Cognitive Load Theory und der split-attention effect: Ein empirischer Test kognitionspsychologischer Erweiterungen


Diplomarbeit, 2007

134 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Theorie
1.1 Problemstellung
1.2 Literatur- und Theorieüberblick
1.2.1 Die Cognitive Load Theory
1.2.1.1 Darstellung der Theorie
1.2.1.2 Kritik an der Cognitive Load Theory
1.2.2 Die Cognitive Theory of Multimedia Learning
1.2.2.1 Darstellung der Theorie
1.2.2.2 Kritik an der Cognitive Theory of Multimedia Learning
1.2.3 Der split-attention effect und weitere Effekte
1.2.4 Wahrnehmungsorganisation und Objekterkennungstheorien
1.2.4.1 Ältere Faktoren der Wahrnehmungsorganisation
1.2.4.2 Kritik an den älteren Faktoren der Wahrnehmungsorganisation
1.2.4.3 Neuere Faktoren der Wahrnehmungsorganisation
1.2.4.4 Alternative Objekterkennungstheorien
1.2.5 Zusammenfassung und Zusammenhang der Konstrukte
1.2.6 Fragestellung und Hypothesen

2. Methode
2.1 Beschreibung der Stichprobe
2.2 Untersuchungsmaterial
2.3 Untersuchungsgeräte
2.4 Untersuchungsdurchführung
2.4.1 Untersuchungsablauf
2.5 Auswertungsmethoden
2.5.1 Festlegung der abhängigen und unabhängigen Variablen
2.5.2 Testbare Versuchsbedingungsvergleiche

3. Ergebnisse
3.1 Vorbereitende Analysen
3.2 Testung der Hypothesen
3.2.1 Ergebnisse für die Lernleistung
3.2.2 Ergebnisse für die Transferleistung
3.2.3 Ergebnisse für die Novizengruppe
3.3 Weiterführende Analysen
3.3.1 Deskriptive Zusatzanalyse der Transferfragen
3.3.2 Weiterführende Analysen der einzelnen Transferfragen
3.4 Ergänzende Ergebnisse zum Experiment
3.4.1 Ergebnisse zum Betrugsverhalten
3.4.2 Ergebnisse zur Verweildauer im Experiment

4. Diskussion

Literaturverzeichnis

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1.1. Modellhafte Darstellung der Cognitive Theory of Multimedia Learning nach Mayer und Moreno (2003)

Abbildung 1.2. Integrierte Version des Materials bei Experiment 1 von Moreno und Mayer (1999)

Abbildung 1.3. Separierte Version des Materials bei Experiment 1 von Moreno und Mayer (1999)

Abbildung 1.4. Ein Beispiel für den Faktor der Nähe nach Goldstein (2002). Die Punkte werden eher als vertikal verlaufende Zeilen aufgefasst

Abbildung 1.5. Ein Beispiel von Palmer (1992) für den Faktor der gemeinsamen Region. Pittsburgh wird mit Harrisburg gruppiert, obwohl Columbus näher ist

Abbildung 1.6. Ein weiteres Beispiel von Palmer (1992) für den Faktor der gemeinsamen Region. Obwohl die angrenzenden Punkte zwischen zwei Ellipsen räumlich näher zusammen sind, werden trotzdem die Punkte innerhalb der Ellipsen als gruppierte Einheit angesehen

Abbildung 1.7. Ein Beispiel von Goldstein (2002) für den Faktor der Verbundenheit der Elemente. Obwohl die unverbundenen Punkte räumlich näher zusammen sind, werden trotzdem die verbundenen Punkte als ein Element angesehen

Abbildung 2.1. Verwendete Animation im Experiment zur Entstehung von Blitzen. Es handelt sich hierbei um die integrierte Bedingung

Abbildung 2.2. Verwendete Animation im Experiment zur Entstehung von Blitzen. Es handelt sich hierbei um die separierte Bedingung

Abbildung 2.3. Verwendete Animation im Experiment zur Entstehung von Blitzen. Es handelt sich hierbei um die integrierte Bedingung mit gemeinsamer Region

Abbildung 2.4. Verwendete Animation im Experiment zur Entstehung von Blitzen. Es handelt sich hierbei um die separierte Bedingung mit gemeinsamer Region

Abbildung 2.5. Verwendete Animation im Experiment zur Entstehung von Blitzen. Es handelt sich hierbei um die separierte Bedingung mit verbundenen Elementen

Abbildung 2.6. Verwendete Animation im Experiment zur Entstehung von Blitzen ohne beschreibenden Text

Abbildung 2.7. Darstellung der sieben Fragen, welche den Versuchspersonen vor der eigentlichen Durchführung des Experiments dargeboten wurden

Tabellenverzeichnis

Tabelle 2.1. Beschäftigungsart der verwendeten Stichprobe

Tabelle 2.2. Häufigkeiten und Häufigkeiten in Prozent der Bildschirmauflösung in der Stichprobe

Tabelle 2.3. Darstellung der Anzeigedauer je Bild in der Animation, welche abhängig ist von der Anzahl der Wörter je Bild

Tabelle 2.4. Verwendete Browser und Betriebssysteme der Versuchspersonen

Tabelle 2.5. Die Beurteilerübereinstimmung zu allen fünf Fragen

Tabelle 2.6. Angabe der interpretierbaren und nicht interpretierbaren Versuchsbedingungsvergleiche in Abhängigkeit von der Ceteris-Paribus-Regel

Tabelle 3.1. Häufigkeit, sowie Mittelwert und Standardabweichung der Lernleistung zu Frage 1, in Abhängigkeit von der Versuchsbedingung

Tabelle 3.2. Häufigkeit, sowie Mittelwert und Standardabweichung der Transferleistung zu den Fragen 2 bis 5, in Abhängigkeit von der Versuchsbedingung

Tabelle 3.3. F-Werte der Versuchsbedingungsvergleiche für die Lernleistung. Kursive Werte sind aufgrund der Ceteris-Paribus-Regel nicht eindeutig interpretierbar

Tabelle 3.4. F-Werte der Versuchsbedingungsvergleiche für die Transferleistung. Kursive Werte sind aufgrund der Ceteris-Paribus-Regel nicht eindeutig interpretierbar

Tabelle 3.5. Mittelwerte der einzelnen Transferfragen in Abhängigkeit von der Versuchsbedingung

Tabelle 3.6. F-Werte der Versuchsbedingungsvergleiche für Frage 2. Kursive Werte sind aufgrund der Ceteris-Paribus-Regel nicht eindeutig interpretierbar

Tabelle 3.7. F-Werte der Versuchsbedingungsvergleiche für Frage 3. Kursive Werte sind aufgrund der Ceteris-Paribus-Regel nicht eindeutig interpretierbar

Tabelle 3.8. F-Werte der Versuchsbedingungsvergleiche für Frage 4. Kursive Werte sind aufgrund der Ceteris-Paribus-Regel nicht eindeutig interpretierbar

Tabelle 3.9. F-Werte der Versuchsbedingungsvergleiche für Frage 5. Kursive Werte sind aufgrund der Ceteris-Paribus-Regel nicht eindeutig interpretierbar

Tabelle 3.10. Summe der unerlaubten Tastenbetätigungen, geordnet nach der Frage

Tabelle 3.11. Verweildauer in den entsprechenden Abschnitten des Experiments. Die Mittelwerte und Standardabweichungen sind gerundeten Sekunden

Tabelle 3.12. Häufigkeit und Häufigkeit in Prozent bezüglich der Überschreitung der Zeitbegrenzung, in Abhängigkeit von der gestellten Frage

Zusammenfassung

Mit der Cognitive Load Theory und der Cognitive Theory of Multimedia Learning existieren zwei Theorien zum Lernen mit multimedialen Inhalten. Aus beiden Theorien sind viele Effekte entstanden, wobei der split-attention effect sicherlich einer der bekanntesten ist. Dieser Effekt postuliert, dass die Lernergebnisse für den Lernenden umso besser ausfallen je näher Text und Bild beieinander sind. In einer aufwendigen Online-Untersuchung zum meteorologischen Phänomen „Die Entstehung von Blitzen“ wird experimentell der Frage nachgegangen, ob es nicht auch andere Möglichkeiten zur Verbesserung des Lernerfolgs gibt, ohne Text und Bild nahe beieinander zu platzieren.

Mit den neueren Faktoren der Wahrnehmungsorganisation bieten sich an dieser Stelle erstmalig Verknüpfungs­möglichkeiten an, besonders mit dem Faktor der Verbundenheit der Elemente und dem Faktor der gemeinsamen Region. Beide Faktoren werden kombiniert mit der räumlich nahen (integriertes Darstellungsformat) oder fernen (separiertes Darstellungsformat) Darstellung von Text und Bild, um so mit alternativen Möglichkeiten den Lernerfolg zu erhöhen. Zu diesem Zweck werden die Daten von 869 Versuchspersonen zur Beantwortung dieser Fragestellung, in Bezug auf die Lern- und Transferleistung, ausgewertet.

Die Hypothese über den Vorteil des integrierten Darstellungsformats kann in dieser Diplomarbeit nicht bestätigt werden, was gegen die Allgemeingültigkeit des split-attention effect spricht. Unterstützend wird die Hypothese verifiziert, dass die verknüpften Darstellungsformate nicht zu schlechteren Lernergebnissen führen, als das integrierte Darstellungsformat. Zusätzlich wird die Hypothese bekräftigt, dass das konstruierte Material passend und die verwendete Animation ohne beschreibenden Text nicht selbsterklärend ist. Als letztes Ergebnis kann sich die Gruppe mit wenig selbsteingeschätztem Vorwissen nicht signifikant vom Rest der Stichprobe unterscheiden, was aber notwendig gewesen wäre zur Bestätigung der Hypothese, dass Novizen mehr kreative Lösungen generieren.

Der negative Aspekt des split-attention effect kann damit auch mit anderen Mitteln umgangen werden, als mit der bisher favorisierten Herangehensweise der hohen räumlichen Nähe von Text und Bild. Der Einfluss und Nutzen der neueren Faktoren der Wahrnehmungsorganisation sollte in weiteren Studien zur Cognitive Load Theory untersucht werden.

1. Theorie

1.1 Problemstellung

Es existieren zwei populäre Theorien zum Lernen mit multimedialen Inhalten: die Cognitive Load Theory nach Sweller, van Merriënboer und Paas (1998) und die Cognitive Theory of Multimedia Learning nach Mayer (2005). Beide Theorien sind sich sehr ähnlich, so dass im Folgenden nur die Unterschiede herausgearbeitet werden.

Nach Sweller et al. (1998) wurde die Cognitive Load Theory hauptsächlich entwickelt, um die Präsentation von Informationen in einer solchen Art und Weise zu gestalten, dass ein Lernender immer seine optimale intellektuelle Leistung erreichen sollte. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt Mayer (2005) mit seiner Cognitive Theory of Multimedia Learning. So will Mayer mit seiner Theorie erklären, wie Personen aus Wörtern (in gedruckter Form oder als gesprochener Text) und aus Abbildungen (Illustrationen, Fotos, Diagrammen, Animationen oder Videos) lernen.

Allerdings weisen beide Ansätze theoretische Schwächen auf, wenn sie versuchen mit Effekten umzugehen, welche direkt aus den Theorien entstanden sind. Ein typisches Beispiel ist der split-attention effect, also wenn der Lernende seine Aufmerksamkeit zwischen verschiedenen Quellen aufteilen und dabei gleichzeitig die Inhalte dieser Quellen mental zusammenfügen muss. Sweller et al. (1998, S. 280) erklären die Entstehung des Effekts folgendermaßen: „Of considerable importance, the split-attention effect was obtained only when high element interactivity material was used, providing the first evidence of the importance of intrinsic, as well as extraneous, cognitive load.“ Es werden allerdings mit keinem Wort Beweise angeführt, sondern nur die daraus erfolgten Schlussfolgerungen als faktenbasierte Erkenntnisse ausgegeben. Ein­fache Erklärungen ohne Beweiskraft finden sich zum Beispiel auch bei Mayer (2001, S. 81): „Students learn better when corresponding words and pictures are presented near rather than far from each other on the page or screen.“

Die vorliegende Diplomarbeit will auf wissenschaftlichem Wege einen Beitrag dazu leisten, die beiden Theorien zum Lernen mit multimedialen Inhalten auf eine wissenschaftlich und empirisch fundierte Basis zu stellen, wobei ein besonderes Augenmerk auf den split-attention effect gelegt wird, also die Abhängigkeit des Lernerfolgs von der räumlichen Nähe von Text und bildhafter Darstellung. Dieser Effekt wird von mir mit den neueren Faktoren der Wahrnehmungsorganisation, speziell dem Faktor der gemeinsamen Region und dem Faktor der Verbundenheit der Elemente nach Palmer (1999), verknüpft. Meine Absicht ist es einerseits anhand kognitionspsychologischer Erweiterungen Möglichkeiten zur Umgehung des negativen Aspekts des split-attention effect darzustellen, andererseits den split-attention effect an sich zu hinterfragen. Das Ziel der vorliegenden Diplomarbeit ist es somit, einen Zusatznutzen für Wissenschaft und Praxis herzustellen, indem weitere Alternativen zur bisherigen Vorgehensweise beim split-attention effect theoretisch dargestellt und empirisch überprüft werden.

1.2 Literatur- und Theorieüberblick

In diesem Kapitel werden die beiden prominentesten Theorien zum Lernen mit multi­medialen Inhalten vorgestellt, die Cognitive Load Theory nach Sweller et al. (1988) und die Cognitive Theory of Multimedia Learning nach Mayer (2005). Später folgt die Beschreibung spezifischer Befunde dieser Theorien, wie zum Beispiel des split-attention effect nach Ayres und Sweller (2005) oder auch des redundancy effect nach Sweller et al. (1988). Den Abschluss bildet der Abschnitt zur Wahrnehmungs­organisation und diversen Objekterkennungstheorien, sowie die Formulierung der Fragestellung und der Hypothesen.

1.2.1 Die Cognitive Load Theory

1.2.1.1 Darstellung der Theorie

Für Brünken, Plass und Leutner (2004) handelt es sich bei der Cognitive Load Theory um eine Kapazitätstheorie, deren Schwerpunkt bei den Verarbeitungsprozessen des gelernten Materials liegt. Die Cognitive Load Theory basiert nach Sweller et al. (1998) auf drei Annahmen, welche ich im Folgenden kurz benenne:Die unbeschränkte Kapazität des Langzeit­gedächtnisses nach Baddeley (1997).

- Die Schematheorie zur mentalen Repräsentation von Wissen nach Chi, Glaser und Rees (1982).
- Die beschränkte Verarbeitungskapazität des Gedächtnisses, wie von Miller (1956) festgestellt.

Es existieren nach Sweller (2005) drei unterschiedliche kognitive Belastungen, beziehungsweise „loads“, bei der Beschäftigung mit multimedialen Inhalten: Der intrinsic cognitive load, der extraneous cognitive load und der germane cognitive load. Diese drei loads addieren sich zu einem gesamtem cognitive load zusammen. Hierbei ist der extraneous cognitive load diejenige Belastung, welche durch ein unangepasstes Instruktionsdesign entsteht, wie zum Beispiel durch multimediale Elemente, welche die Aufmerksamkeit des Lernenden ablenken.

Sweller (2005) verweist im Zusammenhang mit dem germane cognitive load auf den wichtigen Aspekt, dass das Ziel von Instruktionen das Erlernen von automatisierten Schemata sein sollte. Wenn nun das Instruktionsdesign die Beschränkungen des Arbeitsgedächtnisses nicht beachtet, dann bleibt die Effektivität der Instruktion dem Zufall überlassen und es wird kein Fokus auf die Schemakonstruktion und Schema­automatisierung gelegt. Erwähnenswert ist hierbei, dass der Begriff „germane cognitive load“ erst 1998 von Sweller et al. eingeführt wird und vorher nur abstrakt von der Konstruktion und Automatisierung von Schemata die Rede war. Die Einführung dieses neuen Konstrukts begründet sich nach Sweller et al. (1998) durch die Notwendigkeit, neu entdeckte Effekte der Cognitive Load Theory zu erklären. Nach Paas und van Merriënboer (1994) wird zum Beispiel durch die Variabilität der Aufgabenstellung die lernförderliche Schemakonstruktion und Schemaautomatisierung erleichtert, was wiederum einen hohen germane cognitive load kennzeichnet und damit zu verbesserten Leistungen bei den gestellten Aufgaben führt.

Der intrinsic cognitive load entsteht wiederum durch die natürliche Komplexität der zu verarbeitenden Informationen. Dabei spielt die Elementinteraktivität eine sehr wichtige Rolle, wobei sich Sweller (2003) auf den gesamten cognitive load bezieht. So gibt es auf der einen Seite Elemente, welche unabhängig voneinander gelernt werden können. Diese können einzeln gelernt und verstanden werden, wobei hier Verständnis als die Fähigkeit definiert wird, alle Elemente, welche notwendigerweise miteinander zusammenhängen, gleichzeitig im Arbeitsgedächtnis verarbeiten zu können. Das Erlernen von Material, welches aus solchen Elementen besteht, ver­ursacht nur einen geringen cognitive load. Sweller (2003) spricht hierbei von low element interactivity material. Das Erlernen des Vokabulars einer Fremdsprache wäre hierfür ein konkretes Beispiel, da zum Beispiel die Anzahl der Vokabeln vielleicht sehr groß sein mag, das Verständnis aber trotzdem nicht darunter leidet, da Vokabeln einzeln und hintereinander gelernt werden können.

Auf der anderen Seite gibt es Elemente, welche stark miteinander zusammenhängen, es existiert damit eine sehr hohe Elementinteraktivität. Hierbei entsteht ein hoher cognitive load, da die Informationen gleichzeitig verarbeitet werden müssen, um so ein hohes Verständnis beim Lernenden zu erreichen. Werden die Informationen nur hinter­einander gelernt und verarbeitet, dann wird zwar auswendig gelernt, aber es werden so keinerlei Verknüpfungen zwischen den verschiedenen Elementen hergestellt. Der gesamte cognitive load sinkt dadurch, aber es findet nach Sweller (2003) kein Verständnis statt, und er bezeichnet solch komplexes Material als high element interactivity material. Ein Beispiel dafür wäre die Syntax einer Fremdsprache, da hier alles gleichzeitig verarbeitet werden muss, um das Material zu verstehen. Findet keine gleichzeitige Verarbeitung statt, dann wird auswendig gelernt. Einfacher ausgedrückt: Beim Verständnislernen ist der gesamte cognitive load hoch, bei reinem Auswendiglernen ist er niedrig. Verständnis für gelerntes Material entsteht nach Sweller et al. (1998) nur bei hoher Elementinter­aktivität, wobei das Vorwissen des Lernenden einen entscheidenden Einfluss darauf hat. Je mehr passendes Vorwissen eine Person besitzt, desto niedriger kann ein möglicher intrinsic cognitive load werden.

Die drei unterschiedlichen loads addieren sich, wie bereits erwähnt, nach Sweller (2005) zusammen, wobei das Ziel der Instruktion sein sollte, den extraneous cognitive load zu verringern. Falls dies erreicht wird, könnte der lernförderliche germane cognitive load zum Tragen kommen. Ein hoher germane cognitive load kann bei gleichzeitigem hohem extraneous cognitive load noch akzeptabel sein, nämlich dann, wenn der intrinsic cognitive load niedrig ist und somit die Gesamtbelastung auf einem verhältnismäßig niedrigen Niveau liegt. Das Instruktionsdesign ist erst dann rele­vant, wenn komplexes Material gelernt werden muss, was einem hohen intrinsic cog­nitive load entspricht, und gleichzeitig ein hoher extraneous load durch ein schlechtes Instruktionsdesign zu einer Überschreitung der Arbeitsgedächtnisressourcen führt.

Schemata, welche im Langzeitgedächtnis gespeichert sind, ermöglichen es nach Sweller (2003), Material mit hoher Elementinteraktivität im Arbeitsgedächtnis zu verarbeiten und zwar so, als ob das Material nur aus einem einzigen Element bestünde. Die Benutzung und Förderung von Schemata wird als Königsweg beim Verständnislernen angesehen. Die interagierenden Elemente sind im Schema integriert, welches als eine Art zentrale Exekutive fungieren kann, um diese interagierenden Elemente zu koordinieren. Aber erst durch automatisierte Schemata wird es dem beschränkten Arbeitsgedächtnis ermöglicht, die Belastung zu senken und so mehr Informationen zu verarbeiten. Dies ist allerdings erst machbar, wenn durch vorheriges Lernen bereits automatisierte Schemata im Langzeitgedächtnis entstanden sind. Dies haben bereits Kotovsky, Hayes und Simon (1985) in ihren Experimenten eindrucksvoll gezeigt, in denen Versuchspersonen ohne entsprechende Schemata, bis zu sechzehnfach mehr Zeit für die gestellten Aufgaben benötigt haben. Sweller (2003) schlussfolgert daher, dass alles, was gelernt werden kann, durch Übung auch entsprechend automatisiert werden kann. Durch Übung wird immer weniger bewusste Anstrengung für die Informationsverarbeitung notwendig, zum Beispiel für das Wörter- und Satzverständnis im Alltag, womit auch entsprechend die Arbeitsgedächtnisbelastung abnimmt. Somit werden die beiden Funktionen von Schemata nach Sweller et al. (1998) deutlich: Speicherung und Organisation von Wissen im Langzeitgedächtnis, sowie die Reduktion der Arbeitsgedächtnisbelastung.

Dem Langzeitgedächtnis kommt an dieser Stelle eine besondere Rolle zu: Ericsson und Kintsch (1995) weisen nach, dass gut gelerntes Material im Langzeitgedächtnis keinen Beschränkungen bei der Verarbeitung im Arbeitsgedächtnis unterliegt. Dagegen können bei neu gelerntem Material die limitierte Kapazität und Dauer der Speicherung als Beschränkung auftreten.

1.2.1.2 Kritik an der Cognitive Load Theory

Horz (2004) nennt den wichtigsten Kritikpunkt an der Cognitive Load Theory, nämlich die Messung der einzelnen loads. Chandler und Sweller (1991) können die Theorie zwar in sechs beachtenswerten Experimenten aus verschiedenen Bereichen, wie zum Beispiel der Biologie, erfolgreich testen. Jedoch wurde bereits zu diesem Zeitpunkt methodische Kritik an der Theorie laut, wie beispielsweise von Dixon (1991). Noch kritischer ist Goldman (1991), welche nicht nur die Methoden kritisiert, sondern auch den Sinn der Theorie als Lerntheorie hinterfragt. Sweller und Chandler (1991) können zwar einerseits in ihren Erwiderungen den Großteil der Kritik widerlegen, andererseits bleibt die Nichtquantifizierbarkeit der einzelnen loads immer noch ein unlösbares Problem für die Theorie. Auch der Versuch von Paas, Merriënboer und Adam (1994) gelingt nicht, individuelle loads zu messen. Die Autoren präsentieren nur eine generelle Maßangabe, nämlich die aufgewendete mentale Anstrengung, den sogenannten mental effort, welche aber nur indirekt als Einheit für den cognitive load zu gebrauchen ist. Brünken, Plaas und Leutner (2003) betrachten die kognitive Belastung als Ganzes und können für diesen Ansatz erfolgreiche Messmethoden vorstellen, nämlich zum Beispiel ein direktes und objektives Verfahren wie den dual-task Ansatz, welcher kostengünstig und einfach umzusetzen ist. Die Nichterfassung von Vorwissen oder motivationalen Komponenten kann allerdings zu Verfälschungen bei den Lernergebnissen führen, was zum Beispiel bereits von Reed, Burton und Kelly (1985) festgestellt wird.

Schließlich bieten Paas, Tuovinen, Tabbers und Gerven (2003) Erklärungs­möglichkeiten an, wie die loads einzeln gemessen werden können. Gleichzeitig sehen sich aber die Autoren weder in der Lage ihre Erklärungen in der Praxis umzusetzen, noch wirklich Wege für eine praktikable Durchführung in der Zukunft aufzuzeigen. Erst wenn analytisch die interaktiven Elemente einer Aufgabe und gleichzeitig die Auf­gaben­merkmale gefunden sind, welche die Konstruktion und Automatisierung von Schemata unterstützen oder behindern, dann erst wird es nach Paas et al. (2003) möglich sein, die einzelnen loads messbar zu machen. Sie begnügen sich daher in ihrer Studie damit eine Gesamtbelastung, den sogenannten overall load, zu messen. Zusätzlich geben sie die Empfehlung ab, Trainings zukünftig an das Vorwissen und die individuellen Eigenheiten des Lerners anzupassen.

Damit wird eine sehr interessante Möglichkeit angesprochen: Multimediale Lern­pro­gramme, welche sich adaptiv an den Lernenden anpassen und somit kosten­günstige und schnelle Lernerfolge erwarten lassen. Van Merriënboer und Sweller (2005) ver­sprechen sich davon viel für die zukünftige Entwicklung der Cognitive Load Theory. Camp, Paas, Rikers und Merriënboer (2001) stellen dabei fest, dass dynamische Auf­gaben­stellungen zu einer höheren Effizienz bei der Übung führen. Der Grund dafür liegt in der höheren Variabilität der Aufgaben. Es werden jedem Lerner individuell genau die­je­nigen Aufgaben gestellt, welche er am Besten lösen kann, um so den größt­möglichen Lern­forschritt zu gewährleisten. Salden, Paas, Broers und van Merriënboer (2004) versuchen die Ergebnisse von Camp et al. (2001) zu replizieren. Aufgrund von Ände­rungen im Algorithmus der Auswahl­formel können nicht alle Hypothesen signi­fi­­kant be­stä­tigt werden, trotzdem wird eine positive Ergebnistendenz für die adaptiven Auf­ga­ben festgestellt.

1.2.2 Die Cognitive Theory of Multimedia Learning

1.2.2.1 Darstellung der Theorie

Neben der bereits vorgestellten Cognitive Load Theory, handelt es sich bei der Cogni­tive Theory of Multimedia Learning um die zweite prominente Lerntheorie im Mul­ti­media­bereich. Das primäre Ziel dieser Theorie ist nach Mayer und Moreno (2003) die För­derung des bedeutungsvollen Lernens, um so das Lösen von Transferaufgaben zu ermö­glichen. Dabei versuchen Mayer et al. (2003) der kognitiven Überlastung mit aus ihrer Theorie abgeleiteten Prinzipien entgegenzuwirken. Zusätzlich versucht Mayer (2005) mit seiner Theorie zu erklären, wie Personen aus Text und Bildern lernen, wobei er sich primär auf Erkenntnisse und Theorien aus der Kognitionspsychologie stützt.

Die Theorie basiert auf drei Annahmen aus der Kognitionsforschung:

- Die Existenz von zwei Verarbeitungskanälen nach Paivio (1986), welche separat zuständig sind für visuelles und verbales Material.
- Eine limitierte Verarbeitungskapazität im Arbeitsgedächtnis nach Baddeley (1997), womit nur einige Elemente gleichzeitig verarbeitet werden können.
- Die generative Verarbeitung nach Wittrock (1989), also das bedeutungsvolle Lernen, welches dann entsteht, wenn der Lerner geeignete kognitive Prozesse benutzt. Solche geeignete Prozesse sind die Auswahl relevanter Informationen, die mentale Organisation dieser ausgewählten Informationen in kohärente bildhafte und verbale Modelle, sowie die gegenseitige Inte­gra­tion dieser Modelle mit sich selbst und eventuell vorhandenem Vorwissen.

Die Zwei-Kanal-Annahme stützt sich auf die Theorie der dualen Kodierung von Paivio (1986), wobei er davon ausgeht, dass Menschen zwei getrennte informations­verarbeitende Kanäle für visuell und auditiv präsentiertes Material besitzen. Mayer (2005) sieht dies ähnlich und benutzt für seine Theorie einen auditiv/verbalen und einen visuell/bildhaften Kanal. Informationen, welche von den Augen aufgenommen werden, werden im visuellen Kanal verarbeitet. Informationen, welche im Ohr ankommen, werden im auditiven Kanal verarbeitet. Dadurch werden die Theorien von Paivio (1986) und Baddeley (1997) vermischt. Paivio fragt eher nach dem Präsentationsmodus, Baddeley hingegen nach der sensorischen Modalität. So wird zum Beispiel Text auf dem Com­puterbildschirm von Paivio im verbalen Kanal verarbeitet, bei Baddeley dagegen im visuellen Kanal. Dafür findet die Verarbeitung von Hintergrundmusik in einem Lern­programm bei Baddeley im auditiven Kanal, bei Paivio hingegen im nonverbalen beziehungsweise bildhaften Kanal statt.

Mayer (2005) geht mit seiner Theorie einen Kompromiss ein und wählt den Ansatz der sensorischen Modalität für visuell und auditiv präsentiertes Material. Dagegen wird der Präsentationsmodus verwendet, um zwischen der Konstruktion von bildhaft basier­ten und verbal basierten Modellen zu unterscheiden. Wichtig zu erwähnen sind noch die gekreuzten Kanalrepräsentationen in der Theorie von Paivio (1986). So kann das Hören des Wortes „Wolke“ zwar zu einer Verarbeitung im auditiven Kanal führen, die Bildung eines mentalen Bildes findet aber zusätzlich im visuellen Kanal statt. Die Theorie von Paivio (1986) findet eine gute Unterstützung in der Wissenschaft. Exemplarisch ist die Arbeit von Jakovidou (2004) genannt, welche die Annahmen von Paivio (1986) empirisch unterstützt. So produzierten im Experiment von Jakovidou (2004) die Versuchspersonen signifikant mehr nonverbale bildhafte Assoziationen, wenn ihnen ein realer Apfel gezeigt wurde. Hatten die Versuchspersonen hingegen nur das Wort „Apfel“ gesehen, dann produzierten sie mehr verbale Assoziationen.

Die zweite Annahme über die begrenzten Kapazitäten bei der Informationsverar­beitung wurde bereits sehr früh von Miller (1956) erforscht und führte zur Feststellung, dass sich Menschen etwa sieben „Sinneinheiten“ (chunks) gleichzeitig merken können. Baddeley (1997) hat danach diese Annahme weiter ausgeführt und so zum Beispiel in seinem Arbeitsgedächtnis-Modell die phonologische Schleife entwickelt. Baddeley (1997) berichtet so zum Beispiel, dass Versuchspersonen sich eine bestimmte Anzahl von Wörtern immer schwieriger merken können, wenn gleichzeitig die Anzahl der Silben dieser Wörter kontinuierlich ansteigt, was für die Beschränktheit der Ressourcen im Arbeitsgedächtnis spricht.

Die dritte Annahme nach Mayer (2001) bezieht sich auf die aktive Verarbeitung. Es wird angenommen, dass Menschen aktiv kognitive Prozesse anregen, um kohärente mentale Repräsentationen ihrer Erfahrungen zu generieren. Wittrock (1989) zufolge wird dies erreicht durch einen Aufmerksamkeitsprozess, einem Prozess welcher Infor­mationen organisiert und einem weiteren Prozess, der diese Informationen mit eventuell vorhandenem Wissen integriert. Die ersten beiden Prozesse finden im Arbeitsgedächtnis statt, der letztgenannte Prozess benötigt das Langzeitgedächtnis um die Informationen im Arbeitsgedächtnis zu verarbeiten.

Mayer und Moreno (2003) unterscheiden, analog zur Cognitive Load Theory von Sweller et al. (1998), zwischen drei Belastungen:

- Essential processing, dessen Merkmal die aktive Verarbeitung anhand der bereits fünf genannten Prozesse ist und das am ehesten dem germane cognitive load aus der Cognitve Load Theory ähnelt.
- Incidental processing entspricht den vom extraneous cognitive load repräsentierten unwichtigen Aspekten des präsentierten Materials, wie zum Beispiel Hintergrundmusik.
- Representational holding, was dem intrinsic cognitive load entspricht und beim Halten der verbalen und visuellen Informationen im Arbeitsgedächtnis auftritt.

Für Mayer (2005) liegt die Hauptherausforderung beim Instruktionsdesign, um das zu lernende Material so zu präsentieren, dass generative Verarbeitung gefördert wird, ohne dabei die Kapazitäten des Informationsverar­beitungssystems des Lerners zu überlasten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1.1. Modellhafte Darstellung der Cognitive Theory of Multimedia Learning nach Mayer und Moreno (2003).

Abbildung 1.1 stellt modellhaft die Cognitive Theory of Multimedia Learning nach Mayer und Moreno (2003) dar. In der Abbildung repräsentiert die linke Seite vom Arbeitsgedächtnis (working memory) die ankommenden Informationen, die rechte Seite stellt das konstruierte Wissen dar. Ganz rechts in der Abbildung befindet sich das Langzeitgedächtnis (long term memory), welches eine immens große Menge an Wissen über einen langen Zeitraum speichern kann. Um auf dieses Wissen zuzugreifen, muss es allerdings erst ins Arbeitsgedächtnis gebracht werden. So sind Menschen nach Mayer (2005) aktive Bearbeiter, welche versuchen aus multimedialen Präsentationen, also dem zu lernenden Stoff, einen Sinn zu erkennen.

Die dargestellten drei kognitiven Prozesse gehen nach Mayer (2005) in den bereits vorher kurz erwähnten Prozessen auf. Es handelt sich dabei um:

- Die Auswahl relevanter Wörter zur Verarbeitung im verbalen Arbeitsgedächtnis.
- Die Auswahl relevanter Abbildungen zur Verarbeitung im visuellen Arbeitsgedächtnis.
- Die Organisation der ausgewählten Wörter in ein verbales Modell.
- Die Organisation der ausgewählten Abbildungen in ein bildhaftes Modell.
- Die Integration der verbalen und bildhaften Repräsentationen untereinander und zusätzlich mit dem vorhandenen Wissen.

Diese fünf Prozesse müssen zwar nicht hintereinander ablaufen, für ein erfolgreiches Lernen mit multimedialen Inhalten muss der Lernende trotzdem alle fünf Prozesse koordinieren. Mayer (2005) erläutert diese Prozesse genauer, es werden hier nur die Kerngedanken wiedergegeben. Die Entscheidung für die Auswahl bestimmter relevanter Wörter und Abbildungen begründet sich dadurch, dass es Kapazitätsbeschränkungen in jedem Kanal gibt, beziehungsweise dass Verarbeitungsbeschränkungen im kognitiven System existieren. Deswegen wird nur ein Teil der präsentierten Informationen ausgewählt. Für die Organisation der ausgewählten Wörter bildet der Lernende eine kohärente Repräsentation ab, eine Wissensstruktur beziehungsweise ein verbales Modell. Danach werden Verbindungen innerhalb von Teilen des verbalen Wissens gebildet, wobei dieser Prozess höchstwahrscheinlich im auditiven Kanal stattfindet und den gleichen Kapazitätsbeschränkungen unterliegt, welche auch den Auswahlprozess beeinflussen. Bei der Organisation der ausgewählten Abbildungen wird ähnlich verfahren, nur wird nun ein bildhaftes Model konstruiert. Schlussendlich wird aus den separaten Repräsentationen, welche als verbales und bildhaftes Modell vorliegen, eine einzige Repräsentation gebildet. Zusätzlich werden Verbindungen zum vor­handenen Wissen hergestellt. Dieser Prozess ist besonders fordernd und benötigt die effiziente Nutzung der kognitiven Kapazitäten. Zusammenfassend handelt es sich hier um die Repräsentation von Wissen aus dem Langzeitgedächtnis, welche Sweller (2005) als Schema bezeichnet.

Neben den Theorien von Paivio (1986) und Baddeley (1997), bedient sich die Cognitive Theory of Multimedia Learning des Mehrspeichermodells von Atkinson und Shiffrin (1968), was anhand der Fließstruktur der Informationen auch aus Abbildung 1.1 ersichtlich ist. Damit wird nach Brünken et al. (2004) auch der Unterschied zur Cognitive Load Theory deutlich: Bei der Cognitive Theory of Multimedia Learning handelt es sich um eine Repräsentativitätstheorie, welche den Fokus auf die mentalen Repräsentationen legt. Mayer (2005) hingegen sieht die Nichtberücksichtigung der fünf Informationsprozesse als den einzigen Unterschied zur Cognitive Load Theory an.

Mayer (2005) entwickelt die Theorie seit 15 Jahren weiter. In der Zwischenzeit hatte sie viele unterschiedliche Namen, welche hier kurz aufgezählt werden: „model of meaningful learning“, „cognitive conditions for effective illustrations“, „dual-coding model“, „dual-processing model of multimedia learning“, „generative theory“ und „generative theory of multimedia learning“. Diese Namensvielfalt soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Mayer (2005) seine Theorie so gestaltet, dass er sie für testbar, empirisch plausibel und anwendbar hält. Sie ist damit konsistent mit kognitionswissenschaftlichen Lernprinzipien, macht Vorhersagen, welche überprüfbar sind, entspricht empirischen Ergebnissen aus der Forschung zum Multimedialernen und die Theorie ist relevant für die Verbesserung von Instruktionsdesigns im Multimediabereich. Trotzdem musste die Theorie in den vergangenen Jahren einige Ergebnisse und Annahmen revidieren, welche im folgenden Kapitel kurz genannt werden.

1.2.2.2 Kritik an der Cognitive Theory of Multimedia Learning

So wurde von Mayer et al. (2003) eine Individualisierung des Lernmaterials mit der Be­gründung gefordert, dass Lernende mit unterschiedlichem räumlichen Vorstellungsver­mögen in unterschiedlicher Art und Weise von den verwendeten Instruktionsdesigns profitieren. Mayer und Sims (1994) führten den Befund an, dass Personen mit hohem räumlichem Vorstellungsvermögen mehr von multimedialem Unterricht profitieren, als Personen ohne hohes räumliches Vorstellungsvermögen. In einem Interview mit Veronikas und Shaughnessy (2005) wird diese Behauptung von Mayer als falsch zugegeben. Sims und Mayer (2002) weisen nach, dass der Vorteil im räumlichen Vorstellungsvermögen nur bereichsspezifisch ist und nicht generalisiert werden kann. Im Experiment von Sims et al. (2002) wurden Versuchspersonen durch das Spielen des Computerspiels „Tetris“ im räumlichen Vorstellungsvermögen trainiert. Im Nachtest konnten die Versuchspersonen dann zwar Figuren, welche den Elementen im Spiel „Tetris“ ähnelten einfacher rotieren, bei anderen Figuren waren die trainierten Versuchspersonen allerdings nur genauso gut wie die Kontrollgruppe.

Eine weitere Schlussfolgerung von Mayer (1997) lautet, dass Lerner mit geringem Vorwissen mehr aus der Umgehung der negativen Aspekte des split-attention effect profitieren, als Lerner mit mehr Vorwissen, da den unerfahrenen Lernern das entsprechende mentale Modell nach Johnson-Laird (1989) bisher fehlt. Mayer und Gallini (1990), sowie Mayer et al. (1995) weisen diese Schlussfolgerung dadurch nach, dass Lerner ohne Vorwissen mehr kreative Lösungen generieren, wenn die zu lernenden Informationen in einer inte­grierten statt einer separierten Dar­stellungs­form präsentiert wird. Ich sehe hier das dritte Experiment von Mayer et al. (1990), welches sich mit der Funktionsweise von elektrischen Generatoren beschäftigte, als besonders kritisch an, da Lernende mit Vorwissen sehr wohl aus kom­plexen und längeren Texten weitere Vorteile erzielen können, unabhängig von der vor­ge­gebenen Darstellungsform. Die in den Artikeln angegebenen Schlussfolgerungen sind daher kritisch zu betrachten. Eine mögliche Erklärung für die hohen Er­geb­nisse sind möglicherweise Deckeneffekte. Eventuell wird auch ein expertise reversal Effekt repliziert, wie er von Kalyuga, Ayres, Chandler und Sweller (2003) beschrieben wird.

Die gerade kurz angerissenen Effekte werden in den folgenden Kapiteln genauer dargestellt. Der Schwerpunkt wird auf den split-attention effect gelegt, während der redundancy effect und der expertise reversal effect zusätzlich kurz erläutert werden.

1.2.3 Der split-attention effect und weitere Effekte

Mehrere Effekte werden durch die Cognitive Load Theory erklärt, wie zum Beispiel der split-attention effect, der den Schwerpunkt dieser Diplomarbeit bildet, und nach Sweller et al. (1998) nur bei hoher Elementinteraktivität auftritt. Ayres et al. (2005) definieren dabei split-attention dann als gegeben, wenn der Lernende seine Aufmerksamkeit zwischen verschiedenen Quellen aufteilen und dabei gleichzeitig die Inhalte dieser Quellen mental zusammenfügen muss. Als Quellen kann man zum Beispiel einen Text und die gleich­zeitige Darstellung einer Abbildung auf dem Computerbildschirm verstehen. Diese Quellen müssen sinnvolle Informationen enthalten, welche notwendig sind für den Lernenden, damit er das zu lernende Material versteht. Beim split-attention effect wird die kognitive Belastung erhöht, speziell der extraneous cognitive load. Die Lösung des Problems liegt nun nach Ayres et al. (2005) darin, die Lerninhalte in einem integrierten Darbietungsformat zu präsentieren, womit das sogenannte split-attention-principle erreicht wird, was wieder nur ein anderer Name für den split-attention effect ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1.2. Integrierte Version des Materials bei Experiment 1 von Moreno und Mayer (1999).

Abbildung 1.2 veranschaulicht das Material zu einem häufig benutzten Experiment zur Cognitive Theory of Multimedia Learning von Moreno und Mayer (1999). Das Bild zeigt dabei das integrierte Darstellungsformat an. Der passende Text wird räumlich nah an die entsprechende Stelle in der bildhaften Darstellung platziert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1.3. Separierte Version des Materials bei Experiment 1 von Moreno und Mayer (1999).

In Abbildung 1.3 wird die separierte Darstellungsform dargestellt, der erklärende Text befindet sich am unteren Bildschirmrand. Dieses Experiment wird als Referenzbeispiel von Mayer et al. (2003) für den spatial contiguity effect herangezogen, welcher bei Sweller et al. (1998) als split-attention effect bekannt ist. Bei diesem Effekt handelt es sich nach Mayer et al. (2003) um einen Mechanismus, um eine kognitive Überlastung des Lernenden zu verhindern. Nach Mayer et al. (2003) wird ein besserer Lerntransfer durch den sogenannten Kontiguitätseffekt erreicht, also der Verbindung von passenden Abbildungen mit dem dargestellten Text. Diese Technik nennen Mayer et al. (2003) auch „aligning“.

Moreno und Mayer (1999) unterteilen den split-attention effect in den spatial contiguity effect, welcher dem split-attention effect in der Cognitive Load Theory entspricht, und den temporal contiguity effect, was die asynchrone Darbietung von verbalem und nonverbalem Material darstellt. Die beiden Autoren haben auch das wahrscheinlich bedeutendste und wohl auch das am häufigsten zitierte Experiment zum split-attention effect durchgeführt, nämlich das Experiment 1 von Moreno et al. (1999). Dieses Experiment, welches auch die Basis dieser Diplomarbeit ist, hatte in drei Versuchsbedingungen insgesamt 142 Versuchspersonen, wovon allerdings zehn Versuchspersonen wegen eines zu hohen Vorwissens ausgeschlossen wurden. Im Experiment selbst wurde eine Animation zur Entstehung von Blitzen verwendet, welche ich ebenfalls als Grundlage verwende, und es wurde die räumliche Nähe zwischen Text und Bild manipuliert. Das Ergebnis erbrachte einen hohen Effekt für das integrierte Darstellungsformat, also der räumlichen Nähe von Text und Bild. Die fünf verwendeten Fragen in Experiment 1 von Moreno et al. (1999) zur Messung der Lern- und Transferleistung habe ich übernommen und übersetzt. Genauere Angaben zum Untersuchungsmaterial finden sich in Kapitel 2.2.

Der split-attention effect tritt nur auf, wenn für das Verständnis multiple Informationsquellen notwendig sind und diese nicht einzeln verstanden werden können. Sollten die einzelnen Quellen die gleichen Informationen darstellen, so sind sie unnötig und es entsteht der sogenannte „redundancy effect“, wie von Sweller et al. (1998) beschrieben, also dass die Lernleistung ausgehend vom benutzten Lernmaterial mit weniger Informationen besser ist, als die Leistung mit dem Material ohne entfernte Informationen. Zusätzlich müssen alle Quellen physisch gesehen separat sein. Unter separat versteht man hierbei, dass der Lernende räumlich suchen muss, um an die relevanten Informationen zu kommen und so der extraneous cognitive load erhöht wird. So stellen bereits Sweller et al. (1998) fest, dass selbsterklärende Diagramme ohne zusätzliche Erläuterung einfacher zu bewältigen sind.

Trotz des robusten Effekts muss nach Ayres et al. (2005) bei der physischen Integration von unterschiedlichen Informationsquellen sorgfältig aufgepasst werden. Ein einfaches Hinzufügen von Text zu einem Diagramm ist nicht der Sinn des split-attention-principle. Um den Effekt erfolgreich replizieren zu können, müssen die Quellen unterschiedliche Informationen beinhalten, das zu lernende Material muss eine hohe Elementinteraktivität besitzen und es muss das Vorwissen des Lernenden in Betracht gezogen werden. In ungünstigen Fällen könnte bei einer Missachtung dieser Regeln zum Beispiel ein expertise reversal effect auftreten, welcher nach Kalyuga et al. (2003) bei Versuchspersonen mit hohem Vorwissen replizierbar ist. Wenn nämlich Experten zu ihrem Gebiet zusätzliche Instruktionshilfen bekommen und diesen nicht ausweichen können, dann sind diese Informationen hinderlich für die Experten und nur die Novizen können davon profitieren. Die Instruktion überlappt sich nach Kalyuga et al. (2003) mit dem lernförderlichen Schema und hat negative Konsequenzen für die Experten.

Bemerkenswert ist an dieser Feststellung, dass Mayer (1989) bereits zu ähnlichen Schluss­folgerungen gekommen ist. So sind ein erklärender Text, Personen mit niedrigem Vor­wissen, hilfreiche Illustrationen und änderungssensitive Aufgabenstellungen zum Abruf des gelernten Materials notwendig, um den Vorteil von Abbildungen zu einem Text zu belegen. Die besten Ergebnisse können dabei Abbildungen erzielen, welche gleichzeitig an den entsprechenden lernkritischen Stellen beschriftet sind. Ohne entsprechende Abbildungen waren bei Mayer (1989) die Leistungen im Problemlösetransfer um 24 % schlechter. Mayer, Steinhoff, Bower und Mars (1995) fassen zusammen, dass Abbildungen dann am effektivsten sind, wenn der Text erklärt, wie ein bestimmtes System funktioniert und die passenden Abbildungen aus einer Serie von Bildern bestehen, welche Veränderungen in bestimmten Teilen des Systems dar­stellen. Zusätzlichen sollten die Abbildungen mit dem Text abgestimmt sein.

Allerdings muss an dieser Stelle noch ein grundlegendes Problem bei der Erforschung des split-attention effect angesprochen werden. Ginns (2006) bemängelt in seiner Metaanalyse die niedrige Stichprobengröße vieler Studien. So bestätigen zum Bei­spiel Kalyuga, Chandler und Sweller (1998) in ihren Experimenten zum leichteren Verstehen von elektronischen Schaltungen, den split-attention effect mit einem hohen Effekt, haben aber für ihre Experimente nur eine ein­stellige Anzahl an Versuchs­personen für die jeweiligen Versuchsbedingungen verwendet. Ginns (2006) macht noch auf einen weiteren Punkt aufmerksam: Während die Expe­ri­men­te mit den stärksten Effekten zum split-attention effect teilweise noch vom Anfang der 90er Jahre stammen und zusätzlich jeweils eine sehr niedrige Versuchs­per­so­nen­anzahl aufgewiesen haben, so ist es bei aktuelleren Studien mit einer höheren Ver­suchs­per­so­nen­anzahl kaum noch möglich, auch nur mittelstarke Effekte zu finden.

Es existieren auch Studien, die versucht haben den split-attention effect mit neuem Material zu replizieren, dies aber nicht geschafft haben. Beispielsweise können Michas und Berry (2000) in ihrem Experiment 3 zum Erlernen von Erste-Hilfe-Maßnahmen, keinen statistisch signifikanten Vorteil in der räumlichen Nähe zwischen Text und Zeichnung finden. Michas et al. (2000) schlussfolgern daraus, dass der split-attention effect bei der Anwendung von prozeduralem Wissen nicht auftritt. Damit folgen sie der Argumentation von Mayer et al. (1995), wonach bei alternativem Lernmaterial der Nachweis für den split-attention effect durchaus negativ ausfallen kann. Auch die Ergebnisse von Bodemer, Plötzner, Feuerlein und Spada (2004) sprechen gegen eine Verallgemeinerung des split-attention effect. So ist in ihrem Experiment 2 zur Funktionsweise von Luftpumpen der gefundene Effekt niedrig, obwohl es sich um Lernmaterial mit hoher Elementinteraktivität handelt.

Zusammenfassend kann man festhalten, dass nach Mayer et al. (1994) die negativen Aspekte des split-attention effect beim Lernenden die Bildung eines mentalen Modells zum gelernten Sachverhalt erschwert. Die separierten Informationsquellen sind für den Lerner wahrnehmbar getrennt und behindern so den Lernerfolg. Sind jedoch die relevanten Informationsquellen nah beieinander, so soll der Lernerfolg steigen. Diese Wahrnehmung von separierten und integrierten Darstellungsformaten muss allerdings nicht zwangsläufig immer so aufgefasst werden. Im folgenden Kapitel werden Objekterkennungstheorien und Theorien der Wahrnehmungsorganisation vorgestellt, welche eine Möglichkeit darstellen können, den split-attention effect in seiner bisher bekannten Form abzuschwächen oder vollständig zu eliminieren.

1.2.4 Wahrnehmungsorganisation und Objekterkennungstheorien

Bisher liegt das Augenmerk dieser Diplomarbeit in der Darstellung der Cognitive Load Theory und der Cognitive Theory of Multimedia Learning. Der zweite wesentliche Aspekt der Diplomarbeit beinhaltet nun die kognitive Erweiterung dieser Theorien. Zu diesem Zweck wird zuerst ein Überblick über ältere Theorien zur Wahr­nehmungs­organisation gegeben. Anschließend werden neuere Faktoren der Wahrnehmung­sorganisation vorgestellt, sowie alternative Objekterkennungstheorien skizziert. Zum Abschluss werden die behandelten Konstrukte, inklusive den Theorien zum multimedialen Lernen nochmals zusammenfassend dargestellt und in einen Gesamtzusammenhang gebracht.

1.2.4.1 Ältere Faktoren der Wahrnehmungsorganisation

Wertheimer (1923) ebnet durch seine Gestaltfaktoren, beziehungsweise Gestaltgesetze, den Weg für die Objekterkennungstheorien. Dabei hat Wertheimer (1921) schon kurze Zeit zuvor auf die Bedeutung der top-down Prozesse hingewiesen und erklärt, dass die menschliche Wahrnehmung mehr ist als nur ein bottom-up determinierter Prozess. Der Faktor der Prägnanz ist für ihn dabei der wichtigste Faktor, welchen er auch Faktor der Einfachheit nennt. Zusätzlich führt er den Faktor der Ähnlichkeit, den Faktor der fortgesetzt durchgehenden Linie, den Faktor der Nähe, den Faktor des gemeinsamen Schicksals, sowie den Faktor der Vertrautheit an. Goldstein (2002) zeigt in Abbildung 1.4 ein Beispiel für den Faktor der Nähe, wobei die dargestellten Punkte eher als vertikal verlaufende Zeilen aufgefasst werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1.4. Ein Beispiel für den Faktor der Nähe nach Goldstein (2002). Die Punkte werden eher als vertikal verlaufende Zeilen aufgefasst.

1.2.4.2 Kritik an den älteren Faktoren der Wahrnehmungsorganisation

Die von Wertheimer eingeführten Gestaltgesetze werden heute zum Beispiel von Palmer (1999) eher als Gestaltprinzipien verstanden, da sie für Gesetze zu schwach sind. Zusätzlich mangelt es diesen Prinzipien an objektiven und spezifischen Definitionen. So schreibt Metzger (1975, S.70-71) zum Gesetz der guten Gestalt: „Wenn die Reizverteilung ... eine Gliederung in einfache, „ordentliche“, nach einer einheitlichen Regel aufgebaute Teil-Gestalten zuläßt, so setzen sich diese „guten“ oder „ausgezeichneten“ Gestalten durch.“ Weiterhin schreibt Metzger (1975, S. 74-75): „Es schließt sich das zusammen, was seiner Natur nach „zusammengehört“; und zusammen gehört, was zusammen-„paßt“, das heißt was gemeinsam ein wohl-geordnetes, einheitlich aufgebautes Gebilde ergibt.“ Zusätzlich beschreibt Metzger (1975, S. 78): „Viele einheitliche Ganze bestehen aus lauter gleichen Teilen; aber auch das muß nicht so sein.“

Zusammenfassend erklärt Metzger (1975, S. 78-79): „Überhaupt darf man sich von dem Begriff der „guten Gestalt“ keine zu enge Vorstellung machen. Es gehören dazu zwar so schlichte Formen wie ein gerader Strich, ein Kreis oder ein Quadrat, für die man gleich ein geometrisches oder algebraisches Aufbaugesetz bei der Hand hat, das durch seine Einfachheit auffällt. Aber ebensogut gehören dazu auch unzählige nicht so leicht berechenbare Formen, nämlich alle diejenigen, von denen man den Eindruck hat: Das ist „aus einem Guß“.“

Diese Beispiele machen deutlich, dass die Gestaltpsychologen um Wertheimer und Metzger auf wichtige kognitive Basisleistungen der Wahrnehmung hinweisen, dass es ihnen aber nicht gelingt, die Gestaltprinzipien objektiv und präzise zu definieren. Das in den Zitaten von Metzger beschriebene Prinzip der guten Gestalt ist hierfür ein heraus­ragendes Beispiel. Wenn man nicht schon vorher weiß, was Prägnanz oder gute Gestalt bedeutet, so wird man nach diesen Beschreibungen kaum wissen, wie die Reizstruktur beschaffen sein muss, damit der Eindruck von Prägnanz beim Wahrnehmenden entsteht. Dieses Manko versucht Palmer (1999) mit seinen neueren Faktoren der Wahrnehmungsorganisation zu beheben.

1.2.4.3 Neuere Faktoren der Wahrnehmungsorganisation

Palmer (1999) hat für den Bereich der Gestaltfaktoren drei weitere Faktoren hinzugefügt, welche auch wissenschaftsmethodischer Kritik standhalten. Es handelt sich dabei um den Faktor der gemeinsamen Region, den Faktor der Verbundenheit der Elemente und den Faktor der zeitlichen Synchronizität. Ein besonderes Augenmerk wird auf die beiden erstgenannten Faktoren gerichtet, welche Beck und Palmer (2002) in ihren Experimenten empirisch bestätigen.

Der Faktor der gemeinsamen Region besagt nach Palmer (1992), dass bei Konstanthaltung aller anderen Faktoren, unterschiedliche Elemente dann als Gruppe wahrgenommen werden, wenn diese innerhalb einer verbundenen, gleich gefärbten oder einheitlich strukturierten Fläche mit der gleichen eingeschlossen Kontur und Farbe eingebunden sind. Unter Konstanthaltung aller anderen Faktoren versteht Palmer (1992), dass nicht mehrere Gestaltprinzipien gleichzeitig wirken, die sogenannte „Ceteris-Paribus-Regel“. Ist dies doch der Fall, kann eine Vorhersage der Ergebnisse nicht mehr getroffen werden, da die Wechselwirkungen weder mess-­, noch kontrollierbar sind. Zur Bestätigung des Faktors führt Palmer (1992) einige Beispiele an, wie zum Beispiel Landkarten. Städte innerhalb ameri­kanischer Bundesstaaten werden klar zum zugehörigen Bundesstaat zugewiesen, ohne Berücksichtigung der Tatsache, dass Städte aus benachbarten Bundesstaaten geo­graphisch näher liegen als andere Städte im gleichen Bundesstaat. Abbildung 1.5 zeigt ein Beispiel für den Faktor der gemeinsamen Region. Obwohl die Städte Pittsburgh und Harrisburg weiter voneinander entfernt sind als Pittsburgh und Columbus, werden die beiden erstgenannten Städte trotzdem als Gruppe wahrgenommen, welche zugehörig sind zum Bundesstaat Pennsylvania.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1.5. Ein Beispiel von Palmer (1992) für den Faktor der gemeinsamen Region. Pittsburgh wird mit Harrisburg gruppiert, obwohl Columbus näher ist.

Ein weiteres Beispiel für den Faktor der gemeinsamen Region wird in Abbildung 1.6 gezeigt. Dort wird deutlich, dass die Nähe der einzelnen Punkte nicht mehr entscheidend ist für die wahrgenommene Gruppierung der einzelnen Punkte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1.6. Ein weiteres Beispiel von Palmer (1992) für den Faktor der gemeinsamen Region. Obwohl die angrenzenden Punkte zwischen zwei Ellipsen räumlich näher zusammen sind, werden trotzdem die Punkte innerhalb der Ellipsen als gruppierte Einheit angesehen.

Auch für den Faktor der Verbundenheit der Elemente haben Palmer und Rock (1994) viele Beispiele gefunden. Die Autoren heben dabei hervor, dass im Gegensatz zu Wert­heimers Gesetz der Nähe die Elemente bereits bekannt sein müssen, welche dann durch ihre Verbundenheit als ein Objekt wahrgenommen werden. Demgegenüber ist nach Palmer (1999) das Gesetz der Nähe dadurch gekennzeichnet, dass die einzelnen Ele­mente weiterhin getrennt wahrgenommen werden und nur durch ihre gegenseitige Abhän­gig­keit als Gruppe wahrgenommen werden. In Abbildung 1.7 veranschaulicht Gold­stein (2002) mit der gleichen Argumentationsbasis den Faktor der Verbundenheit der Elemente.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1.7. Ein Beispiel von Goldstein (2002) für den Faktor der Verbundenheit der Elemente. Obwohl die unverbundenen Punkte räumlich näher zusammen sind, werden trotzdem die verbundenen Punkte als ein Element angesehen.

In einer Reihe von fünf Experimenten, stellen Palmer und Beck (in press) weitere positive empirische Befunde dar. So sind in ihrem Experiment 3 zur Wahrnehmung von Gruppen, in der neutralen Bedingung die Reaktionszeiten für den Faktor der gemein­samen Region und den Faktor der Verbundenheit der Elemente nicht nur nahezu identisch, sondern auch signifikant geringer als zu den anderen Versuchsbedingungen. Diese Ergebnisse sprechen sowohl für die Gleichwertigkeit der einzelnen neueren Fak­to­ren der Wahrnehmungs­organisation, als auch für Ihre Wirkung an sich. Methoden­kri­tisch anzumerken ist allerdings die niedrige Versuchspersonenanzahl mit nur zehn Personen.

An dieser Stelle muss nochmals die Ceteris-Paribus-Regel erläutert werden. Diese Regel besagt, dass man „unter sonst gleichen Bedingungen“ Unterschiede zwischen ver­schie­denen Versuchsbedingungen deutlich machen kann. Konkret bedeutet dies im vor­lie­genden Fall, dass nicht gleichzeitig zwei Faktoren wie zum Beispiel der Faktor der Ver­bundenheit der Elemente und der Faktor der gemeinsamen Region vorhanden sein dürfen. Wäre dies trotzdem der Fall, so könnte man nach Palmer (1999) nicht einen Faktor für ein bestimmtes Ergebnis verantwortlich machen. Interpretationen beim Vergleich von ver­schie­denen Versuchsbedingungen sind nur unter Berücksichtigung der Ceteris-Paribus-Regel erlaubt.

1.2.4.4 Alternative Objekterkennungstheorien

Die Kognitionspsychologie bietet neben den Gestaltprinzipien weitere Objekterkennungstheorien an. Die bekannteste ist die Merkmalsintegrationstheorie von Treisman (1980). Treisman legt dabei großen Wert auf die bottom-up Prozesse, also die frühen Phasen der Objektwahrnehmung. Merkmale werden dabei früh, automatisch und parallel verarbeitet, wohingegen die Objektidentifikation fokussierte Aufmerksamkeit benötigt. Man spricht dabei von präattentiver Verarbeitung und der später folgenden aufmerksamkeitsgerichteten Verarbeitung. Eine große Rolle spielen nach Treisman (1980) die sogenannten Elementarmerkmale, wie zum Beispiel Farbe und Helligkeit. Diese existieren in der präattentiven Phase unabhängig nebeneinander und werden erst bei der aufmerksamkeitsgerichteten Verarbeitung miteinander ver­knüpft. Aufmerk­samkeit ist dabei nach Treisman (1980) der „Leim“, welcher die vorher unabhängigen Merk­male in einheitliche Objekte integriert. Es gab jedoch viel Kritik an der Theorie und so musste Treisman (1998) die Theorie mehrmals modifi­zieren, damit wider­sprüchliche Befunde mit der Theorie konsistent wurden. Zusätzlich wurden die Expe­rimente mit sehr kurzen Zeitspannen durchgeführt, um die Bedeutung der bottom-up Prozesse zu demonstrierten. Im Kontext dieser Diplomarbeit, innerhalb der sich die Versuchs­personen lange Zeit mit den Objekten beschäftigt haben, ist diese Theorie nicht anwendbar.

Weitere Theorien, wie zum Beispiel die Textone von Julesz (1981), haben ebenfalls als Forschungsgegenstand primär die präattentive Verarbeitung zum Ziel. Julesz erfuhr aller­dings viel berechtigte Kritik von Enns (1986). Da auch der Schwerpunkt dieser Theorie bei der präattentiven Verarbeitung liegt, kommt sie für den Forschungszweck der vorliegenden Diplomarbeit ebenso nicht in Frage und wird nicht weiter verfolgt.

1.2.5 Zusammenfassung und Zusammenhang der Konstrukte

Sowohl die Cognitive Load Theory, als auch die Theory of Multimedia Learning, betonen die räumliche Nähe zwischen lernrelevantem Text und den dazu passenden Abbildungen. Ein Verstoß gegen das Prinzip der räumlichen Nähe führt im Rahmen der beiden vorgestellten Theorien zum multimedialen Lernen bisher immer zum split-attention effect, wodurch der Lernende mental stärker gefordert ist, um die weit auseinanderliegenden Quellen zu integrieren. Der Lerner kann dadurch sein Potential nicht vollständig ausschöpfen und erreicht schlechtere Lernergebnisse.

Die Kognitionspsychologie, speziell an dieser Stelle die Wahrnehmungs­psychologie, bietet Alternativen an, welche ohne eine zwingende räumliche Nähe der lernrelevanten Quellen auskommt. Insbesondere die neueren Faktoren der Wahrnehmungsorganisation nach Palmer (1999) bieten eine erfolgsversprechende Lösung für Aufgaben an, die nicht innerhalb weniger Millisekunden bearbeitet werden müssen. Ein zusätzlicher Ertrag wird deutlich wenn man sich vor Augen führt, dass zum Beispiel beim Faktor der gemeinsamen Region die entsprechenden Elemente einfach durch einen einheitlichen Rahmen gruppiert sind, ohne dass man sich nun im einzelnen Fall überlegen muss, an welcher Stelle der lernrelevante Text zur entsprechenden Abbildung positioniert werden muss.

Auch ein weiterer Zusammenhang muss an dieser Stelle explizit formuliert werden: Das bisher favorisierte integrierte Darstellungsformat zur Behebung des split-attention effect ist eigentlich nichts anderes als die konsequente Anwendung des Faktors der Nähe nach Wertheimer (1923). Die neueren Faktoren der Wahrnehmungs­or­ga­ni­sa­tion von Palmer (1999) sind hierbei eine Ergänzung zu den Arbeiten von Wert­heimer, zumal die neueren Faktoren auch objektiv nachprüfbar sind. Aus diesem Grund habe ich mich für dafür entschieden, den Faktor der Verbundenheit der Elemente und den Faktor der gemeinsamen Region mit den bisher verwendeten inte­grierten und sepa­rierten Darstellungsformaten zu verknüpfen. Die Bedeutung dieser Idee, ein ver­knüpftes Darstellungsformat zu konstruieren, wird im folgenden Kapitel die Basis meiner Fragestellung bilden und ist verantwortlich für die daraus resultierten Hypothesen.

1.2.6 Fragestellung und Hypothesen

Die vorliegende Diplomarbeit ist durch kognitionspsychologische Ergebnisse aus der Wahrnehmungsorganisation bestimmt. Die neueren Faktoren nach Palmer (1999) werden mit den bisherigen Darstellungsformaten verknüpft, um so meine dahinter­lie­gen­den Hypothesen zu bestätigen. Die Frage, ob dabei Text und bildhafte Darstellung als eigen­ständige Elemente angesehen werden können, ist an dieser Stelle von zentraler Be­deu­tung für die Diplomarbeit, da ansonsten die neueren Faktoren der Wahr­nehmungs­organisation nicht auf meine Fragestellung anwendbar sind. Palmer (Stephen E. Palmer, electronic mail, July 10, 2006) hat das Problem ebenfalls so gese­hen und stimmte meiner Sichtweise zu, dass Text und Bild eigenständige Elemente sind.

Aus den Arbeiten von Mayer (2001), sowie von Moreno und Mayer (1999), wird folgende Erkenntnis festgestellt: Text und bildhafte Darstellung sollten am Compu­terbildschirm so nah wie nur möglich zusammen sein, da es ansonsten zu signifikanten Leistungseinbußen kommt. Diese Annahme wird von Moreno et al. (1999) in ihren Experimenten zur Entstehungsweise von Blitzen sowohl beim einfachen Abruf, als auch bei den nachfolgenden Transferaufgaben zum gelernten Material festgestellt.

Ich argumentiere dagegen, dass für den split-attention effect, beziehungsweise das spatial contiguity principle, nicht nur die räumliche Nähe zwischen den Elementen Text und bildhafter Darstellung wichtig ist, sondern dass auch eine künstlich hergestellte Be­ziehung zwischen Text und bildhafter Darstellung zu mindestens gleich guten Lern­ergebnissen bei den Versuchspersonen führt. Die konkrete Frage­stellung für die vorliegende Diplomarbeit lautet daher: Ist räumliche Nähe von Text und bildhafter Darstellung zwingend notwendig als ent ­ schei ­ den ­ der Faktor im Wissenserwerb mit multimedialen Inhalten? Oder lässt sich bei feh ­ len ­ der räumlicher Nähe ein mindestens vergleichbarer Einfluss finden und bestätigen, wenn statt ­ dessen eine artifizielle Beziehung zwischen Text und bildhafter Darstellung her ­ gestellt wird?

Die Begründung für die wissenschaftliche Relevanz dieser Fragestellung erklärt sich einer­seits dadurch, dass der Versuch unternommen wird, die genannten Theorien zum multi­medialen Lernen kognitionspsychologisch zu untermauern und andererseits auf beste­hende Lücken in der Cognitive Load Theory, beziehungsweise in der Cognitive Theory of Multimedia Learning, hinzuweisen. Im vorliegenden Fall ist dies auf den split-attention effect bezogen.

Die praktische Relevanz dieser Fragestellung lässt sich beispielsweise dadurch begründen, dass sich beim Design von multimedialen Lerninhalten mehr Variations­möglichkeiten ergeben, wenn nicht immer nur auf die räumliche Nähe der verschie­denen Quellen geachtet wird. Diese Argumentation bildet auch die Basis meiner Hypothesen, die ich nun im Folgenden vorstelle und begründe.

Hypothese 1: Die Darstellung des Lernmaterials im integrierten Darstellungs­format führt zu signifikant besseren Leistungen, als die Darstellung im separierten Darstellungsformat.

Hypothese 2: Die verknüpften Darstellungsformate mit den neuen Faktoren der Wahrnehmungsorganisation nach Palmer (1999) führen nicht zu signifikant schlechteren Leistungen, als das integrierte Darstellungsformat.

Hypothese 3: Die Animation ohne beschreibenden Text schneidet als Kontrollbedingung gegenüber allen anderen Versuchsbedingungen signifikant schlechter ab.

Hypothese 4: Die Novizengruppe profitiert signifikant mehr als der Rest der Stichprobe und generiert damit mehr und kreativere Lösungsvorschläge.

Die Rechtfertigung meiner ersten Hypothese ergibt sich bereits aus den Ergebnissen der Metaanalyse von Ginns (2006), da dort für den spatial contiguity effect eine Effekt­stärke von d = 0.72 festgestellt wurde, bei einer Studienanzahl von 37. Der Effekt ist damit sehr gut repliziert worden. Zusätzlich ist das Untersuchungsmaterial bereits von Moreno et al. (1999) verwendet worden und es wird unter anderem als Referenzbeispiel für die Überlegenheit des integrierten Darstellungsformats verwendet, zum Beispiel von Mayer (2001).

Die zweite Hypothese begründe ich folgendermaßen: Die räumliche Nähe spielt nicht die einzig entscheidende Rolle beim Wissenserwerb und ‑transfer mit multi­medialen Inhalten, sondern auch eine künstlich hergestellte Beziehung zwischen bild­hafter Darstellung und Text beeinflusst den Lernerfolg. Die nicht klar definierten räum­lichen Bedingungen für den split-attention effect nach Sweller et al. (1998), beziehungs­weise das spatial contiguity principle nach Mayer (2001), erlauben weitere Inter­pretations­möglichkeiten für die gefundenen Effekte. Die vorliegende Hypothese erklärt sich daher auch mit der Interpretation der gefundenen Effekte unter der gleichzeitigen Beachtung objektiv präzisierter und definierter Bedingungen. Werden mehrere Quellen mit Hilfe der neueren Faktoren der Wahrnehmungsorganisation von Palmer (1999), speziell dem Faktor der Verbundenheit der Elemente und dem Faktor der gemeinsamen Region, gleichzeitig und gemeinsam als ein Objekt kognitiv verarbeitet, so sollte die kognitive Belastung sinken und von Vorteil sein für den Wissenserwerb und ‑transfer.

Die nachteiligen Auswirkungen der Animation ohne beschreibenden Text auf die Leistung des Lernenden beschreibt meine dritte Hypothese, welche ich anhand der Ergeb­nisse und Theorien von Sweller et al. (1998) begründe. Deren Forschung zum redundancy effect ist fundamental, da ansonsten bei einer Nichtbestätigung der Hypothese dem Lernenden zusätzliches Material an die Hand gegeben wurde, welches sich eventuell sogar störend auf den Lernprozess auswirken könnte. Der redundancy effect würde damit bei einer selbsterklärenden Animation mit zusätzlich hinzugefügtem Lernmaterial voll zum Tragen kommen.

Meine vierte Hypothese schließlich ergibt sich aus den Ergebnissen von Mayer (1997, 2001). Da die Versuchspersonen mit niedrigem Vorwissen bisher kein entsprechendes mentales Modell zum gelernten Material haben, sollten diese daher nach Mayer et al. (1995) besonders profitieren. Speziell mit dem integrierten Darbietungsformat sollten Novizen laut Mayer et al. (1995) eine höhere Anzahl an kreativen Lösungen generieren können als die restliche Stichprobe.

2. Methode

Nach der nun bereits vorgestellten Theorie folgt jetzt die Methode zur vorliegenden Diplomarbeit. Das durchgeführte Experiment wurde hierbei als Online-Untersuchung im Internet realisiert und war damit als Feldstudie konzipiert. Die Versuchsteilnehmer mussten zuerst ihr meteorologisches Vorwissen einschätzen. Danach wurden sie zufällig einer von sechs Versuchsbedingungen zugewiesen, in der eine dreiminütige Animation zur Entstehung von Blitzen dargestellt wurde. Die Versuchsbedingungen stellten eine Verknüpfung zwischen dem split-attention effect und den neueren Faktoren der Wahrnehmungsorganisation her, beziehungsweise untersuchten den split-attention effect an sich. Im Anschluss mussten die Probanden unter Zeitdruck fünf offene Fragen zur gesehenen Animation beantworten.

2.1 Beschreibung der Stichprobe

Insgesamt nahmen 2387 Versuchspersonen teil, wobei allerdings 1436 das Experiment vorzeitig abbrachen und nur 951 Versuchspersonen das Experiment vollständig durchlaufen haben. 62 Versuchspersonen wurden aus der Stichprobe ausgeschlossen, da sie angaben nicht ernsthaft daran teilgenommen zu haben. Weitere 20 Versuchspersonen wurden nach einer zusätzlich durchgeführten Einzelfallanalyse ausgeschlossen, da keine ernsthafte Versuchsteilnahme angenommen werden konnte. Diese Versuchspersonen hatten sich nur schnell durch das Experiment geklickt und dabei Nonsensangaben gemacht, so dass die Angaben nicht verwertbar waren.

Damit verblieben in der Stichprobe 869 Versuchspersonen, wobei hiervon 452 Personen männlichen Geschlechts waren und 417 Teilnehmer weiblich. Die Versuchspersonen waren durchschnittlich 25.41 Jahre alt, mit einer Standard­abweichung von 7.12 Jahren.

Die Stichprobe wurde mit hohem Zeitaufwand über diverse Mailinglisten von Fachschaften und Lehrstühlen rekrutiert, bestand aber vorwiegend aus Teilnehmern aus bestimmten virtuellen und sozialen Netzwerken im Internet, wie zum Beispiel den Unternehmen studiVZ oder OpenBC. Der damit verbundene hohe Anteil an Studenten wird in Tabelle 2.1 deutlich.

Tabelle 2.1. Beschäftigungsart der verwendeten Stichprobe.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Als Entschädigung für die aufgewendete Zeit konnten die Versuchspersonen an einer Verlosung teilnehmen. Es wurde insgesamt an 10 Personen jeweils ein 10,- Euro Gutschein von Amazon.de verlost. Um an der Verlosung teilzunehmen, konnte man am Ende des Experiments freiwillig seine E-Mail-Adresse angeben.

Die meisten Studenten kamen aus Mannheim (11 %). Andere Studienorte ergaben zwischen 2 % und 5 % der Nennungen. Psychologie war das am häufigsten genannte Studienfach mit 12 %, gefolgt von Informatik mit 9 % und Betriebswirtschaftslehre mit 8.9 %. Im Schnitt hatten die Studenten zum Zeitpunkt der Versuchsteilnahme 5.57 besuchte Studiensemester mit einer Standardabweichung von 3.68 Semestern. Der Maximalwert lag bei 27 Semestern.

Natürlich ist bei einer Diplomarbeit zum multimedialen Lernen auch die Erfassung der Bildschirmauflösung von Interesse. Tabelle 2.2 beschreibt die Verteilung der Bildschirmauflösung in der Stichprobe.

Tabelle 2.2. Häufigkeiten und Häufigkeiten in Prozent der Bildschirmauflösung in der Stichprobe.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Untersuchungsmaterial wurde von mir für die beiden gängigsten Auflösungen, 1024 x 768 Pixel und 1280 x 1024 Pixel, optimiert, wobei die eigentliche Animation 720 x 500 Pixel groß war. Die Auflösung 1280 x 800 Pixel unterscheidet sich hierbei nur marginal von der Auflösung 1280 x 1024 Pixel. Die Zahlen in Tabelle 2.2 rechtfertigen die Optimierung der Animationen für die genannten Bildschirmauflösungen, da weit über 80 % der Versuchspersonen damit arbeiteten.

2.2 Untersuchungsmaterial

Das Untersuchungsmaterial erklärte die Entstehungsweise von Blitzen und wurde unter anderem im Experiment 1 von Moreno et al. (1999) genutzt, wobei es von mir vollständig in die deutsche Sprache übersetzt wurde. Es wurde speziell dieses Material zu diesem Experiment ausgesucht, da es als Referenzexperiment in der Forschung zum split-attention effect diente. So wurde die herausragende Stellung dieses Experiments auch durch das Buch zum multimedialen Lernen von Mayer (2001) hervorgehoben, da das Experiment einen besonderen Stellenwert durch die häufige Zitierung im genannten Buch erreichte.

Durch das bereits eingeführte und empirisch bestätigte Material war es möglich eine theoretische Erweiterung zum split-attention effect zu testen. Leider konnten mir weder Mayer (Richard E. Mayer, electronic mail, July 30, 2006) noch Moreno (Roxana Moreno, electronic mail, July 30, 2006) die ursprünglich verwendeten Animationen zur Verfügung stellen. Ich konnte allerdings auf einem alternativen Weg die benötigten Informationen erhalten: Einerseits war im Anhang von Moreno et al. (1999) der gesamte zu lernende Text wiedergegeben, andererseits wurde der Text nahezu identisch in den Experimenten zur Demonstration des split-attention effect von Mayer et al. (1995), beziehungsweise von Mayer (1997) verwendet. In diesen Experimenten wurden allerdings andere Animationen verwendet. Somit habe ich also die Animationen aus Mayer et al. (1995) beziehungsweise Mayer (1997) mit dem Text aus Moreno et al. (1999) kombiniert. Das somit konstruierte Material wurde zuerst in einem Vortest mit vier Versuchspersonen überprüft. Veränderungen am Material aufgrund der Rückmeldungen im Vortest werden an entsprechender Stelle in dieser Diplomarbeit erläutert.

Insgesamt gab es in meiner Online-Untersuchung sechs verschiedene Versuchsbedingungen. Ich präsentiere an dieser Stelle das jeweilige verwendete Material und werde kurz die entsprechenden Unterschiede erläutern:

- Die intergrierte Versuchsbedingung wird in Abbildung 2.1 wiedergegeben, mit einem räumlich nah platzierten Text an der passenden Stelle der entsprechenden Abbildung. Eine vollständige Darstellung der Versuchsbedingung findet sich in Anhang A.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.1. Verwendete Animation im Experiment zur Entstehung von Blitzen. Es handelt sich hierbei um die integrierte Bedingung.

- Die separierte Versuchsbedingung wird in Abbildung 2.2 gezeigt, mit einem von der Abbildung räumlich fern platzierten Text. Die Versuchsbedingung ist vollständig dargestellt in Anhang B.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.2. Verwendete Animation im Experiment zur Entstehung von Blitzen. Es handelt sich hierbei um die separierte Bedingung.

- Die integrierte Versuchsbedingung mit gemeinsamer Region wird in Abbildung 2.3 vorgestellt, bei der der nah platzierte Text und die Abbildung durch einen einheitlichen Rahmen gruppiert sind. In Anhang C findet sich eine vollständige Darstellung der Versuchsbedingung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.3. Verwendete Animation im Experiment zur Entstehung von Blitzen. Es handelt sich hierbei um die integrierte Bedingung mit gemeinsamer Region.

- Die separierte Versuchsbedingung mit gemeinsamer Region wird in Abbildung 2.4 dargestellt, womit die Gruppierung von Abbildung und fern platziertem Text durch einen einheitlichen Rahmen gemeint ist. Vollständig dargestellt ist die Versuchsbedingung in Anhang D.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.4. Verwendete Animation im Experiment zur Entstehung von Blitzen. Es handelt sich hierbei um die separierte Bedingung mit gemeinsamer Region.

- Die separierte Versuchsbedingung mit verbundenen Elementen, die durch eine Verbindung des räumlich entfernten Texts mit der Abbildung anhand eines Balkens definiert ist und in Abbildung 2.5 gezeigt wird. Unter Anhang E wird die Versuchsbedingung komplett dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.5. Verwendete Animation im Experiment zur Entstehung von Blitzen. Es handelt sich hierbei um die separierte Bedingung mit verbundenen Elementen.

- Die Kontrollbedingung ohne beschreibenden Text, welche also nur die Abbildung präsentiert ohne erklärenden Text. Als Beispiel dient Abbildung 2.6. Diese Bedingung ist für die Kon­troll­gruppe gedacht und notwendig zur Prüfung, ob die Abbildung vielleicht als selbst­erklärend wahrgenommen wird. Wäre dies der Fall, würde nach Sweller et al. (1998) der redundancy-effect entstehen. Auch diese Versuchsbedingung ist ausführlich in Anhang F dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.6. Verwendete Animation im Experiment zur Entstehung von Blitzen ohne beschreibenden Text.

In meinem Vortest hatte sich die separierte Versuchsbedingung mit verbundenen Elementen als proble­matisch erwiesen, zum Beispiel in der Art und Weise wie die Elemente verbunden waren. Die vorher verwendeten Versionen wurden als „verwirrend“ und „irritierend“ bezeichnet. Die hier dargestellte Version in Abbildung 2.5 stellt dabei das Ergebnis aus den Rückmeldungen des Vortests dar.

Darüber hinaus ist es leicht nachvollziehbar, dass es nur eine Bedingung mit dem Faktor der Verbundenheit der Elemente geben kann. Da in der integrierten Bedingung der beschreibende Text so nah wie möglich an die passende Stelle in der Animation angebracht worden ist, besteht kein Raum mehr zwischen Text und Abbildung, um eine zusätzliche Verbundenheit der Elemente herzustellen. Daher kann dieser Faktor nur mit der separierten Bedingung verknüpft werden.

Die Versuchbedingungen unterscheiden sich damit in zwei Merkmalen: Einerseits in der räumlichen Nähe vom Text zur passenden Abbildung und andererseits im verwendeten Faktor der Wahrnehmungsorganisation. Durch die Kombination der Varianten dieser zwei Merkmale sind die weiter oben beschriebenen sechs Versuchsbedingungen entstanden.

Ein weiteres zu lösendes Problem war die Einblenddauer der einzelnen Bilder mit dem dazu passenden Text. Moreno et al. (1999) hatten insgesamt 16 Textpassagen in ihren Experimenten verwendet. Im Vortest wurde daher für jedes Bild eine Anzeigedauer von 11.25 Sekunden realisiert. Diese Zeit entsprach der Gesamt­anzeigedauer der Animation im Experiment 1 von Moreno et al. (1999) von 180 Sekunden, geteilt durch die 16 Textpassagen. Diese Zeiteinteilung erwies sich aber im Vortest als ineffektiv, da dadurch wortreichere Textpassagen nicht lange genug darge­stellt wurden.

Ich löste das Problem, indem die Gesamtwortanzahl gezählt und diese durch die Gesamtanzeigedauer geteilt wurde. Bei einer Gesamtwortanzahl von 270 Wörtern konnte nun für jedes Wort eine Anzeigedauer von 0.67 Sekunden berechnet werden. Multipliziert mit der Wörteranzahl pro Bild ergab sich so die Anzeigedauer je Bild. Tabelle 2.3 gibt Aufschluss über die Darbietungsdauer jedes einzelnen Bildes in der Animation.

Tabelle 2.3. Darstellung der Anzeigedauer je Bild in der Animation, welche abhängig ist von der Anzahl der Wörter je Bild.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Animation war so mit 0.8 Sekunden geringfügig länger als das dargebotene Material von Moreno et al. (1999). Zusätzlich wurde am Anfang drei Sekunden lang der Titel der Animation, „Die Entstehung von Blitzen“, eingeblendet. Nach 183.8 Sekunden wurde der folgende Text eingeblendet: „Die Animation ist nun beendet. Bitte am unteren Bildschirmrand auf „weiter“ klicken. Das Experiment wird dann fortgesetzt.“

Im Vortest wurde die Restanzeigedauer der Animation unten angezeigt. Dies wurde allerdings als störend und ablenkend empfunden, so dass in der durchgeführten Online-Untersuchung darauf verzichtet wurde.

[...]

Ende der Leseprobe aus 134 Seiten

Details

Titel
Cognitive Load Theory und der split-attention effect: Ein empirischer Test kognitionspsychologischer Erweiterungen
Hochschule
Universität Mannheim
Note
1.3
Autor
Jahr
2007
Seiten
134
Katalognummer
V81852
ISBN (eBook)
9783638847544
ISBN (Buch)
9783638845816
Dateigröße
3907 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Cognitive, Load, Theory, Test, Erweiterungen
Arbeit zitieren
Athanasios Mazarakis (Autor:in), 2007, Cognitive Load Theory und der split-attention effect: Ein empirischer Test kognitionspsychologischer Erweiterungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81852

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