Von der "individuellen" zur "kollektiven" Lohnverhandlung: Die Gewerkschaftstheorien


Seminararbeit, 2000

13 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

A. Das Kollektiv-Verhandlungssystem
1. Theorie des Kollektiv-Verhandlungssystem
2. Einfluß der Tarifvertrages auf den individuellen Arbeitslohn
3. Typologie der Tarifverhandlungen
3.1 Rollenverteilung
3.2 Verhandlungsebene &-folge
3.3 Verhandlungsgegenstände
3.4 Argumente
3.5 Phasen

B. Theoretische Ansätze
1. Collective bargaining Theorie von Hicks
2. Nutzenmaximierer - Modell der Monopolgewerkschaft

C. Empirisches Bild

Literaturverzeichnis

Einleitung

Im neoklassischen Modell werden die Löhne zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer individuell ausgehandelt. Zwar gibt es heute noch individuellen Verhandlungen, wie z.B. bei Fußballspielern und Leitenden Angestellten, aber für die große Mehrheit der Beschäftigten trifft dies nicht mehr zu.

Ich behandle im ersten Teil der Hausaufgabe, was man sich unter dem KollektivVerhandlungssystem vorstellen soll.

Ich gehe hierbei auf die Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitnehmerverbände ein und deren Einfluß auf den individuellen Lohn.

Im 2. Teil werden zwei theoretische Ansätze erläutert, die das Verhalten der Gewerkschaften erklären sollen.

Das wäre einmal die Streiktheorie von Hicks und das Nutzenmaximier- Modell der Monopolgewerkschaft von Rothschild.

Beide Ansätze werden auch etwas kritisch betrachtet.

Abschließend überprüfe ich im 3. Teil, wie weit man die theoretischen Ansätze auch empirisch belegen kann.

A. Das Kollektiv-Verhandlungssystem

1. Theorie des Kollektiv-Verhandlungssystem

Das Kollektiv-Verhandlungssystem ist an die Stelle der individuellen Verhandlungen getreten. Gewerkschaften haben sich auf der Arbeitnehmerseite gebildet (z.B. IG Metall) und auch die Arbeitgeber haben sich in Verbänden zusammengeschlossen (z.B. Arbeitgeberverband).

Diese Verbände handeln die Tarifverträge aus. Die Tarifverträge beinhalten nicht nur die Lohnhöhe, sondern zahlreiche weitere Regelungen wie z.B. die Arbeitszeit (siehe Kapitel I.2). Der ausgehandelte Tariflohn ist dabei nur als Mindestlohn zu sehen. Wie sehr er den individuellen Lohn beeinflußt behandle ich im nächsten Kapitel.

Wenn Gewerkschaften und Arbeitgeber mit den Verhandlungen beginnen, ist es für die Teilnehmer schwierig Entscheidungen zu treffen. Da sie ihre Entscheidungen aufgrund von Faktoren treffen müssen, von denen sie nicht mit Sicherheit wissen, wie sie sich in der Zukunft entwickeln werden. Gemeint ist z.B. die konjunkturelle Entwicklung, die Reaktion der Angehörigen des eigenen Verband und wie sehr der Tariflohn den tatsächlichen (individuellen) Lohn beeinflußt. Alle diese Faktoren kann man nie 100% vorhersagen.1

Der Verhandlungsprozeß wird sowohl die Ziele als auch die Faktoren der einzelnen Gruppen beeinflussen. Um z.B. einen anbahnenden Streik zu verhindern, sind die Mitglieder des Arbeitgeberverband doch eher bereit höhere Lohnzuwächse zu dulden, als sie es am Anfang der Verhandlungen gewesen waren.

Ohne Kompromißbereitschaft könnte sonst überhaupt kein gemeinsames Ergebnis erreicht werden.

2. Einfluß der Tarifvertrages auf den individuellen Arbeitslohn

Wieweit ein Tarifvertrag den individuellen Arbeitslohn beeinflußt, hängt davon ab, was man inhaltlich vereinbart hat, wie verbindlich dies ist und ab wann sie wirksam werden.

Der Tarifvertrag beinhaltet folgenden Elemente, die den individuellen Lohn beeinflussen:

Beschreibung von Tätigkeitsgruppen

Entlohnung der Tätigkeitsgruppen Arbeitszeit

Schichtzulagen

Entlohnung von Mehr- & Sonntagsarbeit Erschwerniszulagen

Urlaubsgeld / Weihnachtsgratifikationen

Einkommensschutz bei Herunterstufung in einer schlechter bezahlten Tätigkeitsgruppe Urlaub

Betriebliche Zusatzleistungen2

Die Betriebe haben einen gewissen Spielraum mit dem Lohn, da sie die Neueinstellungen in die Tätigkeitsgruppen einordnen.

Sind die Beschäftigten in eine Tätigkeitsgruppe eingeteilt, können die Unternehmen sie ohne Probleme in eine bessere bezahlte Tätigkeitsgruppe befördern, aber wenn jemand in eine schlechter bezahlten Tätigkeitsgruppe versetzt wird, muß das Unternehmen Ausgleichkompensationen leisten.

Oft sind Urlaubsgeld & Weihnachtsgratifikation an den Lohn gebunden, die Unternehmen können also über den Lohn drauf Einfluß nehmen.

Auch die betrieblichen Zusatzleistungen sind nur ein Angebot an die Beschäftigten. Der Tarifvertrag hat kein Einfluß drauf, inwieweit die Beschäftigten dieses nutzen. Ein wichtiger Begriff in diesem Zusammenhang ist der Lohndrift. Der Lohndrift ist das Auseinanderklaffen des tariflich vereinbarten Lohn mit dem tatsächlichen Lohn.

Der Prozeß des Auseinanderklaffen wird als Lohndrift und der Zustand als Lohnspanne bezeichnet.

Die Formel ist :

Mit für den Lohndrift. ist der effektive Lohn im Zeitraum t und ist der Tariflohn im Zeitraum t.3

Es kommt durch Probleme in der Datenerfassung zu Verzerrungen, aber trotz allem kann man anhand der daraus ergebenden Zahlen, erkennen, wie es um den Einfluß des Tarifvertrags steht. Ist der Lohndrift hoch, so ist der Einfluß gering, wenn der Lohndrift niedrig ist, so bedeutet dies einen hohen Einfluß.

Es gibt einige Ansätze, die versuchen die Existenz des Lohndrift zu erklären, aber da weitergehende Untersuchungen fehlen, werden ich sie hier nicht erläutern.

Einige Wirtschaftswissenschaftler sind der Meinung, daß bei Tarifverhandlungen nur der Lohnsatz festgelegt wird, der auch ohne Verhandlungen sich auf dem Markt durchgesetzt hätte.4 In diesem Fall hätte der Tariflohn keine Einfluß auf den individuellen Lohn. Dies dar aber bezweifelt werden, da es den Lohndrift und auch den theoretischen Ansätzen widersprechen würde.

3. Typologie der Tarifverhandlungen

3.1 Rollenverteilung

Die Rollen sind klar verteilt. Läuft ein Tarifvertrag aus oder wird er gekündigt, befinden sich die Gewerkschaften in der Rolle eines Angreifer und die Arbeitgeber in der Rolle eines Verteidigers.

Da die Gewerkschaften zuerst mit einer Forderung nach sehr hohen Lohnerhöhung ,,angreifen", ,,verteidigen" sich die Arbeitgeber mit einen sehr niedrigen Angebot.5

Dies liegt durch die Käufer / Verkäufer Beziehung, d.h. jeder Verkäufer versucht einen möglichst hohen Preis für sein Produkt zu erhalten, während jeder Käufer versucht einen möglichst geringen Preis zu bezahlen. Anderseits hat es in der Bundesrepublik nur viermal kein reales Wirtschaftswachstum gegeben. Da jede Gruppe versucht bei realen Zuwachs einen Teil abzukommen, ist es nur natürlich, daß die Gewerkschaften Lohnerhöhungen fordern.

3.2 Verhandlungsebene &-folge

Die Verhandlungsebene kann entweder ein einzelnes Unternehmen, ein Bezirk, mehrere Bezirke oder das Bundesgebiet sein.6

Meistens findet sie aber auf Bezirksebene statt. Zu Überlegen wäre, warum die Gewerkschaften nicht nur Werksverträge abschließen. Das liegt zu einem an den Unternehmen, die glauben sie wären im Verband stärker und zweitens an den Gewerkschaften, die gleichen betriebsunabhängigen Lohn für gleiche Arbeit wollen.

Die Verhandlungsfolge wird dadurch bestimmt, welche Gewerkschaft in welchen Bezirk den Tarifvertrag kündigt.

So werden die Einzelgewerkschaft versuchen, erst in einem Bezirk zu verhandeln, wo sie relativ stark sind, um dann das Ergebnis auch auf die Bezirke mit weniger Gewerkschaftsmacht durchsetzen.

Die Arbeitgeber können dies vereiteln, indem sie in allen Bezirken die Tarifverträge kündigen, um eine bundesweite Verhandlung oder viele gleichzeitige Verhandlungen zu erreichen.

3.3 Verhandlungsgegenstände

Die Gewerkschaften müssen sich immer überlegen, über welche Regelungen im alten Tarifvertrag neu verhandelt wird und welche so übernommen werden. Die nominale Steigerung von Löhne und Gehälter darf niemals fehlen, da der Zwang von eigenem Verband zu groß ist. Aber bei allen anderen Regelungen können sie sich frei entscheiden.

Dann müssen sie sich entscheiden, ob sie eine gleiche Erhöhung aller Arbeitseinkommen fordern, oder eine ungleiche Erhöhung, d.h. einige Lohngruppen sollen höhere Lohnzuwächse erhalten, als andere Lohngruppen.

Meistens vermeiden es die Gewerkschaften, daß sie offen ungleiche Erhöhungen fordern. Diese beruht wahrscheinlich darauf, daß man nicht den Eindruck erwecken möchte, man würde einige bestimmten Gruppen bevorzugen.

Die Gewerkschaften versuchen meist durch Abschaffung der unteren Lohngruppe eine versteckte ungleiche Erhöhung durchzusetzen.

Die Arbeitgeber versuchen die Anzahl der Verhandlungsgegenstände so gering wie möglich zu halten. Sie befürchten, daß sie mit steigender Anzahl auch mehr Zugeständnisse geben, die sich in höheren Personalkosten niederschlagen würden.

3.4 Argumente

Ein Argument, daß von beiden Seiten benutzt wird, ist die Steigung der Arbeitsproduktivität. Die Gewerkschaften wollen, daß die Löhne mindesten im gleichen Umfang steigen wie die Arbeitsproduktivität, da sonst die Verteilung des Arbeitsproduktes zuungunsten der Arbeitnehmer geändert würde.7

Die Arbeitgeber möchten, daß die Lohnsteigerung auf keinen Fall höher als die Arbeitsproduktivitätssteigerung ausfällt, da man sonst die Inflation anheizen würde.

Außerdem verlangen die Gewerkschaften einen Inflationsausgleich für eingetretene und zu erwartende Inflation.

Häufig addieren sie beide Argumente und stellen dies als ihre Minimalforderung vor.

In Zeiten des realen Wirtschaftswachstum wurde der Inflationsausgleichforderung praktisch immer nachgegeben, dies könnte eventuell auch die Inflation angeheizt haben. In Zeiten des stagnierenden oder schrumpfenden Sozialprodukt haben hingegen die Arbeitgeber großen Widerstand geleistet.

Ihre Begründung war, daß wenn auch das Sozialprodukt sinkt, sollte auch das Realeinkommen der Arbeitgeber sinken.

Mit den beiden oben genannten Forderungen wollten die Gewerkschaften nur bezwecken, daß die Lohnquote gleich bleibt.

Sie fordern auch schon mal die Anhebung der Lohnquote, mit der Begründung, daß das Gewinneinkommen (Gewinnquote) höher war als der Beitrag an diesem Produkt. Die Arbeitgeber kontern, indem sie klarstellen, daß die Gewinne der Anreiz zu Investitionen sein. Die Investitionen seien ein gewichtiger Faktor der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage. Und von dieser hängt auch die Beschäftigungslage ab. Bei abnehmenden Gewinne könnte es zu größere Arbeitslosigkeit kommen.

Die Gewerkschaften halten dagegen, daß wenn es ein höheres Realeinkommen gibt, die Konsumnachfrage erhöht wird und diese Erhöhung die Senkung der Investitionsnachfrage mehr als ausgleicht.

Wenn die Gewerkschaften sich vornehmen, Lohnunterschiede abzuschaffen, begründen sie dies folgendermaßen.

Die Unterschiede in der Produktivität könnten unmöglich so groß sein wie die Unterschiede im Lohn. Es handelt sich vielmehr um Diskriminierung bestimmter Gruppen, wie z.B. Frauen, die überwiegen in den niedrigen Lohngruppe arbeiten.

Die Arbeitgeber meinen, daß es sehr wohl Unterschiede in der Produktivität geben würde und sie müßten die unqualifizierten Arbeiter entlassen, wenn es zu Lohnangleichung kommt.

Die Industriegewerkschaften haben drauf verzichtet, es zu versuchen, da sie meinen, der unterschiedliche Lohn ist auch durch unterschiedliche Qualifikationen, Arbeitsanforderungen u.ä. bedingt, während aber im öffentlichen Dienst dies versucht wurde. Auch gilt das Produktivitätsargument nicht für öffentlichen Dienst, weil die Leistungen nicht meßbar sind, daher wollen die Gewerkschaften, drauf achten, daß die Arbeiter genauso bezahlt werden, wie vergleichbare Arbeiter in der Privatwirtschaft.

In der Diskussion ist das Aggregationsniveau der Daten sehr hoch. Häufig wird die gesamte Wirtschaft und die Bundesrepublik betrachtet, auch wenn nur in einer Branche oder Bezirk verhandelt wird.8

3.5 Phasen

In den sogenannten Schlüsselverhandlungen kann man 6 Phasen unterscheiden.

Schlüsselverhandlungen sind Verhandlungen, die eine Vorreiterrolle haben und deren Ergebnisse bei anderen Verhandlungen einfach übernommen werden.9

1. Phase : Konfrontation der Standpunkte

Die Gewerkschaft präsentiert zum Start der Verhandlungen ihre Maximalforderung und der Arbeitgeberverband seine Minimalangebot. Die Argumente sind schon bekannt, da sie schon vorher in der Öffentlichkeit geäußert wurden. Aber es wird schon verschlüsselt gezeigt, wo die jeweilige Tarifpartei ihre Verhandlungsspielräume sieht.

2. Phase : Detailverhandlungen

Nun rechnen die Arbeitgeber den Gewerkschaften vor, wie hoch die Kosten steigen würden, wenn sie den Forderungen nachkommen würden. Die Gewerkschaft verteidigt sich und droht auch schon mal mit Streik, wenn die Arbeitgeber nicht etwas Entgegenkommen zeigen. Diese könnten dann die Aussperrung ins Gespräch bringen. Normalweise unterbricht man die Verhandlungen um die Verbände zu informieren und sich zu beraten.

3.Phase: Zeit der Reifung

Man beginnt wieder mit den alten volkswirtschaftlichen Argumente, die man aber dann aufgibt. Statt dessen sprechen die Arbeitgeber nun die Grenzbetriebe (Betriebe mit schlechter wirtschaftlicher Lage) an, wobei die Gewerkschaft bereit ist über die Zahlungsfähigkeit einzelner Betriebe zu sprechen.

Beide Seiten versuchen jetzt Kompromißmöglichkeiten zu entwickeln, wobei man drauf achten muß, daß man den Rückhalt im eigenem Verband nicht verliert und vor dem Verhandlungspartner als nicht zu weich darsteht.

4.Phase : Kooperativer Suchprozeß

Nun werden die Verhandlungen in kleineren Gruppen weitergeführt. Die Gespräche sind strikt vertraulich.

Oft kennen die Teilnehmer sich so gut, daß man offen und gemeinsam nach einem Kompromiß sucht. Beide Seiten machen Zugeständnisse, so daß niemand befürchten muß als Verlierer darzustehen. Diese Phase endet normalerweise mit der Einigung. Kommt diese nicht zustanden, gibt es noch zwei weitere Phasen.

5. Phase: Entscheidungskrise

Die Gewerkschaften starten bereits die Mobilisierung ihrer Mitglieder, z.B. durch Demonstrationen oder auch Warnstreiks.

Im Arbeitgeberverband versuchen hingegen die Unternehmen ihre Verbandsfunktionäre zu beeinflussen. Wobei meist die Unternehmen Zugeständnisse machen wollen aber die Funktionäre auf Härte setzen.

Beide Seiten einigen sich dann entweder auf ein Schlichtungsversuch oder es kommt zum Arbeitskampf.

6. Phase: Schlichtung

Hier kommt es zur Einigung durch die Schlichter oder ,wenn eine Seite den Kompromiß nicht akzeptieren will, zum Arbeitskampf.

B. Theoretische Ansätze

1. Collective bargaining Theorie von Hicks

Hicks hat eine Theorie entwickelt, die Tarifverhandlungen erklären sollen.10 Es geht hierbei nur um den Lohnsatz. Alle anderen Inhalte des Tarifvertrags werden nicht berücksichtigt. Die Gewerkschaft beginnt die Verhandlung indem sie eine Forderung nach höherem Lohn aufstellt und zugleich mit Streik droht, wenn diese nicht erfüllt werden. Der Arbeitgeber überlegt nun, ob er der Forderung nachgibt oder einen Streik riskieren soll. Seine Entscheidung hängt davon ab, was ihm weniger kosten würde.

Er weiß erstens, daß je höher die Lohnforderung, desto höher die Kosten des Nachgeben, und zweitens, je länger die Streikdauer, desto höher die Kosten des Widerstand. Daraus ergibt sich die Konzessionskurve des Unternehmen (siehe Grafik Nr.1). Sie zeigt, welches der höchste Lohnsatz ist, den der Arbeitgeber zahlen würde, statt eine Streik der erwarteten Dauer zu riskieren.

Grafik Nr.111

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Kurve startet bei z. Dies ist der Lohnsatz, den das Unternehmen ohne Gewerkschaftsdruck bereit wäre zu zahlen.

Ab einem bestimmten Lohnsatz würde der Unternehmer seinen Betrieb dauerhaft schließen, da zu hohe Lohnkosten den Betrieb unrentabel machen würde. Ab diesem Lohnsatz verläuft die Kurve parallel zu Abszisse.

Bei den Gewerkschaften sieht die Situation ähnlich aus.

Die Mehreinnahmen durch einen höheren Lohn müssen sie dem Lohnausfall bei einem Streik gegenüberstellen.

Die Widerstandskurve der Gewerkschaften gibt an, welche der niedrigste Lohnsatz ist, den die Gewerkschaft hinnehmen würde, statt einen Streik von der erwarteten Dauer zu führen(siehe Grafik Nr.2).

Da die Arbeiter irgendwann wieder arbeiten müssen, da sie nicht dauerhaft ohne festen Einkommen leben können, endet die Kurve in z.

Grafik Nr.2 12

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Fügt man beide Kurven in eine Grafik zusammen (siehe Grafik Nr.3) erkennt man, daß diese sich im Punkt P schneiden.

Grafik Nr.313

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Ordinatenwert A gibt den Lohnsatz an, den die Tarifparteien vereinbaren. Die Gewerkschaft kann keine höheren erreichen und die Arbeitgeber keinen niedrigeren.

Sollte es doch zum Streik kommen, kann dies aus zwei Gründen passieren.

Zu einem meint Hicks, daß eine Waffe, die nicht benutzt wird, verrostet.14 D.h. eine Gewerkschaft, die nie streikt, verliert langsam ihre Fähigkeit einen akzeptablen Streik zu organisieren.

Sie muß also ab und zu mal streiken, damit die Arbeitgeber weiterhin den Streik als ernstgemeinte Androhung empfinden.

Ein andere Grund ist die Unwissenheit über die Reaktionskurven.

Kennt eine Seite ihre oder die fremde Reaktionskurve nicht, kann es auch zum Streik kommen.

Abhilfe schafft hier, wenn sich Gewerkschaften und Arbeitgeber regelmäßig treffen, so daß jede Seite mehr über die andere Seite weiß und so besser die Reaktionskurve einschätzen kann.

2. Nutzenmaximierer- Modell der Monopolgewerkschaft

Im neoklassischen System kommt es bei Lohnstarrheit zu Arbeitslosigkeit. Die Lohnstarrheit kommt zustande entweder durch den Einfluß der Gewerkschaften oder durch den Staat. Ich betrachte hier nur die Lohnstarrheit durch Gewerkschaften. Wobei es sich hier um einen Minimumlohn handelt, da die Gewerkschaften nichts gegen höheren Löhne einzuwenden haben.

Die (Monopol-)Gewerkschaft ist daran interessiert ,daß es hohe Löhne und eine hohe Beschäftigung gibt.

Eine ökonomisch rationale Entscheidung würde es sein, wenn sie versuchen würden eine optimale Kombination der beiden konkurrierenden Zielen zu erreichen.15 Die Ziele daher konkurrierend, weil im neoklassischen System, bei jedem Lohnsatz, der über dem Gleichgewichtslohnsatz liegt Arbeitslosigkeit herrscht. Je höher der Lohnsatz ist, desto höher ist die Arbeitslosigkeit.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Grafik Nr. 416

In der Grafik Nr.4 ist der Lohnsatz mit w (für engl. wage) und die Arbeit mit L (für engl. Labour) bezeichnet. LD ist die Nachfrage nach Arbeit, die abhängig vom Lohnsatz ist. LS ist das fixe Angebot an Arbeit.

w* ist der Gleichgewichtslohn, wo die nachgefragte Menge Arbeit mit dem Angebot übereinstimmt und somit Vollbeschäftigung herrscht.

Die Gewerkschaft hat die Nutzenfunktion U=U(w,L),die hier durch die Indifferenzkurve II` dargestellt wird. Sie zeigt, daß für höhere Löhne auch etwas höhere Arbeitslosigkeit hingenommen wird.

In dem Punkt P schneidet sich die höchstmögliche Indifferenzkurve mit der Arbeitsnachfrage. P ist also die optimale Entscheidung, wobei der Lohnsatz w erreicht wird und die Arbeitslosigkeit L L* akzeptiert wird.

Der Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und gewerkschaftlichen Einfluß ist aber nicht immer gegeben.

Unter der Bedingung das ein Unternehmen (oder wenige Unternehmen) als Arbeitsnachfrager auftritt, hat dieses Unternehmen direkt Einfluß auf den Lohnsatz.

Um zusätzliche Arbeiter zu erhalten, wird diesen einen höheren Lohn angeboten. Da es aber normalerweise so ist, daß alle Arbeiter in einem Unternehmen den gleiche Lohn erhalten, muß das Unternehmen bei Neueinstellungen auch die Löhne aller Arbeiter anheben. Es kommt also bei Neueinstellungen zu Grenzlohnkosten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Grafik Nr. 517

G ist die Grenzlohnkostenkurve eines zusätzlichen Arbeiter. LD ist die durch die Grenzproduktivität bestimmte Arbeitsnachfrage. LS ist die Arbeiterangebotskurve, wobei gilt, je mehr Leute das Unternehmen einstellen will, desto höher ist der Lohn der gezahlt werden muß.

Gibt es keinen Einfluß auf den Lohn durch die Gewerkschaften, dann ist der Punkt P die optimale Entscheidung. Es werden die zusätzlichen Kosten (auf der G Kurve) durch die zusätzlichen Erlöse (auf der LD Kurve) gedeckt. Es werden also L* Arbeiter zu einem Lohnsatz w* beschäftigt.18

Wenn es durch den Einfluß von Gewerkschaften nun einen einheitlichen Lohnsatz von w festgesetzt wird, dann fällt die Arbeiterangebotskurve LS weg und an ihrer Stelle tritt dann die Horizontale wR. Da die Löhne im Unternehmen nun immer gleich sind, da die Gewerkschaft nichts anderes zulassen würde, sind die Grenzlohnkosten gleich den Lohnkosten. Es kommt also durch Gewerkschaftseinfluß zu einem höheren Lohn und zu mehr Beschäftigung (L) als vor der Festsetzung des Lohnes.

Die Gewerkschaft sorgt also auf Arbeitsmärkten, wo nur ein oder wenige Unternehmen als Nachfrager auftreten, dafür, daß die Nachfrage nach Arbeit unter ähnlichen Bedingungen sich verhält, wie auf Arbeitsmärkten mit vielen Unternehmen.

C. Empirisches Bild

Die Empirische Untersuchung19 von Tarifverhandlungen zeigt, daß die Arbeitsmarktanspannung (Verhältnis offene Stellen zu Arbeitslosen) einen Einfluß auf die Verhandlungen hat.

Meist wird nur auf die gesamtwirtschaftliche Situation geachtet. Eine Ausnahme ist die IG Metall, die auch auf die branchenwirtschaftliche Situation achtet.

Auch die erwartete Inflationsrate hat Einfluß. Kommt es hierbei zu Fehleinschätzung ist dies aber kein Thema für die nächste Verhandlung. Um eine zu große Abweichung zu vermeiden, wurde bei den Tarifverträgen die Mindestlaufzeit gekürzt. Bei sehr großen Abweichungen werden sogar vor der Ablauf der Kündigungsfrist neue Verträge geschlossen.

Folgende Feststellungen ergaben sich noch aus der Untersuchung:

Die Tarifpolitik orientiert sich mehr an den Leuten, die eine Beschäftigung haben. Dies erkennt man daran, daß die Lohnreaktion wenig flexibel bezüglich der Lage am Arbeitsmarkt ist.

Tarifabschlüsse für die niedrigste Lohngruppe fallen häufig höher aus, als für die höheren Lohngruppen.

Die Ergebnisse sind vereinbar mit dem Monopol- und dem Bargainingansatz. Wobei der Bargainingansatz doch mehr Vorteile bietet. Die Gesamtwirtschaftliche Situation wird bei Hicks mehr berücksichtigt. Diese besteht (zusammengefaßt) aus zwei Komponenten: die Arbeitsmarktanspannung, die Schwankungen der Verhandlungsmacht zeigt, und die erwartete Inflation, die großen Einfluß auf die gewerkschaftlichen Ziele hat und auch auf den unternehmerischen Widerstand.

Auch geht der Monopolansatz davon aus, daß die Gewerkschaft das Arbeitsangebot kontrollieren. Dies ist in Deutschland aber nicht der Fall.

Literaturverzeichnis

Brinkmann, G.

Hicks, J.R.

Himmelmann, G. Külp, B.

Meyer, W.

Rothschild, K.W.

Ökonomik der Arbeit, Band 3, Stuttgart 1984

The Theory of Wages, 2. Aufl., London 1963

Lohnbildung durch Kollektiv- verhandlungen, Berlin 1971 Der Lohnfindungsprozess der Tarifpartner, Darmstadt 1977

Bestimmungsfaktoren der Tariflohnbewegung, Frankfurt/Main; New York 1990 Theorien der Arbeitslosigkeit, 2. Aufl., München 1994

[...]


1 Vgl. Brinkmann, G.: Ökonomik der Arbeit, Band 3, Stuttgart 1984, S.108

2 Vgl. Brinkmann, G.: Ökonomik der Arbeit, Band 3, Stuttgart 1984, S.109

3 Vgl. Brinkmann, G.: Ökonomik der Arbeit, Band 3, Stuttgart 1984, S.114

4 Vgl. Külp, B.: Der Lohnfindungsprozess der Tarifpartner, Darmstadt 1977, S.46

5 Vgl. Brinkmann, G.: Ökonomik der Arbeit, Band 3, Stuttgart 1984, S.122

6 Vgl. Brinkmann, G.: Ökonomik der Arbeit, Band 3, Stuttgart 1984, S.123

7 Vgl. Brinkmann, G.: Ökonomik der Arbeit, Band 3, Stuttgart 1984, S.125

8 Vgl. Brinkmann, G.: Ökonomik der Arbeit, Band 3, Stuttgart 1984, S. 127

9 Vgl. Himmelmann, G.: Lohnbildung durch Kollektivverhandlungen, S.135-190

10 Vergl. Hicks, J.: The Theory of Wages, London 1963, S.140-152

11 In Anlehnung an: Hicks, J.: The Theory of Wages, London 1963, S. 143

12 In Anlehnung an: Hicks, J.: The Theory of Wages, London 1963, S. 143

13 Entnommen aus: Hicks, J.: The Theory of Wages, London 1963, S. 143

14 Vergl. Hicks, J.: The Theory of Wages, London 1963, S.146

15 Vergl. Rothschild, K.W.: Theorien der Arbeitslosigkeit, S.39

16 Entnommen aus: Rothschild, K.W.: Theorien der Arbeitslosigkeit, S.39

17 Entnommen aus: Rothschild, K.W.: Theorien der Arbeitslosigkeit, S.41

18 Vergl. Rothschild, K.W.: Theorien der Arbeitslosigkeit, S.41

19 Meyer, W.: Bestimmungsfaktoren der Tariflohnbewegung - Eine empirische, mikroökonomische Untersuchung für die Bundesrepublik, Frankfurt/Main; New York 1990

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Von der "individuellen" zur "kollektiven" Lohnverhandlung: Die Gewerkschaftstheorien
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Note
2,3
Autor
Jahr
2000
Seiten
13
Katalognummer
V97716
ISBN (eBook)
9783638961677
ISBN (Buch)
9783668306530
Dateigröße
537 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Lohnverhandlung, Gewerkschaftstheorien
Arbeit zitieren
Danny Schröder (Autor:in), 2000, Von der "individuellen" zur "kollektiven" Lohnverhandlung: Die Gewerkschaftstheorien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97716

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