Baseball zu dieser Zeit eng verbunden mit der romantischen Idee von Demokratie, Teamwork und Fair Play. Auf dem Feld jedoch erfuhren die schwarzen Spieler oftmals Rassismus in Form von Gewalt. „Opposing players would step on their hands and arms after a tackle or kick them in the groin during a pileup.“ Ferner zwangen Jim Crow - Gesetze die Spieler in getrennten Unterkünften zu übernachten oder in separaten Restaurants zu essen. Vor seinen ersten Auftritten in der Öffentlichkeit musste Robinson dem Teambesitzer Rickey versprechen, die zu erwartenden Anfeindungen, wenn auch noch so berechtig, zu ignorieren und widerstandslos hinzunehmen. Rickey versuchte ihn davon zu überzeugen, dass „his greatest reform service would be to perform so well and control himself so completely that he and those of his race to follow would be accepted.”[48]

Im Basketball spielten schwarze Spieler in den 1940er Jahren sporadisch in der damaligen NBL, sie waren jedoch nie besonders sichtbar. Im Vergleich dazu genossen die von Abe Saperstein gegründeten Harlem Globetrotters, eine Mannschaft mit ausschließlich afroamerikanischen Spielern, die als „Basketball-spielende Clowns“ durch das Land tourten, große Popularität. Sie spielten gegen NBL Champions, College All-Star Teams und lokale All-Star Teams. Trotz dieser Entwicklung wartete die NBA als letzte der drei Ligen bis 1950, bevor sie einen schwarzen Spieler integrierte.[49]

Im Jahr 1956 garantierten nur 18 Staaten den gleichberechtigten Zugang zu Schwimmbädern, Spielplätzen, Golfplätzen oder Tennisplätzen. Dies zeigt einmal mehr, wie unterschiedlich die Zeit und Form des Bemühens zur Beendigung der Rassentrennung war.[50]

3.2 Rassenkampf im Sport

Als viele Afroamerikaner merkten, dass sie trotz rechtlicher Erfolge wenig von den neu errungenen Vorteilen zu spüren bekamen, verbreiteten sich vor allem in den unteren Bevölkerungsschichten in den 1960er und 1970er Jahren revolutionäre Gedanken, die zu einem neuen Rassenbewusstsein in der schwarzen Bevölkerung führten. Seit den fünfziger Jahren wuchs die Beteiligung afroamerikanischer Sportler so deutlich wie in wohl keinem anderem Bereich des amerikanischen Lebens. Dadurch, dass der Sport einer der ersten Bereiche des amerikanischen Lebens war, der farbigen Athleten offensichtlich die Möglichkeit zu Selbstverwirklichung bot, blieb es nicht aus, dass der Rassenkampf der schwarzen Bevölkerung auch in diesen Bereich hineingetragen wurde. Denn obwohl sich die Teilnahmemöglichkeiten verbesserten, änderte sich an der ungleichen Behandlung farbiger Sportler oft nicht viel. Dies zeigte sich vor allem in der ungleichen Bezahlung für gleiche Leistung, in oftmals fehlenden unterstützenden Möglichkeiten wie Trainingslager oder in der Unterrepräsentation schwarzer Manager und Trainer in höheren Positionen. Einige Beispiele dieser revolutionären Phase sollen in diesem Kapitel exemplarisch dargestellt werden.

[...]


[1] Jay Coakley, Sport in Society. Issues and Controversies (New York: McGraw-Hill, 2001), 7th ed, 268.

[2] Hierbei ist zu betonen, dass Afroamerikaner nicht als einzige Gruppe für grundlegende Zivilrechte kämpfen mussten. Auch Eingeborene, Asiaten, Hispanics und andere Minderheiten haben eine ungewöhnliche Geschichte des Leidens und des Kampfes ertragen müssen.

[3] Gary A. Sailes, African Americans in Sport (New Brunswick: Transaction Publishers, 1998).

[4] Jay Coakley, Sport in Society. Issues and Controversies (New York: McGraw-Hill, 2004), 8th ed.

[5] Richard Lapchick, „Racial Gender and Report Card” (University of Central Florida : Institute for Diversity and Ethics in Sport/De Vos Sport Business Management Program, 2003).

[6] Jon Entine, Why black athletes dominate sports and why we’re afraid to talk about it (New York: Public Affairs, 2000).

[7] Dana Brooks und Ronald Althouse , Racism in College Athletics: The African-American Athlete’s Experience (Morgentown: Fitness Information Technology, Inc., 2000), 2nd ed.

[8] Hartmut Esser, „Ethnische Differenzierung und moderne Gesellschaft“, in: Zeitschrift für Soziologie, 17:4 (Stuttgart: F. Enke Verlag, 1988), 236.

[9] Friedrich Heckmann, Ethnische Minderheiten, Volk und Nation (Stuttgart: Enke Verlag, 1992), 46.

[10] Populationen sind Gruppen, die einen bestimmten Raum bewohnen. Ein Begriff der nicht biologisch, sondern statisch definiert ist. Vgl. AdLexikon [http://rasse.adlexikon.de/Rasse.shtml, 23.8.2005] s.v. „Rasse“.

[11]AdLexikon [http://rasse.adlexikon.de/Rasse.shtml, 23.8.2005] s.v. „Rasse“.

[12] Gerd Reinhold, Soziologie Lexikon (München: Oldenbourg, 2000), 4. Aufl., 515.

[13]AdLexikon [http://rasse.adlexikon.de/Rasse.shtml, 23.8.2005] s.v. „Rasse“.

[14] Andreas Jahn, „Nur 2000: Die gesamte Menschheit stammt von einer kleinen Gruppe ab“, in: Spektrumdirekt. (Mai 2003) Zit. nach: <http://www.wissenschaft-online.de/abo/ticker/619209> 23.8.2005.

[15]Wikipedia [http://de.wikipedia.org/wiki/Rassismus, 23.8.2005] s.v."Rassismus".

[16]Wikipedia [http://de.wikipedia.org/wiki/Afroamerikaner, 24.8.2005] s.v. ”Afroamerikaner”.

[17] Dr. Rudolf Verwiebe, „Soziale Mobilität“ (Universität Hamburg, Institut für Soziologie), Zit. nach <http://www.sozialwiss.uni-hamburg.de/ publish/Isoz/drobnic/courses/Mob_Folie4.pdf> 24.8.2005.

[18] Neil D. Isaacs, Zit. nach George H. Sage, Power and Ideology in American Sport (Champaign: Human Kinetiks Books, 1990), 1.

[19] S. W. Pope, The New American Sport History. Recent Approaches and Perspectives (Urbana and Chicago: University of Illinois Press, 1997), 1.

[20] Sarah Flowers, Sports in America (San Diego, 1996), 7.

[21] Randy Roberts und James S. Olson, Winning is the only thing. Sports in America since 1945 (Baltimore: John Hopkins University Press,1989), xi-xii.

[22] Markus Lamprecht, Sport zwischen Kultur, Kult und Kommerz (Zürich: Seismo-Verlag, 2002), 8.

[23] Kathryn Jay, More than just a game. Sports in American Life Since 1945 (New York: Columbia University Press, 1994), 47.

[24] Jay, More than just a game, 28.

[25] Laurel R. Davis und Othello Harris, “Race and ethnicity in US sports media”, in: Lawrence A. Wenner, (Hgg.) Media, Sports & Society (Newbury Park, CA: Sage Publications, 1989), 166.

[26] Frank McGuire, Zit. nach Jay, More than just a game, 3.

[27] Jay, More than just a game, 4 ff.

[28] James H. Frey und Stanley D. Eitzen, “Sport and Society”, in: Annual Review of Sociology 17 (1991), 511.

[29] Jay, More than just a game, 51ff.

[30]US Diplomatic Mission to Germany [http://www.usa.usembassy.de/sport-international.htm, 24.5.2005] s.v. “Sport in Amerika: Internationale Sportereignisse”.

[31] Frey und Eitzen, “Sport and Society”, 508.

[32] Frey und Eitzen, “Sport and Society”, 509.

[33] Flowers, Sports in America, 18.

[34] Jay Coakley, Sport in Society. Issues and Controversies (St. Louis: McGraw-Hill, 1990), 4th ed., 280

[35] Carola Schulz, „Zur Situation afroamerikanischer Sportler in den USA“ (Diplomarbeit, Humboldt-Universität Berlin, August 2002), 2.

[36]Infoplease [http://www.infoplease.com/ipsa/A0905961.html] s. v. “2003 NFL Attendance”.

[37] Davis und Harris, Race and ethnicity in US Sports Media, 166.

[38] David K. Wiggins, Sport in America. From Wicked Amusement to National Obsession (Champaign, Illinois: Human Kinetics Books, 1995), 337.

[39] Kenny Moore, Zit. nach P. Goodhart und C. Chataway, War without Weapons ( London: Allen, 1968), 3.

[40] Richard Lacayo, ” Blood in the Stands”, in: Time (Juni 1985), 38-41.

[41] John C. Walter, “The Changing Status of the Black Athlete in the 20th Century United States”, in: American Studies Today Online Zit. nach <http://www.americansc.org.uk/Online/walters.htm> 26.6.2005, 4.

[42] Brooks und Althouse, Racism in college Athletics, 5.

[43] Walter, “The Changing Status of the Black Athlete”, 5.

[44] Roberts und Olson, Winning is the only thing, 30.

[45] Jay, More than just a game, 32 .

[46] B. L. Bennett, “Critical Incidents and Courageous People in the Integration of Sports”, in: Journal of Health, Physical Education Recreation (April 1971), 85.

[47] Jay, More than just a game, 35.

[48] D.W. Dodson, “The Integration of Negroes in Baseball”, in: The Journal of educational Sociology XXVII (1954), 78.

[49] Jay, More than just a game, 34 ff.

[50] Frederick W. Cozens und Florence S. Stumpf, Sports in American Life (Chicago: University of Chicago Press, 1953), 253.

Ende der Leseprobe aus 114 Seiten

Details

Titel
Soziale Mobilität durch Sport. Zur ambivalenten Situation afroamerikanischer Sportler in den USA
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Amerika Institut)
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
114
Katalognummer
V50799
ISBN (eBook)
9783638469364
ISBN (Buch)
9783638683166
Dateigröße
1162 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Soziale, Mobilität, Sport, Situation, Sportler
Arbeit zitieren
M.A. Carola Berger (Autor:in), 2005, Soziale Mobilität durch Sport. Zur ambivalenten Situation afroamerikanischer Sportler in den USA, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50799

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