Organisatorischer Wandel und Transformation


Skript, 1999

3 Seiten


Leseprobe


Vorbereitung auf die Klausur "Organisatorischer Wandel und Transformation"

Kurze Abhandlung des Inhalts

In der klassischen Managementlehre wurde die Umsetzung einer neuen Lösung lange Zeit als reines Planungs- und Umsetzungsproblem gesehen. Die Realität zeigt aber, dass "generalstabsmäßige" Planung Wandelprozesse nicht optimal umzusetzen vermag. Diese Problematik wurde zum fünften generischen Problem der Organisationsgestaltung.

In der organisatorischen Realität sind auch gegen Änderungen, die keinen objektiven Nachteil mit sich bringen, Widerstände beobachtbar. Diese werden auf die zwei Hauptgründe der Angst vor Sicherheitsverlust und der Befürchtung der Verschlechterung von Bedürfnisbefriedigungsmöglichkeiten zurückgeführt. Es wird unterschieden in Widerstände aus der Person und aus der Organisation.

Kurt Lewin führte in den 40er und 50er Jahren Experimente durch, die als Ergebnis die "goldenen Regelen" organisatorischen Wandels hervorbrachten. Diese stellen insbesondere die Aktivität und Kooperation des einzelnen, die Gruppe als zentrales Element und die Tatsache, dass Wandelprozesse zyklisch verlaufen in den Mittelpunkt.

Aus diesen Erkenntnissen wird die triadische Epsiode "unfreezing", "moving", freezing" als organisatorisches Änderungsgesetz konstruiert, welches nach Lewin allen erfolgreichen Wandelprozessen zugrunde liegt.

Vor dem Hintergrund des Conneticut-Seminars, bei welchem die herausragende Rolle des Feedbacks für soziale Prozesse entdeckt wurde, entwickelte sich eine besondere Trainingsmethode, welche unter dem Namen "T-Group" bekannt und untersucht wurde. Feedback wurde als geeignet betrachtet, das sog. Johari-Fenster zu Gunsten des Bereichs I innerhalb dieses Fensters und zu Ungunsten der anderen drei Bereiche zu verändern.

Auf der Basis dieser Forschungen entwickelte sich schließlich ein Spezialzweig der Organisationstheorie, nämlich die Organisationsentwicklung (OE), welche ihren Ausgangspunkt in der "Survey-Feedback"-Forschung hat. Grundsätzliche Merkmale der Organisationsentwicklung sind der geplante Wandel, der ganzheitliche Ansatz, die Anwendung sozialwissenschaftlicher Theorien, die Verbindung von Struktur und Verhalten sowie die Intervention durch Spezialisten ("change agents"). Grundsätzliches Ziel war zunächst die Überwindung von Widerständen.

Auf Basis des Schemas erfolgreicher Wandelprozesse nach Greiner wurden verschiedene Modelle der Intervention entwickelt, die an der Ebene des Individuums, der Gruppe, der Gruppenbeziehungen, des Gesamtsystems oder der interorganisationalen Beziehungen anzusetzen versuchen.

Der "Survey-Feedback"-Ansatz stellt das Feedback als zentrales Element in den Mittelpunkt. Eine fiktive "gesunde" Organisation gilt hier als Maßstab. "Konfrontationstreffen" stellen eine zeitlich extrem komprimierte Form dieses Ansatzes dar. Die "Prozeßberatung" geht einen anderen Weg, indem sie die Unternehmung als Klienten sieht, dem geholfen wird, sein Gesamtumfeld besser wahrzunehmen, ohne konkrete Gestaltungsvorgaben zu machen. Der strukturierte Ansatz des "Verhaltensgitter" baut auf einem Multiplikatoren-Konzept auf, bei welchem "im Labor" entwickelte Methoden kaskadenartig auf das System übertragen werden. Die "systemische Intervention" versucht hingegen pathologische Systeme ähnlich der Doppelbindungstheorie der Schizophrenie an ihrer paradoxen Wurzel zu erschüttern und freizuschlagen.

An dem gesamten Ansatz und der grundsätzlichen Harmonie-Prämisse der Organisationsentwicklung ist konzeptionelle Kritik zu üben, welche sich auf ein schiefes Verständnis von Wandel zurückführen lässt, da Wandel als Spezialistensache und planbarer, fest umschriebener Prozess betrachtet wird. Die entscheidende Sichtweise des Wandels als Sonderfalls ist zu kritisieren.

Das Konzept des organisatorischen Lernens wird als geeignet angesehen, die Schwächen des Organisationsentwicklungsansatzes zu überwinden.

Ausgehend vom S-R-Paradigma, welches den Prozess des Lernens als "Black-Box" betrachtet, wird das Modell des individuellen Lernens in eines des organisationalens überführt. Hierbei wird auf mögliche "Lernstörungen" innnerhalb des organisationalen Lernprozesses verwiesen.

Der kognitive Ansatz läßt zusätzlich Lernen auch ohne direkte Reaktion auf einen Reiz mit entsprechender Verhaltensänderung zu, bezieht also Lernen durch Veränderung kognitiver Muster mit ein. Zentral ist in diesem Zuusammenhang die Sichtweise der Organisation als Wissenssystem, dessen emergente Wissensbasis durch die Mitarbeiter kontinuierlich kollektiv verändert wird. Über die Vorstellung darüber, wie diese Wissensbasis aufgebaut ist und welche Arten und Formen von Wissen sie beinhaltet, bestehen verschiedene Sichtweisen.

Wissen bezeichnet in diesem Sinne ein Handlungspotential, auf welchem die Handlungen der Mitglieder beruhen. Sie bedienen sich hierbei Handlungstheorien, wobei zwischen den "espoused theories" und den "theories in use" zu unterscheiden ist.

Beim organisationalen Lernen wird zwischen verschiedenen Lernebenen unterschieden. Auf der Ebene des "Single-Loop-Learnings" werden lediglich operative Anpassungen vorgenommen, während die Ebene des "Double-Loop-Learnings" die Prämissen der kollektiven Handlungstheorie selbst zur Disposition stellt. Neben diesen Ebenen gibt es noch die Ebene des "Deutro-Learnings", welche eine Art des "Lernen des Lernens" der Organisation darstellt, in welchem bestimmte Lernprozesse und und -kontexte reflektiert werden.

Es wird unterschieden zwischen verschiedenen Lernformen. Neben dem erfahrungsbasiertem Lernen gibt es noch vermitteltes Lernen sowie die Inkorporation neuer Wissensbestäne und die selbstreferentielle Generierung neuen Wissens Organisationen werden als lernende Systeme begriffen, welche durch Diffenzbildung zur Umwelt die Wissensbasis, welche konstitutiv für das System ist, verändern. Die Komplexität der Umwelt stellt für das System eine ständige Bedrohung der Existenz dar. Dieses Problem kann nicht durch einmalige Grenzziehung dauerhaft gelöst werden. Vielmehr muß stets mit Unvorhergesehenem gerechnet werden, was eine fortlaufende Veränderungsbereitschaft erfordert. Lernfähigkeit wird als Sicherstellung der Veränderungsbereitschaft verstanden. Die Veränderung der Wissensbasis gehört somit zum System-Alltag.

Herauszustellen ist, dass sich der Begriff des organisatorischen Wandels in der Entwicklung verändert hat. Die Sichtweise des Wandels als Sonderfall und als seperates Problem, welche in der Sichtweise der Organisationstheorie entscheidend kritisiert wurde, ist gewichen der Sichtwesie des Wandels als Normalfall, der dem System endogen ist. Ebenso wurde die Perspektive der direkten Steuerung von Wandelprozessen zugunsten einer indirekten Steuerung verändert. Ferner muß Wandel nun nicht mehr (zwangsläufig) von einem (externen) Berater durchgeführt werden, sondern von der Organisation selbst, die Wandel als eine ihrer generellen Kompetenzen betrachtet.

Abschliessend ist festzustellen, dass das Konzept der "totalen Lernorganisation", in welcher das System oftmals "anti-strukturell" beschrieben wird, nicht der logische Schluß der Sichtweise der Organisation als lernendes System ist. Systeme, welche "chronically unfrozen" sind, haben keine generellen Regeln mehr, sondern bilden vielmehr ständig Punkt-für-Punkt Schnittpunkte mit der Umwelt. Jedes Problem wird innovativ gelöst. Hierbei ist allerdings die Wichtigkeit und die Funktion der Struktur für ein System zu betonen, welche als enttäuschungsresistent programmiert betrachtet und selbst im Enttäuschungsfall kontrafaktisch aufrecht erhalten wird. Dadruch ist das System nicht gezwungen, auf jeden Reiz von aussen zu reagieren. Lernen hingegen ist stets änderungsbereit programmiert. Beide Konzepte schließen sich dennoch nicht aus, denn das System muss sich ständig bewusst machen, dass Strukturen künstliche Stabilisierungen sind, welche gegebenenfalls angepasst werden müssen, um leistungsfähiger zu sein. Diese Stabilisierungen sind also selbst widerrum in einen Lernprozeß eingebettet. Sie werden als rücknehmbarer Sonderfall betrachtet.

Die aufgeworfene Gestaltungsfrage stellt sich daher nun in einem anderen Licht: Die Kernfrage heißt nun nicht mehr, wann eine Organisation lernen soll, sondern wann sie nicht lernen soll.

Ende der Leseprobe aus 3 Seiten

Details

Titel
Organisatorischer Wandel und Transformation
Hochschule
Freie Universität Berlin
Autor
Jahr
1999
Seiten
3
Katalognummer
V98851
ISBN (eBook)
9783638973021
Dateigröße
327 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Organisatorischer, Wandel, Transformation
Arbeit zitieren
Sebastian Thimm (Autor:in), 1999, Organisatorischer Wandel und Transformation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98851

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