Richard J. Arnesons 'paternalism' und seine Position zu Grundfreiheiten


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

25 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die zentralen Thesen des Werkes von Richard J. Arneson
2.1 Wohlergehen als Maßstab
2.2 Wohlergehen entsteht durch Befriedigung rationaler Bedürfnisse
2.3 Die Ausbildung rationaler Bedürfnisse
2.4 Distributive Subjectivism
2.5 Bedeutungsverschiebungen hin zu luck egalitarianism und prioritarianism

3 Arneson und die politische Sphäre – eine Bestandsaufnahme

4 Kritik an Arnesons paternalism und seiner Ablehnung von Grundfreiheiten

5 Vorschläge und Anregungen zu einem minimum paternalism
5.1 Begründungsneutralität
5.2 Generelles Verbot individueller paternalistischer Eingriffe
5.3 Staatsmonopol auf paternalistische Maßnahmen
5.4 Keine Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit

6 Zusammenfassung

7 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Im aktuellen politischen Diskurs in Deutschland scheint kaum ein Begriff so aufgebraucht wie die viel beschworene „soziale Gerechtigkeit“. Je nach politischer Couleur wird darunter etwas anderes verstanden, und es scheint, dass der Begriff vor allem zu einer Geisel „linker“ Argumentationsmethoden geworden ist, um den Abbau von staatlichen Leistungen anzuprangern. Aber ist der Rückbau des deutschen Sozialstaats wirklich so „ungerecht“, wie es scheint? Kann nicht gerade soziale Umverteilung auch Ungerechtigkeit erzeugen? Es ist zu beobachten, dass in Deutschland der Gerechtigkeitsbegriff sehr oft aus der eigenen Perspektive und dem eigenen Erleben beurteilt wird. Oft scheint zu gelten: „Gerecht ist, was mit nutzt.“ Dabei scheint die Fähigkeit zu weit gespannterem Denken und Abstrahieren im öffentlichen Diskurs zuweilen verloren zu gehen.[1] Um den Begriff der „(sozialen) Gerechtigkeit“ vor völligem Verschleiß zu bewahren, hilft ein Blick in die Politsche Philosophie, besonders in die des angelsächsischen Sprachraums. Seit der Veröffentlichung von John Rawls bahnbrechender THEORIE DER GERECHTIGKEIT im Jahre 1971 ist es wieder „chic“, normative Politische Philosophie zu betreiben[2], nicht ohne jedoch empirische Erkenntnisse aus den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften miteinzubeziehen. Die politische Philosophie der westlichen Welt nimmt sich damit einem neuen, alten Thema an – der Suche nach der guten, für alle Teilnehmer bzw. Staatsbürger gerechten Staats- und Wirtschaftsverfassung. Da die moderne Demokratie westlichen Musters mit Freiheits- und Menschenrechten philosophisch fundiert und logisch begründbar scheinen, geht es gegenwärtig darum, einen gerechten Verteilungsmodus für den zweifellos vorhandenen gesellschaftlichen Reichtum zu entwerfen. Da auch Rawls trotz der unbestreitbaren Bannkraft seiner Theorie hier keine Wunder vollbringen konnte und sich der gesellschaftliche Blickwinkel auf innergesellschaftliche Umverteilung im Zuge der Globalisierung stark verändert hat, sind es jetzt Rawls Schüler und die ihm nachfolgenden Generationen von Philosophen, die nach Lösungen für die Fragen suchen, die sich unter anderem aus der „Theorie der Gerechtigkeit“ ergeben haben. Während manche Theoretiker mittlerweile das in der Gerechtigkeitsphilosophie lange vorherrschende Ideal der Gleichheit nicht nur in der wirtschaftlichen, sondern auch in der politischen Sphäre sogar in der Recht schwachen Ausprägung der Chancengleichheit in Frage stellen, suchen andere nach einem Mechanismus, die Komponente der persönlichen Verantwortung in eine Verteilungstheorie einzubauen und Gleichheit zumindest als Annäherungsideal zu bewahren. Ein weiteres wichtiges Thema ist prioritarianism[3]; das Postulat, dass Vorteile (z.B. soziale Umverteilungsleistungen) zunächst den Schwächsten der Gesellschaft zuteil werden sollten, da Zuwendungen bei ihnen den größten Effekt entfalten würden. Auf all diesen Problemfeldern und besonders in der Frage nach der Zulässigkeit paternalistischer Eingriffe des Staates in persönliche Freiheiten zur Annäherung der Gesellschaftsmitglieder an ein perfektionistisches Menschsein, hat sich der gegenwärtig an der University of California lehrende amerikanische Philosoph Richard J. Arneson hervorgetan.

In dieser Arbeit soll es um Arneson und sein Verhältnis zur politischen Sphäre gehen.[4] Utilitaristischen Theorien haftet zuweilen die Kritik an, dass sie sich hauptsächlich auf wirtschaftstheoretische Aspekte beziehen und sich auch am besten in diesem Rahmen denken lassen („Der Mensch als ökonomischer Nutzenmaximierer“). In diesem Aufsatz soll unter anderem gezeigt werden, dass diese Argumentation verkürzt ist. In einer kurzen Analyse ausgewählter aktueller Aufsätze von Arneson[5] soll herausgearbeitet werden, welche Vorstellungen dieser zur Ausgestaltung des politischen Systems in einer utilitaristischen Gesellschaft entwickelt hat. Natürlich hat einer solchen Untersuchung zunächst eine knappe Darstellung der zentralen Begriffe der über die Jahre entwickelten und verfeinerten Theorie Arnesons voranzugehen. Ich beziehe mich dabei hauptsächlich auf die Konzeptionen der e qual opportunity for welfare, des distributive subjectivism sowie auf die etwas späteren Verfeinerung des luck egalitarianism, wie sie von Richard Arneson entwickelt wurden. Es soll dabei gezeigt werden, dass die dort dargelegten theoretischen Annahmen durchaus „politisch“[6] und nicht nur rein „konsumorientiert“ sind. Hauptgegenstand dieser Arbeit ist die Frage, welche Position Arneson zu Grundfreiheiten einnimmt, wie sie Rawls in EINE THEORIE DER GERECHTGIGKEIT definiert, und schließlich, wann ersterer es als gerechtfertigt sieht, diese zu beschränken. Nach einer Kritik am Standpunkt Arnesons werden schließlich einige eigene Vorschläge zum Teilproblem der Implementierung paternalistisch-freiheitsbeschränkender Maßnahmen in ein liberales Gesellschaftsmodell vorgestellt.

2 Die zentralen Thesen des Werkes von Richard J. Arneson

2.1 Wohlergehen als Maßstab

Für John Rawls als Kantianer stehen die Grundfreiheiten jedes Individuums (Erster Grundsatz der Gerechtigkeit) vor allen weiteren Überlegungen, wie die sozio-ökonomische Sphäre auszugestalten sei.[7] Als umfassendste und elaborierteste Antwort eines Utilitaristen auf die Theorie von Rawls können sicherlich die Aufsätze Richard J. Arnesons gelten. Er stellt das Individuum und seine (rationalen) Bedürfnisse in den Mittelpunkt aller philosophischen Überlegungen. Diese Arbeit kann nicht die gesamte historische Entwicklung beider Denkrichtungen nachzeichnen; auch beschränkt sie sich – von wenigen Rückgriffen auf andere Autoren abgesehen – lediglich auf Arnesons Aufsätze und Rawls erstes Hauptwerk. Warum wählte Richard J. Arneson nun für seine Theorie einen Wohlergehensmaßstab? Im Folgenden wird sein Begründungsweg hin zu „Wohlergehen“ nachgezeichnet.

In seinem Aufsatz EQUALITY AND EQUAL OPPORTUNITY FOR WELFARE braucht Richard J. Arneson nur wenige Sätze, um die Idee von Gütern als „Währung“ der Gerechtigkeit und das „linke“ Ideal Gütergleichheit als ungerecht und damit als nicht gesellschaftlich mehrheitsfähig zu verwerfen. Anhand eines Beispiels stellt er klar[8], dass eine Gleichverteilung materieller (monetärer) Ressourcen nicht gerecht sein kann, da hierbei individuelle natürliche Ressourcen und Fähigkeiten unberücksichtigt blieben.[9] Ein Schluss, den man hieraus ziehen könnte, wäre individuelle Talente als ein Allgemeingut zu sehen – ähnlich wie in obigem Fall materielle Ressourcen wie Geld, an dem jedermann einen fairen Anteil haben sollte. Auch dies führt nach Arneson nicht zu einer besseren Interpretation des Ideals der Verteilungsgleichheit, da drei schwerwiegende Probleme ungelöst bleiben: Es existiert keine Methode, den Wert von Talenten objektiv zu messen, da dieser offensichtlich von den persönlichen Absichten und Lebensplänen eines jeweiligen Individuums abhängt. Außerdem ist kaum eine Institution denkbar, die technisch in der Lage wäre, die Unterschiede in der Ausstattung mit Talenten fair auszugleichen. Der jedoch gewichtigste Einwand, der hier von Arneson vorgebracht wird, ist die Tatsache, dass selbst bei der Zuteilung eines Anteils für jederman an den Talenten der Anderen Gerechtigkeit offensichtlich nicht erreicht wird. Wer viele Talente hat, müsste eine Menge Anteile an die weniger durch Talente begünstigten abgeben und sich somit ein Stück weit fremd bestimmen lassen, obwohl gerade seine Zeit aufgrund seiner vielfältigen Talente sehr wertvoll ist. Der „Untalentierte“ hingegen kann auf dem „Markt der Talente“ fast nichts anbieten, und die Tatsache, dass er seine wenigen Talente teilweise an andere abgeben müsste, schmerzt ihn nicht, da seine Zeit auch weniger wertvoll ist.[10] Dieses Problem der „Versklavung der Talentierten“ (Dworkin)[11] bei einem talentbasierten Ansatz führt schließlich aus Arnesons Blickwinkel dazu, dass es nur noch zwei ernsthafte alternative Verteilungsideale geben kann: „Gleichheit des Wohlergehens“ und „Gleiche Chancen zur Erlangung von Wohlergehen“. Ersteres lehnt Arneson aus Gründen ab, die weiter unten noch aufgezeigt werden.[12] Zu weiteren Erläuterungen ist zunächst die Klärung zusätzlicher Begrifflichkeiten erforderlich, welche im nächsten Abschnitt erfolgt.

Arneson möchte in der Gesellschaft die Chance darauf gleichverteilen, dass jedermann die eigenen Bedürfnisse verwirklichen kann.[13] Preferences sieht Arneson als das einzig geeignete Distribuendum einer Theorie der Gerechtigkeit an. In EQUALITY AND EQUAL OPPORTUNITY FOR WELFARE begründet er seine Wahl; spätere Schriften verfeinern diesen Grundgedanken noch weiter. Im Zentrum der Ausführungen Arnesons steht stets dessen Bedürfnisbegriff sowie die Frage, wann das Individuum Ansprüche an die Allgemeinheit erheben kann, wenn es seine Bedürfnisse nicht befriedigen kann (im Folgenden responsibility -Problem genannt). Diese Fragestellung und Arneons Antwortvorschläge sollen in den nächsten Kapiteln vorgestellt werden.

2.2 Wohlergehen entsteht durch Befriedigung rationaler Bedürfnisse

Arneson ist Handlungs- bzw. Präferenzutilitarist; daher lässt sich problemlos ableiten, dass er interpersonelle Nutzenvergleiche für möglich hält. Ihm zufolge kann jeder Mensch theoretisch ein vergleichbares Niveau von Wohlergehen erreichen, wenn er seine persönlichen Bedürfnisse befriedigt.[14] Nun sind aber nach Arneson nicht alle Bedürfnisse als gleichwertig zu betrachten, wie dies manche Spielarten des klassischen Utilitarismus tut. Diesen Schluss zieht er aus dem expensive preferences -Problem[15], mit welchem er zu verdeutlichen versucht, dass Gleichheit des Wohlergehens utopisch ist. Die Grenze, bis wann das Individuum für seine teuren Bedürfnisse selbst verantwortlich ist, setzt Arneson mit der Einführung einer Eigenverantwortungskomponente in seine Theorie: „Individuals can arrive at different welfare levels due to choices they make for which they alone should be held responsible.“[16] Dieses Abstellen auf individuelle Verantwortung soll die Allgemeinheit vor überbordenden Ansprüchen des Individuums schützen. Besonders in seinen zentralen Aufsätzen der Achtziger und Neunziger Jahre hat Arneson nach einer Lösung des responsibility -Problems gesucht; staatliches Eingreifen beschränkt sich hier in seinen Ausführungen auf die Bereitstellung eines (materiellen) Ausgleichs für vernünftigerweise als bedürftig anzusehende Personen. Aktuelle Aufsätze hingegen beschäftigen sich verstärkt auch mit der Frage, ob nicht die Kultivierung objektiv „ungesunder“ Bedürfnisse durch ein Individuum Maßnahmen zur Bedürfniskorrektur nach sich ziehen sollte. „Ungesunde“ Bedürfnisse werden hier als diejenigen aufgefasst, deren Ausbildung und Entwicklung[17] ein Individuum selbst zu verantworten hat, die es auch selbst befriedigen kann, die aber objektiv unvernünftig sind. Die Verantwortungszuschreibung scheint hier kein Problem zu sein; das Individuum erhebt schließlich keinen Anspruch an die Gemeinschaft, da es selbst sein Bedürfnis befriedigen kann. In seinem Spätwerk diskutiert Arneson jedoch vermehrt die Frage, ob in diesem Fall nicht paternalistische Ansätze, die in EQUALITY AND OPPORTUNITY FOR WELFARE noch nicht so stark betont werden, zum Einsatz kommen müssten. Folgende Abbildung illustriert noch einmal die Problemlage:

[...]


[1] Auf dieses Problem weist auch Wolfgang Kersting hin: Kersting, Wolfgang: Theorien der sozialen Gerechtigkeit, Stuttgart/Weimar 2000, S. 2f. (Kersting, 2000)

[2] Wolfgang Kersting spricht in seiner Einführung zu John Rawls (Kersting, Wolfgang: John Rawls zur Einführung, Hamburg 2001, S. 14ff. [Kersting, 2001]) davon, dass einer der größten Stärken dessen Theorie darin bestünde, dass sie der "toten" Politischen Philosophie wieder Leben eingehaucht hat: „Das sich im Laufe des 19. Jahrhunderts durchsetzende wissenschaftsorientierte Erkenntnis- und Weltverständnis stellte die praktische Philosophie unter Irrationalismusverdacht; die kategorialen Fundamente und die sich auf sie stützenden Rechtfertigungsargumente der moralischen und politischen Philosophie wurden als haltlose metaphysische Spekulationen abgewiesen. [...]“ (S. 14). „Sein (Rawls', der Verf.) Ruhm beruht gerade darauf, das alte vertragstheoretische Paradigma der neuzeitlichen Politischen Philosophie, das längst ausgemustert und in den geistesgeschichtlichen Archiven verstaut war, wiederbelebt und mit dem Instrumentarium der Spiel- und Sozialwahltheorie modernisiert zu haben“ (S.20).

[3] Dieser Begriff ist offensichtlich schwer ins Deutsche zu übertragen. „Prioritarismus“ kommt der Wortbedeutung am nächsten; wirkt jedoch auch etwas künstlich, weshalb in diesem Aufsatz der englische Originalbegriff verwendet wird.

[4] Eine grundsätzliche Unterscheidbarkeit der politischen von der ökonomischen Sphäre soll in dieser Arbeit angenommen werden. Rawls zieht solch eine analytische Trennung der Gesellschaft ebenfalls: Rawls, John: Eine Theorie der Gerechtigkeit (übers. von Hermann Vetter), Frankfurt a. M. 1979. S. 81f. (Rawls, 1979)

[5] Bibliografische Angaben der verwendeten Aufsätze finden sich im Literaturverzeichnis. Im Folgenden wird aus Gründen der Übersichtlichkeit mit verkürzten Literaturangaben zitiert.

[6] Als „politisch“ definiere ich in diesem Zusammenhang diejenigen Maßnahmen, welche die von Rawls aufgestellten Freiheitsbereiche berührt. Siehe erneut: Rawls, 1979, S. 82.

[7] Ebenda.

[8] Das Beispiel zielt darauf ab zu zeigen, dass bei Gütergleichverteilung ein gelähmter Mensch, der seine Beine nicht benutzen kann, seine Bedürfnisse in wesentlich geringerem Umfang befriedigen kann als seine gesunden Mitmenschen, da er einen Teil seiner Güter zum Ausgleich seiner Behinderung aufwenden muss. Der Sachverhalt lässt sich noch verallgemeinern; für Arneson steht jedoch fest, dass Gütergleichheit die offensichtlichen Unterschiede in den natürlichen (durch Geburt oder frühkindliche Sozialisation festgelegten) Gütermengen jedes Individuums ignoriert. Siehe hierzu: Arneson, Richard J.: Equality and Equal Opportunity for Welfare, in: Philosophical Studies 56 (1989), S. 78. (Arneson, 1989)

[9] Arnesons radikale Ablehnung des (Grund)gütermaßstabes hat Kritik auf sich gezogen. Wolfgang Kersting wirft ihm beispielsweise vor, Rawls, der für eine Grundgütergleichverteilung votiert, in dieser Frage absichtlich misszuverstehen. Für die Einzelheiten des Kritikansatzes siehe: Kersting, 2000, S. 81.

[10] Für eine ausführliche Darstellung dieses Problems siehe: Arneson, 1989, S. 78f.

[11] Ein theoretischer Ansatz geht davon aus, dass gesellschaftlicher, technischer und wirtschaftlicher Fortschritt nur möglich sind, wenn die Talentierten einer Gesellschaft für ihre Mehrleistung und ihre Talente belohnt werden. Nach diesem Ansatz bedeutet die „Versklavung der Talentierten“ sozio-ökonomischen Stillstand und schadet damit indirekt auch den weniger Talentierten. Nicht zuletzt aus diesem Grund lehnt Arneson einen Ausgleich der Talente ab.

[12] Siehe Anmerkung 14.

[13] Zum Problem der „rationalen Präferenzen“ und der so genannten „erst-besten“ und „zweit-besten“ Präferenzen siehe auch Kapitel 2.2 sowie 2.3.

[14] Arneson, 1989, S. 82.

[15] Dieses Problem wird in mehreren der älteren Aufsätze Arnesons behandelt; eine ansprechende Erläuterung findet sich zum Beispiel in LIBERALISM, DISTRIBUTIVE SUBJECTIVISM, AND EQUAL OPPORTUNITY FOR WELFARE, in: Philosophy & Public Affairs 19 (1990), S. 185 – 194. (Arneson, 1990). Arneson versucht hier anhand von Beispielen und Gedankenexperimenten zu zeigen, dass Menschen dazu neigen, teure Bedürfnisse (also Bedürfnisse, die sie aus ihren eigenen Ressourcen nicht befriedigen können) auszubilden. Würde eine Gesellschaft Wohlergehensgleichheit einführen, müsste ein ständiger Ausgleich zugunsten von anspruchsvollen Menschen stattfinden, damit diese ein hohes Maß an Wohlergehen erreichen können. Dieses System, dass den Hedonismus des Einzelnen fördern würde, müsste schon nach kurzer Zeit zusammenbrechen, denn nicht jeder kann unbegrenzt einen Ausgleich für seine anspruchsvollen Wünsche verlangen Schon nach kurzer Zeit wäre der Pool der für die Gemeinschaft verfügbaren Mittel zum Bedürfnisausgleich des Einzelnen aufgebraucht. Außerdem: Würde die Gesellschaft – oder der Staat ihr Mittler – teure Bedürfnisse der Individuen ständig ausgleichen, würde dies vermutlich auch deren Bedürfnisausbildung beeinflussen. Wenn ein staatlicher Ausgleich (rechtlich, gewohnheitsmäßig oder auf andere Weise) immer garantiert ist, wird man dieses Faktum natürlich bei risikoreichen späteren Entscheidungen berücksichtigen, da „der Staat ja immer aushilft“. Der Frage, inwieweit garantierter staatlicher Ausgleich die Bildung teurer Bedürfnisse fördert, kann hier trotz einiger interessanter praktischer Bezüge zur angeblichen Krise des deutschen Sozialstaatsmodells (und seinem oft als anspruchsfördernd bezeichneten Charakter) nicht weiterverfolgt werden.

[16] Arneson, 1989, S. 82.

[17] Arneson hat auch erkannt, dass Verantwortlichkeit und Bedürfnisausbildung mehrere Stufen bzw. Facetten haben können. Hierauf kann allerdings nicht weiter eingegangen werden; für klärende Erläuterungen sei noch einmal auf LIBERALISM, DISTRIBUTIVE SUBJECTIVISM, AND EQUAL OPPORTUNITY FOR WELFARE, S. 186 verwiesen.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Richard J. Arnesons 'paternalism' und seine Position zu Grundfreiheiten
Hochschule
Universität Münster  (Rechtswissenschaftliche Fakultät)
Veranstaltung
Seminar (Jura): Theorien der Gerechtigkeit (seit 1970). John Rawls und seine Kritiker.
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
25
Katalognummer
V90136
ISBN (eBook)
9783638042383
ISBN (Buch)
9783638942539
Dateigröße
529 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Anmerkungen des Dozenten: "Sehr gute Einführung und eine gute Analyse des Komplexes "Freiheitsbereich bei Arneson". [...] Teil 5 überzeugt nicht völlig, gefällt mir aber als "eigener" Exkurs. Die Abschnitte zur Kritik an Arnesons paternalism könnten sich, nochmals überarbeitet, für eine Publikation eignen."
Schlagworte
Richard, Arnesons, Position, Grundfreiheiten, Seminar, Theorien, Gerechtigkeit, John, Rawls, Kritiker
Arbeit zitieren
Malte Koppe (Autor:in), 2006, Richard J. Arnesons 'paternalism' und seine Position zu Grundfreiheiten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90136

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