Das Kommunikationsverhalten von Journalisten


Seminararbeit, 2001

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Die Gatekeeperforschung
2.1 Herkunft des Begriffs „Gatekeeper“
2.2 Allgemeinheit der Theorie
2.3 Der individualistische Ansatz
2.4 Der institutionale Ansatz
2.5 Der kybernetische Ansatz
2.6 Entwicklung der Gatekeeperforschung
2.7 Fazit

3. Journalistische Sozialisation
3.1 Einleitung
3.2 Die soziale Kontrolle in der Redaktion[1]
3.3 Fazit

4. Die „ptolemäische“ und die „kopernikanische“ Medienauffassung
4.1 Realitätsdarstellung in den Medien
4.2. Die „ptolemäische“ und die "kopernikanische" Medienauffassung[2]

5. Die Realität in Abhängigkeit der Nachrichtenauswahl
5.1 Akteurs- und Handlungsorientierte Nachrichtenauswahl
5.2 Ereignisformen
5.3 Instrumentelle Inszenierung und Aktualisierung

6. Fazit

7. Literaturliste

1. Einleitung:

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Kommunikationsverhalten von Journalisten und dessen Auswirkungen auf die Nachrichtenauswahl. Im Mittelpunkt steht die Frage, anhand welcher Kriterien die Nachrichtenauswahl stattfindet.

Da im Selektionsprozess von Nachrichten schätzungsweise 99% verloren gehen und daher nie ihren Weg bis zum Rezipienten finden, sind die Auswahlkriterien für das eine, wesentliche Prozent um so bedeutungsvoller. Verständlicherweise ist der Selektionsdruck unter diesen Bedingungen sehr stark.[3]

Neben den Nachrichtenfaktoren beeinflussen noch andere Aspekte den Selektionsprozess. So sind die Funktion der Journalisten, die Zeitungspolitik, die Medienauffassung und die Art der Verarbeitung, Inszenierung oder Aktualisierung, Variablen, die bei der Frage nach den Kriterien zur Nachrichtenauswahl betrachtet werden sollten.

Aus diesem Grund beginnt diese Arbeit mit einem Abriss zur Gatekeeperforschung, der den individualistischen, den institutionellen und den kybernetischen Ansatz erläutert. Auf die soziale Kontrolle in der Redaktion und deren Einfluss auf die Nachrichtenauswahl wird im zweiten Teil eingegangen. Mit der ptolemäischen und der kopernikanischen Medienauffassung beschäftigt sich der folgende Abschnitt. Den Abschluss der Arbeit bildet ein Blick auf die akteurs- und variabelenorientierte Auswahl der Nachrichten und die Realitätsmodelle.

2. Die Gatekeeperforschung

2.1 Herkunft des Begriffs „Gatekeeper“

Der Begriff Gatekeeper ist dem Sozialpsychologen Kurt Lewin[4] zuzuschreiben. Beauftragt vom US-Departement of Agriculture führte er Anfang der 40er Jahren Untersuchungen zum Kaufverhalten von Hausfrauen durch. Ziel der Untersuchungen war es, den Verkauf von unbeliebten Lebensmitteln zu steigern, um die Ernährung der Bevölkerung während der Kriegszeiten sicherzustellen. Lewin stellte fest, dass über die objektiven Lebensmittelkanäle ,also die reine Verfügbarkeit, hinaus die psychologischen Entscheidungsprozesse der Person, die über diese Kanäle gebietet, eine Rolle spielt. Daraus ergibt sich die Psychologie des Pförtners, in diesem Fall die der Hausfrau. Die Hausfrau setzt sich Kriterien wie den Preis, Gesundheit, Vorlieben von Mann und Kindern und allgemeine Ernährungsvorstellungen (was ist „gut“, was „schlecht“).

2.2 Allgemeinheit der Theorie

Soziale und ökonomische Kanäle sind in allen formalisierten Institutionen zu finden. Dort gibt es dann auch solche Pfortenbereiche. So ist Lewins Theorie also auch übertragbar auf den Weg von Neuigkeiten in den Kommunikationskanälen einer Gruppe.

„...Die Theorie der Kanäle und Pförtner trägt zu präziseren Kenntnissen darüber bei, wie sich gewisse „objektive“ soziologische Probleme der Lokomotion von Gütern und Personen mit den „subjektiven“ psychologischen und sozio-kulturellen Problemen überschneiden...“[5]

Auch hier obliegt dem Gatekeeper die Entscheidung, ob die Kanäle offen oder geschlossen sind. Diese Entscheidung ist abhängig von

a. den Einstellungen und dem persönlichen Wertesystem des Gatekeepers
b. der Art, mit der der Gatekeeper die Situation wahrnimmt und einschätzt.

Ist eines der „Güter“ einmal in den Kanal gelangt, so wird es automatisch weiterbefördert.

Lewin stellt jedoch darüber hinaus fest, dass zuerst die nichtpsychologischen Aspekte, also die Rahmenbedingungen, in denen der Gatekeeper operiert, der Beobachtung unterzogen werden müssen, um seine Selektionsentscheidungen beurteilen zu können.

2.3 Der individualistische Ansatz

Inspiriert von Lewins Untersuchungen übertrug der Kommunikationswissenschaftler David Manning White[6] deren Kernpunkte auf die Nachrichtenauswahl in Zeitungsredaktionen. Dazu wählte er eine Provinzzeitung im mittleren Westen der USA. Hier richtete er seine Aufmerksamkeit auf den wire editor, den Redakteur am Fernschreiber, der das hereinkommende Nachrichtenmaterial sortierte und eine Auswahl traf. White taufte den wire editor für seine Untersuchung Mr. Gates. Mr. Gates sollte begründen, warum er bestimmten Informationen, immerhin 90%, den Zugang verwehrte. White glaubte, Mr. Gates` Auswahlkriterien in seinen persönlichen Vorlieben und Abneigungen begründet zu finden, aber auch in Mr. Gates` Vorstellung davon, was die Leser der Zeitung wünschten.

Whites Modell wurde als zu einfach abgetan. Der zentrale Kritikpunkt war die Vernachlässigung der Komplexität des Nachrichtenvorgangs, die Unmöglichkeit nur eines Gatekeepers, also nur einer einzigen Schlüsselposition.

Whites Modell wurde nichtsdestotrotz oft als Grundlage für neue, komplexere Modelle genutzt.

2.4 Der institutionale Ansatz

(1) Walter Gieber

1956 überprüfte Walter Gieber[7] die Untersuchungen Whites. Er kam zu dem Schluss, dass Mr. Gates keine entscheidende Rolle im Nachrichtenprozess inne habe, da er institutionellen und bürokratischen Strukturen verpflichtet sei. Mr. Gates sei nicht der einzige Gatekeeper. Die Nachrichtenagentur sah Gieber als empfehlende Instanz.

(2) Robert P. Judd / Warren Breed

In den 60ern schlossen Judd[8] und Breed8 an Giebers Untersuchungen an und erarbeiteten auf dieser Grundlage ein weiter führendes Modell. Sie fanden mehrere Gatekeeper, die innerhalb einer Nachrichtenbürokratie operieren. Über die von White festgehaltenen persönlichen Kriterien hinaus führen sie weitere Faktoren ins Feld, die eine Rolle bei der Nachrichtenauswahl spielen. Das sind z.B. die redaktionelle Linie oder die Interessen von nicht direkt in Erscheinung tretenden Gruppen ( z.B. aus der Wirtschaft).

Darüber hinaus sind Reporter die kleinste Instanz. Über ihnen agieren die leitenden Redakteure; über denen wiederum die Herausgeber. Auch kann die Quelle selbst schon selektiv wirken, indem beispielsweise ein Informant unbewusst eine erste Auswahl trifft. Das könnte bei einem Augenzeugen der Fall sein, der nicht das gesamte Spektrum der Ereignisse wahrgenommen hat und daraus irrige Schlüsse zieht.

[...]


[1] Vgl.: Breed,Warren: Soziale Kontrolle in der Redaktion. Eine funktionale Analyse. In: Aufermann,Jörg / Bohrmann,Hans / Sülzer,Rolf(Hrsg.): Gesellschaftliche Kommunikation und Information. Frankfurt M.: 1973, S. 356

[2] Vgl.: Schulz, Winnfried: „Massenmedien und Realität – Die ptolemäische und die kopernikanische Medienauffassung“, in: Kaase/Schulz [Hg.], Massenkommunikation, Köln: 1989, S. 135-149

[3] Vgl. Stephan Ruß-Mohl Vorlesung "Einführung in den Journalismus" 7.11.2000

[4] Vgl. Kurt Lewin, Feldtheorie in den Sozialwissenschaften (1943)

[5] Vgl. Kurt Lewin: Feldtheorie in den Sozialwissenschaften (1943)

[6] Vgl. Gertrude Joch Robinson: 25 Jahre „Gatekeeper“-Forschung (1973) in Jörg Aufermann, Hans Bohrmann, Rolf Sülzer (Hrsg.): Gesellschaftliche Kommunikation und Information, Frankfurt a. M. S. 345f

[7] Ebd. S.346-349

[8] Ebd. S.347

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Das Kommunikationsverhalten von Journalisten
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaften)
Veranstaltung
Sozialwissenschaftliche Kommunikations- und Medienforschung
Note
2,0
Autoren
Jahr
2001
Seiten
17
Katalognummer
V976
ISBN (eBook)
9783638106047
Dateigröße
397 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Kommunikationsverhalten, Journalisten, Sozialwissenschaftliche, Kommunikations-, Medienforschung
Arbeit zitieren
Franziska Wegener (Autor:in)Andreas Cornehl (Autor:in)Christine Giese (Autor:in)Tobias Pfitzenmaier (Autor:in), 2001, Das Kommunikationsverhalten von Journalisten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/976

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Das Kommunikationsverhalten von Journalisten



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden