Leni Riefenstahl und die Macht der Bilder


Seminararbeit, 2000

22 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

Was macht Propaganda zu Propaganda?

Wirklichkeit und Maniplulation im Film

Die Macht der Bilder

Abschließende Betrachtung

Literatur

Einleitung

Ray Müller eröffnet seine Dokumentation über Leni Riefenstahl mit der Frage, ob ein Film über sie „die Demontage eine Mythos oder die Revision eines Vorurteils“ sei. Die vorliegende Arbeit versucht vor dem Hintergrund von „Die Macht der Bilder“ dieser Frage weiter nachzugehen. Dabei geht es vor allem darum, entlang dieser Frage dem Phänomen „Propaganda“ näher zu kommen, das seit „Triumph des Willens“ und „Olympia“ mit dem Namen Leni Riefenstahl in breiten Teilen der öffentlichen Meinung beinahe ebenso eng verknüpft ist, wie mit Joseph Goebbels.

Bei der Betrachtung des Werks von Leni Riefenstahl, ihrer Biographie und der kontroversen Diskussion um beides sieht man sich schnell mit Problemen konfrontiert, die in grundsätzliche Fragestellungen etwa über Strukturen menschlicher Kommunikation, der Wirklichkeit, der filmischen Wirklichkeit und der damit möglichen Macht hineinführen.

Die Vehemenz mit der Leni Riefenstahl sich immer wieder davon abgrenzt, sie habe Propaganda betrieben, auf der einen Seite, und die oft genug ebenso polemischen Angriffe gegen sie und ihre Filme auf der anderen Seite, offenbaren ein grundsätzliches Fehlen absoluter Maßstäbe, die es erlauben würden, ihr Werk und ihre Rolle im Dritten Reich ein für alle Mal angemessen zu bewerten. Ohne den Anspruch zu erheben, viel zur Lösung beitragen zu können, soll im Folgenden doch versucht werden, einige Zusammenhänge aufzuspüren, welche die Problematik so scharf wie möglich umreißen.

Was macht Propaganda zu Propaganda?

Bei der Beschäftigung mit dem Thema „Propaganda“ wird man schnell damit konfrontiert, daß es sich dabei einerseits um einen Begriff handelt, den man als verstanden voraussetzt, und zu dem man im Alltag meist einen sicheren Zugang zu haben glaubt, der aber bei näherer Betrachtung schwierig abzugrenzen ist. Denn gleichgültig wie sicher man sich über das Verständnis des Begriffs „Propaganda“ auch immer sein mag, zeigen grundsätzlichere Erwägungen über Kommunikation zum einen, und die Frage nach der Wirklichkeit zum anderen, daß eine Anwendung des Begriffes ohne einen genaueren Definitionsversuch zu Mißverständnissen und zu falschen Beurteilungen führen kann. Bei einer oft genug emotionsgeladenen Diskussion wie der um Propaganda im Dritten Reich aber leistet ein Definitionsvakuum einer Polemisierung Vorschub, die gerade diesem Thema unangemessen ist. Der Rahmen dieser Arbeit erlaubt es nicht, dem Problem der Wirklichkeit und dem der Kommunikation so gründlich nachzugehen, wie diese es eigentlich erfordern würden, doch scheint es aus den erwähnten Gründen unumgänglich, sie wenigstens schlaglichtartig zu beleuchten.

Um von gängigen Definitionen von Propaganda auszugehen, sei hier die Definition des Begriffs „Propaganda“ stellvertretend aus Meyers Grosses Taschenlexikon vorausgeschickt. Dort heißt es:

„urspr. Bez. Für die Verbreitung der christl. Glaubensüberzeugung nach der 1622 gegr. Congregatio de Propaganda fide; heute deckt P. die mündl. Beeinflussungsversuche durch Redner oder durch Propagandisten für Konsumartikel, Tätigkeiten zur Beeinflussung durch rationale sprachl. Strategien z.B. der seriösen Tagespresse oder der Parteipresse, P.feldzüge für den Absatz von Produkten oder Dienstleistungen oder bei Wahlkampagnen. Die Gefahren der Propaganda, die in einer Fremdsteuerung oder Manipulation liegen werden durch die neuere Wirkungsforschung relativiert...“

Ein zentraler Begriff, der Propaganda (es geht in diesem Zusammenhang nur um politische Propaganda) von anderen Kommunikationssituationen abgrenzen soll, lautet immer wieder „Manipulation“ oder „Beeinflussung“. Das problematische an dieser Definition wird deutlich, wenn man die Frage betrachtet, ob denn eine beeinflussungsfreie, eine absolut unmanipulative Kommunikation überhaupt vorstellbar ist.

Ein Blick auf die Kommunikationstheorie, hier die ersten beiden Kommunikationsaxiome von Watzlawick, scheinen diese Frage zu verneinen. Das erste Axiom in Kurzform gebracht lautet: Man kann nicht nicht kommunizieren. Gleichzeitig gibt es keine Kommunikation ohne Intention, denn jede Kommunikation will etwas vermitteln. So unterscheidet das zweite Axiom von Watzlawick zwischen Inhalts- und Beziehungsaspekten, denn eine jede Mitteilung enthalte einen Hinweis darauf, „wie ihr Sender sie vom Empfänger verstanden haben möchte“. Dies vorausgesetzt ist keine absolut unmanipulative Kommunikation möglich, denn, wie das zweite Axiom behauptet, gibt es keine Mitteilung, die frei wäre von der Absicht, auf den Rezipienten in einer bestimmten Weise zu wirken.

So betrachtet scheint die Frage nach der manipulativen Absicht einer Mitteilung nicht auf das Vorhanden- oder Nichtvorhandensein einer solchen Absicht abzielen zu können, sondern vielleicht nur etwa auf das Maß der Wirkung und die Wahl der eingesetzten Mittel. Geht es also nicht darum, ob manipuliert wird, sondern um die Frage wieviel, wie, wie bewußt, warum etc.?

Die Problematik spitzt sich eher noch zu, wenn Gegenstand der Betrachtung nicht eine allgemeine Kommunikationssituation ist, sondern das Massenmedium Film in dieser Hinsicht analysiert werden soll. Gerade Werke wie die Olympia Filme oder „Triumph des Willens“ von Leni Riefenstahl verdeutlichen dies: Hier hat man es nicht mit einer Wochenschau zu tun, die im Wesentlichen von stets gleichen Stilmitteln bestimmt sind, deren Aussage sich mit der Absicht ihrer Regisseure deckt und es damit leichter erlauben, sie meist zweifelsfrei unter den Titel „Propaganda“ einzuordnen, sondern mit Werken, die nach dem Selbstverständnis der Gestalterin Leni Riefenstahl aus rein künstlerischen Motiven heraus entstanden sind, die aber nach Ansicht vieler Bewertungen nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches d a s Beispiel für politische Propaganda schlechthin sind.

Die häufigsten Kriterien, die den manipulativen Charakter politischer Propaganda versuchen einzugrenzen sind im Wesentlichen:

- reduzierte Wirklichkeit
- starke Vereinfachung
- Apell an Emotionen
- einseitige Darstellung, die den negativen Bereich der propagierten Idee negiert bzw. vertuscht
- Entstellung von Wirklichkeitsmomenten, „deren Anordnung und Präsentation dem propagandistischen Zweck untergeordnet ist“

Es muß, wie schon erwähnt wurde, im Rahmen dieser Arbeit dabei belassen werden, die Problematik der Manipulation als Spezifikum des politischen Propagandafilms nur aufzuzeigen.

So kann hier auch die Frage nach der Wirklichkeit nur skizziert werden. Als wesentliches Merkmal des politischen Propagandafilms wird häufig die teilweise oder gänzliche Entstellung der Wirklichkeit zugunsten der propagierten Idee genannt. Die Frage nach der Wirklichkeit wurde und wird von den verschiedensten Strömungen der Philosophie bis heute - letztlich ergebnislos - diskutiert. Dabei geht es in den mannigfaltigsten Ausformungen vor allem darum, ob es erstens überhaupt eine objektive Wirklichkeit gibt, und wenn, ob diese vom Menschen prinzipiell wahrnehmbar ist. Die Ergebnislosigkeit dieser Diskussion schränkt die Möglichkeit, einen Film nach irgendwelchen fixen Maßstäben der Wirklichkeit zu messen, zumindest auf der Grundlage erkenntnistheoretischer und ontologischer Basis enorm ein, ja, verunmöglicht diese. Es fehlt das Kriterium für Wirklichkeit, wenn man voraussetzt, daß man ein solches letztes Kriterium für Wirklichkeit braucht, um einen Film zu beurteilen. Es mag sich nicht nur um philosophierende Haarspalterei handeln, zu hinterfragen, welcher Wirklichkeitsbegriff der Beurteilung eines Films zugrunde. Denn selbst wenn man dabei grundsätzliche ontologische Betrachtungen außer Acht läßt, und die Existenz einer objektiven Wirklichkeit voraussetzt, so scheint sich die erlebte Wirklichkeit doch nicht nur aus der Addition von objektiven Fakten zu konstituieren, sondern auch aus dem subjektiven Moment der Wahrnehmung und der Beurteilung dieser Fakten.

[...]

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Leni Riefenstahl und die Macht der Bilder
Hochschule
Hochschule für Philosophie München
Veranstaltung
Propaganda in Film und Fernsehen
Note
1,0
Autor
Jahr
2000
Seiten
22
Katalognummer
V63670
ISBN (eBook)
9783638566667
ISBN (Buch)
9783656697794
Dateigröße
537 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Anhand der filmischen Dokumentation von Ray Müller über Leni Riefenstahl und "Die Macht der Bilder" werden gängige Propagandadefinitionen problematisiert.
Schlagworte
Leni, Riefenstahl, Macht, Bilder, Propaganda, Film, Fernsehen, 3. Reich, NS-Propaganda Nationalsozialismus
Arbeit zitieren
M.A. Adrian Lippe (Autor:in), 2000, Leni Riefenstahl und die Macht der Bilder, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63670

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Leni Riefenstahl und die Macht der Bilder



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden