Untersuchung eines audiovisuellen Fernsehbeitrags am Beispiel des Infotainment-Formats 'Punkt 12' (RTL)


Hausarbeit, 2007

38 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretische Grundlagen
2.1 Infotainment
2.2 Inszenierung
2.3 Boulevardisierung

3 Einordnung und Analyse
3.1 Punkt 12 – das RTL Mittagsjournal
3.1.1 Struktur
3.1.2 Audiovisueller Beitrag: Vorarbeit
3.2 Analyse
3.2.1 Szene 1–2
3.2.2 Szene 3–5
3.2.3 Szene 7–9
3.2.4 Szene 11
3.2.5 Szene 12
3.2.6 Szene 13–15
3.2.7 Szene 16–17
3.2.8 Szene 19
3.3 O-Bilder
3.3.1 Szene 6, O-Bild 1
3.3.2 Szene 10, O-Bild 2
3.3.3 Szene 18, O-Bild 3

4 Zusammenfassung und Ausblick

5 Bibliografie

6 Anhang

1 Einleitung

Fernsehen, vor allem mit Blick auf Nachrichten und Nachrichtensendungen, befindet sich in einem sonderbaren Spannungsfeld: Zum einen gilt es aufgrund seiner (scheinbaren) Vermittlung eines „Wirklichkeitseindruckes“ (Straßner 2002: 8) als das Medium der höchsten Glaubwürdigkeit. Zum anderen ist es gleichzeitig jenes, das im Zuge eines vor allem durch die privaten Sendeanstalten forcierten Wettbewerbs um die Zuschauerquote zunehmend von Emotionalisierungen, Dramatisierungen und Boulevardisierungen lebt (vgl.Schultheiss/Jenzowsky 2000: 63) und somit die Glaubwürdigkeit zugunsten dieser Faktoren wieder opfert. Vermutlich aber ist es gerade dieses Spannungsfeld, aus dem es als Medium zur Massenkommunikation[1] einen Teil seiner Faszination gewinnt.

In der vorliegenden Arbeit soll nun anhand einer medien- und sprachwissenschaftlich orientierten Analyse eines Nachrichtenbeitrages gezeigt werden, auf welchen unterschiedlichen Ebenen die „Boulevardisierung der Fernsehnachrichten“ (Muckenhaupt 1998: 113f.) geschieht. Der Beitrag selbst wird dabei als bisensueller Text (Holly 2004: 3) verstanden, der sich aus Bildern (bewegten und starren), Tönen und Geräuschen sowie Sprachlichem (geschrieben und gesprochen) konstituiert.

Der Fernsehbeitrag hat eine Länge von 1:45 min und wurde am 24. Februar 2005 aufgezeichnet. Er war Teil des RTL-Mittagsmagazins Punkt 12, das als Infotainment-Sendung bezeichnet werden kann.

Im Folgenden wird Kapitel 2 dazu dienen, die theoretischen Grundlagen für den Begriff des Infotainments zu schaffen. Anschließend wird in Kapitel 3 der Beitrag innerhalb der RTL-Nachrichtenstruktur eingeordnet. Als verständnissichernde Vorarbeit wird zusätzlich in Kapitel 3.1 die Struktur von Punkt 12 kurz vorgestellt und in 3.1.2 der Beitrag „ananalysiert“. In Kapitel 3.2 schließlich wird der Beitrag analysiert. Dabei stehen vor allem zwei Punkte im Zentrum: Einerseits wird gezeigt, wie Dramatisierungseffekte dem Beitrag zu einem Mehr verhelfen (sollen), wo augenscheinlich ein Weniger dominiert. Andererseits wird unter Zuhilfenahme entsprechender Forschungsliteratur gezeigt, wie die einzelnen Konstituenten eines audiovisuellen Beitrages aufeinander Bezug nehmen, verweisen und sich bedingen und im Sinne Jägers (2002 und 2004) „überschreiben“, sich gegenseitig lesbar machen. Vor allem die Arbeiten von Burger (2005), Doelker (2002), Huth (1985) und Holly (2004, 2004a und 2005) sowie Ontrup (1999) und Ontrup/Schicha (2000) dienen dazu, die Analyse auf einen wissenschaftlich fundierten Sockel zu setzen.

2 Theoretische Grundlagen

Um die in Kapitel 3.2 folgende Analyse theoretisch zu untermauern, werde ich in diesem Kapitel kurz die Begriffe Infotainment, Inszenierung und Boulevardisierung diskutieren.

Diese stellen m.E. zentrale Konzepte privat-kommerzieller Sender dar, um das Interesse seiner Zuschauer zu wecken und zu erhalten. Somit werden zwar höhere Einschaltquoten forciert, aber die journalistische Präzision der Unterhaltung geopfert.

2.1 Infotainment

Wittwen (1995: 9f.) und Muckenhaupt (1998: 113) datieren den Beginn unterhaltender Tendenzen in Nachrichtenformaten auf die Mitte der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts. Mit dem Entstehen des dualen Rundfunksystems, das den Mediennutzern dem bisher rein gebührenfinanzierten System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks das des privat-kommerziellen nebenstellte, setzte eine Kommerzialisierung des Fernsehens ein, wie sie bis dahin nicht gekannt worden war. Die werbefinanzierten privaten Sendeanstalten mussten Möglichkeiten finden, ihre Zuschauerzahlen zu erhöhen, den Sendeinhalt attraktiver zu gestalten und mehr Menschen länger vor ihrem Programm zu binden – Nachrichtensendungen inklusive.

„Was zählt, ist letztlich die Quote, und die Erfahrung zeigt, daß gerade bei Nachrichtensendungen und Magazinen Sendungskonzepte keinen Erfolg haben, die sich nicht problemlos in das Erwartungssystem der Zuschauer einfügen. Der Zuschauer erwartet das Unerwartete, akzeptiert aber nur so viel Neues, wie er zu bekannten Vermittlungsformen und Sendungsabläufen mühelos in Beziehung setzen kann.“ (Ontrup 1999: 110)

Die Idee, dass Nachrichten mehr sein müssen als reine Information, findet sich so im Begriff des Infotainments wieder. Als kontaminiertes Wort, das aus den Einzelteilen Information und Entertainment besteht, trägt es die Idee von der Verschmelzung von Information und Unterhaltung bereits in sich.

Als Kennzeichen des Informationsjournalismus gilt die objektive Berichterstattung,

„die nach dem Selbstverständnis der Journalisten auf der Vermittlung von Fakten beruht dergestalt, daß den Nachrichtenkonsumenten ein angemessenes Abbild von der Wirklichkeit geboten wird. […] Ein Maßstab für die Objektivität der Nachrichten besteht vor allem darin, daß Faktenvermittlung und die Bewertung der Fakten strikt voneinander getrennt werden. Nachricht und Meinung werden als zwei Größen betrachtet, die sich sauber voneinander unterscheiden lassen […].“ (Püschel 1993: 269)

Doch diese Grenzen verschwimmen beim Infotainment, wenngleich Wittwen (1995: 23) anmahnt, dass diese Bedeutung des Begriffes eine Leerformel bliebe, da sie zu unbestimmt und verallgemeinert sei.

Zentral aber ist in jedem Fall der Effekt des Unterhaltenseins. Dieser, so Schultheiss/Jenzowsky (2000: 63), stelle sich aber offenbar nur dann ein,

„wenn beim Zuschauer Gefühle aktiviert werden und er sich emotional beteiligt (vgl.Wittwen 1995). Emotionalisierung stellt dabei nicht die einzige Strategie zur Erzeugung des Gefühls von Unterhaltung dar, vermutlich jedoch die wichtigste.“

Um Unterhaltungselemente auch in der Analyse identifizieren zu können, folge ich der Auffassung von Schultheiss/Jenzowsky (2000: 63.), die damit Elemente identifizieren, die zwar nicht zwingend zum Transport einer Information notwendig sind, aber zu einer Intensivierung des Unterhaltungswertes und der Emotionalisierung der Zuschauer beitragen. Dazu gehören: Hintergrundbilder, Musik, Sprache, Sprechstil sowie Mimik und Gestik (ebd.: 65f.).

Treffend fasst Ontrup (1999: 105) zusammen, dass Infotainment nichts anderes besage „als daß die Aufnahme von Information und Neuigkeiten weniger an Aufmerksamkeits leistungen geknüpft ist, als daß Informationen dem Zuschauer vermischt mit Unterhaltungsqualitäten und mit einer aufmerksamkeitsstarken Dramaturgie zugetragen werden.“

2.2 Inszenierung

Wie einleitend bereits angesprochen, ist Glaubwürdigkeit für das Fernsehen nicht nur wichtig, sondern auch einer seiner Erfolgsfaktoren. Heutzutage jedoch wählen die Redaktionen Themen und Ereignisse aus, die weniger von klassischen Nachrichtenwerten[2] bestimmt werden, sondern stattdessen einen höheren Inszenierungswert aufweisen. Dieser, so Ontrup (1999: 110f.), könne sich auf verschiedenen Stufen herstellen:

- maßgeblich sei der symbolische Reizwert eines Themas und seine Umsetzbarkeit in Bildern;
- diese müssten symbolkräftig und aktionsreich sein;
- Erzählsegmente, Szenen und ganze Beiträge würden danach ausgewählt, wie gut sie für einen lebhaften dramaturgischen Aufbau geeignet wären;
- in Nachrichtensendungen nehme zudem der Faktor Visualisierbarkeit einen hohen Stellenwert ein.

Im Hinblick auf die effekt- und emotionsgeladene Vermittlung von Ereignissen innerhalb privater Nachrichtenformate wird das Wissen um den besonderen Anspruch an Glaubwürdigkeit im Fernsehen somit gleichzeitig zum Problem, denn allzu selten können Ereignisse live gefilmt und gesendet werden. Sie müssen dann nachgedreht, gestellt, verfremdet – in jedem Fall aber erst medial hergestellt oder inszeniert werden (Burger 2005: 199).

„Im allgemeinen Sprachgebrauch umfaßt die Bedeutung des Wortes Inszenierung zwei Aspekte: Erstens meint es […] das In-Szene-Setzen eines Werkes, die technische und künstlerische Leitung und Vorbereitung der Aufnahme eines Films oder der Aufführung eines Theaterstücks. Inszenieren bedeutet zweitens, daß öffentliche Handlungen auf eine Effektdramaturgie hin konzipiert werden. Alle Übertragungen des Inszenierungsbegriffs vom Theater und Film auf andere soziale Realitäten beziehen sich in der Regel darauf, daß Handlungen oder Zusammenhänge absichtsvoll und mit einer bestimmten Wirkungsabsicht zur Erscheinung gebracht werden. Inszenieren bedeutet somit ein kalkuliertes Auswählen, Organisieren und Strukturieren von Darstellungsmitteln […].“ (Ontrup/Schicha 1999: 7)

Diese Darstellungsmittel sind es, die mich in der folgenden Analyse interessieren und die, wenn möglich, aufgedeckt und beschrieben werden sollen.

Ontrup (1999: 104) schränkt aber gleichzeitig ein, dass „das fiktionale Nachstellen und Herstellen von Ereignissen bis hin zur bewußten Täuschung der Zuschauer (bei der die Fiktionalität sich nicht als solche zu erkennen gibt) […] dabei die – allerdings häufiger werdende – Ausnahme [bildet].“ Diese bewusste Täuschung ließe sich ohnehin nur im Vergleich gleicher Themen und deren verschiedenen Bearbeitung in unterschiedlichen Sendungen oder bei unterschiedlichen Sendern aufdecken, wie es Muckenhaupt (1998) tut.

Burger (2005: 203) fasst zwei hauptsächliche Positionen von Inszenierung zusammen. Zum einen sei es „entweder die Funktionalisierung einer primären Kommunikationsform in einem andersartigen, sekundären Kommunikationszusammenhang […] oder es handelt sich [zum anderen] um eine spezifische Form institutioneller, nämlich medien-institutioneller Kommunikation mit einer eigenen Ausprägung von Realität.“

2.3 Boulevardisierung

Ursprünglich ein Begriff des Zeitungswesens (Boulevardpresse), bezieht sich Boulevardisierung heute nicht nur auf ein einzelnes Medium wie die Zeitung, sondern auch auf Teile wie einzelne Sendungen des Fernsehens.

In Anlehnung an Medien von A bis Z (2006: 60f.) kennzeichnen den Boulevard folgende Merkmale, die ich für das Fernsehen übertrage:

1. eine auffällige visuelle Gestaltung mit plakativen Überschriften und dem intensiven Einsatz von Farbe;
2. die Akzentuierung von Themen mit so genanntem ‚human interest‘: Klatsch und Tratsch, Berichte über Entsetzliches und Trauriges, Darstellungen von sexuell Pikantem und moralisch Verwerflichem sowie Skurrilem und Außergewöhnlichem;
3. einfache, leicht verständliche, zum Teil alltagsnahe oder Umgangssprache; Sachverhalte werden vereinfacht; Vermischung von Meinung und Tatsache;
4. als Erzählstrategien gelten: Inszenierung von ‚Geschichten‘, um Nähe und Emotionen herzustellen; Visualisierung von Sachverhalten, die zudem personalisiert, vereinfacht und dramatisiert werden.

Auf Nachrichten bezogen gelten ähnliche Kriterien. So werden laut Muckenhaupt (1998: 118) Nachrichten in

„schrilleren Tönen, lauteren Schlagzeilen und kleineren Portionen verkauft. Die Strategien des Nachrichtenmarketings lauten: Personifizierung, Dramatisierung und Emotionalisierung des Nachrichtenstoffs. Journalistische Kriterien werden als Kriterien untergeordnet, die man für publikumswirksamer hält.

Dass sich auch in dem analysierten Beitrag all diese Mittel zur Nachrichtenpräsentation finden lassen, werde ich im Folgenden zeigen.

3 Einordnung und Analyse

Der Nachrichtentag bei RTL beginnt um 6 Uhr mit Punkt 6. Im Dreistundenrhythmus folgen Punkt 9 und schließlich Punkt 12. Die nächste Nachrichtensendung ist dann RTL aktuell um 18:45 Uhr. Der Nachrichtentag endet schließlich mit dem um 0 Uhr gesendeten RTL Nachtjournal.[3]

3.1 Punkt 12 – das RTL Mittagsjournal

Laut Homepage des privaten Senders kennzeichnet Punkt 12 „der abwechslungsreiche Themen-Mix aus Nachrichten, Lifestyle und Service […], [aus dem] der Zuschauer einen persönlichen Nutzen ziehen kann.“[4] Das Mittagsmagazin steht damit stellvertretend für die Auffassung Mahrs (Glotz 1998: 78), der den Bezug der Nachrichten zum Menschen hervorhebt, egal ob es sich dabei um Themen aus Politik und Wirtschaft, Wetter, Gesundheit, Erziehung oder Umwelt handelt.[5] Thematisch hebt sich die Sendung damit von Nachrichtenformaten wie der Tagesschau (ARD) oder heute (ZDF) ab. Eher noch kommt ihr, wie „vor wenigen Jahren […] RTL aktuell“ (Muckenhaupt 2000: 22), die Bezeichnung einer „elektronischen Bildzeitung“ zu. Mit dem Untertitel das RTL Mittagsjournal klassifiziert sich die Sendung schon selbst als Journal – und deutet somit auf ihren Hard-und-Soft-News-vermischenden Charakter (Lüger 1995: 108).

3.1.1 Struktur

Punkt 12 besteht „mesostrukturell“ (Burger 2005: 267) aus 3 großen Blöcken: dem Nachrichtenblock, dem Klatsch-und-Tratsch-Block (VIP-News) und dem Service-Block (Besser Leben). Jeder dieser Blöcke wird durch Werbung von zirka fünf Minuten Länge voneinander getrennt.[6] Moderiert wird die Sendung von nur einem Moderator, meistens einer Moderatorin, Katja Burkard. Ihre Aufgabe besteht darin, Sendebeiträge anzukündigen, Interviews mit Korrespondenten zu halten, Telefonbeiträge zu beantworten und im kurzen Small-Talk mit dem beim Wetterbericht wechselnden Moderator auf dessen Bericht einzustimmen. Somit erfüllt der Ankermann (anchorman, hier: anchorwoman) auch bei Punkt 12 „zwei verschiedene Funktionen: er ist als maître de plaisir für den Rezipienten Sachwalter des geregelten Ablaufs der Sendung […]; gleichzeitig präsentiert er auch Meldungen, ist also Bestandteil dieses Ablaufes.“ (Huth 1985: 212)[7]

Da der analysierte Beitrag dem Nachrichtenblock entnommen wurde, werde ich im Folgenden diesen kurz beschreiben. Die ähnliche Struktur der beiden anschließenden Blöcke zeigt die folgende Tabelle.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Mesostruktur Punkt 12 – Das Mittagsjournal

Der Nachrichtenblock hat eine Gesamtlänge von zirka fünfzehn Minuten. Er beginnt mit zwei bis drei Einzelbeiträgen, die je zirka 90 Sekunden lang sind und einzeln anmoderiert werden. Es folgt ein „Short News“-Block, der fünf bis acht 20- bis 30-sekündige Kurznachrichten bündelt. Die Kurznachrichten werden stets von einem Sprecher aus dem Off gesprochen, der die Sendung nicht moderiert. Abschließend präsentiert ein weiterer Moderator ausschließlich den Wetterbericht, der am Ende der Sendung noch einmal ausführlicher aufgegriffen wird. Häufig geschieht dies im Stile einer Vor-Ort-Reportage. Es handelt sich also um keine klassische Wetterwand, sondern um einen Wetterbericht, der in eine „Geschichte“ eingebettet ist.

Das Journal folgt in seiner Form einem „Visualisierungstrend“[8] und „Verkürzungstendenzen“ (Muckenhaupt 2000: 32). Ulrich Deppendorf vertritt in Glotz (1998: 74) die Auffassung, dass die „wichtigste Maxime für eine Nachrichtensendung [immer die Glaubwürdigkeit] war, ist und bleibt […]. Dem News-Schnipsel und flotten Texten kann und wird nicht die Zukunft gehören.“ Als Vertreter der öffentlich-rechtlichen Sender versteht man diese Auffassung.

Das folgende Kapitel dient dazu, den Beitrag im Überblick darzustellen, bevor in dessen konkrete Analyse eingestiegen wird.

3.1.2 Audiovisueller Beitrag: Vorarbeit

Der Beitrag eröffnet mit einem Blick auf ein Krankenhaus, das, so verrät sowohl der Blick auf den Wegweiser am linken Bildrand der ersten Szene als auch der Kommentar von Szene zwei, im bayrischen Agatharied [2][9] liegt. Wenn man das Insert der ersten Szene analog zu einem Pressetext als Überschrift für den Beitrag versteht (Wittwen 1995: 52), versucht dieser eine Frage zu klären, eine Frage, deren zentraler Bestandteil 16.000 Grippe-Tote sind. Ob diese Frage Wird es 16.000 Grippe-Tote geben? oder Hat es in diesem Krankenhaus 16.000 Grippe-Tote gegeben? lautet, ist an dieser Stelle des Beitrages noch nicht transparent. In jedem Fall aber ist Grippe das Thema. Zweierlei kann somit erwartet werden: (1) wie geschieht die Entfaltung des Themas und (2) welche Antwort gibt der Beitrag auf die sehr verknappte Frage des Inserts?

Das Thema des Beitrages ist ein medizinisches und jeden Menschen im Alltag betreffendes. Schaut man sich das Sendedatum an (24. Februar 2005), ist es zudem ein zur Jahreszeit passendes, steht doch der Winter oder nahende Frühling gleichbedeutend mit Grippezeit. Innerhalb des Beitrages aber fehlt jedweder zeitlicher Bezug, sodass anzunehmen ist, dass das Thema Grippe „keinen tagesaktuellen Inhalt“ (Ludes 1993: 129) hat, sondern eher von übergreifendem Interesse ist und „mit einer tagesaktuellen Meldung“ (ebd.) – den zwei Grippetote[n] [1]– verknüpft wird. Es wird jedoch angenommen, dass es sich – mit Blick auf das Sendedatum sowie den Schnee in Szene 1 – bei dem gesendeten Material um aktuelles, also winterliches handelt und somit ein zeitlicher Bezug zur Gegenwart vorhanden ist, zumindest vermittelt werden soll. Ludes (ebd.) bezeichnet diese „ersten Bildeinstellungen eines Beitrages“ als „establishing shots“. Eine lokale Einordnung dient dazu, den Wahrheitsgehalt des Gezeigten zu unterstreichen und mithilfe des establishing shots „die Geschichte des Beitrages schon in einem Bild bzw. einer Sequenz [anzudeuten] oder die Perspektive des Beitrages [zu] vermitteln.“ (ebd.: 130) Das Bild hat eine Orientierungsfunktion, weckt Assoziationen und vermittelt schon die Atmosphäre des Ereignisses. (ebd.: 134) Die Eröffnung des Spots setzt gleichsam den Rahmen, sodass das Krankenhaus mitsamt seiner Ereignisse als verbindendes Element von Anfang und Ende dient.

Der Beitrag lässt sich grob in 3 Abschnitte gliedern: (1) Krankenhaus, (2) Grippe in Deutschland und (3) Krankenhaus.

Die folgende Tabelle stellt die strukturelle Gliederung des Beitrages übersichtlich dar und dient gleichzeitig als Grundlage der in Kapitel 3.2 folgenden Analyse.

[...]


[1] Holly (2004: 25f.) weist auf die Problemhaftigkeit dieses Begriffes hin.

[2] Zu diesen zählen: Personalisierung, Prominenz und Einfluss einer Person, die geographische und kulturelle Nähe sowie die quantitative und qualitative Reichweite eines Ereignisses, ein hohes Maß an Überraschung, Kontroverse und Schaden und der Bezug zu bereits länger eingeführten Themen (Medien von A bis Z 2006: 257).

[3] Mertes nennt dies eine „24-Stunden-Informations-Pipeline“, die perfekt realisiert sei (Glotz 1998: 117). Vgl. dazu auch Holly 2004a: 75f.

[4] http://www.rtl.de/tv/tv_883659.php [Stand: 13. Dezember 2006].

[5] Mahr bezeichnet das Gebot für RTL-Nachrichten als „News to use“ und benutzt damit denselben Terminus, der auch auf der Homepage von Punkt 12 zu finden ist. Mahr war von 1994 bis 2005 Informationsdirektor und Chefredakteur bei RTL und hat „so die erfolgreiche Informationsschiene (Nachrichten, Magazine und Regionales) von RTL verantwortet“ (http://www.rtl-television.de/5205.html [Stand: 29. März 2007]).

[6] Zur Strukturierung des Punkt-12-Formates dient die Sendung vom 29. Mai 2006. Da sich die einzelnen Sendungen strukturell sehr stark ähneln, spielt es für einen Überblick keine Rolle, dass der zu analysierende Beitrag vom 24. Februar 2005 stammt.

[7] Zu weiteren Funktionen des Ankermannes siehe Huth (1985: 212).

[8] In Glotz (1998: 111) beziffert Mertes den Grad an Visualisierung in deutschen Sendungen auf 67 Prozent.

[9] Im Folgenden werde ich bei Zitaten aus dem Transkript (siehe Anhang) die Zeilennummer in eckigen Klammern angeben.

Ende der Leseprobe aus 38 Seiten

Details

Titel
Untersuchung eines audiovisuellen Fernsehbeitrags am Beispiel des Infotainment-Formats 'Punkt 12' (RTL)
Hochschule
Technische Universität Chemnitz
Veranstaltung
Mediale Audiovisualität
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
38
Katalognummer
V85812
ISBN (eBook)
9783638020411
ISBN (Buch)
9783638923118
Dateigröße
2267 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Untersuchung, Fernsehbeitrags, Beispiel, Infotainment-Formats, Punkt, Mediale, Audiovisualität
Arbeit zitieren
Sebastian Stoye (Autor:in), 2007, Untersuchung eines audiovisuellen Fernsehbeitrags am Beispiel des Infotainment-Formats 'Punkt 12' (RTL), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85812

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