Die NS-Führung hielt die Codes ihrer Chiffriermaschine Enigma für völlig sicher. Trotzdem gelang es den Briten während des ZWeiten Weltkrieges diese nach und nach zu entziffern. Das Projekt war streng geheim. Bekannt wurde es erst in den 1970er Jahren.
Die Arbeit beschäftigt sich mit der Dechiffrierung der Enigma-Codes und den Auswirkungen davon auf die Atlantik-Schlacht.
Inhalt
1. Einleitung
2. Die Enigma
3. Bletchley Park und Ultra
4. Die Atlantikschlacht
4.1 Die Entschlüsselung der Marine-Enigma
4.2. Die Methoden der Entschlüsselung
4.3 Die Atlantikschlacht aus der Sicht von Ultra
4.3.1. Phase 1: Kriegsbeginn bis Sommer 1941
4.3.2. Phase 2: Ultra tritt auf den Plan
4.3.3. Phase 3: Das große „Blackout“
4.3.4. Phase 4: Ultra kehrt zurück – Der Höhepunkt der Schlacht
5. Die Auswirkungen
6. Schlussbetrachtung
7. Literatur
1. Einleitung
Die Tätigkeit von Geheimdiensten wird sehr oft mystifiziert. In erster Linie verbindet man damit wohl draufgängerische Agenten (es gibt diese natürlich auch), die streng geheime Unterlagen - wenn möglich in Begleitung einer schönen Frau - aus dem Feindesland schmuggeln. Ich habe im Verlauf meiner Beschäftigung mit „Ultra“ ein völlig anderes Bild von der nachrichtendienstlichen Arbeit erhalten. In diesem Bereich war man vorwiegend wissenschaftlich-analytisch tätig, fernab des eigentlichen Geschehens. Kryptologen versuchten die Geheimnisse der deutschen Enigma zu ergründen, im OIC und Submarine Tracking Room zog man aus verschiedensten Informationen Rückschlüsse auf die Lage im Atlantik. So unspektakulär und monoton diese Arbeit auch erscheint, hatte sie doch großen Einfluss auf das Kriegsgeschehen.
Dass die Engländer während des Zweiten Weltkrieges die Nachrichten der deutschen Enigmas entschlüsseln konnten, wurde erst nach F.W. Wintherbothams Buch „The Ultra Secret“ (1974) der Öffentlichkeit bekannt. Viele Ereignisse sah man plötzlich in einem anderen Licht, rätselhafte Niederlagen konnten endlich erklärt werden. Dies galt besonders für die Atlantikschlacht, denn lange Zeit hatte man das Versagen der deutschen U-Boote nicht wirklich verstehen können. Im Lichte der neuen Enthüllung sah die Sache freilich anders aus.
Ich versuche in dieser Arbeit die Auswirkungen von „Ultra“ auf die Atlantikschlacht darzustellen, gehe also der Frage nach, wie nachrichtendienstliche Informationen für den Kriegsverlauf ausgenützt werden können. „Ultra“ – Dies war der Deckname für die entschlüsselten Enigma - Funksprüche. Das Projekt unterlag strengster Geheimhaltung und auch viele der Mitarbeiter wussten nichts von seiner ganzen Tragweite.
Im ersten Teil der Arbeit geht es um Kryptologie, die Enigma und die Entschlüsselungsarbeit in Bletchley Park, wo das britische Kryptologiezentrum untergebracht war. Der zweite Teil handelt von der Atlantikschlacht, jenem Kampf zwischen Alliierten und der Achse um die Nachschublinien auf hoher See. Dieser Kampf wurde von deutscher Seite aus im Wesentlichen von den U-Booten getragen, nachdem die großen Überwassereinheiten versagt hatten. Auf diesem Kriegsschauplatz waren die Briten und später die Amerikaner sehr stark auf nachrichtendienstliche Informationen, special intelligence, angewiesen. Unter diesen nahmen die Ultra-Meldungen aus Bletchley Park eine besondere Bedeutung ein. Wie kann man nun ihren Beitrag zur Schlacht bzw. dem Sieg beziffern? Ich habe dies durch den Vergleich der Perioden mit und ohne Ultra versucht und zudem einige Fallbeispiele genauer analysiert.
Das Thema an sich ist sehr umfangreich, weshalb ich mich gezwungen sah vieles wegzulassen. Bestandteil meiner Arbeit ist die Periode von 1939 bis einschließlich 1943, obwohl die Atlantikschlacht streng genommen länger dauerte. Aber dieses Jahr bedeutete die Entscheidung, in ihm wendete sich das Blatt, die Jäger wurden mehr und mehr zu Gejagten.
2. Die Enigma
Militärische Kommunikation erfolgte während des 2. Weltkrieges hauptsächlich mittels Funkverkehr. Dies hat bei allen Vorteilen einen entscheidenden Nachtteil: Funkwellen breiten sich normalerweise kugelförmig im Raum aus und können deshalb von einem Gegner problemlos abgefangen werden. Mit anderen Worten, er kann die feindliche Nachrichten abhören. Um dies zu verhindern müssen Funksprüche chiffriert werden. Die deutsche Wehrmacht und der diplomatische Dienst haben zur Ver- und Entschlüsselung eine elektromechanische Chiffriermaschine verwendet – die Enigma. Sie wurden als völlig sicher eingeschätzt und Mitte der siebziger Jahre wurde bekannt, was die Kryptologen in Bletchley Park geleistet hatten.
Die Enigma zu Beginn der Zwischenkriegszeit von Arthur Scherbius gebaut worden, wurde schließlich von der Chiffrierabteilung des 100 000 Mann Heeres erworben, verbessert und ab 1928 für den Funkverkehr eingesetzt. Ihre wichtigsten Bestandteile waren eine Schreibmaschine(ntastatur), ein Steckerbrett, Schlüsselwalzen (Rotoren), eine Umkehrwalze (Reflektor) und ein Lampenfeld. Die Enigma war elektromechanisch, d.h. sie bestand aus mechanischen Teilen, die Ver- bzw. Entschlüsselung passierte aber über einen Stromkreis.
Schlüsselwalzen sind im Prinzip Zylinder, die innen verdrahtet und außen mit Anschlüssen versehen sind, d.h. sie können in einen Stromkreis geschaltet werden. Die Rotoren der Enigma hatten 26 Drähte und folglich 52 Anschlüsse, für jeden Buchstaben des Alphabets gab es also eine Leitung. Auf der Außenseite der Walze standen die Buchstaben. Die Rotoren der Enigma bestanden aus zwei Teilen, die man gegeneinander verdrehen konnte. Damit war es möglich die inneren Verdrahtungen noch einmal zu verändern.
Die Umkehrwalze bewirkte durch ihre Schaltung, dass man mit der selben Maschine ver- und entschlüsseln konnte, dies hatte aber eine große Einschränkung der Möglichkeiten zur Folge.
Außerdem konnte ein Buchstabe niemals in sich selbst verschlüsselt werden. Mit dem Steckerbrett konnte man die Schaltung der Stromkreise verändern.
Wollte ein Funker mit der Enigma eine Nachricht verschlüsseln, musste er zuerst einige Einstellungen vornehmen. Er wählte aus einer bestimmten Anzahl von Walzen (zuerst 5 dann 8) drei, stellte deren Ringstellung ein und setzte sie in einer bestimmten Reihenfolge in die Enigma ein. Dann stellte er die Walzen in ihre Anfangsstellung, d.h. in den Sichtfenstern waren drei bestimmte Buchstaben zu sehen. Schließlich musste der Funker noch die Steckerverbindungen einstöpseln. Diese Einstellungen zusammen bildeten den Schlüssel (Tagesschlüssel), dieser war in Codebüchern vorgegeben. Danach wurde der Befehl Buchstabe für Buchstabe auf der Tastatur eingetippt. Jedes mal schloss sich dadurch ein Stromkreis. Der Strom floss über die Walzen und Steckerbrett zum Lampenfeld mit den 26 Glühbirnen. Jede von diesen stand für einen Buchstaben des Alphabets. Wurde nun ein Stromkreis geschlossen leuchtete eine Lampe auf, nun hatte der Funker den verschlüsselten Buchstaben den er nur mehr abschreiben musste. Das Besondere war, dass sich nach jedem Drücken einer Taste der Stromkreis änderte indem sich eine oder mehrere Walzen um einen Schritt weiterdrehten.
Ein anderer Funker, der einen chiffrierten Spruch auffing, musste den selben Schlüssel verwenden, um dechiffrieren zu können. Danach brauche er ebenfalls nur mehr Buchstaben für Buchstaben einzutippen, aus dem Geheimtext wurde wieder der Klartext. Dies bewirkte die schon erwähnte Umkehrwalze, die ebenfalls in den Stromkreis integriert war.
Mit Hilfe der Enigma konnten also Text chiffriert werden, dies passierte im Wesentlichen über Stromkreise. Ein Buchstabe wurde immer in einen anderen verschlüsselt, ein A konnte zu einem M werden usw. Dies nennt man monoalphabetische Verschlüsselung. Die Anzahl der Möglichkeiten der Chiffrierung waren unvorstellbar groß, weshalb die Maschine bei den Deutschen also völlig sicher galt. Diese Einschätzung führte zu einer ziemlich laxen Handhabung der Sicherheitsvorschriften und hat einen enormen Beitrag zum Einbruch in des System durch Bletchley Park geleistet.
3. Bletchley Park und Ultra
Den britischen Kryptologen von Room 40 war es während des 1. Weltkrieges gelungen einen Großteil der deutschen Funksprüche zu entziffern, ihnen waren nämlich die Schlüsselunterlagen (das Codebuch) des Kreuzers Magdeburg zur Verfügung gestanden. Diese Tatsache wurde nach Kriegsende auch dem ehemaligen Gegner bekannt. Deshalb ging man in der Zwischenkriegszeit davon aus, dass die Deutschen nunmehr alles daran setzten würden eine solche Katastrophe in Zukunft zu verhindern. Man wusste zwar von der Enigma, hielt sie aber zuerst für völlig sicher und beschäftigte sich gar nicht mit ihr.[1]
Erst 1936 wurde eine Gruppe altbewährter Kryptologen rund um Dilly Knox auf das Problem angesetzt. Gut drei Jahre lang tappten sie aber im Dunkeln, zu wenig wusste man über den inneren Aufbau und die Arbeitsweise der Maschine. Kurz vor Kriegsbeginn kam ihnen allerdings ein Informationsaustausch mit den französischen und polnischen Nachrichtendiensten zu Hilfe. Anders als die Briten beschäftigte sich BS4, das Chiffrierbüro der polnischen Armee, seit 1928 mit der Enigma. Einer Gruppe von Kryptologen rund um den Mathematiker Marjan Rejewski war es seit 1932 gelungen, Enigma-Sprüche zu entschlüsseln. Es bestand eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit der französischen Abwehr, die den Polen Schlüsselunterlagen zugespielt hatte. Geschickt hatten die Kryptologen technische Schwächen der Maschine und deutschen Leichtsinn ausgenützt um in das System einzubrechen. Es war sogar gelungen zwei Enigmas nachzubauen. Als die Wehrmacht aber eine neue Schlüsselwalze einführte und 1938 die Anzahl der Walzen von drei auf fünf erhöhte gelangen keine Dechiffrierungen mehr. Im Juli 1939 kam es zu einem Treffen zwischen britischen, französischen und polnischen Kryptologen nahe Warschau, allerdings gelang es noch nicht eine vollständige Kooperation herzustellen. Kurz vor Kriegsbeginn erhielt der MI6 allerdings ein wertvolles Geschenk: Eine nachgebaute Enigma. Sie und zusätzliche Informationen erhöhten die Chancen zu einer erfolgreichen Arbeit beträchtlich. Ungefähr zur gleichen Zeit wurde auf dem Gut Bletchley Park, ca. 60 km nördlich von London, die Government Codes und Cipher School (GC&CS) als Kryptologiezentrum des MI6 und der britischen Regierung eingerichtet. Die einzelnen Heeresteile richteten dort Abteilungen ein, die sich mit den Enigma-Codes beschäftigen sollten. Die Waffengattungen der Wehrmacht und spezielle Abteilungen verwendeten nämlich verschiedene Schlüssel. In Bletchley Park wurde so etwas Schlüsselkreis genannt. Es galt nun also die verschiedenen Tagesschlüssel zu finden und die feindlichen Funksprüche zu entziffern. Mit Kriegsbeginn hatten die Deutschen allerdings die Funkdisziplin erhöht, täglich änderten sie die Einstellungen ihrer Enigmas. Erst im Mai 1940 sollten sich die ersten Erfolge in B.P. einstellen, zur gleichen Zeit änderte die Wehrmacht wieder ihr Funksystem, der bis dato so hilfreiche Spruchschlüssel verschwand. Dennoch gelang im Sommer 1940 der erste dauerhafte Einbruch in den Schlüsselkreis der Luftwaffe, genannt „Red“. Das Projekt zur Entzifferung der Enigma-Sprüche erhielt den Codenamen Ultra, es unterlag der höchsten Geheimhaltung, nur wenige wusste um was es wirklich ging. B.P. hatte damals mit einer Vielzahl von Problemen zu kämpfen. Die Organisation innerhalb der GC&CS musste so effizient als möglich gestaltet werden, die rechtzeitige Weiterleitung an die zuständigen Heeresteile funktionierte nicht gut, zudem hegten viele Kommandanten ein prinzipielles Misstrauen gegen nachrichtendienstliche Informationen. Das schwerwiegendste aber war die Geheimhaltung: Stets wurde befürchtet, dass die Deutschen von Ultra erfahren könnten. Man versuchte die Quelle zu verheimlichen, erfand Doppelagenten, Untergrundgruppen und zahlreiche andere Dinge. R.V. Jones, ein Mitarbeiter des MI6 berichtet hierüber: „Sie waren durch irgendeine Einführung getarnt. Etwa so: >Eine verlässliche Quelle barg den Durchschlag einer Meldung aus dem Papierkorb des ranghöchsten deutschen Funkoffiziers von Fliegerkorps VI<.“[2]
Oft zögerte man Erkenntnisse zu verwenden, weil ziemlich klar war, dass deren Quelle nur Ultra sein konnte.
Durch den Einbruch in den Schlüsselkreis Red erfuhren die Briten von der bevorstehenden Luftschlacht um England und waren in Folge recht gut über Görings Strategie unterrichtet. Welchen Beitrag Ultra hierzu leistete ist aber nach wie vor umstritten.[3]
Auch wenn immer wieder Probleme gab, ab der zweiten Hälfte des Jahres 1940 gelang B.P. der Einbruch in die Schlüsselkreise von Heer und Luftwaffe. Man war dadurch in unterschiedlichem Ausmaß über die Pläne der Deutschen informiert. Ultra spielte überall dort eine Rolle, wo es gelang feindliche Funksprüche zu entziffern und sich daraus einen Vorteil zu verschaffen. Erhebliche Auswirkungen ergaben sich daraus auf den Wüstenkrieg in Nordafrika, die Landung auf Sizilien, die Landung in der Normandie und die Enttarnung deutscher Agenten in Großbritannien, um nur einige Beispiele zu nennen.
Vor viel größere Probleme sahen sich die Kryptologen allerdings durch die Marine-Enigma gestellt.
[...]
[1] Vgl. Michael Smith, Enigma entschlüsselt. Die Codebreakers von Bletchley Park (München 2000) 32. Folgend zitiert als: Smith, Codebreakers.
[2].Smith, Codebreakers, 71f.
[3] Vgl. Rudolg Kippenhahn, Geheimschrift, Enigma und Chipkarte, 244f.
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