Barrieren im Wissensmanagement


Magisterarbeit, 2006

235 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Motivation
1.2 Bezugsrahmen der Forschungsarbeit
1.3 Forschungsfragen
1.4 Methodik der vorliegenden Arbeit
1.5 Erkenntnisgewinn und Forschungsleistung der Arbeit
1.6 Struktur der Arbeit

2 Wissen als Kern-Ressource der Wissensgesellschaft
2.1 Von der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft
2.2 Unterscheidung Daten - Information - Wissen
2.2.1 Daten
2.2.2 Information
2.2.3 Wissen
2.3 Implizites vs. explizites Wissen
2.4 Individuelles vs. kollektives Wissen
2.5 Wissen als Expertise oder Kontextwissen
2.6 Produktionsfaktor Wissen
2.6.1 Unterschiede zu herkömmlichen Produktionsfaktoren
2.6.2 Wissen als Intellektuelles Kapital
2.7 Zwischenbetrachtung

3 Wissensmanagement im Unternehmen
3.1 Die Lernende Organisation: Gestaltung des Lernens?
3.1.1 Die Wissensspirale nach Nonaka und T akeuchi
3.1.2 Die fünf Disziplinen nach Peter Senge
3.1.2.1 Personal Mastery
3.1.2.2 Mentale Modelle
3.1.2.3 Gemeinsame Vision
3.1.2.4 Teamlernen
3.1.2.5 Systemdenken
3.2 Wissensmanagement: Gestaltung der Diffusion und Generierung von Wissen?..
3.2.1 Systemisches Wissensmanagement nach Willke
3.2.2 Das Bausteinmodell des Wissensmanagements
3.3 Kategorienfindung für die Einordnung von Barrieren im Wissensmanagement
3.4 Zwischenbetrachtung

4 Barrieren im Wissensmanagement
4.1 Definition des Begriffs der Barrieren
4.2 Barrieren im Wissenstransfer
4.2.1 Transfer-Barrieren aus strukturellen und prozessualen Unternehmensvoraussetzungen, sowie dem Wissen immanenten Eigenschaften (DÜRFEN)
4.2.2 Transfer-Barrieren aus Fähigkeiten und Fertigkeiten (KÖNNEN)
4.2.3 Sprach- und Kommunikations-Barrieren im Wissenstransfer
4.3 Barrieren in der Wissensteilung
4.3.1 Teilungs-Barrieren aus motivationaler Bereitschaft (WOLLEN)
4.3.1.1 Barrieren in der machttheoretischen Verankerung der Wissensteilung
(Grundannahme: Wissen ist Macht)
4.3.1.2 Barrieren in der wettbewerbstheoretischen Verankerung der Wissensteilung
(Grundannahme: Wissen hat einen Wert)
4.3.1.3 Barrieren in der Psychologie-orientierten Verankerung der Wissensteilung (Grundannahme: Wissensteilung könnte negative Konsequenzen haben)
4.3.1.4 Barrieren aus spieltheoretischen Überlegungen zur Wissensteilung
(Grundannahme: Wissensträger handeln eigennützig)
4.3.2 Teilungs-Barrieren aus Fähigkeiten und Fertigkeiten (KÖNNEN)
4.3.3 Teilungs-Barrieren aus strukturellen und prozessualen
Unternehmensvoraussetzungen (DÜRFEN)
4.4 Barrieren in der Wissensnutzung
4.4.1 Nutzungs-Barrieren aus motivationaler Bereitschaft (WOLLEN)
4.4.2 Nutzungs-Barrieren aus Fähigkeiten und Fertigkeiten (KÖNNEN)
4.4.3 Nutzungs-Barrieren aus strukturellen und prozessualen Unternehmensvoraussetzungen (DÜRFEN)
4.5 Barrieren in der Neugenerierung von Wissen
4.5.1 Entwicklungs-Barrieren aus motivationaler Bereitschaft (WOLLEN)
4.5.2 Entwicklungs-Barrieren aus Fähigkeiten und Fertigkeiten (KÖNNEN)
4.5.3 Entwicklungs-Barrieren aus strukturellen und prozessualen Unternehmensvoraussetzungen (DÜRFEN)
4.6 Barrieren in der Wissensbewertung
4.6.1 Bewertungs-Barrieren aus motivationaler Bereitschaft (WOLLEN)
4.6.2 Bewertungs-Barrieren aus strukturellen und prozessualen Unternehmensvoraussetzungen (DÜRFEN)
4.6.3 Bewertungs-Barrieren aus Fähigkeiten und Fertigkeiten (KÖNNEN)
4.7 Veränderungswiderstände als Barrieren im Wissensmanagement
4.8 Tabellarischer Überblick über die Barrieren im Wissensmanagement

5 Qualitative Metaanalyse zur Untersuchung der Barrieren in ihrem Auftreten in der Praxis..
5.1 Studiendesign, Auswahlkriterien und methodische Vorgehensweise
5.1.1 Entwicklung des Kriterienkatalogs
5.1.2 Überblick über die ausgewählten Studien
5.2 Ergebnisse
5.2.1 Verteilung der Methodik
5.2.2 Verteilung der Barrierengebiete der Erhebungen
5.2.3 Vergleich der Studienergebnisse zu den Barrieren
5.2.3.1 Verteilung der Barrieren mit Clusterbildung
5.2.3.2 Mangelnde Zeit als meistgenannte Barriere
5.2.3.2.1 mangelnde Zeit und beigeordnete Barrieren mit Lösungsvorschlägen
5.2.3.2.2 Einschätzung der Barriere des Zeitmangels in den Studien
5.2.3.3 Verteilung Kooperationsbarrieren
5.2.3.4 Verliert die Einstellung „Wissen ist Macht" an Bedeutung?
5.2.3.5 Anreizsysteme und Motivation - eine Kontroverse auch in der Empirie..
5.2.3.6 Kommunikation und Engagement der Führungsebene als bedeutsame Einflussfaktoren
5.2.3.7 Ängste der Mitarbeiter durch Einsichtgabe in eigenes Wissen
5.2.3.8 Barrieren in der Technologie und dem Umgang damit
5.2.3.9 Weitere Barrieren aus der Praxis
5.2.4 Häufigkeitsverteilung der Barrieren im Rahmen der Metaanalyse
5.3 Abgleich der in der Literaturanalyse identifizierten Barrieren mit den in der Metaanalyse aufgetretenen Barrieren
5.4 Zwischenbetrachtung der qualitativen Metaanalyse

6 Lösungen und vorbeugende Maßnahmen für ein erfolgreiches Wissensmanagement
6.1 Lösungsanregungen für die literaturanalytisch gesammelten Barrieren
6.1.1 Abwendung von Barrieren im Wissenstransfer
6.1.1.1 Lösungsvorschläge für sprachliche Barrieren:
6.1.2 Abwendung von Barrieren in der Wissensteilung
6.1.3 Abwendung von Barrieren in der Wissensnutzung
6.1.4 Abwendungen von Barrieren in der Neugenerierung von Wissen
6.1.5 Abwendung von Barrieren in der Wissensbewertung
6.1.6 Lösungsvorschläge für Veränderungsbarrieren
6.2 Rahmenbedingungen als Richtlinien zur Abwendung und Vorbeugung von Barrieren im Wissensmanagement

7 Online-Befragung bei SAP
7.1 Ziel der Befragung
7.2 Methodik der Onlinebefragung
7.3 Fragebogendesign mit Hypothesen
7.3.1 Inhaltlicher Aufbau der Befragung
7.3.2 leitende Annahmen und Hypothesen
7.4 Ergebnisse der Onlinebefragung
7.4.1 Zusammensetzung der Grundgesamtheit der Befragten
7.4.1.1 Rolle der Befragten bezüglich des Wissensmanagements
7.4.1.2 Kundenkontakt und Länge der Tätigkeit der Befragten
7.4.2 Empfinden des Wissensmanagements im eigenen Unternehmen
7.4.3 Beeinflussung der Toolentwicklung durch Feedbacks von Kunden
7.4.4 Einschätzung von Barrieren im Wissensmanagement
7.4.5 Praxiserfahrungen der Befragten hinsichtlich des Auftretens von Barrieren
7.4.6 Umgang mit Wissensmanagementbarrieren im Kundengespräch
7.4.7 Einschätzung der Grenzen der Technik
7.4.8 Einschätzung der Barriere des Zeitmangels
7.5 Schlussfolgerungen aus der Onlinebefragung

8 Résumée

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis der Tabellen aus der qualitativen Metaanalyse

Danksagung

Anhang

Anhang I. Kurzbeschreibung der Inhalte der Studien, die in die qualitative Metaanalyse eingearbeitet wurden

Anhang II. Überblick über die Studien der qualitativen Metaanalyse mit allen identifizierten Barrieren und dazu vorgeschlagenen Lösungen

Anhang III. Fragebogen der Onlinebefragung von SAP-Mitarbeitern

1 Einleitung

1.1 Motivation

Seit Anfang der 90er Jahre ist Wissensmanagement in aller Munde. Es existieren zahlreiche Ansätze zum Management von Wissen, die teilweise aus sehr unterschiedlichen Perspektiven an das Thema herangehen. Neben theoretischen Betrachtungen gibt es auch Anleitungen und Empfehlungen für ein „gutes Gelingen" des Wissensmanagements in seiner praktischen Anwendung in Organisationen. Auf welchen Erfahrungen sich diese Empfehlungen gründen, bleibt der hilfesuchenden Führungskraft oftmals verborgen.

Auch die Probleme, die sich dem Wissensmanagement entgegenstellen oder bei dessen Einführung in einem Unternehmen ergeben, werden zumeist nur in Allgemeinplätzen kurz erwähnt. Falls diese Hindernisse des Wissensmanagements jedoch näher betrachtet werden, so handelt es sich entweder um Fallstudien, in denen fallspezifische Probleme oder Barrieren des Wissensmanagement sichtbar werden oder lediglich um Teilaspekte des Wissensmanagements.

Die Kontextgebundenheit der Barrieren in einzelnen Fallstudien steht den vorwiegend unreflektiert hingeworfenen Problemfeldern gegenüber, die in der Literatur vorherrschen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer umfassenden Betrachtung der Barrieren, Hindernisse oder Widerstände, die in der Anwendung von Wissensmanagement vorhanden sind oder entstehen können. In der vorliegenden Magisterarbeit soll mithilfe einer Aufarbeitung der Forschungsliteratur zu Wissensmanagement und einer qualitativen Metaanalyse von empirischen Erhebungen, in denen auftretende Probleme im Wissensmanagement behandelt werden, eine weitgehend umfassende und möglichst realitätsnahe Erfassung möglicher Barrieren erfolgen, um in einem weiteren Schritt aus dieser Übersicht der verschiedenen Barrieren Lösungsmöglichkeiten beziehungsweise vorbeugende Maßnahmen aufzeigen zu können.

Die beabsichtigte Ausarbeitung soll Führungskräften, Managern, Knowledge Officers und anderen, die sich mit der Einführung eines Wissensmanagementsystems beschäftigen, oder deren bereits eingeführtes System nicht die gewünschten Erfolge verbuchen kann, dazu dienen, einen umfassenden und tiefen Einblick in die Probleme, die beim Management und der Diffusion von Wissen entstehen können, darzureichen, sowie ihnen Anregungen zur Lösung derselben vermitteln. Vor allem jedoch sollen Personen, die elektronische Wissensmanagementsysteme entwickeln, herstellen, konzeptionieren, implementieren und Schulungen im Umgang damit durchführen, einen übergreifenden Einblick in die Thematik der Barrieren im Wissensmanagement erhalten.

Wie bereits Chua und Lam (2005) richtig feststellen, genügt für ein gelungenes Wissensmanagement nämlich nicht nur die Ausrichtung nach Erfolgsfaktoren, die in der Literatur hinreichend beschrieben sind (vgl. beispielsweise Dixon 2000, Schnauffer et al. 2004 und Davenport/Prusak 1998); erst die Abwesenheit von Barrieren ermöglicht eine erfolgreiche Implementierung von Wissensmanagementsystemen. Die Zusammenstellung der Barrieren in dieser Arbeit soll es den mit Wissensmanagementsystemen betrauten Personen im Unternehmen ermöglichen, die Barrieren entweder bei deren Bestehen zu identifizieren, um sie dann auflösen zu können, oder sie bereits vor ihrem Entstehen im Keim bekämpfen zu können, so dass sie ihre Wirkkraft erst gar nicht entfalten können.

Eine unterstützende Befragung von Mitarbeitern des Softwareherstellers SAP, die sich mit Verkauf, Beratung und Konzeption von Wissensmanagementsystemen befassen, soll dazu dienen, deren Einschätzung von Wissensmanagement-Barrieren und ihren Umgang damit in Kundengesprächen zu erfassen.

1.2 Bezugsrahmen der Forschungsarbeit

Wissen gewinnt zunehmend an Bedeutung für das heutige Unternehmen. Als Erfolgsfaktor im Markt gegenüber Mitbewerbern durch Vermeidung von Redundanzen von Fehlern oder verbessertes Auffinden von Problemlösungen kann die Transparenz von Wissen innerhalb eines Unternehmens eine wichtige Rolle spielen. Wissen ist zumeist an Personen gebunden und daher sind eine Lokalisation sowie eine Weitergabe desselben mit großen Hindernissen verbunden. Wenn ein langjähriger Mitarbeiter ein Unternehmen verlässt, ohne durch Anlernen seines Nachfolgers oder auch das Aufbereiten seiner Erfahrungen für andere Mitarbeiter sein Wissen verfügbar gemacht zu haben, bedeutet das für das Unternehmen in der Regel große Verluste. Besonders in der heutigen veränderten Arbeitssituation, in der häufigerer Arbeitsplatzwechsel, zunehmende Änderung der traditionellen Arbeitsformen in Projektarbeit und durch Informations- und Kommunikationstechnologien ermöglichte Auflösung der Raumbeschränkung des Arbeitsplatzes an das Firmengebäude (im Sinne einer Loslösung von Raum und oftmals auch Zeit - wenn beispielsweise die Zeitverschiebung bei internationalen Unternehmensstandorten eine Rolle spielt) ist eine Anbindung einer Person an ein Unternehmen nicht mehr gängig. Demzufolge ist auch die mögliche Anbindung des Wissens der Person an das Unternehmen hinfällig. Dieser Entwicklung versucht das Wissensmanagement beizukommen, indem das Wissen eines Unternehmens, sowohl das in Patenten, Dokumenten, und ähnlichem gespeicherte Wissen, als auch das an Personen gebundene Erfahrungs-, Kontext- und Expertenwissen, identifiziert, verfügbar gemacht und im Unternehmen geteilt wird.

In dieser noch jungen Perspektive des Managements können jedoch zahlreiche Probleme auftreten. So liegt die Hauptproblematik nicht in der technischen Umsetzung mithilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien, sondern zumeist auf der menschlichen, motivationalen Seite. Die vorliegende Arbeit soll der Erforschung der im Wissensmanagement möglichen Barrieren und Hindernisse dienen, ihre Bedeutsamkeit identifizieren, um letztlich Möglichkeiten zur Überwindung der Barrieren aufzuzeigen.

1.3 Forschungsfragen

Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung mit dem Thema Wissensmanagement stehen in der vorliegenden Arbeit folgende Fragen:

- Was bedeutet Wissensmanagement?

Die vorliegende Arbeit gibt einen Überblick über Definitionen und Grundbegriffe des Wissensmanagements.

Dabei muss beachtet werden, dass es sich bei Wissensmanagement um keine vollkommen neue Entwicklung handelt; Wissen wurde schon immer transferiert, geteilt und generiert, nur eine Organisation und ein geplanter Ablauf desselben sind erst mit der neuzeitlichen Entwicklung der ständig zunehmenden Notwendigkeit der Veränderungsfähigkeit der Wissensbasierung einhergegangen.

- Welche Modelle des Wissensmanagements existieren?

Die vorliegende Arbeit gibt einen Einblick in bestehende Theorien und Modelle, die für die Analyse der Barrieren im Wissensmanagement als Voraussetzung zu sehen sind, und versucht dabei, die unterschiedlichen Betrachtungen zu beleuchten.

- Welche Probleme und Barrieren gibt es beim Wissensmanagement?

Die vorliegende Arbeit versucht aus der Literatur eine umfassende Aufstellung von Problemen und Barrieren im Management des Wissens in Unternehmen herauszufiltern. Dabei soll versucht werden, einen realitätsnahen Ausschnitt der Barrieren im Wissensmanagement zu liefern, indem theoretische Abhandlungen über derartige Barrieren empirischen Untersuchungen gegenübergestellt werden. Der Abgleich daraus soll realitätsnahe Ergebnisse liefern und zur Validität der getroffenen Aussagen über Barrieren im Wissensmanagement beitragen. Selbstverständlich können dabei nicht alle denkbaren Barrieren aufgezeigt werden, jedoch die wichtigsten, ihrer Auftretenshäufigkeit nach wahrscheinlichsten Barrieren im Wissensmanagement sollen dargelegt werden.

- Welche Möglichkeiten gibt es, diesen Barrieren vorzubeugen, sie bei Bestehen zu identifizieren und Auflösungen der Barrieren zu erreichen?

Hierbei muss den verschiedenen Ebenen des Wissensmanagements entsprechend auch hinsichtlich der Problemfelder unterschieden werden, um anhand der einzelnen Barrieren beziehungsweise anhand von Barrierenclustern vorbeugende Maßnahmen oder Lösungen darreichen zu können.

1.4 Methodik der vorliegenden Arbeit

Die Thematik des Wissensmanagement wird unter Verwendung verschiedener theoretischer Modelle aufgearbeitet und hinsichtlich der im Wissensmanagement möglichen auftretenden Barrieren analysiert. Mithilfe einer Literaturanalyse werden die für die Thematik der Barrieren im Wissensmanagement als wichtig erachteten theoretischen Grundlagen herausgefiltert und aufbereitet. In der vorliegenden Arbeit soll außerdem versucht werden, die bestehende Literatur zur Thematik der Barrieren aufzuarbeiten, in einen gemeinsamen Bezugsrahmen zu stellen und anhand der verschiedenen Teilbereiche des Wissensmanagements eine sinnvolle Zuordnung der Barrieren und somit eine Systematisierung zu erreichen.

Die Literaturanalyse der Arbeiten, die sich ausführlicher mit der Thematik der Barrieren auseinandergesetzt haben, dient vor allem der Klärung, welche Barrieren es gibt, um so einen Überblick über die möglichen Barrieren des Wissensmanagements liefern zu können und wird in einem weiteren Schritt um die Ergebnisse einer qualitativen Metaanalyse erweitert.

Die hierbei angewendete Methode der qualitativen Metaanalyse stellt eine Metaanalyse qualitativer Art dar, als eine Zusammenschau diverser Studien zum Thema Barrieren im Wissensmanagement. Die Metaanalyse soll vor allem Aufschluss darüber geben, welche Barrieren in der Praxis tatsächlich auftreten, und in welcher Häufigkeit, um zu erfahren, welche die wichtigsten Barrieren sind, die bei der Einführung eines Wissensmanagements besonderer Beachtung bedürfen.

Dabei sollen die Studienergebnisse aller Studien miteinander in Beziehung gesetzt und aufbereitet werden nach Art eines Literature-Reviews. Die Ergebnisbündelung der Forschungen soll neue Resultate und Zusammenhänge hervorbringen. Ziel der qualitativen Metaanalyse ist also die kritische Analyse von empirischen Erhebungen, die im Zusammenhang mit dem Thema Barrieren im Wissensmanagement stehen. Es wird überprüft, ob aus den einzelnen Ergebnissen allgemeine Aussagen gebildet und gemeinsame Rückschlüsse auf das Auftreten von Barrieren gezogen werden können. Dabei sollen auch die angeführten Lösungsvorschläge auf ihren Konsens hin überprüft werden.

Um die 24 ausgewählten, auf unterschiedliche Art und Weise aufgebauten Forschungsarbeiten miteinander in Beziehung setzen zu können, wird in ein Kriterienkatalog entwickelt. Dieser Katalog beinhaltet unter anderem Angaben über Untersuchungsobjekte, Untersuchungszeitraum und Erhebungsmethode der Forschungsarbeiten.

In der qualitativen Metaanalyse soll versucht werden, durch die Betrachtung der empirischen Studien auszumachen, wo in der Forschung noch Lücken auszumachen sind, und inwieweit bereits die theoretischen Abhandlungen über Barrieren die wichtigen und häufig auftretenden Barrieren in ihren Ursachen erfassen und Lösungsansätze bieten können.

Des Weiteren wird versucht, mithilfe einer vergleichenden Zusammenführung von angebotenen Lösungen in den herangezogenen Studien und dem Literaturmaterial die sinnvollsten und erfolgversprechendsten Lösungen herauszuarbeiten.

Zusätzlich erfolgt in einem dritten methodischen Schritt eine Onlinebefragung von Mitarbeitern des Wissensmanagementsystem-Herstellers SAP, um Einsicht darin zu erhalten, wie die Barrieren von den Mitarbeitern eingeschätzt werden. Die Befragten sind vor allem in Verkauf und Beratung hinsichtlich der Systeme bei Kunden tätig, so dass es von großem Interesse ist, ob und inwiefern die möglichen Barrieren im Wissensmanagement im Kundengespräch Erwähnung finden.

1.5 Erkenntnisgewinn und Forschungsleistung der Arbeit

Die vorliegende Arbeit soll die Barrieren, die im Wissensmanagement auftreten können, umfassend beleuchten, um diese Lücke in der Literatur zum Wissensmanagement auszufüllen. Zudem soll versucht werden, mithilfe der Betrachtung verschiedener Studien zur Thematik, das Auftreten von Barrieren im Wissensmanagement aus übergreifender Perspektive zu untersuchen. In dieser qualitativen Metaanalyse soll geklärt werden, welche Barrieren in der Praxis vermehrt auftreten. Aus den Resultaten sollen schließlich auch Möglichkeiten zur Auflösung der Barrieren extrahiert werden. Insgesamt lässt sich der Erkenntnisgewinn der vorliegenden Arbeit in folgenden Punkten zusammenfassen:

- umfassende Erfassung der Barrieren im Wissensmanagement
- ganzheitliche Betrachtung der Barrieren aus übergreifender Perspektive
- Identifikation der Auftretenshäufigkeit von Barrieren in der Praxis
- Aufzeigen von Lösungsmöglichkeiten

1.6 Struktur der Arbeit

Zunächst wird im Kapitel 2 eine Einführung in die Thematik Wissensmanagement gegeben, indem herausgestellt wird, welche Bedeutung Wissen in der heutigen Gesellschaft einnimmt. Außerdem werden hier für das Verständnis der Themenstellung wesentliche Definitionen und Grundbegriffe dargereicht. Das Kapitel 3 stellt grundlegende Theorien und Modelle des Wissensmanagements und der Lernenden Organisation vor und erläutert die Kategorien für die Beschreibung der Barrieren im nachfolgenden Kapitel. Anhand einer Literaturanalyse werden in Kapitel 4 dann mögliche Barrieren im Wissensmanagement identifiziert und einzeln erläutert. Die qualitative Metaanalyse in Kapitel 5 analysiert anhand der Zusammenstellung von empirischen Erhebungen, welche Barrieren in der Praxis vermehrt auftreten. Zu dem nun gesammelten Bestand an Barrieren im Wissensmanagement werden in Kapitel 6 Anregungen zu deren Lösung und Vorbeugung erstellt. Anhand einer Onlinebefragung wird in Kapitel 7 bei Mitarbeitern des Softwareherstellers SAP erforscht, welche Einschätzungen bezüglich Wissensmanagementbarrieren vorliegen, inwieweit diese mit den Ergebnissen der Metaanalyse übereinstimmen und wie mit diesen Barrieren in Kundengesprächen umgegangen wird.

Ein abschließendes Resümee fasst die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zusammen.

2 Wissen als Kern-Ressource der Wissensgesellschaft

Wissen wird zunehmend ein entscheidender Faktor für Erfolg von Unternehmen in der heutigen Wissensgesellschaft. Auch wenn Wissen seit Beginn der menschlichen Existenz durch Interaktion und später Sprache weitergegeben wurde (vgl. Mertins et al. 2003: 1), haben erst die Informations- und Kommunikationstechnologien seine schnelle Erfassung, langfristige Speicherung und realitätsnahe Abbildung ermöglicht. (vgl. Willke 1999: 5) Durch diese Entwicklung vorangetrieben, haben sich die Erfassung bisher brachliegenden Wissens, seine Lenkung innerhalb von Organisationen und die gezielte Förderung der Generierung neuen Wissens als wichtige und Erfolg versprechende Maßnahmen im Unternehmen herausgebildet. Diese Tätigkeiten werden in ihrer Gesamtheit als Wissensmanagement oder auch wissensorientiertes Management bezeichnet.

Denn es zeichnet sich „immer klarer ab, dass wirtschaftlicher Erfolg in so einer wissensorientierten Wirtschaft von neuen Fähigkeiten, neuen Organisationsstrukturen und einer neuen Managementkultur abhängen wird." (Stewart 1998: 34)

Um die Bedeutung des Wissensmanagements für die Entwicklung und Bereitstellung von Wissen als Kernressource im Unternehmen begreiflich zu machen, bedarf es zunächst einiger grundlegender Begriffsdefinitionen.

2.1 Von der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft

Weit verbreitet ist heutzutage die These, dass die Menschheit eine Entwicklung zur Wissensgesellschaft vollzogen hat. Die Industriegesellschaft wurde somit durch den neuen Gesellschaftstypus der Wissensgesellschaft abgelöst, der auf Information und Wissen als wichtigste Ressource gründet. Bereits 1962 kam Fritz Machlup in der so genannten Machlup-Analyse zu dem Ergebnis, dass Wissen und Information zu einem wichtiger Faktor der amerikanischen Wirtschaft geworden sind. (vgl. Kiefer 2001: 29)

Verschiedene Autoren jedoch, wie Beninger in seiner 1986 erschienener Publikation „The Control Revolution“, sehen den heutigen Stand der Gesellschaft als eine Phase der Industrialisierung, in der ein ständiger periodischer Wechsel zwischen steuernden und produktiven Phasen stattfindet, und nicht als eine neu entwickelte Gesellschaftsform. (vgl. Kiefer 2001: 30f)

Unabhängig von den verschiedenen Standpunkten kann jedoch festgestellt werden, dass Information und Kommunikation in der heutigen Gesellschaft große Wirtschaftsfaktoren darstellen, wodurch sie oftmals auch als „Quartärsektor“ (Kiefer 2001: 31) angesehen werden, während Wissen sogar als Wirtschaftsgut der „quartären Wirtschaft“ (Bürgel/ Zeller 1998: 54) bezeichnet wird. In der industriellen Entwicklung standen bestimmte Güter in bestimmten Wirtschaftsphasen im Vordergrund, wie Rohstoffe, Produkte und Dienstleistungen. Die zunehmende Bedeutung des Wissens als eigenständiges Wirtschaftsgut lässt die Bezeichnung der Quartärwirtschaft als „Knowledge-Based Industry“ (ebenda) aufkommen.

Besonders in den hoch entwickelten Industriegesellschaften führt deren wachsender Grad der Differenzierung zu stärkerem Bedarf an Information und Kommunikation. (vgl. Kiefer 2001: 31f) Dieser wird durch die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien bedient. So evident technische Umbrüche und Innovationsschübe jedoch auch erscheinen, so ist auch ersichtlich, dass medientechnische Innovationen ihren Hintergrund in gesellschaftlichen, ökonomischen und strukturellen Erfordernissen, Systemveränderungen und Bedürfnisstrukturen haben. (vgl. Winkler 2004, online) Gleichzeitig ermöglichen neue technische Errungenschaften neuartige Wege des Umgangs mit Ressourcen, also des Managements, in Organisationen.

Während die Kulturpessimisten die These vertreten, dass der Mensch von der Technik determiniert wird, gehen die Anhänger der sozialen Technikkonstruktion davon aus, dass technische Entwicklungen keiner fixen Struktur oder Logik folgen, sondern aus der Einflussnahme der an ihrer Entwicklung beteiligten Personen heraus generiert werden. Die Technikgenese wird zunächst als eine Art darwinistischer Evolutionsprozess betrachtet, denn nicht alles, was technisch möglich ist, findet auch soziale Akzeptanz. Zudem ist die ökonomische Seite der (Medien)technikentwicklung relevant, wobei Angebot und Nachfrage, also die Marktsättigungsprozesse eine Rolle spielen. Außerdem etabliert sich eine Technik meist nur in dem Falle, dass sie besser ist, als die vorhergehende. (vgl. Rammert 2000: 59ff) Insgesamt kann von einer gegenseitigen Determinierung ausgegangen werden: Medien und Medientechnik beeinflussen die jeweilige Gesellschaft, während jede Gesellschaft ihre spezifischen Medien hervorbringt. (vgl. Winkler 2004, online) Gesellschaftliche Entwicklungen sind demnach untrennbar verknüpft mit den Veränderungen in der technologischen Infrastruktur der Gesellschaft, denn „technology is society, and society cannot be understood or represented without its technological tools.” (Castells 1996: 5)

So ermöglichen die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien eine genauere und realitätsnähere Abbildung von Geschäftsprozessen, wie auch dem Wissensfluß im Unternehmen, umfassende Speicherung und Transfer von Wissen. Dadurch entstehen neue Möglichkeiten des Managements der für heutige Unternehmen immer wichtiger werdenden Ressource Wissen.

Denn aus unternehmerischer Perspektive befinden wir uns derzeit in einer Wissensgesellschaft. Wissen wird für Organisationen zu einer immer wichtigeren Ressource und der kompetente Umgang mit diesem Wissen zu einem Erfolgsfaktor und Wettbewerbsvorteil für Unternehmen. Dieser Wissensgehalt wird in nahezu allen Arbeitsbereichen immer unabdingbarer, er beeinflusst Arbeitsprozesse, bestimmt die Wettbewerbsfähigkeit von ganzen Wirtschaftssystemen, generiert neue Wachstumsmodelle und bringt in der Folge neue Produkte, Berufe und Erwerbsformen hervor.

Folglich „ist unübersehbar, dass die Folgen der Internationalisierung bis hin zur Globalisierung, die Folgen der Digitalisierung und Wissensbasierung, die Folgen der weltweiten Vernetzung und der Bildung globaler Allianzen, Kooperationsverbunde und Netzwerke vor allem mehr Wissen und Expertise verlangen, mehr Lernfähigkeit und Innovationskompetenz“ (Willke 2001: 36).

Stewart (1998: 23) bezeichnet Wissen als zentralen Faktor der heutigen Wirtschaft, der bedeutender als alles Rohmaterial oder finanzielles Kapital sei.

So nehmen auch Produkte mit eingebauter Expertise, so genannter „embedded intelligence“ überhand (vgl. Willke 2001: 27). Im Gegensatz zum industriellen Zeitalter macht der intellektuelle Gehalt den Wert der Dinge aus, nicht der physische Gehalt; so werden beispielsweise Mikrochips immer kleiner, ihre Leistungsfähigkeit jedoch steigt zunehmend (vgl. Stewart 1998: 31). Stewart zitiert eine Schätzung, derzufolge etwa 75% des Mehrwerts in der Produktion von Gütern „durch Information erwirtschaftet“ (Stewart 1998: 31) werden.

Neben den Faktoren der intelligenten Organisationen und intelligenten Güter wird auch die Wissensgesellschaft als verantwortlich und ausschlaggebend dafür angesehen, dass sich der Charakter von Arbeit verändern muss und wird, im Sinne einer Orientierung weg von tayloristisch organisierter industrieller Arbeit hin zu Wissensarbeit. (vgl. Willke 2001: 3)

Nach Willke (1999) kann dann von einer Wissensgesellschaft gesprochen werden, wenn die „Strukturen und Prozesse der materiellen und symbolischen Reproduktion einer Gesellschaft so von wissensabhängigen Operationen durchdrungen sind, dass Informationsverarbeitung, symbolische Analyse und Expertensysteme gegenüber anderen Faktoren der Reproduktion vorrangig werden“ (Willke 1999: 1). Die moderne kapitalistisch-geprägte Ökonomie verändert sich damit hin zu einer „post-kapitalistischen, wissensbasierten Produktionsform“ (ebenda). Nach Willke (vgl. Willke 1999: 1f) existiert eine solche Wissensgesellschaft noch nicht wirklich, ihr Aufkommen ist jedoch schon spürbar und zeigt sich in verschiedenen Faktoren, wie Zunahme der Bedeutung der Wissensarbeit, der höheren Einstufung eingebauter Expertise gegenüber herkömmlichen Produktionsfaktoren und im informationstechnischen Umbruch der Organisationen zu wissensbasierten Systemen. Während in der heutigen Organisationsform herkömmliche Autoritätskonzepte immer mehr in den Hintergrund treten, nehmen die Beziehungen der Mitarbeiter untereinander, im Besonderen auch ohne Berücksichtigung funktioneller Arbeitsteilung, eine ansteigend wichtige Position in der erfolgreichen Vollbringung der Arbeit ein, so Shire (2001, online).

Als „Kernelement der Morphogenese der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft“ (Willke 2001: 21) kann Wissensarbeit bezeichnet werden.

Wissensarbeit bedeutet, dass „das relevante Wissen (1) kontinuierlich revidiert, (2) permanent als verbesserungsfähig angesehen, (3) prinzipiell nicht als Wahrheit, sondern als Ressource betrachtet wird und (4) untrennbar mit Nichtwissen gekoppelt ist, so dass mit Wissensarbeit spezifische Risiken verbunden sind.“ (Willke 2001: 21)

In der heutigen Form von Wissensarbeit müssen sowohl Personen als auch die jeweilige Organisation „in komplementärer Weise Wissen genieren, nutzen und sich wechselseitig ihr Wissenspotential zur Verfügung stellen“ (Willke 2001: 29). Dies zu gewährleisten und zu organisieren, ist eine Hauptaufgabe des Wissensmanagements. Laut Willke nutzt organisierte Wissensarbeit „den Prozess des Organisierens, um Wissen zu einer Produktivkraft zu entfalten, die gegenwärtig dabei ist, die herkömmlichen Produktivkräfte (Land, Arbeit, Kapital) in ihrer Bedeutung zu überflügeln.“ (Willke 2001: 21)

Wissensarbeit hat es schon immer in gewisser Weise gegeben, aber die Besonderheit der heutigen Wissensarbeit liegt darin, dass die „Veränderungsgeschwindigkeit der Wissensbasierung“ für den Menschen erhöht ist (vgl. Willke 2001: 23) Das liegt unter anderem darin begründet, dass die Halbwertszeit des Wissens mit zunehmender Spezialisierung dieses Wissens stärker sinkt. (vgl. Bürgel/ Zeller 1998: 55) Wissen ist demnach in immer kürzerer Zeit veraltet und überholt. Dadurch wird der Druck für den Wissensarbeiter erhöht, sein Wissen ständig zu aktualisieren. (vgl. ebenda)

Auch Stewart beschreibt die steigende Tendenz der Zunahme an Beschäftigten als Wissensarbeiter wie folgt: „Information und Wissen sind gleichermaßen Rohstoff und Produkt ihrer Arbeit“ (Stewart 1998: 54).

Als Gründe für den erhöhten Bedarf an Wissen als zunehmend wichtigeren Bereich in der heutigen Ökonomie benennt Shire (2001, online) bezüglich des theoretischen Wissens den Fortschritt der Wissenschaft und die zunehmende Spezialisierung in der Arbeitsteilung. Außerdem wird Erfahrungswissen immer wichtiger, da die Arbeit zunehmend technisiert wird. Strategisches Wissen über das Arbeitsumfeld bekommt mit Zunahme des Wettbewerbs einen immer höheren Stellenwert in Organisationen, so Shire (vgl. ebenda).

Als Resultat auf dem Arbeitsmarkt folgt daraus, dass die körperliche Arbeit zunehmend schlechter bezahlt wird, während sich höhere Ausbildung bezahlt machen kann. (vgl. Stewart 1998: 58) Jedoch erfordert ein Bestehen auf dem Arbeitsmarkt der Wissensgesellschaft nicht nur die Expertise und das Fachwissen eines Studiums, sondern die ständige Weiterbildung, Schulung, Reversion des bisher Gelernten und Erfahrenen sowie Neuorientierung des Wissens. Die immer flexiblere Regulierung der Arbeitszeit, endlose Qualifikationsmöglichkeiten auch durch learning-on-the-job, ergebnisorientierte und subjektive Leistungsevaluierung, ergebnisabhängige Entlohnung und Erwartung von Engagement üben einen intensiven Veränderungsdruck auf heutige Wissensarbeiter aus (vgl. Shire 2001, online).

Die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen und die Fähigkeit zur Veränderung sind somit Grundzüge des erfolgreichen Wissensarbeiters der Zukunft.

2.2 Unterscheidung Daten - Information - Wissen

Die Unterscheidung zwischen Daten, Information und Wissen ist für Unternehmen existentiell, denn Daten- oder Dokumentenmanagement ist nicht mit Wissensmanagement zu verwechseln, es kann lediglich ein Teil davon oder eine Vorstufe desselben sein, wie durch die nachfolgenden Unterschiede in den Begrifflichkeiten zu ersehen ist.

Zum einen ist es wichtig, dass für Wissensmanagement verantwortliche Führungskräfte die Unterscheidungen aus obigem Grund kennen, zum anderen darf jedoch deren Zusammenhang nicht vergessen werden, um ein ganzheitliches Managementkonzept in einer Organisation implementieren zu können und darin Daten, Informationen und Wissen für die organisationale Wissensbasis vernetzen zu können. (vgl. Probst et al. 1998: 33f)

2.2.1 Daten

Was der Mensch als Daten begreift, hängt von seiner Beobachtung und den jeweiligen Messinstrumenten ab. (vgl. Willke 2001: 7)

Zusätzlich bestimmen so genannte „kognitive Landkarten“ der Beobachter, also ihre subjektiven Einstellungen, Werte und Wahrnehmungsweisen, was in welcher Weise wahrgenommen wird (vgl. Willke 2001:7).

Zunächst müssen Sachverhalte als Daten codiert werden, damit die Daten existent werden. Der Mensch verfügt über die Möglichkeit, sie in Zahlenform, sprachlich oder als Bilder festzuhalten und zu speichern. Diese Beschränktheit auf die jeweiligen Codes führt zu Verlusten, da bestimmte Ereignisse oder Gegebenheiten schlecht oder gar nicht in diese Codeformen überführt werden können. (vgl. Willke 2001: 8)

2.2.2 Information

Daten an sich haben jedoch noch keine beziehungsweise wenig Bedeutung. Erst in der Einbettung in einen Kontext, in einen Sinnzusammenhang aus Relevanzkriterien ergeben sich aus den Daten Informationen. (vgl. Willke 2001: 8)

Der Kontext ist von Relevanzen bestimmt, die systemabhängig und für das jeweilige System spezifisch sind. Somit ergibt sich eine spezifische Information nur aus der Einbettung von bestimmten Daten in einen bestimmten Kontext; werden die Daten an einen anderen Kontext gebunden, so können sich andere, für das andere System spezifische Daten ergeben. Willke (2001: 8) spricht hierbei von „systemrelativer Information“.

Willke (2001: 9) folgert weiter, dass somit jeglicher „Austausch“ von Informationen eine (für Gesellschaften und Organisationen, Anm. d. Autorin) sinnlose Wortkonstruktion ist, denn ein Austausch impliziert, dass jedes System identische Relevanzkriterien hat, was in einer biologischen Umgebung (der Gesellschaft, bei Personen etc.) im Gegensatz zur gleichen Konfiguration zweier Computer nicht möglich ist.

North (1999: 41) bezeichnet den Kontext von Relevanzen als eine semantische Einbettung, die Voraussetzung der Umwandlung von Daten zu Information ist, wie in der nachfolgenden Abbildung der Wissenstreppe (vgl. Abbildung 2) veranschaulicht wird.

2.2.3 Wissen

In Unterscheidung von Wissen beschreibt Willke in Anlehnung an Sveiby Information als „explizitere Form von implizitem Wissen“ (Willke 2001: 9), die nach Sveiby im Gegensatz zum Wissen unabhängig von dessen Erzeuger sei, während Willke selbst bereits eine Systemabhängigkeit der Information bekräftigt.

Daraus lässt sich jedoch schließen, dass Wissen in jedem Falle noch stärker personengebunden ist als Information.

Wissen entsteht nach Willke (2001: 11) durch eine Einbindung von Information „in einem zweiten Kontext von Relevanzen.“ Dieser Sinnzusammenhang bestehe aus Erfahrungsmustern, die im systemeigenen Gedächtnis abgespeichert seien, so Willke (vgl. Willke 2001: 11). Wissen ist somit in Erfahrung eingebettete Information, die Erfahrungen sind wiederum systemabhängig, wodurch das Wissen personengebunden ist.

Nach North (1999: 41) ist ebenfalls eine Vernetzung von Daten oder Information mit einem subjektiven Bezug vonnöten, um Wissen zu erreichen.

Insgesamt kann festgehalten werden, dass Wissen personen- und kontextabhängig ist, gebunden an den Wissensträger und eine Befähigung zum Handeln darstellt. (vgl. Seiler/ Reinmann 2004: 11) Es entstammt menschlicher Erfahrung und wird kontinuierlich an ihr überprüft. (vgl. Wehner et al. 2004: 163)

Probst et al. fassen die grundlegende Unterscheidung wie folgt zusammen: „Zeichen werden durch Syntaxregeln zu Daten, welche in einem gewissen Kontext interpretierbar sind und damit für den Empfänger Information darstellen [...]. Die Vernetzung von Information ermöglicht deren Nutzung in einem bestimmten Handlungsfeld, welches als Wissen bezeichnet werden kann" (Probst et al. 1998: 36f). Dieser Übergang von Daten über Information zu Wissen erfolgt nach Probst et al. kontinuierlich und lässt sich durch nachfolgende Abbildung unter Berücksichtigung einiger charakteristischer Unterschiede veranschaulichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Das Kontinuum von Daten und Information zum Wissen nach Probst et al. 1998

Stewart nennt in einem Abschnitt sehr treffende Beispiele für die Unterscheidung von Daten, Informationen und Wissen: „Diese wahre Flut von Wissen zu managen - und damit sind nicht Lieferscheine, Zahlen oder Nachrichten gemeint, sondern die Patente, das Wissen über Prozesse, Kunden, Lieferanten, die Fähigkeiten der Mitarbeiter oder neue Technologien - ist ausschlaggebend für den Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens.“ (Stewart 1998: 36)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2 Die Wissenstreppe

Die obige Abbildung zeigt die Wissenstreppe von North (1999: 41), die eine Erweiterung der Unterscheidung von Daten, Information und Wissen darstellt.

Erst durch die Einbettung des Wissens in einen Anwendungsbezug kann Können entstehen, während zum Handeln ein nächster Faktor relevant ist: das Wollen. Daraus kann gefolgert werden, dass alles Wissen in einem Unternehmen versteckt bleiben wird, solange die Mitarbeiter nicht bereit sind, ihr Wissen auch anzuwenden und im besten Falle es auch mit anderen in der Organisation zu teilen.

North (1999: 41) stellt zudem noch die Kompetenz als wichtigen Faktor heraus, die den Einzelnen dazu befähigt, in seinem Kontext richtig zu handeln. Im Falle, dass dazu noch eine Einzigartigkeit des Wissens in dem jeweiligen Kontext hinzukommt, so ist die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens zunächst gesichert. Strategisches als auch operatives Wissensmanagement sollen diese durch verschiedene Maßnahmen entlang der Stufen der Wissenstreppe ermöglichen und erreichen.

2.3 Implizites vs. explizites Wissen

Die Unterscheidung dieser beiden Wissensarten gründet auf der Differenzierung nach Michael Polanyi (1958) in "tacit knowledge” und "explicit knowledge”. Die Übersetzung von „tacit" (= stillschweigend) in „implizit" erweckte zwar Meinungsverschiedenheiten, so dass teilweise auch eine dreiteilige Unterscheidung der Wissensarten in „tacit", „explicit" und „implicit" vorgeschlagen wurde[1], sie soll im Rahmen dieser Arbeit jedoch auch aufgrund ihrer mehrheitlichen Durchsetzung in der Literatur beibehalten werden.

Implizites Wissen ist eine Art von Wissen, die sich eine Person durch Erfahrungswerte im Laufe ihres Lebens angeeignet hat. Menschen „erwerben über die Jahre ein riesiges Repertoire an Fähigkeiten, Informationen und Wissen darüber, wie Dinge zu machen sind, und verinnerlichen dieses Wissen bis zum Unbewußten" (Stewart 1998: 81). Insofern ist dieses Wissen unabhängig vom Bewusstsein über dieses Wissen, so dass eine Person etwas wissen kann, ohne sich dessen wirklich bewusst zu sein.

Dahingegen ist sich eine Person über ihr explizites Wissen bewusst, denn es unterscheidet sich dadurch vom impliziten Wissen, dass es von der jeweiligen Person formuliert wird und somit leicht dokumentiert werden kann. (vgl. Willke 2001: 12ff) Explizites Wissen kann daher auch als kodifiziertes oder artikuliertes Wissen bezeichnet werden.

Nonaka und Takeuchi (1997: 73) unterscheiden die zwei Wissensarten anhand verschiedener Attribute. So ist implizites Wissen subjektiv, während explizites Wissen als eher objektiv bezeichnet werden kann. Implizites Wissen besteht aus Erfahrungswissen, das gleichzeitig im Hier und Jetzt geschaffen und genutzt werden kann und ist in seinem Austausch ein analoger Vorgang, der jedoch komplexe Verarbeitungsprozesse durch die Personen erfordert. Explizites Wissen hingegen ist eher auf das Verstandeswissen bezogen, ist sequentiell in seiner Abhängigkeit von vergangenen Ereignissen und ist vom Kontext der Handlung frei oder leicht zu lösen. (vgl. Nonaka/ Takeuchi 1997: 73)

Explizites Wissen kann also leichter dokumentiert und somit öffentlich gemacht werden, implizites Wissen kann jedoch nur durch Nachahmung, Beobachtung oder ähnliche Methoden weitergegeben werden, oder durch Explizierung. Dazu bedarf es der Bewusstwerdung des Menschen über dieses Wissen und darauf folgend beispielsweise der Erzählung oder Niederschreibung der Erfahrungswerte.

Nach Stewart muss für einen erfolgreichen Umgang mit dem gesamten im Unternehmen vorhandenen Wissen implizites Wissen „notwendigerweise aufgedeckt, das Unausgesprochene artikuliert werden. Sonst ließe es sich nicht untersuchen, aufbereiten oder weiterverbreiten.“ (Stewart 1998: 82) Laut Stewart ist der notwendige Vorgang ein „immerwährender Kreislauf: Implizites Wissen erkennen, es explizit machen, damit es eine Struktur erhalten kann, es greifbar machen und es nutzbringend dort einsetzen, wo es fehlt, damit es sich dort ,setzt’ und wieder zu implizitem Wissen wird.“ (Stewart 1998: 82)

Die Umwandlung von implizitem Wissen in explizites Wissen erfolgt nach Nonaka und Takeuchi (1997: 74) durch die Methode der Externalisierung. Explizites Wissen hingegen kann sich dann eine weitere Person durch Internalisierung derart aneignen, dass es zu implizitem Wissen für sie wird, wie zum Beispiel durch Einübung einer Tätigkeit.

Implizites Wissen wird als solches weitergegeben, in dem durch Nachahmung in derselben Handlungspraxis dieses auch bei den lernenden Personen verinnerlicht oder gar automatisiert wird, was Nonaka und Takeuchi als Sozialisation bezeichnen. Die Kombination als Gestaltungsmöglichkeit für explizites Wissen kann durch Zusammenführung verschiedener Wissensquellen neues Wissen entstehen lassen. Für Willke meint Kombination die „organisational Vergemeinschaftung“ (Willke 2001: 14) expliziten Wissens. Nach Willke wird Informationsaustausch nämlich nur „dann möglich, wenn er in den noch anspruchsvolleren Kontext gemeinsamen Lernens eingebettet ist“. (Willke 2001: 17) Dieses gemeinsame Lernen kann dann stattfinden, wenn ein gemeinsamer Erfahrungskontext dazu dient, die Relevanzkriterien zur Bewertung von Daten und den Erfahrungskontext zur Einbettung von Informationen einander innerhalb der Gemeinschaft, die lernen soll, anzunähern, und somit eine gemeinsame Grundlage und Kompatibilität schafft. Diese Kompatibilität sorgt dann dafür, dass Wissen und Informationen verzerrungsfrei ausgetauscht werden können und eine Impendanzanpassung zwischen Wissensträger und Wissenssucher erfolgt.

Die Umwandlungsmethoden zwischen explizitem Wissen und implizitem Wissen sind in der nachfolgenden Abbildung dargestellt.

Ziel- Implizites Wissen punkt Explizites Wissen

Implizites Wissen Ausgangspunkt Explizites Wissen

Nach Nonaka und Takeuchi ist die Gestaltung der Übergänge zwischen diesen beiden Wissensarten Voraussetzung für ein gelungenes Wissensmanagement. (vgl. Willke 2001: 14)

Jedoch ist zu beachten, dass auch eine gelungene Externalisierung impliziten Wissens in sprachliche Zeichen, beziehungsweise eine Weitergabe externen Wissens durch sprachliche Mittel noch lange nicht bedeutet, dass dieses Wissen dann auch für jeden verständlich ist. (vgl. Seiler/ Reinmann 2004: 13f) Unterschiedlicher Sprachgebrauch, sei es durch Verwendung von fachsprachlichen Ausdrücken, unterschiedliche zugrunde liegende Werte oder gar unterschiedliche Verwendungen bestimmter Ausdrücke in verschiedenen Sprachkulturen, kann bewirken, dass das offengelegte, explizierte Wissen missverstanden wird.

Zudem ist es auch der Sprache nicht möglich, eine vollständige und eindeutige Veräußerung von Wissen zu herzustellen. (vgl. Seiler/ Reinmann 2004: 14) Wie in dem nach Willke unmöglichen Informationsaustausch ist es ebenfalls nur begrenzt möglich, mittels Sprache implizites, externalisiertes Wissen zu übertragen, da es eine Deckungsgleichheit der beiden Systeme, also der Personen voraussetzen würde. Auch Sprache kann somit keine „intersubjektive Eindeutigkeit“ (Seiler/ Reinmann 2004: 14) erzeugen.

Daraus ergibt sich auch ein Problem in der treffsicheren Unterscheidung zwischen Information und Wissen, was sich besonders im Prozess der Explizierung von Wissen bemerkbar macht.

Wenn eine Person ihr Wissen in sprachlicher Form ausdrückt und einer anderen Person mitteilt, so wird dieses Wissen (nach den Regeln kommunikationswissenschaftlicher Ansätze) zu Information.[2]Diese Informationsübermittlung ist in der nachfolgenden Abbildung verdeutlicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4 Sender-Empfänger-Modell in Anlehnung an Shannon/Weaver

Die andere Person kann nun diese Information nach ihren Relevanzkriterien für wahr und richtig befinden und sich aneignen, so dass sie letztlich zu ihrem eigenen Wissen werden kann; oder aber der Empfänger lehnt die Information ab, weil diese z.B. seiner bisherigen Erfahrung widerspricht, von ihm als falsch bewertet wird, seiner Einstellung widerspricht, oder ähnliches (vgl. Godbout/ Godbout 1999, online).

Die Essenz aus diesen möglichen Gegebenheiten ist jedoch, dass Wissen, indem es zur Weitergabe expliziert wird, in der Literatur als explizites Wissen bezeichnet wird, nach kommunikationswissenschaftlichen Maßstäben jedoch, durch seine Gebundenheit an die Sprache und die nach systemtheoretischen Maßstäben unmögliche Deckungsgleichheit zweier Menschen (als Systeme) (vgl. Willke 2001: 9) in ihrer Denkweise, ihrem Verständnis und ihren Erfahrungen, für den Empfänger zunächst einmal lediglich eine Information darstellt.

Erst wenn die andere Person die Information mit ihren Erfahrungen abgleicht und sie kombiniert und integriert, wird die erhaltene Information für sie zu eigenem Wissen.

Diese Differenzen in der Betrachtungsweise des Begriffs Wissen können jedoch insofern überbrückt werden, als es sich bei der Explizierung von Wissen immer noch um das Wissen von einer bestimmten Person handelt. Was für eine Person Wissen ist, kann für die andere Person inhaltslos sein. Somit tritt die Wichtigkeit der Personengebundenheit in der Definition von Wissen wieder deutlich hervor.

Wissensmanagement ist deshalb also nicht nur Informationsmanagement im Sinne einer Anreicherung von Daten und Information zu handlungsrelevanten und entscheidungsleitenden Kompetenzen, „sondern auch die Explizierung von Erfahrung, ihre Verallgemeinerung, Überprüfung und Informatisierung. Wenn es uns nicht gelänge, die Ergebnisse unseres Handelns in Informationen umzuwandeln, könnten wir sie nicht mitteilen, verallgemeinern und tradieren, unser Wissen wäre autistisch. Daten schließlich machen Informationen überprüfbar.“ (Wehner et al. 2004: 164)

2.4 Individuelles vs. kollektives Wissen

Individuelles Wissen ist das Wissen in den „Köpfen der Mitarbeiter“, das jeder Einzelne aufgrund seiner Erfahrungen, seiner Lerntätigkeit und seines Lebensumfelds gespeichert hat. Kollektives Wissen ist das Wissen, das in einer Gemeinschaft aufgrund von gemeinsamen Erfahrungen, gemeinsamen Handlungsweisen und Ereignissen besteht. Individuelles Wissen kann durch (Mit)teilung kollektiv gemacht werden, so dass beispielsweise in einem Meeting allen Mitarbeiter die Erfahrung eines Einzelnen kommuniziert wird, wodurch sie an seiner Erfahrung teilhaben und diese in ihren eigenen Wissensspeicher aufnehmen können. Kollektives Wissen muss nicht öffentlich sein, es kann ebenfalls geschützt sein vor unberechtigtem Zugriff Dritter, die dieses interne Firmenwissen nicht kennen sollen. Dann spricht Willke von proprietärem Wissen, wohingegen allgemein zugängliches Wissen als öffentliches Wissen bezeichnet wird. (vgl. Willke 2001: 66f)

Dieses von allen zugängliche Wissen in einer Organisation ist in seiner Einbettung in die Wissensschichten der Umwelt in der nachfolgenden Abbildung veranschaulicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5 Schichtenmodell der organisatorischen Wissensbasis

Das innerhalb der Organisation vorhandene Wissen kann als internes Wissen bezeichnet werden, während auch externes Wissen, im Sinne von Expertenwissen, das eine Firma einkauft oder Kundenwissen, für das Unternehmen von großer Bedeutung sein kann. Innerhalb einer Firma kann das Wissen in zwei Säulen eingeteilt werden, das personale Wissen der Mitarbeiter und das organisationale Wissen, das in den „personen­unabhängigen, anonymisierten Regelsystemen, welche die Operationsweise eines Sozialsystems definieren“ (Willke 2001: 16) eingebunden ist. (vgl. Abbildung 6)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6 Zwei Säulen des Wissens nach Willke

Diese beiden Wissenskomponenten in einem Unternehmen müssen durch geeigneten Einsatz von Wissensmanagementmethoden so zusammenwirken, dass die Organisation als Gesamtsystem fähig wird, kollektiv zu lernen. (vgl. Willke 2001: 18)

2.5 Wissen als Expertise oder Kontextwissen

Expertise ist Sachverstand und Fachwissen. Ein Experte ist jemand, wenn er auf einem bestimmten Gebiet nicht nur das Fachwissen angelernt hat, sondern zudem in diesem Bereich Erfahrungen gesammelt hat, die er mit seinem Fachwissen verknüpfen kann und so einen Mehrwert seines Fachwissens erreicht. So hat beispielsweise ein Juraabsolvent eine Menge Fachwissen durch sein Studium erworben, jedoch kann ein erfahrener, langjährig praktizierender Anwalt dieses Fachwissen in seine Berufserfahrung einbetten, wodurch er eine größere Expertise aufweisen kann.

Expertise ist auch als expliziteres Wissen zu verstehen. So kaufen sich größere Unternehmen oftmals Experten als Berater ein, um bestimmte Projekte mit mehr Fachwissen unterfüttern und dadurch gewinnbringender gestalten zu können.

Hingegen handelt es sich beim Kontextwissen um eher implizites Wissen, das aufgrund von Erfahrungen im Arbeitskontext erworben wird. Es bedarf dazu weniger eines Erlernens von Sachverhalten, die Bedingungen in der Arbeitssituation und die sich daraus ergebenden Zusammenhänge resultieren in einer unbewussten Aneignung von Erfahrungswissen, welches die jeweilige Person dazu befähigt, auftretende Situationen leichter einschätzen zu können und danach ihr Handeln auszurichten.

Das Faktenwissen des Menschen hingegen kann sogar nach Willke auch nur als Daten bezeichnet werden (vgl. Willke 2001: 12), da es sich bei diesem „Know-what" oder „knowing that" lediglich um gespeicherte Fakten handelt, die erst in einen Erfahrungskontext gebracht Wertigkeit erhalten.

2.6 Pro duktionsfaktor Wissen

2.6.1 Unterschiede zu herkömmlichen Produktionsfaktoren

Die vorangegangene Unterscheidung des Wissens in die unterschiedlichen Wissensarten ist ebenfalls für die Möglichkeit, Wissen zu managen und seine, falls gegebene, Exklusivität zu schützen, relevant.

Wissen ist managebar, aber unterscheidet sich deutlich von anderen, herkömmlichen Produktionsfaktoren (vgl. Willke 2001: 64f): Es ist weniger leicht sichtbar als andere Ressourcen, aber mit relativ geringen Kosten unendlich oft kopierbar und wiederverwertbar (vgl. Willke 2001: 64). Wissen ist die einzige Ressource, die sich vermehrt, wenn sie geteilt wird, und deren Wert durch Gebrauch steigt (vgl. Bullinger et al. 1998: 21).

Schützbar ist Wissen durch Eigentumsrechte, jedoch ergeben sich hierbei deutlich größere Schwierigkeiten gegenüber herkömmlichen Ressourcen, denn das Recht auf geistiges Eigentum wird nur dann wirksam, wenn das Wissen patentiert oder zumindest formal festgehalten ist, was sich bei implizitem Wissen oftmals nicht leicht gestaltet. Gleichzeitig muss das Wissen aber (innerhalb von organisationalen Grenzen) offengelegt werden, damit darauf aufgebaut und es im Sinne der Vermeidung von Redundanzen von anderen genutzt werden kann. (vgl. Willke 2001: 65)

Für das innerorganisational geschützte Wissen verwendet Willke (2001: 66) den Begriff „proprietäres Wissen", das sich durch eine Kontexteinbindung in eine organisationgeschützte Praxis und Aneignung durch geteilte Geheimhaltung oder Eigentumsrechte auszeichnet. Bei Übertragung desselben kommt es zu einer Wertminderung, weil die Exklusivität der Verfügung über dieses Wissen dabei verloren geht. (vgl. Willke 2001: 67)

Hingegen handelt es sich bei der Kontextbindung an eine gemeinsame, eher ungeschützte Praxis um „öffentliches Wissen", das bei Verbreitung eine Wertsteigerung erfährt, da es mehr Personen in die anschließende Wissensgenerierung und - revidierung einbindet, deren Erfahrungen darin einfließen, was wiederum zu einer Aufwertung des öffentlichen Wissens führt. (vgl. Willke 2001: 67)

Bei Wissen „gilt das Gesetz des zunehmenden Grenznutzens“ (Willke 2001: 65), das heißt im Gegensatz zur Verfügung über materielle Konsumgüter nimmt der Nutzen, den der Besitzer aus seiner Anhäufung zieht, mit wachsender Ansammlung zu, nicht ab. (vgl. ebenda)

Je mehr Wissen und Expertise eine Person oder Organisation in sich anhäuft, umso größer der Nutzen, den sie daraus ziehen kann. „Kann" wohlgemerkt, denn ungenutztes Wissen ist gleichzusetzen mit Nichtwissen, weil der Wettbewerbsvorteil der Ressource Wissen erst dann zutage tritt, wenn es auch angewandt wird.

Zudem ist Wissen, wie oben bereits erwähnt, die einzige Ressource, deren Wert steigt, wenn sie geteilt wird.

Früher waren Informationen oftmals an Materie gebunden, während die heute zunehmend immateriellen Vermögenswerte genauso wie materielle verwaltet werden können. Informations- und Kommunikationstechnologien (ICTs) haben diese Entwicklung vorangetrieben, jedoch muss der Erfolg eines Unternehmens nicht von der Höhe der Investitionen in diese Technologien abhängen. Eine noch so gut ausgestattete IT-Abteilung einer Firma bringt keinen Erfolg, wenn die Technologien nicht gut durchdacht und auf die Prozesse der Firma abgestimmt eingesetzt werden. ICTs haben in erster Linie den entscheidenden Vorteil, bislang eher undurchsichtige Abläufe transparent zu machen, abzubilden und dadurch deren Reversion und Optimierung zu ermöglichen. Erst durch diese Verwendung der ICTs können sie einen Wettbewerbsvorteil erbringen. Das Wissen über die Abläufe in einem Unternehmen und der Umgang damit werden also durch ICTs erleichtert und können durch diese gesteuert werden. (vgl. Stewart 1998: 41ff)

Wissen stellt einen unternehmensweiten Vermögenswert dar, daher muss das Management von und die Investitionen in Wissen mit derselben managementeigenen Sorgfalt erfolgen, wie die Wertschöpfung aus materiellen Vermögenswerten. (vgl. Davenport/ Prusak 1998: 44)

2.6.2 Wissen als Intellektuelles Kapital

Wenn Wissen in einem Unternehmen nicht genutzt wird, bedeutet das zum einen finanziellen Verlust und zum anderen ungenutzte Chancen (vgl. Stewart 1998: 66). Wissen gilt als Intellektuelles Kapital, das, richtig eingesetzt, einen Mehrwert und Wettbewerbsvorteil für Unternehmen bedeutet.

Bei intellektuellem Kapital wird zwischen Humankapital und strukturellem Kapital unterschieden (vgl. Stewart 1998: 84), wie auch die nachfolgende Abbildung veranschaulicht.

Das Humankapital gilt als Quelle für Innovation, Kreativität und Neuerungen, vor allem ist aber der Fluss des Wissens nötig, um dieses Wissen auf organisationaler Ebene nutzbar machen zu können. (vgl. Stewart 1998: 84f) Der Transfer des Wissens aus dem Humankapital ist somit ausschlaggebend für die Intelligenz auf organisationaler Ebene. Dies kann wiederum nur durch strukturelles Kapital, wie Prozesse im Unternehmen, Informationssysteme, Wettbewerbswissen oder Verbindungen zu den Kunden als Stakeholder gelingen. Die Verschränkung von strukturellem und Humankapital tritt somit in ihrer Bedeutung für das Wissensmanagement in den Vordergrund. (vgl. ebenda)

Die Bilanzierbarkeit des Intellektuellen Kapitals und der monetäre Wert von Wissen wurde immer wieder hinterfragt. Nach Stewart (1998: 67) ist intellektuelles Kapital nicht bilanzierbar, da es in den verschiedensten Formen auftreten kann und in immer wieder neuen Kontexten einen unterschiedlichen Wert aufweist. Da Wissen zudem ein immaterielles Gut ist, „gibt es keine direkte Beziehung mehr zwischen seinem momentanem Marktwert und seinen einstmaligen Entstehungskosten“ (Stewart 1998: 68).

Jedoch stellen Soo et al. fest: „While knowledge itself is difficult to measure, it does have a clear impact on business outcomes“ (Soo et al. 2002: 129).

Es gibt verschiedene Methoden und Ansätze, Wissen zu messen, bzw. seinen Einfluss auf das unternehmerische Outcome. Die Quantifizierung des Nutzens von Wissensmanagementsystemen und -projekten stellt sowohl langjährige Wissensmanagementpraktiker als auch Forscher vor eine schwierige Aufgabe, zu deren Lösung verschiedene Ansätze entwickelt wurden, ohne dass jedoch eine gemeinsame Übereinkunft gefunden werden konnte. (vgl. Shand 1999, online) Neuere Modelle des Intellektuellen Kapitals transferieren durch die Darstellung des verbesserten unternehmerischen Outcomes nach der Implementierung von Wissensmanagementsystemen den immateriellen Vermögenswert Wissen in greifbare und handfeste Vermögenswerte wie finanziellen Gewinn. (vgl. ebenda)

In diesem Sinne bietet das Modell des Return on Knowledge (ROK) von SAP in Anlehnung an das betriebswirtschaftliche Modell des Return on Investment eine anschauliche Darstellung dessen, dass die Nutzung von Wissen durch Wissensmanagement für die Unternehmen einen Mehrwert bedeuten kann.

Im Konzept des Return on Knowledge errechnet sich die Rendite des investierten Kapitals in Wissen aus der Differenz zwischen eins und dem Quotient aus den Ausgaben des Einkaufs oder der Aufwendungen für Wissensgenerierung und den Geldern, die mit dem Verkaufs des Wissens in Produkten und Lösungen oder Dienstleistungen verdient werden können. (vgl. Weiss 2005: 3)

Daraus ergibt sich die Formel ROK= 1- (A+B+C)/D, wobei A der Aufwand in Anwerbung/Einkauf externer Experten, Ausbildung und Weiterbildung ist, B das angewendete Wissensmanagement darstellt und C die Produkt-Entwicklung. Wenn in diese

Dinge investiert wird, so wird aufbauend auf öffentlichem Wissen Firmenwissen, welches in nutzbares und schließlich verkaufbares Wissen (in Produkten, Lösungen, etc.) transferiert wird. D stellt die Produkt- und firmenbezogenen Einnahmen dar.

Eine weitere Methode zur Messung des Einflusses von Wissensmanagement auf die Unternehmensleitung ist die Balanced Scorecard. (vgl. Shand 1999, online) Dieses Modell fokussiert den Aspekt der Verbindung zwischen internen Geschäftsprozessen und den Kundenbedürfnissen (vgl. ebenda). Strategische Planungen sollen mit der Balanced Scorecard im Sinne von Zielfestlegungen und deren Erfolgskontrolle durch kontinuierliche Messung mit Kennzahlen besser umgesetzt werden können. Vier größere Bereiche können damit geplant und gemessen werden, nämlich finanzielle Ziele, Kundenstrategien, interne Prozesse und Lern- und Wachstumsaktivitäten im Unternehmen. Letztere können einen genauen Einblick in die Voranbringung der strategischen Firmenziele durch bestimmte Wissensmanagementaktivitäten geben. (vgl. ebenda) Die Besonderheit in der Balanced Scorecard besteht darin, dass schon der Prozess ihrer Erstellung einen Veränderungsdruck vorausschickt, so dass alle von der Veränderung betroffenen Parteien sich in Anlehnung an Changemanagementprozesse an der Kartenerstellung beteiligen müssen. Diese frühzeitige Einbeziehung erhöht letztlich auch die Akzeptanz der darin festgesetzten Ziele. (vgl. Willke 2001: 78)

Der Intangible Asset Monitor, entwickelt von Karl Sveiby, stellt einen weiteren Ansatz zur Messung des Werts von Wissen für Unternehmen dar. (vgl. Shand 1999, online)

Unternehmerische und individuelle Kompetenzen werden hierbei herausgearbeitet und bewertet, wie die unten stehende Abbildung veranschaulicht. Dabei werden sowohl externe Wissensträger, wie Kunden oder Zulieferer, als auch internes Intellektuelles Kapital im Sinne von Geschäftsstrukturen berücksichtigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 9 Intangible Asset Monitor nach Sveiby

Der Scandia Navigator, der von der schwedischen Firma Scandia als ihr Wissensmanagement leitendes Modell entwickelt wurde, hat Ähnlichkeiten mit der Balanced Scorecard. Er ersetzt jedoch die Kategorie des organisationalen Lernens und Wachstums durch die drei Bereiche Humankapital, strukturelles Kapital und Kundenkapital. In das Humankapital fallen hierbei das Wissen und die individuellen Fähigkeiten der Mitarbeiter, das strukturelle Kapital besteht aus organisationalen Prozessen und Datenbeständen, während das Kundenkapital das Ausmaß von Kundenbeziehungen beinhaltet. (vgl. Shand 1999, online)

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Abb. 10 Der Skandia Navigator

Im Scandia Navigator werden die Kenntnisse und Fähigkeiten der Mitarbeiter abgebildet (vgl. Probst/Raub/Romhardt: 21) und so kann jeder der drei Aspekte des Intellektuellen Kapitals gemessen werden und Investitionsziel sein. (vgl. Stewart 1998: 83) Durch diese Methodik wird es möglich, so Stewart, explizites und implizites Wissen zu identifizieren und die immateriellen Vermögenswerte für den betrachtenden Manager quasi greifbar zu machen. (vgl. ebenda) Erst die mit einem derartigen Modell mögliche Evaluation von Lern- und Innovationsfähigkeiten erlaubt die Abschätzung zukünftiger Leistungsfähigkeit einer Organisation, so Willke (2001: 80).

Das letzte Beispiel in dieser Auflistung von Messinstrumenten ist der IC-Index nach Göran und Johan Roos. Der IC-Index, wie auch die Balanced Scorecard, zwingt die Führungskräfte zunächst einmal zur Definition der wichtigsten Ziele, die dann in ein dynamisches Modell umgesetzt werden. (vgl. Shand 1999, online) Dadurch kann es vorhersagen, wie sich finanzielle Investitionen in die verschiedenen Kapitalformen (hier: Humankapital, Kundenkapital und organisationales Kapital, das sich wiederum in Erneuerungs- und Entwicklungskapital sowie Prozesskapital aufsplittet) letztlich auf die Produktivität und die Verkaufszahlen auswirken können. (vgl. ebenda)

Wenn auch diese Methoden unter anderen gute Ansätze für eine Messung des finanziellen Vorteils aus Intellektuellem Kapital darstellen, so sind sie doch nur als „useful compass" (Shand 1999, online) zu betrachten, denn „they don't provide the in-depth analysis on investment tradeoffs that traditional financial analysis secures" (ebenda).

2.7 Zwischenbetrachtung

Die Erläuterungen der Grundbegriffe und deren Zusammenhänge dienten dazu, ein Basisverständnis des Feldes Wissensmanagement herbeizuführen.

In Beantwortung der eingangs gestellten Forschungsfrage danach, was Wissensmanagement grundsätzlich bedeutet, kann Folgendes festgehalten werden: Der Begriff Wissensmanagement steht für den zielgerichteten Einsatz der Ressource Wissen in Organisationen und die Steuerung dieser Ressource. Wissen soll somit, wie jede andere Ressource auch, im Unternehmen dahin verteilt werden können, wo es dieser Ressource bedarf. Wissen soll durch verschiedene Maßnahmen des Wissensmanagement für möglichst alle Mitarbeiter, die dieses Wissen benötigen, verfügbar sein. Gleichzeitig soll durch die Zusammenführung der Kenntnisse und des Erfahrungswissens der einzelnen Mitarbeiter neues Wissen entstehen.

3 Wissensmanagement im Unternehmen

„Weiterbildung wird mindestens genauso wichtig wie Schul-, Hochschul- oder Berufsausbildung. Aber auch die Organisationen müssen permanent Jemen’.“ (Maly 1997: 5)

Im Arbeitsleben sind die Vermittlung, die Diffusion und die Neugenerierung von Wissen zur Voraussetzung von Innovation und Wettbewerbsfähigkeit sowie Ausschöpfung bestehender Kernkompetenzen der Unternehmen geworden. Zur Herausforderung wurde die Organisation der Pfade des Wissens, so dass es für alle Mitarbeiter verfügbar ist und nicht verloren geht, sondern durch die Zusammenführung der Expertise vieler gar neue Ideen entstehen.

Somit wird deutlich, dass ein Management des Wissens, vor allem der Wissensdiffusion, für die Unternehmen notwendig wird, um mit der Entwicklungsgeschwindigkeit des Marktes mithalten zu können. Studien belegen, dass der zielgerichtete Einsatz der Ressource Wissen einen deutlichen Anstieg der Produktivität bewirken kann (vgl. Bullinger/ Wörner/ Prieto 1998: 21).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 11 Vorteile der zielführenden Nutzung von Wissen im Unternehmen

Die obige Abbildung verdeutlicht die Vorteile, die aus der effektiven Nutzung und dem zielführenden Einsatz der Ressource Wissen resultieren können.

Zwei grundlegende theoretische Richtungen bilden die Basis für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Thematik der Lenkung des Wissens in Organisationen: Die Theorie der Lernenden Organisation und das Wissensmanagement, das in den letzten Jahren eher eine praktische Ausrichtung erfuhr.

Im Folgenden sollen die beiden Theorieschulen etwas näher beleuchtet werden, wobei für die vorliegende Arbeit in ihrer Beschäftigung mit den Barrieren des Wissensmanagements als wichtig erachtete Modelle und Theorien dargelegt werden.

3.1 Die Lernende Organisation: Gestaltung des Lernens?

Lernen ist der Prozess, während Wissen das Ergebnis dieses Prozesses ist. Doch nur eine kontinuierliche Revision des Wissens und damit permanentes Lernen können einen Wettbewerbsvorteil für ein Unternehmen ausmachen. Die permanente Veränderungsfähigkeit in Verbindung mit ständigem Lernen gilt als Notwendigkeit des Ideals der Lernenden Organisation.

Die Theorie der lernenden Organisation kann somit als Vorstufe oder Voraussetzung des Wissensmanagement betrachtet werden, auf der es aufbaut. Hier wurden Faktoren entwickelt, die das Lernen von der individuellen Ebene ablösen und das Ermöglichen des kollektiven Lernens einer Organisation modellhaft aufzeigen. Denn: „Ein Unternehmen ist dann ein Lernendes Unternehmen, wenn es die Zugänglichkeit zum Wissen der Mitarbeiter optimal regelt und organisiert. D.h., ein Lernendes Unternehmen etabliert eine Wissenskultur durch systematisches Wissensmanagement und optimiert diese Wissenskultur permanent. Dadurch entsteht ein eigenes spezifisches Wissen der Organisation bzw. des Unternehmens.“ (Boch et al. 1997: 21)

Dazu sind einige Rahmenbedingungen vonnöten, die eine Lernende Organisation ermöglichen sollen.

Eine Lernende Organisation wird vor allem durch kompetente, lern- und wissensorientierte Mitarbeiter getragen (vgl. Boch et al. 1997: 22); diese müssen aber auch lernen, mehr Verantwortung zu tragen und mit dieser Verantwortung und den dadurch entstandenen größeren Handlungsfreiheiten umzugehen. Das verlangt einen Bewusstseinswandel der Mitarbeiter „hin zu deutlich stärkerem unternehmerischen Handeln und Denken“ (Boch et al. 1997: 22)

Genauso sollen Führungskräfte in einer Lernenden Organisation nicht als übermächtige Verteiler von Aufgaben wirken. Ganz im Gegenteil sind flexible Strukturen und flache Hierarchien erforderlich, denn „Verteilerhierarchien schaffen keine Atmosphäre des Vertrauens, und nur in einer Vertrauenskultur gedeiht die größte Ressource jedes Unternehmens: ,das Wissen’.“ (Boch et al. 1997: 22)

Hier zeichnet sich jedoch bereits das Problemfeld des traditionellen Führungsstils ab, denn Führungskräfte sind oft nicht bereit, Verantwortung abzugeben oder auch kreative Freiräume für ihre Mitarbeiter zuzulassen. Diese Problematik wird in Kapitel 4 jedoch noch ausführlicher betrachtet.

Auch die Organisationsstrukturen müssen anpassungsfähig und schnell wandelbar gestaltet sein, denn flexible Organisationsstrukturen „sind die Voraussetzung für die Umsetzungsprozesse. Eine flexible, dynamische Organisation, die den integrierten, wissensbasierten Betriebsablauf bewältigen kann, wird in zunehmendem Maße unabdingbar.“ (Boch et al. 1997: 44)

Zusätzlich kann der Erklärungsversuch der Lernenden Organisation folgendermaßen formuliert werden:

„Das Lernen einer Organisation ist also nicht die Summe des Einzelwissens ihrer Mitarbeiter durch maximale Vernetzung. Das wissensbasierte Unternehmen setzt eine lernende Organisation voraus; die lernende Organisation setzt gezielte Dezentralisierung von Aufgaben, Verantwortungen und Kompetenzen voraus. Lernende Organisation setzt eine weitgehend hierarchiefreie, funktions- und bereichsübergreifende Kommunikation voraus.“ (Maly 1997: 6)

Eine Organisation kann jedoch nur lernen, wenn das Wissen von der individuellen Ebene gelöst wird und durch die Verknüpfung von Person und Organisation auf eine kollektive, organisationale Ebene gehoben werden kann. Die hierzu führenden Vorgänge werden in der Spirale der Wissensschaffung von Nonaka und Takeuchi aufgezeigt, die im folgenden Kapitel erläutert werden soll.

3.1.1 Die Wissensspirale nach Nonaka und Takeuchi

Nonaka und Takeuchi (1997) beschreiben in ihrer Theorie der Wissensschaffung im

Unternehmen die Möglichkeiten der Umwandlungen von implizitem und explizitem Wissen, die als Voraussetzung für eine spiralförmige Weiterentwicklung des Wissens in Organisationen gelten. Die in Kapitel 2.3 bereits erläuterten Formen der Wissenumwandlung, Externalisierung, Internalisierung, Sozialisation und Kombination, bilden die Grundlage, auf der jegliche Wissensweitergabe im Unternehmen aufbaut. (vgl. Nonaka/Takeuchi 1997: 69) Sie gelten als Mechanismen, die die Artikulation und verstärkende Weitergabe von Wissen im Unternehmen vorantreiben. (vgl. ebenda)

Wenn diese Wechselwirkung zwischen implizitem und explizitem Wissen von einer ontologisch niedrigeren auf eine ontologisch höhere Ebene im Unternehmen weitergetragen wird, ergibt sich ein spiralförmiger Transformationsprozess, den Nonaka und Takeuchi als Spirale der Wissensschaffung bezeichnen.

Die Formen der Wissensumwandlung werden von verschiedenen Kontexten herbeigeführt und schaffen unterschiedliche Wissensarten, so die Autoren (vgl. Nonake/Takeuchi 1997: 84f).

Die Interaktion zwischen explizitem und implizitem Wissen lässt sich wie folgt nachzeichnen: Sozialisation erfolgt zumeist in einer Art „Interaktionsfeld“ (Nonaka/Takeuchi 1997: 85), das den Austausch von Erfahrungen und Denkmodellen leichter ermöglicht. Dieses Interaktionsfeld ist zumeist an einen bestimmten Ort oder eine bestimmte Zeit gebunden (vgl. Enkel 2005: 48), damit Nachahmung vollzogen werden kann. So kann ein Lehrling durch eine gewisse Lehrzeit bei seinem Meister, in der er die handwerklichen Tätigkeiten seines Meisters nachahmt, durch Sozialisation bestimmte Fertigkeiten erlernen. Sie führt zu „sympathetischem Wissen" (Nonaka/Takeuchi 1997: 85), das sich in gemeinsamen mentalen Modellen und fachgerechten Befähigungen ausdrückt. Externalisierung hingegen erfolgt zumeist innerhalb von Dialogen und gemeinsamen Ideenfolgen, und versucht über metaphorischen Sprachgebrauch oder Visualisierung schwierig zu artikulierende Sachverhalte zu übertragen. Externalisierung führt zu konzeptuellem Wissen. In der Kombination wirken meist Kenntnisse aus verschiedenen Erfahrungsebenen, zumeist unterschiedlicher Herkunft (aus verschiedenen Unternehmensteilen) zusammen, daraus entsteht systemisches Wissen, da verschiedene Wissensaspekte ganzheitlich zusammenwirken. Die Systematisierung durch das Zusammenführen von explizitem Wissen und die daraus entstehende Verfeinerung des neu entstandenen Wissens steigern den Wert des ursprünglichen Wissens und Verbessern die Übertragbarkeit auf eine organisationsweite Ebene. (vgl. Enkel 2005: 48)

Internalisierung hingegen entsteht, wie bereits erwähnt, aus Einprägung durch Wiederholung und führt zu operativem Wissen, beispielsweise über firmeninterne Abläufe. (vgl. Nonaka/Takeuchi 1997: 85) Dies erfordert jedoch vom einzelnen Mitarbeiter die Fähigkeit und Möglichkeit, für ihn relevantes Wissen zu erkennen. (vgl. Enkel 2005: 48) Wenn das nunmehr durch Internalisierung implizit gewordene Wissen geteilt werden soll, kann wiederum die Sozialisation oder die Externalisierung eingesetzt werden, so dass die Wissensspirale von neuem angetrieben wird. (vgl. Enkel 2005: 48f)

Das Zusammenwirken der verschiedenen Wissensinhalte drückt sich in der Wissensspirale aus und wird als epistemologische (erkenntnistheoretische) Dimension bezeichnet (Nonaka/Takeuchi 1997: 86).

Die ontologische Dimension der Wissensspirale zeigt sich im Transfer des individuellen Wissens von der Ebene der Person auf immer höhere Ebenen, über die Gruppe des Teams hin auf die kollektive Ebene des Unternehmens.

Dieser Transfer erfolgt nach Nonaka und Takeuchi (vgl. 1997: 86) durch die Mobilisierung des individuellen Wissens und seiner Verstärkung durch die Formen der Wissensumwandlung auf höhere ontologische Ebenen.

Nonaka und Takeuchi sehen die Wissensschaffung im Unternehmen als einen „Spiralprozess, der ausgehend von der individuellen Ebene immer mehr Interaktionsgemeinschaften erfasst und die Grenzen von Sektionen, Abteilungen, Divisionen und sogar Unternehmen überschreitet" (Nonaka/Takeuchi 1997: 86), wie auch die nachfolgende Abbildung des Modells aufzeigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 12 Spirale der Wissensschaffung nach Nonaka und Takeuchi

Als Voraussetzungen für die funktionierende Dynamik der Wissensspirale gelten fünf Bedingungen: „Intention“, „Autonomie“, „Fluktuation und kreatives Chaos“, „Redundanz“ sowie „notwendige Vielfalt“ (Nonaka/ Takeuchi 1997: 88f). Intention bedeutet, dass die wissenschaffenden Handlungen in eine beabsichtigte Zielrichtung gelenkt werden sollen, was oftmals in Form einer Vision geschieht. Möglichst weitgehende Autonomie der einzelnen Mitarbeiter führt dazu, dass Motivation und Flexibilität eine Steigerung erfahren und so bestehende Chancen besser ausgenutzt werden können. Das Aufbrechen von Routineabläufen bezeichnen Nonaka und Takeuchi als Fluktuation, woraus ein Überdenken von angenommenen Denkstrukturen und Gewohnheiten angeregt wird. Kreatives Chaos kann dazu dienen, dass zur Lösung von Problemen stärkere Bemühungen aufgewendet werden. Die Überschneidung von Informationen außerhalb des eigentlichen Aufgabenbereiches einzelner Mitarbeiter nennen Nonaka und Takeuchi Redundanz, welche dazu führen kann, dass individuelle Wahrnehmungsarten und Sichtweisen aufgebrochen werden und somit das Verständnis anderer erst wirklich möglich wird. Nach Bendt (2000: 40) ist Redundanz umso mehr nötig, je flexibler eine Organisation sein möchte. So kann ein Mitarbeiter leicht und problemlos durch einen anderen in einer Rotation ersetzt werden, wenn dieser zwar noch nicht genau in diesem Bereich gearbeitet hat, jedoch im Vorfeld schon über zusätzliches Wissen aus diesem Bereich verfügt.

Vielfalt ist nach Nonaka und Takeuchi (1997: 98) im Unternehmen insofern nötig, als dadurch auch erst das Verständnis der unternehmensexternen Vielfalt und Komplexität möglich wird. Verschiedenartige Mitarbeiter mit unterschiedlichen Ausbildungswegen sorgen ebenso für eine derartige erwünschte Vielfalt, wie Personalrotationen, wiederkehrende Veränderungen in der Organisationsstruktur und freier Informationszugang für alle Mitarbeiter. (vgl. Nonaka/ Takeuchi 1997: 98)

Die von Nonaka und Takeuchi erstellte Theorie der Wissensschaffung im Unternehmen bildet mit der Spirale der Wissensschaffung im Unternehmen ein gutes und vielrezipiertes Erklärungsmodell für die Möglichkeiten der Wissensumwandlung im Unternehmen und der Weitergabe von implizitem und explizitem Wissen. Jedoch kann ihre Theorie lediglich als modellhafte Erklärung dienen, „wie aus individuellem implizitem Wissen kollektives explizites Wissen werden kann, um dieses Wissen zu kodifizieren, also für das Unternehmen nutzbar, das heißt für andere verfügbar und organisierbar zu machen" (Enkel 2005: 51) und genügt nicht den Ansprüchen von Praktikern, da die einzelnen Umwandlungsprozesse nur abstrahiert beschrieben werden und nicht als Handlungsanleitung dienen können. (vgl. ebenda)

Einen eher anleitenden Rahmen für den erfolgreichen Wissensaustausch in Organisationen steckt Peter Senge mit seinen fünf Disziplinen ab, die im folgenden Kapitel näher beleuchtet werden sollen.

3.1.2 Die fünf Disziplinen nach Peter Senge

Peter Senge (1995: 14ff) beschreibt fünf Disziplinen, die er als Erfolgsrezept für das Erreichen einer lernenden Organisation darstellt: „Personal Mastery", „Teamlernen", „Entwickeln einer gemeinsamen Vision", die Identifikation „mentaler Modelle" und „Systemdenken". Der Begriff Disziplin ist hier nach Senge (1995: 20) als grundlegende Methodik zu verstehen, die jeder einzelne durch Anlernen beherrschen muss, um sie in der Praxis umzusetzen und kontinuierlich und lückenlos anzuwenden.

In der heutigen Zeit wird ein lebenslanges Lernen von den Mitarbeitern gefordert, wobei Lernen mehr bedeutet als Wissen. Denn Lernen bedeutet nach Peter Senge die permanente Fähigkeit zu handeln und zur nachhaltigen Verbesserung der Selbstaktualisierung (vgl. Boch et al. 1997: 59).

Neben der Voraussetzung einer kritischen Haltung, erfordert Lernfähigkeit auch die ständige Selbstüberprüfung der eigenen Fähigkeiten.

Aus der machttheoretischen Haltung gegenüber Wissen, im Sinne von „Wissen ist Macht", entstehen Barrieren, die der Entwicklung von einer Lernenden Organisation entgegenstehen. Um diese Barrieren überwinden zu können, gilt es, die fünf folgenden Disziplinen einzuhalten, so Senge, die zur Auflösung der Barrieren beitragen: „personal mastery", die Überwindung „mentaler Modelle", das Entwickeln einer „gemeinsamen Vision", „Teamlernen" und „Systemdenken".

[...]


[1] Thomas J. Froehlich, Professor an der Kent State University, argumentiert: „In my view tacit knowledge is specialized knowledge that an employee acquires in the course of his employment [...]. Tacit knowledge is different from implicit knowledge, which the general framework that makes, for example, written or spoken language comprehensible (e.g., a well-formed sentence)” und weiter "Implicit knowledge is the foundation of tacit knowledge, [...] Tacit knowledge (1) is experimental know­how, usually inarticulate, but some of it can be made articulate. Implicit knowledge (2) is preunderstanding - an understanding of the context, of the environment and of the language employed that makes explicit knowledge possible and forms the basis for tacit knowledge (1)." (Froehlich 2004: 33-34, online) Daher wird explizites Wissen auch von manchen Autoren mit Information gleichgesetzt.

Ende der Leseprobe aus 235 Seiten

Details

Titel
Barrieren im Wissensmanagement
Hochschule
Universität Salzburg  (Institut für Kommunikationswissenschaft)
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
235
Katalognummer
V88588
ISBN (eBook)
9783638036269
Dateigröße
3357 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Barrieren, Wissensmanagement
Arbeit zitieren
Mag. Komm. Lisa Qattawi (Autor:in), 2006, Barrieren im Wissensmanagement, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88588

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