Schindlers Liste - Die Wandlung Schindlers und Hollywoodästhetik in Spielbergs Film


Hausarbeit, 2003

18 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Darstellung Oskar Schindlers und seiner Wandlung im Film
2.1 Der Profitgierige
2.2 Der Frauenheld und Lebemann
2.3 Die Wandlung

3. Hollywoodästhetik in Spielbergs Film
3.1 Diskussion um Spielberg als Regisseur
3.2 Drehbuch, Schauplätze
3.3 Handlungsaufbau/ Struktur des Films

4. Parallelen zu Spielbergs früheren Werken

5. Die filmischen Gestaltungsmittel

6. Fazit/ Wertung

Literatur

Schindlers Liste

Die Wandlung Schindlers und Hollywoodästhetik in Schindlers Liste

1. Einleitung

„Schindlers Liste“ (1993) von Steven Spielberg gehört zu den wohl meistdiskutierten Filmen des Regisseurs. Basierend auf dem gleichnamigen Roman des Australiers Thomas Keneally von 1982, erzählt er die authentische Geschichte des Deutschen Oskar Schindler, der 1939 in Krakau eine Emailwarenfabrik eröffnet und mit Hilfe der jüdischen Zwangsarbeiter ein Vermögen verdient. Unter dem Einfluss seines Buchhalters Itzhak Stern wandelt er sich im Laufe der Handlung vom opportunistischen, egoistischen Profitmenschen zum selbstlosen Retter „seiner“ Schindler-Juden.

Der Film wurde ein internationaler Erfolg, der sich aber ob des sensiblen Themas „Holocaust“ in besonderem Masse der Kritik stellen musste. Die Pressestimmen reichten von euphorischen Äußerungen („Jeder sollte diesen Film sehen.“[1]) bis zu vernichtenden Verrissen („...drei Filme in einem- eine qualvolle Pseudodokumentation, ein effektvolles Melodrama, und ein peinliches Beispiel für Filmkitsch.“[2]).

Gerade die Tatsache, dass es sich um einen von einem Hollywood-Regisseur gedrehten Spielfilm handelt (und nicht etwa um einen Dokumentarfilm im Stile von „Shoah“ von Claude Lanzmann 1974-1985) erregte die Gemüter. Ein häufiger Kritikpunkt war der Vorwurf, ein solch ernstes Thema eigne sich nicht, um mit den Mitteln der Traumfabrik Hollywood behandelt zu werden.[3]

In dieser Arbeit möchte ich nun der Frage nachgehen, inwiefern Spielbergs Film typische Merkmale von Hollywoodproduktionen aufweist, sowohl im Handlungsaufbau, bzw. der Struktur des Films, als auch in der filmisch- gestalterischen Umsetzung, und, damit einhergehend, ob Parallelen zu früheren Werken des Regisseurs erkennbar sind, der bis dahin eher für effektvoll- unterhaltende „Blockbuster“ wie „E.T. Der Ausserirdische“ (1982) oder „Jurassic Park“ (1993) bekannt war. Einführend werde ich jedoch zunächst auf die Beschreibung der Wandlung Schindlers eingehen, dem zentralen Handlungsschwerpunkt des Films, um darauf aufbauend die Hollywoodästhetik in Spielbergs Werk zu untersuchen. Hier folgt zunächst ein kurzer Überblick über Hintergrundinformationen zur Entstehung des Drehbuchs und der Auswahl der Drehorte.

Die nächsten Kapitel widmen sich dann dem beschriebenen Bereich der Hollywoodästhetik, inwieweit eine solche überhaupt zu definieren wäre, und ob sie im behandelten Film erkennbar ist.

Als Ausgangspunkt dienten mir häufig Äußerungen in der Presse, als Quelle das Internet und Bücher, die sich kritisch mit ähnlichen Fragestellungen beschäftigen, sowie Fachliteratur.

Abschließend bleibt die Frage, wie solch eine kommerziell anmutende Herangehensweise, wenn sie denn vorhanden ist, bei einem Thema wie dem Genozid an über sechs Millionen Juden während des Dritten Reiches zu werten wäre. Auf diesen Aspekt gehe ich im Schlussteil ein.

Als Bezugspunkt dient mir hauptsächlich der Film an sich, einen Vergleich zwischen Buch und Film oder historischer Fakten und Film strebe ich nicht an, zum einen aus Platzgründen, zum anderen, weil der Film „als Film“ im Mittelpunkt der Betrachtung stehen soll.

2. Die Darstellung Oskar Schindlers und seiner Wandlung im Film

Vorweg möchte ich eine Sequenzbeschreibung stellen, die sich größtenteils an einer von Helmut Korte erstellten Sequenzgrafik orientiert.[4] Sie dient im Weiteren als Bezugspunkt für im Text verwendete Filmbeispiele (Zeitangaben in Minuten: Sekunden):

1.) Exposition: 00:00-09:45: Prolog; Zeit, Ort, Situation/ Oskar Schindler
2.) Schindlers Fabrik: 09:45-32:59: Der Judenrat, Itzhak Stern/ Das Krakauer Ghetto/ Enteignung und Umsiedlung/ Die jüdischen Zwangsarbeiter/ Es ist geschafft.
3.) Erfolge und Rückschläge: 32:59-54:25: Emilie Schindler/ Der einarmige Schlosser/ Sterns Verhaftung/ Amon Göth, Bau des Lagers Plaszow.
4.) Räumung des Krakauer Ghettos: 54:25-70:18: Der Überfall/ Vergebliche Fluchtversuche/ Das Mädchen im roten Mantel/ Das Blutbad.
5.) Schindlers Wandlung: 70:18-99:07: Göth, der Jäger/ Das Geschäft: Schindler- Göth/ Sterns neuer Arbeitgeber/ Schindlers Wandlung/ Die Perlmanns/ Helene Hirsch.
6.) Selektion und Auflösung des Lagers Plaszow: 99:07-132:40: Macht und Gnade/ Göth und Helene/ Die Selektion/ Die Kinder/ Der Transport/ Schindlers Verhaftung/ Exhumierung der Ermordeten
7.) Die Schindler-Juden: 132:40-163:58: Die Listen für das Leben/ Helenes Schicksal/ Der Männerzug/ Frauen und Kinder in Auschwitz/ Die Duschen/ Die Rettung/ Das Lager Brünnlitz.
8.) Lösung: 163:58-187:11: Die Kapitulation/ Schindlers Abschied/ Die Befreiung/ Epilog/ Abspann: casts & credits.

Wie erwähnt, kann der Wandlungsprozess Oskar Schindlers als zentrales Handlungsmoment des Films angesehen werden. Als Einstieg soll ein Zitat von Regisseur Steven Spielberg dienen, in dem er seine Sicht des Menschen Oskar Schindler schildert:

„Schindler war ein guter Mensch. Ein guter Mensch, der ein gerechter Mensch wurde. Das Mitgefühl ist das Entscheidende. Und die größte Entscheidung, die er traf, war, dass er alles Geld, das er als Kriegsgewinnler verdient hatte, restlos ausgab, um die Juden freizukaufen. Er beutete vorher das Leben der Juden aus, aber er rettete sie, indem er alles, bis auf die letzte Reichsmark, wieder für sie ausgab.“[5]

Der (Film-)Charakter Oskar Schindlers lässt sich in drei wesentliche Persönlichkeitszüge einteilen: 2.1. Der Profitgierige, 2.2. Der Frauenheld und Lebemann und 2.3. Die Wandlung Schindlers zum Gutmenschen.

2.1 Der Profitgierige

Schindler wird von Anfang an auf Du und Du mit den SS-Oberen gezeigt, es wird aber auch gleich deutlich gemacht, dass er mit der Nazi-Ideologie an sich nichts im Sinn hat. Er ist einzig und allein auf Profit aus, in allem, was er tut. Das wird in mehreren Szenen deutlich, z.B. Seq.2; 11:40 (Szene mit Stern): Schindler erwähnt auf Sterns pflichtgemäße Feststellung, er sei Jude: „Tja, und ich bin Deutscher, soviel dazu.“ Schindler erscheint hier nicht als Antisemit, er geht direkt zum Geschäftlichen über, alles andere interessiert ihn nicht. Wobei seine Stärken weniger im Geschäftlichen, denn im Beziehungsknüpfen und Repräsentieren liegen. (Seq.2; 13:45: Szene mit Stern: „Da liegt meine Stärke, nicht in der Arbeit, nicht in der Arbeit, in der Präsentation.“) Er stellt wichtige Kontakte zu den SS-Offizieren her, die er für seine Zwecke ausnutzt, er stellt sich mit ihnen nur gut, da er sich geschäftliche Vorteile davon verspricht. Er besticht, korrumpiert und nutzt die billige Arbeitskraft der Juden, weil er einen persönlichen Vorteil daraus ziehen kann. Dass Schindler zu diesem Zeitpunkt der Handlung noch kein Mitgefühl oder Interesse für die Lage der Juden aufbringt, er die Situation wohl auch noch gar nicht richtig einschätzt (oder einschätzen will?) zeigt sich u.a. in einer Szene, in der er seine Wohnung von den kurz vorher vertriebenen Juden übernimmt und er darin überhaupt keine Ungerechtigkeit erkennt (Seq.2; 18:20). Die Ausbeutung der Juden nimmt er billigend in Kauf, solange er damit Geld verdient. Er nutzt die Gegebenheiten sogar als Druckmittel, als er die jüdischen Investoren zwingen will, ihm ohne irgendwelche Sicherheiten Geld zu geben (Seq.2; 21:00). Er gibt in einer Szene mit seiner Frau Emilie auch offen zu, dass der einzige Grund, weshalb er vorher noch nie erfolgreich war, der Frieden war (Seq.3; 36:10). Der Krieg ist für den Geschäftsmann Oskar Schindler also eigentlich das Beste, was ihm passieren konnte.

2.2 Der Frauenheld und Lebemann

Neben Luxus, gutem Essen und Wein hat Schindler auch eine Schwäche für schöne Frauen. Besonders deutlich wird das in der Szene, in der er sich eine Sekretärin sucht (Seq.2; 28:03). Er ist nur am Aussehen, nicht aber an der fachlichen Kompetenz der Frauen interessiert. Dass er sich durch seinen Schlag bei Frauen sogar unbedacht Gefahren aussetzt, wird in der Szene während seiner Geburtstagsparty deutlich, in der er alle Frauen küsst, auch die Jüdin aus seiner Fabrik (Seq.6; 111:40), weswegen er ins Gefängnis kommt. Er unterscheidet nicht zwischen Juden und Deutschen, eine Geisteshaltung, die ihn trotz seines anfangs berechnenden und nüchtern bis kaltherzig agierenden Auftretens grundlegend von Lagerkommandant Amon Göth unterscheidet. Göth bezeichnet seine jüdische Haushälterin Helene Hirsch als „Ratte“, sie sei ja als Jüdin „kein Mensch im eigentlichen Sinne“ (Seq.6; 107:00).

Schindler nutzt den Schwarzmarkt als Quelle seines Luxuslebens geschickt aus, auch um die Bestechungspräsente für die Nazis zu besorgen. Dabei wirkt Schindler aber aufgrund seines charismatischen Auftretens nie ordinär, sondern eher wie ein charmantes Schlitzohr. Er hat mehrere Affären und führt ein umtriebiges Leben als Playboy.

[...]


[1] Frank Schirrmacher: Schindlers Liste. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung am 01.03.2003.

Internet: http://nibis.ni.schule.de/haus/dez24/schindler/

[2] Adam Mars Jones in „The Independent“. Zitiert nach: Andrew Yule: Steven Spielberg. Die Eroberung Hollywoods, München 1997. S. 406.

[3] Vgl. Helmut Korte: Hollywoodästhetik und die deutsche Geschichte: Schindlers Liste (Spielberg 1993). In: Einführung in die systematische Filmanalyse, 2. Auflage, hg. von ders., Berlin 2001. S.150-157.

[4] Korte: Hollywoodästhetik und die dt. Gesch., Abb.1, S.158.

[5] aus: „Die Woche“, Nr. 10/94 vom 3.3.1994, S.31. Zitiert nach: Hans-Jürgen van der Gieth: Lernzirkel Schindlers Liste. 14 Lernstationen zum deutschen Faschismus.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Schindlers Liste - Die Wandlung Schindlers und Hollywoodästhetik in Spielbergs Film
Hochschule
Universität Karlsruhe (TH)  (Institut für Literaturwissenschaften)
Veranstaltung
Methodische Grundlagen der Filmanalyse.
Note
2,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
18
Katalognummer
V55054
ISBN (eBook)
9783638501033
ISBN (Buch)
9783656772088
Dateigröße
510 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schindlers, Liste, Wandlung, Schindlers, Hollywoodästhetik, Spielbergs, Film, Methodische, Grundlagen, Filmanalyse
Arbeit zitieren
Jan Wirschal (Autor:in), 2003, Schindlers Liste - Die Wandlung Schindlers und Hollywoodästhetik in Spielbergs Film, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55054

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