Risikokommunikation - Darstellung von Risiken

Verschiedenen Möglichkeiten der Präsentationen von Risikoinformationen


Seminararbeit, 2008

25 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theorie
2.1 Textliche Risikodarstellung
2.1.1 Verbale Risikodarstellung
2.1.2 Numerische Risikodarstellung
2.2 Grafische Risikodarstellung
2.2.1 Risk Ladders
2.2.2 Liniendiagramme
2.2.3 Sektordiagramme
2.2.4 Balkendiagramme
2.2.5 Piktogramme

3. Leitlinien, um die Wirksamkeit von Grafiken zu maximieren - nach Lipkus und Hollands (1999)

4. Verschiedene Darstellungsformate im empirischen Vergleich
4.1 Quantitative Studie: Genauigkeit und Geschwindigkeit
4.2 Qualitative Studie: Bewertungen durch Fokusgruppen
4.3 Internetbasierte Studie: Quantitative und qualitative Auswertung

5. Diskussion

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Nach Edwards et al. (2002, S. 827) wird unter Risikokommunikation beispielsweise „ein wechselseitiger Prozess“ verstanden, „wobei Experten und Laien Informationen und Meinungen über Risiken austauschen“ [Übersetzung v. Verf.]. Eine weitere Definition stammt zum Beispiel von Plough und Krimsky (1987, S. 6), wonach die Risikokommunikation „jegliche öffentliche oder private Kommunikation, welche Individuen über die Existenz, Beschaffenheit, Art, Ernsthaftigkeit und Akzeptanz eines Risikos informiert“ [Übersetzung v. Verf.] darstellt.

Connelly und Knuth (1998) machen darauf aufmerksam, dass viele Faktoren Einfluss darauf nehmen, wie Risikoinformationen schlussendlich bei einer Zielgruppe angelangen. Zum einen können es Eigenschaften der Zielgruppe sein, wie beispielsweise persönliche Erfahrungen mit einer Gefahr oder die individuell wahrgenommene Wichtigkeit. Andere Faktoren können Eigenschaften des Informanten, wie zum Beispiel seine Glaubwürdigkeit sein oder das Format in dem eine Risikoinformation präsentiert wird. Auch Rothman und Kiviniemi (1999) zeigen auf, dass neben der Art und Weise der Informationspräsentation auch das Wissen, die Persönlichkeit und Ziele verschiedener Personen die Interpretation und Verwendung von Risikoinformationen beeinflussen können.

In dieser Arbeit werden die verschiedenen Möglichkeiten der Präsentationen von Risikoinformationen den Schwerpunkt darstellen. Ergebnisse aus der Forschung zeigen, dass insbesondere das Format (verbal, numerisch, grafisch) in dem eine Häufigkeit oder eine Wahrscheinlichkeit angegeben wird, das Verständnis beziehungsweise die Interpretation einer Risikoinformation beeinflusst (Burkell, 2004; Lipkus, 2007). Verschiedene Darstellungsformen können zu unterschiedlichen Interpretationen und schliesslich zu unterschiedlichen Entscheidungen führen (Edwards et al., 2006). Es stellen sich also die Fragen, welche Informationen präsentiert werden sollen und wie diese Informationen dargestellt werden sollen. Dabei müssen auch verschiedenste kognitive Prozesse berücksichtigt werden. Es würde jedoch den Rahmen sprengen, in dieser Arbeit zusätzlich auf die menschliche Informationsverarbeitung einzugehen.

Insbesondere im Gesundheitswesen, wo es um Krankheits- und Behandlungsrisiken geht, spielt zum Beispiel das Verständnis von Risikoinformationen eine grosse Rolle (Burkell, 2004; Schapira, 2001). Informationen über die Folgen von Krankheiten sind vor allem für das Treffen von Entscheidungen relevant. Um beispielsweise zwischen zwei Behandlungsmethoden entscheiden zu können, muss die Wahrscheinlichkeit möglicher negativer und positiver Folgen verstanden worden sein (Burkell, 2004).

Es stellt sich nun die Frage, wie Risikoinformationen präsentiert werden müssen, damit Betrachter sie richtig interpretieren und verstehen. Welche Darstellungsformen von Risiken sind unter welchen Bedingungen, bei welchen Kommunikationszielen am sinnvollsten zu verwenden?

2. Theorie

Empirische Daten zeigen, dass Informationen über Risiken schwer zu verstehen sind, zumindest weil die Interpretationen unter anderem erhebliche quantitative Fähigkeiten erfordern (Borgardus et al., 1999; Woloshin et al., 2001). Eine Person braucht also gewisse Fähigkeiten, um Informationen über mögliche Risiken adäquat zu verstehen und zu verwenden (Peters et al., 2007). Oftmals müssen Berechnungen gemacht und Schlussfolgerungen gezogen werden. Zudem müssen unter anderem Faktoren gewichtet und mit individuellen Bedürfnissen und Werten in Verbindung gebracht werden. Nach Lipkus et al. (2001) besitzen viele Menschen ungenügende rechnerische Fähigkeiten, um Risikoinformationen richtig zu interpretieren. Somit sind diese Informationen für viele Personen unzugänglich. Im Umgang mit quantitativen Informationen haben auch Menschen mit einem hohen Bildungsgrad erhebliche Mühe. Insbesondere die in diesem Bereich häufig verwendeten Brüche und Verhältnisse bereiten vielen Personen grosse Schwierigkeiten (Burkell, 2004). Zudem ist bekannt, dass das Verständnis von sehr kleinen Wahrscheinlichkeiten vielen grosse Mühe bereiten kann; oftmals werden diese überbewertet oder hingegen auf Null abgerundet (Cosmides & Tooby, 1996). Verschiedenste kognitive Limitationen und Barrieren rufen also bei der Interpretation von numerischen Risikoinformationen Verzerrungen hervor (Tversky & Kahneman, 1974).

Ziel soll es sein, präzise, unverzerrte und adäquate Risikokommunikation zu betreiben (Baker & Manbeck, 2002; zit. nach Burkell, 2004, S. 200). Risikoinformationen müssen daher in einem Format präsentiert werden, durch welches fehlerfreie und unverzerrte Interpretationen ermöglicht werden (Burkell, 2004). Nach Peters et al. (2007) ist weniger oft mehr: Personen erfassen ihrer Meinung nach mehr, wenn das Darstellungsformat die wichtigsten Informationen klar heraushebt und somit wenig kognitiver Aufwand erforderlich ist. Das Ausdrücken von quantitativen Informationen in einer einfach verständlichen Form stellt somit eine der grössten Herausforderungen in der Risikokommunikation dar (Ancker et al., 2006).

Allgemein kann festgehalten werden, dass es keinen Konsens darüber gibt, welches Darstellungsformat das am besten geeignetste Präsentationsformat darstellt (Schapira et al., 2001). Nach Lee und Mehta (2003) scheint die Wirksamkeit vieler Risikodarstellungen vom Kontext, der Beschaffenheit und vom Zweck einer Risikobotschaft, sowie von der Zielgruppe abhängig zu sein.

In den folgenden Abschnitten werden verschiedene textliche und grafische Präsentationsformate vorgestellt, wobei zudem auf verschiedene Vor- und Nachteile dieser möglichen Darstellungsformate von Risikoinformationen eingegangen wird.

2.1 Textliche Risikodarstellung

Unter der textlichen Risikodarstellung kann die verbale, wie auch die numerische Darstellung von Risiken verstanden werden. Zunächst werden unter anderem mögliche Vor- und Nachteile der verbalen Risikodarstellung präsentiert, wobei schliesslich die Vor- und Nachteile der numerischen Risikodarstellung aufgezeigt werden.

2.1.1 Verbale Risikodarstellung

Die Wahrscheinlichkeit ist hauptsächlich ein numerisches Konzept. Trotzdem existieren verschiedenste verbale Bezeichnungen, welche für die Kommunikation von Risiken verwendet werden (Burkell, 2004). Ein wesentlicher Vorteil der verbalen Risikodarstellung - im Gegensatz zur numerischen - ist allgemein die einfachere Verwendung und das bessere Verständnis von verbalen Begriffen (Wallsten et al., 1993; Lipkus, 2007). Es besteht jedoch der erhebliche Nachteil der inkonsistenten Interpretationen (Burkell, 2004). Bezüglich der Zuordnung einer verbalen Bezeichnung zu einem Zahlenwert herrscht Uneinigkeit (Theil, 2002) und jede verbale Bezeichnung kann sich auf einen grossen Bereich von numerischen Wahrscheinlichkeiten beziehen (Mazur & Merz, 1994). Somit kann ein verbaler Risikoausdruck von verschiedenen Personen je nach Kontext jeweils unterschiedlich interpretiert werden (Edwards et al., 2002; Lipkus, 2007).

Es existieren unterschiedlichste Vorschläge, wie risikobezogene verbale Ausdrücke standardisiert werden könnten (Edwards et al., 2002). Beispielsweise schlagen Calman und Royston (1997) vor, ihre Skala mit standardisierten Ausdrücken für bestimmte Risikowahrscheinlichkeiten zu verwenden. Dadurch würden Personen mit der Zeit mit diesen Standards vertraut werden, wodurch eine exaktere Risikowahrnehmung gefördert werden könnte.

Die verbale Risikodarstellung ist somit insbesondere dann angebracht, wenn einzelne unbekannte, unsichere Wahrscheinlichkeiten kommuniziert werden, wenn also kein präzises Wissen vorhanden ist (Erev & Cohen, 1990). Wenn mehrere Wahrscheinlichkeiten kommuniziert werden und Vergleiche gezogen werden müssen, sind verbale Bezeichnungen aufgrund der Variabilität der Interpretationen ungeeignet (Burkell, 2004).

2.1.2 Numerische Risikodarstellung

Risikoinformationen werden meist in einem numerischen Format kommuniziert (Lipkus & Hollands, 1999). Im Gegensatz zur verbalen Risikodarstellung ist das numerische Format insbesondere dann geeignet, wenn präzise Informationen verfügbar sind (Lipkus, 2007). Bei unbekannten, unsicheren Risikoinformationen sollte die numerische Darstellung jedoch keineswegs verwendet werden, da dieses Format fälschlicherweise Sicherheit induzieren könnte (Burkell, 2004).

Nach Gigerenzer und Edwards (2003) werden absolute Risiken besser verstanden als relative Risiken. Zudem fand man heraus, dass relative Risikoangaben oft überschätzt werden (Covey, 2007). Ausserdem gibt es verschiedene Formen der numerischen Risikodarstellung: (1) das Wahrscheinlichkeitsformat, (2) die Darstellung in Prozenten und (3) das Häufigkeitsformat. Vergleicht man diese drei Formate untereinander, sind Häufigkeiten beispielsweise nach Gigerenzer und Edwards (2003) und nach Lipkus (2007) am einfachsten zu verstehen und zu interpretieren, wobei Wahrscheinlichkeiten als schwer verständlich gelten und wenn möglich vermieden werden sollten. Nach Peters et al. (2007) herrscht jedoch noch Uneinigkeit darüber, ob die Darstellung in Prozenten oder in Häufigkeiten besseres Verständnis bewirkt. Zudem sollte nach Lipkus (2007) das numerische Format einheitlich kommuniziert werden. Es ist einfacher, zwei Häufigkeiten miteinander zu vergleichen, als eine Häufigkeit einer Wahrscheinlichkeitsangabe gegenüberzustellen.

Einig scheint man sich in der Hinsicht zu sein, dass Dezimalzahlen vermieden werden sollten, da ganze Nummern leichter verstanden werden (Peters et al., 2007; Lipkus, 2007). Zudem ist zu beachten, dass absolute Zahlenangaben beziehungsweise Referenzgruppen die Interpretation von Häufigkeiten beeinflussen können (Burkell, 2004). Nach Denes-Raj et al. (1995) werden Risiken als wahrscheinlicher angesehen, wenn höhere Zahlen für die Häufigkeit und die Referenzgruppe verwendet werden, als tiefere Zahlen. Zudem ist es wichtig, dass, wenn mehrere Häufigkeiten in Beziehung gesetzt werden, die Referenzgruppen beziehungsweise Nenner standardisiert werden (Woloshin et al., 2000). Dies erleichtert den Vergleich von zwei oder mehreren Werten erheblich und vermindert den kognitiven Aufwand. Nenner auf der 10er Basis verbessern im Allgemeinen das Verständnis einer Risikoinformation (Lipkus, 2007). Schliesslich sollten allgemein komplexe Kalkulationen, sowie auch logarithmische Skalen vermieden werden, da sie von Personen schlecht verstanden werden (Lipkus, 2007).

Nach Olson und Budescu (1997) existieren bei der Kommunikation von Risikoinformationen zwei Seiten, welche unterschiedliche Interessen vertreten. Personen die eine Information vermitteln, bevorzugen den Gebrauch von verbalen Bezeichnungen. Dies vor allem dann, wenn die exakten Wahrscheinlichkeiten unbekannt sind, damit sie nicht mehr kommunizieren müssen als sie wirklich wissen. Auf der anderen Seite stehen die Informationsempfänger, welche Risikoinformationen nutzen möchten. Diese bevorzugen hingegen die numerische Darstellung von Wahrscheinlichkeiten, da dieses Format für sie präzisere Informationen zur Verfügung stellt als verbale Bezeichnungen.

2.2 Grafische Risikodarstellung

Neben der textlichen Risikodarstellung, worunter das verbale und numerische Format verstanden wird, existieren zudem grafische Darstellungsformate. Diese werden nach Schapira et al. (2001) als „zweite Dimension der Risikokommunikation“ bezeichnet. Visuelle Informationen gelten allgemein als einfacher zu verstehen (Woloshin et al., 2001). Da Risikoinformationen im Allgemeinen eher schwer zu verstehen sind, können Grafiken ihr Verständnis erleichtern und verbessern. Durch solch eine grafische Unterstützung kann also die Effektivität einer Risikokommunikation gesteigert werden (Edwards et al., 2002).

Nach Lipkus und Hollands (1999) ist jedoch noch immer wenig Wissen darüber vorhanden, wie grafische Darstellungen ein wahrgenommenes Risiko, Entscheidungsprozesse und schliesslich das Verhalten beeinflussen. Ihrer Meinung nach besitzen Grafiken jedoch mindestens drei Eigenschaften oder Vorteile, welche die Risikokommunikation beziehungsweise dessen Verständnis aufwerten und verbessern. Als erstes können Grafiken zusätzliche Datenmuster aufzeigen, welche sonst unentdeckt bleiben würden (Tufte, 1990; zit. nach Lipkus & Hollands, 1999, S. 149). Liniendiagramme eignen sich beispielsweise am besten, um auf einen Trend aufmerksam zu machen, wobei sich Sektordiagramme besonders dafür eignen, Proportionen beziehungsweise Verhältnisse darzustellen (Hollands & Spence, 1992). Zudem können spezifische Grafiken automatisch mathematische Interpretationen auslösen (Hollands & Spence, 1998). Wenn beispielsweise Risiken miteinander verglichen werden müssen, erlauben gewisse Grafiken dem Betrachter ein effizienteres Verarbeiten der Daten, als wenn Zahlen alleine präsentiert würden (Lipkus & Hollands, 1999). Als drittes können Grafiken, im Gegenzug zu Zahlen, die Aufmerksamkeit viel stärker auf sich ziehen (Lipkus & Hollands, 1999). Auch nach Jarvenpaa (1990) gelten visuelle Informationen allgemein als salienter. Zudem gelten Grafiken als interessanter, wobei sie auch schnelle, automatische visuelle Wahrnehmungsfähigkeiten ausschöpfen können (Cleveland & McGill, 1985 ).

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Details

Titel
Risikokommunikation - Darstellung von Risiken
Untertitel
Verschiedenen Möglichkeiten der Präsentationen von Risikoinformationen
Hochschule
Universität Zürich
Veranstaltung
Risikokommunikation
Autor
Jahr
2008
Seiten
25
Katalognummer
V94044
ISBN (eBook)
9783638072694
ISBN (Buch)
9783640857289
Dateigröße
397 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Risikokommunikation, Darstellung, Risiken, Risikokommunikation
Arbeit zitieren
Anita Huber (Autor:in), 2008, Risikokommunikation - Darstellung von Risiken, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94044

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