Die "klassische" Entwicklungsfinanzierung: Official Development Assistance


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

19 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Gliederung

I. Einleitung

II. Definition und Abgrenzung

III. Akteure
III.1 Die Weltbank
III.2 Der Internationale Währungsfonds (IWF)
III.3 United Nations Development Programme (UNDP)
III.4 Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)

IV. Kritik an der „klassischen“ ODA
IV.1 Entwicklungspolitik als Interessenpolitik der Geberländer?

V. Neue Ansätze der finanziellen Entwicklungszusammenarbeit
V.1 Armutsorientierung
V.2 Wirtschaftliche und politische Konditionen
V.3 Art der Hilfe

VI. Fazit

VII. Literatur

I. Einleitung

Was heißt Entwicklung? Wie kann finanzielle Entwicklungszusammenarbeit dazu beitragen, dass sich „unterentwickelte“ Länder „entwickeln“? Warum sind große Probleme der Weltwirtschaft nicht gelöst? Wieso konnte das Armutsproblem in nunmehr fünf Dekaden der Entwicklungszusammenarbeit nicht behoben werden und verschlimmerte sich sogar?

Dies sind die Fragen, die in der Entwicklungspolitik-Forschung aufgeworfen wurden und behandelt werden. Offensichtlich gibt es hierzu viele Denkschulen und demzufolge unterschiedliche Erklärungsansätze. In dieser Arbeit soll die „klassische“ öffentliche Entwicklungsfinanzierung, die Official Development Assistance (ODA), behandelt werden. Dies impliziert, dass dies weder die einzige Möglichkeit der Entwicklungsfinanzierung, noch dass dies eine besonders „neue“ Möglichkeit darstellt. Bereits durch die Anführungszeichen wird angedeutet, dass die ursprüngliche Form der ODA ebenfalls kritisiert werden kann.

Unter Entwicklungshilfe oder Entwicklungszusammenarbeit, öffentlich oder privat, kann die „Ebene bi- oder multilateraler Beziehungen zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern [...]“[1] verstanden werden. Die finanziellen Leistungen der Entwicklungszusammenarbeit können darüber hinaus noch zwischen „reine[n] Zuwendungen (grants) und [...] konzessionären Krediten (mit niedrigen Zinsen, langen Rückzahlungsfristen)“[2] unterschieden werden. Die Ziele finanzieller Zusammenarbeit sollen laut Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Strukturveränderungen sein, die „Politikreformen und Veränderungen auf gesamtwirtschaftlicher, sektoraler oder kommunaler Ebene“[3] bewirken. Somit werden mit Finanzieller Hilfe den Entwicklungsländern Finanzierungsmittel zu günstigen Konditionen zur Förderung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung zur Verfügung gestellt. Nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland ist die Finanzielle Zusammenarbeit „dem Volumen nach das bedeutendste Instrument der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit.“[4]

Zu Beginn der Arbeit wird ODA anhand der Kriterien des Development Assistance Commitee (DAC, Entwicklungsausschuss) der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) definiert, im folgenden dann die Institutionen und deren Entwicklungshilfe kurz vorgestellt. Im weiteren Verlauf soll aufgezeigt werden, wo die Schwächen dieser Form der Entwicklungsfinanzierung liegen und welche anderen, neueren Konzepte es gibt.

II. Definition und Abgrenzung

Unter Official Development Assistance werden nach Definition des DAC, welche hier als besonders relevant angesehen wird, da über 90% der ODA von Mitgliedsstaaten der OECD stammt[5], nur solche Mittelzuflüsse in Entwicklungsländer verstanden, die von staatlichen (bzw. öffentlichen) Stellen kommen. Diese Geldflüsse müssen jedoch folgenden Kriterien genügen, um als ODA anerkannt und insbesondere um von Leistungen zu Marktbedingungen abgegrenzt zu werden:

- unentgeltliche oder zinsgünstige Kredite mit einem Zuschuss- bzw. Schenkungselement von mindestens 25% Leistungen an Entwicklungs-länder, Regional- oder multilaterale Organisationen;
- von öffentlichen oder staatlichen Stellen gewährt;
- sie sollen in erster Linie der Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung und der Hebung des Lebensstandards dienen.[6]

Unter Zuschusselement wird eine „Messgröße für den Grad einer Vergünstigung eines Kredits gegenüber marktwirtschaftlichen Bedingungen hinsichtlich Zinssatz, Laufzeit und Freijahren verstanden“[7], als Berechnungsgrundlage gilt in der Regel der Näherungswert 10% (somit wäre das Zuschusselement bei einem Kredit, der zu 10% verzinst wird Null, bei einem reinen, nicht-rückzahlbaren Zuschuss wäre es 100%).

Die Finanzielle Hilfe dient somit in erster Linie zur „(Teil-)Finanzierung von Projekten oder Programmen (Projekthilfe), von Importgütern (Warenhilfe), von Strukturhilfen und zur Refinanzierung von Entwicklungsbanken.“[8]

Für die Beurteilung staatlicher Entwicklungszusammenarbeit ist nicht nur der absolute Umfang der ODA von Bedeutung, sondern vor allem auch das Verhältnis der Leistungen zur Wirtschaftskraft des Gebers. Das Ziel der DAC-Mitglieder, mindestens 0,7% ihres Sozialprodukts für die ODA zu verwenden, wurde jedoch nur von einigen wenigen Ausnahmen erreicht (Schweden, Dänemark, Niederlande, Norwegen). Darüber hinaus lässt sich der Stellenwert, den ein Land der Entwicklungszusammenarbeit beimisst, auch am Anteil der ODA an den gesamten Staatsausgaben und an Veränderungen von Umfang und Struktur der ODA über die Zeit abschätzen[9], zum Beispiel nach Regierungswechseln. Als weitere Kriterien für die Beurteilung der Entwicklungspolitik eines Landes lassen sich noch anführen, wie groß die Mittel sind, die an die LLDC (Least Developed Countries, Länder der niedrigsten Einkommenskategorie) fließen, wie hoch der Anteil ungebundener Hilfe ausfällt und an der Höhe des Zuschusselements.

Da bereits in der Überschrift „Abgrenzung“ steckt, kann man diese Form der Entwicklungshilfe von anderen Formen der (finanziellen) Transferleistungen an die Entwicklungsländer abgrenzen. Neben der klassischen ODA müssen auf staatlicher Seite noch die Other Official Flows (OOF) Erwähnung finden, die eine oder mehrere der oben genannten Kriterien nicht erfüllen. Darüber hinaus gibt es noch die Kategorien der privaten Leistungen zu marktüblichen Bedingungen (z.B. kommerzielle Kredite, Investitionen multilateraler Unternehmen, Exportkredite) und private Entwicklungshilfe, also Zuschüsse nichtstaatlicher Organisationen aus Eigenmitteln wie beispielsweise von Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Kirchen, Stiftungen oder Verbänden.[10]

III. Akteure

In dieser Arbeit können nur einige ausgewählte nationale und internationale Organisationen der (finanziellen) Entwicklungszusammenarbeit vorgestellt und deren Strukturen und Arbeitsweisen knapp aufgezeigt werden. Dieser Teil soll dazu dienen, einen kleinen Einblick in verschiedene Institutionen zu bekommen. Es wird daher weder ein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben, noch ist dieser beabsichtigt.

Die herausgegriffenen Beispiele institutioneller Akteure lassen sich in multi- und bilaterale Organisationen unterteilen. Als multinationale Institutionen der Entwicklungsfinanzierung werden im folgenden exemplarisch die Weltbank, der Internationale Währungsfonds (IWF), das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) vorgestellt und als Beispiel für eine bilaterale Organisation der Entwicklungsfinanzierung wird im Anschluss auf die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau kurz eingegangen.

III.1 Die Weltbank

Die Weltbankgruppe als eine der 1944 gegründeten Bretton-Woods-Organisationen[11] ist in Theorie und Praxis die einflussreichste und ressourcenstärkste Einrichtung der internationalen Entwicklungszusammen-arbeit. Sie setzt sich aus mehreren „Banken“ zusammen: die IBRD (International Bank for Reconstruction and Development), die IDA (International Development Association), die IFC (International Finance Corporation) und die MIGA (Multilateral Investment Guarantee Agency). IBRD und IDA bilden die eigentliche Weltbank. Der IWF und die Weltbank wurden unter der Zielsetzung in das UN-System integriert, den „Weltfrieden dadurch zu befördern, dass sie die wirtschaftlichen und sozialen Ursachen möglicher Konflikte ausräumen“[12]. Die wichtigste Aufgabe der Weltbank besteht nach Eigendefinition darin, „den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt in den Entwicklungsländern zu fördern und deren Produktivität mit dem Ziel zu steigern, den Menschen zu besseren Lebensbedingungen“[13] zu verhelfen. Im besonderen wird hier jedoch nur auf die IDA, also dem für Entwicklungsländer relevantesten Teil der mit Abstand größten Institution der Entwicklungsfinanzierung, eingegangen.

Die IDA wurde 1960 gegründet, da ein Großteil der Entwicklungsländer nicht mehr in der Lage war, Kredite zu Konditionen der IBRD aufzunehmen, da diese sich an kommerziellen Kriterien ausrichten. Die IDA-Darlehen sind unverzinslich und haben sowohl längere tilgungsfreie Fristen, als auch Laufzeiten – entsprechen somit den oben definierten Definitionskriterien des DAC der OECD. Die Kredite der IDA werden jedoch ausschließlich an Länder (bzw. an deren Regierungen, nicht an Privatfirmen) der niedrigsten Einkommenskategorie vergeben (LDC/LLDC, Less/Least Developed Countries).[14] Auf Grund dieser Konditionen und dem Umfang der Mittel ist die IDA „zum wichtigsten Finanzier für armutsorientierte Entwicklungsprojekte geworden.“[15] Im besonderen die höchstverschuldeten Länder sind auf IDA-Kredite angewiesen, auf sie entfällt ca. die Hälfte des gesamten IDA-Volumens. Die Refinanzierung kann somit auch nicht über den Internationalen Kapitalmarkt gesichert werden, sondern erfolgt über Wiederauffüllungsrunden, die alle drei Jahre stattfinden.

Als entscheidenden Kritikpunkt an der Entwicklungspolitik der Weltbank wird immer wieder hervorgebracht, dass sich das Stimmengewicht eines Landes jeweils nach dessen Kapitalanteil richtet, was zur Folge hat, dass die OECD-Länder über ca. 60% der Stimmen verfügen. Darüber hinaus werden von Kritikern immer wieder die sozialen und ökologischen Schäden der Strukturanpassungsprogramme (SAPs) angeführt und deren Auswirkungen von Modernisierungsprojekten (z.B. Agrarmodernisierungen) auf beispielsweise ländliche Arme oder Frauen des informellen Sektors. Mit Struktur-anpassungspolitik wird eigentlich intendiert, die Politik eines Schuldnerstaates dahingehend zu beeinflussen, dass „seine volkswirtschaftlichen Ausgaben auf ein langfristig finanzierbares Niveau zur Vermeidung künftiger Haushaltsdefizite und Zahlungsbilanzkrisen“[16] abgesenkt werden. Die von der Weltbank politisch angeregten und finanziell unterstützten SAPs verfehlten teilweise ihre Reformziele und gerade in den ärmsten Schichten sind die sozialen Opfer am größten[17], so zahlreiche Kritiker an der Politik der Weltbank.

[...]


[1] Menzel, Ulrich: 40 Jahre Entwicklungsstrategie = 40 Jahre Wachstumsstrategie; in: Nohlen, Dieter / Nuscheler, Franz (Hrsg.): Handbuch der Dritten Welt, Band 1, Bonn 1993, S. 132.

[2] Hofmeier, Rolf / Mehler, Andreas (Hrsg.): Kleines Afrika-Lexikon, Bonn 2004, S. 87.

[3] Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Hrsg.): Medienhandbuch Entwicklungspolitik 2002, Bonn 2002, S. 236.

[4] Nohlen, Dieter (Hrsg.): Lexikon der Dritten welt, Hamburg 2002, S. 263.

[5] Woyke, Wichard (Hrsg.): Handwörterbuch Internationale Politik, Bonn 2000, S. 85.

[6] vgl. OECD (Hrsg.): Politik und Leistungen der Mitglieder der Ausschusses für Entwicklungshilfe, Bericht 1993, Entwicklungszusammenarbeit – Neue Wege der Hilfe, Paris 1994, S. 11.

[7] Nuscheler, Franz: Lern- und Arbeitsbuch Entwicklungspolitik, Bonn 1995, S. 384.

[8] Nohlen, Dieter (Hrsg.): Lexikon der Dritten Welt, Hamburg 2002, S. 264.

[9] vgl. Nohlen, Dieter (Hrsg.): Lexikon der Dritten Welt, Hamburg 2002, S. 163.

[10] vgl. Holtz, Uwe (Hrsg.): Probleme der Entwicklungspolitik, Bonn 1997, S. 18.

[11] Die Weltbank wurde 1944 zusammen mit dem Internationalen Währungsfonds auf der Währungs- und Finanzkonferenz der Vereinten Nationen in Bretton Woods (USA) gegründet.

[12] Müller, Klaus, Globalisierung, Bonn 2002, S. 92.

[13] Nohlen, Dieter (Hrsg.): Lexikon der Dritten Welt, Hamburg 2002, S. 807.

[14] vgl. Wagner, Helmut: Wachstum und Entwicklung, Theorie der Entwicklungspolitik, München 1997, S. 189ff.

[15] Nohlen, Dieter (Hrsg.): Lexikon der Dritten Welt, Hamburg 2002, S. 810.

[16] Tetzlaff, Rainer: Strukturanpassung – das kontroverse entwicklungspolitische Paradigma in den Nord-Süd-Beziehungen; in: Nohlen, Dieter / Nuscheler, Franz (Hrsg.): Handbuch der Dritten Welt, Band 1, Bonn 1993, S. 420.

[17] vgl. Nohlen, Dieter (Hrsg.): Lexikon der Dritten Welt, Hamburg 2002, S. 813.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die "klassische" Entwicklungsfinanzierung: Official Development Assistance
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Alfred-Weber-Institut)
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
19
Katalognummer
V92623
ISBN (eBook)
9783638065757
ISBN (Buch)
9783638952477
Dateigröße
452 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Entwicklungsfinanzierung, Official, Development, Assistance
Arbeit zitieren
Kristof Krahl (Autor:in), 2006, Die "klassische" Entwicklungsfinanzierung: Official Development Assistance, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92623

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