Lexikalischer Wandel im heutigen Englisch - eine Untersuchung anhand des Computerwortschatzes


Magisterarbeit, 2007

94 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Grundlegende Konzepte
2.1 Wortbedeutung, Polysemie und Synonymie
2.2 Institutionalisierung und Lexikalisierung
2.3 Nichtetablierung und das Veralten von Wörtern
2.4 Produktivität
2.5 Potenzielle Wörter

3 Gründe für lexikalischen Wandel
3.1 Innovation und Wandel
3.2 Relevante Gründe für lexikalischen Wandel in der Computerterminologie
3.2.1 Bedarf an neuem Vokabular
3.2.2 Ausdruck von Lebensgefühl und Gruppenzugehörigkeit

4 Wortbildung
4.1 Komposita
4.2 Affigierung
4.3 Combining Forms
4.3.1 Die Form cyber
4.4 Konversion
4.5 Clipping
4.6 Blends oder Wortkreuzungen
4.7 Akronyme und Abkürzungen
4.8 Neologismen
4.9 Analogien oder Wortspiele

5 Borrowing oder Entlehnungen

6 Semantischer Wandel
6.1 Bedeutungserweiterung
6.1.1 digital/cyber/virtual/electronic
6.2 Bedeutungsverengung
6.3 Metapher
6.4 Metonymie
6.5 Ellipse
6.6 Tabu und Euphemismus
6.7 Bedeutungsverbesserungen und -verschlechterungen

7 Korpus Analyse
7.1 Verwendete Korpora
7.1.1 WebCorp - das Internet als Korpus
7.1.2 Korpus des Guardian und der New York Times
7.2 Wichtige Neubildungen der letzten Jahre
7.3 Beispiele von Ungebräuchlichkeit und Veralten
7.4 Ist die Form cyber immer noch produktiv?
7.5 Der Gebrauch von cyber, virtual, digital und electronic
7.6 Das Vorkommen von Ellipsen
7.7 Synonymische Wortbildungen
7.8 Der Einfluss der Computerterminologie auf andere Bereiche der Sprache
7.9 Ausblick auf andere mögliche Korpora

8 Fazit

9 Bibliographie

10 Abbildungsverzeichnis

11 Tabellenverzeichnis

12 Anhang

1 Einleitung

Lexikalischer Wandel ist allgegenwärtig und beeinflusst unsere Sprache in unterschiedlichen Bereichen. Im letzten Jahrhundert ist das Gebiet des Computers, neben dem der Kriegsführung1, der produktivste Liefererant von Neologismen. Der Computer hat das Ende des letzten Jahrhunderts mitbestimmt und das Internet nimmt im neuen Jahrtausend an Bedeutung immer weiter zu. Es ist also nur natürlich, dass durch diesen enormen technischen Fortschritt auch das Vokabular einer Sprache nachhaltig beeinflusst wird. Heutzutage ist zudem der Einfluss von Technologie und Wissenschaft auf das tägliche Leben enorm. Technische Begriffe werden jetzt nicht nur von Fachleuten benutzt, sondern gehören zum alltäglichen Vokabular eines jeden (Mair, 2006: 81).

Im Folgenden werden, nach einer einführenden Darstellung allgemeiner Begriffe und einer kurzen Vorstellung von Gründen für das Entstehen von Sprachwandel, die Prinzipien des lexikalischen Wandels beschrieben. Dieser findet auf drei Ebenen statt, die einzeln untersucht werden. Zum einen kann sich das Vokabular einer Sprache durch Prozesse der Wortbildung von innen heraus erweitern. Hierzu werden die eigenen Ressourcen einer Sprache herangezogen und neu miteinander kombiniert. Das Vokabular einer Sprache kann sich aber auch an fremden Ressourcen bedienen. Durch Entlehnungen aus anderen Sprachen werden Wörter, manchmal auch zusammen mit den sie bezeichnenden Konzepten, in die eigene Sprache eingeführt. Dieses war besonders in der Vergangenheit für das Englische sehr wichtig. Die letzte und zugleich wohl auch für die Sprecher einfachste Ebene ist das Erweitern und Verändern von Bedeutungen schon bestehender Wörter. Bei diesem semantischen Wandel wird für ein neues Konzept einfach ein schon bekanntes Wort benutzt und dessen Bedeutung dementsprechend angepasst. Es können aber auch bestehende Wörter in ihrer Bedeutung veralten und dadurch ungebräuchlich werden.

Im letzten Teil der Arbeit werden dann schließlich anhand einer Korpusanalyse einige der vorher dargestellten Wortbildungen und Bedeutungsänderungen in ihrem tatsächlichen Gebrauch untersucht und andere wichtige Phänomene des lexikalischen Wandels in der Computerterminologie, wie zum Beispiel wichtige Neubildungen und Beispiele von Veralterung, erläutert.

2 Grundlegende Konzepte

2.1 Wortbedeutung, Polysemie und Synonymie

Die Frage, was ein Wort genau bedeutet, kann oft nicht eindeutig beantwortet werden. Man unterscheidet zwischen ‚denotativer’ oder ‚konzeptualer’ Bedeutung einerseits und ‚konnotativer’ oder ‚assoziativer’ Bedeutung andererseits. Die denotative Bedeutung des Wortes ist seine Grundbedeutung und beschreibt objektiv das Konzept, was das Wort bezeichnet. Sie bleibt immer konstant und kann nicht verloren gehen und ist demnach kontext- und situationsunabhängig. Die genaue Bedeutung eines Wortes kann aber für jeden Sprecher unterschiedlich sein. Während der eine mit einem Hund etwas Positives verbindet, kann dieses Konzept für jemand anderen große Angst hervorrufen. Dieses wird dann als ‚konnotative’ oder ‚assoziative’ Bedeutung bezeichnet. Ein dritter wichtiger Faktor, der die Bedeutung eines Wortes festlegt, ist der Bereich (range) in dem das Wort verwendet wird. Jedes Wort wird in den meisten Fällen innerhalb einer bestimmten Umgebung verwendet. Diese trägt dann immer auch zur Bedeutung des Wortes bei (Stern, 1931: 38ff). Was ein Wort genau meint, wird also immer durch das Konzept, das es bezeichnet, den Sprecher, mit seinen subjektiven Vorstellungen und dem Kontext, in dem es verwendet wird, bestimmt.

Die Beziehung zwischen dem Ausdruck und dem, was er bezeichnet, ist grundsätzlich arbiträr. Sie folgt keinen Regeln. Deswegen gibt es in jeder Sprache Ausdrücke, die mehr als ein Konzept bezeichnen und Konzepte, die durch mehr als ein Ausdruck benannt werden können.

Von einer Polysemie spricht man, wenn ein Ausdruck mehrere Bedeutungen hat, die aber alle aus dem gleichen Wortursprung stammen2. Polysemie entsteht meist auf dem Weg zum Bedeutungswandel, wenn ein Wort zum Beispiel durch metaphorische oder metonymische Verwendung in seinem Gebrauch erweitert wurde. Es hat nun mehrere Bedeutungen, die nebeneinander gültig sind. Der Fakt, dass ein Wort polyseme oder homonyme Bedeutungen hat, heißt aber nicht, dass zwingend ein lexikalischer Wandel stattfinden muss und dass damit einige Bedeutungen obsolet werden. Oft existieren mehrere Bedeutungen über Jahrhunderte nebeneinander. Erst, wenn durch die Verwendung einer bestimmten Bedeutungsvariante potenzielle Missverständnisse in der Kommunikation entstehen, ändert sich die Bedeutung eines Wortes und ein Wort wird in einer bestimmten Bedeutung nicht mehr gebraucht (Keller/ Kirschbaum, 2003: 106ff). Generell lässt sich sagen, dass ältere Wörter häufiger polysem sind als jüngere, da sich neue Bedeutungen mit der Zeit entwickeln. Wörter, die häufig gebraucht werden, sind eher polysem als seltene Wörter, da die häufige Nutzung eine metaphorische Erweiterung nahe legt. Dieses trifft auch generell für Wörter zu, die konkrete Konzepte bezeichnen. Sie bekommen dann durch Metaphorisierung abstraktere Bezeichnungen (Lee, 1990: 217).

Unter Synonymie versteht man die Bedeutungsgleichheit zweier Wörter. Es gibt dabei allerdings nur selten eine perfekte Synonymie zwischen zwei Wörtern. Dieses würde nicht dem Prinzip der Sprachökonomie entsprechen. Dieses besagt, dass mit einem Minimum an Aufwand ein Maximum an sprachlicher Effektivität erzielt werden will. Es gibt vielmehr unterschiedliche Grade von Synonymie, die auf verschiedene Aspekte der Bedeutung eines Wortes hinweisen. So können zwei Synonyme unterschiedliche vorausgesetzte Bedeutungen (pressupositons) haben und werden daher in verschiedenen Kontexten benutzt. Synonyme können auch unterschiedliche Register, Stile oder Dialekte der Sprecher ausdrücken oder das Kommunizieren von bestimmten Emotionen ermöglichen (Cruse, 1986: 265ff). Es ist daher selten zufällig, welches Synonym in einer bestimmten Situation von einem Sprecher einem anderen vorgezogen wird.

2.2 Institutionalisierung und Lexikalisierung

Ein neues Lexem entsteht, indem ein Sprecher aus dem Moment heraus ein neues, noch nicht da gewesenes Wort benutzt. Dieses geschieht meistens, um eine gerade auftauchende lexikalische Lücke zu füllen. Es gibt einfach kein Wort, welches in den Kontext passen würde. Die Bedeutung so einer Neubildung ist aber noch nicht sicher festgelegt. Wenn ein Wort oder eine komplexe Form zum ersten Mal verwendet werden, spricht man von nonce formations. Im Gegensatz zu Neologismen oder coinages, die in ihrer Bildung keinen Regeln unterliegen, handelt es sich bei einer nonce formation um eine völlig regelkonforme Neubildung (Brinton/Traugott, . Es ist nicht einfach zu schätzen, wie viele Wörter, die im alltäglichen Gebrauch verwendet werden nonce formations sind. Die große Mehrheit von ihnen wird nur einmal von einem einzelnen Sprecher im benötigten Moment gebraucht und findet keine weitere Beachtung durch die Sprechergemeinschaft (siehe Kapitel 2.3).

Es ist im Folgenden aber anzunehmen, dass bestimmte nonce formations von verschiedenen Sprechern zu mehreren, verschiedenen Gelegenheiten benutzt werden. Dann wird das Wort irgendwann von Sprechern als bekannt angesehen. Besonders bei Komposita führt dieses dazu, dass eine mögliche Ambiguität in der Bedeutung nicht mehr wahrgenommen wird. Eine telephone box könnte auch eine Box in der Form eines Telefons sein, diese Bedeutungsmöglichkeit wird jetzt aber nicht mehr in Betracht gezogen. Das Wort ist somit institutionalisiert. Die Bedeutung ist jetzt transparent (Bauer, 1983: 48). Diese Art der Institutionalisierung kann nicht nur bei vollkommen neuen Wörtern, sondern auch für Bedeutungserweiterungen von bestehenden Wörtern, vorkommen.

Ein weiterer Schritt, eine Lexikalisierung, tritt dann ein, wenn das Wort durch einen Wandel im System der Sprache nicht mehr transparent in Form und Bedeutung ist. Lexikalisierung kann sich in unterschiedlichen Domänen manifestieren. So kann die Betonung eines komplexen Wortes von der ursprünglichen abweichen, es kann unterschiedliche Wurzeln eines Wortes geben, wie in eat und edible und es kann auch semantische Lexikalisierung auftreten. Das ist zum Beispiel bei opaken Komposita (siehe Kapitel 4.1) der Fall, bei denen die Bedeutung nicht mehr am Kopfwort abzulesen ist, wie in pickpocket. Üblicherweise geht eine Lexikalisierung mit einem Rückgang in der Vorkommenshäufigkeit des Wortes einher (Brinton/Traugott, 2005: 96f).

Eine Form wird als etabliert bezeichnet, wenn sie sowohl institutionalisiert, wie auch lexikalisiert ist. Sie findet sich jetzt in Lexika und Nachschlagewerken und ist für die Sprechergemeinschaft allgemein bekannt.

2.3 Nichtetablierung und das Veralten von Wörtern

Entgegen einer Institutionalisierung, bei der ein neues Wort erfolgreich in das Lexikon aufgenommen wird, gibt es auch Fälle, bei denen ein Wort wieder aus dem Gebrauch verschwindet oder es gar nicht erst in das Lexikon schafft. Diese erfolglose Bildung eines Neologismus oder einer nonce formation bezeichnet Algeo als desuetude (1993: 282). Ein Wort wird hier aus dem Moment heraus gebildet, weil ein dringender semantischer Bedarf besteht, der dann aber auch schnell wieder verloren gehen kann. Dieses Phänomen ist weit verbreitet und es fällt auf, dass die große Mehrheit der Neubildungen nicht erfolgreich ist und damit keinen dauerhaften Eingang ins Lexikon findet. Als Grund für diese hohe Zahl ist vor allem der Spieltrieb des Menschen zu nennen. Viele Wörter werden aus dem Moment heraus kreiert, wobei der Klang und die Assoziationen, die ein Wort weckt, eine große Rolle spielen (ebd.: 291). Die Wörter, die Desuetude zum Opfer fallen, kommen aus den unterschiedlichsten Kategorien (ebd.: 284ff). Im Bereich der Computerterminologie betrifft es vor allem Wörter, deren Referent nicht existent geworden ist, Firmennamen, technischer Jargon und Wörter, für deren Bezeichnetes sich ein anderes Wort durchgesetzt hat.

Bei einer Veralterung oder auch obsolescence wird ein vorher schon etabliertes Wort ungebräuchlich. Dieses passiert zum Beispiel, weil ein neues Wort seinen Platz eingenommen hat oder weil das Konzept, dass das Wort bezeichnet, selbst veraltet und ungebräuchlich wird. Obsolescence ist ein gradueller Prozess, der sich über einen langen Zeitraum hinziehen kann. Es ist schwer zu sagen, wann ein Wort wirklich komplett aus dem Lexikon verschwunden ist. Oft gilt es nur als veraltet, findet sich aber noch vereinzelt in speziellen Texten und Lexika (Görlach, 1982: 107f).

2.4 Produktivität

Mit dem Begriff der Produktivität wird die Fähigkeit von Morphemen und Lexemen beschrieben, eine unendliche Zahl von neuen Wörtern und komplexen Formen zu bilden. Es handelt sich hierbei um keine eindeutig abgrenzbare Kategorie, vielmehr unterscheidet man verschiedene Grade von Produktivität. So ist ein Morphem entweder produktiv, nicht produktiv oder semi-produktiv, also nur unter bestimmten Umständen produktiv (Bauer, 2001:17).

Wichtig für die Produktivität eines Morphems ist die Frequenz, in der es vorkommt, also wie häufig es in der Alltagssprache verwendet wird. Doch Frequenz darf nicht mit Produktivität gleichgesetzt werden. Ein Morphem kann produktiv sein, also in vielen verschiedenen Wortbildungen vorkommen und trotzdem nicht oft in einem Korpus erscheinen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn es nur wenige Basen gibt, mit denen es sich überhaupt verbinden kann (ebd.: 48). Produktivität effektiv zu messen, stellt deswegen ein großes Problem dar, das auch mit modernen Computerkorpora nicht vollständig gelöst werden konnte.

Produktivität wird zu einem großen Teil dadurch bestimmt, welchen Regeln und Restriktionen Wörter und Wortteile unterliegen. Diese strukturellen Einschränkungen sind besonders in der Wortbildung von Bedeutung. Hier hängt die Produktivität eines Prozesses wie der Derivation vor allem davon ab, welchen Regeln diese unterliegt. Aber auch pragmatische Faktoren, wie der Bedarf an neuen Wörtern für neue Konzepte und Mode und Trends sind für die Produktivität eines Lexems oder Morphems wichtig. Letzendlich bestimmt immer der Sprecher, welcher Prozess eine hohe Produktivität erreicht (Plag, 1999: 37ff).

Eine für diese Arbeit wichtige Einschränkung in der Produktivität stellt das Phänomen des Blockings dar (Plag, 1999: 50ff). Blocking meint zum einem, dass ein schon bestehendes homonymes Wort das Erscheinen eines neuen, gleichlautenden Wortes verhindern kann. Zum anderen, für diese Arbeit bedeutender, kann ein schon vorhandenes sinngleiches Wort das Entstehen eines synonymen Wortes blockieren. Hierfür ist es wichtig, dass die beiden Wörter soweit gleichbedeutend sind, dass sie nicht in wichtigen Bedeutungsnuancen voneinander abweichen (siehe Kapitel 2.1). Zudem muss das neu enstandene Wort morphologisch korrekt gebildet sein. Um ein neues Wort aber wirklich blockieren zu können, muss das bestehende Wort den Sprechern geläufig sein. Es muss also in einer bestimmten Frequenz in der Sprache vorkommen. Blocking ist also keine vorsorgliche Maßnahme der Sprache, Synonyme zu verhindern, es ist vielmehr das Resultat von Regeln der Wortbildung und der Verarbeitung von Wörtern im Gehirn des Menschen (ebd.: 52). Das Entstehen auch von sehr nahen Synonymen wird also nicht immer durch Blocking verhindert.

2.5 Potenzielle Wörter

Bei Wortbildungsprozessen werden bei Weitem nicht alle theoretisch möglichen Wörter auch realisiert. Viele Wörter, die durch Verfahren wie Affigierung oder Konversion entstehen könnten, etablieren sich niemals oder sie erscheinen plötzlich und ohne ersichtlichen Grund in der Sprache. Plag unterscheidet demnach zwischen possible words, möglichen Wörtern, die theoretisch durch Wortbildung entstehen könnten und actual words, solche, die tatsächlich entstanden sind (2003: 46). Manche Wörter sind also noch nicht im Lexikon etabliert, haben aber eine mehr oder wenig hohe Wahrscheinlichkeit, in Zukunft zu entstehen. Diese Wahrscheinlichkeit wird durch viele Faktoren semantischer, phonologischer, morphologischer und anderer Art beeinflusst, letztlich bleiben aber sprachexterne, nicht einsehbare Faktoren entscheidend (Kjellmer, 1995: 207).

Die Wahrscheinlichkeit, mit der ein potenzielles Wortes realisiert wird, steigt, wenn es sich an schon vorhandenen Strukturen in der Sprache orientiert. So ist die Verneinung mit un- als Präfix im Englischen schon etabliert. Neubildungen mit diesem Präfix sind deswegen weit verbreitet. Zusätzlich sollte das Wort auch für einen Laien, der über kein Spezialwissen verfügt, verständlich sein. Phonologische Faktoren, die ein Wort wahrscheinlicher machen, sind die leichte Aussprache und schon vorhandene Wörter mit ähnlichem Klang (Analogie). Zusätzlich sollte das Wort nach gängigen morphologischen Regeln gebildet worden sein. Auch die Produktivität eventuell vorhandener Affixe ist mitbestimmend. Die Übereinstimmung der Schreibweise mit der Aussprache ist ebenfalls günstig für ein Wort, sich zu etablieren.

Es sind aber auch andere, sprachexterne Faktoren wichtig. So ist es vorteilhaft, wenn das Wort prestigeträchtige und exotische Konnotationen weckt. Aber auch die Eingängigkeit, die meistens mit einer relativen Kürze eines Wortes einhergeht und humorvolle Konnotationen, begünstigen die Entstehung und Etablierung eines neuen Wortes. Diese Faktoren stehen aber in ihrer Relevanz hinter den vorher genannten zurück (Kjellmer, 1995: 208ff).

Untersuchungen haben zudem gezeigt, dass ein Wort schneller erlernt und ins Vokabular übernommen wird, wenn es häufig in bekannten Medien verwendet wird. Wichtiger ist aber noch der Kontext, in dem es verwendet wird. Denn durch den Kontext werden wichtige Hinweise zur Bedeutung eines Wortes gegeben. Nur, wenn man um die genaue Bedeutung eines Wortes weiß, wird man es letztendlich selbst verwenden und es somit in sein aktives Vokabular übernehmen (Aitchinson/Lewis, 1995: 17ff).

3 Gründe für lexikalischen Wandel

Für die Ursachen und Gründe von lexikalischem Wandel gibt es die unterschiedlichsten Theorien. Sicher scheint erst einmal nur, dass es ihn gab und es ihn auch in Zukunft geben wird. Da sich alle Dinge um uns herum verändern, wäre es falsch anzunehmen, unsere Sprache würde es nicht tun. Ursachen für Sprachwandel scheint es sehr viele zu geben, allgemein unterscheidet man aber linguistische, historische und soziale Gründe. Allerdings sind diese Motive nicht immer klar abgrenzbar, viele Wörter unterlaufen mehrere Wandel aus unterschiedlichen Gründen hintereinander (Ullmann, 1967: 223).

Linguistische Gründe kommen aus der Struktur der Sprache. Sie sind sprachimmanent und damit unabhängig von Faktoren, die die Kultur oder Umwelt einer Sprachgemeinschaft betreffen. Zum Beispiel werden hier unregelmäßige Formen von Verben oder Lücken in der Sprachstruktur beseitigt (MacMahon, 1994: 180).

Historische Gründe betreffen Änderungen in der materiellen Kultur einer Gesellschaft. Durch technischen Fortschritt und Innovationen ändert sich die Welt um uns herum. Während sich aber die Beschaffenheit der Dinge ändert, bleiben ihre Bezeichnungen oft noch erhalten. So bezeichnet ein „ straw “ immer noch einen Trinkhalm, obwohl dieser längst nicht mehr aus Stroh hergestellt wird. Die Sprache ist also konservativer und langsamer in ihrer Veränderung als die Wirklichkeit (Ullmann, 1967: 198).

Soziale Gründe sind besonders für die vorliegende Arbeit sehr wichtig. Wenn ein Wort von einer sozialen Gruppe besonders häufig benutzt wird, gehen Eigenschaften dieser Gruppe auf das Wort über. Ein Wort kann aber auch innerhalb einer Gruppe entstehen und dann irgendwann von der Allgemeinheit benutzt werden. Dieses kann dann zu Bedeutungsverengungen oder Erweiterungen führen (ebd.: 200).

Lange Zeit war man der Meinung, dass es sich bei Sprachwandel um einen sehr langsamen Prozess handelt, der immer nur im Nachhinein festgehalten, aber nie wirklich erfahren werden konnte. Heutzutage gibt es aber genügend Beispiele, die zeigen, dass er auch in der relativ kurzen Zeitspanne einer Generation stattfindet. Für jeden Menschen ist innerhalb seiner Lebensspanne also eine Veränderung seiner und der Sprache um ihn herum bemerkbar (Aitchinson, 2001: 37). Dieses trifft vor allem für den lexikalischer Wandel zu, der schneller als grammatikalischer Wandel stattfindet (Mair, 2006: 21).

Obwohl das Englische schon immer viele neue Wörter entlehnt und entwickelt hat, ändert es sich heute viel schneller und intensiver als zum Beispiel zur Zeit der Renaissance. Dieses liegt zum einen an der schnellen technologischen Entwicklung der heutigen Zeit. Computer und Internet spielen hier eine wichtige Rolle. Die Menschen gewöhnen sich schneller an neue Wörter. Neuheiten aus der Sprache von Technikenthusiasten, die auch das Brechen von orthografischen Regeln, sowie das Spielen mit Sprache beinhalten, werden bereitwillig in die Allgemeinsprache aufgenommen. Dieses kommt zumindest teilweise daher, dass durch das Internet und die neuen Medien eine weltweite Verbreitung von Sprache innerhalb von Sekunden möglich gemacht wurde (Crystal, 2004: 64). Viel wichtiger ist aber der Fakt, dass Englisch heute zur globalen Sprache geworden ist. Es wird inzwischen von sehr vielen Menschen auf der ganzen Welt gesprochen, auch häufig von solchen, für die es nicht ihre Muttersprache ist. Sie alle bringen Veränderungen und Neuerungen in die Sprache ein, die von der relativ kleinen Anzahl der Englischsprecher zum Beispiel in Großbritannien, nicht mehr beeinflusst werden kann (ebd.: 22f).

3.1 Innovation und Wandel

Die Unterscheidung zwischen Innovation und Wandel ist sehr wichtig für die Entstehung von lexikalischem Wandel. Eine Innovation ist immer vom Sprecher ausgehend, der in bestimmten kommunikativen Situationen zum Beispiel ein neues Wort benutzt (‚ speaker-innovation ’), während ein Wandel (‚ change ’) innerhalb des Systems der Sprache stattfindet. Die Sprecher einer Sprache sind diejenigen, durch die Innovation stattfindet und damit auch lexikalischer Wandel. Milroy definiert demnach „ speaker-innovation as an act of the speaker which is capable of influencing linguistic structure” (1992: 169). Sprachwandel ist also das Produkt von verschiedenen Sprechakten, die innerhalb einer Sprechergemeinschaft stattfinden, und kann nicht nur aus der Struktur der Sprache heraus erklärt werden (ebd.: 4).

Durch eine Innovation kann demnach ein Wandel im System stattfinden. Ob dieses wirklich geschieht, hängt vor allem davon ab, welcher Sprecher diese Innovation hervorbringt. Dieses sind typischerweise Sprecher mit hohem sozialen Prestige, die häufig eine eher höhere berufliche Position haben. Sie sind sowohl in ihrem räumlichen, wie auch sozialen Umfeld mobil und haben viele, eher lose Kontakte, besonders zu Menschen in ihrem beruflichen Umfeld. Dadurch können sich Innovationen von ihnen ausgehend, schnell weiter verbreiten (ebd.: 218f). Milroy unterscheidet zusätzlich zwischen innovators und early adaptors (1992: 184). Während der innovator relativ viele, eher lose Kontakte zu mehreren sozialen Gruppen hat, ist der early adaptor fest in eine soziale Gruppe integriert und besitzt in ihr ein hohes Ansehen. Wenn er ein neues Wort benutzt, sorgt der early adaptor also dafür, dass dieses sich in der Gruppe etabliert. Vorrausetzung ist hierfür natürlich, dass der adaptor für sich und seine Gruppe einen Vorteil darin sieht, wenn ein neues Wort benutzt wird. Dieser Vorteil besteht meistens aus einem Gewinn an Prestige. Ansonsten würden sich die Kosten, ein neues Wort zu lernen, nicht auszahlen (ebd.: 182). Die Funktion des innovators ist hingegen, ein neues Wort überhaupt in die Gruppe einzubringen oder es an andere soziale Gruppen weiter zu tragen. Lexikalischer Wandel ist immer ein gradueller Prozess, der sich innerhalb von sozialen Gruppen entwickelt. Wenn mit der Zeit ein Wort immer öfter mit einer bestimmten Bedeutung verwendet wird, wird dieser Gebrauch von immer mehr Menschen als regelkonform angesehen. Aber längst nicht alle Menschen einer Sprachgemeinschaft müssen dieser Ansicht sein (Keller/ Kirschbaum, 2003: 104).

3.2 Relevante Gründe für lexikalischen Wandel in der Computerterminologie

3.2.1 Bedarf an neuem Vokabular

Die Benennung von neuen Konzepten und Objekten mit neuen Wörtern ist die wohl wichtigste Ursache von lexikalischem Wandel. Für Dinge, die es bisher noch nicht gab, können auch noch keine Bezeichnungen existieren. So genannte ‚ lexical gaps ’ gibt es aus verschiedenen Gründen. So können sie durch Neuerungen in der Politik, Technologie und allen anderen gesellschaftlichen und persönlichen Bereichen entstehen. Immer wenn der Bedarf für ein neues Wort gegeben ist, gibt es mehrere potenzielle Wörter, die diese Lücke einnehmen können. Obwohl es Kriterien gibt (siehe Kapitel 2.5), welche Wörter sich eher durchsetzten als andere, lässt sich das nie genau sagen. Letztendlich hängt das immer vom Geschmack und Zeitgeist ab.

In dem Maße wie er entsteht, kann ein semantischer Bedarf, also der Bedarf für einen neuen Ausdruck, aber auch wieder abhanden kommen. Wenn das Konzept sich nicht durchsetzt, veraltet schließlich das Wort, das es bezeichnet mit ihm. Der bloße Fakt, dass es schon eine funktionierende Bezeichnung für ein Konzept gibt, besagt noch lange nicht, dass sich nicht auch andere Bezeichnungen für das schon vorhandene Konzept entwickeln können und letztendlich auch durchsetzen können. Das Prinzip des Blockings greift hier nicht (Kjellmer, 2000: 221ff). Dieses liegt besonders daran, dass Wörter durch häufige, teils inflationäre Benutzung einen Teil ihrer Ausdruckskraft verlieren. Sie kommen aus der Mode und werden durch neue und frischere Begriffe ersetzt, die mehr dem Zeitgeist entsprechen (Aitchinson, 2001: 146.) Es ist demnach auch nicht ausgeschlossen, dass sich zwei synonyme Bezeichnungen für ein Konzept etablieren, die dann zumindest zeitweise nebeneinander existieren.

Der Bedarf an neuem Vokabular ist auch für die Computerterminologie der zentrale Grund, warum in diesem Bereich lexikalischer Wandel stattfindet. Seit den vierziger Jahren wird der Computer immer weiter entwickelt und es entstanden und entstehen immer noch viele neue Konzepte, für die es vorher einfach keine Bezeichnung gab, weil sie nicht existierten. Für sie müssen jetzt Bezeichnungen gefunden werden.

3.2.2 Ausdruck von Lebensgefühl und Gruppenzugehörigkeit

Modeerscheinungen und Trends sind weitere wichtige Faktoren, die lexikalischen Wandel beeinflussen. Meistens entwickeln sich solche Tendenzen im Slang oder Jargon und werden dann auf die Allgemeinsprache übertragen. Trotzdem werden aber grundsätzlich potenzielle Wörter nach den oben erwähnten Kriterien (siehe Kapitel 2.5) bevorzugt und oft setzen sich auch Wörter durch, obwohl oder gerade weil sie keinem Trend entsprechen (Kjellmer, 2000: 225).

Ein wichtiger Aspekt für solchen Wandel ist die soziokulturelle Identität eines jeden Sprechers. Sprache dient nicht nur dazu, seinem Gesprächspartner simple Fakten näher zu bringen. In einem Gespräch vermitteln wir durch unsere Aussprache und Wortwahl auch immer etwas von unserer Identität und von der Stellung, die wir in der Gesellschaft einnehmen oder einnehmen wollen. Jeder von uns hat das Bedürfnis, aus der Masse hervorzutreten. Dieses bezeichnet Berg als den anti-egalitarian drive (1998: 45). Er macht sich dann auch in Lexik eines Sprechers bemerkbar. Durch das Benutzen von bestimmten Wörtern können wir die Zugehörigkeit zu einer Gruppe signalisieren oder uns von einer bestimmten Gruppe absetzen. Natürlich möchten wir immer zu der unserer Meinung nach prestigeträchtigsten Gruppe gehören. Was aber für jeden einzelnen Prestige ausmacht, ist schwer vorauszusagen. Generell gilt aber, je weniger Menschen einer Gruppe angehören und je weniger ein bestimmtes gruppenspezifisches Wort gebraucht wird, desto prestigeträchtiger ist es (ebd.: 47).

Im Bereich der Computerterminologie spielen sowohl Trends, wie auch Gruppenzugehörigkeit eine wichtige Rolle. Schon in den achtziger Jahren begann sich in der Gesellschaft eine Unterscheidung zwischen Menschen mit Computern und solchen, ohne zu etablieren (Ayto, 1999: 518). Diese Unterscheidung setzte sich in den neunziger Jahren im Bereich des Internets fort, obwohl sich keiner heute mehr dem Computer und dem Internet und den damit verbundenen Neuerungen komplett entziehen kann. Die Gruppenzugehörigkeit spiegelt sich dann auch im Vokabular wieder. Während die so genannten ‚ computer nerds ’ sich mit jargonähnlicher Sprache untereinander ihrer Gruppenzugehörigkeit versichern, fühlen sich viele Menschen ausgeschlossen. Dieses wird auch mit den vielen Wörtern ausgedrückt, die oft abwertend eine Person beschreiben, die nicht im Internet ist, wie zum Beispiel in muggle, saddo (sad person) und pona (person of no account) ( Katamba, 2005: 187).

Um die Gruppenzugehörigkeit zu demonstrieren, verwendet die internet community eine besonders spielerische und bildhafte Sprache, die vielen Trends unterworfen ist und sich deshalb schnell ändert. Sie ist auch immer Ausdruck von Kreativität und Lifestyle des Einzelnen, der sich innerhalb der community etablieren will (Johnson, 1994: 99).

4 Wortbildung

Wortbildung ist eine wichtige Komponente des lexikalischen Wandels. Das bestehende Vokabular wird durch Hinzufügen von Silben, durch das Kombinieren von Wörtern oder aber auch durch Abkürzungen von Wörtern erweitert. Zusätzlich können völlig neue Wörter entstehen, die auch aus keiner Sprache entlehnt worden sind. Bei der word formation wird das Vokabular einer Sprache immer von innen heraus erweitert, es werden also die eigenen Ressourcen der Sprache benutzt. Während in der Inflektion die verschiedenen Formen eines Lexems untersucht werden, beschäftigt sich die Wortbildung mit dem Entstehen von neuen Lexemen. Sie kann selbst noch einmal in den Bereich der Affigierung und der Komposition unterteilt werden (Bauer, 1983: 33). Ferner gibt es einen Bereich der Wortbildung, der nach nur schwer erkennbaren Regeln abläuft und deswegen zu nicht vorrausehbaren Formationen führt. Zu ihm zählt man alle Prozesse, bei denen eine Verkürzung des Wortes in irgendeiner Form stattfindet, wie zum Beispiel beim Clipping oder der Bildung von Akronymen, oder Neubildungen von Wörtern, die scheinbar aus keiner erkennbaren Vorlage heraus einstehen (ebd.: 232).

Im Folgenden stelle ich die für die Computerterminologie relevanten Wortbildungsprozesse anhand von illustrierenden Beispielen vor. Es werden hierbei nicht alle existierenden Wortbildungsprozesse behandelt, vielmehr nur die, für die sich ausreichend Beispiele in der Computerterminologie finden. Nicht behandeln werde ich die im Englischen durchaus produktive Rückbildung oder backformation, bei der fast ausschließlich Verben durch Wegfallen von Affixen aus Substantiven entstehen, wie zum Beispiel in to exhibit aus dem Substantiv exhibitor (Bauer, 1983: 231). Für diesen Prozess finden sich in diesem Bereich der Sprache nicht genügend eindeutig belegte Fälle.

Die in den folgenden Kapiteln verwendeten Beispiele sind zum größten Teil aus Ausgaben der letzten zehn Jahre der Zeitschrift American Speech entnommen. In der Kolumne Among the new words findet sich eine ergiebige Liste von neuen Wörtern, die sich in der Sprache finden.

4.1 Komposita

Komposition ist die wohl häufigste Art der Wortbildung. Zwei oder auch mehr Wörter verschiedener Wortarten bilden zusammen ein neues und komplexes Wort. Die Wortart, die sich daraus ergibt ist nicht immer voraussehbar und auch die Bedeutung des Kompositums lässt sich nicht immer aus den einzelnen Komponenten erschließen. Bauer unterscheidet deshalb zwischen endozentrischen und exozentrischen Komposita (2003: 303 ). Endozentrische Komposita haben ein klares Kopfwort, das die Bedeutung der Komposita erläutert. Der Kopf eines Komposita befindet sich im Englischen typischerweise rechts. So ist ein armchair eine Art von chair. Zusätzlich „erbt“ das Kompositum sozusagen die grammatikalischen Eigenschaften des Kopfwortes zum Beispiel bei der Pluralbildung (Plag, 2003: 135ff). Exozentrische Komposita besitzen diesen Kopf nicht und deswegen lässt sich ihre Bedeutung nicht von vornherein erschließen, wie zum Beispiel bei pickpocket. Die weitaus größte Zahl der gebildeten Komposita sind Substantive, woraus hier auch wiederum die meisten aus einer Kombination von zwei Substantiven bestehen (Bauer, 1983: 202).

Auch für die Computerterminologie ist Komposition ein sehr wichtiger und ergiebiger Wortbildungsprozess. Es finden sich hier sehr viele Komposita, wobei die meisten Substantive sind, die ihrerseits auch wiederum aus zwei Substantiven gebildet werden. Viele hiervon haben ein klares Kopfwort, sind also endozentrische Komposita. Ein internet cafe ist eine Art von cafe, genauso verhält es sich bei monitor pet, computer lover, Web trading, geekspeak und spam ban, um nur einige zu nennen. Nicht ganz klar sind die Komponenten in homepage, mosaic plot, sound card und click stream. Hier lässt sich die Bedeutung nicht aus der eigentlichen Bedeutung der Kopfwörter herauslesen. Es handelt sich hier also um exozentrische Komposita.

Komposita, die aus einem Verb und einem Substantiv bestehen, sind sehr viel weniger verbreitet. Beispiele sind jumpword, kill file und search engine. Es ist bei diesen Fällen aber immer unklar, ob die Komposita überhaupt aus dem Verb selbst oder aus seiner substantivierten Form gebildet werden (Bauer, 1993: 202). Für die Kategorie der substantivierten Komposita, die aus einem Adjektiv und einem Substantiv gebildet sind, findet sich nur mobile code. Einige Komposita setzen sich aus einem Verb und einem Partikel zusammen. Beispiele hierfür sind plug-in, add-on, back-up und out-put.

Oft handelt es sich hier allerdings um Ableitungen von phrasal verbs wie bei plug-in und es ist strittig, ob diese Formationen überhaupt zu den Komposita zu zählen sind (ebd.: 206).

Komposita mit mehr als zwei Komponenten sind nicht weit verbreitet und es ist auch hier nicht genau erkennbar, ob diese nicht aus schon vorher etablierten Komposita zusammengesetzt wurden. In der Computerterminologie finden sich folgende Beispiele: pop-up blocker, junk free e-mail, computer-mediated romance, forward-chaining linked list und analog-to-digital port.

Beispiele für Komposita, die als Verb benutzt werden, sind nicht leicht zu finden. Zu nennen sind hier to pop-up, to geek out, to double click und die eher seltenen to right-click und to triple-click. Es wird aber allgemein angenommen, dass sich die meisten dieser Komposita durch Konversion (siehe Kapitel 4.4) oder backformation von Substantiven gebildet haben. Dieses ist aber auch in den genannten Fällen nicht sicher zu sagen (Bauer/Renouf, 2001: 109).

Adjektivformationen sind in der Computerterminologie ähnlich selten zu finden, hier sind zum Beispiel spam-killing, case sensitive, user-extended und menu driven zu nennen. Hier treffen wir wieder, wie bei den oben beschriebenen Substantiven, auf right headedness (ebd.: 111) . Spam-killing umschreibt demnach eine Art von killing. Aber auch bei den Adjektivbildungen gibt es komplexere Formen, bei denen ganze Phrasen verwendet werden. Sie finden sich zum Beispiel in twich-and- trigger, all-you-can-surf und plug-and-play.

Eine Vielzahl von Komposita wird aus den erläuternden Komponenten information/info, virtual, digital oder electronic bzw. e- und einem Kopfwort gebildet. So gibt es die Substantive information mining, info junkie, infomaze, virtual college, virtual stalking, sogar virtual chocolate, electronic democracy electronic wonderland, digital signature und digital graffiti, sowie die Adjektive info-stressed, info-political und info-richness, um hier nur eine kleine Auswahl zu nennen. Zu den wohl eher ungewöhnlichen Formationen gehören virtual bathroom wall, electronic Pearl Harbour und digital spray can.

4.2 Affigierung

Unter Affigierung oder Derivation versteht man das Anhängen von gebundenen Morphemen an eine Basis mit dem Resultat eines neuen Lexems (Plag, 2003: 14). Die Morpheme können sich vor dem Basiswort befinden oder sie werden hinter das Wort gehängt. Derivation ist einer der produktivsten Wortbildungsprozesse überhaupt. Die Affixe können einerseits dazu dienen, die Wortart eines Wortes zu ändern, wie zum Beispiel in asleep. Hier wird das Verb to sleep durch das Affix -a zu einem Adjektiv. Sie können aber auch die Bedeutung eines Wortes grundlegend verändern (Bauer, 1983: 216), wie zum Beispiel to like in Gegensatz zu to dislike. Im Folgenden werde ich mich nur mit dem letzteren Fall beschäftigen.

Auch im sehr speziellen Bereich der Computerbegriffe ist Affigierung ein sehr wichtiges Wortbildungskriterium. Viele neue Wörter entstehen nach genau den gleichen Gesichtspunkten, wie auch in anderen Bereichen der Sprache. Ich werde deswegen hier nur einige besonders produktive Affixe oder solche, deren Verhalten sich im Bereich der Computerterminologie unterscheidet, herausstellen.

Das Präfix un- wird in der Computerterminologie sehr häufig bei Verben gebraucht, um das Rückgängigmachen eines Befehls auszudrücken. Eigentlich können nur Adjektive mit diesem Präfix versehen werden und die Verwendung bei Verben und Substantiven ist eher ungewöhnlich (Plag, 2003: 31). Es finden sich allerdings unzählige Beispiele wie undelete, unerase, unsubscribe, unistall und unzip, bei denen diese Regel nicht gilt. Das weniger restriktive Präfix de- wird ebenfalls häufig in diesem Bereich gebraucht, um ein entgegengesetztes Konzept auszudrücken. So geschehen in den Verben debug, default und decode. Mair bemerkt, dass die in den Beispielen beschriebene „ verbal prefixation “ im zwanzigsten Jahrhundert einen neuen Aufschwung erlebt. Nachdem sie lange als nicht mehr produktiv galt, finden sich jetzt besonders in der Computerterminologie viele neue Wortbildungen, allen voran die allgegenwärtigen download und das daraus entstandene upload (Mair, 2006: 63f).

4.3 Combining Forms

Unter Combining Forms versteht man Wortelemente, meist griechischen oder lateinischen Ursprungs, wie zum Beispiel electro-, astro- und -phil. Generell unterscheidet man zwischen Final Combining Forms (FCF) und Initial Combining Forms (ICF). In vielen Fällen verhalten sich diese Formen wie Affixe. Die Besonderheit ist aber, dass zwei Combining Forms zusammen ein Wort bilden können, das dann scheinbar keine Wurzel hat, wie in electrophil (Bauer, 1983: 215). Ein weiterer Unterschied zu Affixen ist, dass Combining Forms tendenziell semantisch dichter sind, sie tragen oft eine eigenständige und sehr komplexe Bedeutung. Während das Affix un zum Beispiel, die relativ einfache Bedeutung von ‚nicht’ trägt, hat bio- die komplexere Bedeutung von ‚ life, course or way of living ’ (OED4 ).

Im Bereich der Computerterminologie sind viele dieser Combining Forms sehr produtkiv. So verhalten sich einige ICF wie hyper-, mega- und micro- wie Affixe und werden an jedes mögliche Wort angehängt, auch wenn es keinen lateinischen oder griechischen Ursprung hat. So zu sehen in hypertrend, hyperwriting, micromoney, micropayment, multiuser und mulitscan oder auch weniger verbreitet in macrovirus, giganet und metadata. Die ICF scheinen hier ihre besondere semantische Dichte zu verlieren. Sie stehen anstatt für ‚eine Million’, vielmehr nur für ‚groß’ oder ‚viel’ wie in multi-user (Bauer, 2005: 101) oder ‚(sehr) klein’ im Falle von microprocessor. Dieses „ semantic bleaching “ ist ein Trend, der das Vokabular des Englischen in letzter Zeit allgemein beeinflusst. Vormals technische Fachausdrücke werden nun von der breiten Masse benutzt und verlieren damit ein Teil ihrer spezialisierten Bedeutung (Mair, 2006: 80).

Lehrer sieht diese oben genannten Formen deswegen sowohl als Präfixe, wie auch als Combining Forms, je nach dem in welcher Bedeutung sie vorkommen. Eine Combining Form wäre micro- danach nur als Clipping von microscope in Wörtern wie microsurgery, für die ja ein Mikroskop gebraucht wird (Lehrer, 1995: 139). Ähnlich verhält es sich mit hyper-, ultra- und super, die in Wortformationen wie hypertrend, hyperlink, hyperjump und ultrasupercomputer vorkommen. Sie stehen allgemein für die Bedeutung ‚über’ oder ‚darüber’. Obwohl Lehrer der Form hyper- eher eine geringe Produktivität bescheinigt (ebd.: 140), gibt es in der Computerterminologie doch einige Beispiele von Wortbildungen mit gerade ihr. Es finden sich in der Computersprache auch viele Fälle, in denen zwei der Affixe gleichzeitig einem Wort vorangestellt werden, wie bei minisupercomputer und superminicomputer. Diese beiden Wörter enthalten nicht nur die beiden, sich widersprechenden Formen, mini- für klein und super- für groß, sie bezeichnen auch noch zwei verschiedene Dinge (Belda, 2002: 143).

Sehr produktiv sind auch die Combining Forms -ware und -bot. Ursprünglich kommen sie von den Begriffen robot und software. Die Wörter haben also, zum Beispiel, weil sie häufig als Bestandteil einer Wortkreuzungen vorkamen, eine Verkürzung, oder, wie Warren es ausdrückt, eine Sekretion (1990: S. 117) erfahren. Diese Fragmente, die dann häufig in Wortformationen vorkommen, bezeichnet Bauer als Splinters (2005: 104). Als Beispiel hierfür nennt er -nomics in Wörtern wie Reaganomics und Thatchernomics. Diese Splinter können wie eine Modeerscheinung einfach wieder obsolet werden oder aber sich zu produktiven Affixen entwickeln.

Der Splinter -bot ist inzwischen auch semantisch unabhängig von robot.

-bot bezeichnet ein Programm, das automatisch und eigenständig Kommandos ausübt, ohne dass eine schrittweise Anleitung vom Benutzer nötig wäre5. Somit bleibt nur die Bedeutung ‚automatisch’ und ‚unabhängig’ von dem ursprünglichen Wort robot übrig. Formal wird -bot mit allen möglichen Lexemen verbunden, wie in knowbot, cancelbot, annoybot, softbot und mailbot. Somit ist es semantisch sehr komplex und trägt sogar die Kopfbedeutung innerhalb des Kompositums.

Die Combining Form -ware wird im Sinne von software mit Lexemen aber auch mit Affixen verbunden. So finden sich neben junkware, firmware, senseware und freeware auch malware und sogar underware6 . Es findet sich auch häufig als Teil einer Produktbezeichnung wie in Peachware oder Colorware (Barry, 1991: 63). In den meisten Formationen ist die Bedeutung von -ware als software aber sehr vordergründig. Alle Wörter bezeichnen verschiedene Arten von software (Hughes, 2000: 349). Es ist daher nicht abwegig, diese Prozesse auch als Kompositabildung anzusehen.

Wörter können sich also im Laufe der Zeit von eigenständigen Lexemen zu produktiven Affixen oder Combining Forms verwandeln oder auch umgekehrt. Eine genaue Abgrenzung ist sehr schwierig, weil die Verwendung von Wörtern und Wortelementen auch immer mit Lifestyle und Prestige des Sprechers einhergeht. Es ist daher schwer zu sagen, in welchem Stadium sie sich befinden. Im Folgenden erläutere ich einen Fall von so einer schnell vor sich gehenden Entwicklung auf dem Bereich der Computerterminologie.

4.3.1 Die Form cyber

Die Form cyber hatte in den achtziger und neunziger Jahren in der Computer- und Internetterminologie eine immense Bedeutung. Ursprünglich handelt es sich um ein griechisches Präfix und mit der Bedeutung ‚Steuerung’. Zum ersten Mal erschien cyber in der englischen Sprache schon in den Vierziger Jahren in dem Wort cybernetics, das eine ‚Theorie zur Regelung und Nachrichtenübertragung in Lebewesen und Maschinen’ bezeichnete (Reich, 1999: 1).

In vielen Wortbildungen hat sich cyber mit freien Morphemen verbunden und ist deswegen mehr als eine Combining Form, für die es von vielen Forschern bis in die neunziger Jahre gehalten wurde. In vielen Fällen hat außerdem ein Bedeutungswandel stattgefunden (ebd.: 3). In den Wörtern cyber adultery, cyberbanking und cyberaddiction hat cyber die Bedeutung von ‚in Beziehung zu Computer- und Informationstechnologie stehend’ übernommen. Die Wörter cyberspace und cyberpunk sind besonders institutionalisiert. Sie kamen auch besonders häufig in Texten und Zeitungsartikeln vor (Fischer, 1998: 143). In diesen beiden Wortbildungen wird cyber in seiner Bedeutung mit ‚Computer’ bzw. ‚Internet’ gleichgesetzt.

Cyber entwickelt in der Folge eine enorme Produktivität und kann inzwischen sogar als freies Morphem vorkommen. Es findet sich eine enorme Anzahl von Komposita, in denen cyber als erläuterndes Element, mit der oben genannten Bedeutung zu finden ist. Es steht also in einem Kompositum typischerweise links und bezeichnet so das rechts stehende Kopfwort näher. Einige Beispiele hierfür sind, cyberpicket, cyber-pedophile, cyberadventurer, cybervamp, cybertrend und cybercitizen. Auch ungewöhnliche Bildungen wie cybercheerleading, cybergrave und cyberpaleontology sind zu finden.

Die Form Cyber zeigt also sowohl als freies Morphem, als Combining Form, wie auch als Affix extreme Produktivität und hat mit dem Siegeszug von Computer und Internet Einzug in viele Bereiche der Sprache gefunden. Zusätzlich ist es Bestandteil vieler Firmennamen und Titelbestandteil vieler Bücher und Filme (Fischer, 1998: 142). Die weitere Untersuchung wird zeigen, ob cyber auch heute noch als produktiv zu gelten hat oder, ob es nur eine temporäre Modeerscheinung war und heute durch andere Trendwörter, wie digital oder virtual abgelöst wurde. So bemerkt Fischer in ihrer Untersuchung schon für das Jahr 1996 einen Rückgang im Gebrauch von cyberspace und cyberpunk, nach teilweise rapiden Anstiegen in den Jahren davor und besonders in den Jahren 1994 und 1995 (ebd.: 144).

4.4 Konversion

Konversion ist ein überaus produktiver Prozess, bei dem schon bestehende Wörter ihre Wortklasse ändern, ohne dass eine Änderung ihrer Form stattfindet. Es scheint dabei keine Restriktionen zu geben. Wörter aller Wortklassen, aber auch Blends oder Akronyme, können durch Konversion zu neuen Wörtern werden. Auch die Wortklasse, die durch Konversion entsteht (Substantiv, Verb, Adjektiv usw.) ist nicht vorgegeben (Bauer, 1983: 226).

Im speziellen Bereich der Computerterminologie gibt es etliche Beispiele von Konversion. Besonders oft werden Substantive in Verben umgewandelt. Meist geschieht dieses in einer Art Ellipse, um Ausdrücke zu verkürzen und so Zeit zu sparen. Man sagt dann to access (a file), to port (programs) und to gateway (servers) (Johnson, 1994: 97). Weitere Beispiele aus der Internetterminologie sind die Substantive web, backdoor, hotlink und bookmark, die zu den Verben to web ( ‘ using the web ’ ), to backdoor ( ‘ to enter by a backdoor ’ ), to hotlink ( ‘ to connect by means of a hotlink ’ ) und to bookmark ( ‘ to record the location of an Internet site with a bookmark ’ ) werden .

Aber auch viele Verben werden zu Substantiven umgewandelt. Dieses geschieht sogar dann, wenn es schon synonyme Substantive gibt. Oft ist das durch Konversion entstandene Substantiv kürzer und kann sich dadurch etablieren. Beispiele hierfür sind install (n), announce (n), connect (n) und attach (n).

[...]


1 Siehe Ausdrücke wie friendly fire, camouflage, air-raid usw. (Mair, 2006: 71).

2 Im Gegensatz zur Homonymie, bei die verschiedenen Bedeutungen etymologisch nicht verwandt sind.

3 Die weitere Unterscheidung von appositionalen, koordinativen und kopulativen Komposita fällt hier aus Gründen der Vereinfachung unter den Tisch.

4 OED Online Zugang über das Uninetz der UB Kiel.

5 Among the new words, American Speech, 70.3 (1995), S. 303.

6 Hier handelt es sich allerdings um spezielle Farbbänder, die ein Drucken auf T-Shirts ermöglichen (Barry, 1991: 115).

Ende der Leseprobe aus 94 Seiten

Details

Titel
Lexikalischer Wandel im heutigen Englisch - eine Untersuchung anhand des Computerwortschatzes
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Englisches Seminar)
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
94
Katalognummer
V83046
ISBN (eBook)
9783638865531
Dateigröße
1480 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lexikalischer, Wandel, Englisch, Untersuchung, Computerwortschatzes
Arbeit zitieren
Magister Artium Marlene Wieland (Autor:in), 2007, Lexikalischer Wandel im heutigen Englisch - eine Untersuchung anhand des Computerwortschatzes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83046

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