Hemingway 'A clean, well-lighted place' - Figurencharakterisierung und Nada-Thematik


Seminararbeit, 2004

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Charakterisierung
2.1.Der alte Mann
2.2. Der junge Kellner
2.3. Der alte Kellner

3. nada -Konzept und Existenzialismus
3.1. Der alte Mann und das Nichts
3.2. Der junge Kellner und das Nichts
3.3. Der alte Kellner und das Nichts

4. Schluss

5. Bibliographie

1. Einleitung

Ernest Hemingways Kurzgeschichte “A Clean, Well-Lighted Place“, die zu den von der Literaturkritik meistbeachteten Werken Hemingways gehört,[1] wurde im März 1933 erstmals im Scribner’s Magazine veröffentlicht.[2] Sie erschien im Herbst 1933 als Teil der Kurzgeschichtensammlung Winner take Nothing.[3] Über die Kurzgeschichte, die wohl zu Hemingways gelungensten Werken gezählt werden kann, sagte Hemingway selbst einmal: “’Another time I was leaving out good was in ‘A Clean, Well-Lighted Place.’ There I really had luck. I left out everything.’“[4] Dies mag der Grund sein, warum diese Kurzgeschichte, die von einem jungen und einem alten Kellner handelt, die darauf warten, dass ein alter Mann das Café verläßt,[5] bei genauerem Hinsehen unerwartete Tiefen aufweißt.[6]

Gegenstand dieser Arbeit ist die Untersuchung der in der Kurzgeschichte auftretenden Hauptcharaktere und deren unterschiedliche Lebenshaltung. Des Weiteren wird die hiermit verbundene nada -Thematik der Kurzgeschichte und der individuelle Umgang der Figuren mit dem nada beleuchtet.

2. Charakterisierung

2.1. Der alte Mann

Der alte Mann ist taub und nach Schätzung der Kellner mindestens 80 Jahre alt, er betrinkt sich jede Nacht im Café[7]. Jedoch bewahrt er seine Würde und der ältere Kellner stellt fest: “’This old man is clean. He drinks without spilling. Even now drunk.[...].’“ (311)[8] Er hat sich sogar im betrunkenen Zustand noch unter Kontrolle, benimmt sich angemessen und läßt den Kellnern ihr Trinkgeld zukommen. Der Selbstmordversuch des alten Mannes, seine Alkoholsucht sowie sein Verlangen so lange in dem verlassenen Café zu bleiben bis es schließt, können auf eine Depression hindeuten, die möglicherweise aus seiner Einsamkeit aufgrund des Verlustes seiner Frau herrührt.[9] Seine Taubheit könnte symbolisch unterstreichen, dass er von der Welt um sich herum abgeschottet ist, jedoch verhilft gerade diese ihm dazu, wie am Anfang der Geschichte klar wird, Veränderungen umso genauer und intensiver wahrzunehmen: “The old man liked to sit late because he was deaf and now at night it was quiet and he felt the difference.“ (310)

Auch wenn der alte Mann der Hauptgegenstand der Unterhaltung der beiden Kellner ist, besteht die Funktion des Charakters doch wohl eher darin an den Reaktionen der beiden Kellner ihm gegenüber ihre jeweiligen, kontroversen Einstellungen aufzuzeigen[10].

2.2. Der junge Kellner

Der junge Kellner ist egoistisch und ungeduldig[11]. Er möchte nach Hause zu seiner Frau und will, dass der alte Mann endlich das Lokal verläßt.[12] Er kann nicht verstehen warum der alte Mann so lange bleibt und zeigt keinerlei Verständnis oder Mitgefühl.[13] Er verhält sich im Gegensatz zum älteren Kellner dem alten Mann gegenüber respektlos und äußerst zunächst seinem Kollegen gegenüber:[14] “He should have killed himself last week.“ (311) Im sechsten und längsten Dialog, der einerseits Informationen über den alten Mann preisgibt, andererseits aber auch die Funktion einer weiteren Charakterisierung vor allen Dingen des jungen Kellners hat, erfährt der Leser, dass der junge Kellner eindeutig materialistisch eingestellt ist.[15] Er fragt nämlich: “’How much money has he got?’“(311) Außerdem ist er eigennützig “I never get to bed before three o’clock“ (311) und oberflächlich, denn an seiner Aussage “’A wife would be no good to him now’“(311) wird deutlich, dass eine Frau für ihn keine Lebenspartnerin, sondern lediglich eine Sexualpartnerin darstellt.[16] Er wird in folgender Textstelle schlichtweg als dumm bezeichnet[17]:

’Finished,’ he said, speaking with that omission of syntax stupid people employ when talking to drunken people or foreigners. (312)

Schließlich zeigt er, seine Jugend betonend, seine Ablehnung nicht nur des alten Mannes, sondern alten Menschen generell gegenüber ganz offen[18] und sagt:

“’I wouldn’t want to be that old. An old man is a nasty thing.’“ (311)

Der junge Kellner steht also für die junge, hastige Generation, die sich ganz bewußt von den älteren Menschen abheben will und ein intaktes aber oberflächliches Leben führt.[19]

2.3. Der alte Kellner

Der alte Kellner ist unverheiratet und lebt alleine.[20] Er steht alters-, erfahrungs- und haltungsmäßig zwischen seinem jüngeren Kollegen und dem alten Mann, obwohl er letzterem näher steht,[21] was auch an den Worten des jüngeren Kellners “’You talk like an old man yourself.’“ (312) klar wird. Der alte Kellner hat, im Gegensatz zu seinem jungen Kollegen, Mitgefühl mit dem alten Mann, der sich umbringen wollte. Er zeigt eine komplexere Reaktion als der junge Kellner,[22] denn er weiß nur zu gut, warum der alte Mann kommt, sich betrinkt, lange bleibt und nur geht, wenn er muss.

Versucht der alte Kellner zunächst nur den jungen Kellner zu beschwichtigen, bzw. zu vermitteln “’He stays up because he likes it.’“ (311), “’He had a wife once too“ (311), “’He might be better with a wife.’“ (311), so ergreift er wenig später offen Partei für den alten Mann:[23] “’This old man is clean. He drinks without spilling. Even now, drunk. Look at him.’“ (311) Hier steht das erste Titelwort clean, ’sauber’ für eine Charaktereigenschaft und der Leser erhält einen Einblick in die Lebens- und Wertewelt des alten Kellners.[24] Ihm geht es ähnlich wie dem Gast und er bekennt offen von sich selber: “’I am of those who like to stay late at the café,[...]’“ (313)[25] Er selbst braucht die Sauberkeit, das Licht und die Ordnung eines Ortes um der Dunkelheit zu entfliehen.[26] Er wird, im Gegensatz zum jungen Kellner, auch als the unhurried waiter (312 ) bezeichnet, da er es, weil er niemanden zu Hause hat und einsam ist, nicht eilig hat nach Hause zu kommen[27]. Auch aus diesem Grunde schließt er nicht gerne, wenn er weiß, dass andere einen Zufluchtsort brauchen könnten und versteht die Gründe des alten Mannes. Der Beruf des älteren Kellners ist das einzige, was seinem Leben etwas Sinn verleiht, denn er besitzt im Gegensatz zum jungen Kellner kein Vertrauen mehr, bzw. sagt von sich selbst noch nie Vertrauen gehabt zu haben.[28]

[junger Kellner] ’And what do you lack?’

[alter Kellner] ’Everything but work.’

[junger Kellner] ’You have everything I have.’

[alter Kellner] ’No. I have never had confidence and

I am not young.’ (312)

Hier wird noch einmal die Unterschiedlichkeit der beiden Kellner verdeutlicht, wobei der ältere Kellner für das Alter, also die ältere Generation, und die damit verbundene Einsamkeit und Desillusioniertheit steht[29]. Auch erkennt man an dieser Textstelle sehr deutlich die sich durch alle Dialogstellen ziehende fehlende wirkliche Kommunikation: der ältere Kellner kann seinem jüngeren Kollegen seine Ansichten nicht vermitteln und es findet somit keine Annäherung der beiden Perspektiven bzw. Lebensansichten statt, der ältere Kellner stellt gegenüber dem jüngeren Kellner selbst fest: “’We are of two different kinds.’“ (313)

3. nada -Konzept und Existenzialismus

Viele Literaturkritiker sind der Meinung, dass an dieser Kurzgeschichte die philosophische Anschauung des Existenzialismus illustriert wird.[30] Der Existenzialismus ist eine auf Sartre zurückgehende Form der Existenzphilosophie, die unter anderem von der Absurdität des Daseins, von der Existenzangst sowie der Vereinzelung des Menschen und der Freiheit des Menschen sich selbst zu entwerfen[31], das heißt seinem Leben selbst Bedeutung zu verleihen[32], ausgeht. Begriffe, wie Freiheit, Tod, Entscheidung werden in den Mittelpunkt gestellt.[33] Die Möglichkeit der Existenz von Gott wird verneint.[34] Eng verbunden mit dem Existentialismus ist die auf ihn zurückgehende nihilistische Lebenseinstellung bei der alles Bestehende, alles Seiende nichtig ist.

[...]


[1] Klaus Lubbers. „’No happy end to it’: Untersuchungen zu Ernest Hemingways ‘In Another Country’,’A Day’s Wait’ und ‘A Clean, Well-Lighted Place’”. Schule und Forschung: Zwei Klassiker der amerikanischen Kurzgeschichte. Hg. Hans Galinsky und Klaus Lubbers. Frankfurt a. Main: Moritz Diesterweg, 1978. 72.

[2] Lisa Tyler, Student Companions to Classical Writers: Student Companion to Ernest Hemingway (Westport, Connecticut: Greenwood Press, 2001) 82/83.

[3] ebd.

[4] ebd.

[5] ebd.

[6] O’Faolain, Sean, „A Clean, Well-Lighted Place“. Hemingway: A Collection of Critical Essays. Hg. Robert P. Weeks. Englewood Cliffs, N.J.: Prentice-Hall Inc., 1962. 112/113.

[7] Lisa Tyler, Student Companions to Classical Writers: Student Companion to Ernest Hemingway, 83.

[8] Ernest Hemingway, The First Forty-Nine Stories: A Clean, Well-Lighted Place (1939; London: Jonathan Cape, 1975). Im Folgenden wird diese Ausgabe unter Angabe der Seitenzahl im fortlaufenden Text zitiert.

[9] Lisa Tyler, Student Companions to Classical Writers: Student Companion to Ernest Hemingway, 83.

[10] Annette Benert “Survival through Irony: Hemingway’s ‚A Clean, Well-Lighted Place’“, Studies in Short Fiction Vol. XI. Nr. 2 (1974): 184/185.

[11] Lisa Tyler, Student Companions to Classical Writers: Student Companion to Ernest Hemingway, 83.

[12] ebd.

[13] Carlos Baker, Hemingway: The Writer as an Artist (Princeton, New Jersey: Princeton University Press, 1952)124.

[14] Klaus Lubbers. „’No happy end to it’, 78.

[15] ebd.

[16] ebd.

[17] Klaus Lubbers. „’No happy end to it’, 76.

[18] Klaus Lubbers. „’No happy end to it’, 78.

[19] ebd.

[20] Leo Gurko, Ernest Hemingway and the Pursuit of Heroism (New York: Thomas Y.Crowell Company, 1968)186.

[21] Klaus Lubbers. „’No happy end to it’, 82.

[22] Lisa Tyler, Student Companions to Classical Writers: Student Companion to Ernest Hemingway, 84.

[23] Klaus Lubbers. „’No happy end to it’, 78.

[24] edb.

[25] ebd.

[26] Carlos Baker, Hemingway: The Writer as an Artist, 124.

[27] Klaus Lubbers. „’No happy end to it’, 77.

[28] Lisa Tyler, Student Companions to Classical Writers: Student Companion to Ernest Hemingway, 84.

[29] Klaus Lubbers. „’No happy end to it’, 82.

[30] Lisa Tyler, Student Companions to Classical Writers: Student Companion to Ernest Hemingway,84.

[31] „Fremdwörterbuch“. Duden Hg. Dr. Matthias Wermke et al. Mannheim: Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG, 2001.291.

[32] Lisa Tyler, Student Companions to Classical Writers: Student Companion to Ernest Hemingway, 84.

[33] „Fremdwörterbuch“. Duden Hg. Dr. Matthias Wermke et al. Mannheim: Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG, 2001.675.

[34] Lisa Tyler, Student Companions to Classical Writers: Student Companion to Ernest Hemingway, 84.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Hemingway 'A clean, well-lighted place' - Figurencharakterisierung und Nada-Thematik
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Anglistisches Seminar)
Veranstaltung
Proseminar Hemingway
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
15
Katalognummer
V51789
ISBN (eBook)
9783638476669
ISBN (Buch)
9783638873000
Dateigröße
534 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Gegenstand dieser Arbeit ist die Untersuchung der in der Kurzgeschichte auftretenden Hauptcharaktere und deren unterschiedliche Lebenshaltung. Des Weiteren wird die hiermit verbundene nada-Thematik der Kurzgeschichte und der individuelle Umgang der Figuren mit dem nada beleuchtet.
Schlagworte
Hemingway, Figurencharakterisierung, Nada-Thematik, Proseminar, Hemingway
Arbeit zitieren
Kathrin Herz (Autor:in), 2004, Hemingway 'A clean, well-lighted place' - Figurencharakterisierung und Nada-Thematik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51789

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