DÖF – „Codo (...düse im Sauseschritt)“: Eine ironische Anlehnung an den neuen deutschen Schlager


Hausarbeit, 2007

22 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung und Grundlagen der Analyse

2. „Berlin meets Wien“ – Ein deutsch-österreichisches Projekt

3. 1983 – Kommerzieller Höhepunkt und Ende der Neuen Deutschen Welle

4. „Im Sauseschritt in die Charts“ – Der Nr.1-Hit „Codo“
4.1. Kommerzielle Aspekte
4.2. Kulturelle Aspekte und gesellschaftlicher Hintergrund
4.3. Ästhetische Aspekte
4.3.1. Klangliche und visuelle Besonderheiten
4.3.2. Inhaltliche und sprachliche Beschreibung
4.3.3. Wirkung und Charakter der klanglich-visuellen Präsentation

5. NDW oder neuer deutscher Schlager? – Versuch einer Kategorisierung

6. Abschließende Bemerkungen

7. Literaturverzeichnis
7.1. Verwendete Literatur
7.2. Internetquellen

1. Einleitung und Grundlagen der Analyse

Die Band mit Namen „DÖF“ ist sicher nur noch wenigen Musikhörern ein Begriff und auch die Bezeichnung „Codo“ lässt nicht gerade auf einen bekannten Musiktitel oder sogar Nr.1- Hit aus den frühen 80er Jahren schließen. Spielt man diesen Song jedoch an, wird es eine eindeutige Mehrheit an Hörern geben, die sich, aufgrund der auffälligen Repetitionen im Chorus und der Textzeile „düse im Sauseschritt“, an dieses Lied erinnert. Wer hätte gedacht, dass ein Wiener „Szene-Freak“ namens Georg Januszewski der Band zur Entstehung des Songs mit anschließenden Charterfolg verhalf, indem er den Musikern einmal im betrunkenen Zustand die Zeile „...und ich düse, düse, düse“ vorsang. Januszewski bildete sich ein der Außerirdische Codo zu sein1 und prägte mit seinen Äußerungen die Thematik und Titelbezeichnung dieses Musikstücks.

Der oben aufgeführte Popsong soll im Folgenden analytisch betrachtet und dem historischen Kontext nach eingeordnet werden mit anschließender Herausstellung der Besonderheiten unter kommerziellen, kulturellen und ästhetischen Gesichtspunkten.

Bedingung bei der Auswahl des Titels ist die Notwendigkeit der Chartplatzierung in den TOP 10, d.h. die Plätze 1-10 der offiziellen Charts in Deutschland ermittelt durch Media Control im Auftrag des Bundesverbandes der Phonographischen Wirtschaft e.V.[1] und zusätzlich, wie es bei dem zu untersuchenden Titel der Fall ist, die offiziellen Charts aus Österreich und der Schweiz[2]. Gerade diese Bedingung ist von Wichtigkeit, denn die Analyse soll Aufschluss darüber geben, welche strukturellen und gestalterischen Merkmale, wie auch gesellschaftliche Hintergründe diesen Song zu einem „Hit“ werden ließen.

Eine Definition für den Begriff Hit im musikalischen Sinne zu finden, ist dabei nicht einfach. Zunächst ist die Bindung an den Tonträgerverkauf von Bedeutung, denn ein Hit ist ein kommerzielles Produkt der Pop-/Rockmusik oder U-Musik und als Massenware für

jeden zugänglich. Die verkauften Einheiten werden in Relation zu anderen verkauften Musiktiteln wöchentlich in den Charts abgebildet. Die Charts fungieren als Marketinginstrument der Musikindustrie und Vermittler zwischen Verkaufspotentialen und Tonträgermarketing. Dabei spielt in diesem kommerziellen Prozess die Quantität eine große Rolle und äußert sich in der Anzahl verkaufter Titel mit dem Ziel, den Umsatz von Tonträgern zu steigern und eine größtmögliche Konsumentengruppe zu erreichen. Die Qualität eines Popsongs lässt sich nicht allein über die Quantität oder Chartplatzierung beurteilen, denn der Konsum der Masse repräsentiert und orientiert sich nicht immer an qualitativen Bestleistungen.

Geht man von der englischen Sprache aus, so findet man für „Hit“ die Übersetzung „Treffer/ Schlag/ Schlager“. Das betreffende Lied zeichnet sich durch einen überraschenden, schnellen Chart-Einstieg in den höheren Positionen aus und „schlägt“, um es bildlich zu

sagen, ein, wie eine Bombe. Die Redewendung „einen Treffer landen“ signalisiert das gleiche, nämlich das Ziel, die ersten Plätze der Charts erfolgreich zu erreichen.

Dem Musik-Hit liegen, wie auch der Pop-/Rockmusik allgemein, Eingängigkeit, „Ohrwurmcharakter“, „Singbarkeit“, Wiederholungen, „Hook-Line“, Redundanz sowie Einprägsamkeit zugrunde. Spricht man vom „Ohrwurm“ setzt sich in einer Art kognitiver Prozess z.B. der melodische Part eines Popsongs im Gedächtnis über Stunden oder sogar einen gesamten Tag lang fest und bewusste Kontrolle darüber scheint unmöglich. Ein Phänomen, welches aus dem Alltag allgemein bekannt ist und bei einem Großteil von Musikhörern auftritt.

Wiederkennungs- und Überraschungseffekt sollten auf jeden Fall zutreffen, um von einem Hit sprechen zu können. Ebenso scheint die sofortige Speicherung bestimmter musikalischen Merkmale im Gedächtnis eine Voraussetzung dafür, dass ein Song zu einem Hit wird oder werden kann. Über das Erinnerungsvermögen gerät dieser Song nicht in Vergessenheit, denn ein Hit ist oft umschrieben als „unvergessener“ Song. Es muss dabei nicht immer die zugehörige Band in Erinnerung bleiben, gerade dann, wenn nur ein bekannter Song existiert, den die Mehrheit der Hörer kennt. In dem Fall werden Song und Künstler von Medien und Plattenindustrie in die Kategorie „One-Hit-Wonder“ eingestuft, was bedeutet, dass kein weiterer bemerkenswerter Charterfolg gelang.

Eine hohe Chartplatzierung kann auch durch die Plattenfirma oder Management gefördert, wenn nicht sogar forciert werden, z.B. durch Arrangement eines erfolgreichen Produzenten oder über Pressemitteilungen, positive Beiträge oder Aufmerksamkeitslenkung in Print-, Onlinemedien sowie TV und Rundfunk. Dies sei jedoch nur spekulativ erwähnt und müsste noch genauer verifiziert werden.

Aufgrund der wachsenden Fangemeinde kann ein Song ebenfalls zu einem Hit avancieren, schlichtweg über die mündliche Verbreitung. Dabei spielen soziale Mechanismen innerhalb dieses kulturellen Prozesses eine wichtige Rolle, wie die Orientierung an der Gemeinschaft bzw. Suche nach Gemeinsamkeit und Bildung von neuen Subkulturen innerhalb der Musikszene, wie z.B. Punks, Popper, Mods, Heavy Metal Fans etc.

Zu den ästhetischen Aspekten zählen die visuellen, klanglichen, sprachlichen bzw. inhaltlichen Umsetzungen des Songs und deren Wirkungen. Dies sind gestalterische und ganzheitliche Prozesse, die dem Popsong seine Struktur und Form geben.

Zuletzt sei noch erwähnt, warum gerade dieser Titel einer eher unbekannten, deutschsprachigen Band als Grundlage der Analyse ausgewählt wurde. Zum ersten zeichnet sich der Song besonders beim erstmaligen Hören durch eine Einzigartigkeit, Abwechslung und Mischung verschiedener Stilelemente und Genre aus, die es gilt näher zu bestimmen. Zweitens war die Recherche und Neugierde bezüglich des Bandnamens und der Combo, die dahinter steckt motivierend. Und drittens wird der Titel noch heute, mehr als 20 Jahre nach dem Chart-Erfolg, von Radiostationen, wie z.B. dem Berliner Rundfunk[3] mehrmals in der Woche gespielt und scheint nicht in Vergessenheit zu geraten.

2. „Berlin meets Wien“ – Ein deutsch-österreichisches Projekt

Der Bandname DÖF ist ein Kürzel und steht ausgeschrieben für „Deutsch-Österreichisches Feingefühl“. Um rechtlichen Problemen aus dem Weg zu gehen, wurde im Bandnamen die Bezeichnung „Freundschaft“ durch „Feingefühl“ ersetzt, da zu dem gleichen Zeitpunkt die bekannte und erfolgreiche Band der NDW (Neue Deutsche Welle) mit Namen D.A.F (Deutsch-Amerikanische Freundschaft) existierte, und dies bereits seit 1978. Die deutsch-österreichische Combo wählte ihren Namen in Anlehnung an diese NDW-Band, wobei D.A.F. als Ironisierung zu verstehen ist mit Bezug auf den Einfluss von amerikanischen Hörverständnis und Musikpräferenzen auf deutsche Musiker und Medien. DÖF befürwortet und fördert hingegen die Zusammenarbeit und den Austausch von Musikern und bezeichnet den beabsichtigten, gegenseitigen Einfluss von Teilnehmern der Musikszene Deutschlands und Österreichs Ende der 70er bzw. zu Beginn der 80er Jahre.

Die einzelnen Bandmitglieder sollen nun kurz vorgestellt werden:

Annette Humpe war kurzzeitig ein Bandmitglied der Neonbabies 1979 in Berlin und Sängerin sowie Keyboarderin bei Ideal, der einflussreichsten Formation der NDW ab April 1980. Sie hat sich bis heute als erfolgreiche Produzentin bewiesen, u.a. für DÖF, Rio Reiser, Die Prinzen und Lucilectric. In den 90er Jahren gründete sie mit ihrer jüngeren Schwester Inga Humpe das Projekt Humpe&Humpe und komponierte englische Popsongs. Ihre Begabung ist auf ihre musikalische Ausbildung zurück zu führen, sie nahm als 6-jährige Klavierunterricht und studierte später 6 Semester Klavier und Komposition an der Musikhochschule Köln. Die mittlerweile 56-jährige Sängerin ist auch heute noch erfolgreich mit der Band Ich+Ich in den deutschen Charts vertreten.

Inga Humpe tritt bei DÖF als Sängerin auf und wurde über ihre Schwester in die Band geholt. Vorher übernahm sie den Part als Sängerin und Keyboarderin bei den Neonbabies. Heute ist sie bekannt durch ihre charismatische, laszive Stimme, die auch zum Erfolg ihrer derzeitigen Berliner Band Zweiraumwohnung beiträgt.

Als Ideal im Herbst 1982 in Wien ein Album produzierte, entstand der Kontakt zwischen Annette und dem österreichischen Kabarettistenduo Manfred O. Tauchen und Joesi/ Josef Prokopetz. Daraufhin wurde Anfang 1983 das Projekt DÖF ins Leben gerufen. Die beiden

Österreicher waren bereits in ihrer Heimat bekannt durch ihren Beitrag zu dem ersten Alpenmusical Watzmann, mit Musik von Wolfgang Ambros[4]. Das Rustikal in 8 Hörbildern mit Liedtexten von Prokopetz und der Inszenierung von Tauchen wurde 1972 im ORF vorgetragen, im Jahre 1974 erschien dazu die legendäre Hörspielplatte.

Prokopetz ist bis heute bekannt als Sänger, Moderator, Songwriter, Schriftsteller, Kabarettist, Darsteller und Werbetexter. Kennzeichen der Lieder aus dem Watzmann ist der Wiener Dialekt und teilweise Merkmale des Kabaretts,

woraufhin der umstrittene Begriff Austro-Pop entstand, der als Herkunftsbezeichnung angedacht war.

In den Jahren von Anfang der 70er bis Mitte der 80er reagierten die Musikkonsumenten Österreichs mit Begeisterung auf diese Lieder und Austro-Pop galt zeitweise als eigenständige Musik. Es handelte sich um eine Art Dialektwelle in Österreich, ähnlich der NDW in Deutschland, und ist eher ein durch die Industrie konzipierter Begriff, der sich als Marketinginstrument versteht. In der 70er und 80er Jahre machte die österreichische Musikszene im Ausland auf sich aufmerksam und nutzte dabei den Aufwind der NDW, z.B. Künstler wie Falco oder EAV (Erste Allgemeine Verunsicherung) und DÖF. Der Begriff wird heute als Musikbezeichnung weniger positiv verstanden und teilweise strikt abgelehnt, auch aufgrund ausbleibender, qualitativ hochwertiger Musiker aus Österreich.

[...]


[1] Österreich aktuell, in: Der Musikmarkt, 01. August 1983, Nr. 15, S. 34

[2] Vgl. media control GmbH & Co. KG, Baden-Baden, URL: http://www.media-control.de/musik-charts.html

(Stand: 10.01.07)

[3] Vgl. hitparade.ch-Gruppe, Dietikon (Schweiz), URL: http://www.austriancharts.at und http://hitparade.ch

(Stand: 10.01.07)

[4] Vgl. Neue Berliner Rundfunk GmbH & Co. KG, Berlin, URL: http://www.berliner-rundfunk.de

(Stand: 18.01.07)

[5] Vgl. Fröstl, Peter, music promotions VeranstaltungsgmbH (Wien),

URL: http://www.wolfgangambros.at/index.php?page=disko (Stand: 18.01.07)

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
DÖF – „Codo (...düse im Sauseschritt)“: Eine ironische Anlehnung an den neuen deutschen Schlager
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
22
Katalognummer
V76574
ISBN (eBook)
9783638808132
ISBN (Buch)
9783638807593
Dateigröße
547 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Analyse eines Top10 Hits, Bezüge und Geschichte zur NDW, Musik der 80er, Merkmale eines Hits
Schlagworte
Schlager, DÖF, Hit, Popmusik, Musikhit, NDW, Austro-Pop, Humpe, Prokopetz, Popsong, Charts, Popmusikanalyse, düse, ironisch, Erfolg, Kommerz, kulturell, ästhetisch, Zweiraumwohnung, 80er, Charthits, Musik Hit, Popmusik Charts
Arbeit zitieren
Kristin Peukert (Autor:in), 2007, DÖF – „Codo (...düse im Sauseschritt)“: Eine ironische Anlehnung an den neuen deutschen Schlager, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76574

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