C. Iulius Caesar - Zerstörer oder letzte Chance der Republik


Examensarbeit, 2006

70 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. cursus honorum suo anno
2.1. Caesar – ein zweiter Marius
2.2. Der politische Aufstieg
2.3. Als Aedil ein Tyrann

3. 63 v. Chr. – ein schicksalhaftes Jahr XVIII
3.1. Pontifex Maximus
3.2. Die Coniuratio Catilinae

4. 59 v. Chr. – eine Entscheidung gegen die Republik?

5. Das Proconsulat

6. „Iacta alea est“ – ein schier unlösbarer Konflikt XXXVIII

7. Hochmut kommt vor dem Fall
7.1. Primus inter Pares?
7.2. Peinlich Prätentiös – zu den Ehrbeschlüssen
7.3. Die Verschwörung
7.4. Die Iden des März 44 v. Chr. – ein Exkurs

8. Abschließende Betrachtung

9. Bibliographie

1. Einleitung

Selten hat eine Persönlichkeit der Antike die Nachwelt derart in ihren Bann gezogen, wie dies bei dem römischen Feldherrn und Politiker Gaius Julius Caesar der Fall ist. Noch heute versuchen Wissenschaftler wie Laien in die Psyche des Mannes einzudringen, der im ersten vorchristlichen Jahrhundert die Geschicke des römischen Staates lenkte. Dabei steht oftmals die Frage im Mittelpunkt, ob er nun eine Monarchie errichten und damit den Untergang der bewährten Republik besiegeln wollte, oder eben nicht. In der Forschung haben sich im Verlauf der Jahrzehnte hierzu zwei grundlegende Tendenzen manifestiert: Während vornehmlich ältere Wissenschaftler, wie etwa Eduard Meyer, der festen Überzeugung sind, der Plan Caesars sei es gewesen, schlussendlich die res publica durch eine Tyrannis zu ersetzen, scheint die neuere Forschung indes geprägt durch die Auffassung, Caesar habe sich mit der von ihm errichteten dictatura perpetua zufrieden gegeben, nicht zuletzt weil er damit die Befugnisse einer „de-facto-Monarchie[1]“ innehatte, ohne sich der anrüchigen dominatio verdächtig zu machen[2]. Da dieser äußerst kurze Abriss der Caesarforschung gewiss nicht der Vielfalt der historischen Analysen gerecht werden kann, aber auch nicht soll, wurde bei der Bearbeitung des Themas, dem Tribut zollend, nur auf eine Auswahl der relevanten Schriften zurückgegriffen. Hierbei stehen einerseits besonders die Arbeiten Hermann Strasburgers, wie auch die Caesarbiographie seines Mentors Matthias Gelzer, und andererseits nicht minder die Darstellungen Martin Jehnes, Kurt Raaflaubs, sowie Hinnerk Bruhns’, Luciano Canforas und Astrid Kraazs im Vordergrund der Aufbereitung. Nichtsdestotrotz ist die Arbeit primär von der Motivation getragen, anhand zeitgenössischer Quellen, wie Plutarch, Sueton, Cicero und Caesar selbst, die Motive des römischen Feldherrn zu ergründen. Die Frage inwiefern anhand der Quellen ein ‚Plan’, also das zielbewusste Streben nach einer Monarchie nachvollziehbar wird, soll schließlich im Fokus der vorliegenden Staatsexamensarbeit liegen. Angesichts dessen scheint es angebracht, das Thema exemplarisch anhand der Biographie Caesars aufzubereiten. So werden an dieser Stelle die einzelnen Theorien zu Krise und Untergang der römischen Republik, wie sie etwa von Karl Christ zusammengefasst wurden, bestenfalls gestreift. Darüber hinaus liegt es nicht im Ansinnen dieser Arbeit, die unzähligen Feldzüge im Detail darzustellen, da die militärischen Abläufe wohl kaum der Beantwortung dieser machtpolitischen Fragestellung zuträglich sind, sondern vielmehr am Kern der Sache vorbeiführen. Indes erscheint es angebracht, an gegebener Stelle den Blick auf die Caesar umgebenden Personen zu richten, um auch deren Agitation hinsichtlich des oft beschworenen Planes zur Errichtung einer Monarchie zu prüfen. In diesem Zusammenhang sollen nicht nur herausragende Zeitgenossen Caesars, wie etwa (Marcus Porcius) Cato (Uticensis) oder (Marcus Tullius) Cicero, sondern ebenso Caesars Veteranen und Anhänger, aber auch seine Gegner peripher Beachtung finden. Inwiefern sie zur Meinungsbildung und politischen Orientierung des späteren Dictators beigetragen haben, scheint angesichts der ausgewählten Problematik interessant.

Trotz der Fülle an Informationen, die es in diesem Zusammenhang auszuwerten gilt, besteht doch aber die größte Herausforderung darin, sich von dem vermeintlich ex eventu Bekannten zu lösen, um Caesar nicht, wie wohl seine Mörder, nach dem zu richten, was er werden konnte und ihrer Meinung nach wollte, sondern ihn im Kontext seiner Zeit als das einzuordnen, was er tatsächlich war[3]. Auf der Suche nach einer Spur ‚historischer Wahrheit’ bzw. Realität gilt es außerdem nicht unwesentlich, die Übersetzung der antiken Autoren durch Wissenschaftler der Moderne quellenkritisch zu betrachten; erscheint es doch mitunter äußerst fragwürdig, wenn z.B. die lateinische Vorlage „imperium“ einmal mit „Alleinherrschaft“, „Diktatur“, ein anderes Mal ‚nur’ mit dem Wort „Imperium“ weitergegeben wird. Derartige Streifzüge erwecken beim unbedarften Lesen schnell den Eindruck, das Ende beliebig vorwegnehmen zu können. Obgleich daraus gewiss nicht geschlossen werden kann, einige Erkenntnisse der Wissenschaft rührten von einer teilweise zweifelhaften Übersetzung.

Nicht minder wird aber das Bild, welches von Gaius Julius Caesar in die heutige Welt überkommen ist, schon durch eine von den antiken Geschichtsschreibern vorgenommene Auswahl an Informationen, wie auch den weiteren Umgang mit diesen geprägt. Während also Plutarch an vielerlei Stellen Entschuldigungen und sonstige Erklärungsversuche in unmittelbarem Anschluss an die vermeintliche Missetat bei dem jüngeren Cato bereithält, so lässt er diesen Moment der Relativierung oder Objektivierung bei Caesars Biographie in empfindlichem Maße vermissen[4]. Dies wird zweifelsohne schon im Hinblick auf seine persönlichen Motive ‚Geschichte zu (be-)schreiben’, wie er sie zu Beginn seiner Alexandervita formuliert[5], erklärt, mahnt aber so ein weiteres Mal zur besonderen Sorgfalt, welche Grundlage einer erfolgreichen Bearbeitung des für diese Schrift gewählten Gegenstandes ist.

2. cursus honorum suo anno

In Anbetracht der eingangs formulierten Fragestellung mag es verwunderlich anmuten, die Bearbeitung des Themas mit „Caesars Eintritt in die Geschichte[6]“ einzuleiten. Gleichwohl kann bereits an dieser Stelle vorweggenommen werden, dass das folgende Kapitel nicht der Entlarvung des Planes zur Weltherrschaft dient, als vielmehr den Versuch darstellt, Caesar in seinen jungen Jahren den monarchischen Schrecken zu nehmen, der aufgrund seines Todes als Bürde auf ihm lastet. So gilt es zu fragen, wann und auf welcher Grundlage Caesar von seinen Zeitgenossen wahrgenommen wurde[7]:

2.1. Caesar - ein zweiter Marius

In diesem Zusammenhang fällt es augenblicklich auf, dass wir über Caesars Kindheit und Teile seiner Jugend nichts, bzw. sehr wenig wissen. Sowohl Plutarch, als auch Sueton halten sich mehr als bedeckt über die ersten Jahre des künftigen Imperators[8]. Erst als dieser 82 v. Chr. dem Dictator Sulla gegenübertritt und dessen Forderungen trotzt[9], setzen detaillierte Schilderungen in den überkommenen Biographien ein. Wer war dieser junge Römer, der im Alter von 18 Jahren den Mut bewies, einem Despoten die Stirn zu bieten, welcher seinerseits in der Stadt Todeslisten verhasster Gegner aushängen ließ und Meuchelmörder mit 12000 Denaren Kopfgeld entlohnte[10] ? Woher nahm Caesar seinen Mut, bzw. Leichtsinn? Weshalb interessierte sich der Tyrann Sulla[11] überhaupt für den Sprössling? Behält man einerseits den lang gehegten Plan im Hinterkopf, den Caesar seit frühester Jugend an verfolgt haben soll, und zieht man des weiteren ins Kalkül, dass es seinerzeit Gang und Gebe war, die eigenen Ansprüche mit der dignitas u. a. vergangener Familienmitglieder zu begründen, wird die nähere Betrachtung von Caesars Ursprüngen umso interessanter. Vermögen die Quellen hier also einen ersten Hinweis auf die Herrschsucht des Juliers zu geben?

Vermutlich nicht, wo doch Glanz wie Schatten das Bild Caesars’ Familie prägten. In einer späteren Leichenrede auf seine Tante Julia, die er den Quellen zufolge während seiner Quaestur abhielt, rief Caesar den Anwesenden wie folgt ins Gedächtnis, dass die gens iulia ein alt angesehenes Patriziergeschlecht sei: „Amitae meae Iuliae maternum genus ab regibus ortum, paternum cum diis inmortalibus coniunctum est. nam ab Anco Marcio sunt Marcii Reges, quo nomine fuit mater; a Venere Iulii, cuius gentis familia est nostra.[12]“ Mütterlicherseits gingen Caesar demzufolge sagenhafte altrömische Könige voraus; väterlicherseits war er gar mit der Göttin Venus verwandt. Es wäre also gutes Recht gewesen, wollte es ein Nachfahre Aeneas’ mit dem Dictator Sulla aufnehmen. Derlei imposante Ahnenreihen zu entwerfen, ob sie nun für jedermann nachvollziehbar waren oder nicht, trug zweifelsfrei zur Selbstdarstellung eines aufstrebenden Römers bei. Dennoch konnten sie im Falle Caesars schwerlich über die unmittelbare, politische Realität seiner Familie hinwegtäuschen[13]. Sein Vater selbst bekleidete nur den Rang eines Praetors[14]. Wenn er aber so ein ‚kleines Licht’ gewesen sein sollte, wäre es sicher nicht nachzuvollziehen, weshalb sich der Dictator seiner annahm. Das Interesse hat Caesar, wie eben angeführt, also nicht durch die auctoritas oder dignitas seiner direkten, leiblichen Vorfahren geweckt als vielmehr durch die Verwandtschaft zweiten Grades mit seinem berühmten Onkel Gaius Marius, welcher Sieger über die Kimbern und Teutonen, mehrfacher Consul wie auch erbitterter Gegner Sullas war. Darüber hinaus trug die Ehe mit Cornelia, Tochter des ehemaligen Consuls Cinna, seines Zeichens ebenso Erzfeind des damaligen Dictators, nicht minder dazu bei[15].

Einen interessanten Hinweis bieten diesbezüglich die Ausführungen Sallusts zur Verschwörung des Catilina. Demzufolge wird der Consular Publius Cornelius Lentulus Sura seiner Mittäterschaft an den Umsturzplänen Catilinas u. a. durch Briefe und Reden überführt, in denen er behauptet: „ex libris Sibyllinis regnum Romae tribus Corneliis portendi; Cinnam atque Sullam antea, se tertium esse, quoi fatum foret urbis potiri[16]

Sicher können wir behaupten, dass Sulla derlei Weissagungen in den Sibyllinischen Büchern ebenso bekannt waren. Wenn er demzufolge nach Cinna der zweite Cornelier war, der Rom regierte, so schließt sich unweigerlich die Frage an, wer ihn ablösen würde. Der junge Caesar verband seinerseits durch geschickte Heiratspolitik seiner Familie das Geschlecht der Julier, der Marier und eben der Cornelier in seiner Person. Unter dieser Prämisse wäre es umso verständlicher, dass Sulla ihn zur Auflösung seiner Ehe mit Cornelia zwingen wollte. Hierauf Bezug nehmend, scheint Luciano Canfora aber über das eigentliche Ziel hinauszuschießen, wenn er behauptet Sulla wollte „ihn endgültig ausschalten und töten lassen“[17]. Zweifelsfrei können wir den Aussagen Suetons wie auch Plutarchs entnehmen, dass Caesar aufgrund seiner vehementen Weigerung, die Ehe zu lösen, seines Amtes als flamen dialis enthoben, seiner Mitgift durch Cornelia u. ä. beraubt wurde[18], aber nicht eindeutig, dass Sulla ihm nach dem Leben trachtete. In seiner Cato-Vita berichtet Plutarch nämlich davon, „wie man Köpfe einiger […] angesehener Männer [aus Sullas Haus] hinaustrug[19]“. Demnach wäre Sulla sicher Caesars habhaft geworden, hätte er ihn unbedingt beseitigen wollen. Auch dass der junge Julier sich auf die Flucht begab und sich auf dieser bei den Häschern des Dictators freikaufen musste, steht nicht im Widerspruch dazu, hatten sich die Proskriptionen doch schnell verselbständigt und bereits Getötete wurden auf die öffentlichen Listen getragen, um den Mord an ihnen nachträglich zu legitimieren[20]. Trotzdem scheint es allzu spekulativ, wollte man Sulla unterstellen, er habe Caesar für sich gewinnen wollen, wie dies von Hermann Strasburger vorgetragen wird[21]. Der Ausspruch „in Caesar stecke mehr als ein Marius[22]“, der uns sowohl von Plutarch wie auch Sueton vermittelt wird[23], steht vermeintlich im offenen Widerspruch zur letztendlichen Begnadigung des Juliers, soll aber eindeutig das Dilemma, in dem sich Sulla gesehen haben muss, offenbaren. Er wusste durchaus von dem Potential dieses jungen Patriziers, hatte aber gewiss schon andere ebenso ambitionierte Römer vor ihm scheitern sehen. Der cursus honorum war im damaligen Rom eine kostspielige Angelegenheit, an der sich viele Existenzen zugrunde richteten. Nach einer Scheidung wäre Caesar nur die Verwandtschaft zu Marius als Trumpf geblieben, den er jedoch erst nach Sulla eventuell hätte ausspielen können.

Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass Caesar durch eigene Abstammung und geschickte Heiratspolitik die Aufmerksamkeit einiger politischer Kreise auf sich zog, wohl aber auch, dass er trotzdem zu unbedeutend war, als dass man ihn seinerzeit als ernsthafte Bedrohung hätte wahrnehmen müssen. Letzteres beruht vermeintlich auf der mangelnden auctoritas, die ihm durch seine direkte Verwandtschaft anheim fiel. Um diese Schwäche wettzumachen, blieb ihm im Alter von 18 Jahren gewiss noch genug Raum und Zeit. Dass er durchaus willens war, sich auf dem politischen Parkett durchzusetzen, bewies sein Mut, mit dem er Sulla zu Beginn der 80er Jahre trotze. Ihn aber schon damals als zweiten Marius zu betrachten, verdanken wir wohl eher der postumen Ausschmückung der Historie, denn tagespolitischer Wahrheit.

2.2. Der politische Aufstieg

Dass Caesar zum damaligen Zeitpunkt keineswegs sein Heil abseits der Wege, die ihm durch Vätersitte in der res publica vorgegeben wurden, suchte, beweist nicht minder sein cursus honorum suo anno. Nachdem er sich u. a. während seines Militärdienstes unter Marcus Minucius Thermus erste Ehren[24] erworben hatte, kehrte er 78 v. Chr. auf die Nachricht von Sullas Tod unversehens nach Rom zurück[25]. Denn während die Provinzen nur Ruhm und Ehre für ihn bereithielten, bot sich dort indes die Möglichkeit, Politik zu betreiben[26]. Dennoch gab er den Schmeicheleien des amtierenden Consuls Marcus Aemilius Lepidus, sich an dessen Umtrieben zu beteiligen, nicht nach[27]. Weiteren Ausführungen Suetons kann diesbezüglich aber kein Glauben geschenkt werden. Die Behauptungen, Caesar wäre „simul spe novae dissensionis[28]“ nach Rom zurückgekehrt und habe nur aufgrund mangelnden Vertrauens in Lepidus, wie auch die Zeitumstände diesem abgesagt, verdanken wir wohl eher der Feder Suetons, die Caesar als seit jeher nach der Monarchie strebenden Tyrannen zu entlarven sucht, denn historischer Wahrheit[29].

Stattdessen erwarb der junge Patrizier durch seine Tätigkeit als Ankläger erstes Aufsehen und die Gunst der Stadtbevölkerung[30]. Dass er die Prozesse gegen Gnaeus Cornelius Dolabella und später Gaius Antonius verlor[31], tat dem keinen Abbruch. Dass Caesar es aber ausgerechnet mit zwei Sullanern aufzunehmen gedachte, verdeutlicht seine fortwährende Abneigung gegen den verstorbenen Interrex. Die Behauptung er habe sich u. a. aus Angst vor den Konsequenzen seiner Anklage nach Rhodos begeben, wie sie etwa Sueton wiedergibt[32], vermag nur wenig zu überzeugen. Hätte tatsächlich aufgrund seiner Tätigkeit als Ankläger der Sullaner Gefahr für Leib und Leben Caesars bestanden, wäre wohl kaum sein Vetter Gaius Aurelius Cotta seinerseits als Verteidiger des Dolabella aufgetreten[33]. So stand wohl eher die Schulung seiner Redekünste im Vordergrund der Entscheidung, sich 75 v. Chr. Apollonius Molon anzuvertrauen[34]. Auf dem Weg dorthin geriet Caesar bei Pharmakussa in die Gefangenschaft der Seeräuber, aus der er erst durch eine Zahlung von 50 Talenten, einer Summe, die das Kopfgeld der sullanischen Meuchelmörder um ein hundertfaches überstieg[35], freikam.

Im Hinblick auf die eingangs formulierte Fragestellung nach seinen monarchischen Ambitionen, gilt es das Augenmerk kurz auf folgenden Sachverhalt zu legen: Denn Caesar war nach seiner Freilassung alsbald damit beschäftigt, den Seeräubern nachzueilen, ihrer habhaft zu werden und sie schließlich der gerechten Strafe für ihr frevelhaftes Vorgehen zuzuführen. In Missachtung seiner Befugnisse hielt er aber, ungeachtet der Zuständigkeit des Propraetors der Provinz Asia, Marcus Iuncus, Gericht und ließ die Piraten schließlich töten[36]. Dass er damit kaum für Aufsehen gesorgt hat, mag an vielerlei Ursachen gelegen haben. Gewiss wäre der Begründung Matthias Gelzers beizupflichten, welcher Caesar diesen Spielraum einer prinzipiellen Schwäche der damaligen Provinzialverwaltung zuschreibt, der auch sein Vorgehen gegen Mithridates nach eigenem Ermessen zu verdanken wäre[37]. Andererseits lohnt es sich zu betonen, dass Caesar mit seinem eigenmächtigen Vorstoß, ohne diesen gutheißen zu wollen, im Interesse der res publica, handelte. Denn die Seeräuber stellten damals durchaus eine ernsthafte Bedrohung dar, weshalb 67 v. Chr. schließlich Gnaeus Pompeius Magnus durch die lex Gabinia der Oberbefehl im Krieg gegen sie übertragen wurde.

Während sich Caesar demnach 73 v. Chr. im Osten des Reiches aufhielt, wurde er in absentia in das Kollegium der pontifices kooptiert[38]. Dieses Recht fiel ihm anheim, da sein Vetter Gaius Aurelius Cotta verstorben war und anstelle dessen ein Verwandter die Nachfolge anzutreten hatte. Im Gegensatz zum Amt des flamen dialis, welches durch vielseitige Verbote gekennzeichnet ist, wie sie etwa Matthias Gelzer anführt[39], galt das Amt des Pontifex jedoch als beachtenswerte Stufe auf der politischen Karriereleiter eines Römers[40].

2.3. Aedil ein Tyrann?

Es entsprach also, wie bereits erwähnt, Caesars Eifer den cursus honorum suo anno zu absolvieren. Demnach bewarb er sich 73 v. Chr. gemeinsam mit Gaius Popilius in Rom um eine der 24 jährlich neu zu besetzenden Stellen als Militärtribun[41]. Obgleich diesbezüglich über seine eigentliche Tätigkeit wenig bekannt ist, so vermitteln die Überlieferungen dennoch den Eindruck, Caesar habe sich wiederum der Beseitigung etwaiger Hinterlassenschaften der Regentschaft Sullas gewidmet[42]. Seine Wahl zum Militärtribun des Jahres 72 v. Chr. kann darüber hinaus als Bestätigung dafür aufgefasst werden, dass Caesar es bisher geschickt verstand, sich der römischen Stadtbevölkerung zu empfehlen, die von nun an seinen weiteren Werdegang nicht unwesentlich bestimmen sollte. Doch um politisch Karriere in Rom zu machen, wie sie Caesar im Sinn lag, galt es mehr als nur die plebs urbana für sich zu gewinnen. Im Hinblick darauf sind auch die Einladungen, Tafeln und sonstige Umschweife Caesars seinerzeit zu verstehen, von denen Plutarch und Sueton zu berichten wissen[43]. Noch bevor er das erste Amt bekleidete, war der Julier demnach mit 1300 Talenten (entspricht ca. 8 Mio. Denaren) verschuldet. Die einzige Möglichkeit, sich von dieser Last zu befreien, die er in seinem Buhlen um eine Klientel bereits angehäuft hatte, blieb nur eine Statthalterschaft in einer der Provinzen. Davon aber war er zum damaligen Zeitpunkt noch weit entfernt.

Zunächst musste er sich 69 v. Chr. im Alter von 31 Jahren mit der Quaestur, der untersten Stufe des cursus honorum, zufrieden geben. Hierbei war er dem Praetor von Hispania Ulterior, Gaius Antistius Vetus, zugeteilt und hatte u. a. dessen Gerichtsbarkeit wahrzunehmen[44]. Als kurz nach seinem Amtsantritt seine Tante Julia verstarb, nutzte er diese Gelegenheit wiederum, sich in den Fokus des stadtrömischen Interesses zu rücken. Eine Leichenrede auf die verstorbene Tante zu halten und dabei auf seine glanzvolle Ahnenreihe aufmerksam zu machen, war in Rom gewiss nichts Ungewöhnliches[45], wohl aber die Kühnheit in diesem Zusammenhang die Wachsmasken des Marius in aller Öffentlichkeit zu präsentieren, nicht zuletzt weil dies seit Sulla verboten war. Caesar bekannte sich damit unweigerlich zu einer popularen Gesinnung, weshalb er sich zwar u. a. bei der plebs urbana größter Beliebtheit erfreute, von Seiten der Optimaten jedoch skeptische Blicke erntete[46]. Als schließlich auch noch im selben Jahr seine Frau Cornelia starb, wiederholte sich dieses Schauspiel in ähnlicher Weise. Da die Quellen aber keine Auskunft darüber geben, obgleich sie wohl an passender Stelle die Gelegenheit kaum vertan hätten, können wir sicher davon ausgehen, dass Caesar es dieses Mal nicht wagte, auch die Masken seines Schwiegervaters Cinna durch die Stadt zu führen. Dieser Frevel wäre wahrscheinlich zuviel des Guten geworden, weshalb er Rom auch alsbald verließ, um seine oben angedeuteten Pflichten als Quaestor wahrzunehmen. Während sich die Quellen diesbezüglich sehr bedeckt halten, was für eine Amtsführung in gewohnter Weise spricht, ergeben sich hinsichtlich seiner Rückkehr einige interessante Widersprüche: Im Gegensatz zu Plutarch, bei dem wir dazu erst viel später Ähnliches erfahren[47], schildert Sueton einige denkwürdige Anekdoten bereits zu diesem frühen Zeitpunkt der politischen Laufbahn Caesars. Seinen Ausführungen zufolge, hätte Caesar im Angesicht einer Statue Alexander des Großen, Ekel empfunden ob seiner eigenen Unfähigkeit die Welt in so jungen Jahren zu beherrschen. Darüber hinaus soll ihn ein Traum, in dem er seine eigene Mutter stellvertretend des gesamten Erdkreises schändete, zu dem Entschluss gebracht haben, seine sofortige Entlassung als Quaestor zu fordern, um alsbald nach Rom zurückkehren zu können und der Dinge zu harren, die da noch kommen mögen[48]. Wie konnte Caesar zu diesem Zeitpunkt schon an die Weltherrschaft gedacht haben? Vermutlich liefert Hermann Strasburger hierfür die denkbarste Erklärung: „Möchte jener [Plutarch] Caesars Größe und Erfolg möglichst früh beginnen lassen, so dieser [Quelle Sueton] seine Verwegenheit und Herrschsucht.[49]“ Caesars Traum von der Weltherrschaft in dessen Quaestur zu datieren, wäre nicht nur tollkühn sondern verkennt in vollem Umfang die politische Realität seiner Zeit. Dass er also um seine vorzeitige Entlassung gebeten habe, scheint in diesem Zusammenhang ebenso unglaubwürdig, hätte doch Plutarch sicher davon berichtet, um den Charakter und die Ausdauer des Quaestors in Frage stellen zu können. Nicht minder diskutabel bleibt die Anekdote, Caesar habe während seiner Rückkehr versucht, mit den Transpadanern, deren Bürgerrecht umstritten war[50], anzubändeln, um schließlich gegen Rom zu ziehen[51]. Strasburger zufolge entspringen die Ausführungen Suetons erneut einer Fälschung[52], die höchstwahrscheinlich zurückzuführen ist auf die im Grunde feindselige Stimmung des antiken Geschichtsschreibers dem künftigen Imperator gegenüber[53].

Ungeachtet dessen heiratete Caesar nach seiner Rückkehr 67 v. Chr. in zweiter Ehe Pompeia, Tochter des Quintus Pompeius[54]. Eine Ehe mit ihr musste jedoch aufgrund ihrer Verwandtschaft zum früheren Dictator Lucius Cornelius Sulla, dessen Enkelin sie war, reichlich faden Beigeschmack beim Betrachter erwecken. Im Hinblick darauf erweist sich die Frage nach Caesars Zielen und seinen Feindbildern als mitnichten berechtigt. Sollte wieder seine Liebe zu einer Frau über seine politische Haltung entscheiden? Haben ihn seine immensen Schulden zu diesem Schritt gezwungen, der einer teilweise ideellen Aufgabe gleichkäme? Hat dementsprechend ihre reichhaltige Mitgift diesen ‚Verrat’ begünstigt? Wohl kaum, denn die Tatsache, dass die Ehe zu Pompeia nur angesichts des späteren Bona-Dea-Skandals bei den antiken Autoren ausführlichere Beachtung findet[55], unterstreicht die Annahme, dass sich an Caesars mitunter popularer, in jedem Fall aber Sulla gegenüber ablehnender Gesinnung nichts wesentlich geändert hatte. Gleichwohl dürfte der finanzielle Segen, der ihm durch die Eheschließung mit der Enkelin Sullas zuteil wurde, angesichts seiner horrenden Schulden nicht zu vernachlässigen sein. Eine politische Karriere in Rom, an deren Anfang sich Caesar erst befand, war, wie bereits erwähnt, sehr kostenintensiv – Grund genug, dass schon vor ihm viele nicht minder ambitionierte Patrizier daran zugrunde gingen. Denn, wie oben erwähnt, bot erst die Übernahme einer Provinzstatthalterschaft in jener Zeit die Möglichkeit eines finanziellen Ausgleiches der angehäuften Schulden. Die stand ihm als Quaestor allerdings noch lange nicht in Aussicht.

Dass die Quaestur im cursus honorum durchaus nicht zu vernachlässigen ist, zeigt ein Blick auf die beiden grundlegenden Faktoren, derer ein aufstrebender Politiker in jenen Tagen bedurfte, um sich in Rom politisch dauerhaft zu etablieren: einerseits die Mitgliedschaft im Senat und andererseits eine ausgeprägte Klientel, die die Wahlen für ihren Günstling entschied. Das Patronagegeflecht war seinerzeit gewiss eine der entscheidenden Grundfeste der römischen Republik und Caesar hatte dies zweifelsohne verinnerlicht. Mit seiner Unterstützung der beiden Gesetzesinitiativen lex Gabinia 67 v. Chr. und lex Manilia im folgenden Jahr, wollte er die Aufmerksamkeit des Gnaeus Pompeius Magnus wecken. Dass ihm dies gelang, beweist nicht zuletzt seine Wahl zum Curator der Via Appia[56], einem stadtrömischen Amt, aufgrund dessen er sich wieder beim populus Romanus in Erinnerung rufen konnte, um so weitere Stimmen für künftige Wahlkämpfe zu gewinnen. Dass Caesar es verstand, sich im rechten Moment ins Bild zu setzen, zeigt nicht minder die erfolgreiche Kandidatur um die curulische Aedilität für das Jahr 65 v. Chr. – dem ersten Amt in Caesars politischem Aufstieg, dem durch vielerlei Vorwürfe in den antiken Quellen, obgleich diese nicht immer gerechtfertigt sind, ein gewisser Makel anhaften bleibt.

Sueton etwa behauptet Caesars Amtsantritt wäre durch den Vorwurf an der ersten Catilinarischen Verschwörung beteiligt gewesen zu sein, überschattet[57]. Plutarch hingegen weiß von etwaigen Anschuldigungen damals nichts zu berichten. Dass man Sueton diesbezüglich wenig Glauben schenken kann, beweisen u. a. seine vermeintlichen Zeugen bzw. Belege. Durchweg führt er Quellen an, die ihrerseits durch einen caesarfeindlichen Grundtenor bestechen[58]. Ausgerechnet der Brief Ciceros an Axius, welcher vermutlich selbst die letzten Skeptiker von Suetons unbefangener Recherche überzeugen sollte, ist im Gegensatz zu zahllosen anderen Briefen des Marcus Tullius Cicero nicht in die heutige Zeit überkommen. Die Annahme dieser Brief habe nie existiert, liegt also nahe[59]. Wenn Cicero diesen tatsächlich abgefasst haben sollte, so verwundert doch, dass er von Caesar bis zum Jahr 60 v. Chr. keine Notiz nimmt[60] und weitere Anspielungen in seiner späteren Korrespondenz, etwa mit Atticus, ausbleiben. Ebenso bliebe Cicero einen Vermerk dazu in seiner Oratio Quarta schuldig, obwohl an dieser Stelle die beste Gelegenheit bestanden hätte, mit Caesar abzurechnen, als sich dieser in jener denkwürdigen Senatssitzung am 5.12.63 v. Chr. aufschwang, den altehrwürdigen Herren in der Frage der Verurteilung der Gefangenen der zweiten coniuratio Catilinae vehement zu widersprechen[61]. Ein Blick in die Vita des jüngeren Cato unterstreicht derlei Gedankengänge[62], Caesar habe wohl kaum vor bzw. während seiner Aedilität daran gedacht, gemeinsam mit Catilina und den seinen die res publica zu Fall zu bringen. Ähnlich verhält es sich mit den Beschuldigungen Suetons, Caesar hätte sich mit Piso[63] verschworen und außerdem während er noch Aedil war, die Statthalterschaft in Ägypten im Sinn gehabt und wäre nur am Widerstand der Optimaten gescheitert[64].

Schwerer wiegen indes die Vorwürfe hinsichtlich einer maßlosen Amtsführung. Obgleich es zu den Aufgaben eines curulischen Aedils gehörte, neben der Aufsicht über Straßen und Tempel usw., Festspiele zu veranstalten, hinterließ Caesar gerade in Bezug auf Letztere allseits bleibenden Eindruck[65]. Nicht nur, dass er sich seinen Amtskollegen Marcus Calpurnius Bibulus, den Strasburger liebevoll als dessen „siamesischen Zwilling“ bezeichnet[66], fortan zum erbitterten Gegner erkor, indem er, der teils gemeinsamen Finanzierung zum Trotz, allein die Lorbeeren für die außergewöhnlichen circensis beim populus Romanus einstrich[67]. Ferner schürte er das Misstrauen des Senats durch die ungewohnte Anzahl bewaffneter Gladiatoren innerhalb der Stadtmauern, die ihm Untertan war[68]. Nicht minder eindrucksvoll war gewiss seine (Toll-)Kühnheit, die Siegeszeichen des Marius von Neuem aufzurichten, nachdem diese bereits unter Sulla niedergerissen worden waren, wie es bei den antiken Autoren Erwähnung findet[69]. Einerseits gewann er dadurch gewiss die Sympathien der verbliebenen Marianer, die an ein neuerliches Erstarken ihrer ‚Partei’ dachten, nachdem sie lange an den Folgen der Proskriptionen gelitten hatten[70]. Andererseits begab es sich, dass Quintus Lutatius Catulus den Versuch unternahm, Caesar wegen seines frevelhaften Opportunismus vor dem Senat zu belangen[71]. Dass Letzterer sich durchzusetzen vermochte, wenngleich wir nichts Genaueres dazu erfahren, spricht sowohl für seine rhetorischen Fertigkeiten, als auch die Tatsache, dass die Sullaner im Senat längst nicht mehr die unumstrittene Macht innehatten, wie dies zu Ende der 80er Jahre der Fall gewesen sein mag. Allein mit einem nicht beachtenswerten Caesar wäre der gescheiterte Versuch des Catulus, den Aedilen für das Aufrichten der Mariusstatuen zu bestrafen, nicht zu erklären gewesen[72].

Dass Cicero dazumal die Ursprünge des vermeintlichen Planes Caesars, sich der Alleinherrschaft zu bemächtigen, schon während dessen Aedilität erkannt haben will, wird nicht nur angesichts seines mangelnden Interesses in den Folgejahren für den aufstrebenden Römer unglaubwürdig, sondern stellt abgesehen davon kein Novum in der Palette der Vorwürfe einem eifrigen Popularen gegenüber dar, wie es Strasburger nachvollziehbar schildert[73]. So erübrigt sich auch scheinbar die Frage, ob er (Cicero) denn überhaupt Grund für derlei Vermutungen hätte haben können. Denn wie oben bereits ausführlicher dargestellt, entsprechen die Behauptungen Suetons nicht den damaligen Begebenheiten. Gewiss hat Caesar während seiner Aedilität ein ums andere Mal die Gelegenheit beim Schopfe gepackt, sich für die Öffentlichkeit ins rechte Licht zu stellen. Mit fruges und circensis ging er nicht zuletzt bei der plebs urbana, von deren Wohlwollen seine Karriere nicht unbeträchtlich abhing, auf Stimmenfang und riskierte doch gleichzeitig Kopf und Kragen, indem er die Statuen seines Onkels neu aufstellen ließ. Der Vorwurf, hinter all seinem Streben liege das Ziel, die Alleinherrschaft zu erlangen, entsprang demzufolge wohl eher aus der Befürchtung, einem derart willensstarken, einsatzbereiten Patrizier nicht mehr beikommen zu können, würde dieser nach der kurulischen Aedilität sich durch eine Praetur finanziell saturieren können, als den damaligen Zeitumständen. Autoren wie Plutarch und Sueton, die die Geschehnisse rückblickend mit kaiserzeitlichem Abstand beurteilen, verfallen hierbei vermutlich zusehends ihrer ex posteriori gewonnenen Kenntnisse über Caesars Ende.

3. 63 v. Chr. – ein schicksalhaftes Jahr

63 v. Chr. war in vielerlei Hinsicht ein Schicksalsjahr für den römischen Staat: nicht nur, dass mit Gaius Octavius der spätere Augustus, Begründer des römischen Kaiserreiches, geboren wurde[74]. Außerdem drohte die Debatte um das gerechte Strafmaß für die Mitverschwörer Catilinas zu einer Zerreißprobe sondergleichen für Senat und damit einhergehend der res publica zu werden. Letzteres war nicht zuletzt dem beherzten Einspruch Caesars und dessen ebenso beharrlichem Widerpart Cato zuzuschreiben. Um die Ereignisse und deren Bedeutsamkeit für die Frage nach dem Plan Caesars zur Errichtung der Monarchie prüfen zu können, erweist es sich als hilfreich, diese zunächst chronologisch einzuführen:

3.1. Pontifex Maximus

Durch den Tod Quintus Caecilius Metellus Pius’[75] war das Amt des Pontifex Maximus 63 v. Chr. vakant geworden[76]. Neben Gaius Julius Caesar bewarben sich auch die Consulare Quintus Lutatius Catulus und Publius Servilius Vatia um diese Ehre[77]. Dass es Caesar gelang, sich gegen die beiden, welche ihm vermeintlich an Renommee weit überlegen waren, durchzusetzen, lief wider aller zuvor gehegten Erwartungen[78]. Mit Sicherheit ist anzunehmen, dass insbesondere die Höhe der Bestechungsgelder, die während des kurzen Wahlkampfes verteilt wurden, über Sieg und Niederlage entschieden. Jedoch Caesar allein ein derartiges Betreiben ungeheuerlichen Ausmaßes zu unterstellen, wie dies von Sueton abermals suggeriert wird[79], verkennt den Fakt, dass der gesamte Wahlapparat Roms seiner Zeit von Korruption regelrecht zerfressen war[80]. Die Annahme, Caesar wäre diesbezüglich ein Sonderfall, trügt, wie die Anmerkungen Plutarchs zur Wahl des Pontifex Maximus beweisen. Im Gegensatz zu Sueton schildert er nämlich ausführlich die Versuche des Mitbewerbers Catulus, Caesar durch Geldgeschenke zur freiwilligen Aufgabe seiner Bewerbung zu bewegen[81]. Dieser trotzt jedoch dem Ansinnen seines Konkurrenten[82] und schürt damit zunehmend den Hass des Consulars. Den Ausführungen Dios Glauben schenkend, welcher Strasburger zufolge[83] anführt, dass auf Antrag des caesarfreundlichen Volkstribunen Titus Labienus die Priesterwahlen 63 v. Chr. der plebs urbana übertragen worden wären, untermauert die Skepsis mit der Caesars Gegner dessen Beharrlichkeit und erst recht seinen Erfolg gesehen haben werden. Mit welch’ hohem Einsatz Caesar aber in diesem Wahlkampf allgemein pokerte, verdeutlichen gewiss auch die Abschiedsworte an seine Mutter am Tag der Entscheidung, die uns von Sueton und Plutarch in gleicher Weise überliefert werden: „Mutter, heute siehst du deinen Sohn entweder als Pontifex oder als Verbannten wieder![84]“ „Als Unterlegener hätte er [Caesar] seiner Schulden wegen außer Landes gehen müssen, als Beamter dagegen war er immun und als Pontifex Maximus dazu noch sakrosankt.[85]

[...]


[1] zitiert nach: Kraft, Konrad. Der goldene Kranz Caesars und der Kampf um die Entlarvung des „Tyrannen“2, Darmstadt 1969 S. 48

[2] vgl. hierzu: Kraaz, Astrid. Vergöttlichungstendenzen am Ende der römischen Republik am Beispiel Caesars und Oktavians, Berlin 1993 S. 7

[3] vgl. Kraft Kranz S. 72

[4] vgl. Tschiedel, Hans Joachim. Caesars „Anticato“: Eine Untersuchung der Testimonien und Fragmente, Darmstadt 1981 [Impulse der Forschung 37] S. 30ff. mit Belegen; ähnlich: Fehrle, Rudolf. Cato Uticensis, Darmstadt 1983 [Impulse der Forschung 43] S. 15

[5] vgl. Plut. Alex. 1

[6] zitiert nach: Strasburger, Hermann. Caesars Eintritt in die Geschichte, Darmstadt 1966 [Unveränderter Nachdruck] Titel

[7] s. ebd. S. 4

[8] s. ebd. S. 78f.

[9] vgl. Suet. Caes. 1,1; Plut. Caes. 1

[10] vgl. App. B.C. I, 95f.; Plut. Cato min. 17

[11] s. ebd. App. B.C. I, 98

[12] vgl. Suet. Caes. 6, 1

[13] anders: Sall. Ep. II 13, 2

[14] vgl. Jehne, Martin. Caesar, München 1997 S. 8f.

[15] s. ebd. S. 8 - 15

[16] zitiert nach: Sall. Cat. 47; vgl. App. B.C. II 4, 15; Plut. Cic. 269

[17] zitiert nach: Canfora, Luciano. Caesar. Der demokratische Diktator. Eine Biographie, übers. von R. Seuß, München 2004, S. 19

[18] vgl. Suet. Caes. 1, 2; Plut. Caes. 1

[19] zitiert nach: Plut. Cato min. 3

[20] vgl. Jehne Caesar S. 15; Strasburger Eintritt S. 80f. Dass Caesar ohne Wissen des Diktators auf die Todesliste geriet, wäre nicht zuletzt aufgrund der Anzahl der Proskribierten durchaus denkbar.

[21] s. ebd. S. 80; ähnlich Gelzer, Matthias. Caesar. Der Politiker und Staatsmann 6, Wiesbaden 1983, S. 18

[22] vgl. Suet. Caes. 1, 3

[23] s. ebd.; Plut. Caes. 1

[24] Plutarch erwähnt den Kriegsdienst nicht explizit, obwohl auch er zu berichten weiß, Caesar habe sich beim bythinischen König Nikomedes IV. aufgehalten; anders Suet. Caes. 2: „corona civica“, ein Eichenkranz, beschrieben durch Gelzer Caesar. S. 20 A. 25 und Kraft Kranz S. 25f.; ebd. 28ff.

[25] vgl. Suet. Caes. 3: „meruit et sub Servilio Isaurico in Cilicia, sed brevi tempore. nam Sullae morte comperta […] Romam propere redit. “ ; Plut. 4 erwähnt die Rückkehr Caesars eher beiläufig, wobei er schon zuvor die Ereignisse in verkehrter Reihenfolge wiedergibt; Strasburger Eintritt S. 77f. führt das auf unterschiedliche Quellen zurück

[26] vgl. Gelzer Caesar S.1; ähnlich: Jehne Caesar S. 18

[27] s. ebd. S. 20; Suet. Caes. 3; Plutarch schenkt dem wiederum keine Beachtung

[28] vgl. Suet. Caes. 3

[29] Derlei Behauptungen, wie sie von Sueton formuliert wurden, erhalten zwar in Anbetracht der damaligen Unruhen Bestätigung, sind trotzdem eher in diffamierender Absicht eingeflossen; wie Strasburger Eintritt S. 90

[30] vgl. Plut. Caes. 4

[31] s. ebd.; Suet. Caes. 4, 1

[32] vgl. Suet. Caes. 4, 1; ähnlich: Strasburger, Hermann. Caesar im Urteil seiner Zeitgenossen 2, Darmstadt 1968 S. 17

[33] vgl. Gelzer Caesar S. 20 A. 30

[34] s. ebd. S. 21; Suet. Caes. 4, 1f.; Plut. Caes. 1f.

[35] s. ebd.; Suet. Caes. 4, 2; Plut. Caes. 2

[36] s. ebd. ; Suet. Caes. 74, 1

[37] vgl. Gelzer Caesar S. 22; anders: Jehne Caesar S. 19f.

[38] vgl. Strasburger Eintritt S. 84

[39] vgl. Gelzer Caesar S. 19

[40] vgl. Jehne Caesar S. 20

[41] vgl. Plut. Caes. 5; Suet. Caes. 5; Gelzer Caesar S. 25

[42] s. ebd.; Plutarch hingegen macht keine weiteren Angaben und geht indes unmittelbar zur Quästur über

[43] vgl. Plut. Caes. 4 – wenngleich er die Ereignisse fehldeutet, was seinem postumen Urteil und dem Wunsch durch „ein[en] unbedeutende[n] Vorfall, ein[en] Ausspruch“ (Zitat: Alex. 1) u. ä. den Charakter Caesars zu offenbaren; Suet. 46ff.; Gelzer Caesar S. 26f.

[44] vgl. Suet. Caes. 7, 1; Plut. Caes. 5

[45] vgl. Suet Caes. 6,1; Plut. Caes. 5

[46] vgl. Plut. Caes. 5

[47] vgl. Plut. Caes. 11 datiert den Vorfall mit der Statue Alexanders in die Praetur Caesars, den Traum sogar erst in das Krisenjahr 49 v. Chr., kurz bevor Caesar den Bürgerkrieg eröffnet

[48] vgl. Suet. Caes. 7, 1f.

[49] zitiert nach: Strasburger Eintritt S. 96

[50] Erinnert sei an dieser Stelle an den Bundesgenossenkrieg bzw. die lex Pompeia

[51] vgl. Suet. Caes. 8

[52] vgl. Strasburger Eintritt S. 97

[53] s. ebd. S. 75f.

[54] vgl. Suet. Caes. 6, 2; Plut. Caes. 5; Strasburger Eintritt S. 135

[55] vgl. Suet. Caes. 6, 2; Plut. Caes. 10

[56] anders Strasburger Eintritt S. 33, 63f.

[57] Vgl. Suet. Caes. 9, 1

[58] vgl. Strasburger Eintritt S. 107f.

[59] anders Strasburger Eintritt S. 108

[60] s. ebd. S. 4, 47ff.

[61] Die Beweiskraft Sallusts’ De Coniuratione Catilinae sei diesbezüglich dahingestellt, war er u. a. doch seinem ‚Mentor’ Caesar äußerst wohlwollend gesinnt. vgl. Sallust. Die Verschwörung des Catilina, Übersetzt u. herausgegeben v. Karl Büchner, Stuttgart 2004 S. 113ff.; ähnlich bei Strasburger Eintritt S. 25f.

[62] vgl. Strasburger Eintritt S. 65

[63] vgl. Suet. Caes. 9, 3: „ cum Gnaeo Pisone adulescente“; nicht zu verwechseln mit Caesars späterem Schwiegervater Lucius Calpurnius Piso Caesonius

[64] s. ebd. 11; 13; vgl. Strasburger Eintritt S. 97; anders: Jehne Caesar S. 26

[65] vgl. Jehne Caesar S. 25f.

[66] Zitiert nach: Strasburger Eintritt S. 38 aufgrund zeitgleicher Besetzung der Ämter

[67] vgl. Suet. Caes. 10, 1f.; Plut. Caes. 5; Jehne Caesar S. 26

[68] s. ebd. Suet. Caes. 10,2; Plut. Caes. 5

[69] s. ebd. Suet. Caes. 11; Plut. Caes. 6

[70] s. ebd. Plut. Caes. 6

[71] s. ebd. Plut. Caes. 6; jener Catulus bewirbt sich später gemeinsam mit Publius Servilius Vatia um das oberste Pontifikat, unterliegt aber wiederholt Caesar

[72] ähnlich: Strasburger Eintritt S. 61f.; 71

[73] s. ebd. S. 4; 47ff.; 60; 128f.

[74] vgl. Plut. Cic. 44

[75] Man geht wohl recht in der Annahme, Metellus Pius wäre, um diese Kategorisierung erneut anzuwenden, ein Sullaner gewesen, hatte er schließlich Letzterem seine Stelle als Oberpriester zu verdanken. Bezeichnender Weise war sein Adoptivsohn (Quintus Caecilius) Metellus (Pius Cornelianus) Scipio Nasica Schwiegervater des Pompeius und starb als Kommandant der republikanischen Truppen nach der Schlacht bei Thapsos durch eigene Hand vgl. Hinnerk Bruhns. Caesar und die römische Oberschicht in den Jahren 49-44 v. Chr.: Untersuchungen zur Herrschaftsetablierung im Bürgerkrieg, Göttingen 1978 [Hypomnemata, 53 S. 38f.

[76] vgl. Plut. Caes. 7

[77] s. ebd.; ähnlich Suet. Caes. 13

[78] s. ebd.; ähnlich Strasburger Eintritt S. 138

[79] vgl. Suet. Caes. 13

[80] Sall. Ep. II 7, 3ff. ; I 7, 2f.; ebd. 8, 3; Sall. Cat. 5; ebd. 10; App. B.C. II 19, 69; vgl. Canfora Caesar S. 45f.; Jehne Caesar S. 27ff.

[81] vgl. Plut. Caes. 7

[82] s. ebd.

[83] vgl. Strasburger Eintritt S. 15 (Tabelle)

[84] zitiert nach: Plut. Caes. 7; vgl. Suet. Caes. 13

[85] zitiert nach: Plut. Caes. 7 (A. 12); ähnlich: Jehne Caesar S. 29

Ende der Leseprobe aus 70 Seiten

Details

Titel
C. Iulius Caesar - Zerstörer oder letzte Chance der Republik
Hochschule
Universität Potsdam  (Historisches Institut)
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
70
Katalognummer
V62226
ISBN (eBook)
9783638555050
ISBN (Buch)
9783638709897
Dateigröße
1069 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die vorliegende Arbeit widmet sich der Aufgabe, aus der Biographie Caesars dessen Beseutung um die untergehende, späte römische Republik herauszuarbeiten. War Caesar "Reformist", war er Tyrann oder gar den Göttern gleichgestellt? Anhand Zahlreicher antiker Quellen, sowie weiterführende Sekundärliteratur wird er Versuch unternommen, einer Beantwortung der vorangestllten Frage zu entsprechen und gegebenenfalls bislang vernachlässigte Denkansätze zu verfolgen.
Schlagworte
Iulius, Caesar, Zerstörer, Chance, Republik
Arbeit zitieren
Andrea Glados (Autor:in), 2006, C. Iulius Caesar - Zerstörer oder letzte Chance der Republik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62226

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: C. Iulius Caesar - Zerstörer oder letzte Chance der Republik



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden