Thalamegos - Das Nilschiff als Propagandamedium des vierten Ptolemäers


Seminararbeit, 2005

18 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Rekonstruktion der Thalamegos

3. Der Tempel der Aphrodite
3.1 Herrscherinnenkult der Ptolemäer

4. Oikos des Dionysos
4.1 Herrscherkult der Ptolemäer

5. Wesen und propagandistischer Einsatz der Thalamegos

6. Fazit

1. Einleitung

Die Paläste hellenistischer Herrscher waren neben dem Zentrum staatlicher Macht auch ein Mittel architektonischer Propaganda. Besonders hervorzuheben ist der schwimmende Palast Ptolemaios’ IV Philopator, das Nilschiff „Thalamegos“.

Unter dem Gesichtspunkt des Palastes als Propagandamedium möchte ich die Frage nach der propagandistischen Botschaft der Thalamegos und der Art und Weise, wie diese zum Ausdruck gebracht wurde, behandeln.

Als Quelle zu dieser Problematik muss das Werk „Das Gelehrtenmahl“ des Athenaios von Naukratis herangezogen werden. Dieser überliefert die Beschreibung der Thalamegos nach Kallixeinos von Rhodos[1]. Kallixeinos von Rhodos schrieb, laut Forschungsmeinung, entweder zu einer Zeit, zu welcher die Thalamegos nicht mehr existierte und stützte sich auf seine Erinnerungen, oder berief sich auf fremde Berichte und schrieb diese nieder, da er die Thalamegos selbst nie gesehen hatte[2]. Die Überlieferung des Athenaios, die hier zur Anwendung kommt, ist demnach keine zeitgenössische Quelle, sondern entstand erst im Zeitraum des 2. bis 3. Jahrhunderts nach Christus. Die Unvollständigkeit des Berichtes trägt dazu bei, dass in der aktuellen Forschungsliteratur einige Punkte, die trotz Kallixeinos’ Beschreibung offen blieben, verschieden interpretiert und ausgelegt werden.

Zur aktuelleren Literatur zählen unter anderem die Ausarbeitungen von Günter Grimm[3] und Michael Pfrommer[4], die sich ausführlich mit dem Nilschiff auseinandersetzen.

Im folgenden werde ich mich mit der Thalamegos nach der Beschreibung des Kallixeinos und Überlieferung durch Athenaios und mit den Kulträumen der Nilbarke befassen, dem Tempel der Aphrodite und dem Oikos[5] des Dionysos. Um die propagandistische Wirkung hervorzuheben wird es weiterhin notwendig sein, auf den ptolemäischen Herrscher- und Herrscherinnenkult einzugehen, bevor die einleitende Fragestellung beantwortet werden kann.

2. Rekonstruktion der Thalamegos

Der Name Thalamegos ist gleichbedeutend mit dem Begriff „Gemächerträger“[6], welcher hier außerordentlich zutreffend ist. Rekonstruierten Bildern zufolge, hatte die Thalamegos das Aussehen eines Katamarans, auf dem sich ein Palast erhob[7]. Dieser Palast wird als Säulenumgebener Prachtbau mit dem Charakter eines Wohnhauses beschrieben[8].

Die Maße des Nilschiffes werden bei Athenaios in Stadien und Ellen angegeben, welche, nach Umrechnung, Länge * Breite * Höhe (inklusive Gemächeraufbau) 90m (~ ½ Stadion) * 13,89m (~ 30 Ellen) * 18,52m (~ 40 Ellen) ergeben[9].

Athenaios beschreibt die Thalamegos als reines Flussschiff mit geringem Tiefgang, dessen Vorder- und Hinterdeck weit nach oben ragten[10]. Die Thalamegos war weder Kriegs- noch Lastschiff, denn der Rumpf war mit allem, was für eine Reise notwendig ist, ausgestattet[11]. Der Aufbau der Barke war zu drei Seiten mit Gängen umgeben, deren Umfang etwa 154m betragen haben musste[12]. Der untere Umgang war ein Säulenumgang, ein so genanntes Peristyl, wohingegen der obere Säulenumgebene Umgang einem Kryptoportikus, also einem verborgenen Säulenumgang, mit Fenstern und Geländern glich[13].

Betritt man das Schiff von der Bugseite her, so erblickt man zuerst eine große Eingangspforte, die aus edelstem Holz und Elfenbein errichtet war. Diese Pforte wird mit dem Begriff Propylon[14] bezeichnet. Nach Durchschreiten dieser Eingangspforte folgte eine Art Bühnenwand[15], die man unter einem Dach hindurch in Richtung des folgenden Vorraumes passieren konnte. Diese Bühnenwand wird von Michael Pfrommer als Proskenion bezeichnet, einer Anlage, die man nur von Heiligtümern oder Theatern kennt. Diese Bühne musste der Gast emporsteigen um das darauf folgende 4-türigen Portal zu einem weiteren Vorraum zu erreichen[16]. Dieser folgende Vorraum wird als Lichthof[17] bezeichnet, der links und rechts Luken zur Luftzufuhr enthielt. An diesen Vorraum schloss sich nun der größte Raum des Schiffes an, nämlich der Speiseraum des Königs[18]. Dieser Raum hatte ringsherum 20 Türen, einen internen Säulenumgang und bot Platz für 20 Liegen[19]. Athenaios erwähnt die prachtvolle Ausstattung, denn die Türen waren beispielsweise aus Zedernholz und hatten Elfenbein-Verzierungen[20]. Ebenfalls waren sie mit Schmucknägeln besetzt und die Türklinken bestanden aus goldglänzendem Kupfer[21].

Die Säulen des Speiseraumes waren in korinthischem Stil, aus zedernhölzernen Schäften mit gold- und elfenbeingeschmückten Kapitellen[22]. Ebenso wird der über den Säulen verlaufende Fries genannt, der laut Athenaios qualitativ nicht sehr gut verarbeitet aber dafür aus wert- und prachtvollem Elfenbein gefertigt war[23].

Auf diesen Speiseraum folgte ein Schlafgemach mit Platz für 7 Klinen, in welches sich der König nach Symposien oder Gelagen mit Begleitung zurückziehen konnte. An dieses Schlafgemach schloss sich ein Quergang an, der die Männerwohnung (Andronitis) von der Frauenwohnung (Gynaikonitis) trennte[24].

In der Frauenwohnung befand sich ein weiterer Speiseraum, der zwar nur Platz für 9 Klinen bot, aber in der Ausstattung mit dem großen Speiseraum vergleichbar war[25]. Hier schloss sich ebenfalls ein Schlafgemach an, das Platz für 5 Liegen bot[26].

Im Untergeschoss entsprach also die Frauenwohnung der Männerwohnung in bezug auf Ausstattung, bezüglich der Größe aber war die Frauenwohnung kleiner.

Links und rechts des Schlafraumes der Königinnenwohnung stieg man Leitern[27] hinauf zum Obergeschoss des Schiffes.

[...]


[1] Athen. V 204d – 206c.

[2] Diese Forschungsmeinung ist zu finden bei Fritz Caspari, Das Nilschiff Ptolemaios IV, Jahrbuch des kaiserlich deutschen archäologischen Instituts 31 (1916), S. 1-74. Obwohl Caspari nicht mehr zur aktuellen Forschungsliteratur gehört, wurde diese These bis heute nicht widerlegt.

[3] Grimm, Günter, Alexandria. Die erste Königsstadt der hellenistischen Welt. Bilder aus der Nilmetropole von Alexander dem Großen bis Kleopatra VII., Mainz 1998 (Sonderheft der Antiken Welt, Zaberns Bildbände zur Archäologie).

[4] Pfrommer, Michael, Alexandria. Im Schatten der Pyramiden, Mainz 1999 (Sonderhefte der Antiken Welt, Zaberns Bildbände zur Archäologie).

[5] Der griechische Begriff „Oikos“ bedeutet Haus und im übertragenen Sinne auch Familie. Hier wird dieser Begriff als Bezeichnung des dionysischen Kultraumes verwendet.

[6] Siehe Athen. V 204d.

[7] Pfrommer, Alexandria im Schatten der Pyramiden, S. 93.

[8] Hesberg, Privatheit und Öffentlichkeit, S. 88.

[9] Kutbay, Large Palaces, S. 49. Die hier vorgenommene Umrechnung erscheint mir mit den von mir ermittelten attischen Faktoren (1 Elle = 46,3cm; 1 Stadion = 180m) am ehesten übereinzustimmen.

[10] Siehe Athen. V 204e.

[11] Siehe Athen. V 204e, f.

[12] Siehe Athen. V 204f. Hier wird der Umfang mit 5 Plethren angegeben. 1 Plethron wird mit 30,8m umgerechnet.

[13] Siehe Athen. V 205a. In der Forschung wird dem Säulenumgang des Obergeschosses eine Sockelzone oder Brüstung unter den Fenstern zugeschrieben. Pfrommer bezeichnet dies als eine makedonische Galerie, die in ähnlicher Form auch am Palast von Vergina zu finden ist.

[14] Pfrommer benutzt unter anderem diesen Begriff, der mit Toranlage übersetzt wird. Er bezeichnet ein schmückendes Eingangstor zu einem Heiligtum.

[15] Siehe Athen. V 205a.

[16] Siehe Athen. V 205a.

[17] Pfrommer, Alexandria im Schatten der Pyramiden, S. 101. Bei Athenaios V 205b ist dieser Vorraum nicht als Hof, geschweige denn Lichthof erwähnt. Durch die Beschreibung des exakt darüber liegenden freien Bereiches im Obergeschoss (206a) kann man davon ausgehen, dass dieser Vorraum ein Lichthof war, der nach oben geöffnet und ebenfalls Luftluken zur Seite hin hatte.

[18] Siehe Athen. V 205b.

[19] Ebd.

[20] Ebd.

[21] Ebd.

[22] Siehe Athen. V 205c.

[23] Ebd.

[24] Siehe Athen. V 205d.

[25] Ebd.

[26] Ebd.

[27] Pfrommer sieht hier anstelle der Leitern Wendeltreppen. Dieser Aussage stehe ich kritisch gegenüber, da auf Grund des geringen Platzangebotes auf der Thalamegos Leitern von platzökonomischem Vorteil waren.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Thalamegos - Das Nilschiff als Propagandamedium des vierten Ptolemäers
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen  (Geschichts- und Kulturwissenschaften)
Veranstaltung
Proseminar Alte Geschichte: Medien der Selbstdarstellung hellenistischer Herrscher
Note
1
Autor
Jahr
2005
Seiten
18
Katalognummer
V59518
ISBN (eBook)
9783638534338
ISBN (Buch)
9783656805533
Dateigröße
412 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Ausführliche Quellenanalyse ist ein wesentlicher Bestandteil dieser Arbeit.
Schlagworte
Thalamegos, Nilschiff, Propagandamedium, Ptolemäers, Proseminar, Alte, Geschichte, Medien, Selbstdarstellung, Herrscher
Arbeit zitieren
Ramona Aulbach (Autor:in), 2005, Thalamegos - Das Nilschiff als Propagandamedium des vierten Ptolemäers, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59518

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