Der Supreme Court in der Vetospielertheorie


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

27 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die Vetospielertheorie von George Tsebelis
1.1 Erläuterung der Grundlagen
1.2 Bewegungsabläufe und strategische Züge
1.3 Die Judikative in der Vetospielertheorie

2. Der Supreme Court
2.1 Der Supreme Court als politische Institution
2.2 Überprüfung der Voraussetzungen

3. Analyse der Vetospieler im System der USA und Anwendung der Theorie

4. Bibliographie

Einleitung

Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Supreme Court in der Vetospielertheorie von George Tsebelis. Dazu erläutere ich im ersten Aufgabenteil diese Theorie und die dazugehörigen wichtigen Begriffe winset, Status Quo, Vetospieler, core, Quasi-Äquivalenz und Absorptionsregel. Dazu benutze ich einige Abbildungen aus seinem Buch. Tsebelis hat ein Kapitel seines Buches der Judikative gewidmet. Auf dieses Kapitel nehme ich besonderen Bezug. Ich erweitere seine Aussagen um die in unserer Vorlesung erarbeiteten Ergebnisse. Weiterhin flechte ich eine Verfeinerung von Christoph Hönnige mit ein, die uns in der Vorlesung vorgestellt wurde. Im zweiten Teil erläutere ich die Institution Supreme Court und seine Rolle im politischen System der USA. Ich erläutere die Richterwahl an Hand eines Models und gehe auf die Möglichkeiten des Supreme Courts, unabhängig zu entscheiden, ein. Im letzten Teil analysiere ich die jetzige Konstellation der Vetospieler im politische System der USA. Danach wende ich Tsebelis´ Theorie auf den Supreme Court an und versuche die Frage zu beantworten, ob der Supreme Court zur Zeit ein Vetospieler ist oder sein kann.

1. Die Vetospielertheorie von George Tsebelis

1.1 Erläuterung der Grundlagen

George Tsebelis, Professor für Politikwissenschaft an der UCLA, schuf mit seiner Theorie Mitte der 90er Jahre einen völlig neuen Zugang für den Vergleich politischer Systeme. Sein Ansatz um die Wirkung politischer Institutionen auf die Politik zu untersuchen ist ebenso einfach wie elegant und einleuchtend. Anstatt der in der klassischen Politikwissenschaft üblichen Unterscheidungen in den Bereichen Politisches System (demokratisch oder nicht-demokratisch), Regimetypus (parlamentarisch oder präsidentiell), Parteiensystem (Mehrparteien- oder Zweiparteiensystem), Gesetzgebung (Einkammer- oder Zweikammersystem) und Staatsorganisation (unitarisch oder föderal) betrachtet er „alle institutionellen Arrangements und politischen Wettbewerbskonstellationen als funktional äquivalent“[1]. Sein Hauptaugenmerk liegt auf denjenigen politischen Akteuren die Entscheidungen zustimmen müssen, um die bestehende Situation zu verändern. Diese definiert er als Vetospieler, “an individual or collective actor whose agreement is required for a policy decision”.[2] Er differenziert sie in Vetospieler, deren Veto in der Verfassung fixiert ist (institutionelle Vetospieler), und Vetospieler, die in Institutionen enthalten sind (parteiliche Vetospieler/ partisan veto players), und andere, politikfeldabhängige Vetospieler (Gerichte, Zentralbanken, Militär, Interessengruppen, Referenden und weitere), sowie individuelle (Einzelpersonen) und kollektive Vetospieler.

Die Stabilität der Staatstätigkeit und damit des Status Quo hängt bei Tsebelis von drei Faktoren ab:

1. die Anzahl der Vetospieler,
2. ihre Kongruenz, also ihre ideologische Distanz und Polarisierung,
3. ihre Kohäsion, also der innere Zusammenhalt der einzelnen Vetospieler.

Er geht davon aus, dass jeder Akteure nicht strategisch sondern „entsprechend seiner Policy-Präferenzen handelt und nach Entscheidungen strebt, die seinem Idealpunkt, seiner idealen Policy, möglichst nahe kommt“.[3]

Zur Veranschaulichung seiner Theorie verwendet er sogenannte euklidisch-geometrische Raummodelle. Zusätzlich zu den Vetospielern existiert in jedem politischen System ein Status Quo. Dies ist der Zustand, der die aktuelle Lage widerspiegelt. Um die jeweiligen Idealpunkte (A, B und C) der Vetospieler wird eine zirkuläre Indifferenzkurve gezogen, welche den Status Quo schneidet. Das bedeutet, dass der Vetospieler, außer dem Status Quo, auch allen anderen Punkten auf dieser Kurve gegenüber indifferent ist. Die Politische Stabilität bedeutet in Tsebelis’ Theorie Reformfeindlichkeit oder Starrheit. Je größer die Stabilität, desto schwieriger ist es, den Status Quo zu verändern. Wenn verschiedene Policies zur Abstimmung stehen, entscheidet sich der Vetospieler für den Punkt, der innerhalb seiner Kurve seinem Idealpunkt am nächsten kommt. Punkte die außerhalb seiner Kurve liegen, lehnt er ab.

Wenn man die Idealpunkte aller Vetospieler in dem euklidischen Model miteinander verbindet, so stellt der Raum zwischen den ihnen den unanimity core oder Pareto Set dar (siehe. Abb 1)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Tsebelis, George (2002)

Es ist der „ Einstimmigkeitskern “, also die Menge von Policies, bei deren Durchführung kein Veto eines der Vetospieler droht. Wird eine Policy exekutiert, bzw. wird versucht eine zu exekutieren, die außerhalb des core liegt, so ist anzunehmen, dass einer der Vetospieler ein Veto einlegt. Wenn bei dieser Abstimmung Einstimmigkeit benötigt wird, ist die Durchführung der Policy nicht möglich. Befindet sich der Status Quo innerhalb der Menge des core, kann er nicht verändert werden, wenn die Entscheidungsregel Einstimmigkeit benötigt.

Das winset stellt die Menge an Policies dar, welche in dem graphischen Modell innerhalb des core und der zirkulären Indifferenzkurven der jeweiligen Vetospieler liegt. D. h. innerhalb des winsets kann der Status Quo verändert werden. Alle Punkte im winset liegen dichter an den Idealpunkten der Vetospieler als der Status Quo. Es herrscht in diesen Punkten Policy-Instabilität.

Ein weiterer wichtiger Begriff für Tsebelis’ Theorie ist das agenda setting. Hierbei handelt es sich um ein aus der Massenkommunikations- und Medienwirkungsforschung stammendes Konzept, das die „Fähigkeit für die Auf- und Feststellung einer Tagesordnung“ beschreibt. „Auf die Prozesse demokratischer Willensbildung und politischer Entscheidungsfindung angewandt, bezeichnet agenda setting die Fähigkeit eines politischen Akteurs, die Inhalte oder den Ablauf politischer Tagesordnungen zu bestimmen.“[4] Denjenigen Akteur, der in einem politischen System das Vorschlagrecht inne hat, nennt man agenda setter. Er kann seine Fähigkeit nutzen um einen Vorschlag zu machen, der innerhalb des winsets möglichst nahe an seinem Idealpunkt liegt.

Politische Stabilität ist von mehreren Faktoren abhängig, z.B. von der Größe des core und des winsets. Ein kleines winset führt zu mehr Stabilität, ein kleiner core zu mehr Entscheidungsspielraum. Die Stabilität erhöht sich, je weiter die Idealpunkte der Vetospieler vom Status Quo entfernt liegen. Befindet sich der Status Quo innerhalb des core, ist die Stabiltät am Größten, da das winset leer ist (Abb.3, SQ2). Kein Vetospieler würde einer Veränderung des Status Quo zum eigenen Nachteil zustimmen. Ein großer core steht für eine große Menge an Punkten, die nicht verändert werden können. Ein sehr kleines winset lässt Veränderungen nur in marginalem Rahmen zu. Unterstützt wird dies, wenn sich der Idealpunkt eines Vetospielers sehr dicht am Status Quo befindet und der Radius seiner Kurve gering ist. Eine konservative Partei, die an der Beibehaltung der bestehenden Verhältnisse interessiert, stellt ein mögliches Beispiel dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Tsebelis, George (2002)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Tsebelis, George (2002)

Fügen wir nun zur Abbildung 2 einen weiteren Vetospieler (D) hinzu, erhalten

wir die Konstellation aus Abbildung 3. Zu erkennen ist nun, dass das winset

schrumpft. Dies ist deshalb der Fall, da Vetospieler D nun sein Veto gegen

einige Punkte einlegt, die von den Vetospielern A, B und C akzeptiert worden

wären. Kurz gesagt, je mehr Vetospieler, desto geringer die Chance, dass neue Policies durchgeführt werden.

[...]


[1] Andre Kaiser (2004): George Tsebelis, Veto Players, erscheint in: Steffen Kailitz (Hg), Schlüsselwerke der Politikwissenschaft, Wiesbaden. in Zukunft: Andre Kaiser (2004)

[2] George Tsebelis (1995a): Decision Making in Political Systems: Veto Players in Presidentialism, Parliamentarism, Multicameralism and Multipartyism, in British Journal of Political Science, Vol. 25: S. 289-325, S. 193.

[3] Andre Kaiser (2004).

[4] Nohlen, Dieter/Schultze, Rainer-Olaf (2002): Lexikon der Politikwissenschaft, Opladen.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Der Supreme Court in der Vetospielertheorie
Hochschule
Universität zu Köln  (Seminar für politische Wissenschaft)
Veranstaltung
Verfassungsgerichtsbarkeit in etablierten Demokratien
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
27
Katalognummer
V57846
ISBN (eBook)
9783638521734
ISBN (Buch)
9783638693837
Dateigröße
704 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Supreme, Court, Vetospielertheorie, Verfassungsgerichtsbarkeit, Demokratien
Arbeit zitieren
Felix Michel (Autor:in), 2005, Der Supreme Court in der Vetospielertheorie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57846

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