Deutscher Föderalismus - Herausforderungen einer Reformdebatte


Hausarbeit, 2006

21 Seiten, Note: 2.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

I Charakteristika des Föderalismus und seine Ausprägungen
1 Der interstaatliche Föderalismus
2 Der intrastaatliche Föderalismus

II Föderalismus in Deutschland
1 Theoretische Grundlagen
2 Tatsächliche Ausgestaltung

III Probleme des deutschen Föderalismus

IV Lösungsansätze
1 Allgemeine Reformüberlegungen
2 Konkrete Reformüberlegungen
3 Neugliederungsdebatte

Schlussbetrachtung

Bibliographie

Primärquellen:

Sekundärliteratur:

Zeitschriften:

Internet:

Einleitung

Vor allem in den westlichen Demokratien zeichnet sich der Föderalismus als vorherrschendes politisches Strukturelement aus, allerdings in allzu verschiedenen Gestaltungsvariationen. In der Bundesrepublik Deutschland ist er in seiner besonderen Ausprägung von Anfang an konstituierendes Element des Regierungssystems gewesen, nun jährt sich sein 57. Geburtstag. Wohl nicht zuletzt aufgrund dieses beachtlichen Alters ist der bundesdeutsche Föderalismus unlängst in die Kritik geraten. Nicht selten sind Begriffe wie ‚Reformstau’ und ‚Blockadepolitik’ im öffentlichen Diskurs anzutreffen. Und tatsächlich – so belegt es doch ein nunmehr zweiter Anlauf zu einer umfassenden Föderalismusreform, nun von der Großen Koalition in Berlin lanciert, – scheinen gewisse Charakteristika des föderalen Systems in Deutschland nicht mehr zeitgemäß, zumindest aber die Handlungsfähigkeit des Parlaments behindernd. Was hat es damit auf sich?

Die vorliegende Hausarbeit soll dieser zentralen Frage um die Problematiken des heutigen Föderalismus in Deutschland nachgehen und in einem zweiten Schritt auch bestimmte, ausgewählte Lösungsmodelle präsentieren. Zum Ziele einer Einführung in das behandelte Thema werden zunächst knapp die unterschiedlichen Ausprägungen von Föderalismus, sodann die bundesdeutsche Variante und ihre Besonderheiten erläutert.

Der Schwerpunkt bei der Fachliteratur liegt auf dem Werk von Heinz Laufer und Ursula Münch, „Das föderative System der Bundesrepublik Deutschland“, sowie auf dem Informationsheft Nr. 275, „Föderalismus in Deutschland“, herausgegeben von der Bundeszentrale für politische Bildung. Darüber hinaus wurde das Buch „Krise und Reform des Föderalismus. Analysen zur Theorie und Praxis bundesstaatlicher Ordnung“ von Reinhard C. Meier-Walser und Gerhard Hirscher (Hrsg.) als Einführung in die Problematiken des deutschen Föderalismus konsultiert.

I Charakteristika des Föderalismus und seine Ausprägungen

Der Begriff ‚Föderalismus’ leitet sich vom lateinischen Ausdruck ‚foedus’ ab, was soviel wie „Bund, Verbundenheit, Bundesvertrag oder Bündnis“ meint[1]. Konstituierend für die Architektur eines föderalistischen politischen Systems ist die Bundesstaatlichkeit[2]. Hiermit ist zunächst die Aufteilung der staatlichen Macht zwischen Gesamtstaat und Gliedstaaten gemeint. Das Proprium staatlicher Gefüge, die sich auf Basis föderalistischer Strukturen begründen, ist das Fehlen einer Zentralmacht. Damit ist die Intention hinter einem derartigen Regierungssystem schnell gefunden: Ein föderales System bietet neben der ohnehin in Rechtsstaaten bestehenden horizontalen Gewaltenteilung in Legislative, Exekutive und Judikative eine zusätzliche, so genannte vertikale Gewaltenteilung. Dies bedeutet nichts anderes, als dass die drei genannten Gewalten ihrerseits auf Gesamtstaat und Gliedstaaten aufgeteilt werden. Hinter diesem Strukturprinzip lässt sich ein gewisses Unbehagen gegenüber einer staatlichen Zentralgewalt vermuten sowie das Bestreben, diese zu beschränken und zu kontrollieren. Nicht umsonst spricht man im Zusammenhang mit föderalistischen Systemen nicht nur von „balance of power“, sondern von einem regelrechten Geflecht aus „checks and balances“ zum Zwecke gegenseitiger Einflussnahme von Gesamtstaat und Gliedstaaten[3]. Ein weiterer Aspekt für die Begründung einer föderalistischen Ordnung, der oftmals unterschlagen wird, ist sicherlich die Integration heterogener Gesellschaften in einen Gesamtstaat, aber unter Beibehaltung gewisser Souveränität in den Gliedstaaten[4].

Die primäre Eigenschaft des Föderalismus ist zweifelsohne die zusätzliche Gewaltenteilung. Der Politologe Winfried Steffani hat hierzu die bestehende Gewaltenteilungslehre in verschiedene Abstufungen untergliedert. Neben der bereits erwähnten horizontalen und vertikalen Aufteilung der Staatsgewalt nennt Steffani zusätzliche, seinem Verständnis nach essentielle Ausprägungen.

Besondere Beachtung verdient die so genannte dezisive Teilungslehre. Sie eröffnet die Perspektive, unmittelbar am politischen Willensbildungsprozess partizipieren zu können. Des Weiteren nennt Steffani die temporale, konstitutionelle und soziale Gewaltenteilung, und erst das Miteinander all dieser Komponenten bewirke eine echte Aufteilung der Staatsgewalt und Beschränkung staatlicher Macht[5]. Ein solches Ideal des Föderalismus lässt sich in der Wirklichkeit nicht finden, aber sehr wohl diverse Abstufungen in der föderalen Struktur von Staaten. Wesentliche integrale Bestandteile – die vertikale Gewaltenteilung allem voran - lassen sich jedoch in sämtlichen Ausprägungsformen finden, bilden sie doch den Kern eines föderalistisch organisierten Regierungssystems. Auch die Vertretung der Gliedstaaten im Bundesparlament ist ein solcher Bestandteil, außerdem bleibt eine funktionierende Verfassungsgerichtbarkeit zu nennen, um Rechtsnormen zu garantieren und das Zusammenwirken von Gliedstaaten und Gesamtstaat untereinander in sinnvolle Bahnen zu lenken und Streitfragen zu regeln.

Im Folgenden soll eine kurze Vorstellung der beiden hauptsächlichen Ausprägungen des Föderalismus gegeben werden.

1 Der interstaatliche Föderalismus

Die erste Variante, der so genannte interstaatliche Föderalismus, lässt sich am Beispiel der USA exemplarisch betrachten. Die Besonderheit jener Umsetzung liegt darin begründet, dass die Verfassung der Vereinigten Staaten explizit aufzählt, welche Kompetenzen dem Bund bzw. den Ländern zufallen. So darf die Bundesregierung für sich beispielsweise die Außenpolitik, das Militärwesen und die Errichtung eines Obersten Bundesgerichtes beanspruchen, die Länder hingegen Bereiche wie Bildungspolitik und innere Sicherheit[6]. Es erfolgt eine klare Abgrenzung der verschiedenen Politikfelder. Bezeichnend ist weiter, dass jeder Einzelstaat für sich genommen funktionsfähig wäre, würde man ihn aus der Symbiose mit dem Bund herauslösen[7]. Hieraus leitet sich auch der Begriff des interstaatlichen Föderalismus ab: Das System ist grundsätzlich interstaatlich als Staatenbund angelegt. Darüber hinaus sind die Länder aber auch an Entscheidungen der Bundespolitik beteiligt, vor allem, wenn diese in ihre Angelegenheiten hinein streuen sollte. Im interstaatlichen Föderalismus erfolgt diese Beteiligung über eine zweite Kammer – in den USA der Senat – mit direkt vom Volk gewählten Senatoren, die in ihrer Stimmabgabe nicht an Weisungen der Parlamente oder Regierungen der Einzelstaaten gebunden sind. Diese Form des Föderalismus ist, wie eingangs erwähnt, vor allem dort anzutreffen, wo heterogene Gesellschaften in einem Staatenbund zusammenleben. Am Beispiel der USA verdeutlicht heißt dies, dass die Gesellschaft insgesamt heterogen zusammengesetzt ist, wohl aber die im einzelnen Bundesstaat lebende Bevölkerung homogen. Damit lässt sich ein Strukturmerkmal des interstaatlichen Föderalismus ableiten: Aus dem Grund der Heterogenität ist es ausgesprochen schwierig, einheitliche Lebensverhältnisse im gesamten Bundesgebiet herzustellen. Die doppelte Ausbildung und Autonomie der staatlichen Einheiten auf Gliedstaaten- und Gesamtstaatsebene beruht auf der Idee strikter Gewaltentrennung. Sie ist es auch, die die alleinige Lebensfähigkeit der Gliedstaaten erst ermöglicht und sichert[8].

2 Der intrastaatliche Föderalismus

Der so genannte kooperative oder intrastaatliche Föderalismus, exemplarisch an der Bundesrepublik Deutschland festzumachen, verfolgt einen anderen Ansatz als die interstaatliche Variante. Kennzeichnend ist die intrastaatliche Organisation als Bundesstaat. Die Gliedstaaten stehen in Abhängigkeit und Verzahnung, einerseits untereinander, andererseits im Verhältnis zum Gesamtstaat. In diesem Modell findet keine eindeutige Kompetenztrennung nach Politikfeldern statt, stattdessen verläuft die Trennung nach Kompetenzarten: Während der Zentralstaat primär für die Gesetzgebung zuständig ist, liegt der Vollzug dieser Gesetze fast ausschließlich bei den Gliedstaaten. Die Regierungen der Gliedstaaten sind aber über die Institution des Bundesrates an der Formulierung des Bundeswillens beteiligt. Die Landesregierungen sind damit zwar einerseits in der Lage, wichtige Entscheidungen des Zentralstaats maßgeblich zu beeinflussen, andererseits werden sie für diese Entscheidungen auch von der (Wahl-)Bevölkerung ihrer Länder politisch zur Verantwortung gezogen. Damit kommt es zu einer Vermischung von Bundes- und Landespolitik, die es den einzelnen Landesregierungen und -parlamenten schwer macht, ihre Eigenständigkeit sichtbar werden zu lassen. Durch diese Aufteilung der Kompetenzen und die Tatsache, dass die Gliedstaaten über ein zentralistisches Organ entscheidenden Einfluss auf die Politik des Zentralstaats nehmen können, ergibt sich für die beiden Ebenen im Bundesstaat geradezu zwingend das Erfordernis, inhaltlich zu kooperieren. Ergänzend wirkt hierbei die untereinander erfolgende Abstimmung der Gliedstaaten[9]. Eine solche politische Struktur wirkt beschneidend auf die Unabhängigkeit der Ebenen, ist aber beispielsweise der Förderung einheitlicher Lebensverhältnisse dienlich. Daher ist der intrastaatliche Föderalismus vor allem in homogenen Gesellschaften anzutreffen.

[...]


[1] Schuhmann, Ekkehard, Der föderative Aufbau der Bundesrepublik Deutschland und die Rolle des Freistaates Bayern, in: Hirschner, Gerhard (Hrsg.): Die Zukunft des kooperativen Föderalismus in Deutschland, Akademie für Politik und Zeitgeschehen, 1991, S. 20.

[2] ebd.: S. 20.

[3] Vgl.: http://www.fnst.de/webcom/show_article.php/_c-879/_nr-2/ i.html?PHPSESSID=43d9d4aa65840917094de5c0e3d45498 (abgerufen am 01.08.2006; 11:15).

[4] Vgl.: Schlutze, Rainer-Olaf: Föderalismus, in: Nohlen, Dieter (Hrsg.), Kleines Lexikon der Politik, München, 2002, S. 127.

[5] Vgl.: Steffani, Winfried, Parlamentarische und präsidentielle Demokratie. Strukturelle Aspekte westlicher Demokratien, Opladen 1979, S. 9-36.

[6] Vgl.: http://de.wapedia.eu/US-Bundesstaat (abgerufen am 29.07.2006, 13:00).

[7] Vgl.: Hübner, Emil, Das politische System der USA. Eine Einführung, München 2001, S. 40-53.

[8] Vgl.: Schultze, Rainer-Olaf, Föderalismus als Alternative? Überlegungen zur territorialen Reorganisation politischer Herrschaft, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, 3/1990, S. 475-490.

[9] Vgl.: Laufer, H. / Münch, U., Das föderative System der Bundesrepublik Deutschland, München 1997, S. 66.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Deutscher Föderalismus - Herausforderungen einer Reformdebatte
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn  (Politologisches Institut )
Veranstaltung
Innenpolitik
Note
2.0
Autor
Jahr
2006
Seiten
21
Katalognummer
V65519
ISBN (eBook)
9783638580656
ISBN (Buch)
9783638753616
Dateigröße
502 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Hausarbeit will die grundsätzlichen Eigenschaften des deutschen Föderalismus in Abgrenzung zum US-Föderalismus darlegen, sodann positive und negative Eigenschaften ausmachen und schließlich zu einer Reformkontroverse überleiten, inwieweit man den deutschen Kooperationsföderalismus verbessern bzw. effektiver machen könnte.
Schlagworte
Deutscher, Föderalismus, Herausforderungen, Reformdebatte, Innenpolitik
Arbeit zitieren
Julian Wangler (Autor:in), 2006, Deutscher Föderalismus - Herausforderungen einer Reformdebatte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65519

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