Das Lächerliche bei Arthur Schopenhauer und Jean Paul Fr. Richter


Hausarbeit, 2005

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Vorwort / Einleitung

2. Theorie des Lächerlichen
2.1 Jean Paul oder das Lachen als unendliche Ungereimtheit
2.2 Schopenhauer oder das Lachen über die Inkongruenz
2.3. Vergleich beider theoretischer Ansätze
3. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der Versuch im Rahmen einer Hausarbeit, die theoretischen Ansätze zweier großer Denker, wie Arthur Schopenhauer und Jean Paul Fr. Richter1 es unzweifelhaft waren, zu erfassen und zu vergleichen muss scheitern. Selbst die Einschränkung, dass "bloß" das Phänomen des Lachens untersucht und dargestellt werden soll, ist ungenügend um den Dargestellten gerecht werden zu können. Der Kontext, aus dem vor allem Jean Pauls Theorie herausgerissen wurde, konnte trotz Bemühungen, nur bedingt Beachtung finden, da sich bei der Erarbeitung der beiden Ansätze, hauptsächlich auf die Hauptwerke und deren Abschnitte konzentriert wurde. Hiermit soll auch gerechtfertigt werden, dass die Gegensätze des Lächerlichen2 keine nähere Erläuterung in dieser Arbeit finden.

Die Motivation, dennoch den Vorstoß in solch bodenloses Gewässer zu wagen, entstammt Schopenhauers provokant formulierter und von ihm unbegründet gebliebener Kritik: "Kants und Jean Pauls Theorien des Lächerlichen sind bekannt. Ihre Unrichtigkeit nachzuweisen halte ich für überflüssig."3

Das Anliegen der Auseinandersetzung mit dem Thema ist, zu überprüfen inwieweit sich diese Behauptung verifizieren lässt.

2. Die Theorie des Lächerlichen

2. 1 Jean Paul oder das Lachen als unendliche Ungereimtheit

In seiner "Vorschule der Ästhetik" liefert Jean Paul Fr. Richter einen umfassenden Erklärungsversuch des Komischen. Er postuliert, das Lächerliche stamme aus dem "Reich des Verstandes, und zwar aus demselben das Unverständige."4 Eine Handlung bzw. ein Zustand muss angeschaut werden, um so eine Handlung als falsches Mittel darstellen zu können und das Ziel des Verstandes zu erreichen. Jedoch sind der sinnlich wahrgenommene Irrtum oder der Unverstand allein nicht lächerlich. Im Wesen des wahrgenommenen Unverstandes muss sich ein Bestreben, z.B. durch eine Handlung, offenbaren, um die Möglichkeit für einen Widerspruch zu schaffen, welches Grundlage für das Entstehen des Lächerlichen ist. "Das Bestreben und die Lage müssen beide gleich anschaulich sein, um ihren Widerspruch zur komischen Höhe zu treiben."5 Ohne Wahrnehmung des Bestrebens, ist der anschaulich ausgedrückte Irrtum noch keine "unendliche Ungereimtheit"6. Als Beispiel führt Paul die Geschichte von Sancho Pansa an, der sich eine ganze Nacht in der Schwebe hielt, weil er glaubte ein Abgrund klaffe unter ihm. Warum lachen wir darüber? Weil wir wissen, dass es keinen Abgrund gibt und folglich es gar nicht nötig ist, sich auf diese Weise des Schlafes zu berauben. Damit "verleihen wir seinem Bestreben unsere Einsicht und Ansicht"7, wodurch das Lächerliche zustande kommt. Erst wenn wir der belächelten Person unseren Wissensstand unterstellen, entsteht das Lächerliche, weil dann ihre Handlung nicht zu unserer Erwartung passt. Das ist auch der Grund, weshalb das Lächerliche mit zunehmendem Verstande der belächelten Person zunimmt. Nämlich, weil der Kontrast zwischen erwarteter Handlung und tatsächlicher Handlung mit dem Verstand, den wir der Person zuschreiben, zunimmt.

"Unser Selbst-Trug, womit wir dem fremden Bestreben eine entgegengesetze Kenntnis unterlegen, macht es eben zu jedem Minimum an Verstand, zu jenem angeschauten Unverstande, worüber wir lachen, so dass also das Komische, wie das Erhabene, nie im Objekt wohnt, sondern im Subjekte."8

Pauls Betonung der subjektiven Seite des Lächerlichen, ist charakteristisch für die romantische Ästhetik, die das Komische immer im Subjekt, niemals im Objekt sucht.9 Laut Paul lässt sich so auch das Phänomen, dass ein und dieselbe innere und äußere Handlung vom einen belacht, vom anderen jedoch unwidersprochen bleibt, erklären. Das Komische besteht für ihn also darin, dass wir die Unverständigkeit der handelnden Person entlarven und uns damit als erhaben und die Person als lächerlich erleben.

Aufgrund der Erhabenheit, oder zumindest dem Gefühl, erhaben zu sein, ist es uns beispielsweise nicht möglich unser eigenes aktuelles Handeln im gleichen Moment lächerlich finden. Es fehlt uns der Abstand zum Geschehen, die kontrastierende Einsicht über die Situation, die die Entstehung des Lächerlichen bedingt.10

Daraus schlussfolgert Jean Paul, dass "vollendete Dummheit oder Verstandeslosigkeit schwer lächerlich wird, weil sie uns das Leihen unserer kontrastierenden Einsicht erschwert oder verbeut."11

Wenn die allgemein geläufigen Definitionen des Lächerlichen12, so Jean Paul, nur einen "einfachen realen Kontrast" annehmen, ohne den scheinbaren zweiten zu berücksichtigen, müssen sich diese zwangsläufig als unvollständig, und somit falsch erweisen. Der scheinbare zweite Kontrast resultiert aus einer, vom Betrachter, dem lächerlichen Wesen und dessen Mangel zugeschriebenen scheinbaren Freiheit.13 Diese Unterstellung unseres subjektiven Erkenntnisstandes, lasse in uns das Lächerliche, die "unendliche Ungereimtheit" entstehen.

Diesen Prozess gliedert Paul in drei Bestandteile: "den Widerspruch, worin das Bestreben oder Sein des lächerlichen Wesens mit dem sinnlich angeschaueten Verhältnis steht, nenn' ich den objektiven Kontrast; dieses Verhältnis den sinnlichen; und den Widerspruch beider, den wir ihm durch das Leihen unserer Seele und Ansicht als den zweiten aufbürden, nenn' ich den subjektiven Kontrast“

Folglich entsteht das Lächerliche aus der Kombination, einer Eigenschaft im angeschauten Objekt, dem "objektiven Kontrast", unserer sinnlichen, subjektiven Einsicht, dem "subjektiven Kontrast" und dem Konflikt zwischen diesen beiden.

Wenn also Sancho Pansa sich bei Nacht am Rande eines vermeintlich tiefen Abgrundes in Todesfurcht festhält, der sich bei Tageslicht als flacher Graben erweist, dann besteht ein Kontrast zwischen dem komischen Bemühen Sanchos und der überhaupt nicht komischen Vorstellung, dass sich ein Mensch auf Grund eines Irrtums wirklich eine Nacht lang in Todesangst quält. Ein weiterer Kontrast besteht zwischen dem sich anklammernden Sancho und dem in der Tat niedrigen Graben. Der dritte Kontrast besteht schließlich darin, dass das betrachtende Subjekt, der Zuschauer, weiß, dass keine Gefahr besteht. Und dies ruft das Lachen hervor.14 An der von Paul getroffenen Bezeichnung, welche bereits einzelnen Bestandteile als "Kontraste" beschreibt, ist kritisch anzumerken, dass keine der drei Komponenten des Lächerlichen für sich allein schon einen Widerspruch oder Kontrast darstellen kann. Die Bezeichnung als Kontrast kann sich folglich erst auf das Zusammenspiel der einzelnen Teile beziehen.

Wo aber liegt der Ursprung, die Wurzel des Lächerlichen?

Die enge Verbindung des Lachens mit der Physis des Menschen bleibt auch für Jean Paul unbestreitbar. Dennoch betont er, dass die Natur des Lächerlichen nie aus dem Physischen, sondern stets aus dem Geistigen entspringe. Er betrachtet das körperliche Lachen entweder als bloße Folge des geistig wahrgenommenen Widerspruchs, oder aber die körperliche Unruhe entstand ohne Einfluss des Geistes, ist dann aber weder Freude, noch Lachen, sondern bloßer Schmerz. Paul verwehrt sich geradezu gegen jegliche Art von physischen Erklärungsversuchen:

"Die Lust am geistigen Lachen aus dem körperlichen zu erklären, hieße das süße elegische Weinen aus dem Reize der Augen-Ausleerung quellen zu lassen."15

Auch ein von Thomas Hobbes formulierter Erklärungsansatz, fällt unter Pauls scharfe Kritik. Hobbes postuliert, die komische Lust entstehe aus dem geistigen Stolz und stelle deshalb eine der verwerflichen Eigenschaften des Menschen dar.

[...]


1 Im folgenden wird nur, sein selbst gewähltes Synonym "Jean Paul" verwendet

2 bei Schopenhauer ist dies der Ernst, bei Jean Paul das Erhabene

3 Arthur Schopenhauer: "Die Welt als Wille und Vorstellung 2", Kapitel 8; herausgegeben von Ludger Lütkehaus,Zürich 1988, S. 108

4 Jean Paul: "Vorschule der Ästhetik", § 28, herausgegeben von Wolfhart Henckmann, Hamburg 1990, S. 109

5 Jean Paul, a.a.O. § 28, S. 109f

6 Jean Paul, a.a.O. § 28, S. 110

7 Jean Paul, a.a.O. § 28, S. 110

8 Jean Paul, a.a.O. § 28, S. 110

9 Olbertz, Franziska: Reader zu Humor in der Musik, Paderborn 2005,http://groups.uni- paderborn.de/musik/didaktik/material/reader_humor_in_der_musik/Reader07.09.htm, 20.08.2005

10 Vgl. Jean Paul, a.a.O. § 27 Zur Theorie der Erhabenheit

11 Jean Paul, a.a.O. § 28, S. 113

12 Vermutlich bezieht sich Jean Paul hier auf Frances Hutcheson, James Beattie und Kant

13 Jean Paul a.a.O. §28, S. 113

14 Vgl. Lauer, Werner: „Humor als Ethos – eine moralpsychologische Untersuchung“, Stuttgart/Wien 1974,S.23

15 Jean Paul a.a.O., § 30, S. 121

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Das Lächerliche bei Arthur Schopenhauer und Jean Paul Fr. Richter
Hochschule
Universität Leipzig  (Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophie)
Veranstaltung
"Einführung in die Philosophie Schopenhauers"
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
17
Katalognummer
V57322
ISBN (eBook)
9783638518215
ISBN (Buch)
9783638752305
Dateigröße
458 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lächerliche, Arthur, Schopenhauer, Jean, Paul, Richter, Einführung, Philosophie, Schopenhauers
Arbeit zitieren
Peggy Schirmer (Autor:in), 2005, Das Lächerliche bei Arthur Schopenhauer und Jean Paul Fr. Richter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57322

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