Vor wenigen Jahren war der Begriff „Autismus“ den meisten Menschen noch weitgehend unbekannt. Heutzutage ist dieser Begriff zwar weitgehend verbreitet, was sicherlich u.a. auch dem Film „Rain Man“ zu verdanken ist, in dem eine Erscheinungsform des Autismus dargestellt wird. Trotzdem können sich viele Menschen keine konkreten Vorstellungen davon machen, was es bedeutet, autistisch zu sein. Denn nur wenn einem bewusst ist, warum Autisten in verschiedenen Situationen gerade so und nicht anders reagieren und man weiß, warum dies bei ihnen der Fall ist, im Gegensatz zu „normalen“ Kindern und Jugendlichen, ist man fähig, das angeeignete Wissen im Umgang mit Autisten zu berücksichtigen. Dadurch wird es einem ermöglicht, sein eigenes Verhalten speziell auf die Bedürfnisse der betroffenen Kinder und Jugendlichen auszurichten.
Daher versuche ich in der vorliegenden Arbeit, einen Einblick in den Autismus und seine Erscheinungsformen im Kindes- und Jugendalter zu geben und werde mich darüber hinaus mit der Autobiographie
"Bundschatten und Fledermäuse“ des Autisten Axel Brauns auseinandersetzen.
Inhaltsverzeichnis:
1. Vorwort
2. Autismus
2.1 Der frühkindliche Autismus (Kanner – Syndrom)
2.1.1 Symptomatik
2.1.2 Ursachen
2.1.3 Therapiemöglichkeiten
2.2 Die autistische Persönlichkeitsstörung (Asperger – Syndrom)
2.2.1 Symptomatik
2.2.2 Ursachen
2.2.3 Therapiemöglichkeiten
2.3 Bedeutende Unterschiede zwischen dem Kanner- Syndrom und dem Asperger – Syndrom
2.4 Behandlung und Therapieansätze autistischer Störungen
2.4.1 Frühförderung
2.4.2 Verhaltenstherapie
2.4.3 Körperbezogene Verfahren
2.4.4 Medikamentöse Therapie
2.4.5 Pädagogische Programme
3. Vorstellung der Autobiographie „Buntschatten und Fledermäuse“ von Axel Brauns
4. Fremdwahrnehmung und Selbstwahrnehmung im Vergleich
5. Schlussworte
6. Literaturverzeichnis
1. Vorwort
Vor wenigen Jahren war der Begriff „Autismus“ den meisten Menschen noch weitgehend unbekannt. Heutzutage ist dieser Begriff zwar weitgehend verbreitet, was sicherlich u.a. auch dem Film „Rain Man“ zu verdanken ist, in dem eine Erscheinungsform des Autismus dargestellt wird. Trotzdem können sich viele Menschen keine konkreten Vorstellungen davon machen, was es bedeutet, autistisch zu sein.
Ich möchte im folgenden versuchen, einen Einblick in den Autismus und seine Erscheinungs-
formen im Kindes- und Jugendalter zu geben und werde mich darüber hinaus mit der Auto-
biographie „Buntschatten und Fledermäuse“ des Autisten Axel Brauns auseinandersetzen.
2. Autismus
Das Wort „Autismus“ ist auf den bekannten Schweizer Psychiater Eugen Beuler (1857-1939) zurückzuführen, der 1911 die Begriffe „Autismus“ und „autistisch“ prägte und damit ein Grundsymptom der Schizophrenie beschrieb. Er leitete den Begriff vom griechischen Wort „autos“ = selbst ab. Demnach bedeutet das Wort Autismus = Selbstbezogenheit/„In-sich-zurückgezogen-sein“[1].
Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Symptome schon lange vorher bekannt waren, bevor der Begriff „Autismus“ überhaupt geprägt wurde.
Der Begriff „Autismus“ sollte jedoch mit einiger Vorsicht behandelt werden, da es im wesentlichen zwei Arten von Autismus gibt.
Unabhängig voneinander, veröffentlichten der deutsch – amerikanische Kinderpsychiater Leo Kanner (1896 – 1981), 1943 in Baltimore und der österreichische Pädiater Hans Asperger (1906 – 1980), 1944 in Wien, erste Berichte über diese Störung. Diese Berichte enthielten exakte Fallbeschreibungen, sowie erste theoretische Erklärungsversuche. Sowohl Kanner als auch Asperger nahmen an, dass eine tiefreichende Störung vorliege, die von Geburt an vorhanden sei und welche durch eine extreme Isolierung und Beziehungsstörung bzw. Einengung der Person zu charakterisieren sei. Hier ist die Parallele zu Beulers Grundsymptom bei der Schizophrenie zu erwähnen, nämlich die Einengung der Beziehungen zur Außenwelt und zu Menschen, welche derart extrem ist, dass sie alles auszuschließen scheint, außer dem Ich des Betroffenen.
Beide Varianten – Kanners frühkindlicher/infantiler Autismus und Aspergers autistische Psychopathie/Persönlichkeitsstörung - werden als etwas problematisch bezeichnet, da es sich in diesen Fällen nicht um einen aktiven Rückzug von der Außen- in die Innenwelt handelt, sondern um eine primäre Beeinträchtigung der sozialen Kontaktfähigkeit. Zudem lag, im Gegensatz zu Beulers Schizophrenie, die Störung scheinbar von Geburt an vor.
Kanner veröffentlichte 1943 den Aufsatz „Autistische Störungen des affektiven Kontakts“ mit anerkennendem Erfolg. Aspergers Artikel „Die ,autistischen Psychopathen’ im Kindesalter“, 1944 veröffentlicht, wurde dagegen fast völlig ignoriert. (Vgl. Remschmidt, 2002, S.9f)
Bevor ich zur detaillierten Darstellung der zwei Symptomgruppen komme, möchte ich zuerst einen allgemeinen Überblick über die autistische Störung geben.
Autistische Störungen sind gekennzeichnet durch tiefgreifende Beeinträchtigungen in der Entwicklung. Diese beginnen bereits im (Klein-) Kindesalter. In deren Zentrum steht eine schwere Beziehungs- oder Kommunikationsstörung. Des weiteren komme unzählige (Verhaltens-) Auffälligkeiten hinzu. Dazu einige Beispiele.
Das autistische Kind...
- verweigert Blickkontakt
- verweigert Körperkontakt
- verweigert Veränderungen
- spielt nicht oder kaum mit anderen Kindern
- spricht auffällig (Echolalie)
- zeigt stereotype Wiederholungen
- wirkt wie taub
- ist Schmerzunempfindlich
- zeigt Wünsche durch hinführen
- zeigt monotone Bewegungen
- spielt nicht kreativ
- hat keine Angst vor alltäglichen Gefahren
- lacht und kichert in unangemessenen Situationen
- ist auf spezielle Themen fixiert
- zeigt außergewöhnliche Begabungen in Teilbereichen
- zeigt fehlende Empathie
- zeigt eine verzögerte motorische Entwicklung
- zeigt geringe bzw. gute Intelligenz (vgl. www.autismus.de, 28.11.´03)
Dies sind die wichtigsten und am häufig auftretenden Symptome. Diese sind jedoch in ihrer Zusammensetzung und ihrem Grad der Ausprägung bei jedem Betroffenen unterschiedlich.
Bei einer autistischen Störung handelt es sich demnach um Störungen in der Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitung. Das heißt, die gewonnenen Eindrücke werden nicht schnell genug verarbeitet. Daher nimmt ein autistischer Mensch seine Umgebung meist als Chaos bzw. chaotisch wahr. Dies kann wiederum zu Veränderungsängsten, Panikzuständen, Sprachlosigkeit, den totalen Rückzug in sich selbst oder anderen Verhaltensauffälligkeiten führen.
Wenn man sich die intellektuelle Begabung autistischer Menschen betrachtet, so ist diese sehr unterschiedlich. Sie reicht von sehr guter Intelligenz bis zur geistigen Behinderung. Häufig zeigen diese Menschen auf speziellen Gebieten (Musik, Rechnen, räumliches Vorstellungsvermögen, etc.) Sonderbegabungen. Als eine besondere Eigenschaft ist zu erwähnen, dass bei Autisten die Erinnerung an die ersten Lebensjahre viel stärker erhalten bleibt, als bei anderen Kindern.
Ein autistisches Kind ist nicht fähig, seine Sprache sinnvoll einzusetzen oder Informationen aus der Umwelt aufzunehmen. Etwa die Hälfte dieser Kinder ist stumm. Die wenigen, die sprechen können, wiederholen jedoch meist nur mechanisch, was sie gehört haben. Des weiteren scheinen diese Kinder keine oder nur geringe Schmerzempfindungen zu haben. Zusammenfassend kann man diese Kinder bzw. Menschen in der Regel als mehrfach behindert einordnen.
Autismus ist relativ selten. Von 10000 Kindern erkranken etwa zwei bis vier, davon sind ca. drei bis vier Mal so viele Jungen wie Mädchen betroffen.
Im folgenden werde ich die zwei Formen des Autismus, Kanner - Syndrom und Asperger - Syndrom, vorstellen und genauer darauf eingehen.
2.1 Der frühkindliche Autismus (Kanner – Syndrom)
2.1.1 Symptomatik:
Es gibt zwei international gebräuchliche Klassifikationssysteme: International Classification of Diseases (ICD-10) der WHO und Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-IV).
Diese beschreiben die Kriterien, die einer Diagnose der Erkrankung zugrunde gelegt werden.
Tabelle 1: Diagnostische Leitlinien bzw. Kriterien für den frühkindlichen Autismus nach
ICD-10 und DSM-IV (gekürzt und sinngemäß)[2]
ICD-10
1. Qualitative Beeinträchtigungen wechselseitiger sozialer Aktionen (z.B. unangemessene Einschätzung sozialer und emotionaler Signale; geringer Gebrauch sozialer Signale)
2. Qualitative Beeinträchtigungen der Kommunikation (z.B. Fehlen eines sozialen Gebrauchs sprachlicher Fertigkeiten; Mangel an emotionaler Resonanz auf verbale und nonverbale Annäherungen durch andere Menschen; Veränderungen der Sprachmelodie)
3. Eingeschränkte Interessen und stereotype Verhaltensmuster (z.B. Starre und Routine hinsichtlich alltäglicher Beschäftigungen; Widerstand gegen Veränderungen)
4. Unspezifische Probleme wie Befürchtungen, Phobien, Schlaf- und Eßstörungen, Wutausbrüche, Aggressionen, Selbstverletzungen
5. Manifestation vor dem 3. Lebensjahr
DSM-IV
1. Qualitative Beeinträchtigung der sozialen Interaktion (z.B. bei nonverbalen Verhaltensweisen wie Blickkontakt etc.; Beziehungsaufnahme zu Gleichaltrigen; Ausdruck von Gefühlen
2. Qualitative Beeinträchtigung der Kommunikation (z.B. verzögerte oder ausbleibende Sprachentwicklung, stereotyper oder repetitiver Gebrauch der Sprache; Fehlen von entwicklungsgemäßen Rollen- und Imitationsspielen
3. Beschränkte repetitive und stereotype Veraltensweisen, Interessen und Aktivitäten
4. Beginn vor dem 3. Lebensjahr und Verzögerungen oder abnorme Funktionsfähigkeit
Bei Kindern die an frühkindlichen Autismus leiden sind besonders, unter Berücksichtigung der Klassifikationssysteme, drei Verhaltensweisen hervorzuheben:
1. extreme Abkapslung von der Umwelt (Kontaktstörung)
- Hier fehlt besonders die Kontaktaufnahme vom Säugling zur Mutter bzw. zu den Eltern: kein Blickkontakt, keine Reaktion auf das Lächeln der Eltern, kann Eltern nicht von anderen Personen unterscheiden, Hinwendung zur sachlichen Umwelt
2. Veränderungsangst
- Die Kinder geraten in Panik, wenn man Veränderungen in ihrer Umgebung vornimmt.
3. Sprachauffälligkeiten
- Diese Kinder weisen eine verzögerte Sprachentwicklung auf, erschaffen Wortneubildungen (Neologismen) und zeigen Echolalien und Auffälligkeiten der Stimme
(Vgl. Remschmidt, 2002, S.16ff)
2.1.2 Ursachen:
Nach Erkenntnissen der letzten Jahre sollen folgende Faktoren an der Entstehung von frühkindlichen Autismus beteiligt sein:
1. Erbeinflüsse
Die gewonnenen Ergebnisse stützen sich auf Familien- und Zwillingsstudien und seit neustem auf molekularbiologische Untersuchungen.
2. Hirnschädigungen und Hirnfunktionsstörungen
Die Nachweise für diese Ursache autistischer Störungen wurden durch verschiedene neurologische Veränderungen und Erkrankungen belegt.
3. Biochemische Besonderheiten
Die Befunde hierfür sind zum Teil noch unbestätigt. Es kann aber gesagt werden, dass der Dopaminstoffwechesel („Dopamin, ein Botenstoff, ist eine biochemische Vorstufe von Noradrenalin und Adrenalin“)[3] beim Kanner – Syndrom keine unwichtige Rolle spielt.
Natürlich gibt es noch einige Ursache mehr, doch ich habe mich bei meinen kurzen Ausführungen an die wesentlichen gehalten.
(Vgl. Remschmidt, 2002, S.25ff)
2.1.3 Therapiemöglichkeiten
Ich werde in Punkt 2.4 die wesentlichen Therapiemethoden für die Behandlung aller autistischen Störungen vorstellen und daher jetzt nicht näher auf diese Möglichkeiten eingehen.
2.2 Die autistische Persönlichkeitsstörung (Asperger - Syndrom)
Da der Protagonist der Autobiographie „Buntschatten und Fledermäuse“, Axel Brauns, unter der schwächeren Form des Autismus, dem Asperger – Syndrom, leidet, werde ich mich mit dieser Form intensiver befassen.
Es wurde herausgefunden, dass die Grundeigenschaften des Asperger – Syndroms denen des frühkindlichen Autismus entsprechen. Das Asperger – Syndrom wird in der Regel später diagnostiziert als der frühkindliche Autismus. Nach Aspergers Namensgebung, „autistische Psychopathie“, sollte man dieses Syndrom zu den Persönlichkeitsstörungen zählen. Die Klassifikationssysteme ICD-10 und DSM-IV ordnen diese Störung jedoch, genau wie den frühkindlichen Autismus, zu den „tiefgreifenden Entwicklungsstörungen“.
[...]
[1] Sievers, M.: Frühkindlicher Autismus, Sozialwissenschaftliches Forum, Böhlau Verlag GmbH Köln 1982, S.
10
[2] Remschmidt, H.: Autismus, Erscheinungsformen, Ursachen, Hilfen, Verlag C.H. Beck 2002, S. 17
[3] Remschmidt, H.: Autismus, Erscheinungsformen, Ursachen, Hilfen, Verlag C.H. Beck 2002, S. 30
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