Seit über 100 Jahren gilt in Deutschland der Grundsatz der Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Rechnungslegung für die steuerliche Rechnungslegung. Die Zukunftsfähigkeit dieser Maßgeblichkeit steht aber seit genauso vielen Jahren im Mittelpunkt der Diskussionen.
Die „Globalisierung (…) bietet der Welt heute viel mehr Chancen“. Die zusammenwachsenden Finanzmärkte machen deutlich, dass einzelne nationale Rech¬nungslegungssysteme nicht aufrecht zu erhalten sind bzw. die Chancen genutzt werden müssen, sich den Ansprüchen der globalisierten Welt anzupassen.
Die Europäische Union entschied sich dafür die Internationale Financial Reporting Standards (IFRS, vormals International Accounting Standards, IAS) als Ma߬stab für die externe Rechnungslegung zu nutzen. Das Ziel ist die Harmonisierung der Rechnungslegungssysteme für kapitalmarktorientierte Unternehmen innerhalb der Europäischen Union gewesen. Die Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse und die Vereinfachung der grenzüberschreitenden Rechnungslegung sollte für europäische Unternehmen hergestellt werden.
In Deutschland ist das Handelsgesetzbuch maßgebend für die externe Rechnungslegung, aber erkennbar ist der zunehmende Einfluss der internationalen Bilanzierungsstandards. Kapitalmarktorientierte Gesellschaften aus der Europäischen Union müssen bereits einen konsolidierten Abschluss aufgrund des § 315 a HGB nach IFRS erstellen. Die veröffentlichten Eckpunkte zum geplanten Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) zeigen die kommenden Schritte der Internationalisierung der handelsrechtlichen Rechnungslegung.
Die Konsequenzen für die Steuerbilanz sind unklar. Die Maßgeblichkeit (§ 5 Abs. 1 EStG) bindet die Steuerbilanz an die Handelsbilanz. Es ist die Frage zu stellen, ob die Maßgeblichkeit durch den zunehmenden Einfluss der IFRS noch aufrecht gehalten werden kann oder ein eigenständiges Steuerbilanzrecht geschaffen werden muss.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Ein Vergleich der Zwecke der Steuer-, Handelsbilanz und IFRS
3. Internationalisierung der deutschen Rechnungslegung
4. IFRS als Grundlage für die Steuerbilanz
4.1 Grundprinzipien
4.2 Realisations- und Imparitätsprinzip in den IFRS
4.2.1 Teilgewinnrealisation
4.2.2 Immaterielle Vermögenswerte
4.2.3 Verbindlichkeiten und Rückstellungen
5. Eine eigenständige Steuerbilanz?
Anhang
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Seit über 100 Jahren[1] gilt in Deutschland der Grundsatz der Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Rechnungslegung für die steuerliche Rechnungslegung. Die Zukunftsfähigkeit dieser Maßgeblichkeit steht aber seit genauso vielen Jahren im Mittelpunkt der Diskussionen.
Die „Globalisierung (…) bietet der Welt heute viel mehr Chancen“.[2] Die zusammenwachsenden Finanzmärkte machen deutlich, dass einzelne nationale Rechnungslegungssysteme nicht aufrecht zu erhalten sind bzw. die Chancen genutzt werden müssen, sich den Ansprüchen der globalisierten Welt anzupassen.
Die Europäische Union entschied sich dafür die Internationale Financial Reporting Standards (IFRS, vormals International Accounting Standards, IAS) als Maßstab für die externe Rechnungslegung zu nutzen.[3] Das Ziel ist die Harmonisierung der Rechnungslegungssysteme für kapitalmarktorientierte Unternehmen innerhalb der Europäischen Union gewesen. Die Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse und die Vereinfachung der grenzüberschreitenden Rechnungslegung sollte für europäische Unternehmen hergestellt werden.
In Deutschland ist das Handelsgesetzbuch maßgebend für die externe Rechnungslegung, aber erkennbar ist der zunehmende Einfluss der internationalen Bilanzierungsstandards. Kapitalmarktorientierte Gesellschaften aus der Europäischen Union müssen bereits einen konsolidierten Abschluss aufgrund des § 315 a HGB nach IFRS erstellen. Die veröffentlichten Eckpunkte zum geplanten Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG)[4] zeigen die kommenden Schritte der Internationalisierung der handelsrechtlichen Rechnungslegung.
Die Konsequenzen für die Steuerbilanz sind unklar. Die Maßgeblichkeit (§ 5 Abs. 1 EStG) bindet die Steuerbilanz an die Handelsbilanz. Es ist die Frage zu stellen, ob die Maßgeblichkeit durch den zunehmenden Einfluss der IFRS noch aufrecht gehalten werden kann oder ein eigenständiges Steuerbilanzrecht geschaffen werden muss.
2. Ein Vergleich der Zwecke der Steuer-, Handelsbilanz und IFRS
Unstrittig und eindeutig ist die Funktion der Steuerbilanz. „Einziger Adressat … ist der Fiskus“.[5] Die Ausweisung des Steuerbilanzgewinnes soll als Steuerbemessungsgrundlage für die abzuführenden Ertragssteuern dienen. Eine objektive Gewinnermittlung soll zu einer Besteuerung nach Leistungsfähigkeit führen.
Handelsrechtlich ergeben sich mehrere Zwe name="_ftnref6" title="">[6] gerecht zu werden.
Die objektive Informationslieferung soll die Konflikte zwischen den beteiligten Parteien (Anteilseigner, Kreditgeber, Arbeitnehmer, Kunden und Lieferanten) und der Unternehmensleitung (Principal - Agent Problem durch asymmetrische Informationsverteilung) entschärfen.
Die Ausschüttungsbemessungsfunktion dient auf der einen Seite der Begrenzung der Kapitalausschüttung nach oben (Gläubigerschutz) z.B. durch das Realisationsprinzip[7] und auf der anderen Seite der Begrenzung der Kapitalausschüttung nach unten (Gesellschafterschutz) z.B. durch die Mindestwertvorschriften.[8]
Die Rechnungslegung nach IFRS verfolgt ausschließlich den Zweck der Informationsfunktion. Ziel ist die informative Darstellung der „Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie Veränderungen in der Vermögens- und Finanzlage des Unternehmens“[9], aber ohne eine Ausschüttungsbemessungsfunktion zu erfüllen.
Erreicht wird diese Darstellung vielfach durch die Bewertung nach „fair values“ oder sogar durch die Ansetzung selbst geschaffener immaterieller Vermögenswerte unter bestimmten Voraussetzungen[10], um vorläufig nur einige Beispiele zu nennen, die in der Literatur immer wieder kritisch betrachtet werden.[11]
Die unterschiedlichen Abschlussadressaten (Investoren, Arbeitsnehmer, Kreditgeber, Lieferanten und andere Gläubiger, Kunden, Regierungen und ihre Institutionen sowie die Öffentlichkeit)[12] können sicherlich nicht in einem Abschluss vollständig zufrieden gestellt werden. Investoren als Risikokapitalgeber werden als Hauptinteressenten gesehen und die Abschlüsse an deren Informationsbedürfnissen angepasst. Die Informationsbedürfnisse der anderen Abschlussadressaten dürften durch die ausreichend große Schnittmenge mit den Informationsbedürfnissen der Investoren befriedigt sein, so dass keine weitere Rechungslegung notwendig ist.[13]
Eine Ausschüttungs- und Steuerbemessung ist bei den IFRS nicht vorgesehen, dadurch wird das Problem der unterschiedlichen Zielsetzung der genannten Abschlüsse deutlich. Auf der einen Seite steht die Informationsfunktion der IFRS und Handelsbilanz und auf der anderen Seite die Zahlungsfunktion der Handels- und Steuerbilanz. Die Problematik der Maßgeblichkeit, aus den Blickwinkel von IFRS aus betrachtet, besteht nicht zwischen der Handels- und der Steuerbilanz sondern in dem Konflikt innerhalb der Handelsbilanz, der verursacht wird durch die zwei divergierenden Funktionen der Bilanz.[14]
Die Handelsbilanz versucht beide Ziele zu verbinden, wird jedoch zunehmend wegen ihrer „kapitalschützende(n) Gewinnermittlung“[15] durch das Voranschreiten der Internationalisierung der Rechnungslegung angriffen. Entscheidend ist, ob die Informationsfunktion die dominierende Ausschüttungsbemessungsfunktion verdrängt und somit die Maßgeblichkeit aufgegeben werden muss. Der deutsche Gesetzgeber ist weiterhin versucht beide Funktionen in einer Bilanz aufrecht zu erhalten.[16]
3. Internationalisierung der deutschen Rechnungslegung
Die ersten Schritte auf dem Weg zur Internationalisierung der deutschen Rechnungslegung begannen mit der Gründung der Europäischen Wirtschafsgemeinschaft (EWG). Ziel war es damals das Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht zu harmonisieren. Nach den ersten Modernisierungsrichtlinien (4., 7. und 8. EG –Richtlinie) in den 70iger und 80iger Jahren kam es zu einer Pause bis die Praxis mehr Forderungen nach einer Internationalisierung der Rechnungslegung äußerte[17], weil die Unternehmen immer internationaler agierten. Die Deutsche Börse AG forderte bereits 1997 für die Listung im neu eingeführten Aktienindex „Neuer Markt“ die Rechnungslegung nach IFRS. Heute ist für alle gelisteten Unternehmen an der Frankfurter Börse ausschließlich die Abschlussveröffentlichung nach IFRS bzw. US – GAAP zulässig.[18] Der deutsche Gesetzgeber reagierte mit dem Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz (KapAEG)[19] und erlaubte die befreiende Veröffentlichung des Konzernabschlusses nach IFRS bzw. US – GAAP befristet bis zum 31. Dezember 2004.
Andere europäische Länder folgten dem Beispiel und öffneten ihre Rechnungslegung den internationalen Ansprüchen. Die Europäische Kommission nutzte diese Bestrebungen und verabschiedete die EU – Verordnung Nr. 1606/2002 am 19.07.2002.[20] Seit dem Jahr 2005 ist die Anwendung der IFRS obligatorisch für alle kapitalmarktorientierten Mutterunternehmen. Eine Übergangsfrist gab es bis zum 01.01.2007 für Unternehmen, die zuvor nach US – GAAP bilanzierten.
Problematisch war die Anerkennung der Standards, diese konnten nicht einfach als EU – Recht angesehen werden, da sie von einer privatrechtlichen Organisation erstellt wurden. Hierzu ist erst die Anerkennung („endorsement“) durch die Europäische Union notwendig. Dieses Verfahren bezieht mehrere Institutionen[21] mit ein, unter anderem die Europäische Kommission und notfalls auch den Europäischen Rat und es wird der politische Einfluss auf die Rechnungslegung bewahrt.
Das Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG)[22] implementierte die EU Verordnung ins deutsche Handelsrecht und schaffte den § 315 a HGB. Dieser Paragraf verpflichtet kapitalmarktorientierte Unternehmen (Kapitalgesellschaften und sonstige Rechtsformen) zur Erstellung des Konzernabschlusses nach IFRS mit befreiender Wirkung für den HGB – Konzernabschluss, die nicht - kapitalmarktorientierten Unternehmen haben ein Wahlrecht zur Anwendung der IFRS.
Für den Einzelabschluss ergibt sich nach § 325 Abs. 2a und 2b HGB ein Wahlrecht. Ausschließlich zur Offenlegung des Einzelabschlusses ist die Nutzung der IFRS gestattet, aber nicht zwingend erforderlich. Die Erstellung des HGB – Einzelabschlusses ist weiterhin obligatorisch.
„Die heterogene Zwecksetzung des Einzelabschlusses“[23] ist der Grund für die weitere Nutzung des HGB – Einzelabschlusses. Auf der einen Seite steht die Informationsfunktion, die sehr gut durch einen Einzelabschluss nach IFRS erfüllt werden kann, aber auf der anderen Seite liegen die Funktion der Ausschüttungsbemessung[24] und die Basis zur steuerlichen Gewinnermittlung, ausgedrückt durch die Maßgeblichkeit[25], die der deutsche Gesetzgeber nicht durch einen IFRS – Einzelabschluss erfüllt sieht.[26]
Somit sind aktuell die IFRS nur für kapitalmarktorientierte Unternehmen auf Ebene des Konzernabschlusses verpflichtend. Für alle anderen Unternehmen besteht ein Wahlrecht zur Nutzung der IFRS. Der Einzelabschluss kann zur Veröffentlichung nach IFRS erstellt werden, muss aber auf jeden Fall parallel dazu nach dem HGB erstellt werden.
Die Nutzung des Wahlrechts scheint gegenwärtig eine interessante Option für die deutschen Unternehmen zu sein, die noch nicht verpflichtet sind die IFRS zu nutzen. In einer Studie[27] bzgl. der Anwendung von IFRS bei mittelständischen Unternehmen von PriceWaterhouseCoopers (PWC) und dem DIHK wurde herausgefunden, dass bereits 8% der befragten Unternehmen auf die IFRS Rechnungslegung umgestellt haben und sich weitere 58% damit befasst haben, wobei 18% davon die Umstellung auf IFRS planen. Am häufigsten genannt wurde dabei die Vorteilhaftigkeit der IFRS durch die bessere Darstellung der Vermögens-, Finanz-, und Ertragslage und eine Erleichterung in der Beschaffung von Fremdkapital. Abschreckend wirken hingegen die Umstellungs- und Folgekosten der IFRS – Rechungslegung sowie die Komplexität der Rechnungslegungsvorschriften. Die Praxis scheint dem Gesetzgeber wieder weiter voraus zu sein.
[...]
[1] Vgl. Stobbe, Thomas: Verknüpfung handels- u. steuerlicher Rechnungslegung, 1991, S. 21
[2] Merkel, Angela: Eröffnungsrede in Davos, 24. 01. 2007
[3] Vgl. KOM (2000) Nr. 359, S. 1
[4] Vgl. Pressemittlung BMJ, 16.10.2007
[5] Vgl. Coenenberg, Adolf u.a.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, S. 16
[6] § 264 Abs. 2 S. 1 HGB
[7] § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB
[8] § 253 Abs. 1 HGB
[9] IFRS RK 12
[10] IAS 38.51ff.
[11] Vgl. Heinrichs, Joachim: Bilanzgestützte Kapitalerhaltung, StuW 3/2005, S. 258
[12] IFRS RK 9
[13] IFRS RK 10
[14] Vgl. Arnold, Arnd: Zukunft des Verhältnisses, StuW 2/2005, S. 156
[15] Vgl. Heinrichs, Joachim: a.a.O., S. 256
[16] Vgl. Pressemittlung BMJ, 16.10.2007, S. 4
[17] Vgl. Pellens/Fülbier/Gassen: Internationale Rechungslegung, S. 46 f.
[18] § 62 Abs. 1 Börsenordung für die Frankfurter Wertpapierbörse, Stand 15.08.2007
[19] v. 20. 04. 1998, BGBl. 1998 I, S. 707 ff.
[20] ABl. EG L 234 v. 11.09.2002
[21] Vgl. Beiersdorf / Bogajewskaja: Entwicklung der IFRS, Accounting 10/2005, S. 5 ff.
[22] v. 04. 12. 2004, BGBl. 2004 I, S. 3166 ff.
[23] Vgl. BT – Drucks. 15/3419, S. 23
[24] Vgl. z.B. § 57 Abs. 3 AktG oder § 58 Abs. 4 AktG
[25] Vgl. § 5 Abs. 1 S. 1 EStG
[26] Vgl. BT – Drucks. 15/3419, S. 23 f.
[27] Vgl. PWC und DIHK Studie: IFRS in mittelständischen Unternehmen, 07/2005
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