In vorliegender Hausarbeit wird anhand einer Printmedienauswahl die Berichterstattung über die Ausschreitungen in Rostock kritisch hinterfragt; die Arbeit enthält eine quantitative und eine qualitative Analyse der "BILD", der "Hamburger Morgenpost", der "tageszeitung" und der "jungen Welt".
Der Fokus der Fragestellung liegt zum Einen auf einer Beurteilung des kritischen Anspruchs, den die genannten Medien an sich selbst haben, zum anderen wird untersucht, inwiefern die Ausschreitungen das mediale Bild des Protestes verzerrt haben.
[Am 2. Juni 2007 versammelten sich im Laufe des Vormittags auf dem Rostocker Bahnhofsvorplatz je nach Quelle zwischen 30.000 und 80.000 Demonstrantinnen unterschiedlichster Couleur , um gegen den in Heiligendamm geplanten sogenannten G8-Gipfel zu demonstrieren. Der Demonstrationszug setzte sich gegen 13.00 Uhr in Bewegung; von einem massiven Polizeiaufgebot begleitet zogen die Demonstrantinnen durch Rostock, die Atmosphäre war lange Zeit zwar angespannt, aber relativ friedlich. Gegen Ende der Demonstration kam es jedoch zu Straßenkämpfen zwischen etwa 2.000 gewaltbereiten Demonstrantinnen und mehreren tausend Polizistinnen, wobei beide Seiten häufig keine Rücksicht auf friedliche Demonstrantinnen nahmen; Angehörige des 'Black Blocs' flüchteten immer wieder zwischen die friedlichen Demonstrantinnen, mehrere von ihnen wurden durch schlecht gezielte Steinwürfe getroffen. Auf der anderen Seite versprühten Wasserwerfer der Polizei flächig mit Reizgas versetztes Wasser über die Demonstration, Einsatzkräfte drängten immer wieder in die Menge der friedlichen Demonstrantinnen, um vermeintliche 'Autonome' festzunehmen; auch hierbei nahm die Polizei wenig Rücksicht auf die Teilnehmerinnen.
Eine einseitige Schuldzuweisung für die Eskalation ist nicht belastbar und im Rahmen der Analyse auch irrelevant. Irrelevant ist auch eine Beurteilung der Polizeistrategie oder des 'Black Blocs'. Die Intention dieser Hausarbeit ist eine Beurteilung des kritischen Anspruchs, den die untersuchten Medien an sich selbst haben. Die Berichterstattung über die Krawalle legt bei etlichen Medien den Verdacht nahe, daß sie Presseberichte der Polizei und Meldungen der Presseagenturen ungeprüft übernommen haben und dadurch die Berichterstattung subjektiviert und auch verfälscht wurde.]
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Kurzdarstellung der Ereignisse am 02.06.2007 in Rostock
1.2 Darlegung der Relevanz dieser Hausarbeit
1.3 Eingrenzung der Fragestellung
1.4 Vorstellung der bearbeiteten Medien
1.5 Erläuterung der Analysemethodik
2 Quantitative Analyse
2.1 BILD
2.2 MOPO
2.3 TAZ
2.4 Junge Welt
3 Qualitative Analyse
3.1 BILD
3.2 MOPO
3.3 TAZ
3.4 Junge Welt
4 Fazit
5 Quellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Kurzdarstellung der Ereignisse am 02.06.2007 in Rostock
Am 2. Juni 2007 versammelten sich im Laufe des Vormittags auf dem Rostocker Bahnhofsvorplatz je nach Quelle zwischen 30.000[1] und 80.000[2] Demonstrantinnen unterschiedlichster Couleur[3], um gegen den in Heiligendamm geplanten sogenannten G8-Gipfel zu demonstrieren. Der Demonstrationszug setzte sich gegen 13.00 Uhr in Bewegung; von einem massiven Polizeiaufgebot begleitet zogen die Demonstrantinnen durch Rostock, die Atmosphäre war lange Zeit zwar angespannt, aber relativ friedlich. Gegen Ende der Demonstration kam es jedoch zu Straßenkämpfen zwischen etwa 2.000 gewaltbereiten Demonstrantinnen und mehreren tausend Polizistinnen, wobei beide Seiten häufig keine Rücksicht auf friedliche Demonstrantinnen nahmen; Angehörige des 'Black Blocs' flüchteten immer wieder zwischen die friedlichen Demonstrantinnen, mehrere von ihnen wurden durch schlecht gezielte Steinwürfe getroffen. Auf der anderen Seite versprühten Wasserwerfer der Polizei flächig mit Reizgas versetztes Wasser über die Demonstration, Einsatzkräfte drängten immer wieder in die Menge der friedlichen Demonstrantinnen, um vermeintliche 'Autonome' festzunehmen; auch hierbei nahm die Polizei wenig Rücksicht auf die Teilnehmerinnen.
Eine einseitige Schuldzuweisung für die Eskalation ist nicht belastbar und im Rahmen der Analyse auch irrelevant. Irrelevant ist auch eine Beurteilung der Polizeistrategie oder des 'Black Blocs'.
1.2 Darlegung der Relevanz dieser Hausarbeit
Die Intention dieser Hausarbeit ist eine Beurteilung des kritischen Anspruchs, den die untersuchten Medien an sich selbst haben. Die Berichterstattung über die Krawalle legt bei etlichen Medien den Verdacht nahe, daß sie Presseberichte der Polizei und Meldungen der Presseagenturen ungeprüft übernommen haben und dadurch die Berichterstattung subjektiviert und auch verfälscht wurde. Hier könnte eine weiterführende Arbeit ansetzen und untersuchen, wie trotz redaktionellem Druck und Sensationslust ein gewisser journalistischer Standard aufrechterhalten werden kann.
Desweiteren soll untersucht werden, inwieweit durch die Fokussierung der Berichterstattung auf die Ausschreitungen die Berichterstattung über den friedlichen Protest und seine inhaltlichen Aspekte in den Hintergrund gedrängt wurde und wie sehr die Ausschreitungen mittelfristig den friedlichen Protest diskreditieren konnten. Aus diesen beiden Punkten kann die Frage nach der Notwendigkeit für linke Gruppen abgeleitet werden, für zukünftige Demonstrationen geeignete Strategien zu entwickeln, um gewalttätige Protestformen zu unterbinden, auch wenn diese Fragestellung hier nicht behandelt werden kann.
Aufgrund der eigenen Teilnahme an der Demonstration fühle ich mich persönlich mit dem Thema verbunden und empfinde mich als Teil der friedlich Protestierenden durch manche Medien diskreditiert und beleidigt. Ich bin mir der daraus resultierenden Gefahr der Voreingenommenheit bewußt.
1.3 Eingrenzung der Fragestellung
Wie bereits ausgeführt, kann diese Hausarbeit weder eine Beurteilung der Ereignisse noch beteiligter Gruppen sein. Hier kann lediglich der Umgang der Medien mit tendenziösen und möglicherweise bewußt irreführenden Informationen thematisiert werden. Auch kann aufgrund der Medienvielfalt nur ein kleiner Teil der Medienlandschaft untersucht werden; ich beschränke mich auf eine Auswahl an täglich erscheinenden Printmedien, welche aber sehr unterschiedliche Tendenzen in der Berichterstattung aufweisen und daher stellvertretend für die meisten Printmedien stehen können[4].
1.4 Vorstellung der bearbeiteten Medien
Die “BILD”
Mit ca. 4,2 Mio.[5] täglich gedruckten Exemplaren das Printmedium mit der größten Verbreitung in der BRD. Die BILD gehört wie die “Welt” und das “Hamburger Abendblatt” dem Axel-Springer-Verlag, welcher ein relatives Zeitungsmonopol in Hamburg hat.
Die “Hamburger Morgenpost”[6] ist eine regionale Tageszeitung mit einer Auflage von etwa 160.000[7] Exemplaren. Im Großraum Hamburg ist sie das auflagenstärkste Blatt, welches nicht zum Springer-Verlag gehört. Für diese Hausarbeit sehe ich den Umstand, daß es sich “nur” um eine Regionalzeitung handelt, als nachrangig an. In der überregionalen Berichterstattung steht sie von Qualität und Umfang her der BILD in nichts nach.
Als drittes habe ich die “tageszeitung”[8] ausgewählt; die Leserschaft nimmt sie als objektiv und anspruchsvoll wahr. Sie selbst bezeichnet sich als eine “links-alternative Tageszeitung”[9]. Auch wenn sie mit knapp 80.000 Exemplaren nur eine vergleichsweise geringe Auflage hat, hat sie eine überdurchschnittlich hohe Reichweite von 260.000 Leserinnen[10]
Die 1947 gegründete “Junge Welt”[11] bezeichnet sich selbst als “linke, marxistisch orientierte, überregionale Tageszeitung”. Sie gibt selbst keine Auflagenzahlen heraus und läßt sich auch nicht von der IVW[12] prüfen. Laut Verfassungsschutzbericht 2006 hat sie eine geschätzte Auflage von ca. 12.000 Exemplaren und sei “ein bedeutendes Printmedium im linksextremistischen Bereich”[13].
1.5 Erläuterung der Analysemethodik
Quantitative Analyse
Es soll untersucht werden, welchen Stellenwert die untersuchten Medien gewalttätigen Ausschreitungen im Vergleich zum Stellenwert der gesamten G8-Berichterstattung einräumen. Hierzu soll Umfang und Anzahl der Artikel über Ausschreitungen mit Umfang und Anzahl der Artikel über andere Themen, die mit dem G8-Gipfel in Zusammenhang stehen, verglichen werden.
Qualitative Analyse
Es soll untersucht werden, inwiefern die untersuchten Medien eine subjektive Position einnehmen und auflageträchtiger Berichterstattung den Vorrang vor Objektivität geben.
Hierzu sollen zum Einen Schlagzeilen und Artikelüberschriften, zum Anderen Inhalt der Artikel verglichen werden.
2 Quantitative Analyse
2.1 BILD
Die BILD hat während des gesamten Berichtzeitraums einen Schwerpunkt auf die Berichterstattung zu den Ausschreitungen gelegt; während vor den Ausschreitungen am 2. Juni noch keinerlei Berichterstattung über den G8-Gipfel stattfand, fand sie nach dem 2. Juni einen festen Platz. Am 4. Juni hatte die BILD ein Verhältnis von fünf direkt mit den Ausschreitungen zusammenhängenden Artikeln zu einem mit allgemeinem G8-Bezug. Während der Folgetage nahm die Berichterstattung zu Ausschreitungen gut die Hälfte der gesamten G8-Berichterstattung ein. (vgl. Abb. 1)
2.2 MOPO
Die MOPO hatte schon am 2. Juni vor den Ausschreitungen vom G8-Gipfel berichtet; kurzfristig stieg die Zahl der Artikel zu den Krawallen im Verhältnis zu anderen G8-Themen an, erreichte aber nicht den Stellenwert der BILD. Auch am 4. Juni, dem ersten Wochentag nach den Ausschreitungen, behandelten nur 4 von 11 Artikeln die Krawalle. Im Laufe der Tage nahm die Berichterstattung zu Krawallen stark ab, vom 6. Juni an wird nur noch marginal über die Ausschreitungen berichtet. (vgl. Abb. 1)
2.3 TAZ
Die TAZ brachte im ganzen Untersuchungszeitraum eine tägliche 8-seitige Beilage zum G8-Gipfel heraus. Die Berichterstattung zu den Krawallen nahm auch hier kurzfristig einen hohen Stellenwert ein, das Thema erreichte aber mit 2,5 von 8 Seiten bzw. 5 von 23 Artikeln am 04.06.2007 nicht die Aufmerksamkeit, die ihm von BILD und MOPO gewährt wurde. Dieses Verhältnis veränderte sich im Wochenverlauf stark zugunsten sachthemenspezifischer Inhalte über den G8-Gipfel. (vgl. Abb. 1)
2.4 Junge Welt
Die Junge Welt maß den Ausschreitungen am 4. Juni wie die Taz einen vergleichsweise niedrigen Stellenwert bei, behielt aber die Gewaltthematik während des gesamten Gipfels kontinuierlich im Auge. (vgl. Abb. 1)
[...]
[1] BAO Kavala, Pressemitteilung 071
[2] Laut indymedia (http://de.indymedia.org/2007/06/183750.shtml#auftaktdemo)
[3] z.B. Gewerkschaften, ATTAC, Antifaschistische Gruppen, die “interventionistische Linke”, unorganisierte Einzelpersonen
[4] Die Entscheidung für diese Medien erfolgte auch aus dem Grund, daß sie sich bei der Quellenbeschaffung als kooperativ erwiesen und keine Gebühren für die Zusendung von Archivexemplaren erhoben haben.
[5] www.ivw.de, Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V.
[6] Fortan: “MOPO”
[7] www.ivw.de
[8] Fortan: “TAZ”
[9] Aus einem Werbebrief der Taz-Aboabteilung, von Christian Semler
[10] http://www.taz.de/zeitung/ueberuns-verlag; Die Höhe der Reichweite in Relation zur Auflage erklärt sich u.a. durch eine starke Verbreitung in Wohngemeinschaften.
[11] Fortan: “jW”
[12] www.ivw.de, Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V.
[13] VS-Bericht 2006, S. 149
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