Qualität als betriebswirtschaftlicher Faktor - Empirische Erfahrung mit der Umsetzung von Qualitätsmanagementansätzen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2000

22 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

I. Einordnung des Qualitätsbegriffs in die Betriebswirtschaftslehre
1) Qualität als Faktor des Wettbewerbs
2) Qualitätsmanagementsystem / Normung / Recht
3) Gegenüberstellung von traditioneller und moderner Qualitätspolitik

II. Implementierung von Qualitätsmanagementsystemen (QM-Systeme)
4) QM-Systeme
- Elemente eines QM-Systems
- Voraussetzungen
5) Erfolgreiche QM-Systeme in der Praxis
a) Xerox
b) Cadillac Motor Car Company
6) Probleme der Implementierung
c) Fallstudie aus der Maschinenbauindustrie
d) Kritik am Total Quality Management (TQM)

III. Kritische Würdigung

Quellenverzeichnis

(Es gilt die alte Rechtschreibung !)

I. Einordnung des Qualitätsbegriffs in die Betriebswirtschaftslehre

1) Qualität als Faktor des Wettbewerbs

Der Begriff Qualität wird von vielen Autoren in unterschiedlicher Weise definiert und enthält eine Fülle von Einflußfaktoren, die ihn in einen sehr komplexen Kontext stellen. Qualität galt und gilt als eine Eigenschaft zur Erfüllung von Produktions- und Abliefererfordernissen. Die Konzentration auf produktionswirtschaftliche Anforderungsprofile, die definiert werden als von den Ingenieuren und Technikern machbare oder realisierbare Produkteigenschaften, waren und sind noch oftmals Maßstab für Qualität. Die Einhaltung von Spezifikationen und Standards sind naturgemäß auf statistische Kennzahlen wie Fehlerhäufigkeit, Ausschuß, Schwankungen innerhalb bestimmter Toleranzgrenzen, die sowohl vom Unternehmen selbst als auch durch gesetzliche Normen definiert werden, beschränkt. Ziel ist die 100%ige Einhaltung der Standards als Maßstab für Qualität.

Bei der Definition des Begriffs Qualität ist die Betrachtung mehrerer Dimensionen möglich. So gibt es eher technisch bezogene Kriterien wie Performance (Leistungserbringung), Features (Zusatzleistung), Conformance (Normen-gerechtigkeit), Reliability (Zuverlässigkeit), Durability (Haltbarkeit) und eher emotionale Komponenten wie Aesthetics und Perceived quality (u.a. Qualitäts-image)[1]. Mit zunehmendem Wettbewerb und der Tatsache, daß sich die meisten Unternehmen in einem Käufermarkt befinden, ist es unerläßlich neben der bislang praktizierten Konzentration auf Einhaltung gesetzlicher und unternehmensdefinierter Spezifikationen im verstärkten Maße Kundenwünsche als Qualitätskriterium zu berücksichtigen. Wenn die Anforderungen der Kunden an Qualität mit einbezogen werden sollen, so ist zusätzlich zu dem rationalen, wertenden Teil der emotionale Aspekt von Qualität zu betrachten. Der emotionale Teil von Qualität drückt sich in Begriffen wie Ästhetik, Vertrauen, Design, Solidität etc. aus. Der meßbare Teil der Qualität ist beispielsweise in einer DIN-Vorschrift wie folgt definiert: “Qualität ist die Gesamtheit von Eigenschaften und Merkmalen eines Produktes oder einer Tätigkeit, die sich auf die Eignung zur Erfüllung gegebener Erfordernisse bezieht“.[2]

Wie relevant kundenorientiertes Qualitätsdenken für die Unternehmen ist, zeigt das Ergebnis einer Studie in der Automobilindustrie. Darin wurde die Markenloyalität im Verhältnis zur Störungshäufigkeit gemessen, um die Bereitschaft zum Wiederkauf in Abhängigkeit zur Zufriedenheit des Kunden zu ermitteln. Dabei stellte sich heraus, daß ab einer gewissen Unzufriedenheit die Wiederkaufbereitschaft für die betreffende Marke rapide sinkt, obwohl die Bereitschaft für den Kauf des Produktes an sich konstant bleibt. Weiterhin stellte man eine unterschiedliche Markentreue fest und beobachtete einen gewissen Prozentsatz von Kunden, die trotz voller Zufriedenheit den Qualitätsvergleich zu anderen Marken anstellten. Das Fazit der Studie war, daß eine schlechte Qualität nicht nur die Gefahr des Verlustes des beanstandenden Kunden selbst in sich birgt, sondern auch durch Weitergabe der negativen Informationen potentielle weitere Kunden zur Konkurrenz abwandern läßt. Kontinuierlich steigende oder sich ändernde Anforderungen an Produkt oder Dienstleistung erfordern eine dynamische Betrachtungsweise des Begriffs Qualität, in dem sie den sich ändernden und steigenden Anforderungen gerecht wird. Eine weitere Studie des White House Office of Customer Affairs macht deutlich, daß nur im Mittel 4% der befragten unzufriedenen Kunden ihre Meinung dem Hersteller bekanntgeben, aber mindestens jeweils einer Zahl von 9 bis 20 anderen potentiellen Kunden ihre Erfahrungen mit dem entsprechenden Produkt und der Marke weiterleiten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eine Umfrage unter Führungskräften von 500 bedeutenden europäischen Unternehmen, durchgeführt von der Unternehmensberatung McKinsey, brachte folgendes Ergebnis :

[3]

Das Ergebnis dieser Studie zeigt, daß der Begriff Qualität von Führungskräften ernst genommen wird.

Daß die Verbesserung der Qualität eines Produkts oder Dienstleistung in den Unternehmen zuerst in den Köpfen der Führungskräfte beginnen muß, steht außer Frage (Top-Down-Aufgabe). Dennoch stellt sich die Frage, inwieweit diese Auffassung in meßbare Verbesserungen der Qualität der Produkte und Dienstleistungen umgesetzt werden. Denn Qualitätsbewußtsein im Sinne der Erfüllung der Kundenwünsche sollte nicht nur das Management noch verstärkter entwickeln, sondern es muß durch Initiative der Führungskräfte auch eine Unternehmenskultur geschaffen werden, bei der die Qualitätsziele durch jeden Mitarbeiter der Unternehmung verfolgt werden (Bottom-Up-Aufgabe).

2) Qualitätsmanagementsystem / Normung / Recht

Qualitätsmanagement ist eine Methode, um den gesteigerten Anforderungen des Wettbewerbs gerecht werden zu können und nicht nur Anforderungsspezifikationen und Standards zu genügen, sondern auch Kundenanforderungen in marktgerechte Produkte umzuwandeln. Qualitätsmanagement wird definiert als das Managen, Führen und Steuern der Qualität im Rahmen eines Qualitätsmanagementsystems, der festgelegten Aufbau- und Ablauforganisation zur Durchführung der Qualitätssicherung[4]. Nach der DIN ISO 8402 wird das Qualitätsmanagement wie folgt definiert: „Alle Tätigkeiten der Gesamtführungsaufgabe, welche die Qualitäts-politik, Ziele und Verantwortungen festlegen, sowie diese durch Mittel wie Qualitätsplanung, Qualitätslenkung, Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung im Rahmen des Qualitätsmanagementsystems verwirklichen.“

Qualitätsmanagement hat auch den Charakter eines Frühwarnsystems zur Er-kennung von Schwachstellen in jedem Bereich. Qualitätsmanagementsysteme beinhalten Erfahrungs- und Rückflußsysteme, die der Überwachung der qualitätsbezogenen Unternehmensdaten wie z.B. Ausschuß, Reparaturkosten, Fehler-

Verhütungskosten etc. dienen. Neben der ökonomischen Betrachtung von Qualität spielt schon seit langem bei der Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen der rechtliche Rahmen eine große Rolle.

Die Produkthaftung seitens der Hersteller wird u.a. besonders in einer bestimmten Norm deutlich, nämlich im § 823 Abs.1 BGB. Dort ist die sogenannte deliktische

Haftung geregelt, die besagt, daß der Hersteller im Falle der schuldhaften Verletzung des betroffenen Rechtsguts und der dadurch entstandene Schaden am Betroffenen, zum Schadensersatz verpflichtet ist. Daraus ergibt sich für das betroffene Unternehmen eine Reihe von Pflichten zur Vorbeugung bzw. Abwehr solcher Haftungstatbestände, die unmittelbar mit der Sicherung bzw. Verbesserung der Qualität des Prozeßablaufs und des Produkts in Beziehung stehen. So sind in erster Linie im Rahmen der Konstruktions- oder Planungspflicht Fehler in der Entwicklung zu vermeiden, die ein fehlerhaftes bereits Produkt auf der Ebene der Planung verhindern sollen. Weiterhin gilt die Herstellungs- oder Fabrikationspflicht, auf die bislang die Qualitätskontrolle gerichtet war. Sie beinhaltet die Prüfung auf fehlerfreie Beschaffenheit des Produkts und den reibungslosen Ablauf der Produktion. Hinzu kommen Pflichten wie Instruktionspflicht, Betriebsorganisations-, Produkt-beobachtungs- und Personalpflicht. Letztere schließt insbesondere die gewissenhafte Auswahl und Qualifizierung von Personal ein, um Gefahren, ausgehend vom Produkt bzw. vom Herstellungsprozeß, zu minimieren.

Daneben gibt es noch das Produkthaftungsgesetz, das in ähnlicher Weise den Hersteller zur Verantwortung zieht. Nur lautet hier die Haftungsvoraussetzung, daß ein Fehler des Produkts einen bestimmten Schaden beim Verbraucher verursacht haben muß. Das Produkthaftungsgesetz deckt juristisch betrachtet einen kleineren Haftungstatbestand ab als den der deliktischen Haftung nach § 823 (1) BGB. Aber diese Differenzierung soll nicht Gegenstand der Erläuterung sein.

Fazit aus der rechtlichen Rahmensetzung ist, daß, bezogen auf die Verpflichtungen des Herstellers - damit sind auch Dienstleistungsunternehmen eingeschlossen - sich Qualitätsziele ergeben, die nur durch ein Qualitätsmanagement effizient erreichbar sind.

Wenn ein Unternehmen ein Qualitätsmanagementsystem implementieren möchte, so kann es dies durch unabhängige Prüfkommissionen entsprechend einer Normenreihe, genannt DIN EN ISO 9000-9004, zertifizieren lassen. Aufgrund unterschiedlicher Einflußfaktoren und Anforderungen an die Unternehmen existiert kein genormtes Qualitätsmanagementsystem. Daher regeln die Normen nicht die Ausprägung, sondern die Anforderungen an ein Qualitätsmanagementsystem.

Die Norm DIN EN ISO 9000 regelt die Auswahl und Anwendung der Qualitätssicherungssysteme, deren Anforderungen in den folgenden Normen 9001-9003 beschrieben sind. Die DIN EN ISO 9001 gilt als umfassende Norm und beschreibt die Darlegung eines Qualitätssicherungssystems vom Design über Entwicklung, Produktion, Montage und Kundendienst. Die Normen DIN EN ISO 9002 und 9003 beschreiben ihrerseits nur einen bestimmten Bereich der Unternehmung, nämlich die Anforderungen der Qualitätssicherung in Produktion und Montage, sowie die Endprüfung. Die Norm DIN EN ISO 9004 ist als eine Art Ratgeber zu betrachten und legt Empfehlungen zum Aufbau eines Qualitäts-managementsystems dar.

Die Zertifizierung nach den kurz erläuterten internationalen Qualitätsnormen hat folgende Vorteile: Zunächst wird das Top-Management dazu angehalten, kontinuierliche Verbesserungen sowohl in der strategischen als insbesondere auch in der operativen Ebene zu verwirklichen. Es entstehen Wettbewerbsvorteile durch die Erfüllung von Kundenanforderungen und durch die Fähigkeit, mit Veränderungen in der externen und internen Umwelt umzugehen. Nicht zuletzt bewirkt eine Zertifizierung positive Effekte auf das Unternehmensimage sowohl beim Lieferanten als auch beim Kunden. Gleichwohl besteht Kritik, daß eine Zertifizierung die Überbürokratisierung des Qualitätsmanagements fördert hinsichtlich des übermäßigen Aufbaus von Kontroll- und Dokumentationsfunktionen. Zudem wird nur zu einem bestimmten Zeitpunkt ein implementiertes Qualitätsmanagementsystem bescheinigt und „...dokumentiert damit das Vorhandensein eines Rahmens, dessen konkrete Ausgestaltung noch zahlreiche Freiheitsgrade beläßt“[5].

3) Gegenüberstellung von traditioneller und moderner Qualitätspolitik

Dem Begriff Qualitätsmanagement folgt u.a. eine Auffassung über Qualitätspolitik in der Unternehmung, die letztendlich eine entsprechende Organisation und Verhaltensweise auf der operativen Ebene bewirken soll. Qualitätsmanagement wird in der Literatur nur mit der neuen Auffassung von Qualitätspolitik in Verbindung gebracht, die wie folgt von der traditionellen Qualitätspolitik unterschieden wird.

Die traditionelle Qualitätspolitik ist das Ergebnis der industriellen Entwicklung im Zeitalter der Massenfertigung und führte unter dem Zwang des Wettbewerbsdrucks

zur Entwicklung von Qualitätskontrollen. Der Begriff der Qualitätskontrolle

entspringt der Auffassung der Taylor`schen Arbeitsteilung, nämlich der isolierten Betrachtung von Qualität am Ende der Prozeßkette. Qualitätskontrolle setzt am fertigen Produkt oder vollbrachter Dienstleistung an, und die Sicherung von Qualität wurde bislang in vielen Unternehmen operativ durch den Einsatz von „neutralen“ Kontrolleuren am Ende der Prozeßkette realisiert. Auf dieser Basis wurden Stichprobenverfahren u.a. wie AQL (Accepted Quality Limit), AOQ (Average Outgoing Quality) entwickelt, die hauptsächlich nach der Devise funktionieren, ein Produkt nach den Kriterien gut oder schlecht zu klassifizieren und es entsprechend auszubessern oder auszuliefern. Dabei wird impliziert, daß der Kunde einen bestimmten Anteil an fehlerhaften Produkten akzeptieren muß, sofern sie nicht zuvor als fehlerhaft ausgesondert werden.

[...]


[1] Vgl. David A. Garwin: What does Product Quality Really Mean? (1989)

[2] Vgl. DIN-Norm 55350

[3] Vgl. T. Pfeifer: Qualitätsmanagement 2. Auflage 1996 Bild 1.3 S.5

[4] Heinz W. Adams / Helmut Rademacher: Qualitätsmanagement 1. Auflage 1994 Frankfurt / Main

[5] Kirstein, H./Fernholz, J./Zenz, A. (1996), S.1730

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Qualität als betriebswirtschaftlicher Faktor - Empirische Erfahrung mit der Umsetzung von Qualitätsmanagementansätzen
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Produktionswirtschaft)
Veranstaltung
Produktionswirtschaft 2000
Note
2,0
Autor
Jahr
2000
Seiten
22
Katalognummer
V9579
ISBN (eBook)
9783638162432
ISBN (Buch)
9783638641142
Dateigröße
513 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Qualität, Faktor, Empirische, Erfahrung, Umsetzung, Qualitätsmanagementansätzen, Produktionswirtschaft
Arbeit zitieren
Florian Schoetzke (Autor:in), 2000, Qualität als betriebswirtschaftlicher Faktor - Empirische Erfahrung mit der Umsetzung von Qualitätsmanagementansätzen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9579

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