Einleitung
In vielen Bereichen des Sports besteht ein großes Interesse an den physiologischen Mechanismen, die eine Optimierung der körperlichen Leistungsfähigkeit bewirken kön-nen. In der Regel wird die Meinung vertreten, dass eine Erhöhung der Körperkerntem-peratur (KKT) auf 38,5°C die motorische Leistung optimiere; das Warming-up gehört daher zum gängigen Repertoire eines Sportlers. In jüngerer Vergangenheit findet eine zunehmend kritische Auseinandersetzung mit dieser Thematik statt. Neuere Untersu-chungen zur Thermoregulation ergeben, dass vor allem Ausdauerleistungen durch ein Absenken der KKT oder der Hauttemperatur begünstigt werden. In der vorliegenden Studie wird daher der Effekt einer Kühlweste im Sinne einer lokalen Kälteanwendung auf die läuferische Ausdauerleistungsfähigkeit untersucht. Dabei wird angenommen, dass sich die physiologischen Parameter - Laktat, Herzfrequenz (HF) und KKT - sowie die erfasste subjektive Befindlichkeit aufgrund der Kälteapplikation signifikant verbes-sern.
Methoden
In jeweils zwei Vergleichsuntersuchungen absolvieren zehn Probanden unter individuell konstanten Bedingungen eine stufenförmige und eine einstündige Ausdauerbelastung auf dem Laufband. Ein Test wurde ohne, der jeweilige Vergleichstest wurde mit einer Kühlweste durchgeführt. Vor der Untersuchung unter Kältebedingungen fand zusätzlich ein 10minütiges Precooling statt. Die Datenerhebung erfasste die HF (kontinuierlich), das Blutlaktat und die KKT. Die Angabe der subjektiven Befindlichkeit erfolgte anhand der Borg-Skala.
Ergebnisse
Beide Tests ergeben, dass eine positive Wirkung der Kälteapplikation nicht durch eine Senkung der KKT (mit p ³ 0,05 nicht signifikant) bewirkt wird, sondern dass bereits die erniedrigte Hauttemperatur leistungsbegünstigende Wirkungen auf Laktat und HF er-zielt. Während sich im Stufentest signifikant erniedrigte Laktat- und HF - Werte (p ≤ 0,05) unter Kältebedingungen zeigen, kann diese Aussage für den 1stündigen Ausdau-ertest mit p ³ 0,05 - in der Annahme einer Leistungsreserve zum Belastungsende - nur tendenziell übernommen werden.
Diskussion
Die Studie belegt eindeutig positive, jedoch zu differenzierende Effekte aufgrund einer Kälteanwendung während einer Ausdauerbelastung. Zu diskutieren wäre diesbezüglich der enge Variationsspielraum zwischen Belastungsintensität und -dauer, andererseits die durchgeführte Methode der andauernden Kühlung während der Belastung.
Literatur
s. Literaturangabe
Inhaltsverzeichnis
II Abbildungsverzeichnis
III Tabellenverzeichnis
IV Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Herleitung der Arbeit
1.2 Ziel der Arbeit
1.3 Gliederung der Arbeit
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Grundlagen der Thermoregulation
2.1.1 Homoiothermie
2.1.2 Körpertemperatur
2.1.3 Temperaturmessort
2.1.4 Wärmebildung und Wärmeabgabe
2.1.5 Temperaturregulation und Umgebungstemperatur
2.1.6 Exkurs Aufwärmen
2.2 Grundlagen der Ausdauer
2.2.1 Einteilung der Ausdauer
2.2.2 Lokale Ausdauer - allgemeine Ausdauer
2.3 Energiebereitstellung und Energiestoffwechsel
2.3.1 Grundlagen des Energiebedarfs und Energietransports
2.3.2 Aerobe – anaerobe Energiebereitstellung
2.4 Laktat
2.4.1 Laktatbildung und –elimination
2.4.2 Laktatverhalten
2.5 Herzfrequenz
2.6 Leistungsdiagnostisches- Verfahren
2.7 Laufbandergometrie
2.8 Borgskala
2.9 Forschungsstand
2.9.1 Exkurs Kältekammer
2.9.2 Literaturbeiträge Kälte und Sport
3 Hypothesen
4. Methodik
4.1 Probanden
4.2. Untersuchungsablauf
4.2.1 Stufentest (Untersuchung 1)
4.2.2 Ausdauertest (Untersuchung 2)
4.2.3 Vergleichsuntersuchung (zu Untersuchung 1 und 2)
4.3 Apparaturenbesprechung
4.3.1 Laufbandergometer
4.3.2 Herzfrequenzmessung
4.3.3 Laktat
4.3.4 Temperatur
4.3.5 Kühlweste – Ice Jacket
4.4 Statistik
4.4.1 Mittelwert
4.4.2 Mittelwertsvergleich
4.4.3 Maße für die Streuung
4.4.4 Normalverteilung
4.4.5 Hypothesenbildung und Signifikanzprüfung
4.4.6 Korrelation
5 Ergebnisdarstellung
5.1 Körperkerntemperatur
5.1.1 Körperkerntemperatur im Stufentest ohne Kälteweste
5.1.2 Körperkerntemperatur im Stufentest mit Kälteweste
5.1.3 Körperkerntemperatur im Vergleich Stufentest ohne und mit Kälteapplikation
5.1.4 Körperkerntemperatur im Ausdauertest ohne Kälteweste
5.1.5 Körperkerntemperatur im Ausdauertest mit Kälteweste
5.1.6 Körperkerntemperatur im Vergleich Ausdauertest ohne und mit Kälteweste
5.2 Laktatwert
5.2.1 Laktatwert im Stufentest ohne Kälteweste
5.2.2 Laktatwert im Stufentest mit Kälteweste
5.2.3 Laktatwert im Vergleich Stufentest ohne und mit Kälteweste
5.2.4 Laktatwert im Ausdauertest ohne Kälte
5.2.5 Laktatwert im Ausdauertest mit Kälte
5.2.6 Laktatwert im Vergleich Ausdauertest ohne und mit Kälteweste
5.3 Herzfrequenz
5.3.1 Herzfrequenz im Stufentest ohne Kälteweste
5.3.2 Herzfrequenz im Stufentest mit Kälteweste
5.3.3 Herzfrequenz im Vergleich Stufentest ohne und mit Kälteweste
5.3.4 Herzfrequenz im Ausdauertest ohne Kälteweste
5.3.5 Herzfrequenz im Ausdauertest mit Kälteweste
5.3.6 Herzfrequenz im Vergleich: Ausdauertest ohne und mit Kälteweste
5.4 Befindlichkeit
5.4.1 Befindlichkeit (RPE) im Stufentest ohne und
mit Kälteweste
5.4.2 Befindlichkeit im Ausdauertest ohne und
mit Kälteweste
5.5 Zusammenhangsanalysen (Korrelation nach Pearson)
5.5.1 Laktat – Sport in Std. / Woche
5.5.2 Laktat – Abbruchzeitpunkte der Stufentests
5.5.3 RPE - HF im Stufentest
6 Diskussion der Hypothesen und Ergebnisse
Diskussion der 1. Hypothese für den Stufentest
Diskussion der 1. Hypothese für den Ausdauertest
Diskussion der 1. Hypothese im Vergleich: Stufentest - Ausdauertest
Diskussion der 2. Hypothese für den Stufentest
Diskussion der 2. Hypothese für den Ausdauertest
Diskussion der 2. Hypothese im Vergleich: Stufentest - Ausdauertest
Diskussion der 3. Hypothese für den Stufentest
Diskussion der 3. Hypothese für den Ausdauertest
Diskussion der 3. Hypothese im Vergleich: Stufentest - Ausdauertest
Diskussion der 4. Hypothese für den Stufentest
Diskussion der 4. Hypothese für den Ausdauertest
Diskussion der 4. Hypothese im Vergleich: Stufentest - Ausdauertest
7 Methodenkritik
8 Ausblick
9 Literatur
Anhang
II Abbildungsverzeichnis
Abb. 01. Temperaturfeld des menschlichen Körpers in kalter und warmer Umgebung
Abb. 02. Strukturierung der Ausdauer nach verschiedenen Einteilungskriterien
Abb. 03. Schematische Darstellung der verschiedenen Formen von Ausdauerleistungsfähigkeit
Abb. 04. Energiebereitstellung in Abhängigkeit von der Belastungsdauer
Abb. 05. Vereinfachte schematische Darstellung der Energiebereitstellung
Abb. 06. schematische Darstellung der Energiegewinnung in der Muskelzelle
Abb. 07. Aerobe – Anaerobe Schwelle
Abb. 08. Laktatkurven eines Probanden während mehrerer Versuche mit konstanter Belastung am Drehkurbelergometer
Abb. 09. Laufbandergometer
Abb. 10. Herzfrequenz- / RPE- Korrelation am Beispiel einer Probandin der Untersuchung, Stufentest ohne Kälteweste (Uni Dortmund. Datenerhebung Februar 2005)
Abb. 11. Australisches Ruderteam 1996 in Atlanta
Abb. 12. Einteilung in Sport - Klassen
Abb. 13. Belastungsschema Stufentest
Abb. 14 exemplarische Darstellung des Belastungsschemas: Ausdauertest 60 min
Abb. 15. Laufbandergometer LifeFitness
Abb. 16. Laufband Woodway Typ ELG
Abb. 17. Polaruhr S610i
Abb. 18. Stechhilfe und Lanzette Accu-Chek®
Abb. 19. Laktatmessgerät Accutrend ® Lactate und BM-Lactate-Streifen
Abb. 20. Ohrthermometer Thermoscan Pro
Abb. 21. Kühlweste der Fa. ArcticHeat
Abb. 22. KK - Verlauf während des Stufentests ohne Kälteweste
Abb. 23. KK - Verlauf während des Stufentests mit Kälteweste
Abb. 24. Temperaturverhalten je Proband im Stufentest ohne und mit Kälte
Abb. 25. KK-Verlauf im Stufentest ohne und mit Kälteweste (Mittelwertsvergleich)
Abb. 26. KK - Verlauf während des Ausdauertests ohne Kälteweste
Abb. 27. KK - Verlauf während des Ausdauertests mit Kälteweste
Abb. 28. KK - Verlauf im Ausdauertest ohne und mit Kälteweste (Mittelwertsvergleich n = 10)
Abb. 29. Laktatwert nach 15min
Abb. 30. Laktatwert nach Abbruch
Abb. 31. Verteilung der Laktatwerte je Stufe:
ohne und mit Kälte (n=10)
Abb. 32. Verteilung der Laktatwerte im
Ausdauertest ohne Kälte
Abb. 33. Laktat - Mittelwertsvergleich im
Ausdauertest ohne und mit Kälte
Abb. 34. Verteilung der HF im Stufentest
ohne Kälte
Abb. 35. HF - Mittelwertsvergleich beider
Stufentests
Abb. 36. maximale und durchschnittliche HF
je Proband im Stufentest ohne und mit Kälte
Abb. 37. Verteilung der HF im Ausdauertest
ohne Kälte
Abb. 38. Verteilung der HF im Ausdauertest mit Kälteweste
Abb. 39 durchschnittliche HF je Proband in beiden Ausdauertests (n=10)
Abb. 40. durchschn. HF aller Probanden
Abb. 41. durchschn. HF Ausschluss Pb
Abb. 42. durchschn. HF Ausschluss Pb9
Abb. 43. durchschn. HF Ausschluss Pb3 /
Abb. 44. HF-Mittelwerte im Ausdauertest
ohne und mit Kälteweste (n = 10)
Abb. 45. HF-Mittelwerte im Ausdauertest
ohne und mit Kälteweste (n = 9)
Abb. 46. Befindlichkeit und Herzfrequenz im
Stufentest ohne und mit Kälte
Abb. 47. RPE - Mittelwertsvergleich der
Stufentests ohne und mit Kälte
Abb. 48. Befindlichkeit im Vergleich: Stufentest mit und ohne Kälte (n=10)
Abb. 49. Befindlichkeit im Vergleich: Ausdauertest ohne und mit Kälte (n = 10)
Abb. 50. linearer Zusammenhang Laktat nach 15 min – Abbruchzeitpunkt im Stufentest ohne und
mit Kälteweste
III Tabellenverzeichnis
Tab. 01: Belastungsverfahren
Tab. 02: Skala des Anstrengungsempfindens
Tab. 03: Anthropometrische Daten der
untersuchten Probanden
Tab. 04: Statistische Auswertung der Probanden
Tab. 05 statistische Auswertung der männlichen Probanden
Tab. 06: statistische Auswertung der weiblichen Probanden
Tab. 07: bivariate Rangkorrelation (Spearman)
Tab. 08: Testschema Stufentest
Tab. 09: Signifikanzgrenzen nach Bühl und Zöfel
Tab. 10: Interpretation des Korrelationsko-
effizienten „r“
Tab. 11: KK - Verlauf Stufentest ohne Kälteweste
Tab. 12: KK - Verlauf im Stufentest mit Kälteweste
Tab. 13: T-Test der gepaarten Stichproben Ruhetemperatur - Temperatur nach Precooling
im Stufentest mit Kälteweste
Tab. 14: T-Test der gepaarten Stichproben
Temperatur nach Precooling - Temperatur nach 1.Stufe im Stufentest mit Kälteweste
Tab. 15: Vergleich der Temperaturverläufe
ohne / mit Kälteweste (je Proband)
Tab. 16: T-Test der gepaarten Stichproben Ruhe und Stufe nach 20 bzw. 30min Temperaturverläufe jeweils ohne und mit Kälte
Tab. 17: Mittelwertsvergleich KK-Verlauf
Stufentest ohne und mit Kälteweste
Tab. 18: KK - Verlauf im Ausdauertest ohne
Kälteweste
Tab. 19: KK - Verlauf im Ausdauertest
mit Kälteweste
Tab. 20: Mittelwertsvergleich der KK für den Ausdauertest ohne und mit Kälteweste
Tab. 21: Mittelwertsvergleich: Ruhetemperatur und Temperatur nach 10minütigem Precooling
Tab. 22: Mittelwertsvergleich der KK im
Ausdauertest ohne und mit Kälteweste
Tab. 23: Laktatwerte in mmol/l im Stufentest ohne Kälteweste
Tab. 24: Ruhelaktat (mmol/l) beider Stufentests je Proband
Tab. 25: Laktat in mmol/l im Stufentest mit
Kälteweste
Tab. 26: Fallweise berechnete Differenz Laktat ohne und mit Weste (Wilcoxon-Test)
Tab. 27: T-Test der gepaarten Stichproben Laktat im Stufentest ohne und mit Kälteweste
Tab. 28: Laktatwerte in mmol/l im Ausdauertest ohne Kälteweste
Tab. 29: Laktat in mmol/l im Ausdauertest
ohne Kälte
Tab. 30: Laktatwerte in mmol/l im Ausdauertest ohne Kälteweste
Tab. 31: Laktatwerte in mmol/l im Ausdauertest mit Kälteweste
Tab. 32: T-Test der gepaarten Stichproben Laktat im Ausdauertest ohne und mit Kälteweste unter Ausschluss von Fall
Tab. 33: T-Test der gepaarten Stichproben Laktat im Ausdauertest ohne und mit Kälteweste
Tab. 34: Herzfrequenz im Stufentest ohne
Kälteweste
Tab. 35: maximale und durchschnittliche
Herzfrequenz je Proband im Stufentest
ohne Kälteweste
Tab. 36: Herzfrequenz im Stufentest
mit Kälteweste
Tab. 37: maximale und durchschnittliche
Herzfrequenz je Proband im Stufentest
mit Kälteweste
Tab. 38: T-Test je Stufe im Stufentest ohne und mit Kälte (Herzfrequenz)
Tab. 39: Stufentest: maximale HF ohne und mit Kälte; Stufentest: durchschnittl. HF ohne / mit Kälte
Tab. 40: Mittelwertsvergleich der HF - Anstiege im Stufentest je Stufe ohne und mit Kälteweste
Tab. 41: Herzfrequenzen im Ausdauertest ohne Kälteweste
Tab. 42: Herzfrequenzen im Ausdauertest mit Kälteweste
Tab. 43: durchschnittliche HF je Proband in beiden Ausdauertests
Tab. 44: HF-Mittelwertsvergleich im Ausdauertest
ohne und mit Kälte
Tab. 45: HF-Mittelwertsvergleich der Ausdauertests ohne und mit Kälteweste
Tab. 46: Mittelwertsdifferenzen der HF - Anstiege im Ausdauertest ohne und mit Kälte
Tab. 47: Vergleich der abhängigen Stichproben RPE ohne und mit Kälteweste im Stufentest
Tab. 48: Abbruchzeitpunkte / RPE je Proband im Stufentest ohne und mit Kälteweste
Tab. 49: Korrelation Laktat – Sport in Std. / Woche für alle Untersuchungen
Tab. 50: Korrelation Laktat – Abbruchzeitpunkte im Stufentest ohne und mit Kälte
Tab. 51: Korrelation RPE - HF im Stufentest ohne Kälteweste
Tab. 52: Korrelation RPE - HF im Stufentest mit Kälteweste
Tab. 53: Normalverteilung Temperatur Stufentest
Tab. 54: Normalverteilung Temp. Ausdauertest
Tab. 55: Normalverteilung Laktat Stufentest und Ausdauertest
Tab. 56: Normalverteilung HF Stufentest
Tab. 57: Normalverteilung HF Ausdauertest
Tab. 58: Normalverteilung Abbruchzeitpunkt Stufentest
IV Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Die Einleitung beleuchtet die Begründung des Themas sowie die Herleitung der Fragestellung beziehungsweise des Ziels. Es folgen methodologische Vorbemerkungen und Erläuterungen zur Vorgehensweise sowie zum Aufbau der Arbeit.
1.1 Herleitung der Arbeit
In allen Bereichen des Sports - vom Breiten- bis zum Hochleistungssektor - besteht ein großes Interesse an den physiologischen Mechanismen, die eine Optimierung der körperlichen Leistungsfähigkeit bewirken können. So ist es nicht verwunderlich, dass in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Methoden erforscht wurden, um hier eine Steigerung zu erzielen oder um mögliche Schäden abzuwenden. Mentale Vorbereitung, Dehnübungen und vor allem das Warming -Up gehören zu dem gängigen Repertoire eines Sportlers während des Trainings und vor einem sportlichen Wettkampf. Über viele Jahre wurde beispielsweise die wissenschaftliche Meinung vertreten, dass eine Erhöhung der Körperkerntemperatur auf 38,5°C (vgl. Israel, 1977, S. 386) die Stoffwechselvorgänge im Hinblick auf eine motorische Leistung optimiere. Mit sportartspezifischen Aufwärmprogrammen strebte man diese Zieltemperatur an. In jüngeren Jahren fand eine zunehmend kritische Auseinandersetzung mit diesem Thema statt. Neuere Untersuchungen zur Thermoregulation und -adaption führten zu der Aussage, dass vor allem Ausdauerleistungen eher durch niedrigere Körpertemperaturen begünstigt werden (vgl. Brück, 1987, S.15). Bei körperlicher Arbeit steigt der Energieumsatz in Abhängigkeit von der Arbeitsweise an. Mehr als 70% der dabei entstehenden Energie wird in Wärme umgewandelt, die nach Außen abgeleitet werden muss, um eine Leistungsminderung durch eine zu hohe Kerntemperatur zu verhindern (vgl. de Marées, 2003, S. 552). Dem Organismus stehen somit maximal 30% der erzeugten Energie für die eigentliche sportliche Beanspruchung zur Verfügung. Laut Marino (2004) ist es „klar erwiesen, dass sportliche Leistung bei Hitze vorzeitig beendet wird“. Einige Wissenschaftler beschäftigten sich mit der Kompensation der Hitzebelastung während sportlicher Aktivität. In den entsprechenden Studien wurden unterschiedliche Vorkühlungsmethoden (Pecooling) genutzt, um entweder die Haut- oder die Kerntemperatur der Probanden abzusenken. Die theoretische Grundlage eines solchen Precoolings besteht in der Verlängerung der Zeitspanne für den Anstieg der Körpertemperatur bis zum Erreichen einer kritischen thermischen Grenze, bei der eine gegebene Trainingsintensität nicht länger aufrechterhalten werden kann.
All diese Untersuchungen deuten bereits auf die Praxisrelevanz hin: Auch mir als Ausdauerläuferin stellte sich häufig die Frage, inwiefern ein Aufwärmen (bezüglich der Kerntemperaturerhöhung) in meiner Sportart sinnvoll sein könnte. Bereits der durch den Lauf verursachte Temperaturanstieg bedingte teilweise eine Befindlichkeitsbeeinträchtigung sowie Ermüdungserscheinungen (Fatigue), was zum Abbruch beziehungsweise zu einer Einschränkung der Laufleistung führte. Die Körpertemperatur schon vor Laufbeginn durch ein Aufwärmprogramm zu erhöhen, erschien mir daher - vor allem bei entsprechenden Außentemperaturen - nicht zweckmäßig. Mit großem Interesse verfolgte ich - wie wahrscheinlich viele Zuschauer - den Einsatz von Kühlwesten (ice jackets) während der Olympischen Spiele 1996 in Atlanta. Diese Ausrüstung sollte australischen Sportlern einen „spürbaren“ Vorteil unter den erwartungsgemäß klimatischen Bedingungen verschaffen. Hierauf begründet stellt sich unter anderem die Frage, wie sich eine Kälteanwendung unter nicht so extremen Außentemperaturen auf eine sportliche Belastung auswirkt. Da sich eine Vielzahl der aus den experimentellen Studien hervorgehenden Kühlungs - Methoden (kaltes Wasser, abgesenkte Raumtemperatur, Eisbäder, Kältekammer) in der praktischen Anwendung als unkomfortabel zeigten, entschied ich mich, die oben erwähnte Kühlweste als Untersuchungs - Methode anzuwenden.
1.2 Ziel der Arbeit
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Wirkung einer lokalen Kälteanwendung mittels Kühlweste auf die Ausdauerleistungsfähigkeit zu überprüfen. Hierzu absolvierten fünf männliche und fünf weibliche Probanden einen Ausbelastungsstufentest sowie einen 60minütigen Ausdauertest auf einem Laufband. Beide Untersuchungen wurden jeweils ohne und mit Kälteweste durchgeführt; die durchschnittliche Raumtemperatur betrug 20 -23°C. Bei den meisten in der Literatur beschriebenen Studien erfolgte ein Precooling oftmals vor einem sich direkt anschließenden Aufwärmintervall. Während der danach erbrachten - häufig ergometrischen - Belastung fand keine weitere Kühlung der Probanden statt. Die im Rahmen dieser Arbeit angewandten Testverfahren beinhalten das Tragen einer Kühlweste während der gesamten Untersuchungsdauer nach 10minütigem Precooling ohne Aufwärmphase. Um den Effekt der Methode zu verifizieren, wurden verschiedene physiologische Parameter erfasst und einer statistischen Auswertung unterzogen.
1.3 Gliederung der Arbeit
Den theoretischen Hintergrund zu den physiologischen Grundlagen erläutert Kapitel 2, in dem auch der derzeitige Stand der Kälteforschung auszugsweise beleuchtet wird. Ergänzend findet sich an dieser Stelle ein Exkurs über den Zusammenhang zwischen der medizinisch - therapeutischen Kälteapplikation und der Kälteanwendung im Sport. Die Formulierung entsprechender Hypothesen, welche einerseits aus der Fragestellung, zum anderen aus den physiologischen Grundlagen (Kapitel 2) hervorgehen, erfolgt in Kapitel 3. Im Anschluss beschreibt Kapitel 4 den Untersuchungsablauf, die Probandengruppe sowie die verwendeten Materialien und Geräte; ebenso sind hier grundsätzliche statistische Begriffe definiert, die bei der Ergebnisverarbeitung und -auswertung Anwendung fanden. Letzteres kommt in Kapitel 5 mit Hilfe deskriptiver und analytischer Statistikverfahren ausführlich zur Darstellung. Um die Auswirkung der eingesetzten Kühlmethode auf die physiologischen Parameter und somit auf die Leistungsfähigkeit zu beurteilen, werden in diesem Kapitel (5.5) zusätzlich verschiedene Zusammenhänge analysiert. Nach der Diskussion der Hypothesen anhand der Untersuchungsergebnisse in Kapitel 6 finden im Folgekapitel kurze, methodenkritische Anmerkungen statt. Kapitel 8 beschließt diese Arbeit mit einem Ausblick.
Innerhalb des Textes wird bezüglich der Probanden und Probandinnen ausschließlich von der männlichen Form Gebrauch gemacht. Ist eine Unterscheidung des Geschlechts von Bedeutung, so ist dies an entsprechender Stelle gekennzeichnet.
2 Theoretische Grundlagen
Die erläuterten Begriffe sind notwendige Bestandteile der in Kapitel 4 beschriebenen Untersuchung und sollen zum weiterführenden Verständnis beitragen. Die Grundlagen der Ausdauer, des Energiestoffwechsels und des Laktats sind eng miteinander verknüpft, so dass in den jeweiligen Kapiteln nicht immer eine scharfe Abgrenzung erfolgt. Der Kältebegriff nimmt in dieser Arbeit eine zentrale Bedeutung ein, so dass mit der Physiologie der Thermoregulation begonnen wird.
2.1 Grundlagen der Thermoregulation
In der Literatur findet man zahlreiche Beiträge zur Funktion der Aufwärmarbeit. Dies stellt jedoch nur einen Aspekt der Temperaturregelung des menschlichen Organismus dar. Erst die Berücksichtigung aller an einem regulativen System beteiligten Faktoren in ihrem Zusammenspiel und Entgegenwirken lässt Rückschlüsse auf mögliche Auswirkungen zu. Im Hinblick auf das Thema dieser Arbeit, insbesondere im Hinblick auf den Einfluss von Kälte auf die Leistungsfähigkeit sollen im Folgenden die physiologischen Grundlagen der Temperaturregulation erläutert werden.
2.1.1 Homoiothermie
Der Mensch gehört der Gruppe der homoiothermen, d.h. gleichwarmen Lebewesen an. Simon (1995) beschreibt dies wie folgt:
Nach den Gesetzen der Thermodynamik geht der Energieumsatz lebender Organismen unter Bildung von Wärme einher. Wie alle Säugetiere verfügt auch der Mensch über einen hohen Ruheumsatz (Tachymetabolismus), der verbunden mit einer hohen Wärmebildungsrate für eine Körpertemperatur sorgt, die deutlich über der durchschnittlichen Umgebungstemperatur liegt. Hinzu kommt die Fähigkeit der Homoiothermie, d.h. das Konstanthalten eines hohen Temperaturniveaus von ca. 36,5 – 37°C (Mensch) mit Hilfe spezieller Regelungsmechanismen, auch wenn sich die Umgebungstemperatur oder der Energieumsatz innerhalb gewisser Grenzen verändert. Die Homoiothermie basiert auf der „ autonomen Temperaturregulation “, welche „Mechanismen zur Steuerung der Wärmeabgabe an die Umgebung und [solche] zur regulatorischen Wärmebildung durch Aktivierung metabolischer Prozesse“ (Simon, 1995, S. 649) beinhaltet.
Die Temperaturregelung erfolgt im menschlichen Organismus durch Temperaturfühler, welche die Körpertemperatur registrieren. Eine Gruppe dieser Temperaturfühler befindet sich direkt in dem im Zwischenhirn liegenden Hypothalamus, dem Regelzentrum, die zweite Gruppe sind die so genannten Wärme- und Kältesensoren der Haut: Mechanismen gegen Überwärmung werden vorwiegend durch die inneren Temperaturfühler, solche gegen Abkühlung durch die Hautsensoren reguliert.
Nach Brück (in de Marées, 2003, S. 548) wird die in der Haut und im Körperkern gemessene Temperatur dem Temperaturregelzentrum zugeleitet, das Abweichungen vom Sollwert registriert und entsprechende Steuerungssignale an die wärmebildende quergestreifte Muskulatur, an die glatte Muskulatur der Gefäßwände, an die Schweißdrüsen und auch an die für die gezeigten Verhaltensweisen zuständigen ZNS- (zentrales Nervensystem) Teile gibt. So werden interne und externe Störgrößen in Form von Wärmezufuhr oder Wärmeabgabe kompensiert.
2.1.2 Körpertemperatur
Im Fall der Homoiothermie ist eine Differenzierung von Körperkern und Körperschale notwendig, da sie streng genommen nur auf ersteren Bereich zutrifft:
Als Körperkern wird das Innere von Brust- und Bauchhöhle sowie des Kopfes bezeichnet, wobei die Körperkerntemperatur im Allgemeinen als die Temperatur definiert wird, die das Blut hat, wenn es das Herz verlässt. Sie wird jedoch auch mit der Temperatur im Gehirn und den intrathorakalen (innerhalb des Brustkorbes befindlichen) Organen gleichgesetzt. Dieser Körperkern weist eine relativ konstante Temperatur von 36,5 - 37°C auf. Je nach Messort sind jedoch auch Temperaturunterschiede von bis zu 1°C feststellbar: Die Kerntemperatur ist daher durch einen einzigen Wert nur angenähert darstellbar.
Die Körperschale wird von den Gewebsschichten unter der Haut des gesamten Körpers sowie den Extremitäten gebildet. Über sie wird die im Körperinneren gebildete Wärme (vorwiegend durch Konvektion) nach außen abgegeben, so dass die Körperschale eher wechselwarm (poikilotherm) ist (vgl. Durchdenwald, 2003).
De Marées (2003) beschreibt die zwei Temperaturgefälle, die notwendig sind, um Wärme des Körperinneren (-kerns) zur Körperschale (Haut) zu transportieren:
- ein radiales Temperaturgefälle von den inneren zu den äußeren Körperabschnitten
- ein axiales Temperaturgefälle von proximal (körpernah) nach distal (körperfern), z.B. zwischen Ober- und Unterschenkel.
In der folgenden Abbildung 1 wird das Temperaturverhalten bei unterschiedlichen Umgebungstemperaturen schematisch dargestellt: Die Wärmetransportrate vom Körperkern zur Haut ist bei warmer Umgebung (35°C) bedingt durch eine aktive Hautdurchblutung hoch. Während sich der homoiotherme Körperkern vergrößert, verkleinert sich die Körperschale.
Dagegen resultiert aus einem Absinken der Umgebungstemperatur (> 20°C) eine Verkleinerung des homoiothermen Körperkerns und eine Vergrößerung der Körperschale. Der Organismus wirkt starken Wärmeverlusten durch eine Reduzierung der Hautdurchblutung entgegen, die Hauttemperatur fällt ab und auch die darunter liegenden Gewebsschichten kühlen aus.
Während das radiäre Temperaturgefälle am Rumpf zunimmt, bildet sich zusätzlich in den Extremitäten ein Temperaturgefälle in Längsrichtung (axial) aus. Es zeigt sich vor allem eine deutliche Temperaturänderung der distalen Extremitäten (Akren) unter veränderten Umgebungstemperaturen (vgl. Simon, 1995, S. 651).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1. Temperaturfeld des menschlichen Körpers in a) kalter und b) warmer Umgebung (Roche Lexikon Medizin, 2003)
Neben den oben dargestellten Temperaturdifferenzen bestehen zudem tagesperiodische (von etwa 1,0 – 1,5°C; mit einem Minimum am Morgen und einem Maximum am Nachmittag) und bei Frauen mit normaler Ovulation außerdem monatliche, periodische Schwankungen. De Marées (2003) entnommene Mittelwerte:
Männer: 36,8°C
Frauen: 36,8°C vor der Ovulation
37,2°C nach der Ovulation
2.1.3 Temperaturmessort
Angesichts der beschriebenen Körpertemperaturverhältnisse, also der nur relativ konstanten Kerntemperatur und der - hohen Schwankungen ausgesetzten - Schalentemperatur ergibt sich eine mittlere Körpertemperatur aus Körperkern- und mittlerer Hauttemperatur. Im Idealfall beträgt die Temperaturdifferenz zwischen Kern und Schale bei optimaler Umgebungstemperatur in Ruhe 3-4°C.
Ein idealer Temperaturmessort wäre der Hypothalamus, da die Temperatur des hier zirkulierenden Blutes exakt der Körperkerntemperatur entspricht. Messtechnisch ist diese Region jedoch kaum zugänglich, so dass Körperöffnungen wie Enddarm, Mundhöhle, Speiseröhre und der äußere Gehörgang als weitere, in Bezug auf die Kerntemperatur äquivalente Messorte dienen. Unter dem Aspekt der Praktikabilität während einer Leistungsdiagnostik sei bereits an dieser Stelle erwähnt, dass die Temperaturmessung im nach außen hin abgedichteten äußeren Gehörgang recht genau der Gehirntemperatur entspricht (vgl. de Marées, 2003, S. 537). In anderen Quellen ist die Tympanaltemperatur (Tympanum = Paukenhöhle) als repräsentative Beschreibung der Gehirntemperatur jedoch strittig (vgl. Simon, 1995, S.652).
2.1.4 Wärmebildung und Wärmeabgabe
Die folgend beschriebenen Prozesse der Wärmebildung und -abgabe sind den Quellen Simon, 1995, S. 653 ff. und de Marées, 2003, S. 539f. entnommen.
Wärmebildung
Gemäß der Reaktions- Geschwindigkeitstemperatur – Regel (RGT-Regel = „ […] die van't Hoff'sche Regel, nach der eine Erhöhung der Reaktionstemperatur um 10°C eine Verdoppelung bzw. Vervierfachung der Reaktionsgeschwindigkeit bewirkt“ (Keusch, 2005)) sind auch die Stoffwechselprozesse im Organismus wie alle chemischen Reaktionen temperaturabhängig. Während sich bei Absinken der Körpertemperatur entsprechend der Umgebungstemperatur bei poikilothermen Organismen gemäß der RGT – Regel der Energieumsatz reduziert, ist dieser Effekt bei homoiothermen Lebewesen nicht ohne weiteres erkennbar, da im Falle einer Abkühlung die regulatorische Wärmebildung aktiviert wird.
Neben der in Ruhe produzierten Wärme kann eine wesentliche Steigerung des Energieumsatzes und somit der Wärmebildung durch körperliche Aktivität erzielt werden (Wärmebildung als thermische Belastung). Die dabei zusätzlich entstehende Stoffwechselwärme muss durch Steigerung der Wärmeabgabe an die Umgebung abgeführt werden.
Eine thermoregulatorische Wärmebildung findet im Falle drohender Auskühlung statt. Hier ist der Prozess ebenso regulativ möglich, um entgegen der oben beschriebenen Wärmeabgabe bei thermischer Belastung den erhöhten Wärmeverlust auszugleichen. Neben der durch körperliche Betätigung produzierten zusätzlichen Wärme stehen dem Organismus hierzu folgende Mechanismen zur Verfügung:
- Das (unwillkürliche) Kältezittern bewirkt eine Zunahme der Muskelaktivität d.h. eine Steigerung des Muskeltonus bis zur rhythmischen Muskelkontraktion, wobei allerdings die Dicke der isolierenden Körperschale reduziert wird. Gleichzeitig ist eine Steigerung der O2-Aufnahme um das Fünffache und somit ein starker Anstieg der Wärmebildung möglich. Der Wirkungsgrad ist hierbei jedoch geringer als bei der folgend beschriebenen zitterfreien Wärmebildung, da aus der verstärkt einsetzenden Konvektion eine erhöhte Wärmeabgabe resultiert.
- Die Zitterfreie Wärmebildung beschreibt eine muskelunabhängige Wärmebildung im braunen Fettgewebe, welches zahlreiche Mitochondrien aufweist
Im Kontext mit meiner Arbeit dürfte zuletzt genannter Faktor jedoch von geringerer Bedeutung sein, da er vorwiegend bei menschlichen Neugeborenen, kleineren kälteadaptierten Tieren und Winterschläfern zur Wärmebildung beiträgt.
Wärmeabgabe
Bis sich durch die Temperaturregelung ein Gleichgewicht einstellt, kann es vorübergehend zu einem Ungleichgewicht zwischen Wärmebildung und Wärmeabgabe kommen: Dies geschieht beispielsweise, wenn sich die Wärmebildung im Inneren (erhöhte Leistung), oder die Bedingungen der Wärmeabgabe nach außen (veränderte Umgebungstemperatur) ändern.
Entstandene Wärme, die an die Körperoberfläche gelangt, wird an die Umgebung mittels folgender Mechanismen abgegeben:
- die Konduktion (Wärmeleitung) ist der Transport von Wärmeenergie aufgrund molekularer Vorgänge in einem ruhenden Medium, wobei die schnelleren Moleküle des wärmeren Bereichs […] kinetische Energie auf die im Mittel langsameren Moleküle des kälteren Bereichs […] übertragen.
- die Konvektion (Wärmeabgabe durch strömende Flüssigkeiten, z.B. Blut oder (Atem-)Gase). Bei diesem Vorgang werden erheblich größere Wärmemengen übertragen, da es sich um einen makroskopischen Vorgang handelt.
- die Wärmestrahlung beschreibt die von der Haut ausgehende langwellige Infrarotstrahlung (dies bedeutet, dass die Emissionszahl nahe dem für einen sog. schwarzen Körper charakteristischen Wert 1 liegt), die nicht an ein Medium gebunden ist und mit steigender Hauttemperatur rapide zunimmt. Sie wird durch die Stefan-Boltzmann-Gleichung beschrieben. Anmerkung: „ [Das Stefan-Boltzmann-Gesetz] liefert einen Zusammenhang zwischen der Temperatur eines schwarzen Strahlers und seiner gesamten Energiedichte und somit auch der spezifischen Ausstrahlung“ (Genkin, Winkelmann, 2004).
- die Verdunstung ist die Wärmeabgabe durch Verdampfen von Wasser an der Hautoberfläche und den Schleimhäuten der Atemwege. Laut Simon (2003) setzt dieser Vorgang ein Wasserdampfdruck-Gefälle von der Haut zur Umgebung voraus und stellt die effektivste Form der Wärmeabgabe dar.
2.1.5 Temperaturregulation und Umgebungstemperatur
niedrige Umgebungstemperaturen
Die Hautdurchblutung wird in kalten Umgebungstemperaturen durch Vasokonstriktion (Zusammenziehen von Blutgefäßen) gedrosselt. Die Wärmedämmung erhöht sich durch einen steigenden Wärmedurchgangswiderstand. Zwischen mittlerer Hauttemperatur und Körperkerntemperatur besteht aufgrund der erniedrigten Hauttemperatur eine größere Differenz. Die verschiedenen Thermosensoren aktivieren eine gesteigerte Wärmeproduktion. Diese ist bedingt durch die Zunahme des Stoffwechsels, d.h. Einsetzen von Muskelzittern, Muskeltonus sowie chemischer Wärmebildung. In gleicher Weise wirkt eine gesteigerte körperliche Aktivität.
hohe Umgebungstemperaturen
Infolge der Vasodilatation (Gefäßweitstellung) wird die Hautdurchblutung in warmer Umgebung erhöht. Die Wärmdämmung, also der Wärmedurchgangswiderstand reduziert sich, die Differenz zwischen Körperkern- und mittlerer Hauttemperatur wird ebenfalls verringert.
Die Vasodilatation führt zu einem ansteigenden venösen Rückfluss des Blutes über die oberflächlichen Hautgefäße, die Hauttemperatur steigt: Hierdurch werden die Thermosensoren der Haut und des Hypothalamus aktiviert, die Mechanismen der Wärmeabgabe setzen ein (vgl. de Marées, 2003, S. 547 f.).
Während der Wärmestrom bei den beschriebenen Umgebungstemperaturen weitgehend konstant bleibt, kann dieser Zustand bei pathophysiologischen Veränderungen außer Kraft gesetzt werden. Ein Überschreiten der Toleranzgrenze der Thermoregulation übersteigt die Kapazität der Wärmeabgabemechanismen oder die der Kälteabwehrvorgänge und führt unter Umständen zu einer Hyper- bzw. Hypothermie.
2.1.6 Exkurs Aufwärmen
In diesem Kapitel wird auf die vollständige Darstellung der Aufwärmarbeit verzichtet und ausschließlich der Zusammenhang zwischen Aufwärmarbeit und Körperkerntemperatur beschrieben. Nach Hollmann et al. (1990) versteht man unter dem Begriff „Aufwärmen“ aktive und passive, allgemeine und spezielle Tätigkeiten zur Herstellung einer optimalen psycho-physischen Verfassung vor Training und Wettkampf. Die Autoren beschreiben das Auftreten des so genannten „toten Punktes“ aufgrund einer unzureichenden Aufwärmarbeit vor intensiven dynamischen Beanspruchungen großer Muskelgruppen. Die Belastung wird demnach in den ersten Minuten als „sehr hart“ empfunden, es tritt eine Dispnoe (Atemnot) auf und der Puls wird „fliegend“ (vgl. ebd., S. 546). Diese Erscheinungen verschwinden nach kurzer Zeit wieder, können jedoch nur aufgrund großer Willensanstrengung und abhängig vom Trainingszustand überwunden oder durch entsprechendes Aufwärmen vermieden werden. Israel, 1977, S.386 benutzt synonym den Begriff „Erwärmung“, unter dem „im Sport das aktive Einarbeiten vor einer sportlichen Tätigkeit“ verstanden wird. Der Autor definiert eine Optimaltemperatur für Wettkampfleistungen, in welcher die Reaktionen der Stoffwechselenzyme mit größter Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit ablaufen. Für die Schlüsselenzyme der Stoffwechselwege, von denen die sportliche Leistung maßgeblich abhängt, liegt diese Optimaltemperatur zwischen 38,5 und 39°C. Hier „[…] sind die Vorteile der Erwärmung ohne die Nachteile der Überhitzung wirksam“ (vgl. Israel, 1999, S. 274). Durch das Erwärmen werden vor allem physiologische Regulationen mobilisiert und auf ein höheres Aktivitätsniveau angehoben. Nach Hollmann et al. (1990) werden alle Stoffwechselprozesse von der Temperatur beeinflusst: 1°C Temperaturanstieg bewirkt eine Beschleunigung der intrazellulären Prozesse um 13%. Joch und Ückert (1999a) geben als zusätzliche Effekte einer Steigerung der Körperkerntemperatur an: Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Nervensystems und der Kontraktionsgeschwindigkeit der Muskulatur sowie eine höhere Laktateliminationsrate. Positive Faktoren nach Israel (1999) sind: eine Umverteilung des Blutes zugunsten der tätigen Muskulatur, eine effektivere Umwandlung von chemischer in mechanische Energie und ein niedrigeres Atemäquivalent im genannten Temperaturbereich. Israel beschreibt jedoch auch die Beeinträchtigung der erforderlichen Stoffwechselreaktionen, sobald der thermale Optimalbereich durch zu starke Wärmeakkumulation (im Körper) verlassen wird (vgl. ebd., S. 270). Die Vielfalt der leistungsbegrenzenden, thermalen Störungen ist unter dem Begriff „Hyperthermiesyndrom“ zusammengefasst und wird in dem angegebenen Beitrag ausführlich erläutert. Abschließend soll erwähnt werden, dass die thermoregulatorische Kapazität bei Männern im Höchstleistungsalter am größten ist und Frauen weniger günstige Reaktionen zeigen.
2.2 Grundlagen der Ausdauer
Die Literatur bietet zahlreiche Definitionen des Begriffs der Ausdauer. Allgemein wird die Ausdauer als Ermüdungswiderstandsfähigkeit definiert, oder auch als die Fähigkeit, durch Muskeltätigkeit verbrauchtes ATP (Adenosintriphosphat) zu resynthetisieren (s. Kap. 4.3.3).
Ausdauer ist die Fähigkeit, einer sportlichen Belastung physisch und psychisch möglichst lange widerstehen zu können (d.h. eine bestimmte Leistung über einen möglichst langen Zeitraum aufrechterhalten zu können) und sich nach sportlichen Belastungen möglichst rasch zu erholen (Grosser, Starischka, Zimmermann und Zintl 1993, 97).
Hohmann; Lames und Letzelter, 2003, 51 definieren weiter; demnach ermöglicht die Ausdauer:
1. eine gewählte Intensität möglichst lange aufrecht erhalten zu können,
2. möglichst geringe Intensitätsverluste,
3. das Stabilisieren der sportlichen Technik und des taktischen Verhaltens über einen längeren Zeitraum.
Die Ausdauer ist leistungs- und trainingsbegrenzend zugleich, sie ist direkt und indirekt leistungsbedeutsam. Eine weitere, zentrale Funktion der Ausdauer ist die Regenerationsfähigkeit, welche
4. eine schnelle(re) Erholung nach einer Belastung bewirkt.
2.2.1 Einteilung der Ausdauer
Je nach Betrachtungsweise lässt sich die Ausdauer in ihren Erscheinungsformen in verschiedene Arten unterteilen. Hollmann et. al. 2000, S. 262 unterscheiden nach Qualität und Quantität der Arbeit pro Zeiteinheit sowie nach dem Größenumfang der eingesetzten Muskulatur einen morphologischen (lokale oder allgemeine Ausdauer), einen biochemischen (aerobe oder anaerobe Ausdauer) und einen biophysikalischen (dynamische oder statische Ausdauer) Aspekt.
In der Trainingswissenschaft erfolgt eine Einteilung der Ausdauer(fähigkeit) aufgrund verschiedener Kriterien:
- allgemeine und spezielle Ausdauer, bezogen auf die Sportartspezifität,
- aerobe und anaerobe Ausdauer, abhängig von der Art der vorrangig muskulären Energiebereitstellung,
- Kurz-, Mittel- und Langzeitausdauer, gekennzeichnet durch die Belastungsdauer
- allgemeine und lokale Ausdauer, resultierend aus dem Umfang der beanspruchten Muskulatur (vgl. Hohmann et. al. 2003, 61; Weineck, 2002, 247).
Durch die genannten Kriterien ergeben sich folgende, in Abbildung 2 veranschaulichte Trainingsteilziele:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2. Strukturierung der Ausdauer nach verschiedenen Einteilungskriterien mod. nach Zintl, 1988 (Hohmann et al., 2003, S. 63)
Weineck 2002, 247 nennt zusätzlich Kraft-, Schnellkraft- und Schnelligkeitsausdauer als Arten der Ausdauer, welche sich aus den beteiligten motorischen Hauptbeanspruchungsformen ergeben.
2.2.2 Lokale Ausdauer - allgemeine Ausdauer
Nach De Marées, 2003, 310 und Hollmann & Hettinger, 2000, 262 beschreibt die lokale Muskelausdauer die Ausdauer einer Muskelgruppe, deren Anteil kleiner als 1/7 bis 1/6 der gesamten Skelettmuskulatur ist, während bei der allgemeinen Ausdauer ein darüber hinausgehender Anteil beansprucht wird. Zur Verdeutlichung: Die Beinmuskulatur stellt circa 1/6 der Gesamtmuskelmasse dar. Keine Berücksichtigung findet die in Abb. 2 dargestellte Einteilung nach Hohmann et al., 2003 in: globale, regionale und lokale Ausdauer.
Neben den grundsätzlichen Unterscheidungen, die für die lokale und die allgemeine Ausdauer gültig sind, soll in Anbetracht des gewählten Themas der Schwerpunkt auf die allgemeine Muskel – Ausdauer gelegt werden. Weiterführende Erläuterungen erfolgen hierbei speziell für die aerobe dynamische Form. Die lokalen Ausdauerformen werden daher nur eingeschränkt dargestellt, so dass auf die angegebene Literatur verwiesen wird.
aerob – anaerob / dynamisch – statisch
Die lokale und die allgemeine Ausdauerform differenzieren sich jeweils durch die Art der Energiebereitstellung, die aerob oder anaerob erfolgen kann. Eine letzte Unterteilung in dynamisch oder statisch ergibt sich durch die Art der Arbeitsform. Während bei der aeroben Ausdauer ausreichend Sauerstoff zur oxidativen Verbrennung der Energiequellen bereitsteht, ist die Sauerstoffzufuhr bei der anaeroben Ausdauer zu gering (detaillierte Erläuterung des Energiestoffwechsels in Kap. 2.4): Dies ergibt sich aus einer zu hohen Belastungsintensität, welche aus einer hohen Bewegungsfrequenz oder einem vermehrten Krafteinsatz resultiert (vgl. Weineck, 2002, 248).
Bedingt durch die belastungsabhängige Mischform der Energiebereitstellung, die also nie rein aerob oder anaerob erfolgt, hat sich eine Einteilung der allgemeinen Ausdauer unter sportbiologischen Aspekten in Kurzzeit-, Mittelzeit- und Langzeitausdauer in der Sportpraxis als zweckmäßig erwiesen.
Die Einteilungen der verschiedenen Ausdauerarten sowie deren zeitliche Einordnung differieren also je nach Sichtweise: Hollmann et al. 2000, 293 ordnen Belastungen (sportbiologisch) von etwa 3 – 10 min. der Kurzzeitausdauer, von 10 – 30 min. der Mittelzeitausdauer und solche von länger als 30 min. der Langzeitausdauer zu. Im trainingswissenschaftlichen Kontext finden sich nach Hohmann et al. 2003, 63 folgende, zum Teil ergänzende Angaben für:
- die Kurzzeitausdauer (35s – 2min)
- die Mittelzeitausdauer (2 – 10min)
- die Langzeitausdauer I (10 – 35min)
- die Langzeitausdauer II (35 – 90min)
- die Langzeitausdauer III (über 90min).
Allgemeingültig wird die Energiebereitstellung bei der Kurzzeitausdauer vorwiegend anaerob, bei der Mittelzeitausdauer zunehmend aerob und bei der Langzeitausdauer fast ausschließlich aerob bestritten. Während die Langzeitausdauer I durch einen überwiegenden Glucose – Metabolismus gekennzeichnet ist, ist als Energieträger für die Langzeitausdauer II Glucose und Fett und für die Langzeitausdauer III vorwiegend Fett anzusehen (vgl. Weineck, 2002, S. 248).
Wie bereits erwähnt ergibt sich die biophysikalische Unterscheidung in dynamische (isotonische Bewegungsarbeit) oder statische (isometrische Haltearbeit) Ausdauer durch die jeweilige Arbeitsform der Belastung. Die dynamische Ausdauer ist durch einen rhythmischen Wechsel zwischen Kontraktion und Erschlaffung der Muskulatur charakterisiert (vgl. de Marées, 2003, S.310). Hierbei kommt es zu einer Verkürzung der Muskulatur. Eine statische Muskelbeanspruchung dagegen beinhaltet „die Entwicklung einer erhöhten Muskelspannung ohne Zurücklegung einer Wegstrecke“ (Hollmann et al., 2000, S. 53). Im physikalischen Sinn liegt bei letzterem keine Arbeit vor, da Arbeit, wie sie bei der dynamischen Form verrichtet wird, als Kraft x Weg definiert wird. Zum Zwecke der Übersichtlichkeit der beschriebenen Ausdauerformen nach Hollmann et al. 2000 soll Abb. 3 dienen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3. Schematische Darstellung der verschiedenen Formen von Ausdauerleistungsfähigkeit (Hollmann und Hettinger 2000, S. 263).
Die allgemeine aerobe Ausdauer ist vor allem von zwei Faktoren abhängig:
- Kapazität des Herz-Kreislauf-, Atmungs- und Stoffwechsel-Systems
- Qualität der bewegungstypischen Koordination
Sie ist gekennzeichnet durch Ausdauerleistungen auf der Grundlage aerober Stoffwechselprozesse und dynamischer Arbeit.
In der zeitlichen Einteilung der Ausdauerformen (s.o.) spielt auch die Fähigkeit der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max) und
-verarbeitung eine bedeutende Rolle, da sie „das Bruttokriterium der Ausdauerleistungsfähigkeit darstellt“ (Weineck, 2002, S. 260).
Bei der Kurzzeitausdauer wird die „absolut höchste maximale Sauerstoffaufnahme“ (Astrand et al. in Weineck, 2002, S. 258) erreicht, wobei deren Prozentsatz mit zunehmender Belastungsdauer abnimmt. Leistungsbegrenzend ist somit neben der VO2max auch das Vermögen, diese möglichst lange auf einem maximal hohen Niveau zu halten. Im Bereich der Mittelzeitausdauer kann die VO2max über den beinhaltenden Zeitraum grundsätzlich nicht mehr zu 100% eingesetzt werden. Als leistungslimitierend für die allgemeine aerobe Langzeitausdauer gilt die VO2max., deren Nutzbarkeit über den längeren Zeitraum (>30min) sowie die Höhe der anaeroben Schwelle. Letzteres steht in engem Zusammenhang mit dem Trainingszustand, so dass ausdauertrainierte Sportler die höchsten Werte in der maximalen Sauerstoffaufnahmefähigkeit zeigen und im Vergleich zu weniger trainierten Personen sehr viel später die anaerobe Schwelle erreichen (vgl. Weineck 2002, S.257 ff.; Hollmann et al. 2000, S. 293 ff.).
Wie nun mehrfach angeführt sind die biologischen Grundlagen der Ausdauer durch unterschiedliche Mechanismen der Energiebereitstellung gekennzeichnet, die im folgenden Kapitel 2.3 ausführlicher dargestellt werden.
2.3 Energiebereitstellung und Energiestoffwechsel
Jede Form von Arbeit setzt Energiefreisetzung voraus.
Energieerhaltungssatz: Energie kann weder entstehen, noch verschwinden, jedoch kann man sie übertragen oder die einzelnen Energieformen ineinander umwandeln (Krieg, 1987, S. 135).
Die dafür notwendigen chemischen Prozesse lassen sich generell in zwei Gruppen unterteilen: Exergonische Reaktionen, welche Energie in irgendeiner Form freisetzen und endergonische Reaktionen, die die Zufuhr von Energie benötigen, um stattfinden zu können.
Im sportlichen Kontext sind somit für die physiologische Ermüdungswiderstandsfähigkeit und die Wiederauffüllung der Energiespeicher (Erholung) die angesprochenen Prozesse der Energiebereitstellung verantwortlich. In Anlehnung an Heck (1990a); Hohmann et al. (2003); de Marées (2003) und Hollmann et al. (2000) sollen die unterschiedlichen Phasen der Energiebereitstellung dargestellt werden, die im Zusammenhang mit Ausdauerleistungen zu sehen sind.
2.3.1 Grundlagen des Energiebedarfs und Energietransports
Für alle in den Körperzellen ablaufenden Prozesse (Biosynthese und Transportvorgänge) wird Energie benötigt. Ein Beispiel für die Biosynthese ist der Aufbau der kontraktilen Myofibrillen in der Muskelzelle. Diese bestehen aus Proteinen, welche aus einer Vielzahl von Aminosäuren unter Energiezufuhr synthetisiert (aufgebaut) werden.
Unter Biosynthese (Anabolismus) versteht man in der Biochemie den Aufbau komplexer organischer Substanzen (Naturstoffe) wie Aminosäuren, Proteine, Fette, Kohlenhydrate, Nukleinsäuren und Hormone im lebenden Organismus, aber […] auch in zellfreien Systemen durch die entsprechenden isolierten Zellkomponenten, welche aktive Enzyme enthalten (Netlexikon, 2005).
Muss eine Substanz gegen ein chemisches Konzentrationsgefälle transportiert werden, d.h. vom Ort der niederen zum Ort der höheren Konzentration, wird zur Aufrechterhaltung des Konzentrationsgefälles ständig Energie benötigt: Während dieses aktiven Transports werden die entsprechenden Stoff-Ionen bildlich bergauf d.h. gegen das Konzentrationsgefälle transportiert. Vor allem die Muskelkontraktion (als Form der körperlichen Arbeit) stellt dabei einen maximale Energie benötigenden Prozess dar.
2.3.2 Aerobe – anaerobe Energiebereitstellung
chemische Grundlagen
Neben der notwendigen Energiebereitstellung zur Verrichtung einer Arbeit ist der Muskel auch abhängig von einer ausreichenden Durchblutung sowie der Sauerstoff- und Nahrungszufuhr. Die Art des Stoffwechselgeschehens unterliegt dabei der jeweiligen Arbeitsform, der Belastungsintensität und der Belastungsdauer. Während dynamische Arbeit - vor allem von längerer Dauer - vorwiegend durch aerobe Stoffwechselvorgänge (in Verbindung mit Sauerstoff) gekennzeichnet ist, dominiert während einer statischen Muskelarbeit bereits bei mittleren Intensitäten ein anaerober (unter Sauerstoffmangel stattfindender) Metabolismus. An vielen dieser Reaktionen sind Wasserstoff - Elektronen beteiligt, deren Verringerung eine Oxidierung darstellt. Kohlenhydrate, Fette und Eiweiße gelten als Hauptelektronenspender beim menschlichen Metabolismus. Verbindet sich am Ende einer Stoffwechselkette ein Wasserstoffelektron mit Sauerstoff, spricht man von aerober Oxidation oder Respiration (innere Atmung). Die anaerobe Form der Energiebereitstellung geschieht durch Aufbrechen von Glucose und Glycogenmolekülen in mehrere Fragmente und wird Glycolyse bzw. Glycogenolyse genannt (vgl. Hollmann et al., 2000, S.61 f.).
Primäre Energiebereitstellung:
Hydrolyse
Auch bei völliger Ruhe verbraucht jede Zelle Energie zur Erhaltung ihrer Struktur und ihrer Reaktionsbereitschaft. So ist verständlich, dass darüber hinausgehende aktive Maßnahmen, wie zum Beispiel die Muskelkontraktion zusätzliche Energie benötigen. Als direkte Energiequelle stehen der Zelle dazu energiereiche Verbindungen zur Verfügung (vgl. Scharf und Weber, 1986, S. 111). Die Energie wird überwiegend durch Hydrolyse, d.h. „der Spaltung einer chemischen Verbindung unter Anlagerung eines Wassermoleküls“ (Netlexikon 2005) bereitgestellt. Als eine der wichtigsten energiereichen Substanzen in den Zellen dient das Adenosintriphosphat (ATP), welches in Adenosindiphosphat (ADP), in geringen Mengen Adenosinmonophosphat (AMP) und Phosphat (P) aufgespaltet wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ausgelöst wird diese Reaktion durch das Enzym “Myosin – ATPase“.
Enzyme sind zum weit überwiegenden Teil hochmolekulare Eiweißverbindungen, die jeweils bestimmte chemische Reaktionen katalysieren (z.B. beschleunigen) (de Marées, 2003, S.343).
Die dabei lokal vorrätige ATP – Menge reicht jedoch nur für einen sehr kurzen (im Sekundenbereich liegenden) Zeitraum aus, der circa drei Muskelkontraktionen entspricht. Um weitere Belastungen zu gewährleisten muss ATP aus ADP regeneriert werden (vgl. Heck, 1990, S22), wofür der folgende Mechanismus zur Verfügung steht:
Sekundäre Energiebereitstellung:
Bei länger andauernder Leistung ist eine sofortige sekundäre Energiebereitstellung notwendig. Diese wird durch Energiequellen sichergestellt, welche ATP aus ADP (AMP) resynthetisieren. Dieser Wiederaufbau kann auf drei Wegen erfolgen:
1. anaerob – alaktazid (über Kreatinphosphat)
2. anaerob – laktazid (über die Glycolyse)
3. aerob (über Zitratzyklus und Atmungskette).
1. Kreatinabbau
„Als zeitlich erster Mechanismus der sekundären Energiebereitstellung“ (Hohmann et al., 2003, S.55) wird energiereiches Kreatinphosphat (CrP) gespalten, das in etwa drei- bis viermal so großer Menge wie das ATP in der Muskelzelle gespeichert ist: Die Bindung zwischen dem Kreatin und dem Phosphat hat ein dem ATP entsprechendes Energiepotential. Die Übertragung des abgespaltenen Phosphates auf das ADP resynthetisiert ATP und garantiert durch eine maximal mögliche Energieflussrate (ATP-Bildung pro Zeit) zwar eine sofortige, jedoch auf nur wenige Sekunden begrenzte Höchstleistung. Diese so genannte „Lohmann – Reaktion“ wird durch das Enzym Kreatinkinase katalysiert (vgl. Heck, 1990, S.24):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Form der sekundären Energiebereitstellung während der anschließenden Prozesse ist auch abhängig davon, ob die körperliche (Ausdauer-) Belastung mit ausreichender (aerob) oder unzureichender (anaerob) Sauerstoffaufnahme fortgesetzt wird, und ob zuletzt genanntes mit oder ohne Bildung von Laktat (Milchsäure) geschieht (anaerob – laktazid oder anaerob – alaktazid). Die beiden bisher beschriebenen Prozesse verlaufen anaerob-alaktazid im Sarkoplasma. Im zeitlichen Verlauf von Ausdauerleistungen (2–8 min.) existieren allerdings auch Mischformen, d.h. eine aerob-anaerobe Energiebereitstellung, worauf die Bezeichnung der aerob-anaeroben Ausdauer zurückgeht. „Es besteht prinzipiell immer ein ´Nebeneinander´ der einzelnen Mechanismen der Energiebereitstellung mit fließenden Übergängen, in Abhängigkeit von der Belastungsintensität und [–dauer] und kein ´Nacheinander´“ (Moosburger 2004). Die Reihenfolge der Darstellung soll nicht diesen Eindruck erwecken und dient nur dem Zweck der Übersichtlichkeit. Zur Verdeutlichung dient Abb. 4:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4. Energiebereitstellung in Abhängigkeit von der Belastungsdauer (abrufbar unter: www.sportunterricht.de)
Die Energieflussrate (Bereitstellungsgeschwindigkeit, d.h. ATP-Bildung pro Zeit) ist beim anaerob-alaktaziden Mechanismus am größten und nimmt bei der anaeroben Glycolyse (anaerob-laktazider Mechanismus), der aeroben Glucose(Traubenzucker-)verbrennung sowie bei der Fettverbrennung um circa die Hälfte ab. Dafür nimmt der Energiegehalt in der gleichen Reihenfolge zu (vgl. Moosburger, 2004).
2. anaerobe Glycolyse:
Wird durch Fortsetzung der hochintensiven Belastungen das Kreatin – Depot ausgeschöpft, kann zusätzliche Energie durch die biologische Oxidation Energie liefernder Substrate (Nährstoffe) bereitgestellt werden. Vorwiegend sind dies Glucose (Traubenzucker) und Fettsäuren, „bzw. deren Speicherformen Glycogen und Triglyzeride“ (de Marées, 2003, S48).
In einem ersten Schritt erfolgt die anaerobe Spaltung von Glycogen in Glucose (Glycogenolyse). Durch zahlreiche enzymatische Reaktionen wird Glucose schrittweise zu Brenztraubensäure (Pyruvat) abgebaut (Glycolyse). Der Vorgang vollzieht sich - wie die Spaltung des Kreatinphosphats - im Sarkoplasma der Muskelzelle, also außerhalb der Mitochondrien. Am Ende dieser langen Reaktionskette wird bei der Bildung von Pyruvat der Phosphatrest unter Energiegewinn auf ADP übertragen (s. vereinfachte Darstellung):
Aufgrund der anaeroben Bedingungen wird das Pyruvat nicht vollständig in aktivierte Essigsäure (Acetyl – Coenzym –A) überführt, sondern unter Aufnahme von Wasserstoffionen (H+) zu Laktat hydriert (vgl. Hohmann et al., 2003, S.55). Die Höhe des Laktatspiegels gibt somit Auskunft über den Grad der Übersäuerung der Muskulatur (auf dieser Grundlage basieren die für die Leistungsdiagnostik wichtigen Schwellenkonzepte, wie sie beispielsweise Mader und Keul entwickelten. Die Reaktionsfolge, die von der Glucose zum Pyruvat führt (Glycolyse), ist dem anaeroben und folgend beschriebenen aeroben Kohlenhydratstoffwechsel gemeinsam (vgl. Scharf et al., 1986, S. 114). Ab dem Zeitpunkt der Pyruvatbildung verlaufen die anaerobe und aerobe Energiebereitstellung auf unterschiedliche Art und Weise.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 5. Vereinfachte schematische Darstellung der Energiebereitstellung (de Marées, 2003, S. 355)
3. aerobe Glycolyse und Fettstoffwechsel
Durch den unweigerlich erfolgenden Abfall der Bewegungsintensität nach Verbrauch der lokalen Ressourcen, wird nun die erforderliche Energie primär über die aerobe Oxidation der restlichen Glycogenvorräte bereitgestellt. Die aus der Glycolyse entstandene Acetyl – CoA wird abgebaut, indem sie sich mit Oxalsäure* (COOH)2 zu Zitronensäure verbindet. Sie durchläuft den Zitronensäurezyklus wie folgt (verkürzte Darstellung):
Aktivierte Essigsäure und Wassermoleküle werden in diesen Kreislauf eingeschleust, Kohlendioxidmoleküle (CO2) werden ausgeschieden. Durch Bindung von Wasserstoffatomen an Nikotinamidadenindinukleotid (NAD) und an Flavinadenindinukleotid (FAD) wird energiereiches Guanosintriphophat (GTP) gebildet, welches dem ATP ähnlich ist und sein Phosphat auf ADP übertragen kann. Die Übertragung von Wasserstoff auf die genannten Coenzyme NAD und FAD nennt man Reduktion. Der hierbei gebundene Wasserstoff wird nun in der Atmungskette über zahlreiche chemische Prozesse weiterverarbeitet; sein hohes Energiepotential dient zur Rephosphorylierung des ADP zu ATP. In Anwesenheit von Sauerstoff (aerobe Belastung) wird am Ende dieser Atmungskette Wasserstoff zu Wasser oxidiert.
Bei genügendem Sauerstoffangebot, also bei Belastungen im submaximalen Bereich werden die Glycogenspeicher geschont, so dass die Oxidation von Fettsäuren zunehmend Vorrang hat. Diese aerobe Lipolyse von Triglyceriden führt über den Wiederaufbau energiereicher Phosphate ebenfalls zur Resynthese von ATP. Dabei erfolgt das Einschleusen der Fettsäuren in den Zitratzyklus in ähnlicher Weise wie bereits bei der Glycolyse beschrieben: Von den langen Ketten der Fettsäuren werden Essigsäure – Moleküle abgespalten (ß – Oxidation), Energie wird in Form von Glyzerin und freien Fettsäuren bereitgestellt. Der Weg von der aktivierten Essigsäure zur Brenztraubensäure zurück (und somit zum Laktat) ist nicht möglich. Daraus geht hervor, dass die Rephosphorylierung des ATP durch Fettsäuren nur auf aerobem Weg erfolgen kann und eine Laktatbildung hierbei nicht möglich ist (vgl. Heck, 1990a, S.28f.).
Trotz der deutlich geringeren Energieflussrate sind diese aeroben Prozesse mit einer wesentlich besseren Energieausnutzung verbunden (vgl. Hohmann et al., 2003, S.57).
Die hier deutlich verkürzt beschriebenen Reaktionen finden ausschließlich in den Mitochondrien statt, so dass Sauerstoff und Pyruvat in sie hinein transportiert werden müssen. Umgekehrt verlassen das entstandene ATP sowie das gebildete CO2 und H2O die Mitochondrien wieder. Hieraus resultiert die Abhängigkeit der maximalen aeroben Leistungsfähigkeit von dem prozentualen Anteil der Mitochondrien am Muskelvolumen. Ein trainierter Muskel kann demnach pro Zeiteinheit mehr Energie auf aerobem Wege in Form von ATP bereitstellen (vgl. de Marées, 2003, S. 360). Auf die vollständige Beschreibung der ATP – Bilanz während ihrer Resynthese wird verzichtet und auf die angegebene Literatur verwiesen. Abschließend soll Abbildung 6 zu einem besseren und übergeordneten Verständnis der Energiebereitstellung beitragen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 6. schematische Darstellung der Energiegewinnung in der Muskelzelle
(Weineck, 2002, S.50)
2.4 Laktat
Intensive Muskelarbeit unter anaeroben Bedingungen führt immer zur Bildung von Laktat, das sich im Muskel anlagert und diesen übersäuert. „Bei zu hohen Laktatkonzentrationen wird das Schlüsselenzym Phophofructokinase [regulierendes Enzym der Glycolyse] gehemmt und dadurch unweigerlich ein Abfall der Bewegungsintensität herbeigeführt“ (Hohmann et al., 2003, S. 55). Geht jedoch eine hohe Belastungsstufe auf ein aerob zu bewältigendes Maß zurück, kann Laktat in der arbeitenden Muskulatur in Pyruvat zurückverwandelt werden. Es wird in den Mitochondrien oxidiert, so dass Glycogen eingespart werden kann. Nach anaerober Belastung kann Laktat über Pyruvat in der Erholungsphase auch zum Wiederaufbau von Glycogen in Leber und Muskeln verwendet werden. Eine ungenügende oxidative Phosphorylierung der Skelettmuskulatur hängt wahrscheinlich mit deren geringer Mitochondrienzahl zusammen. Als bestätigendes Argument führt Keul in Hollmann et al. (2000) das Herz mit seiner hohen Mitochondrienzahl an, welches aufgrund dessen „kein Laktat in das Blut entlässt“.
Anmerkung: Laktat wird nicht nur – wie früher angenommen – auf Grund eines Sauerstoffversorgungsdefizites der arbeitenden Muskulatur gebildet. Vielmehr passieren bereits in Ruhe circa 50% der im Stoffwechsel abgebauten Glucose Laktat (vgl. Heck, 1990a, S.39). „Damit kommt es zu Ruhelaktatwerten im Blut von ca. 0,8 – 1,5 mmol/l“ (de Marées, 2003, S. 371).
Bei maximalen Belastungen sind Werte von mehr als 20mmol/l Blut gemessen worden. Dabei steigt die H+ - Ionen – Konzentration proportional zur Laktatkonzentration an. Laktat ist jedoch nicht ausschließlich ein geeigneter Indikator der anaeroben Kapazität, sondern auch ein gutes Maß der Leistungsfähigkeit im Ausdauerbereich. „Im submaximalen Belastungsbereich stellt die Blutlaktatkonzentration ein Abbild gleichzeitiger Produktion und Elimination dar“ (Heck, 1990a, S. 90).
In diesem Kapitel soll weniger der chemische Prozess, vielmehr die Bedeutung des Laktats zur Beurteilung der Ausdauerleistungsfähigkeit unter unterschiedlichen Bedingungen Berücksichtigung finden.
Nach früheren Schwellenkonzepten (Hollmann 1959; Wassermann/MCIlroy 1961) prägte Mader 1976 den Begriff der aerob-anaeroben Schwelle. Dieser Bereich beschreibt den „Übergang zwischen der rein aeroben zur partiell anaeroben laktazid gedeckten muskulären Energiestoffwechselleistung der Arbeitsmuskulatur unter den gegebenen Belastungsbedingungen“ (vgl. de Marées, 2003, S.463). Während hohe Belastungen zu einem fortgesetzten Laktatanstieg führen, können solche in dem aerob-anaeroben Bereich über längere Zeit ohne nennenswerte Laktat - Konzentrationserhöhung fortgeführt werden. Setzt man das Maximum der rein aerob gedeckten energetischen Leistung mit diesem genannten Übergangsbereich (aerob-anaerob) gleich, eignet er sich zur Charakterisierung der Ausdauerleistungsfähigkeit. Die Belastung, in der sich Laktatbildung und Laktatelimination gerade noch im Gleichgewicht befinden, nennt sich maximales Laktat-steady-state (maxLass). Das maxLass wird ausführlich im folgenden Kapitel beschrieben. Anhand empirischer Studien (Untersuchungen auf dem Laufband mit einer Stufendauer von 5min und einer Belastungsabstufung von 0,4m/s) ergab sich eine aerob-anaerobe Schwelle, die der Belastung entspricht, die im Mittel das Laktat auf 4mmol/l im Blut ansteigen lässt. Kindermann et al. (1978) differenzierten eine aerobe, anaerobe Schwelle und einen aeroben-anaeroben Übergang und ermittelten die in Abbildung 7 dargestellten Blutlaktatkonzentrationen (ebd. S. 467).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 7. Aerobe – Anaerobe Schwelle (http://www.sportunterricht.de/lksport/ enerschem.html)
Mittlerweile existieren jedoch Konzepte zur Bestimmung individueller Schwellenwerte (beispielsweise Keul et al. 1979; Stegmann et al., 1981), die gegenüber den fixen Laktatschwellen eine zuverlässigere Beurteilung der Ausdauerleistungsfähigkeit und Intensitätssteuerung ermöglichen.
2.4.1 Laktatbildung und –elimination
Nicht immer wird ein kontinuierlicher Laktatanstieg (Laktat – Akkumulation* ), sondern auch ein Abflachen oder eine Stagnation der Laktatkonzentration im Blut beobachtet. Dies hängt mit der stetigen Laktat – Elimination* zusammen, welche in der arbeitenden Muskulatur, der Herzmuskulatur und in der Leber stattfindet. Merksatz: Laktat wird immer
eliminiert (vgl. Heck, 1990a, S.40). In der Leber wird ein Teil des Laktats wieder zu Glucose aufgebaut, ein anderer Teil oxidativ verstoffwechselt. Vor allem in den roten Muskelfasern (hohe aerobe Leistungsfähigkeit) wird das gebildete Laktat in den aeroben Stoffwechsel eingeschleust (s. Kapitel Energiestoffwechsel). Der Herzmuskel kann – wie bereits beschrieben – durch seine hohe Mitochondrienzahl einen Großteil seines Energie - Stoffwechsels über Laktat abdecken. Generell ist die Eliminationsrate abhängig von der Laktatkonzentration und der aeroben Belastungsbeanspruchung (aerober Umsatz). Je höher diese beiden Komponenten, desto größer ist die Elimination (vgl. ebd., S.40). Zusammenfassend nach Heck (1990a) und de Marées (2003) ist die jeweils aktuelle Laktatkonzentration in Muskel, Blut und anderen Körperflüssigkeiten immer das Resultat von Laktatbildung, -diffusion, -transport und
-elimination.
2.4.2 Laktatverhalten
Neben der Laktatkonzentration ist auch das Laktatverhalten abhängig von der jeweiligen Belastungssituation. In der Leistungsdiagnostik ist diese Abhängigkeit von großem Nutzen, da durch die Bestimmung der Laktatkonzentration im Blut Rückschlüsse auf Art und Intensität einer Belastung möglich sind und auch eine Aussage über die Leistungsfähigkeit gemacht werden kann (vgl. Heck, 1990a, S. 90). In Anbetracht der durchgeführten Untersuchung wird in diesem Kapitel vorwiegend das Laktatverhalten bei lang andauernden konstanten Belastungen beschrieben.
Bei steigender, submaximaler Dauerbelastung wächst die Glycolyserate und damit die Laktatbildungsrate. Nach einem initialen Anstieg des Laktats stellt sich jedoch in der Regel ein Fließgleichgewicht (steady state) zwischen Bildung und Elimination ein. Erhöht sich die Zuflussrate, so wird auch das steady state auf ein höheres Niveau gehoben. Eine stetige Erhöhung der Belastungsstufe korrespondiert mit einem steileren Anstieg der Laktatkonzentration (s. Abb. 8).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 8. Laktatkurven eines Probanden während mehrerer Versuche mit konstanter Belastung am Drehkurbelergometer (nach Heck in de Marées, 2003, S. 374)
Eine Übersäuerung der Muskulatur durch fortgesetzte Belastungsintensität würde schließlich zum Belastungsende führen. „Die Belastung, bei der sich gerade noch ein Laktat-steady-state einstellt, wird als ´maximales Laktat-steady-state´ (maxLass) bezeichnet“ (Heck, 1990a, S.43; de Marées, 2003, S.374). Das maxLass stellt die Grenze zwischen rein aerober zu partiell anaerober Energiebereitstellung dar und ist dem Bereich der aerob - anaeroben Schwelle gleichzusetzen (de Marées, 2003, S. 436). Mit zunehmender Belastung stellt sich jedoch die rein anaerob-laktazide Energiebereitstellung erst mit Erreichen der maximalen O2-aufnahme ein. Obwohl der Laktatwert, bei dem sich das maxLass einstellt, sehr variabel ist, liegt das maxLass im Mittel bei Laufbandbelastungen (und auch bei der Fahrradergometrie) bei Untrainierten bei circa 60% der VO2max , bei trainierten Personen bei bis zu 80% der VO2max (vgl. de Marées, 2003, S.374). Joch und Ückert (1999) geben sogar Werte bis 85% und mehr für Ausdauertrainierte im Vergleich zu 50% der VO2max - Aufnahme für wenig Ausdauertrainierte an der anaeroben Schwelle an.
Laktatverhalten und Ernährung:
Wie im Kap. Energiebereitstellung ausführlich beschrieben, führen Belastungen von längerer Arbeitsdauer im submaximalen Bereich zu signifikanten Reduzierungen des arteriellen Glucosespiegels. Auf ähnlicher physiologischer Basis ist das Laktatverhalten abhängig von einem ´akuten´ Ernährungszustand. Das bedeutet, bei annähernd entleertem muskulärem Glycogenspeicher verschiebt sich die Laktatleistungskurve nach rechts*. Im Umkehrschluss hätte eine so genannte Kohlenhydratmast eine Linksverschiebung zur Folge. Dies beruht auf der Tatsache, dass die Flussrate der Glycolyse in Abhängigkeit von der Höhe des Substratangebotes höher oder niedriger liegt. Dies wiederum beeinflusst die Laktatbildungsrate (vgl. de Marées, 2003, S 471 f.; Hollmann et al., 1990, S.355 f.). In beiden Fällen ist bei Vergleichsuntersuchungen also auf einheitliche Bedingungen des Belastungs- und Ernährungsverhaltens der Probanden zu achten.
Laktatverhalten und Wärme:
Hollmann et al., 2000, S. 480 beschreiben einen früheren Anstieg der Laktatkonzentration im Blut unter der Gegebenheit erhöhter Außentemperaturen. Die Ursache wird in der Mehrdurchblutung der Haut zu Ungunsten einer verstärkten Durchblutung der Muskulatur vermutet. Unter erhöhten bzw. überhöhten Außentemperaturen muss der Ausdauersportler demnach bereits bei geringeren Belastungsintensitäten „anaerobe Stoffwechselmechanismen in Kauf nehmen“ (ebd., S. 481). Dies führt eine frühzeitige Erschöpfung auf Grund der bereits beschriebenen Mechanismen herbei.
Exkurs Laktatverhalten und Belastungsschemata:
Weitere Einflussfaktoren auf das Laktatverhalten, vor allem zur Bestimmung der verschiedenen Schwellen, sind die unterschiedlichen Belastungsschemata. Da es in der durchgeführten Untersuchung jedoch nicht um die Bestimmung solcher Schwellenwerte geht, soll diese Abhängigkeit nur kurz exemplarisch für das Laufband behandelt werden. Veränderungen einer Stufendauer auf dem Laufband von 5 auf 3 Minuten haben einen signifikanten Effekt auf die Laktatleistungskurve und somit auf den Schwellenwert. Bei der Reduzierung der Stufendauer um 2 Minuten fanden Heck und Hollmann (1984) eine mittlere Verschiebung der aeroben - anaeroben Schwelle um 0,16 m/s nach rechts. Ein ähnlicher Effekt (im Mittel um 0,07 m/s) ergab sich durch Erhöhung der Pausendauer um 30 Sekunden. Bezogen auf das maximale Laktat-Steady-state verschob sich der Schwellenlaktatwert im Mittel von 4 auf 3,5 mmol/l (vgl. de Marées, 2003, S.469).
Heck (1990b) ermittelte zudem signifikant - differierende Laktatwerte bei Untersuchungen auf Laufbändern unterschiedlicher Typen unter ansonsten konstanten Test - Bedingungen. Diese erklärte er durch die unterschiedlich hohe metabolische Belastung, welche durch das differente Schwingungsverhalten und die unterschiedliche Elastizität der Lauffläche der jeweiligen Laufbänder hervorgerufen wird. Hieraus wird geschlossen, dass „eine vergleichende […] Diagnostik auf zwei verschiedenen Laufbändern ohne Kenntnis der Belastungscharakteristik der Laufbänder nicht möglich [ist]“ (Heck, 1990b, S. 207). Neben den laufbandbedingten Faktoren unterliegt das Laktatverhalten zahlreichen weiteren Einflüssen. Eine sehr ausführliche Darstellung dieser Problematik findet sich in Heck (1990b).
Erwähnt sei an dieser Stelle, dass in der Durchführung der Untersuchungen dieser Arbeit die angegebenen Parameter Berücksichtigung fanden.
2.5 Herzfrequenz
In diesem Kapitel möchte ich mich auf die Darstellung der Herzfrequenz beschränken und die anatomischen Grundlagen des Herzens als bekannt voraussetzen, beziehungsweise auf die sportmedizinische Literatur verweisen.
Die Erfassung der Schlagfolge des Herzens pro Zeiteinheit spielt im Sport eine große Rolle und eignete sich während der durchgeführten Untersuchung als ein aussagekräftiger Parameter zur Beurteilung des Leistungsverhaltens unter Kältebedingungen. „Die Herzfrequenz ist die Anzahl der Herzaktionen (Kontraktionen) pro Zeiteinheit (min)“ (Löllgen, Dirschedl und Winter, 1995, S.104). Die Schlagfolge des gesunden Herzens ist von der Frequenz abhängig, mit welcher der Sinusknoten im rechten Vorhof Erregungs - Impulse erzeugt (Sinusrhythmus). Zahlreiche Faktoren (Lebensalter, Körpertemperatur, körperliche Belastung, psychischer Zustand, Herzgröße) beeinflussen die Herzschlagfrequenz, welche in Ruhe (Ruheherzfrequenz) bei etwa 70 Schlägen / min liegt (vgl. Israel, 1999, S.169). Angaben über altersentsprechende Ruhefrequenzen können aus Pschyrembel, 1986, S. 1389 entnommen werden. Elektrische Erregungen sind die Voraussetzung für die Kontraktion sämtlicher Muskulatur, wobei die Erregungsbildung der Herzmuskulatur im Herzen selbst stattfindet. Dies macht sie autonom. Verantwortlich zeichnet sich der Sinusknoten als primäres Erregungsbildungszentrum (´primärer Schrittmacher´), welcher die Erregungs - Impulse zunächst über die Vorhofmuskulatur des Herzens zum Atrioventrikular(AV) - Knoten, dem sekundären Zentrum weitergibt. Von dort erfolgt eine Weiterleitung durch das HIS´sche-Bündel und die Endverzweigung des Erregungsleitungssystems der Muskulatur in den Wänden der Herzkammern (vgl. Israel, 1999, S. 170). Die beschriebenen Aktionspotentiale, die der Sinusknoten pro Minute zur Vorhof- und Kammermuskulatur aussendet, werden von dieser mit ebenso vielen rhythmischen Kontraktionen in der Minute beantwortet. Diese - als Herzfrequenz bekannten - Kontraktionen bewirken schließlich den Bluttransport aus den Herzhohlräumen (vgl. de Marées, 2003, S.250 f.). Eine Steigerung der Herzschlagfrequenz, beispielsweise. durch körperliche Belastung oder durch eine Erhöhung der Körpertemperatur wird als Tachykardie bezeichnet. Sinkt die Frequenz dagegen unter einen standardisierten Wert ab (nach de Marées unter 60 Schläge/min), spricht man von einer Bradykardie (ebd., S. 251).
Durch eine Abnahme der Herzfrequenz wird eine Ökonomisierung der Herzarbeit bewirkt. So bedeutet laut Strauzenberg und Schwidtmann (1976) eine Senkung der Schlagfrequenz um zehn Schläge pro Minute eine Sauerstoffenergieeinsparung von circa 15%. Zusätzlich begünstigt die Frequenzabnahme das Verhältnis von Diastole, in der das Herz mit Blut versorgt wird, und Systole (vgl. Weineck, 2002, S. 140).
Sympathikus:
Der Nervus Sympathicus (Akzeleranz, Beschleuniger) ist der Förderungs- oder Leitungsnerv des Herzens und wirkt dort im Sinne einer Aktivierung. Als dessen ´Gegenspieler´ kann der Nervus vagus, auch Parasympathikus angesehen werden, welcher als Hemmungs- oder Erholungsnerv eine dämpfende Wirkung ausübt. Das Herz gibt Nervenimpulse an das Zentralnervensystem weiter, so dass beispielsweise Sauerstoffmangel des Herzmuskels Schmerzen auslösen kann. Eine respiratorische Arrhythmie der Herzaktion kommt auf ähnlichem (nervalem) Wege zustande: Durch die Dehnung des Brustkorbes bei der Einatmung ist die Blutzufuhr zum Herzen begünstigt. In der Einatmungsphase kommt es demnach zu einer Beschleunigung der Herzschlagfrequenz, durch die das vermehrte Blutangebot bewältigt werden kann (vgl. Israel, 1999, S. 171 f.).
Die Anpassungserscheinungen des Organismus und des Herzens durch Ausdauertraining dürfen als bekannt vorausgesetzt werden und sind zum Teil bereits in vorangegangenen Kapiteln behandelt worden. Zu betonen ist jedoch die zunehmende Dominanz des Parasympathikus im Sinne einer Stoffwechselökonomisierung und psychischen Dämpfung durch regelmäßige sportliche Betätigung. Parallel dazu erhöhen die vom Sympathikus stimulierten Organsysteme - unter anderem das Hormonsystem - ihre Leistungskapazitäten im Sinn einer erhöhten allgemeinen psychophysischen Leistungsfähigkeit (vgl. Weineck, 2002, S. 59). Der Autor schlussfolgert daraus, dass chronisch überstarke Trainingsreize zu einer zu starken Dominanz des Sympathikus unter Ruhebedingungen führen können. Dies stellt eine Überforderung der organismischen Anpassungsfähigkeit dar, deren Symptome Übererregtheit, Schlaflosigkeit und erhöhte Herzfrequenz sind. Vorausschauend lassen die erfassten Leistungsparameter die Vermutung zu, dass es unter Umständen bei den Probanden zu einer solchen Sympathikus-Übererregung infolge der Testdurchführung unter Kälteeinwirkung kam. Dies soll jedoch in Kapitel 6 diskutiert werden.
Die Herzfrequenz weist, wie viele andere biologische Größen, eine ausgeprägte zirkadiane* Rhythmik auf. Diese basiert auf dem bereits beschriebenen Wechselspiel von Sympathikus zu Parasympathikus; Herzfrequenz und Blutdruck nehmen in der Nacht (bei Gesunden) ab. Während eines Belastungs - EKGs lassen sich tageszeitliche Schwankungen der Herzdurchblutung nachweisen (vgl. Löllgen et al., 1995, S. 109). Dieser Effekt ist bei gesunden trainierten Probanden nicht zu verzeichnen. Bei der oben genannten Personengruppe traten jedoch während der Ergometrie unter Kälteapplikation möglicherweise so genannte Ischämie* - Reaktionen auf. In der Diskussion wird darauf näher eingegangen.
[...]
* „ Oxalsäure ist durch die Nachbarstellung der Carboxylgruppen eine starke Säure und wie die α-Diketone instabil. Sie zerfällt in konzentrierter Schwefelsäure sofort zu Kohlenmonoxid, Kohlendioxid und Wasser“ (abrufbar unter: http://www.lexikon-definition.de/Oxalsaeure.html).
* Akkumulation (lat. accumulo): Anhäufen, Ansammeln
* Elimination (lat.): Beseitigung, Entfernung
* Normalverhalten der Laktatleistungskurve: Je trainierter ein Proband ist, desto weiter rechts wird die Kurve den so genannten anaeroben Schwellenwert (ANS) von 4 mmol/l schneiden
* zirkadian „(lat dianus täglich): 1. über den ganzen Tag (verteilt); 2. tagesrhythmisch“ (Pschyrembel, 1986, S. 1844)
* Ischämie: Unterbrechung oder […] Verringerung der Durchblutung (ebd., S. 808).
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