Klaus Manns Roman „Mephisto“ und die Folgen: Die Karriere des Gustaf Gründgens


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

14 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Gliederung

1 Die schillerndste Theaterfigur ihrer Zeit

2 Die Karriere des Gustaf Gründgens
2.1 Lehr- und Wanderjahre
2.2 Die goldenen Zwanziger – Aufstieg und Erfolg
2.3 Intendant, Staatsrat und „Die Insel“
2.4 Die Zeit nach 1945

3 Anhang
Filmographie
Filme über Gustaf Gründgens
Fernsehproduktionen:
Wichtige Inszenierungen:
Wichtige Schallplatten:

4 Bibliographie

1 Die schillerndste Theaterfigur ihrer Zeit

„Gustaf Gründgens war eine der faszinierendsten Persönlichkeiten des deutschen Theaters im 20. Jahrhundert.“[1]

Im Mittelpunkt meiner Darstellung soll die eigentliche Karriere des Gustaf Gründgens als Schauspieler und Intendant stehen. Daher verzichte ich, wie Gründgens seiner Zeit selbst, auf zusätzliche Anekdoten und Privates, denn „[…] nichts schien ihm so wichtig, so lebenswichtig wie die saubere, die peinlich exakte Trennung zwischen Privatem und Künstlerischem, zwischen dem Menschen und dem Zurschau-Steller.“[2] Als einführende Worte zu Gründgens’ Leben soll seine von ihm selbst verfasste Biographie dienen – kaum anderthalb Schreibmaschinenseiten lang:

„Biographien sind meine Lieblingslektüre. Aber ich überschlage immer die Jugendzeit der Autoren. Schließlich haben wir alle auf dem Eisbärfell gelegen, sind alle in die Schule gegangen, und ich finde es nicht interessant, in welcher Klasse man sitzengeblieben ist. Und ich kann auch nicht finden, dass die Schilderung der Schullehrer für den Leser wissenswert ist.

Um es kurz zu machen:

Vom Vater her aus Aachen, von der Mutter aus Köln stammend, wurde ich in Düsseldorf geboren. Beide Familien hatten früher ihre große Zeit. Die Familie meines Vaters, mit holländischem Einschlag, ist durch viele Heiraten weit verzweigt und stellte einen großen Teil der rheinischen Industrie. Aus der Familie meiner Mutter ging ein sehr bekannter Kölner Oberbürgermeister hervor, und sie beherrschte eine Zeitlang die rheinische Schiffahrt.

Der Verfall dieser Familien setzte aber bereits vor meiner Geburt ein. Was blieb, war die äußere Fassade, die angeblich gehalten werden musste und die mich letzten Endes zwang, schon von meinem fünfundzwanzigsten Lebensjahr an meine Eltern zu ernähren, eine Tatsache, die sie nicht davon abhielt, eine Siebenzimmerwohnung in der besten Gegend der Stadt zu unterhalten…“[3]

2 Die Karriere des Gustaf Gründgens

2.1 Lehr- und Wanderjahre

Die Karriere des Gustav Gründgens (zu dieser Zeit noch mit dem ursprünglichen „v“ im Vornamen) beginnt im Jahre 1917 als Mitglied der Volksbühne Saarbrücken noch während seiner Zeit als Soldat. Nach nur wenigen Monaten übernimmt er 1918 die Leitung des Fronttheaters Thale (Harz). Den Beruf des Schauspielers fest anstrebend, lässt er sich ab 1919 an der Hochschule für Bühnenkunst in Düsseldorf unter Louise Dumont und Gustav Lindemann ausbilden.[4] Damit einher gehen zahlreiche Nebenrollen am Düsseldorfer Schauspielhaus.[5] Das Zeugnis der Schauspielschule lässt bereits deutlich werden, welch großes Potential in Gustav Gründgens als Schauspieler steckt.

„Herr Gustav Gründgens, Schüler der Hochschule für Bühnenkunst in Düsseldorf besitzt ein ungewöhnliches Talent für die sinnfällige Ausformung der seelischen Struktur problematischer Naturen; seine starken Ausrucksmittel sind mit energischem Willen gepaart und gut diszipliniert. Das nervöse Temperament, das der leisesten Anregung folgt weist zunächst auf erfolgreiche Gestaltungen aus der modernen Literatur, ohne Beschränkung auf die Verkörperung nur jugendlicher Personen. Bei einem ungestörten Verlauf der Entwicklung dürfte der Gestaltungskraft Herrn Gründgens das ganze Gebiet kompliziertester Charakterrollen in der klassischen dramatischen Literatur offen stehen.“[6]

Sein erstes Engagement erhält Gründgens für die Spielzeit 1920/21 an den Städtischen Bühnen Halberstadt. Diese Anstellung befriedigt ihn jedoch in keiner Weise, da er in 25 Inszenierungen fast ausschließlich Männer spielen muss, die seine Väter oder Großväter hätten sein können.

„Seine Einsätze als Pastor Manders in Ibsens „Gespenster“, als Marinelli in “Emilia Galotti“ oder Geßler in „Wilhelm Tell“ bleiben Ausnahmen.“[7]

Schon im darauf folgenden Jahr wechselt er nach Kiel an die Vereinigten Städtischen Bühnen. Hier ergeht es ihm besser. Der Intendant, Dr. Max Alberty[8], sieht in Gründgens einen Hoffnungsträger deutscher Schauspielkunst und lässt ihn größere Rollen in „Emilia Galotti“, „Wilhelm Tell“, „Götz von Berlichingen“ und „Maria Stuart“ spielen. Im Frühjahr 1922 muss er für einen erkrankten Kollegen kurzfristig die Rolle des Mephisto in „Faust I“ übernehmen. Trotz dieser vielfältigen Rollen (insgesamt 48) verweilt er nicht länger als eine Spielzeit in Halberstadt. Ausschlaggebend dafür ist das völlige Zerwürfnis mit einem Schauspielkollegen. Nach seinem ersten Zwischenspiel in Berlin (zusammen mit Max Alberty und anderen versucht er „[…]den hochfliegenden Plan einer modernen literarischen Bühne zu verwirklichen.“[9]), wird Gründgens 1923 von Erich Ziegel an die Hamburger Kammerspiele geholt.[10] Mit dieser bedeutenden Anstellung ändert Gründgens die Schreibweise seines Vornamens: aus „Gustav“ wird „Gustaf“.

2.2 Die goldenen Zwanziger – Aufstieg und Erfolg

In Hamburg wird er fortan nicht nur als Schauspieler tätig, sondern er inszeniert, quasi nebenbei, einen Großteil der Aufführungen selbst.[11] Damit ist er für die Hamburger Kammerspiele unentbehrlich geworden und zu einer festen Größe avanciert. „Solch ein einfallsreiches, virtuoses, sprühendes, verwandlungsfähiges und pointensicheres Talent hatte es in Hamburg noch nicht gegeben.“[12] Sein Repertoire umfasst sowohl klassische Rollen, Operetten und Konversationsstücke als auch zeitgenössische Dramen. Er spielt vor allem zwielichtige Charaktere, legt sich auf Rollen als elegant-zynische Lebemänner, Verführer, Erpresser oder Intriganten fest. Dramatische Rollen, wie die des Hamlet oder Danton, beherrscht Gründgens also ebenso wie die der Komödianten in den Possen der damaligen Zeit.

Gustaf Gründgens hat in Hamburg erreicht, was man erreichen kann, es gibt für ihn in der Provinz keine Möglichkeit, sein Können weiter zu entwickeln. Hinzu kommt der Weggang von Ziegel als Direktor der Kammerspiele. Seiner Nachfolgerin, seine Frau Mirjam Horwitz, gelingt es nicht, an das bisherige Niveau des Spielplans anzuknüpfen, und so verlieren die Hamburger Kammerspiele zusehends Anerkennung und Publikum. Gründgens sieht keinen Grund mehr, in Hamburg zu bleiben, und verabschiedet sich in der Rolle des Hamlet vom Hamburger Publikum.

Mit der Spielzeit 1928/29 schafft er den Sprung über ein Gastspiel in Wien nach Berlin, zunächst ins private Theater von Max Reinhardt. An seine großen Rollen in Hamburg kann er hier allerdings nicht sofort anknüpfen. Er muss sich neu als Schauspieler und Regisseur behaupten - in etlichen Komödien, Operetten und Kammerrevuen; allein die „ernsthaften“, die großen klassischen Rollen bleiben ihm versagt.

In jenen letzten Jahren der Weimarer Republik zählt Gründgens nichtsdestotrotz zu den meistbeschäftigten Darstellern und Regisseuren in Oper, Revue und auch Film. (Bis 1932 spielt er in nicht weniger als elf Filmen mit.) Mit seiner Inszenierung des „Figaro“ schafft er 1931 den Durchbruch als Regisseur an der Kroll-Oper (Dirigent: Otto Klemperer), und auch an der Staatsoper feiert er Erfolge mit den Inszenierungen von Mozart, Offenbach und Meyerbeer. 1932 schließlich kommt er ans Berliner Staatstheater (Preußische Staatstheater), um dort die Rolle seines Lebens zu spielen: den „Mephisto“ aus Goethes Faust.

[...]


[1] Badenhausen, R. 1982. „Gustaf Gründgens ‚Laß mich ausschlafen’“. München. S.11.

[2] Riess, C. 1965. „Gustaf Gründgens. Eine Biographie“. Hamburg. S.7.

[3] Ebd. S.10.

[4] Lehrer: Paul Henckels, Peter Esser, Elsa Dalands. Vgl. Badenhausen. 1982. S. 10. und Riess. 1965. S. 25.

[5] Gründgens wurde wie alle anderen Schüler auch als Statist und Chorsprecher eingesetzt, bekam darüber hinaus aber aushilfsweise kleine und mittlere Rollen. So z.B. in „Kabale und Liebe“, „Hamlet“ (später auch den Hamlet selbst) und „Minna von Barnhelm“. Vgl. Goertz, H. 1982. „Gustaf Gründgens“. Reinbek bei Hamburg. S. 14.

[6] Riess.1965. S. 27.

[7] Walach, D. 1999. „Aber ich habe nicht mein Gesicht. Gustaf Gründgens – eine deutsche Karriere“. Berlin. S. 25.

[8] = Künstlername. Eigentlich Dr. Max Poensgen. Vgl. Riess. 1965. S. 36.

[9] Walach. 1999. S. 32.

[10] „[…] und dann kam ich eben zu dem Mann, dem ich bis heute und bis an mein Lebensende tief freundschaftlich verbunden sein werde, zu Erich Ziegel und seiner Frau Mirjam Horwitz in Hamburg, die mich wirklich…also…gepflegt haben und lange gesucht haben, wo das Eigentliche, das Persönliche von mir ist, und das sie eben auch freigelegt haben.“ In: Badenhausen, R. & Gründgens-Gorski, P. 1967. „Gustaf Gründgens. Briefe, Reden, Aufsätze.“ S.340.

[11] 1924 debütiert er als Regisseur, u.a. inszeniert er die Zweitaufführung von Klaus Manns „Anja und Esther" und 1927 die Uraufführung von „Revue zu Vieren" – ebenfalls von Klaus Mann. In beiden Stücken spielt Gründgens an der Seite von Erika und Klaus Mann sowie Pamela Wedekind die Hauptrolle. Im Juli 1926 heiratet Gründgens Erika Mann. (Die Ehe wird jedoch 1929 bereits wieder geschieden.) Bis 1928 spielt er insgesamt 71 verschiedene Rollen und führt bei 32 Inszenierungen Regie.

[12] Goertz. 1967. S.22.

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Details

Titel
Klaus Manns Roman „Mephisto“ und die Folgen: Die Karriere des Gustaf Gründgens
Hochschule
Universität Hildesheim (Stiftung)
Veranstaltung
Klaus Manns Roman „Mephisto“ und die Folgen
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
14
Katalognummer
V87469
ISBN (eBook)
9783638031639
ISBN (Buch)
9783640389216
Dateigröße
444 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Dozent: "Die Arbeit konzentriert sich auf die künstlerische Laufbahn des Gustav Gründgens. Sie gibt die wichtigsten Stationen zutreffend wieder und ist gut lesbar geschrieben."
Schlagworte
Karriere, Gustaf, Klaus Mann, Gründgens, Mephisto, Berlin
Arbeit zitieren
Sebastian Münch (Autor:in), 2007, Klaus Manns Roman „Mephisto“ und die Folgen: Die Karriere des Gustaf Gründgens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87469

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