„Nach wenigen Tagen waren erhebliche Teile Englands und der Bundesrepublik völlig zerstört. In beiden Ländern rech¬nete man mit zehn bis fünfzehn Millio¬nen Toten. In den Vereinigten Staaten, die inzwischen von mehreren sowjeti¬schen Wasserstoffbomben getroffen wur¬den, waren die Verluste noch größer!“ "mit 21 Jahren- Beitritt Strauß' dem „Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps (NSKK)“, (einer ehemals „Sturmabteilungen (SA)- Untergliederung, nach Röhms Ermordung eigenständige Hitlertreue Einheit), dessen Mitglieder laut dem NSKK- Korpsbefehl „einwandfrei zuverlässige, weltanschaulich gefestigte Nationalsozialisten“ sein mussten.
"Was der „Spiegel“ und seine Sympathisanten ungern wahrnahmen, und daher auch verschwiegen haben, war die Vergangenheit des „Fibag“ - Finanzberaters, des Hauptbelastungszeugen Hans Herrschaft: „Als SS-Untersturmführer hat er dem SD angehört, der Behörde, der auch Adolf Eichmann angehörte und die in den Nürnberger Prozessen zur »verbrecherischen Organisation« erklärt wurde".
Gliederung
0. Einleitung
1. Aktion
2. Der Artikel
3. Strauß
4. Vorgeschichte
5. Politische Lage
6. Landesverrat?
7. Hintergründe und Zusammenhänge
8. Zusammenfassung
9. LITERATURVERZEICHNIS
0. Einleitung
Während meines Praktikums im Rundfunkmuseum Fürth begegnete ich dem ehemaligen Konstrukteur eines führenden Radiounternehmens, einem Herrn N. , unter dessen Obhut ich an der Vorbereitung einer Radioausstellung teilnahm. Ich konnte gar nicht ahnen, wie tief in der Seele der älteren Generation der Westdeutschen das Thema der Spiegel- Affäre immer noch verwurzelt sein könnte- bis auf ich dies bei einem unserer Gespräche feststellen konnte. Denn eine der lebhaftesten Diskussionen entflammte sich genau über die „Spiegel“ - Affäre. Binnen einer Minute verwandelte sich der ruhige Mann in einen Fanatiker. Der Mann freute sich über die Verhaftung von Rudolf Augstein, obwohl er, wie all diejenigen, die damals vor lauter Freude wegen der Festnahme der Spiegel- Redakteure die Sektflaschen aufmachten, keine einzige Zeile des besagten Artikels gelesen hatten (andererseits, wer unter den damaligen „Spiegel“ – Sympathisanten hatte das schon auch getan?). Obwohl er keine Zeile gelesen hatte, war er völlig auf der Seite der Staatsmacht. „Ich brauche auch nichts zu lesen, um feststellen zu können, dass dieser Artikel landesverräterisch war!“ fasste er sein Kredo zusammen.
Meine berechtigte Frage, wen die „Spiegler“ eigentlich verraten haben, obwohl für den Landesverrat keinen Anhaltspunkt gegeben gewesen wäre, wurde von dem Herren mit ausdrücklichen Dementis: „Nein, davon will ich nichts hören, die sind für mich ganz eindeutig die Verräter“ zurückgewiesen.
Mit vorliegender Hausarbeit wird versucht nicht nur den Fragen „Waren die „Spiegler“ nun richtig die Verräter?“, „Was stand hinter der gesamten Aktion?“ nachzugehen, sondern auch eine weitere : „Wer konnte hinter dem Artikel gestanden haben?“ zu beantworten und die bisher kaum berücksichtigten Zusammenhänge zu beleuchten, die zwischen einzelnen Beteiligten und den Machtinteressen verschiedener politischer und wirtschaftlicher Gruppen bestanden.
1. Aktion
Am 26. Oktober wurden die Räume des Spiegels in Hamburg, später auch das Redaktionsbüro in Bonn, durch die Polizei besetzt und durchsucht. Einen Tag später, am 27. Oktober 1962, gegen 21 Uhr, rückten Beamte der Sicherungsgruppe Bonn unter Führung des Bundesanwalts Buback ins Hamburger >Spiegel< -Redaktionsbüro ein, präsentierten einen »auch zur Nachtzeit« gültigen Durchsuchungs- und Beschlagnamebeschluss des Bundesgerichtshofs sowie Haftbefehle gegen >Spiegel< -Herausgeber Rudolf Augstein und seinen Redakteur Conrad Ahlers.
Die Ermittlungsbeamten durchkämmten die Redaktionsräume, das Archiv, die Telefonzentrale und alle Nebengelasse, selbst den Vorratsraum der Putzfrauen. Sie beschlagnahmten nicht nur alles, was nur entfernt an Militärisches erinnerte, sondern auch alle Archivunterlagen zu Straußaffären, insbesondere zu den Fällen »Fibag« und' »Onkel Aloys«. Bundeskanzler Adenauer erklärte dazu im Bundestag: »Meine Damen und Herren, wir haben einen Abgrund von Landesverrat im Land!«
In einem nächtlichen Ferngespräch hatte der damalige Verteidigungsminister Strauß den Militärattache an der Madrider Botschaft der Bundesrepublik, seinen alten >Spezi< Achim Oster, veranlasst, den auf Spanien-Urlaub weilenden >Spiegel< -Redakteur Conrad Ahlers von der spanischen Polizei festnehmen zu lassen; ein Interpol-Haftbefehl sei unterwegs. Damit sagte Strauß bewusst die Unwahrheit. Die Bundesanwaltschaft hatte ihn bereits belehrt, dass die Einschaltung von Interpol in Landesverratsfällen unzulässig und daher unterblieben sei. Doch auch wenn es einen Interpol-Haftbefehl gegeben hätte, wäre Strauß zu dessen Erwirkung und Durchführung nicht berechtigt gewesen.
Noch am selben Tag wurde Conrad Ahlers, zusammen mit seiner Frau, auf Veranlassung von Franz Josef Strauß während seines Urlaubes in Málaga durch die spanische Polizei verhaftet. Die Verhaftung Ahlers in Spanien erregte bei der Opposition besondere Empörung, da dort damals noch der Diktator Francisco Franco herrschte. Am folgenden Tag, Samstag dem 27. Oktober, stellte sich Rudolf Augstein der Polizei und wurde in Untersuchungshaft genommen.
Ferner hatte Franz Josef Strauß den >Militärischen Abschirmdienst< (MAD) seines Ministeriums dazu missbraucht, die >Spiegel< -Redakteure überwachen zu lassen; auch vom Verlauf der Aktion gegen den >Spiegel< ließ er sich vom MAD detailliert unterrichten.
Angeblich, so meinten die Ermittler, seien in den Spiegel- Publikationen die Staatsgeheimnisse der BRD gelüftet worden.
2. Der Artikel
Der Artikel „Bundeswehr. Strategie. Bedingt abwehrbereit“, aufgrund welchem dem loyal-oppositionellen Journal der Landesverrat vorgeworfen wurde, liest sich wie das Drehbuch zu einem Horrorfilm: „Nach wenigen Tagen waren erhebliche Teile Englands und der Bundesrepublik völlig zerstört. In beiden Ländern rechnete man mit zehn bis fünfzehn Millionen Toten. In den Vereinigten Staaten, die inzwischen von mehreren sowjetischen Wasserstoffbomben getroffen wurden, waren die Verluste noch größer!“ (Ahlers (1962a), S.32)
„Das Sanitätswesen brach als erstes zusammen. Es fehlte an Ärzten, an Hilfslazaretten und an Medikamenten. Nicht besser war es auf dem Gebiet der Lebensmittelversorgung und der Instandhaltung lebenswichtiger Betriebe und Verkehrswege. Die Luftschutzmaßnahmen erwiesen sich als vollkommen unzureichend. Eine Lenkung des Flüchtlingsstroms war undurchführbar. Auch das Fernmeldesystem war in kürzester Zeit außer Betrieb“ (ebenda, S.33). „Weitere Atomschläge gegen die Flugplätze und Raketenstellungen der Nato in der Bundesrepublik, in England, Italien und der Türkei folgten“. "Aber auch der sofortige Gegenschlag dieser Nato-Verbände konnte die rote Aggression nicht im Keim ersticken“. „Der Osten behielt genügend Divisionen und Atombomben, um seinen Angriff voranzutreiben“.
„Das Chaos war unvorstellbar“ „Dezimierte und stark angeschlagene kommunistische Divisionen konnten im Nordwesten der Bundesrepublik einschließlich Schleswig- Holsteins große Geländegewinne erzielen. Hamburg wurde nicht verteidigt, ein Verzicht, für den sich schon vor dieser Übung Innensenator Helmut Schmidt eingesetzt hatte - wie weiland unter ähnlichen Umständen der Hamburger Reichsstatthalter Karl Kaufmann. Auch die militärische Führung war an einem mörderischen Straßenkampf nicht interessiert“ (daselbst, S.34).
So wurden in der Oktoberausgabe von „Spiegel“ nur einige der unzähligen katastrophalen Ergebnisse beschrieben, welche, ausgehend von der aktuellen Lage zu dem Zeitpunkt der Erscheinung des Artikels gegeben, von der NATO- Führung in ihrem Manöverspiel „Fallex 62“ ans Licht kam.
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