Caryl Phillips’ The Final Passage zwischen Postkolonialismus und Postmoderne


Hausarbeit, 2007

22 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung in das HausarbeitsthemaS

2. Postmoderne
2.1 Definition Postmoderne
2.2 Roland Barthes’ Der Tod des Autors

3. Postkolonialismus
3.1 Definition Postkolonialismus
3.2 Ulrike Erichsens Geschichtsverarbeitung als kulturelle Selbstreflexion

4. Vergleich von Postkolonialismus und Postmoderne

5. The Final Passage in Anbetracht von Postmoderne

6. The Final Passage in Anbetracht von Postkolonialismus

7. Fazit

8. Literaturverzeichnis

1. Einführung in das Hausarbeitsthema

"First, why would a postcolonial novel reflect the ideas of postmodernism? Perhaps because the two different movements are not so different in their aims” (McInnis)

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit Caryl Phillips’ The Final Passage. Phillips gilt als postkolonialer Autor. Warum also sollten sich in seinen Werken, in diesem Fall The Final Passage, auch postmoderne Züge finden lassen? Existieren wirklich Merkmale, die sowohl Postmoderne, als auch Postkolonialismus charakterisieren können? Oder widersprechen sich diese beiden Literaturtheorien von Grund auf?

Diese und kommende Fragen sollen im weiteren Verlauf so gut es geht beantwortet werden. Dazu ist es zuallererst nötig, eine Vorstellung zu erlangen, wie Postmoderne und Postkolonialismus überhaupt definiert werden können. Anhand dessen sollen die beiden Theorien dann gegenübergestellt und letztlich mit Bezügen aus The Final Passage belegt werden, um dann ein aussagekräftiges Ergebnis zu der Frage zu erhalten, ob The Final Passage sowohl postmoderne als auch postkoloniale Themen in sich führt.

Meines Erachtens ist die Betrachtung von Postmoderne und Postkolonialismus im Fall von Caryl Phillips bzw. im Fall seines Werkes The Final Passage sinnvoll, denn diese beiden Theorien haben sich nicht nur zu etwa der gleichen Zeit entwickelt, Caryl Phillips’ Werk wurde auch zu Zeiten des Postkolonialismus bzw. des Postmodernismus veröffentlicht. Er selbst hat ganz klare Einflüsse der europäischen postmodernen Theorie, da er in England aufwuchs und dort seinen Universitätsabschluss erlangte.

Die Frage nach der Rolle des Autors soll zudem kritisch betrachtet werden. Hierzu sollen Roland Barthes’ Der Tod des Autors und Ulrike Erichsens Geschichtsverarbeitung als kulturelle Selbstreflexion dienen.

2. Postmoderne

Die Postmoderne bzw. den Postmodernismus begrifflich zu definieren ist ein schwieriges Unterfangen, da es sich um ein Theoriemodell handelt, welches nicht nur in der Literatur, sondern auch in Bereichen wie Kunst, Musik und Film, Soziologie, Mode, Technologie und insbesondere in der Architektur Eingang gefunden hat. Postmoderne Theoretiker der ganzen Welt streiten über einzelne distinktive Merkmale, ebenso zu welcher Zeit der Begriff genau entstand oder wie die Postmoderne als Epoche nach der Moderne zu verstehen ist: „Postmoderne als Krise der Moderne? Postmoderne als Endzeit oder Stillstand der Moderne? Postmoderne als Zerfallsform der Moderne? Postmoderne als reflektierte Stufe der Moderne?“ (Behrens 2004, S. 18) Ist es überhaupt legitim eine Epoche zu charakterisieren, in der man sich selbst noch befindet? Ist das nicht Aufgabe nachfolgender Generationen?

2.1 Definition Postmoderne

Meist werden als Ausgangspunkt für den Begriff der Postmoderne im Sinne der heutigen Bedeutung die „künstlerischen, politischen und medialen Umbrüche der 1960er Jahre in den USA“ (Nünning 2001, S. 543) genannt. Ein Name, der besonders häufig mit der Prägung der postmodernen Theorie in Zusammenhang gebracht wird, ist Jean-Francois Lyotard. Er veröffentlichte 1979 in Frankreich sein Werk La condition postmoderne, in dem er „die Krise der großen sinngehenden Erzählungen diagnostiziert (Nünning 2001, S. 411)“ Hiermit spielt Lyotard sowohl auf die Erzählung der Aufklärung mit ihrem Fortschrittsoptimismus, als auch auf die hegelmarxistische Geschichtsphilosophie an. Diese werden niedergelegt und nicht mehr geglaubt. Aber auch andere Zeitgenossen wie der frz. Historiker und Philosoph Michel Foucault, der frz. Soziologe und Kulturkritiker Jean Baudrillard und vor allem Jacques Derrida und Paul de Man, zwei Hauptvertreter der Dekonstruktion bzw. des Dekonstruktivismus, werden in Verbindung mit dem Postmodernismus sehr häufig genannt. Vor allem letztere Theorieströmung nahm großen Einfluss auf den Postmodernismus:

Für den Dekonstruktivismus gibt es keine Einheit von Wort und Sinn, und es ist daher nicht möglich, die Bedeutung eines Textes fest zu fixieren. Zudem ist für den Dekonstruktivismus der Text nicht die Schöpfung eines genialen Subjekts, sondern ein Kreuzungspunkt, an dem sich eine Vielfalt von Texten und Textbezügen überlagert. (Gern)

Eben diese dekonstruktivistische Auffassung, dass der Text nicht Schöpfung eines genialen Subjektes sei, lässt sich auch in der Postmoderne wieder finden. Hierauf wird in Kapitel 2.3 durch das Werk Der Tod des Autors näher eingegangen.

Um die Postmoderne einigermaßen definieren zu können, ist es wohl am sinnvollsten zuerst die Moderne, zumindest fragmentarisch, zu umreißen. So sagt man der Moderne beispielsweise nach, sie sei logozentrisch. Nach Derrida ist „logozentrisches Denken um ein transzendentales Zentrum bzw. ein übergeordnetes Konzept wie z. B. Gott, Natur, Mensch oder Phallus organisiert, dem eine absolute, außersprachliche Präsenz zugesprochen wird und das sprachliche Bedeutungen bestätigt und fixiert“ (Nünning 2001, S. 406) Die Postmoderne lehnt diesen Logozentrismus ab.

Zudem zieht die Moderne eine klare Trennlinie zwischen Hochkultur und Popkultur. Die Postmoderne hingegen will für jeden Konsumenten leicht verständlich und populär sein, ohne besondere Kenntnisse zu fordern. Der Moderne sagt man weiterhin eine fortwährende Innovation nach, ein stetiger Versuch neues zu schaffen. Dies lehnt die Postmoderne strikt ab. Für die Postmoderne gilt das Nothing New bzw. das Anything Goes. Alles ist schon einmal da gewesen. Charakteristisch ist die Rekombination des Vorhandenen, die Collagierung. Die Postmoderne schöpft also aus der Moderne:

Insgesamt liest die Postmoderne die Moderne […] wie einen Zitatenschatz, in dem alle Texte unabhängig von ihren Autoren, Intentionen, historischen Bezügen etc. gleichwertig nebeneinander stehen. Darüber hinaus interessiert sich die Postmoderne für den Subtext ebenso wie für den Hypertext, also für die unterschwelligen Schichten und für das Unbewusste der Texte ebenso wie für die Pfade, Spuren und Verknüpfungen der Texte untereinander. (Behrens 2004, S. 23)

In diesem Zusammenhang zeigt sich auch klar die intertextuelle Komponente innerhalb der Postmoderne. Alles, was die Moderne sowohl an Geschichtsschreibung als auch an narrativen Texten an Material hergibt, darf in der Postmoderne verwendet und zitiert werden, wobei die ursprüngliche Bedeutung dabei verloren geht. „Denn weil alles nicht mehr ist als eben Material zum Spielen, kann es nicht länger aufgeladen sein, weder politisch, noch ideologisch oder emotional.“ (Klein 2004) Dies ist ein wichtiges und wesentliches Stilmerkmal, welches die Postmoderne kennzeichnet.

Welche anderen Charakteristika zeichnen die Postmoderne noch aus? Fest steht, dass trotz der vielen Definitionen der Postmoderne, ein gemeinsames kritisches Verhältnis gegenüber der Moderne vorhanden ist. „Es geht um eine radikale Pluralisierung der modernen Kultur und Gesellschaft“ (Behrens 2004, S. 12) Man kann Texte in vielerlei Hinsicht interpretieren und verstehen: “The danger but also the point, for many postmodernists, of embedding theoretical and philosophical arguments within a literary rhetoric is that the text is thereby left open to all sorts of interpretations.“ (Butler 2002, S. 11). Dieses Merkmal wird auch in Hinsicht der Interpretation von The Final Passage eine Rolle spielen.

Im folgenden Abschnitt soll auf Roland Barthes’ Aufsatz Der Tod des Autors näher eingegangen werden. Barthes beschäftigt sich, wie sich aus dem Titel schon entnehmen lässt, mit der Wichtig- bzw. Nichtigkeit des Autors.

2.2 Roland Barthes’ Der Tod des Autors

Roland Barthes’ Tod des Autors von 1968 wird zwar in einem Atemzug mit dem Poststrukturalismus genannt, kann aber auch für die postmoderne Theorie gelten, zumal große Einflüsse der Postmoderne aus der Dekonstruktion und demnach aus dem Poststrukturalismus kommen.

„Die Geburt des Lesers ist zu bezahlen mit dem Tod des Autors“ (Barthes 1968, S. 193) Mit diesem Satz endet Barthes Analyse von Balzacs Geschichte Sarrasine. Ein prägnanter Satz, der in vielerlei Hinsicht zitiert und kritisiert wurde. Doch was hat es mit dem Tod des Autors auf sich?

Barthes stellt in seiner Analyse die Funktion und den Nutzen eines Autors in Frage. Er proklamiert die Verabschiedung des Autors aus der Interpretation literarischer Texte:

Er leugnet nicht, dass literarische Texte von einzelnen Autoren hervorgebracht werden. Indem er aber den Text zu einem „Gewebe von Zitaten“ erklärt, bringt er die Autonomie der künstlerischen Kreativität nahezu zum Verschwinden. (Barthes 1968, S. 181f.)

Die Eigenschaft des Zitierens, die Barthes anspricht, lässt sich, wie schon in der vorangegangenen Definition erwähnt, auch in der Postmoderne finden. Wie Roger Behrens auch betonte, liest die Postmoderne die Moderne wie einen Zitatenschatz. Es gibt in der Postmoderne von einem Autor nichts neues mehr zu schreiben, da alles schon einmal zuvor geschrieben wurde.

Unsere heutige Kultur beschränkt die Literatur tyrannisch auf den Autor, auf seine Person, seine Geschichte, seinen Geschmack, seine Leidenschaften. […] Die Erklärung eines Werkes wird stets bei seinem Urheber gesucht – als ob sich hinter der mehr oder weniger durchsichtigen Allegorie der Fiktion letztlich immer die Stimme ein und derselben Person verberge, die des Autors, der Vertraulichkeiten preisgibt (Behrens 2004, S. 186)

Barthes kritisiert die heutige Stellung des Autors in der Interpretation literarischer Texte. Und genau darin besteht die Gefahr: der Leser bzw. Interpret eines Werkes lässt sich dazu verleiten, biographische Betrachtungen des Autors in das Werk hineinzulesen, die er nicht mit der eigentlichen Intention des Werkes gleichsetzen darf.

Für Barthes hat aber letztlich die Linguistik ein entscheidendes analytisches Element zur Zerstörung des Autors entwickelt, „weil sie verdeutlicht, dass eine Äußerung (énonciation) insgesamt ein leerer Vorgang ist, der reibungslos abläuft, ohne dass man ihn mit der Person des Sprechers ausfüllen müsse“ (Barthes 1968, S. 188)

Für Barthes vereinen sich letztlich die Zitate verschiedenster Schriften nicht im Autor, sondern im Leser eines Werkes:

Es gibt aber einen Ort, an dem diese Vielfalt zusammentrifft, und dieser Ort ist nicht der Autor (wie man bislang gesagt hat), sondern der Leser. Der Leser ist der Raum, in dem sich alle Zitate, aus denen sich eine Schrift zusammensetzt, einschreiben, ohne dass ein einziges verloren ginge. Die Einheit eines Textes liegt nicht in seinem Zielpunkt – wobei dieser Zielpunkt nicht mehr länger als eine Person verstanden werden kann. (Barthes 1968, S. 192)

Um die Wichtig- oder Nichtigkeit eines Autors weiter zu untersuchen, biete sich an Michel Focaults Was ist ein Autor? hinzuzuziehen. Da dies allerdings den Rahmen der Hausarbeit und das eigentliche Thema verfehle, werde ich auf dieses Werk nicht weiter eingehen.

3. Postkolonialismus

Beim Einstieg in die Theorie des Postkolonialismus stellt sich die Frage, warum man sich heutzutage noch mit Themen wie Kolonisation etc. befassen sollte. Diese Frage stellen sich auch Ashcroft et. al in ihrem Werk The Empire Writes Back, auf welches später noch näher eingegangen wird:

Why should post-colonial societies continue to engage with the imperial experience? Since all the post-colonial societies [...] have achieved political independence, why is the issue of coloniality still relevant at all? (Ashcroft et. al 1989, S. 6)

Die Antwort auf dieser Frage liefern sie selbst, in dem sie gleich zu Anfang sagen, dass „More than three quaters of the people living in the world today have had their lives shaped by experience of colonialism” (Ashcroft et al. 1989, S.1) Eine Auseinandersetzung mit der Fülle an Literatur der ehemals kolonisierten Länder ist daher mehr als notwendig. Der Postkolonialismus stellt einen Versuch dar, Geschichte aus der Sicht der Kolonisierten wiederzugeben, denn ganz klar haben diese die Kolonialzeit anders erfahren als die Kolonialmächte. Doch wie schon für die Postmoderne, gilt auch für den Postkolonialismus, dass eine allgemein anerkannte Definition nicht existiert. Viele Theoretiker betrachten den Postkolonialismus als eine literarische Entwicklung innerhalb des Postmodernismus, andere wiederum behaupten, dass der Postkolonialismus eine, wie bereits genannt, Form der historischen Darstellung sei. Verstehen Theoretiker die Silbe post- als eine Gegenbewegung oder als eine Weiterführung des Kolonialismus? Wie ist der Begriff überhaupt entstanden?

[...]

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Caryl Phillips’ The Final Passage zwischen Postkolonialismus und Postmoderne
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Englische Philologie)
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
22
Katalognummer
V72386
ISBN (eBook)
9783638732796
Dateigröße
505 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Caryl, Phillips’, Final, Passage, Postkolonialismus, Postmoderne
Arbeit zitieren
Katrin Kausche (Autor:in), 2007, Caryl Phillips’ The Final Passage zwischen Postkolonialismus und Postmoderne, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72386

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