Die interne ärztliche Kommunikation im Belegarztsystem am Beispiel einer kardiologischen Gemeinschaftspraxis


Projektarbeit, 2008

39 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Einführung in das Thema
1.2 Begriffserklärungen
1.2.1 Ambulante vs. stationäre Versorgung
1.2.2 Anstaltskrankenhaus vs. Belegkrankenhaus bzw. Belegabteilung
1.2.3 Das Belegarztsystem
1.3 Problembeschreibung
1.4 Zielsetzung
1.5 Vorgehensweise

2 Theorie: Die interne Unternehmenskommunikation
2.1 Übersicht
2.2 Kommunikation
2.3 Unternehmenskommunikation
2.4 Interne Unternehmenskommunikation
2.5 Zusammenfassung

3 Interne Kommunikation im Belegarztsystem
3.1 Übersicht
3.2 Die kardiologische Gemeinschaftspraxis mit Belegbetten
3.3 Beteiligte Ärzte und deren Zielvorstellungen
3.4 Aktuelle Kommunikationswege
3.4.1 Übersicht über die Kommunikationswege
3.4.2 Kommunikationsweg „Übergabe“
3.4.3 Kommunikation bei der Visite
3.4.4 Informelle Gespräche
3.5 Zusammenfassung

4 Verbesserung der internen Kommunikation
4.1 Übersicht
4.2 Entwicklung von Maßnahmen
4.3 Zusammenfassung

5 Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Kommunikationsmodell von Lasswell

Abb. 2: Interne und externe Unternehmenskommunikation

Abb. 3: Kommunikation in einem Krankenhaus mit Belegarztabteilung

Abb. 4: Modulares Vorgehen zur Verbesserung der Kommunikation

1 Einleitung

1.1 Einführung in das Thema

Die Veränderungen der letzten Jahre im Gesundheitssystem haben dazu geführt, dass eine Arztpraxis heutzutage nicht mehr nur über medizinisches Know-how zum Erfolg kommen wird. In der heutigen Zeit wird die Arztpraxis als ein Wirtschaftsbetrieb angesehen, der nach betriebswirtschaftlichen Regeln geführt werden sollte, um sich am umkämpften Markt medizinischer Dienstleistungen behaupten zu können. Die Betriebswirtschaft bietet die Möglichkeit Unternehmensprozesse zu beschreiben, zu erklären und Lösungsansätze abzuleiten mit dem Ziel auf Grundlage des Wirtschaftlichkeitsprinzip[1] den Gewinn zu maximieren. Einen Aspekt betriebswirtschaftlicher Überlegungen stellt die Unternehmenskommunikation dar. Die Unternehmenskommunikation umfasst das Management von Kommunikationsprozessen, die zwischen dem Unternehmen und seinen internen bzw. externen Umwelten ablaufen. Diese Arbeit überträgt betriebswirtschaftliche Erkenntnisse der Unternehmenskommunikation auf eine Arztpraxis mit dem Ziel die interne ärztliche Kommunikation zu optimieren, um dadurch die Patientenversorgung positiv zu beeinflussen.

1.2 Begriffserklärungen

Im Folgenden werden für das Verständnis dieser Arbeit wichtige Begriffe erläutert und voneinander abgegrenzt. Es wird insbesondere auf Aspekte eingegangen, die im Rahmen der Unternehmenskommunikation im Belegarztsystem eine Rolle spielen. Dabei scheint es zunächst wichtig, die ambulante von der stationären Versorgung abzugrenzen und dann auf das Belegarztsystem einzugehen. Das Belegarztsystem nimmt eine Mittelstellung zwischen ambulantem und stationärem System ein und trägt zur gegenseitigen Integration dieser beiden Versorgungsstrukturen bei.

1.2.1 Ambulante vs. stationäre Versorgung

Die ambulante ärztliche Versorgung wird von niedergelassenen Ärzten in freiberuflicher, eigener Praxis durchgeführt bzw. von Ärzten, die sich in Gemeinschaftspraxen, Praxisgemeinschaften oder medizinischen Versorgungszentren (MVZ) organisiert haben. Nahezu sämtliche niedergelassene Ärzte (88%[2]) nehmen als Vertragsärzte an der Versorgung von Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung teil. Für Vertragsärzte gelten für die Leistungserstellung und Finanzierung die rechtlichen Grundlagen der Sozialgesetzgebung im SGB (Sozialgesetzbuch) V §§ 72 ff.

Die stationäre Versorgung wird in Krankenhäusern sichergestellt. Die rechtlichen Grundlagen der Krankenhausversorgung sind im SGB V §§ 107 ff. geregelt. Die zu erbringende Gesundheitsleistung im Krankenhaus setzt sich zusammen aus den Hotelleistungen (Zimmer, Bett, Fernseher, Dusche), der Pflege (durch das Pflegepersonal) und dem ärztlichen Dienst.

1.2.2 Anstaltskrankenhaus vs. Belegkrankenhaus bzw. Belegabteilung

Krankenhäuser werden hinsichtlich ihrer Betriebsstruktur charakterisiert. Neben der Trägerschaft (bspw. öffentlich-rechtlich, freigemeinnützig, etc.), der Versorgungsstufe (bspw. Grund-, Regel- oder Maximalversorgung) und der Regulierung (bspw. Plan-, Vertrags- oder freies Krankenhaus) kann hinsichtlich der Stellung des ärztlichen Personals unterschieden werden. Es werden Anstaltsärzte von Belegärzten unterschieden. Anstaltsärzte (in Anstaltskrankenhäusern) sind angestellte Ärzte des Krankenhausträgers. Anstaltsärzte arbeiten in hierarchischen Strukturen, wobei Assistenzärzte, Oberärzte und Chefärzte unterschieden werden. Belegärzte sind ambulant tätige Ärzte, die neben der Tätigkeit in der Arztpraxis die stationäre Versorgung im (Beleg-)Krankenhaus übernehmen. Dabei sind reine Belegkrankenhäuser diejenigen Krankenhäuser, in denen der ärztliche Dienst ausschließlich von Belegärzten ausgeübt wird und das Krankenhaus keine eigenen angestellten Ärzte beschäftigt. Oftmals existieren Mischformen, d.h. in einem Anstaltskrankenhaus ist eine Belegabteilung untergebracht. Die Belegabteilung wird dann von den Belegärzten betreut; die übrigen Abteilungen des Krankenhauses werden von Anstaltsärzten versorgt.

1.2.3 Das Belegarztsystem

In Deutschland liegt eine strikte Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung vor. Dadurch ergeben sich Nachteile für Patienten, Ärzte, Kliniken und Krankenkassen. Der Patient wird durch Doppeluntersuchungen unnötig belastet, eine freie Arztwahl ist im Krankenhaus nicht möglich und die Behandlung wird an einen anderen, mit der Krankengeschichte nicht vertrauten Arzt übergeben.[3] Das Belegarztsystem soll diesbezüglich zu einer besseren Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung führen, da der ambulant tätige Arzt auch die stationäre Versorgung übernimmt. Dadurch ergeben sich mehrere Vorteile:[4]

- Freie Arztwahl bei stationärer Behandlung
- Kontinuität der Behandlung
- Vermeidung von Informations- und Zeitverlusten
- Wirtschaftlichkeit der Behandlung
- Verstärkte Rationalisierung
- Transparenz der Kosten

1.3 Problembeschreibung

Ambulant tätige Ärzte (niedergelassene Ärzte) erbringen ambulante Gesundheitsleistungen, d.h. der Patient kommt als Kunde in eine Arztpraxis und erhält eine ärztliche Leistung. Nach Erbringung der Leistung durch den Arzt verlässt der Patient die Arztpraxis und versorgt sich eigenständig ohne ärztliche Hilfe weiter. Ist der Gesundheitszustand des Patienten insoweit reduziert, dass eine ambulante Behandlung nicht ausreichend ist und eine stationäre Versorgung notwendig wird, erfolgt die Einweisung in ein Krankenhaus. Im Krankenhaus erfolgt dann die Weiterbehandlung durch die im Krankenhaus angestellten Anstaltsärzte. Der ambulant tätige Arzt hat nur dann die Möglichkeit seinen Patienten im Krankenhaus stationär weiterzubehandeln, wenn er Betreiber einer belegärztlichen Abteilung ist. Eine belegärztliche Abteilung ist eine Bettenstation in einem Krankenhaus, die vom niedergelassenen Arzt als Chefarzt geführt wird. Da der niedergelassene Arzt die stationäre Versorgung nicht alleine leisten kann, werden Anstaltsärzte einen Teil der ärztlichen Leistung übernehmen. Dazu gehören Routinearbeiten wie beispielsweise Blutabnahmen, die Abdeckung der nächtlichen Dienstbereitschaft sowie Verwaltungsaufgaben. Die Gruppe der Anstaltsärzte setzt sich in der Regel zusammen aus einem Chefarzt, eine geringe Anzahl von Oberärzten und mehreren Assistenzärzten. Anstaltsärzte sind im Krankenhaus angestellt und unterstehen dem Krankenhausträger.

Ein Patient in einer Belegabteilung ist in der besonderen Situation, dass eine Behandlung sowohl durch den Belegarzt, als auch durch die Anstaltsärzte erfolgt. Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der Betrachtung der Kommunikation zwischen den beteiligten Ärzten und mögliche (negative) Auswirkungen auf die Behandlung und Zufriedenheit der Patienten. Dabei wird ein Beispiel angeführt, in dem eine kardiologische Gemeinschaftspraxis eine zehn Betten umfassende Belegabteilung betreibt, die in Zusammenarbeit mit den Oberärzten und Assistenzärzten der in unmittelbarer Nachbarschaft befindlichen Intensivstation geführt wird. Die Gemeinschaftspraxis wird von acht Ärzten geführt. Im Krankenhaus sind drei Oberärzte und fünf Assistenzärzte angestellt. Somit erfolgt die medizinische Versorgung eines Patienten in der Belegabteilung gemeinsam durch die insgesamt 16 Ärzte, die unabhängig vom Patienten zu unterschiedlichen Zeiten tätig werden und den gesamten stationären Aufenthalt bis zur Entlassung abdecken. Um eine kontinuierliche und konsistente Versorgung zu gewährleisten, ist eine funktionierende interne Kommunikation unter dem ärztlichen Personal notwendig.

1.4 Zielsetzung

Ziel dieser Arbeit ist es, die ärztliche Kommunikation im Belegarztsystem darzustellen und potentielle Probleme aufzudecken. Zudem wird aufgezeigt, inwieweit Ärzte und Patienten von einer unzureichenden Kommunikation in negativer Weise beeinflusst sein können. Die Lösungsansätze zeigen Perspektiven auf, um die Kommunikation effizienter zu gestalten, wovon letztendlich der Patient als Endkunde im Gesundheitssystem profitieren wird.

1.5 Vorgehensweise

Zur Erreichung der o.g. Ziele werden zunächst in Kapitel 2 die Grundprinzipien der Kommunikationspolitik anhand aktueller Literatur dargestellt. Dabei liegt der Fokus der Betrachtung auf der internen Kommunikation in einem Unternehmen. In Kapitel 3 wird das in Kapitel 1 dargestellte Problem anhand eines Beispiels aus dem Belegarztsystem erläutert. Der Autor ist als Arzt tätig und in ein Belegarztsystem involviert. Den Daten zur Kommunikation in Kapitel 3 liegen daher die eigenen Erfahrungen des Autors zu Grunde. Zusätzlich wurden vom Autor informelle Gespräche mit ärztlichen Kollegen zur Fragestellung aus Kapitel 1 geführt, um somit ein wirklichkeitsgetreues Bild der aktuellen Kommunikationswege und deren Probleme aufzeigen zu können. In Kapitel 4 werden schließlich konkrete Lösungsansätze zur Problemerstellung erarbeitet, die sich aus den theoretischen Grundlagen aus Kapitel 2 ableiten lassen. Kapitel 5 fasst die Ergebnisse dieser Projektarbeit zusammen.

2 Theorie: Die interne Unternehmenskommunikation

2.1 Übersicht

Die interne Unternehmenskommunikation ist ein Teilbereich des Marketing-Managements. Marketing bedeutet, „die richtigen Dienstleistungen zur richtigen Zeit an die richtigen Leute am richtigen Ort zum richtigen Preis mit Hilfe der richtigen Kommunikationsaktivitäten zu bringen“. Wie aus dieser Definition ersichtlicht umfasst das Marketing vier wesentliche Bereiche, die zusammen den Marketing-Mix bilden: Produktpolitik („richtige Dienstleistung“), Preispolitik („zum richtigen Preis“), Distributionspolitik („zur richtigen Zeit an die richtigen Leute am richtigen Ort“) und Kommunikationspolitik („mit Hilfe der richtigen Kommunikationsaktivitäten“). Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der Kommunikationspolitik, wobei insbesondere die Kommunikationspolitik im Gesundheitswesen betrachtet wird. Dennoch sollen an dieser Stelle zum besseren Verständnis alle vier Bereiche des Marketing-Mix kurz erläutert und dabei der Bezug zum Gesundheitssystem dargestellt werden.

- Die Produktpolitik befasst sich mit Entscheidungen, die das Produkt betreffen.[5] Im Gesundheitssystem werden hauptsächlich Dienstleistungen erbracht, wenn Patienten bspw. von Ärzten behandelt werden. Bei Dienstleistungen erfolgen im Allgemeinen die Leistungserstellung und die Leistungsinanspruchnahme zeitgleich nach dem uno-actu-Prinzip. Der Patient ist dabei nicht nur Dienstleistungsobjekt, sondern auch aktives Element im Leistungserstellungsprozess. Eine weitere Besonderheit in der Produktpolitik im Gesundheitswesen ist, dass die Nachfrage, der Konsum und die Finanzierung nicht durch eine Person abgedeckt wird, sondern diese Bereiche auseinander fallen (bspw. ist der Nachfrager der Hausarzt, der Konsument ist der Patient, die Finanzierung erfolgt durch die Krankenkasse).
- Die Preispolitik befasst sich mit der Festlegung der für eine Dienstleistung zu erbringenden Gegenleistung.[6] Im Gesundheitssystem werden die Preise für gesundheitliche Leistungen für ambulante Leistungen in den EBM (Einheitlicher Bewertungsmaßstab für kassenärztliche Leistungen) abgebildet und entsprechend vergütet. Der EBM wird von Vertretern der Krankenkassen und Vertretern der ambulant tätigen Ärzte (Kassenärztliche Vereinigungen) verhandelt. Für jede ambulante Leistung wird im EBM ein Punktwert festgelegt. Der Wert eines Punktwertes ergibt sich dann aus dem Quotient aus der vereinbarten Gesamtvergütung und der Summe aller angefallenen Punktwerte jeweils für den Berechnungszeitraum[7]. Die Auszahlung erfolgt dann am Ende des Berechnungszeitraums. Die geschilderte Vergütung im ambulanten Bereich unterscheidet sich ganz wesentlich vom Vergütungssystem im stationären Bereich. Die Vergütung im stationären Bereich erfolgte bisher nach Pflegesätzen, Fallpauschalen und Sonderentgelten. Seit Einführung des Fallpauschalengesetzes 2004[8] erfolgt die Abrechnung nach Diagnose-orientierten Fallpauschalen, den sog. DRGs (Diagnosis Related Groups). Je nach Diagnosen des Patienten erfolgt eine Eingruppierung in eine DRG. Das Entgelt ergibt sich dann aus dem kalkulierten Relativgewicht dieser DRG multipliziert mit dem festgelegten Basisfallwert. Die soeben geschilderten Vergütungsformen gelten für kassenärztlich vergütete ambulante und stationäre Leistungen. Privatärztliche Leistungen werden gesondert nach der GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte) abgerechnet. Die GOÄ wird vom Bundesministerium für Gesundheit herausgegeben.[9] Die Ausführungen über die verschiedenen Vergütungsformen machen deutlich, dass Preispolitik nicht von ambulant tätigen Ärzten oder Krankenhäuser betrieben werden kann, da die Preise rechtlich-politischen Vorgaben unterliegen.
- Die Distributionspolitik befasst sich mit der Herantragung der Leistung an den Konsumenten.[10] Im Gesundheitssystem regeln die länderspezifischen Krankenhauspläne an welchen Orten bestimmte Leistungen von den Krankenhäusern (wahrscheinlich) zu erbringen sind. Der Ort der Leistung wird durch den Standort der Krankenhäuser festgelegt, die zu erbringen Leistungen werden auf die Nachfrage in der Bevölkerung abgestimmt.
- Die Kommunikationspolitik hat im Allgemeinen die Aufgabe über die Existenz und die Vorteile einer Dienstleistung oder eines Produktes zu informieren und/oder zum Kauf zu anzuregen.[11] Dabei wird die persönliche Kommunikation, z.B. in einem direkten Gespräch von Person zu Person, von der Massenkommunikation, z.B. Werbung im TV, unterschieden. In der Kommunikationspolitik werden unterschiedliche Kommunikationsinstrumente eingesetzt, die in Kapitel 2.3 näher beschrieben werden. Kommunikationspolitik im Gesundheitswesen wird jedoch durch das Heilmittelwerbegesetz[12] eingeschränkt. Hinter dem Heilmittelwerbegesetz steht der Gedanke, dass Patienteninteressen und Patientenschutz Vorrang vor marktorientiertem Denken haben sollen[13]. Das Gesetz regelt die Werbung für Arzneimittel, Medizinprodukte und Behandlungsverfahren. Wesentlich ist, dass Werbung außerhalb von Fachkreisen untersagt ist. Zudem schränkt die „Berufsordnung für Ärzte und Ärztinnen“ der Landesärztekammern[14] gemäß §27 und §28 die Werbung in eigener Sache ein. D.h., dass es dem Arzt lediglich gestattet ist, sachlich berufsbezogene Informationen öffentlich zu machen, nicht jedoch eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung. Die Berufsordnung verfolgt dabei das Ziel der Kommerzialisierung des Arztberufes entgegen zu wirken.

Diese Projektarbeit befasst sich nicht mit dem gesamten soeben geschilderten Marketing-Mix, sondern lediglich mit der „Internen Unternehmenskommunikation“, die im Marketing-Mix der Kommunikationspolitik zugeordnet werden kann. Der Theorie hinter dem Begriff der „Internen Unternehmenskommunikation“ wird sich schrittweise genähert. Dazu soll in diesem Kapitel zunächst der theoretische Hintergrund zur Kommunikation dargestellt werden (Absatz 2.1). Dabei wird sich auf die Lasswell-Formel als theoretisches Modell beschränkt. Da anhand dieses Modells die relevanten Aspekte der internen ärztlichen Kommunikation ausreichend im Sinne der Zielvorstellung dieser Arbeit aus Kapitel 1 beschrieben werden können, wird bewusst auf die Erläuterung weiterer Kommunikationsmodelle verzichtet (bspw. die Systemtheorie von Luhmann[15] oder das Organon-Modell von Bühler[16]). Im nächsten Schritt wird dann die Unternehmenskommunikation im Allgemeinen darstellt (Abschnitt 2.2.), bevor im letzten Schritt der Schwerpunkt dieser Arbeit dargestellt wird: Die Interne Unternehmenskommunikation (Abschnitt 2.3.).

2.2 Kommunikation

Das Kommunikationsmodell nach Lasswell[17] besteht aus fünf Elementen, die im Wesentlichen den Kommunikationsprozess charakterisieren. Das erste Element im Kommunikationsprozess ist der Sender bzw. Kommunikator (siehe Abb. 1). Das Gedankengut, welches der Kommunikator übermitteln möchte, wird zunächst in einem Codierungsprozess entweder in Sprache oder in durch Medien übertragbare Symbole verschlüsselt. Die Informationen werden dann über Kommunikationsmittel- oder wege ausgesandt. Ein Kommunikationsweg wäre bspw. das direkte Gespräch oder das Schreiben eines Briefes. Dann werden die Informationen vom Empfänger entgegen genommen und von diesem entschlüsselt (Decodierungsprozess). Die Informationen verursachen dann beim Empfänger einen Effekt, d.h. der Empfänger wird die Informationen entschlüsseln und ggf. entsprechend der Absichten des Kommunikators handeln. Das Modell von Lasswell wurde von Kotler und Bliemel[18] um das Element „Feedback“ erweitert. Das Feedback ist ein Teil der Empfängerreaktion, der an den Kommunikator zurück übermittelt wird und so wiederum den Kommunikator beeinflussen kann. Vorraussetzung dafür ist, dass der Kommunikator Feedbackkanäle zur Verfügung stellt.

Bei einer erfolgreichen Kommunikation werden letztendlich alle Stufen des genannten Kommunikationsmodells durchlaufen. Der Kommunikationsprozess kann jedoch gestört sein und dadurch die Kommunikation beeinträchtigt werden. Zum einen spielt die Kompatibilität eine große Rolle. D.h., die Codierung des Kommunikators und die Decodierung des Empfängers müssen kompatibel sein, damit die Botschaft vollständig verstanden wird. Zum anderen können Störquellen verhindern, dass die Botschaft bis zum Empfänger durchdringt. Denn häufig erhält der Empfänger eine Vielzahl von Botschaften, so dass er eine Auswahl treffen muss (Selektion). Dieses kann zu einer selektiven Wahrnehmung führen, d.h., dass nicht alle Botschaften aufgrund einer Reizüberflutung wahrgenommen werden können. Des Weiteren ist eine selektive Verzerrung möglich, d.h., dass nur Botschaften wahrgenommen werden, die vom Empfänger gewünscht werden. Die selektive Erinnerung beschreibt schließlich das Phänomen, dass der Empfänger die Botschaft zwar wahrnimmt, sie aber nicht speichert und somit kein Effekt ausgelöst wird. Die Kommunikation wird letztendlich auch durch den Grad der gegenseitigen Abhängigkeit des Kommunikators und des Empfängers gestört bzw. beeinflusst.[19]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Kommunikationsmodell von Lasswell[20], nach Ramme[21].

2.3 Unternehmenskommunikation

In einem Unternehmen findet Kommunikation zwischen verschiedenen Personen in vielfältigen Formen auf verschiedenen Kommunikationswegen statt. Für das Management dieser Kommunikationsprozesse wurde der Begriff „Unternehmenskommunikation“ geprägt. Dieser Begriff beschreibt die nachhaltige und umfangreiche Erfassung und Beschreibung aller Kommunikationsprozesse in einem Unternehmen. Da die Definition und die Verortung der Unternehmenskommunikation in der Literatur nicht eindeutig erscheinen, werden im Folgenden die Definitionen verschiedener Literaturquellen dargestellt, um daraus schließlich eine für diese Arbeit gültige Definition abzuleiten.

Der Kotler/Bliemel[22] nennt den Begriff „Unternehmenskommunikation“ im Kapitel zu Public Relations (Öffentlichkeitsarbeit). Public Relations ist ein Kommunikationswerkzeug zur Unterstützung des Marketings. Ziel ist es, dass Verhältnis zwischen dem Unternehmen und Gruppen der Öffentlichkeit konstruktiv und positiv zu beeinflussen. Neben Pressebeziehungen, Produkt-Publicity, Interessenvertretungen und Beratungen wird Unternehmenskommunikation als ein Aufgabenbereich der Öffentlichkeitsarbeit genannt. Zur Unternehmenskommunikation zählen die internen und externen Kommunikationsprozesse, die das Verständnis für das Unternehmen verbessern sollen.

Im Meffert[23] ist Unternehmenskommunikation wie folgt definiert: „Unternehmenskommunikation beschäftigt sich mit der bewussten und abgestimmten Gestaltung der auf die Unternehmensumwelt gerichteten Informationen […] zum Zweck der Meinungs- und Verhaltenssteuerung.“[24] Unternehmenskommunikation ist dabei als Managementprozess zu verstehen, der Kommunikationsprozesse plant, durchführt und kontrolliert. Unternehmenskommunikation informiert über marktrelevante Daten, beeinflusst im Sinne einer motivierenden Wirkung und bestätigt durch Abbau kognitiver Dissonanzen nach getroffenen Entscheidungen.[25]

Nach Meier[26] umfasst der Begriff „Unternehmenskommunikation“ die „Gesamtheit aller Kommunikationsprozesse, -instrumente und -maßnahmen eines Unternehmens, die eingesetzt werden, um das Unternehmen und seine Leistungen bei den relevanten Zielgruppen darzustellen“.

Unternehmenskommunikation versucht also, gemäß den o.g. Definitionen, unter Berücksichtigung betriebswirtschaftlicher Aspekte aktuelle und mögliche Kommunikationsprozesse zu beschreiben und hat zum Ziel die Informationsverbreitung in einem Unternehmen zu optimieren. Um Unternehmenskommunikation zu gestalten, ist es zunächst erforderlich Ziele zu konkretisieren und zu definieren, so dass an ihnen der Einsatz der Kommunikationsinstrumente ausgerichtet werden kann. Es werden quantitative von qualitativen Zielen unterschieden. Ein quantitatives Ziel wäre es, wenn bspw. eine zehnprozentige Umsatzsteigerung angestrebt wird. Quantitative Ziele lassen sich in Zahlen ausdrücken, so dass dadurch auf einfache Weise der Zielerreichungsgrad abgeleitet werden kann. Ein qualitatives Ziel wäre es, wenn bspw. ein positives Image eines Unternehmens gefördert werden soll. Dabei können kognitive (bezüglich Wissen und Wahrnehmung), affektive (bezüglich Emotionen und Gefühle) bzw. konative (bezüglich des Verhaltens) Ansätze unterschieden werden. Qualitative Ziele erfordern eine Operationalisierung, um fassbar und erreichbar werden zu können.[27]

[...]


[1] Vgl. Wöhe, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 19. Aufl.,. München: Verlag Franz Vahlen, 1996, S. 2.

[2] Vgl. Statistisches Bundesamt. Gesundheitsbericht für Deutschland: Gesundheitsberichtserstattung des Bundes, Berlin, 2006, S. 147.

[3] Vgl. Volz, J.: Verzahnung ambulant/stationär: Konsiliararztmodell bietet Vorteile, Deutsches Ärzteblatt 98(23), 2001.

[4] Vgl. Bundesärztekammer: Kooperatives Belegarztsystem, Beschlussprotokoll 101. Ärztetag, Drucksache IV-4, 1998.

[5] Vgl. Ramme, I.: Marketing - Einführung mit Fallbeispielen, Aufgaben und Lösungen, Stuttgart, 2. Auflage, Schäffer-Poeschel, 2004. S. 131.

[6] Vgl. Ramme, I.: Marketing - Einführung mit Fallbeispielen, Aufgaben und Lösungen. a. a. O., S. 152.

[7] Vgl. Hajen, L., Paetow H., Schumacher, H.: Gesundheitsökonomie, Stuttgart, W. Kohlhammer, 2006, S. 143.

[8] Vgl. Bundesministerium der Justiz: Gesetz über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (Krankenhausentgeltgesetz - KHEntgG), 2002, Online im Internet: http://www.juris.de, 06.01.2008.

[9] Vgl. Bundesministerium der Gesundheit: Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), 2002, Online im Internet: http://www.bmg.bund.de, 06.01.2008.

[10] Vgl. Ramme, I.: Marketing - Einführung mit Fallbeispielen, Aufgaben und Lösungen, a. a. O., S. 177.

[11] Vgl. Ramme, I.: Marketing - Einführung mit Fallbeispielen, Aufgaben und Lösungen, a. a. O., S. 197.

[12] Vgl. Bundesministerium der Justiz: Gesetz über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens (HWG), 2006, Online im Internet: http://www.bmj.bund.de, 06.01.2008.

[13] Vgl. Elste, F., Diepgen, T.: Die Arztpraxis im Internet: Werbung und Marketing in den neuen Medien, Deutsches Ärzteblatt 8(99): S. 488-490, 2002.

[14] Vgl. Landesärztekammer Hessen: Berufsordnung für die Ärztinnen und Ärzte in Hessen, 2007, Online im Internet: http://www.laekh.de, 06.01.2008

[15] Vgl. Luhmann, N.: Einführung in die Systemtheorie, Carl-Auer-Systeme, Auflage 3, 2006, S. 288ff.

[16] Vgl. Bühler, K.: Sprachtheorie: Die Darstellungsform der Sprache, Stuttgart: G. Fischer, 1992

[17] Vgl. Lasswell, H. D.: Power and Personality, New York, 1948, S. 37-51. Zitiert nach Kotler, P. und Bliemel, F.: Marketing Management, Stuttgart, 10. Auflage, 2001, S. 884.

[18] Vgl. Kotler, P. und Bliemel, F.: Marketing Management, Stuttgart, 10. Auflage, 2001, S. 884.

[19] Vgl. Meffert, H.: Marketing - Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, Wiesbaden, Verlag Gabler, 9. Auflage, 2000, S. 683.

[20] Vgl. Meffert, H.: Marketing - Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, a. a. O., S. 682

[21] Vgl. Ramme, I.: Marketing - Einführung mit Fallbeispielen, Aufgaben und Lösungen, a. a. O., S. 198.

[22] Vgl. Kotler, P. und Bliemel, F. Marketing Management, a. a. O., S. 1002ff.

[23] Vgl. Meffert, H.: Marketing - Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, a. a. O., S. 683.

[24] Vgl. Meffert, H.: Marketing - Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, a. a. O., S. 684.

[25] Vgl. Meffert, H.: Marketing - Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, a. a. O., S. 686.

[26] Vgl. Meier, P.: Interne Kommunikation von Unternehmen, Philosophische Fakultät: Zürich, Universität Zürich, Dissertation, 2000, S. 11.

[27] Vgl. Meffert, H.: Marketing - Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, a. a. O., S. 680.

Ende der Leseprobe aus 39 Seiten

Details

Titel
Die interne ärztliche Kommunikation im Belegarztsystem am Beispiel einer kardiologischen Gemeinschaftspraxis
Hochschule
Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie Wiesbaden e.V.
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
39
Katalognummer
V91212
ISBN (eBook)
9783638051248
ISBN (Buch)
9783638943659
Dateigröße
565 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kommunikation, Belegarztsystem, Gemeinschaftspraxis, Arzt, Gesundheitssystem
Arbeit zitieren
Tobias Rethage (Autor:in), 2008, Die interne ärztliche Kommunikation im Belegarztsystem am Beispiel einer kardiologischen Gemeinschaftspraxis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91212

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