Zur ertragsteuerlichen Behandlung des sogenannten Carried Interest


Seminararbeit, 2005

18 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Problemstellung

2. Grundsätzliches zum Carried Interest und Private Equity Fonds
2.1 Gestaltung und Ziele der Private Equity Fonds
2.2 Zum Wesen des Carried Interest

3 Steuerliche Behandlung von Carried Interest: Stellungnahme des BMF - alte Rechtslage

4. Diskussion der steuersystematischen Zuordnung von Carried Interest
4.1 Qualifikation der Einkünfte auf Gesellschaftsebene
4.1.1 Qualifizierung nach der Tätigkeit der Fonds KG
4.1.2 Umqualifizierung nach der Art der Tätigkeit des Sponsors: Beitrag vs. Leistung
4. 2 Qualifizierung der Einkünfte auf Gesellschafterebene

5. Aktuelle Rechtslage: Gesetz zur Förderung von Wagniskapital

6. Thesenförmige Zusammenfassung

7. Quellenverzeichnis
7.1 Literaturverzeichnis:
7.2 Rechtsprechungsverzeichnis

1. Problemstellung

Die steuerliche Behandlung von Private Equity Fonds und ihrer Gesellschafter ist in den letzten Jahren sehr umfangreich und kontrovers diskutiert worden. Zum einen löst die Abgrenzung der privaten Vermögensverwaltung vom Gewerbebe- trieb bei den als Personengesellschaften strukturierten Private Equity Fonds er- hebliche Probleme aus.1 Zum anderen ist die Besteuerung von erhöhtem Gewinn- anteil, dem sogenannten Carried Interest, der an eine besondere Gruppe der am Fonds Beteiligten gezahlt wird - strittig, denn unter bestimmten Voraussetzungen sind diese bei natürlichen Personen als Empfängern steuerfrei.2 Zur Klärung die- ser beiden Problemfelder erließ die Finanzverwaltung am 16. 12. 20033 eine ver- bindliche Anweisung, die weitgehende Steuerpflicht der Veräußerungsgewinne von Private Equity Fonds vorsah. Und somit zu einem hohen Maß der steuerli- chen Unsicherheit bei der Strukturierung von Private Equity Fonds führte. Der Gesetzgeber hat in dieser Situation durch das am 06.08.2004 in Kraft getretene Gesetz zur Förderung von Wagniskapital einen Kompromiss gefunden. Nach dem die Besteuerung von Carried Interest nach dem Halbeinkünfteverfahren erfolgt.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der steuerlichen Behandlung von überproportionalen Gewinnanteilen der Sponsoren von Private Equity Fonds. Zur Einführung wird auf die Grundsätze der Private - Equity - Finanzierung sowie auf die typische Gestaltung eines Private Equity Fonds eingegangen. Des weiteren wird - ausgehend vom BMF - Schreiben vom 16. Dezember 2003 - die steuersys- tematische Einordnung von Carried Interest diskutiert sowie ein kurzer Überblick der daraus resultierenden Konsequenzen der steuerlichen Belastung gegeben. Da- bei beschränken sich die Ausführungen grundsätzlich auf eine natürliche Person als Sponsor. Die wohl bedeutendste Frage, die dieser Arbeit zugrunde liegt, ist: Handelt es sich beim Carried Interest um eine Sondervergütung oder einen Vorabgewinn? Denn die Differenzierung zwischen diesen beiden Begriffen führt zu gewaltigen Unterschieden in der steuerlichen Belastung. Im Abschluss wird die aktuelle Rechtslage der Besteuerung des Carried Interest dargestellt.

2. Grundsätzliches zum Carried Interest und Private Equity Fonds

2.1 Gestaltung und Ziele der Private Equity Fonds

Private Equity4 ist eine Finanzierungsform, bei der nicht börsennotierten Unter- nehmen in entscheidenden Phasen ihrer Entwicklung5 mittelfristig Eigenkapital gestellt wird.6 Charakteristisch dafür ist die Tatsache, dass neben der reinen Fi- nanzierungsfunktion auch ein aktiver Beitrag durch die Managementunterstützung zur Entwicklung des Portfoliounternehmens geleistet wird.7 Die Kapitalanleger schließen sich in einem Private Equity Fond zusammen, der als Intermediär zwi- schen Investoren und freies Kapital suchenden Unternehmen auftritt. Der Fond erwirbt mit dem eingesammelten Eigenkapital Beteiligungen an den Zielunter- nehmen (Portfoliounternehmen), in denen Wertsteigerungspotenzial gesehen wird. Die Beteiligungen werden in der Regel drei bis fünf Jahre gehalten und nach Er- reichen des gewünschten Ziels gewinnbringend veräußert oder an der Börse plat ziert.8 Die Erlöse aus Beteiligungen werden nicht reinvestiert, sondern an die An- leger ausgeschüttet. Nach Veräußerung aller Beteiligungen wird der Fond aufge- löst.9 Die Maximierung von Veräußerungsgewinnen ist somit das Hauptziel der Investitionstätigkeit des Fonds.10

Die Private Equity Fonds sind typischerweise als vermögensverwaltende Personengesellschaften in Form der GmbH & Co. KGs strukturiert. Die Kommanditisten der Fonds - KGs sind private oder institutionelle Investoren, die mit ca. 99 % n der Private Equity Fonds GmbH & Co. KGs beteiligt sind und somit den Großteil des Kapitals zur Verfügung stellen. Der unbeschränkt haftende Gesellschafter der Fondsgesellschaft ist eine Komplementär - GmbH, die weder am Kapital und Gewinn beteiligt noch zur Geschäftsführung befugt ist. Für die Verwaltung und Geschäftsführung des Fonds ist eine Management - GmbH zuständig, die als Kommanditistin an der Fonds - KG beteiligt ist.11 I

2.2 Zum Wesen des Carried Interest

Hierbei handelt es sich um ein zusätzliches Anreizmodel, auf dessen Basis dem Management eine zusätzliche Gewinnbeteiligung eingeräumt wird. Üblicherweise wird es wie folgt gestaltet: Während der Ergebnisverteilung erhalten die Anleger zunächst ihre Einlagen, in der Regel zuzüglich einer der Höhe nach zu bestim- menden Mindestverzinsung (sog. hurdle rate) zurück. Danach wird der geschäfts- führungsbefugte Kommanditist bzw. die Managementgesellschaft mit einem fes- ten Pauschalanteil berücksichtigt und schließlich (oder auch gleich nach dem Ü- berschreiten der hurdle rate) werden an den verbleibenden Ergebnissen die Anle- ger mit meist 80% und der geschäftsführende Kommanditist bzw. die Manage- mentgesellschaft mit 20% beteiligt.12 Initiatoren und Gründungsgesellschafter des Private Equity Fonds sind die so genannten Sponsoren. Dabei handelt es sich um eine Gesellschaft oder auch um eine Einzelpersonen. Die Initiatoren prüfen das Zielunternehmen auf sein Wachstumspotenzial und treffen ihre Entscheidung über die Investition. Sie engagieren sich, indem sie ihren Namen, ihre Reputation sowie ihre Verbindungen einbringen. Die Initiatoren sind lediglich mit 1 % als Kommanditisten am Fondskapital beteiligt, erhalten jedoch bei Veräußerungen nachrangig 20 % des Gewinns, was wohl der schwierigste Punkt bei der Besteue- rung ist. Dieser kapitaldisproportionale Anteil wird als „Carried Interest“ oder „Carry“ bezeichnet und als Entgelt dafür verstanden, dass die Initiatoren sich in den Fonds einbringen mit den Besonderheiten, die sie am Markt auszeichnen.

3 Steuerliche Behandlung von Carried Interest: Stellungnahme des BMF - alte Rechtslage

Nach der Auffassung der Finanzverwaltung können Carried Interest als Einnah- men i. S. des § 17 bzw. 23 EStG nur dann gewertet werden, soweit der Gewinnan- teil dem Kapitalanteil des Sponsors entspricht. Dies wird dadurch begründet, dass nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO die Anteile, die die Fonds KG an den Portfoliounter- nehmen hält, den Gesellschafter entsprechend ihrer Beteiligung an der Gesamt- hand zugerechnet werden. Demzufolge kann der Kapitalbeteiligung des Sponsors übersteigende Gewinnanteil nicht als Veräußerungsgewinn qualifiziert werden. Somit ist Carried Interest als Vergütung für erbrachte Managementdienstleistung anzusehen, die stets zu betrieblichen Einkünften entweder aus selbständiger Ar- beit oder aus Gewerbebetrieb gehört und in voller Höhe zu versteuern ist.13

4. Diskussion der steuersystematischen Zuordnung von Carried Interest

4.1 Qualifikation der Einkünfte auf Gesellschaftsebene

4.1.1 Qualifizierung nach der Tätigkeit der Fonds KG

Für die steuerliche Zuordnung der Carried Interest ist in erster Linie die Qualifika- tion der Tätigkeit des Fonds entscheidend. Denn trotz der fehlenden Steuersub- jekteigenschaft gilt die Personengesellschaft jedoch als Subjekt der Gewinnerzie- lung und Einkünftequalifizierung.14 Die Art und Höhe der Einkünfte werden auf der Ebene der Gesellschaft einheitlich und gesondert festgestellt und erst danach den Gesellschaftern gemäß der Gewinnverteilungsabrede zugerechnet und von ihnen versteuert.15 Dies gilt unabhängig davon, ob die Gesellschaft Überschuß- oder Gewinneinkünfte erzielt.16 Somit erzielen die Gesellschafter grundsätzlich Einkünfte derselben Einkunftsart wie die Personengesellschaft: Weist die Gesell- schaft vermögensverwaltende Einkünfte aus, so gilt dies für alle Gesellschafter - unabhängig von der Art der Gewinnverteilung.17 Im Falle der Fondsgesellschaft sind dies überwiegend die Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften i. S. des § 17 EStG. Von dem oben erläuterten Grundsatz der identischen Einkünftequalifikati- on gibt es jedoch zwei Ausnahmen. Erstens könnte die Beteiligung an der Fonds KG in einem gewerblichen Betriebsvermögen gehalten werden, nämlich wenn der Sponsor eine Kapitalgesellschaft oder ein Einzelunternehmen ist. In diesem Fall handelt es sich bei der Fonds KG um eine Zebragesellschaft.18 Folglich sind die anteiligen Einkünfte des gewerblichen Gesellschafters als gewerbliche Einkünfte nach § 15 EStG zu qualifizieren.19 Zweitens erfolgt die Umqualifizierung der Ein- künfte, wenn die Tätigkeit des Sponsors nicht als Gesellschafterbeitrag, sondern als Dienstleistung zu werten ist.20 Demnach geht es nicht um die Gewährung ei- nes Vorabgewinns, sondern um eine Sondervergütung. Diese Abgrenzung ist be- sonderes für die steuerliche Behandlung der vermögensverwaltenden Personenge- sellschaften von großer Bedeutung, weil für sie § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 EStG keine Anwendung findet.21

[...]


1 Vgl. zur Abgrenzung des gewerblichen Papierhandels ausführlich etwa Bärenz/ Veith (Das BMFSchreiben, 2004), S. 251-256; Blumers/ Witt (Gewerblichkeit durch Beteiligung, 2002), S. 60- 65; Kulosa (Abgrenzung zwischen Vermögensverwaltung und Gewerbebetrieb, 2001), S. 162 201; Lorenz (Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform, 2001), S. 822; Stoschek/ Protzen (Gewinne aus Private Equity Fonds, 2001), S. 816.

2 Im Rahmen dieser Arbeit wird davon ausgegangen, dass sowohl die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG als auch § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfüllt sind.

3 Vgl. BMF - Schreiben vom 16.12.2003 IV A 6 - S 2240 - 153/3, BStBl. I 2004, S. 40-43.

4 In der Literatur werden synonym Begriffe „Wagniskapital“, „Risikokapital“, „Beteiligungskapital“ sowie „Venture Capital“ verwendet. Vgl. dazu etwa Leopold (Venture Capital, 1999), S. 470-471.

5 Bspw.: Finanzierung junger und mittelständischer Unternehmen bis zur Erreichung der Börsenreife sowie Konzernabspaltungen, Sanierungen, Innovationsförderungen. Vgl. ausführlich dazu etwa Kussmaul/ Lutz (Betriebswirtschaftliche Aspekte von VCG, 2000), S. 1155-1158; Schefczyk (Finanzieren mit VC, 2000), S. 17-18.

6 Vgl. Weitnauer (Rahmenbedingungen und Gestaltung, 2001), S. 258.

7 Vgl. ausführlich dazu Schefczyk (Erfolgsstrategien deutscher VCG, 2000), S. 15-19; Kussmaul/ Lutz (Betriebswirtschaftliche Aspekte von VCG, 2000), S. 1155-1156, Majunke (Venture Capital - Markt, 2005), S. 145-151.

8 Vgl. BMF - Schreiben vom 16.12.2003 IV A 6 - S 2240 - 153/3, Tz. 1, 4.

9 Vgl. Stoschek/ Protzen (Gewinne aus Private Equity Fonds, 2001), S. 816.

10 Vgl. Fischer (Besteuerung unternehmerischer Tätigkeit, 2002), S.604-605.

11 Vgl. weiterführend Weitnauer (Rahmenbedingungen un Gestaltung, 2001), S. 267-269; auch Herzig (Besteuerung von Private Equity Fonds, 2001), S. 102-103; Kußmaul/ Richter (Betri wirtschaftliche Aspekte von VCG, 2000), S, 1198-1200.

12 Vgl. Wetnauer (Handbuch VC, 2001), Tz. 46., auch Pöllath/ Rodin, S. 501.

13 Vgl. BMF - Schreiben vom 16. 12. 2003 IV A 6 - S 2240 - 153/3, Tz. 24-25.

14 Vgl. Schmidt EStG § 15 Rz 160.

15 Vgl. ausführlich dazu etwa Niehus/ Wilke (Die Besteuerung der Personengesellschaften, 2002), S. 24-27.

16 Vgl. BMF - Schreiben vom 29.04.1994, IV B 2 - S 2241 - 9/ 94, BStBl. I 1994, S. 282, Tz. 2.

17 Vgl. Wartin/ Gocksch (Problembereiche der Besteuerung, 2002), S. 344.

18 Zur Zebragesellschaft ausführlich etwa Zimmermann/ Hottmann (Die Personengesellschaft, 2003), S. 737-742.

19 Vgl. Tulloch/ Wellisch (Die Bedeutung von Gewinnverteilungsabreden, 1999), S. 1094.

20 Vgl. Herzig/ Gocksch (Die steuerliche Behandlung von Übergewinnanteilen, 2002), S.602-603.

21 Vgl. weiterführend dazu Niehus (Zur Nichtanwendbarkeit von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, 2002), S. 977-985.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Zur ertragsteuerlichen Behandlung des sogenannten Carried Interest
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Veranstaltung
'Ausgewählte Probleme der Besteuerung der Gesellschaften'
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
18
Katalognummer
V61167
ISBN (eBook)
9783638546805
Dateigröße
380 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Behandlung, Carried, Interest, Probleme, Besteuerung, Gesellschaften“
Arbeit zitieren
Elena Wasiljewa (Autor:in), 2005, Zur ertragsteuerlichen Behandlung des sogenannten Carried Interest, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61167

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