Potenziale und Nutzungsmöglichkeiten von Workflow-Management-Systemen im Krankenhaus


Bachelorarbeit, 2006

74 Seiten, Note: 82% Note: "sehr gut"


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Krankenhaus im Wandel
1.2 Aufgabenstellung und Aufbau der Arbeit

2 Workflow-Management-Systeme (WfMS)
2.1 Definitionen
2.1.1 Definition Workflow
2.1.2 Definition Workflow-Management (WfM)
2.1.3 Definition Workflow-Management-System (WfMS)
2.2 Systemcharakterisierung von WfMS
2.3 Ziel des Einsatzes von Workflow-Management-Systemen
2.4 Abgrenzung: Geschäftsprozess - Workflow
2.5 Abgrenzung: Groupware - Workflow-Management-Systeme

3 Krankenhausinformationssysteme (KIS)
3.1 Definition Krankenhausinformationssysteme
3.2 Ziele und Funktionen von Krankenhausinformationssystemen
3.2.1 Ziele
3.2.2 Funktionen
3.3 Systemkonzepte bzw. Systemarchitektur
3.3.1 Verbundlösungen
3.3.2 Autonome Systeme
3.4 Subsysteme und Spezialsysteme

4 Einsatzbeispiele aktueller WfMS in Krankenhäusern
4.1 GWI AG mit KIS ORBIS®
4.1.1 Hardwareanforderungen
4.2 GSD mbH mit KIS i.s.h.med®
4.2.1 Grafische Modellierung von i.s.h.med®
4.2.2 Kernfunktion von i.s.h.med®-Pathways
4.3 Siemens Medical Solutions Health GmbH mit KIS Soarian®
4.3.1 Möglichkeiten von Soarian®
4.3.2 Workflow-Management-System Process Suite™

5 Einführung von WfMS in Krankenhäusern
5.1 Vorgehensmodelle
5.1.1 Workflow-Life-Cycle
5.1.2 Vorgehensmodell zur Entwicklung von Workflow-Anwendungen nach BECKER
5.1.3 Vorgehensmodell nach KUENG
5.1.4 Vorgehensmodell nach KARAGIANNIS
5.2 Das IWiG® 5 Phasen-Modell
5.2.1 Dokumentation
5.2.2 Ist-Analyse
5.2.3 Prozessgestaltung
5.2.4 Prüfung auf Eignung und Entwicklung
von Workflow-Anwendungen
5.2.5 Implementierung und Prozessevaluation
5.3 Einsatz von Workflow-Management am Beispiel der
stationären Patientenaufnahme mit Hilfe
des 5 Phasen Modells
5.3.1 Phase 1 (Dokumentation)
5.3.1.1 Modellierung
5.3.1.2 Prozesskostenrechnung
5.3.2 Phase 2 (Ist-Analyse)
5.3.2.1 Ankunft des Patienten
5.3.2.2 Administrative Aufnahme
5.3.3 Phase 3 (Prozessgestaltung)
5.3.3.1 Verbesserung: Ankunft des Patienten
5.3.3.2 Verbesserung: Administrative Aufnahme
5.3.4 Phase 4 (Prüfung auf Eignung und Entwicklung
von Workflow-Anwendungen)
5.3.4.1 Prüfung der Kriterien
5.3.4.2 Umstellung der Prozesse
5.3.5 Phase 5 (Implementierung und Prozess-Evaluation)

6 Zusammenfassung
6.1 Fazit

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Beispiel eines Workflows

Abbildung 2: Kostensenkung durch Dokumentenmanagement

Abbildung 3: Verfeinerung von Geschäftsprozessen in Workflows

Abbildung 4: Abgrenzung zwischen WfMS und Groupware

Abbildung 5: Differenzierung der Gruppen, die intern oder extern mit dem

Krankenhausinformationssystem in Berührung kommen

Abbildung 6: Anbindung wichtiger Subsysteme an das KIS

Abbildung 7: Prozessmodellierung mit ORBIS®

Abbildung 8: Ausschnitt einer Arbeitsliste eines Behandlungspfades in i.s.h.med®-Pathways

Abbildung 9: Modellierung mit Process Suite™

Abbildung 10: Workflow Life-Cycle-Modell

Abbildung 11: Ganzheitliches IWiG®-Phasenmodell

Abbildung 12: Legende ADONIS®

Abbildung 13: Übergangsbedingungen

Abbildung 14: Symbole Dokument, Elektronisches Dokument

Abbildung 15: Ist-Modellierung: Ankunft des Patienten

Abbildung 16: Ist-Modellierung: Administrative Aufnahme

Abbildung 17: Soll-Modellierung: Patientenaufnahme 1

Abbildung 18: Soll-Modellierung: Patientenaufnahme 2

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Subsysteme geordnet nach Fach- und Aufgabenbereich

Tabelle 2: Mindestanforderungen der Firma GWI an Orbis/OpenMed-Clients (Stand 30.06.2003)

Tabelle 3: Bestandteile des klinischen Arbeitsplatzsystems i.s.h.med

Tabelle 4: Legende der Dokumente

Tabelle 5: Elektronische Dokumente

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Krankenhaus im Wandel

Aufgrund von vielen Umstrukturierungsmaßnahmen z.B. durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz, welches 2000 in Kraft getreten ist und den Krankenhausbereich verpflichtet, ein internes Qualitätsmanagement einzuführen[1], oder auch die Umstellung der Vergütung von Krankenhausleistungen auf Fallpauschalen[2] nach dem Fallpauschalengesetz (FPG), ist mehr und mehr ein Wandel in Krankenhäusern zu beobachten. Dabei tauchen immer häufiger Worte wie „klinische Behandlungspfade“ oder „Prozessmanagement“ auf.

Wenn man nun die Krankenhausprozesse in Bezug auf den Behandlungsablauf eines Patienten betrachtet, kann man feststellen, dass die unterschiedlichsten Berufsgruppen von der Aufnahme bis zur Entlassung an der Behandlung (sei es nun direkt oder indirekt) beteiligt sind. Es wird deutlich, dass sich hieraus ein sehr hoher Koordinations- und Kommunikationsaufwand zwischen den einzelnen Berufsgruppen bzw. Abteilungen entwickelt.

Das einzig Beständige ist der Wandel[3]. Da jedoch Krankenhäuser dauerhaft einem Wandel unterworfen sind, geschehen viele Veränderungen unbeabsichtigt und bleiben lange Zeit mehr oder weniger unbemerkt. Dieser ungeplante Wandel kann zu einem passiv-abwartendem oder reaktiv-handelndem Verhalten führen, das im Allgemeinen darauf ausgerichtet ist, den ursprünglichen, durch die situativen Einflüsse gestörten Gleichgewichtszustand wieder herzustellen[4].

Demgegenüber umfasst der geplante organisatorische Wandel alle absichtlichen, gesteuerten, organisierten und kontrollierten Bemühungen zur antizipativen und zielgerichteten Organisationsgestaltung mit dem Ziel der Effektivitäts- und Effizienzsteigerung[5]. Um eine Prozessoptimierung zu erreichen, sollten also ausschließlich geplante Veränderungen in einem Krankenhaus auftreten und ein ungeplanter Wandel vermieden werden.

Man unterscheidet zwischen 2 Ansätzen: Dem revolutionären und dem evolutionären Wandel. Während revolutionäre Veränderungen schmerzhaft, konfrontativ und sprunghaft sind, sind evolutionäre Veränderungen kontinuierlich und kaum wahrnehmbar. Evolutionäre Veränderungen entstehen ohne Plan im täglichen Prozess des Aufeinandereinlassens von Subjekten und Objekten (der Auseinandersetzung von Akteuren mit ihrer Umwelt), während revolutionäre Veränderungen einen Plan und damit ein Ziel voraussetzen und in der betrieblichen Lebenswelt meist im top-down-Verfahren durchgesetzt werden[6]. Dabei sind die Voraussetzungen und die Folgen von evolutionärem Wandel „Vor-Ort-Wissen“ oder „Ausführungserfahrung der Akteure“. Revolutionärer Wandel setzt demgegenüber analytisches und konzeptionelles Wissen bzw. Planungserfahrung der Akteure voraus[7].

Nun stellt sich noch die Frage welche Veränderungsstrategie sich für die Prozessoptimierung im Krankenhaus anbietet. Sollte eher der evolutionäre oder der revolutionäre Ansatz angewendet werden?

Beide Ansätze können in einem Krankenhaus zum Einsatz kommen. Hier gibt es allerdings einige Vor- und Nachteile zu beachten[8]:

- Revolutionärer Ansatz
- Dafür spricht: Um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen grundlegende Veränderungen vorgenommen werden. Veränderungen müssen durch bisher ausgebliebenen Wandel im Krankenhaus rasch vollzogen werden
- Dagegen spricht: Große Veränderungen führen zu einem instabilen System mit Unsicherheiten und Fehleranfälligkeit
- Evolutionärer Ansatz
- Dafür spricht: Fehlerrisiken sind leicht auszuschalten, Leistungsprozesse gut zu beherrschen, durch aktive Teilnahme von Mitarbeitern ist die Akzeptanz der Veränderung gegeben, das Durchführen von Veränderungen muss erst erlernt werden
- Dagegen spricht: Viele Innovationen sind durch vorhandene Traditionen verhindert worden. Diese Traditionen müssen gebrochen werden, deshalb reicht eine Anpassung von vorhandenen Strukturen nicht aus.

Optimal wäre die Anwendung einer Kombination beider Ansätze; sie sollten abhängig von der gegebenen Situation verwendet werden um somit die Vorteile aus beiden Konzepten zu nutzen.

1.2 Aufgabenstellung und Aufbau der Arbeit

Die Bachelor-Arbeit beschäftigt mit dem Thema: Welche Workflow-Management-Systeme existieren heutzutage in Krankenhäusern, wie ist ihr Entwicklungsstand. Welche Möglichkeiten der Nutzung und vor allem welche Potentiale gibt es.

Das Krankenhaus der Zukunft ist prozessorientiert, prozessstrukturiert und workflowbasiert[9]. Auf die aktuellen Veränderungen im Krankenhaus wurde schon im vorherigen Abschnitt eingegangen.

Im zweiten Kapitel wird allgemein der Begriff „Workflow-Management-System“ (WfMS) definiert. In Bezug auf WfMS wird deren Bedeutung diskutiert; was sind ihre Ziele und wie lässt sich der Begriff „Workflow-Management-System“ vom Begriff „Geschäftsprozess-Management“ und „Groupware“ abgrenzen? Was sind die Risiken bezüglich ihrer Technologie, dem Projektmanagement, der sozialen Umwelt und ihrer Organisation.

Die Krankenhausinformationssysteme sind ein sehr wichtiger Bereich in Krankenhäusern geworden. Was sind Krankenhausinformationssysteme überhaupt? Welche Funktionen und Ziele hat ein Krankenhausinformationssystem? Es gibt viele unterschiedliche Systemkonzepte bzw. Subsysteme auf die später noch eingegangen wird. Wie unterscheiden sich diese voneinander?

Darauf aufbauend werden die Einsatzmöglichkeiten aktueller Systeme im Krankenhaus aufgezeigt und ein Überblick über aktuelle Systeme und ihre Funktionsweise dargestellt. Einige Beispiele hierfür sind die marktführenden Krankenhausinformationssysteme der GWI AG mit ORBIS®, die GSD mbH mit ihrem auf SAP-Health-Care basierenden IS-H*MED® oder aber auch die Siemens Medical Solutions Health Services GmbH und dessen Krankenhausinformationssystem Soarian®.

In einem weiteren Schritt wird der Einsatz von WfMS in Krankenhäusern und ihrer Anwendungsgebiete erläutert, auch in Hinsicht auf die Qualitätsverbesserung. Wie ist die Vorgehensweise zur Einführung eines Workflow-Management-Systems? Dabei wird auf das IWiG® 5 Phasen-Modell (Prozess-Dokumentation, Ist-Analyse, Prozess-Gestaltung, Prüfung auf Eignung sowie Entwicklung des Workflows, Implementierung und Prozess-Evaluation[10]) eingegangen. Dies wird anschließend anhand eines Praxisbeispiels (stationäre Patientenaufnahme) - welche diese fünf Phasen durchläuft - erläutert. Dabei wird auch die Fragestellung - „Welche Anforderungen stellt ein Krankenhaus an ein Workflow-Management-System?“ - geklärt.

Abschließend werden die Ergebnisse zusammengefasst. Hierbei werden noch einmal die Vor- und Nachteile von Workflow-Management-Systemen auch in Bezug auf ihre Grenzen und Schwachstellen diskutiert.

2 Workflow-Management-Systeme (WfMS)

2.1 Definitionen

2.1.1 Definition Workflow

Ein Workflow stellt einen technisch unterstützen Arbeitsablauf dar. Der Workflow wird von einem Ereignis ausgelöst und führt durch eine Abfolge von Aufgaben nach festgelegten Regeln zu einem definierten Arbeitsergebnis. Mit jedem einzelnen Arbeitsschritt wird das Ergebnis ein Stück mehr erreicht[11]. Jede Aktivität des Workflow ist abhängig zu den jeweiligen anderen Aktivitäten des Workflow. Ein Workflow hat einen definierten Anfang, einen organisierten Ablauf und ein definiertes Ende. Personen oder auch die eingesetzten Software-Systeme koordinieren die auszuführenden Tätigkeiten bzw. arbeitsteiligen Prozesse.

Ein Workflow wird typischerweise durch die Serialisierung und Parallelisierung der Arbeitsschritte erreicht. Hierbei laufen synchrone Aktivitäten völlig unabhängig voneinander ab.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Beispiel eines Workflows

Quelle: http://www.lotus-notes-entwicklung.com/personalmanagement/

Das Consulting für Office und Information Management GmbH (COI) unterscheidet drei verschiedene Workflow-Arten[12]:

- Ad-Hoc-Workflow
Führen Büroprozesse durch, bei denen es keine festgeschriebenen Pfade für den Informationsfluss zwischen den Beteiligten gibt. Die Erstellung von Produktdokumentationen oder auch Verkaufsangeboten gehört zu dieser Art von Workflows. Ein anderes Beispiel: Eine e-Mail wird versendet, deren weiterer Ablauf nicht beeinflussbar ist
- Flexibler Workflow
Definition des Ablaufes vor Prozessbeginn, aber mit der Möglichkeit, während der Laufzeit noch Prozesse und deren Modelle zu ändern
- Strukturierter Workflow
Definition von festgelegten Prozessen in unveränderbaren Umgebungen, Prozessmodelle können nur vollständig und nicht für einzeln laufende Prozesse verändert werden.

2.1.2 Definition Workflow-Management (WfM)

Das Workflow-Management wird durch ein Workflow-Management-System unterstützt und stellt eine Kombination aus Modellierung, Analyse und Simulation, Steuerung und Protokollierung beliebiger Geschäftsprozesse verschiedenen Detaillierungsgrades dar[13]. Es wird häufig mit Geschäftsprozessautomatisierung oder auch - etwas weniger technikorientiert - mit Vorgangsmanagement übersetzt.

Es deckt ein breites Einsatzspektrum - von der Unternehmensmodellierung und -reorganisation bis zur Steuerung der täglichen Routinearbeit am Computer - ab und erhält darüber hinaus ein weitreichendes Integrationspotential sowohl aus organisatorischer als auch aus technischer Sicht[14].

Damit ein Prozess durch Workflow-Management unterstützt werden kann, müssen bestimmte organisatorische Voraussetzungen erfüllt sein. Nicht alle Prozesse können durch ein Workflow-Management unterstützt werden, deshalb muss geprüft werden, welche Prozesse dafür geeignet sind.

Außerdem sollten die Voraussetzungen auf Seiten der Benutzer erfüllt sein, wie z.B. das frühe Einbinden von Endbenutzern[15]. Benutzer sollten das verwendete System kennen, aufkommende Fragen und Probleme sollten direkt von Ansprechpartnern beantwortet werden können und die Benutzerfreundlichkeit des Systems sollte frühzeitig durch die Mitarbeiter überprüft werden.

2.1.3 Definition Workflow-Management-System (WfMS)

Obwohl jeder vom Begriff „Workflow-Management-System“ spricht, so gibt es eine Vielzahl von Definitionen. Eine von Ihnen ist folgende: „Ein Workflow-System bzw. Workflow-Management-System beschreibt optimierte, papierlose Standardvorgänge zwischen Mitarbeitern, Abteilungen und Hierarchien. Dokumente werden in Daten und in elektronische Formulare umgewandelt und komplexe Arbeitsschritte automatisiert. Das Resultat ist eine prozessorientierte, strukturierte, elektronische Vorgangsbearbeitung, die Fehlerquellen eliminiert und Unternehmensvorgänge für alle Beteiligten transparent abbildet[16].“

Als sehr abstrakt lässt sich folgende Definition beschreiben: „Workflow-Management-Systeme sind Systeme, die den Fluss der Arbeit (von Aufgaben) zwischen den einzelnen Teilnehmern steuern[17].“ Sie zeigt aber bereits die wichtigste Gesamtaufgabe eines Workflow-Management-Systems: Die Steuerung des Ablaufes der Aufgabenerfüllung.

Eine umfangreiche Auflistung von Definitionen wird in Sheth (1995) geliefert. "Workflow management is an important tool for structuring and optimizing business processing... and for supporting the practical implementation of business process reengineering." und "Workflow refers to a new set of software and tools for automating and improving business processes[18]." sind nur zwei von vielen Beispielen, die die Vielfältigkeit an Definitionen darstellt.

Workflow-Management-Systeme werden als wichtigste Middleware-Technologie der kommenden Jahre bezeichnet. Meist werden sie im Zuge der Neuorganisation betrieblicher Abläufe, also des Business Process Reengineering, zur Ausführung restrukturierter Geschäftsvorgänge herangezogen.

Die aktive Steuerung von arbeitsteiligen Prozessen übernimmt das Workflow-Management-System. Im Gegensatz zu Groupware, welches eher unstrukturierte Prozesse unterstützt, konzentriert sich das Workflow-Management-System auf die strukturierten Aufgaben und Prozesse. Der grundsätzliche Unterschied zwischen Workflow-Management- und Groupware-Systemen besteht darin, dass Workflow Management sich vorrangig auf die Optimierung und Automatisierung fest vordefinierter Vorgänge konzentriert. Groupware-Systeme unterstützen eher Ad-hoc-Vorgänge, wie sie innerhalb einer Arbeitsgruppe anfallen[19]. Die Arbeit muss also nicht sequentiell nach einem vordefinierten Ablaufschema, sondern kann auch in beliebiger Reihenfolge oder parallel erfolgen[20] (Vgl. auch Kapitel 2.5).

Auf technischer Ebene kann eine zunehmende Integration der Funktionalitäten von Workflow-Management-Systemen, CSCW-Systemen, Dokumentenmanagement-Systemen, Enterprise-Content-Management-Systemen (ECM), Enterprise Resource Planning (ERP) mit Hilfe von Enterprise Application Integration (EAI) beobachtet werden[21]. Häufig ordnet man die Workflow-Systeme der Groupware und dem Bereich der CSCW (Computer Supported Co-operative Work) zu. Dies geschieht, weil diese Bereiche die Arbeit unterschiedlicher Personen innerhalb einer Organisation regeln. Ein Workflow-Management-System besitzt nur geringe Unterstützung für kooperative Interaktion.

Im Allgemeinen sollten Workflow-Management-Systeme über folgende Werkzeuge verfügen[22]:

- Analysewerkzeug

Untersucht operative Dokumentendatenbanken nach realen Bearbeitungsfolgen und Vorgangsbeziehungen und stellt das Ergebnis grafisch animiert dar.

- Modellierungswerkzeug

Entwirft grafisch die einzelnen Tätigkeiten eines Geschäftsprozesses und deren Beziehungen untereinander.

- Simulator

Testet in einer Simulation die modellierten Prozesse.

- Operative Vorgangsbearbeitung

Über eine zugewiesene Aufgabe kann herausgefunden werden, wer diese Aufgabe vorher schon bearbeitet hat und wer der nachfolgende Bearbeiter ist. Ist die Aufgabe bearbeitet, wird das Dokument an diesen Bearbeiter weitergeleitet und aus der eigenen Aufgabenliste gelöscht.

2.2 Systemcharakterisierung von WfMS

Workflow-Management-Systeme können aus zwei verschiedenen Sichten betrachtet werden. Dies sind zum einen die Anwendungssicht und zum anderen die technische Sicht.

Es können folgende Anwendungssichten unterschieden werden:

- Ad-Hoc Workflows

Unterstützen schwach strukturierte (Büro-) Prozesse, wobei die Koordination und letztlich auch Spezifikation zur Laufzeit und durch den Anwender erfolgt[23].

- Administrative Workflows

Klar strukturierte Routineabläufe, nicht strategisch, selten zeitkritisch, geringer Geldwert[24].

- Kollaborative Workflows

Gemeinsames Erarbeiten von Ergebnissen.

- Produktions-Workflows

Beziehen sich auf komplexe Prozesse, deren Ablaufsteuerung die Struktur der Workflow-Daten nutzt; sie können den Zugang zu verschiedenen Informationssystemen beinhalten[25].

Aus technischer Sicht lassen sich folgende Systeme nennen[26]:

- Nachrichtenorientierte Systeme

Unterstützen Ad-Hoc-Workflows bzw. weniger komplexe Aufgaben. Sie ermöglichen keine explizite Spezifikation von Abläufen und keine systemseitige Ablaufsteuerung.

- Dokumentenbasierte Systeme

Erlauben eine explizite Ablaufspezifikation, bei vielen Systemen wird auch eine Ablaufüberwachung angeboten. Sie sind für administrative Workflows gut geeignet und konzentrieren sich primär auf die Verwaltung von Dokumenten, wobei der Ablaufplan und die Dokumente sich in einer elektronischen Umlaufmappe befinden, die zwischen den involvierten Parteien ausgetauscht werden kann.

- Prozessorientierte Systeme

Unterstützen komplexe Abläufe, in die multiple Anwender und Systeme einbezogen werden können. Sie erlauben im Gegensatz zu dokumentenbasierten Systemen auch den direkten Austausch komplexer strukturierter Daten.

2.3 Ziel des Einsatzes von Workflow-Management-Systemen

Es werden durch die Einführung von Workflow-Management-Systemen folgende Ziele verfolgt:

- Verbesserung der Qualität von Unternehmensprozessen
- Vereinheitlichung der Qualität von Unternehmensprozessen
- Erhöhung der Flexibilität
- Reduzierung der Durchlaufzeit

Eines der wichtigsten Kriterien für die effiziente Verarbeitung ist eine Verringerung von Durchlaufzeiten von Prozessen, beispielsweise durch Parallelisierung oder durch zeitgerechte Übermittlung von Informationen zwischen Produzenten und Konsumenten[27].

- Reduktion von Redundanzen[28]
- Produktivitätssteigerung

Die Effektivität wird erheblich gesteigert, da Workflow-Systeme helfen, Prozesse zu optimieren.

- Optimierung von Informationsflüssen bzw. Erhöhung der Informationsverfügbarkeit

Informationen müssen optimal gesteuert werden, dies kann durch koordiniertes Weiterleiten der Informationen, ein automatisches Bereitstellen von Informationen oder durch Zuordnung von Dokumenten zu Vorgängen und Prozessschritten geschehen.

- eine schnellere Bearbeitung von Kundenaufträgen soll erreicht werden
- Abflachung von Hierarchien
- Reduzierung der Kosten

Durch z.B. Dokumentenmanagement (Imageing) kann man Arbeitszeit sparen und Kosten senken[29], dies wird durch das anschließende Diagramm in Abbildung 2 verdeutlicht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Kostensenkung durch Dokumentenmanagement

Quelle: Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (Feb. ’96)

- die Transport- und Liegezeiten sollen verkürzt werden
- Vermeidung von Zeit- und Ressourcenverschwendung
- Medienbrüche sollen vermieden werden

Die unvermeidbaren Medienbrüche zwischen Papier- und elektronischen Dokumenten müssen verwaltet und in das Lösungskonzept einbezogen werden. Aber das papierlose Büro wird es auf absehbare Zeit in der öffentlichen Verwaltung nicht geben. Dies hat organisatorische und rechtliche Gründe[30].

2.4 Abgrenzung: Geschäftsprozess - Workflow

Allgemein lässt sich über eine Abgrenzung zwischen Geschäftsprozess und Workflow folgendes sagen: Beim Geschäftsprozess geht es darum was zu tun ist und der Workflow beschreibt wie das umgesetzt wird[31].

Beim Geschäftsprozessmanagement spielt der Kunde eine große Rolle. Es kann sich hierbei um externe Kunden, beispielsweise Konsumenten oder aber auch interne Kunden wie z.B. die Produktion handeln.

Dementsprechend führt ein Geschäftsprozess immer zu der Erbringung einer Leistung, die für einen bestimmten Kunden gedacht ist[32]. Auf welche Weise diese Leistung erbracht wird, zeigt eine Aufteilung in ihre Prozessschritte, Aufgaben, Aktivitäten und Funktionen, wobei ein Geschäftsprozess von mehreren Personen, Abteilungen oder Teams durchgeführt wird, die die notwendigen Schritte entweder gleichzeitig oder nacheinander ausführen.

Eine Verfeinerung des Geschäftsprozesses ist durch Anwendung von verschiedenen Detaillierungsebenen möglich. Kann eine Aufgabe von einem Mitarbeiter an einem Arbeitsplatz aus geführt werden, so ist der höchste Detaillierungsgrad erreicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Verfeinerung von Geschäftsprozessen in Workflows

Quelle: http://www.bpm-guide.de/pic/large/37.jpg

Hat man ein Geschäftsprozessdiagramm vorliegen, weiß man nun, von wem man seine Informationen bzw. Arbeitsergebnisse erhält und an wen man seine Ergebnisse weiterzuleiten hat. Man erhält aber keine Anweisung auf welche Weise man diese Aufgabe zu erledigen hat, denn ein Geschäftsprozess ist keine Arbeitsanweisung.

Die auszuführenden Arbeitsschritte werden möglichst genau und detailliert von einem modellierten Workflow beschrieben. Dabei geht es nicht um eine Dokumentation für die Mitarbeiter, sondern eher um die Möglichkeit einer Automatisierbarkeit der Ausführung.

Workflow-Modelle sollen dabei helfen, die optimale Einbindung verschiedenster Applikationen (Textverarbeitungen, Tabellenkalkulationen, Datenbanken usw.) in die jeweiligen Arbeitsabläufe sicherzustellen[33]. Zusätzlich helfen sie dabei, die Ziele wie z.B. Erhöhung der Flexibilität, Reduzierung der Durchlaufzeit, Produktivitätssteigerung, Reduzierung von Kosten oder Optimierung von Informationsflüssen zu erreichen.

2.5 Abgrenzung: Groupware - Workflow-Management-Systeme

Workflow-Management-Systeme lassen sich in zwei verschiedene Richtungen abgrenzen. Zum einen nach innen, hier unterteilen sie sich in prozessorientierte- und dokumentenorientierte Systeme und zum anderen nach außen, wo man zwischen Workgroup Computing und WfMS unterscheidet.

Die Groupware steht an übergeordneter Stelle. Groupware besteht also aus den Teilen WfMS und Workgroup-Computing. Unter der Obergruppe Groupware wird eine Mehrbenutzersoftware verstanden, die Möglichkeiten zur Kommunikation und Koordination zwischen einzelnen Mitarbeitern und Arbeitsgruppen zur Verfügung stellt. Elektronische Dokumente können erstellt, verschickt, eingesehen bearbeitet und/oder weitergeleitet werden[34]. Die folgende Abbildung wird zur besseren Übersicht dargestellt und verdeutlicht die beschriebene Abgrenzung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Abgrenzung zwischen WfMS und Groupware

In Anlehnung an Greiling u.a.(2004), S. 77.

Workgroup-Computing unterstützt im Gegensatz zu WfMS, die strukturierte Prozesse unterstützen und sich nach eindeutigen Regeln wiederholen, wenig strukturierte Projektaufgaben (mit geringer Wiederholungsrate). Die Benutzer steuern und kontrollieren den Prozess. Workgroup-Computing wird schwerpunktmäßig für die folgenden Aufgabengebiete eingesetzt:

- Nutzen von Dokumenten durch mehrere Benutzer gleichzeitig
- Gemeinsame Terminplanung durch Nutzung eines Gruppenkalenders
- Führen von Online-Konferenzen
- Durchführung von Gruppenentscheidungsprozessen[35]

Bei dokumentenorientierten WfMS geht es um die zeit- und ereignisgesteuerte Bearbeitung von elektronischen Dokumenten. Sie lassen sich aufteilen in die elektronische Umlaufmappe und das elektronische Formular[36]. Bei der elektronischen Umlaufmappe werden Informationen digital zusammengefasst und es kann jeder auf diese Mappe zugreifen, sie lesen, verändern und kopieren. Beim elektronischen Formular werden von verschiedenen Bearbeitern Informationen in vorgegebene Formularfelder eingetragen.

Die prozessorientierten Systeme werden nach Spezialität, Flexibilität, Strukturierung und Aufgabenteilung betrachtet.

Das Workflow-Management wird verwendet, wenn ein hoher Strukturierungsgrad und eine hohe Flexibilität gefragt sind. Ist die Flexibilität eher gering, dafür die Spezialisierung sehr hoch, nutzt man so genannte Hardwired-Systeme.

Groupware-Programme sind notwendig, wenn die zu bearbeitenden Aufgaben strukturiert und hoch arbeitsteilig sind. Aufgrund der Arbeitsteiligkeit ist ein hoher Koordinationsaufwand zwischen den Beteiligten notwendig, dieser kann jedoch wegen der geringen Strukturiertheit nicht durch ein WfMS geregelt werden[37]. Ist die Arbeitsteiligkeit eher gering und es besteht außerdem eine niedrige Spezialisierung, so spricht man von Prozessorientierten-Office-Systemen.

[...]


[1] Vgl. Paracelsus-Kliniken (2006), Abschnitt 2.

[2] Vgl. Bundesministerium für Gesundheit (2004), Abschnitt 6.

[3] Vgl. Kirchner (2001), S. 5.

[4] Vgl. Vahs (2001), S. 228.

[5] Vgl. Vahs (2001), S. 228.

[6] Vgl. Derboven, Dick, Wehner (1999), S. 8-9.

[7] Vgl. Derboven, Dick, Wehner (1999), S. 9.

[8] Vgl. Ziegenbein (2001), S. 151-153.

[9] Vgl. IWiG (2004), Abschnitt 1.

[10] Vgl. IWiG (2004), S. 1f.

[11] Vgl. Greiling, Buddendick, Wolter (2004), S. 45.

[12] Vgl. COI (2003), S. 7.

[13] Vgl. Greiling, Buddendick, Wolter (2004), S. 54.

[14] Vgl. Schartner (1996), S. 4.

[15] Vgl. Vogler (1996), S. 359 f.

[16] Vgl. Lotus Notes (2006), Abschnitt 3.

[17] Vgl. Koch (1997), Abschnitt 3.1.

[18] Vgl. Sheth (1995), S. 4 f.

[19] Vgl. Ising, Barbara (1996), S. 15.

[20] Vgl. Riempp, Gerold (1994), S. 6.

[21] Vgl. Wikipedia (2006a), Abschnitt 4.

[22] Vgl. Nastansky, Ludwig et al. (1996), S. 3-6.

[23] Vgl. Reichert, Kuhn, Dadam (1997), S. 3.

[24] Vgl. Jung (2004), S. 5.

[25] Vgl. Reichert, Kuhn, Dadam (1997), S. 3.

[26] Vgl. Reichert, Kuhn, Dadam (1997), S. 3.

[27] Vgl. Schartner (1996), S. 12.

[28] Vgl. Izmir (2002), Abschnitt 2.

[29] Vgl. Schartner (1996), S. 11.

[30] Vgl. Schartner (1996), S. 11.

[31] Vgl. Gadatsch (2001) S. 34 f.

[32] Vgl. Freund (2006) , Abschnitt 2.

[33] Vgl. Freund (2006) , Abschnitt 3.

[34] Vgl. Nastansky, Hilpert (1995), S. 6.

[35] Vgl. Götzer (1997), S. 47.

[36] Vgl. Greiling, Buddendick, Wolter (2004), S. 78.

[37] Vgl. Schulze, Böhm (1996), S. 288.

Ende der Leseprobe aus 74 Seiten

Details

Titel
Potenziale und Nutzungsmöglichkeiten von Workflow-Management-Systemen im Krankenhaus
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Note
82% Note: "sehr gut"
Autor
Jahr
2006
Seiten
74
Katalognummer
V64061
ISBN (eBook)
9783638569613
ISBN (Buch)
9783640863983
Dateigröße
3132 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Potenziale, Nutzungsmöglichkeiten, Workflow-Management-Systemen, Krankenhaus
Arbeit zitieren
Bachelor of Science Marcel Schmolewski (Autor:in), 2006, Potenziale und Nutzungsmöglichkeiten von Workflow-Management-Systemen im Krankenhaus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64061

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