Helmut Kohl und die Parteispendenaffäre


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

28 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Parteienfinanzierung in der Bundesrepublik Deutschland

3. Die Flick-Affäre
3.1 Die Verflechtung von wirtschaftlicher und politischer Macht
3.2 Helmut Kohl und die Flick-Affäre

4. Die CDU-Parteispendenaffäre
4.1. Der Ausbruch der Krise
4.2. Der Spendenuntersuchungsausschuss
4.2.1. Die Konstituierung des Ausschusses
4.2.2. Die Arbeit im Ausschuss
4.3. Die Rolle von Helmut Kohl im CDU-Spendenskandal
4.3.1. Schwarzkonten unter Helmut Kohl
4.3.2. Das Eingeständnis des Schwarzkontensystems
4.3.3. Ermittlungen gegen Helmut Kohl
4.4. Die Analyse der Spendenannahme durch Helmut Kohl
4.4.1. Motivationsgründe für die Errichtung eines illegales Kontensystems
4.4.2. Rechtfertigungsgründe von Helmut Kohl

5. Die Ergebnisse der CDU-Parteispendenaffäre
5.1. Konsequenzen der CDU-Spendenaffäre
5.2. Flick- und CDU-Spendenaffäre im Vergleich

6. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Am 9. November 1999, genau vier Tage nach dem Bekannt werden, dass der ehemalige Schatzmeister der CDU, Walther Leisler Kiep, einen Koffer mit einer Million DM in bar entgegengenommen hatte, befand sich Helmut Kohl „auf dem Höhepunkt seines Ansehens in Deutschland und der Welt“.[1] Zusammen mit George Bush und Michail Gorbatschow wurde er an diesem Tag im Bundestag für seine Verdienste, insbesondere für den Fall der Mauer zehn Jahre zuvor, geehrt. Dass mit Kiep die größte Krise der CDU seinen Anfang nahm, ahnte da noch niemand. Zwei Monate später sah die Situation dagegen vollkommen anders aus: die CDU brach mit Kohl, die Medien gingen mit dem Altkanzler hart ins Gericht und seine Verdienste wurden in Frage gestellt.[2]

Walther Leisler Kieps Aussagen führten zu einer Vielzahl von Enthüllungen, denen gemein war, dass sie die Finanzen der CDU betrafen und nicht in den Rechenschaftsberichten der Partei enthalten waren. Vier verschiedene Sachverhalte ließen sich genauer abgrenzen: Zum einen ging es um Zuwendungen in Höhe von 1,1 Millionen DM durch den Waffenhändler Schreiber, hinzu kam der Transfer von 1,14 Millionen DM zwischen Fraktion und Partei, Auslandkonten der hessischen CDU in einem Umfang von 20,8 Millionen DM sowie das System schwarzer Konten des ehemaligen Parteivorsitzenden Kohl.[3]

Spendenthematisch relevant sind lediglich die Zuwendung Schreibers und die „schwarzen Kassen“[4] Kohls. Auf letzteres Thema soll sich in dieser Arbeit konzentriert werden. Insbesondere anhand von Zeitungsartikeln und Aufsätzen zur Spendenaffäre sowie Stellungnahmen der betroffenen Politiker wird der CDU-Spendenskandal nachgezeichnet und analysiert.

Das Augenmerk der Arbeit liegt dabei auf der Rolle Helmut Kohls im Laufe des CDU-Spendenskandals, ausgehend von der Parteienfinanzierung und der gesetzlichen Handhabung von Spenden in der Bundesrepublik Deutschland sowie der Flick-Affäre in den achtziger Jahren. Von zentraler Bedeutung sind die anonym gespendeten Millionenbeiträge, die Schwarzkonten, der Bruch des Parteiengesetztes bis hin zu seinem Ehrenwort, worauf er sich bis heute und wohl auch zukünftig berufen wird. Nicht näher betrachtet werden die zahlreichen, im Laufe der Untersuchungen zusätzlich an die Öffentlichkeit gelangten Vorgänge wie die ausländischen Schwarzkonten unter Kanther, Schäubles Erinnerungslücken oder in etwa die Aktenvernichtung unter Bohl.

2. Die Parteienfinanzierung in der Bundesrepublik Deutschland

Mitgliederbeiträge, Spenden sowie staatliche Zuwendungen stellen die wichtigsten Geldquellen deutscher Parteien dar. Hinzu kommen beispielsweise Einnahmen aus dem eigenen Vermögen.[5]

Aus dem Staatshaushalt fließen den Parteien, „als Mittler zwischen Volk und Staat“[6], jährlich Zuwendungen bis zu einer „absolute(n) Obergrenze“[7] von 245 Millionen DM zu. Das staatliche Verteilungssystem versucht, „die Verwurzelung der Parteien in der Gesellschaft“[8] widerzuspiegeln und die Chancengleichheit aller Parteien zu wahren.[9] Begrenzt durch die „relative Obergrenze“[10] darf die Bezuschussung durch den Staat insgesamt höchstens 50 Prozent ausmachen. Sind die Einnahmen der Partei niedriger als die ihr zustehenden Mittel, so wird die staatliche Bezuschussung auf die Höhe der eigenen Einnahmen beschränkt. Dadurch soll die Abhängigkeit zwischen Staat und Partei möglichst klein gehalten werden.[11]

Die Gesamtsumme resultiert aus dem „Wählerstimmenanteil“[12], der abhängig von den errungenen Wählerstimmen ist, und dem sogenannten „Zuwendungsanteil“[13], der die Mitgliedsbeitrags- und Spendenmark in Höhe von 50 Pfennigen bis zu einer Gesamthöhe von 6000 DM pro Person und Jahr bezuschusst. Dadurch soll ein Anreiz für die Parteien entstehen, sich um die Anliegen der Wählerschaft zu kümmern.[14]

Im Zuge der Flick-Affäre wurde 1983 das Gesetz zur Parteienfinanzierung geändert. Gemeinnützigen Vereinigungen war es ab sofort verboten, Parteien zu spenden. Derartigen „Spendenwaschanlage(n)“[15] bedienten sich die Parteien zuvor, da Spendenzahlungen an Stiftungen in unbegrenzter Höhe steuerabzugsfähig waren.[16]

Bereits seit 1967 existiert die Pflicht zur namentlichen Veröffentlichung der Spender im Rechenschaftsbericht bei Zuwendungen über 20.000 DM. So sind es aufgrund der Vielzahl der Spender weniger die kleinen Beträge, die weitergehende Motive vermuten lassen. Entsprechend der Aussage, „so wie Wasser sich durch jede Ritze seinen Weg bahnt, vermag auch das für spezifische Interessen eingesetzte Geld seinen politischen Einfluss zu wahren“[17], sind große Geldsummen problematischer, die als Anreiz oder als Gegenleistung ex post für bestimmte politische Entscheidungen geflossen sein könnten.[18]

Um eine derartige Interessenvermischung zwischen Partei, Staat und Bürger zu verhindern sind die Parteien nach Gesetz verpflichtet, „über die Herkunft und die Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen“[19] Rechenschaft abzulegen. Übersichtlichkeit und Transparenz stehen mit der Erstellung der Berichte, deren Gliederung und Bestandteile festgeschrieben sind, im Vordergrund. Die Prüfung des Rechenschaftsberichtes erfolgt durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer. In deren Folge veröffentlicht der Bundestagspräsident den Rechenschaftsbericht als Bundestagsdrucksache.[20]

Den bereits beschriebenen Spenden bedienen sich Parteien beispielsweise deshalb, weil die Mitgliederbeiträge zur Deckung aller in der Partei entstehenden Kosten nicht ausreichen.[21] Problematisch werden derartige Zuwendungen, wenn, wie später gezeigt wird, die Transparenz verloren geht. Ursächlich dafür war unter anderem eine Grauzone im Parteiengesetz, die zwar bereits 1994 diskutiert, damals vom Bundeskanzler Kohl und dessen Innenminister Kanther jedoch nicht beseitigt wurde. So müssen „sonstige Einnahmen“[22] weder detailliert untergliedert noch dargelegt werden, wenn sie nicht mehr als fünf Prozent der Gesamteinnahmen ausmachen. Da diese beispielsweise im Jahr 1998 etwa 252 Millionen DM betrugen[23], bot eine derartige Regelung der CDU die Möglichkeit, große Geldsummen illegal zu handhaben.[24]

Sobald eine Partei Spendenmittel rechtswidrig erlangt oder nicht vorschriftsgemäß im Rechenschaftsbericht veröffentlicht hat, erlischt der Anspruch auf staatliche Zuschüsse in Höhe des Doppelten des entsprechenden Spendenbetrages. Zwar bleibt für den Handelnden der Verstoß gegen das Parteiengesetz ohne Folgen, die rechtswidrig erlangte Spende, wozu eine legale, aber unveröffentlichte Großspende nicht gehört, muss dagegen zusätzlich an das Bundestagspräsidium abgeführt werden.[25]

3. Die Flick-Affäre

3.1. Die Verflechtung von wirtschaftlicher und politischer Macht

Anfang der achtziger Jahre erschütterte eine Affäre die Bundesrepublik Deutschland, die heute den Namen des Großindustriellen Flick trägt. Es ging um illegale Spenden an Politiker, Bestechungsvorwürfe und Steuerhinterziehung. So hatte der Flick-Konzern, geführt von Friedrich Karl Flick, im Jahre 1975 Aktien von Daimler-Benz im Wert von 1,9 Milliarden DM verkauft, wofür ca. 900 Millionen DM Steuern fällig gewesen wären. Die Zahlung dieser wollte Flick jedoch vermeiden, weshalb er sogenannte „Persilscheine“[26] zur Steuerbefreiung beantragte. Für deren Genehmigung verteilte Flick in großen Mengen Geld, unter anderem an die damals ehemaligen bzw. amtierenden Wirtschaftsminister Hans Friderichs sowie Otto Graf Lambsdorff. In beider Verantwortlichkeit als Wirtschaftminister lag die Entscheidung über derartige Steuerbefreiungsanträge.[27]

Vom Vorwurf der Bestechlichkeit[28], schließlich hatten sie mehrere hunderttausend Mark erhalten, wurden sie jedoch mangels Beweisen frei gesprochen. Verurteilt wurden Graf Lambsdorff und Friderichs zu hohen Geldstrafen wegen Steuerhinterziehung, da sie das Geld entgegennahmen, sich aber nicht um die entsprechende steuerliche Behandlung sorgten. Zudem bestanden zu keiner Zeit die notwendigen Voraussetzungen, wodurch Flick der Besteuerung seiner Aktiengewinne hätte entkommen können. Graf Lambsdorff legte am 26. Juni 1984 sein Amt nieder.[29]

Der im Jahre 1983 eingesetzte Untersuchungsausschuss deckte auf, dass Flick mit seinem damaligen Manager Eberhard von Brauchitsch in großem Umfang Spenden vergab und damit die „Bonner Landschaft“[30] pflegte. Zahlungen erhielten neben den damals vier Bundestagsparteien CDU, CSU, F.D.P. und SPD auch Stiftungen und zahlreiche Spitzenpolitiker.[31] Die Folge war ein „engmaschiges Geflecht von Beziehungen“[32] zwischen der Politik und dem Flick-Konzern, wobei die Geldgeber durch ihre Zahlungen Abhängigkeiten schufen.[33]

[...]


[1] Pflüger, F. (2000), S. 83.

[2] Vgl. Pflüger, F. (2000), S. 83 f.

[3] Vgl. Naßmacher, K.-H. (2000), S. 15.

[4] Naßmacher, K.-H. (2000), S. 15.

[5] Vgl. Morlok, M. (2000), S. 6.

[6] Pflüger, F. (2000), S. 223.

[7] o.V. (2001b).

[8] Ebd.

[9] Vgl. Morlok, M. (2000), S. 8.

[10] o.V. (2001b).

[11] Vgl. Pflüger, F. (2000), S. 223.

[12] Morlok, M. (2000), S. 8.

[13] Ebd.

[14] Vgl. o.V. (2001b).

[15] Schulz, B. et al. (2001), S. 1.

[16] Vgl. Schulz, B. et al. (2001), S. 1.

[17] Naßmacher, K.-H. (2000), S. 18.

[18] Vgl. Naßmacher, K.-H. (2000), S. 18 f.

[19] o.V. (2001b).

[20] Vgl. o.V. (2001b).

[21] Vgl. Pflüger, F. (2000), S. 223.

[22] Seifert, J. (2000), S. 316.

[23] Vgl. Morlok, M. (2000), S. 14.

[24] Vgl. Seifert, J. (2000), S. 316; ebenso Knipp, K. (2000), S. 418.

[25] Vgl. o.V. (2001b).

[26] Leyendecker, H. et al. (2000), S. 113.

[27] Vgl. Schulz, B. et al. (2001), S. 1.

[28] Vgl. Schily, O. (1986), S. 108-112.

[29] Vgl. Schulz, B. et al. (2001), S. 1.

[30] Leyendecker, H. et al.(2000), S. 179.

[31] Vgl. Schily, O. (1986), S. 50-55.

[32] Schily, O. (1986), S. 160.

[33] Vgl. Schily, O. (1986), S. 160 f.

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Helmut Kohl und die Parteispendenaffäre
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg  (Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Die Ära Kohl - eine politikwissenschaftliche Bilanz
Note
1,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
28
Katalognummer
V9516
ISBN (eBook)
9783638162005
Dateigröße
574 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Flick, Parteispenden, Helmut Kohl
Arbeit zitieren
Stefan Wiedmer (Autor:in), 2002, Helmut Kohl und die Parteispendenaffäre, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9516

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