Adelungs grammatisch-kritisches Wörterbuch der hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der Oberdeutschen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

24 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
Kriterien für die Themenwahl und Vorstellung des Themas
1.1 Hintergrundinformationen und Beiwerk
1.2 Entstehungsgeschichte des Wörterbuches
1.3 Biographie Adelung‘s

2. Hauptteil
Sprachliche Aspekte in Adelungs „grammatisch – kritisches Wörterbuch der hochdeutschen Mundart“
2.1 Lemmatisierung
2.2 Grammatik

3. Schlussteil

Auswirkungen des Werkes auf die Zeit „danach“: Eine Rezension über Adelung

Anhang:

Literaturverzeichnis

Kriterien für die Themenwahl und Vorstellung des Themas:

1.1: Hintergrundinformationen und Beiwerk:

Durch sein Engagement in der Sprachforschung ist Johann Christoph Adelung ein wesentlicher Bestandteil der germanistischen Sprachwissenschaft und aufgrund der großen Bedeutung und der weitreichenden Auswirkungen des ersten einheitlichen deutschen Wörterbuches auf die Sprachentwicklung, beschäftigt sich diese Hausarbeit mit der Analyse der Materie und den daraus resultierenden Ergebnissen.

Adelung selbst weist in der Vorrede der ersten Auflage darauf hin, daß zwar „seit zweyen Jahrhunderten verschiedene Werke dieser Art zum Vorscheine gekommen“ seien, wobei diese seine Kriterien und auch die Anderer nicht zufriedenstellend behandeln würden und „daß dadurch das Verlangen nach einem, besonders aber nach einem grammatischen Wörterbuche“ nicht „befriedigt“, bzw. „unterdrückt“ worden wäre.

Mehrere sprachwissenschaftliche und -historische Quellen datieren die moderne Lexikographie des Deutschen auf Adelung, sodass er wohl als erster moderner Lexikograph der deutschen Standardsprache tituliert werden muß. Selbige Quellen bezeichnen sein Wörterbuch auch als das repräsentative Bedeutungswörterbuch des schriftlichen und mündlichen Gebrauchs der deutschen Hochsprache.

Es wird im Folgenden geklärt werden, wie die Entstehung eines Wörterbuches, welches diese Kriterien besser behandeln sollte als die bis dato bereits existierenden, vonstatten ging und unter welchen Voraussetzungen das Nachschlagewerk letztendlich entstanden ist.

Die enorme Wichtigkeit des Adelung’schen Wörterbuches lässt sich in der großen Akzeptanz und Benutzung desselben erkennen. „Alle benutzten sein Wörterbuch“, darin „war sich das gelehrte und literarische Deutschland einig“; so lautet das Urteil in der Einführung der zweiten Auflage.[1] Unumstritten ist, daß selbst Koryphäen auf dem Gebiet der Philosophie und Poesie sich auf Adelung’s Werk stützten und Rat darin suchten; so zum Beispiel Goethe, Schiller und auch Wieland. Auch Jacob Grimm äußerte sich noch 1854 im Vorwort zu seinem „Deutschen Wörterbuch“ lobend gegenüber Adelung: „seine stärke lag in dem [...] durch grosze ordnung reich aufgespeicherten, jede vorausgegangene samlung übertreffenden wortvorrat [...].“

Der Tod Kaiser Friedrichs II. ließ das damalige Reichsgebiet in mehrere Einzelterritorien zerfallen, welche mit der Zeit immer selbständiger wurden, sowohl politisch, als auch sprachlich, da jedes Fürstentum an seinen Sprachgewohnheiten festhielt. Martin Luther ließ darüber in seinen Tischreden verlauten: „Deutschland hat so viele Dialekte, daß die Leute in einem Abstand von 30 Meilen einander nicht verstehen.“ Um 1500 ließen sich fünf große Schreibsprachen unterscheiden:

Ÿ die mittelniederdeutsche Schreibsprache
Ÿdie Kölner Schreibsprache
Ÿdie ostmitteldeutsche Schreibsprache
Ÿdie südöstliche Schreibsprache
Ÿdie südwestliche Schreibsprache.[2]

Eine Äußerung Adelung’s bezüglich der verschiedenen Sprachformen lautet: „Die Sprache eines Volkes muß [...] zu verschiedenen Zeiten nothwendig sehr verschieden seyn. Allein es gibt auch noch Gründe, warum sie unter den verschiedenen Theilen eines und eben desselben Volkes zu einerley Zeit verschieden seyn kann und muß. Diese Verschiedenheiten machen das aus, was man Dialecte [sic] oder Mundarten einer Sprache nennt.“[3]

Adelung’s Wörterbuch bildet einen Meilenstein in der Vereinheitlichung der deutschen Sprache und hat u.a. wahrscheinlich den Weg zu unserer heutigen Sprache geebnet, weshalb dieser Thematik ein so großes sprach-wissenschaftliches Interesse gebührt.

So soll diese Arbeit zwar nicht den ganzen Weg zu unserer heutigen Sprache aufzeigen, doch erläutert sie einen wesentlichen Abschnitt dieser Entwicklung im späten 18., bzw. im frühen 19. Jahrhundert.

Die Entwicklung der Sprache verläuft nach Auffassung von Adelung über drei Stufen:

1. „dunkle Empfindung des Hörbaren“ (Nachahmung der Naturlaute)
2. „dunkle Empfindung des Ähnlichen“
3. „Befolgung klarer Vorstellungen“[4]

Diese Stufen deuten zwar auf Etappen in der historischen Entstehungsabfolge von Sprache hin, sie bauen jedoch aufeinander auf und lösen die vorherige nicht einfach ab.[5]

1.2 Entstehungsgeschichte des Wörterbuches:

1741 erschien bereits ein „Teutsch - lateinisches Wörterbuch“ von Johann Leonhard Frisch, welches damals ein absolutes Novum darstellte; sowohl, weil es das bisher einzige seiner Art war, als auch wegen dessen gesamter Konzeption, die auf Vorschlägen Leibnizens basierte. Zusätzlich war der Umfang des Werkes absolut revolutionär, da es sich zu den derzeitigen Umständen kaum jemand erlauben konnte, so lange Zeit an einem Werk zu arbeiten. Wegen seiner späten Fertigstellung wurde es den veränderten Anforderungen der Zeit jedoch nicht mehr ganz gerecht; es ließ den Aspekt der „Sprachpflege“[6] außer Acht, der im 18. Jahrhundert die Literaten der Zeit beschäftigte.

Friedrich Nicolai vertrat die opinio communis indem er äußerte, daß „Der Reichthum [sic] der deutschen Sprache [...] durch die alten Wörter, die sich nur noch in den alten Handschriften finden; durch die Kunstwörter, und Wörter des gemeinen Lebens, nicht erwiesen“ wird.[7] So war der Wunsch nach einem Wörterbuch mit einer klaren Maxime und einer allgemein verwendbaren Grammatik noch unberücksichtigt. Zudem blieb nach Meinung der Gelehrten die Reinigkeit [sic] der deutschen Sprache unbeachtet. Nicolai führte zu diesem Sujet die Französische Akademie als Beispiel an. Diese sollte nach seiner Auffassung in ihrem Bemühen, ein einheitliches Wörterbuch zu schaffen, als Muster für die deutschen Bestrebungen gelten. Die Französische Akademie hat im Gegensatz zu den deutschen Gelehrten, die in ihren Wörterbuchplänen unter anderem auch die bereits angesprochenen ‘alten Wörter’ berücksichtigt haben, „bloß diejenigen Wörter zu ihrem Plan genommen, die in artigen Gesellschaften, in öffentlichen Reden [...] und kurz in allen den Schriften gebraucht werden [...], die iedermann [sic] lesen und verstehen kann“.[8]

So benötigte man ein Vehikel, um die deutsche Sprache aus ihrer miserablen Lage zu befreien. Die Konversationssprache des Adels war Französisch, da das Deutsche als nicht gesellschaftsfähig galt. Ebenso wurde die deutsche Sprache im Bereich der Universitäten und der Wissenschaften nicht geschätzt, was die Arbeit an einem Wörterbuch ungemein komplizierte.

Adelung hingegen reagiert auf die Frage nach der Vollkommenheit der deutschen Sprache sehr diplomatisch. „Die Entscheidung der Frage, ob die Deutsche Sprache, und besonders die hochdeutsche Mundart derselben, einer noch größeren Vollkommenheit fähig ist, hängt ganz von dem Grade der Kenntnisse und des Geschmackes unserer Zeit ab.“[9], womit er impliziert, das die deutsche Sprache bereits einen gewissen Grad an Vollkommenheit erreicht hat und es nur der jeweils sprechenden Person oder besser ihrem Intellekt obliegt, diese Vollkommenheit zu erkennen. Im Weiteren bemerkt Adelung jedoch hinzufügend, dass die Sprache einer Nation „einer immer größeren Vollkommenheit fähig“ ist, so lange eine „Nation noch an Kenntnissen und Geschmacke wachsen kann.“[10]

Erschwerend kam jedoch noch zusätzlich hinzu, daß sich selbst die Sprachwissenschaftler und Dichter in ihrer Konzeption des Wörterbuches nicht einig waren. Teilweise sprachen sie dem Wörterbuch jegliche Norm ab und vertraten die Meinung, daß es nicht am Beispiel der Franzosen ausgerichtet werden und dass es die Sprache nicht gleichsam einengen, bestimmen oder festsetzen sollte. Dadurch würde die Entwicklung der Sprache in ihren verschiedenen Facetten unweigerlich gehemmt werden. Sie forderten ein „Register der Wörter [...], welche die Schriftsteller gebraucht haben und wie sie dieselben gebrauchten“[11], wie Nicolai 1794 nach seiner radikalen Meinungsänderung verlauten ließ.

Im späteren 18. Jahrhundert war man sich jedoch einig, daß ein elementarer Punkt bei der Planung eines Wörterbuches nicht außer Acht gelassen werden durfte: die Organisation der lexikographischen Arbeit. Daraus resultierend kamen die Gelehrten zu dem Schluss, daß diese Arbeit nur von einer Vereinigung mehrerer Sprachwissenschaftler, sogenannter Sprachgesellschaften nach dem Vorbild der französischen ‘Académie‘, geleistet werden könne. Im Hinblick auf den Umfang des Lexikons und auf die zu leistende Recherche war der Entschluss wohl auch naheliegend. Gerhard Dill führt in seiner Ausarbeitung mehrere Gründe an, die zu der Initiierung besagter Sprachgesellschaften drängten.[12]

- So war einerseits die soziale Lage der Gelehrten der Grund dafür, warum sie sich nicht ausschließlich mit dem zwangsweise sehr voluminösen Werk befassen konnten, da sie die fehlende staatliche Unterstützung zwang, in erster Linie für ihren Unterhalt zu sorgen. So konnte man sich lediglich in seiner `freien Zeit´ mit den Ausarbeitungen beschäftigen, was dieses Unterfangen für einen Einzelnen vom zeitlichen Rahmen nahezu unmöglich machte.

In seiner Schrift der ‘fürstlichen Anhaltischen Deutschen Gesellschaft’ forderte Johann Ludwig Anton Rust unter anderen, „daß sich Seine kaiserliche Majestät und das Reich allermildest und mildest zu Herschießung der Kosten“[13] entschließen würden, um die immensen Kosten für den komplizierten Druck zu finanzieren, die die Verleger aufgrund der fraglichen Absatzmöglichkeiten nicht ohne Weiteres tragen wollten. Doch Gesuche dieser Art trafen regelmäßig ins Leere, da der Adel die Notwendigkeit des Anliegens nicht nachvollziehen konnte. Hinzu kam, dass in Deutschland aufgrund der politischen Zersplitterung in einzelne Staaten die jeweiligen Fürsten jegliches Interesse an einem Bindeglied, bzw. an einer Einheit Gesamtdeutschlands verloren hatten, und sei sie auch lediglich im sprachlichen Bereich.

[...]


[1] Adelung, Johann Christoph: Grammatisch – kritisches Wörterbuch der hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der Oberdeutschen. Erster Theil, von A – E. Einführung. Zweyte vermehrte und verbesserte Ausgabe. Leipzig, bey Johann Gottlob Immanuel Breitkopf und Compagnie. 1793.

[2] Vgl. Stedje, Astrid: Deutsche Sprache gestern und heute; Einführung in Sprachgeschichte und Sprachkunde. 3. Auflage. Wilhelm Fink Verlag München 1996. S. 122f.

[3] Adelung, Johann Christoph: Über die Geschichte der Deutschen Sprache, über Deutsche Mundarten und Deutsche Sprachlehre. Leibzig 1781. Minerva GmbH, unveränderter Nachdruck – Frankfurt/Main 1975. S. 9.

[4] Adelung, Johann Chrisoph: Umständliches Lehrgebäude der Deutschen Sprache, zur Erläuterung der Deutschen Sprachlehre für Schulen, 2 Bde., Leipzig 1782. S. 702. Aus: Abhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Philologisch – historische Klasse , Band 70, Heft 4. Sprache und Kulturentwicklung im Blickfeld der deutschen Spätaufklärung. Hrsg.: Werner Bahner. Akademie Verlag Berlin 1984. S. 136f.

[5] vgl. ebda. S. 137.

[6] Dill, Gerhard: Johann Christoph Adelung’s Wörterbuch der `Hochdeutschen Mundart´: Untersuchungen zur lexikographischen Konzeption. In: Europäische Hochschulschriften, Reihe 1: Deutsche Sprache und Literatur; Band 1303. Verlag Peter Lang GmbH, Frankfurt am Main 1992; S.1.

[7] Nicolai, Friedrich: Briefe über den itzigen Zustand der schönen Wissenschaften in Deutschland. 12. Brief 1755, hrsg. von Georg Ellinger (= Berliner Neudrucke III 2. Band). Berlin 1894; S. 102.

[8] s.o.

[9] Adelung, Johann Christoph: Über die Geschichte der Deutschen Sprache, über Deutsche Mundarten und Deutsche Sprachlehre. Leibzig 1781. Minerva GmbH, unveränderter Nachdruck – Frankfurt/Main 1975. S. 70.

[10] s.o.

[11] Nicolai, Friedrich: (Wörterbuchplan in einer Anmerkung Nicolais zu einem Brief von ihm an Lessing) In: Gotthold Ephraim Lessings Sämtliche Schriften hrsg. von Nicolai; 1794; S. 230.

[12] Dill, Gerhard: S. 4f

[13] Rust, Johann Ludwig Anton : Fünfte und letzte Fortsetzung der Abhandlung von den Ursachen der Verschiedenheit, Ungewissheit und der Mängel in der Deutschen Rechtschreibung. In: Schriften der fürstlichen Anhaltischen Deutschen Gesellschaft; 2. Band. Helmstädt und Magdeburg 1769. S. 259.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Adelungs grammatisch-kritisches Wörterbuch der hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der Oberdeutschen
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Veranstaltung
Deutsche Sprachgeschichte zwischen Reformation und Aufklärung
Note
2
Autor
Jahr
2002
Seiten
24
Katalognummer
V52968
ISBN (eBook)
9783638485388
ISBN (Buch)
9783638662451
Dateigröße
543 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Adelungs, Wörterbuch, Mundart, Vergleichung, Mundarten, Oberdeutschen, Deutsche, Sprachgeschichte, Reformation, Aufklärung
Arbeit zitieren
Phillip Gläsel (Autor:in), 2002, Adelungs grammatisch-kritisches Wörterbuch der hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der Oberdeutschen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52968

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