Verfolgungsgegner - Unter besonderer Berücksichtigung von Friedrich von Spee und seiner "Cautio Criminalis"


Seminararbeit, 2003

19 Seiten, Note: 1.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Argumente im Kampf gegen die Hexenverfolgungen
2.1 Medizinische Argumente
2.2 Theologische Argumente
2.3 Juristische Argumente
2.4 Dämonologie
2.5 Einfluss der Konfessionellen Spaltung

3. Gegner der Hexenverfolgung
3.1 Johan Weyer
3.2 Herbert Witekind
3.3 Cornelius Pleier
3.4 Adam Tanner

4. Friedrich Spee und seine Cautio Criminalis
4.1 Friedrich Spee
4.2 Die Umstände der Veröffentlichung der Cautio Criminalis
4.3 Der Aufbau der Cautio Criminalis
4.4 Spees Intention
4.5 Spees Argumentation in der Cautio Criminalis
4.6 Spees Schlussfolgerungen
4.7 Die Haltung des Jesuitenordens gegenüber der Publikation der Cautio Criminalis
4.8 Die Wirkung der Cautio Criminalis

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Zeit der Hexenverfolgung wird im Allgemeinen in den Jahren 1500 bis 1700 angesetzt, doch verlief sie in Wellen und regional unterschiedlich. Während es 1500-1560 nur sehr wenige Hexenverfolgungen gab, kam es seit den 1560er Jahren zu ihrem überraschenden Wiedereinsetzen.[1] Der durch Heinrich Institoris und Jacob Sprenger veröffentlichte Malleus Maleficarum hatte eine Hexenlehre mit Schädigung und Verschwörungscharakter entwickelt. Im 16. Jahrhundert nahm die Relevanz des Schädigungsdelikts ab und der Verschwörungscharakter geriet deutlich in den Vordergrund. Hexerei sei eine gegen Gott und sein Gesetz gerichtete Tat, daher ein Sonderverbrechen das Verhaftung und Folter ermöglichte.[2] Der Hexeninquisitor Hinrich von Schultheiß forderte öffentlich in einer Rechtfertigungsschrift zu Hexenprozessen, dass bis zum Geständnis gefoltert werden müsse.[3] Dieser Abfall vom Glauben kam dem Hochverrat gleich.[4] Selbst wenn Schadenszauber und Teufelsbuhlschaft nicht bestanden, konnte trotzdem die Todesstrafe für den Abfall von Gott herangezogen werden.[5] Den Befürwortern der Hexenverfolgung erschien es unmöglich, dass Unschuldige verurteilt wurden, da Gott dies in ihren Augen nicht zulassen würde. Die Geständnisse der verurteilten Hexen untermauerten diese Vorstellung. Nichtsdestotrotz sei beim Sonderverbrechen der Hexerei die Gefährdung Unschuldiger aufgrund des schwerwiegenden Verbgehens hinzunehmen.[6] Das Übel müsse vernichtet werden. Man sprach von einer „Ausrottung des Unkrauts mit Stumpf und Stil“.[7]

In dieser Arbeit soll betrachtet werden, wie gegen die Hexenverfolger angegangen wurde. Welche Argumente wurden von ihren Gegnern gebracht und wer setzte sich für die angeklagten Hexen ein? In diesem Zusammenhang soll besonders das Wirken des Jesuiten Friedrich Spee betrachtet werden, der in seiner Cautio Criminalis Argumente gegen die Hexenverfolger veröffentlichte. Welche Theorien entwickelte er im Kampf gegen die Hexenverfolger, welche Schlussfolgerungen zog er und wie wurde seine Haltung in der damaligen Zeit aufgenommen? Im folgenden werden verschiedene Aspekte der Beweisführungen der Verfolgungsgegner betrachtet und anhand unterschiedlicher Gegner beispielhaft vorgestellt. Explizit wird Spees Cautio Criminalis betrachtet, die genauestens die juristischen Bedingungen, unter denen die Hexenverfolgung durchgeführt wurden, untersuchte und eine Zuspitzung der zeitgenössischen Argumentation mit radikalen Schlussfolgerungen darstellte.

2. Argumente im Kampf gegen die Hexenverfolgungen

Hexenprozesse wurden nie kritiklos hingenommen.[8] Es gab immer eine anhaltende Skepsis gegenüber den fanatischen Hexenverfolgern. Viele Gegner hatten die Hexenprozesse aus nächster Nähe erlebt.[9] Häufig traten Ehemänner und andere Verwandte für die Verdächtigten ein und versuchten, auf das Geschehen einzuwirken. Auch die Beschuldigten kämpften mit allen Mitteln um ihr Leben. Die publizistischen Gegner der Hexenverfolgung waren allgemein bekannt und bekamen Bestätigung. Sie versuchten die Hexenprozesse auf verschiedenen Ebenen zu bekämpfen.[10] Die Beschäftigung fand vor allem mit der Macht der Hexen, dem Ausmaß ihrer Täuschung und den Methoden, wie mit den Beschuldigten umzugehen sei, statt.[11] Ihre Argumente schöpften aus theologischem Repertoire bis hin zu Zitaten aus der zeitgenössischen Literatur. Sie klagten die Verfolger darüber hinaus aufgrund der Bibel und des Natur- und Strafrechts an.[12] Sie drohten mit realen und göttlichen Strafen.[13] Mit der Zeit begannen die Verfolgungsgegner untereinander verschiedene Ideen aufzugreifen, die sie in erbostem und angriffslustigen Ton veröffentlichten. Die Gegner um 1600 stützen ihre Argumente auf vier zentrale Bereiche: Medizin, Theologie, Justiz und Dämonologie.[14] Die Argumente der einzelnen Bereiche waren oft miteinander vermischt und die Grundpositionen der Autoren nur selten klar dargestellt.[15] Wurden die Kritikpunkte der Gegner zusammengenommen, konnten sie die Theorie der Hexerei wiederlegen und die Verfolgen an ihren Prozessen zu behindern.[16]

2.1 Medizinische Argumente

Unter den Gegnern kamen die Forderungen auf, dass es nicht nur Juristen und Theologen, sondern auch Medizinern und Naturwissenschaftlern erlaubt werden müsse, Gutachten zu erstellen. Diese erklärten das kurze Schwimmen der Angeklagten auf dem Wasser bei der Wasserprobe damit, dass noch Luft in ihren Lungen gewesen sei. Als Beweis, keinen Bund mit dem Teufel eingegangen zu sein, könne körperlich überprüft werden, ob tatsächlich Verkehr mit dem Teufel stattgefunden habe. Auch hielten Mediziner das Verhalten der Frauen für geistige Verwirrung, die fälschlicherweise als Teufelsbund ausgelegt wurde.[17] Ein guter Weg sich vor dem Hexereivorwurf zu schützen war demnach das Vorspielen von vollkommener Geisteskrankheit, wodurch die Realität des Teufelsbundes und die eigene Intention wiederlegt werden konnten.[18] Dieser Behauptung hielten Hexenverfolger entgegen, dass nicht alle Hexerei nur in Einbildung und Phantasie existieren würde, da nicht alle Frauen geistig verwirrt seien.

2.2 Theologische Argumente

Die theologische Beweisführung gegen die Hexenverfolgungen sah nicht in den Hexen die Verursacher von erlittenen Schäden. Vielmehr sei es Gott, der die Menschen prüfe und strafe. Durch Reue und Buße solle den Hexen, wie anderen Sündern, die Rückkehr in die christliche Gemeinschaft ermöglicht werden.[19]

2.3 Juristische Argumente

Ab 1620 wurde unter den Verfolgungsgegnern, vor allem den katholischen, intensiv mit der Behandlung von rechtlichen Fragen begonnen. Vor allem die Durchführung der Prozesse wurde betrachtet.[20] Juristische Debatten kamen zu dem Schluss, dass Hexerei nicht als Sonderverbrechen einzustufen sei, da für die Beschuldigten so keinerlei Schutz- und Sicherheitsvorkehrungen herrschten und es somit häufig zur unrechten Verurteilung käme. Vor allem der Einsatz der Folter rückte in den Mittelpunkt der Kritik. Wurde von einer unschuldigen Angeklagten unter der Folter eine Denunziation erzwungen, so denunzierte sie folglich eine Person, die keine Hexe sein konnte, welche ihrerseits wieder nur unwahre Angaben zu anderen Hexen machen könnte. So entstehe ein „Kreislauf des Todes“ der nur durch die Abschaffung der Folter durchbrochen werden könne.[21]

2.4 Dämonologie

Es gab nur sehr wenige Gegner, die aus dämonologischen Gründen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Hexenprozesse hatten.[22] Sie fanden sich hauptsächlich unter den Protestanten und stellten Fragen, die auf das Wesen der Hexerei zielten. So überlegten sie, ob Menschen für das Verbrechen der Hexerei verantwortlich gemacht werden konnten und wozu Hexe bzw. Teufel fähig seien.[23]

2.5 Einfluss der Konfessionellen Spaltung

Mit der konfessionelle Spaltung veranlasste die bayerische Regierung 1590, dass jede inhaltliche Kritik an der Hexenvorstellung, die von Protestanten wie dem noch zu erwähnenden Johan Weyer geäußert wurde, als ketzerisch galt. Protestanten konnten weiterhin Theorien der Dämonologie in Frage stellen. Sie zweifelten die Möglichkeit des Schadenszaubern an oder lehnten die Vorstellung des Hexenfluges ab.[24] Allgemein konnte die protestantische Debatte überkonfessionell und offener als die katholische geführt werden, da ihnen prinzipiell keine Argumente untersagt waren.[25] Den Katholiken wurden jedoch wirksame Argumentationsmuster entzogen.[26] Sie mussten nach neuen Methoden und Argumenten gegen die Verfolgung suchen, welche sie hauptsächlich in der Kritik an den grausamen und oft widerrechtlichen Prozesse fanden.[27]

3. Gegner der Hexenverfolgung

Auf dem Höhepunkt der Verfolgungen in den Jahren 1626 bis 1630 wurden hauptsächlich geistliche Fürstentümer erfasst, wodurch insbesondere Köln, Würzburg und Bamberg zu Zentren der Hexenverfolgung wurden.[28] Dies führte zu gesteigerter Kritik, bei der sogar "katholische Intellektuelle, die vorher aus Parteiräson geschwiegen hatten, in den Meinungskampf“ eingriffen.[29] Doch keiner unter Ihnen schloss die Möglichkeit der Überführung der Hexerei aus. Jeder glaubte an die Existenz von Hexen und den Kontakt zwischen Mensch und Dämonen.[30] Auch die vorkämpferischsten Gegner der Hexenverfolgung waren keine modernen, aufgeklärten Menschen.[31] Deshalb ist bei der Beschäftigung mit Theorien der Gegner der Hexenverfolgung nicht danach zu Urteilen, inwiefern ihre Argumente heute einsichtig erscheinen, sondern, wie sie zu ihrer Zeit Einfluss auf den Prozess genommen haben.[32] Als wichtige deutsche Gegner seien hier neben dem später genauer behandelten Friedrich von Spee noch Johan Weyer, Herbert Witekind, Cornelius Pleier und Adam Tanner genannt.

[...]


[1] vgl. Behringer, „Glaube, Verfolgung, Vermarktung“, S. 76

[2] vgl. Battafarano, „Von Spee zu Beccaria“, S. 224-226

[3] vgl. Franz, „Maellus Judicum“, S. 215

[4] vgl. Ritter, “Cautio Criminalis”, S. XXI

[5] vgl. Lehmann/Ulbricht, „Motive und Argumente“, S. 11

[6] vgl. Behringer, „Haltung Adam Tanners“, S. 172-174

[7] vgl. Behringer, „Hexen und Hexenprozesse“, S.327

[8] vgl. Behringer, „Hexen und Hexenprozesse“, S. 314

[9] vgl. Clark, „Glaube und Skepsis“, S. 20

[10] vgl. Behringer, „Hexen und Hexenprozesse“, S. 315-318

[11] vgl. Clark, „Glaube und Skepsis“, S. 21

[12] vgl. Franz, „Maellus Judicum“, S. 200

[13] vgl. Behringer, „Hexen und Hexenprozesse“, S. 316

[14] vgl. Clark, „Glaube und Skepsis“, S. 22

[15] vgl. Lehmann/Ulbricht, „Motive und Argumente“, S. 5

[16] vgl. Clark, „Glaube und Skepsis“, S. 17

[17] vgl. Lehmann/Ulbricht, „Motive und Argumente“, S. 10

[18] vgl. Clark, „Glaube und Skepsis“, S. 27

[19] vgl. Lehmann/Ulbricht, „Motive und Argumente“, S. 5

[20] vgl. Clark, „Glaube und Skepsis“, S. 17-22

[21] Lehmann/Ulbricht, „Motive und Argumente“, S. 8-9

[22] vgl. Clark, „Glaube und Skepsis“, S. 32

[23] vgl. Clark, „Glaube und Skepsis“, S. 16

[24] vgl. Behringer, „Haltung Adam Tanners“, S. 165

[25] vgl. Behringer, „Hexen und Hexenprozesse“, S. 320

[26] vgl. Behringer, „Von Tanner zu Spee“, S. 158

[27] vgl. Behringer, „Glaube, Verfolgung, Vermarktung“, S. 78

[28] vgl. Schatz, „Spee und seine Zeit“, S. 27

[29] Behringer, „Glaube, Verfolgung, Vermarktung“, S. 81

[30] vgl. Clark, „Glaube und Skepsis“, S. 15-17

[31] vgl. Lehmann/Ulbricht, „Motive und Argumente“, S. 13

[32] vgl. Clark, „Glaube und Skepsis“, S. 15-16

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Verfolgungsgegner - Unter besonderer Berücksichtigung von Friedrich von Spee und seiner "Cautio Criminalis"
Hochschule
Europa-Universität Flensburg (ehem. Universität Flensburg)  (Institut für Geschichte und ihre Didaktik)
Veranstaltung
Hexenverfolgungen in Europa der frühen Neuzeit
Note
1.0
Autor
Jahr
2003
Seiten
19
Katalognummer
V89623
ISBN (eBook)
9783638036658
ISBN (Buch)
9783638935012
Dateigröße
449 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Verfolgungsgegner, Unter, Berücksichtigung, Friedrich, Spee, Cautio, Criminalis, Hexenverfolgungen, Europa, Neuzeit
Arbeit zitieren
Wiebke Seitz (Autor:in), 2003, Verfolgungsgegner - Unter besonderer Berücksichtigung von Friedrich von Spee und seiner "Cautio Criminalis", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89623

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