Männliche Ehre - weibliche Scham. Analyse immanenter Wertvorstellungen vor dem Hintergrund von Migration


Diplomarbeit, 2006

122 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Begriffe „Ehre“ und „Würde“ in der traditionellen türkischen Gesellschaft
2.1 Ehre
2.2 Würde
2.3 Die Modifikation von „Ehre“ und „Würde“ in der türkischen Gesellschaft
2.4 Distinktionen innerhalb der Familie
2.5 Die Situationsgebundenheit von Ehre und Achtung
2.6 Die räumliche Geschlechtertrennung
2.7 Das muslimische Reinheitsgesetz
2.8 Die traditionell türkische weibliche Scham
2.9 Die traditionell türkische männliche Ehre
2.10 Die türkische Verfassung

3 Ehrvorstellungen von Migranten in Deutschland
3.1 Die Entstehung von Ich-Identität bei jugendlichen Migranten und Migrantinnen
3.2 Die Migration türkischer Gastarbeiter nach Deutschland
3.3 Ehrvorstellungen als Grundlage von Erziehung in türkischen Migrantenfamilien
3.4 Normen und Wertvorstellungen männlicher türkischer Jugendlicher in Deutschland
3.4.1 Traditionell orientierte männliche türkische Jugendliche
3.4.2 Bikulturell orientierte männliche türkische Jugendliche
3.4.3 „Ausgebrochene“ männliche türkische Jugendliche
3.5 Normen und Wertvorstellungen weiblicher türkischer Jugendlicher in Deutschland
3.5.1 Traditionell orientierte weibliche türkische Jugendliche
3.5.2 Bikulturell orientierte weibliche türkische Jugendliche
3.5.3 „Ausgebrochene“ weibliche türkische Jugendliche

4 Zwangsheirat von Türken und Türkinnen in Deutschland
4.1 Begriffsdefinition der „arrangierten“ und der „erzwungenen“ Ehe
4.2 Zwangsheiraten bei Migranten in Deutschland
4.3 Fallbeispiel zur Zwangsverheiratung von Frauen
4.4 Zwangsheirat aus Sicht traditionell orientierter Männer
4.4.1 Das niedrige Alter der Braut
4.4.2 Die wirtschaftliche Abhängigkeit der Eltern
4.4.3 In Abwesenheit der Brautleute geschlossene Imam-Ehe
4.5 Der rechtliche Umgang mit Zwangsheiraten
4.5.1 Auslandseheschließungen
4.5.2 Inlandseheschließungen

5 Ehrenmorde in Deutschland
5.1 Fallbeispiel zu Ehrenmorden in türkischen Migrantenfamilien
5.2 Der rechtliche Umgang mit Ehrenmorden
5.2.1 Aufenthaltssicherung
5.2.2 Aufenthaltsrecht für Migrantinnen
5.2.3 Schutzmaßnahmen

6 Die multikulturelle Gesellschaft in Deutschland

7 Nationale, europäische und internationale Maßnahmen und Forderungen gegen Ehrverbrechen

Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

In dieser Diplomarbeit werden die immanenten Normen und Wertvorstellungen auf der Basis von traditioneller „Ehre“ und „Scham“ bei türkischen Migranten und Mi­grantinnen in Deutschland untersucht.

Hatun Sürücü, eine 23-jährige Frau türkisch-kurdischer Abstammung, wurde am 7. Februar 2005 an einer Berliner Bushaltestelle von ihrem Bruder mit Kopfschüssen getötet. Der Bruder gab als Grund für den Ehrenmord an seiner Schwester an, dass sie die Ehre der Familie verletzt habe. Hatun habe angefangen „wie eine Deutsche“ zu leben und diese Lebensweise könne nicht mit den traditionell türkischen Verhal­tensvorstellungen in Einklang gebracht werden. Um die Ehre der Familie wieder her­zustellen, sah er daher keinen anderen Ausweg als die Tötung seiner Schwester. Die Ehre der Familie scheint nun nach seiner Tat wieder hergestellt.[1] Der Ehrenmord an Hatun Sürücü erhielt von mehreren männlichen türkischstämmigen Schülern Zustim­mung. Auch sie würden im Falle des Zuwiderhandelns der Schwester gegen die tra­ditionell türkischen Normen und Werte und bei einer Gefährdung der Familienehre durch die Schwester diese umbringen.[2] Eine Anpassung der Frauen an die deutschen Normen und Wertvorstellungen wird in einigen traditionell orientierten türkischen Familien als „unehrenhaft“ und von daher als eine Bedrohung der Familienehre angesehen.

„Im Kern geht es bei dieser Ablehnung der westlichen Lebensweise um die Geschlechterrol­len, die sexuelle Selbstbestimmung und die Freiheiten, die Mädchen und Jungen gleichbe­rechtigt wahrnehmen können.“[3]

Männliche türkischstämmige Jugendliche mit traditionellen Normen und Wertvor­stellungen scheinen großen Wert auf die eigene „Ehre“ und die „Ehre der Familie“ zu legen. Der Wert der eigenen und der der Familienehre ist so hoch, dass man für seine Bewahrung tötet. Dabei fällt auf, dass ausschließlich Frauen Opfer von Ehren­morden werden und nicht Männer. Die Ehrenmorde an Frauen werden durch Männer ausgeführt. Die türkisch traditionellen Normen und Wertvorstellungen müssen den Mann deshalb in einer Weise über die Frau erheben, dass er sich verpflichtet sieht, sie bei einem Fehlverhalten zu bestrafen bzw. sie im äußersten Fall zu ermorden.[4] Zu Beginn dieser Diplomarbeit wird deshalb auf die patriarchalische Rollenverteilung in einer traditionell orientierten türkischen Gemeinschaft, häufig in türkischen Dörfern vorkommend, eingegangen. Die Rollenverteilung wird in Bezug auf die Unterschei­dung zwischen den Geschlechtern innerhalb der Familie und in der Öffentlichkeit untersucht. Hierbei werden die Bedeutungen von „Ehre“, „Würde“ und „Achtung“ im jeweiligen Kontext erläutert.

Interessant scheint auch, dass der Ehrenmord an Hatun Sürücü von traditionell orien­tierten Jugendlichen befürwortet wurde, die entweder in Deutschland geboren wur­den oder aufgrund ihres jungen Alters nicht lange in der Türkei gelebt haben können. Sie können ihre traditionellen Normen und Wertvorstellungen daher nicht in der Tür­kei erworben haben. Die elterliche Erziehung scheint deshalb für die Entwicklung von Normen und Wertvorstellungen bei Jugendlichen eine große Rolle zu spielen. Sie wirkt jedoch nicht alleine auf Normen und Wertvorstellungen ein. Der Jugend­liche wird in seiner Ausrichtung der Normen und Werte auch vom deutschen Le­bensraum sowie von seinem sozialen Umfeld beeinflusst. Ferner kann davon ausge­gangen werden, dass nicht alle türkischen Eltern ihre Kinder nach traditionellen Nor­men und Wertvorstellungen erziehen. Auch werden sich nicht alle türkischen Ju­gendlichen nach den Normen und Wertvorstellungen ihrer Eltern richten.[5] Der Fall Hatun Sürücü zeigt, dass es türkische Frauen in Deutschland gibt, die sich gegen die Einhaltung der elterlichen Normen und Wertvorstellungen richten. Ebenso ist die Vorstellung, dass alle türkischen Frauen aus den traditionell patriarchalischen Nor­men und Wertvorstellungen ausbrechen wollen und alle türkischen Männer für die Einhaltung von Normen und Wertvorstellungen sind, unzutreffend. Die zurzeit lau­fende Kampagne von Terre de Femmes beweist, dass auch männliche türkisch­stämmige Jugendliche sich gegen die Einhaltung von traditionellen Normen und Wertvorstellungen richten. Im Rahmen der Jahreskampagne 2004/2006 wurden unter dem Motto: „NEIN zu Verbrechen im Namen der Ehre“ in Zusammenarbeit mit MaDonna Mädchenkult e.V. (einem Mädchenverein aus Berlin) Postkarten und Pla­kate erstellt. Auf diesen werben zwei männliche und zwei weibliche türkischstäm­mige Jugendliche mit dem Slogan „Ehre ist, für die Freiheit meiner Schwester zu kämpfen“ gegen traditionell patriarchalische Normen und Wertvorstellungen. Die Kampagne hat die öffentliche Missbilligung von Ehrenmorden und Zwangsverhei­ratungen sowie von Gewaltanwendungen im Namen der Ehre zum Ziel.[6]

Der zweite Teil dieser Diplomarbeit befasst sich aus diesem Grunde mit immanenten Normen und Wertvorstellungen von türkischen Migranten und Migrantinnen in Deutschland. Hierfür wird zuerst die Migration türkischer Gastarbeiter und Gast­arbeiterinnen nach Deutschland beschrieben. Ihre Normen und Wertvorstellungen erhielten durch die Migration eine Modifikation. Diese Modifikation soll im Hinblick auf deren Erziehungsvorstellungen analysiert werden. Danach wird aufgeführt, in­wieweit sich türkische Jugendliche den Erziehungsvorstellungen und somit den elter­lichen Normen und Werten anpassen. Hierbei scheint es sinnvoll, aufgrund der patri­archalischen Rollenverteilung zwischen männlichen Jugendlichen und weiblichen Jugendlichen zu unterscheiden. Es wird zudem untersucht, welchen Einfluss andere Faktoren auf die türkischen Jugendlichen in Deutschland im Hinblick auf ihre Ent­scheidung für bestimmte Normen und Wertvorstellungen haben.

Es ist wichtig hervorzuheben, dass sich einige türkische Jugendliche nicht ohne wei­teres zu anderen Normen und Wertvorstellungen als denen der Eltern bekennen kön­nen. Manche traditionell orientierten Eltern beharren auf der Einhaltung traditioneller Normen und Wertvorstellungen durch alle Familienmitglieder. Sie begründen ihre Einstellungen mit den traditionell türkischen Werten: „Ehre“ und „Ansehen“. Han­deln die Kinder den traditionellen Normen und Wertvorstellungen zuwider, so müs­sen sie mit Sanktionen durch ihre Eltern rechnen. Mädchen werden im extremsten Fall durch Familienmitglieder ermordet.[7]

Diese Diplomarbeit beschäftigt sich deswegen im dritten und vierten Teil mit Zwangsverheiratungen und Ehrenmorden an türkischen Migrantinnen in Deutsch­land. Von Zwangsverheiratungen können sowohl Frauen als auch Männer betroffen sein. Durch die patriarchalische Rollenverteilung in der türkischen Gesellschaft wer­den jedoch häufiger Frauen Opfer als Männer. Zwangsverheiratungen von Frauen werden daher verstärkt behandelt. Beide Kapitel beginnen mit einer Begriffsdefini­tion. Anschließend wird der Bezug zu traditionellen Normen und Wertvorstellungen, wie der Einhaltung von „Ehre“ und „Achtung“, verdeutlicht. Zusätzlich sollen Bei­spiele zum besseren Verständnis dieser Problematik beitragen. Jeweils am Ende des dritten und vierten Kapitels wird der rechtliche Umgang mit Zwangsheiraten und Ehrenmorden in Deutschland näher erläutert.

Nach dem Ehrenmord an Hatun Sürücü trat in Politiker- und Wissenschaftlerkreisen verstärkt die Frage auf, ob die Integration der muslimischen und somit auch der tür­kischen Bevölkerung in Deutschland gescheitert sei. Einige Autoren und Autorinnen übten Kritik am Konzept des Multikulturalismus in Deutschland. Deutschland würde die Gewährung von Mulikulturalität zum Teil über die Gewährung von Menschen­rechten erheben.[8] Die Integration von Muslimen in Deutschland sei, so auch zu lesen in Günter Lachmann „Die tödliche Toleranz“, gescheitert.

„Die Integration der Muslime in die westliche Gesellschaft ist gescheitert. Der Traum von der ‚multikulturellen Gesellschaft’ ist geplatzt.“[9]

Der Frage, ob die Integration von türkischen Migranten und Migrantinnen in Deutschland als gescheitert betrachtet werden kann, widmet sich das fünfte Kapitel der Diplomarbeit. Hierzu dienen die Erkenntnisse aus den vorherigen Kapiteln sowie die Ergebnisse zweier Studien über die Integrationswilligkeit von türkischen Migranten und Migrantinnen in Deutschland.[10] Zusätzlich wird das Konzept des Multikulturalismus auf seine Kritik hin untersucht.

Das letzte Kapitel soll hervorheben, welche Maßnahmen heutzutage auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene getroffen werden, um Gewaltanwendungen aufgrund von traditionellen Ehrvorstellungen entgegenzuwirken. Da die Problematik von Ehrverbrechen erst in den letzten Jahren in den Fokus der Politik getreten ist, wird hier besonders auf die Forderungen für politisches Handeln gegen Ehrverbre­chen eingegangen.[11]

Diese Diplomarbeit möchte daher ein klareres Bild über die immanenten Normen und Wertvorstellungen, die besonders auf der jeweiligen Gewichtung des Wertes von „Ehre“ basieren, von türkischen Migranten und Migrantinnen in Deutschland liefern.

2 Die Begriffe „Ehre“ und „Würde“ in der traditionellen türkischen Gesellschaft

2.1 Ehre

Die Bedeutungen der Begriffe „Ehre“ und „Schande“ basieren kaum auf den Über­lieferungen der islamischen Religion, sondern entspringen eher der nahöstlichen Tradition und dem Volksislam. Im Koran wird die „Ehre“ vor allem im Kontext mit der Belohnung des Gläubigen durch Allah, dem Eintritt in das Paradies, verwendet (Stellen 3,26-27; 49,13; 70,23-35). Eine Auffassung von „Ehre“ und „Schande“, wie sie in traditionellen islamischen Gesellschaften noch heute gelebt wird, ist im Koran und in den islamischen Überlieferungen nicht zu finden.

„Weder der Koran noch die islamische Überlieferung sprechen in dem Sinne von Ehre, wie er vor allem im ländlichen Bereich, dem von Stammesdenken und Stammesstrukturen geprägten islamischen Umfeld gelebt wird.“[12]

„Ehre“ und „Schande“ können unter Umständen aus einem religiösen Kontext abge­leitet werden, sie können aber auch ganz profanen Motiven, Strategien und Zusam­menhängen zu Grunde liegen, die in der Tradition und in den Werten der islamischen Länder weitergelebt werden.[13]

Einige Reformerinnen und Reformer wenden sich heutzutage strikt gegen eine reli­giös begründbare Auffassung von „Ehre“ und „Scham“. Die Religion dürfe nicht missbraucht werden, um patriarchalische Ehrvorstellungen aufrechtzuerhalten.

„Eine begriffliche Differenzierung, oft sogar scharfe Entgegensetzung von Islam und Tradi­tion gehört mittlerweile zum Standardrepertoire muslimischer Reformerinnen und Reformer. Sie dient dazu, die historische Verquickung von Religion und patriarchalischen Traditionen aufzubrechen und gegenüber herkömmlichen Praktiken – insbesondere traditionellen, isla­misch konnotierten Vorstellungen von Geschlechterehre und innerfamiliärer Rollenteilung – intellektuelle Distanz zu gewinnen. Auf diese Weise sollen Veränderungen in Richtung Gleichberechtigung religiös unterstützt werden.“[14]

In der islamischen und somit auch in der türkischen Gesellschaft erfährt der Begriff der Ehre ausschließlich durch seine öffentliche Anerkennung eine Bedeutung. Er ist somit kein intimer oder persönlicher Wert, sondern ein Wert, der nur durch die Öf­fentlichkeit an Gewicht erhält.[15] Durch die Ehre, welche die Öffentlichkeit einer Per­son zugesteht, kann eine Person erst Annerkennung und Würde erlangen.[16] Doch um in der Öffentlichkeit als ehrenhafte Person angesehen zu werden, müssen bestimmte Normen, welche in der Gesellschaft gelten, streng befolgt werden.[17] „Ehrenhaftigkeit (namus) und Ehrbarkeit (seref) sind so etwas wie das Antlitz, dass das Individuum der Gesellschaft zeigt, zugleich ein Abbild dessen, wie es von der Gesellschaft angese­hen wird.“[18]

Der Begriff der „Ehre“ (im Türkischen: „namus“) ist geschlechtsbezogen. Die Ehre des Mannes unterscheidet sich streng von der Ehre der Frau. Die Ehre der Frau wird daher von einigen Autorinnen und Autoren als „Scham“ bezeichnet, was den Wert der weiblichen Ehre treffender widerspiegelt. - Die Bedeutung der weiblichen Scham wird in einem späteren Kapitel („Die traditionell türkische weibliche Scham“) näher erläutert -.

Ein Mann wird mit seiner Ehre geboren, auch wenn er ein ehrenhaftes Benehmen erst noch erlernen muss. Die Ehre des Mannes entfaltet sich vollständig im Jugend­alter. Der Jugendliche, der sich seiner Ehre noch nicht recht bewusst ist und sein Verhalten noch nicht nach ihr ausgerichtet hat, bekommt in diesem Alter in der Türkei sein Fehlverhalten mit den Worten „delikanli“ („sich der Ehre noch nicht be­wusst sein“) entschuldigt. Da sich der Jugendliche der Gemeinschaft der erwachsenen Männer zugehörig fühlen und von dieser akzeptiert sowie respektiert werden möchte, versucht er durch ein ehrbewusstes Handeln in die Gemeinschaft der Männer aufgenommen zu werden.

„Von einer anderen Perspektive aus betrachtet ist die Ehre (namus) ein Wertekomplex, der maßgeblich über Hierarchie- und Machtbeziehungen in der Männergesellschaft entscheidet, über Kontrolle und Kontrolliert-Werden, über Akzeptiert-Werden und Ausgeschlossen-Sein.“[19]

Die Ehre des Mannes kann durch andere Personen angegriffen und verletzt werden. Ein Mann tritt bei einer Ehrverletzung für seine eigene Ehre, aber auch für die seiner Frau und seiner weiblichen Familienmitglieder ein. Den Frauen wird die Fähigkeit abgesprochen, selbst für ihre Ehre eintreten zu können. Da die Ehre des Mannes von der sexuellen Keuschheit der weiblichen Familienmitglieder vor der Ehe und der Treue in der Ehe abhängt, führt dies zu besonders strikten Verhaltensvorschriften gegenüber den Mädchen und Frauen.[20] „Durch die soziale und sexuelle Kontrolle der Frauen versuchen die Männer, deren schamhaftes Verhalten zu garantieren und damit die Schande von sich selbst abzuwenden.“[21] Weigert sich ein Mann für seine Ehre einzutreten oder versagt er, so verliert er seine Ehre. Es bleibt ihm dann lediglich ein Leben in Unehre, im Exil oder der Selbstmord, wobei nach einem türkischen Sprich­wort der Selbstmord zu bevorzugen sei („Bevor man mit gebeugtem Kopf geht, stirbt man besser).[22] Eine Ehrverletzung, die nicht an die Öffentlichkeit gerät, bedarf auch keiner Vergeltung. Nicht die Verletzung der Ehre an sich, sondern der öffentliche Druck erfordert einen Vergeltungsakt.[23]

„Menschen fühlen sich und gelten erst dann als entehrt oder als schamlos, wenn die Ehrver­letzung öffentlich geworden ist. Ebenso wird der Unehrenhafte seine Ehrbarkeit erst dann wiedergewinnen, wenn er öffentlich demonstriert, dass er seine Reputation nach einer Beleidigung verteidigen kann. Dabei ist es relativ unwichtig, ob es sich tatsächlich um Fakten oder um das Produkt eines nicht fundierten Gerüchtes handelt.“[24]

2.2 Würde

Es ist, im Gegensatz zu dem Begriff der „Ehre“ umstritten, ob der Begriff der „Wür­de“ (im Türkischen: „seref“) geschlechtsspezifisch ist. Einige Autoren, wie unter anderem Lale Yalcin-Heckmann[25] oder Ahmet Toprak[26], erkennen keinen geschlechts­spezifischen Unterschied von „Würde“ im Islam.

„Seref ist ein Rang für Dienste an der Gesellschaft, den man benötigt, um in die gesellschaft­lich anerkannte Stellung einer wegen bestimmter Vorzüge (wie Reife, Erfolg, Ansehen, vor­nehme Abstammung) geschätzten Respektperson aufzusteigen.“[27]

Andere Autoren, wie z. B. Andrea Petersen[28] oder Werner Schiffauer[29], verweisen aller­dings darauf, dass der Begriff der „Würde“ allein im öffentlichen und politischen Kontext verwendet wird und Frauen zu diesem Bereich keinen Zugang hätten. Frau­en könnten daher keine „Würde“ erlangen.[30]

Die Würde einer Person lässt sich im Gegensatz zur Ehre steigern bzw. verringern. Sie lässt sich zudem vererben, wobei es dem eigenen Handeln obliegt, ob sich die Würde steigert oder verringert. Die Autorin Andrea Petersen führt, im Gegensatz zu den anderen genannten Autoren und Autorinnen auf, dass nur ältere Menschen aufgrund ihrer Lebenserfahrung Würde erlangen könnten.[31] Um „Würde“ durch die Öffentlichkeit zu erlangen, muss eine Person „Ehre“ haben. Jedoch nicht jeder, der Ehre besitzt, kann auch Würde erhalten.

„Wir können es uns etwa so vorstellen, dass der Wert namus eher die introvertierte, ich-bezo­gene und seref eher die extrovertierte, der Gesellschaft zugewandte Seite der Ehre ausma­chen.“[32]

Zwar bedeutet der Besitz von „Ehre“ und „Würde“ eine Auszeichnung durch die Öf­fentlichkeit, dies kann jedoch auch als negativ empfunden werden. Man erwartet von einer Person mit „Ehre“ und „Würde“ ein stets vorbildliches Verhalten; auch wenn dies den eigenen Wünschen und Vorstellungen teilweise zuwiderläuft.[33]

2.3 Die Modifikation von „Ehre“ und „Würde“ in der türkischen Gesellschaft

Die Wörter „Ehre“ und „Würde“ bedeuten in ihrem Ursprung, sowohl im Christen­tum als auch im Islam, die Ehrfurcht gegenüber Gott. Das Christentum betont vor allem die gleiche Würde aller Menschen auch in Bezug auf die Unverfügbarkeit und Unverletzlichkeit der Person, wie sie unter anderem in den deutschen Grundrechten niedergeschrieben ist. Das Christentum betont die Würde mehr als die Ehre. Im Protestantismus findet die Ehre kaum noch eine Bedeutung. Der Islam hingegen erhebt die Ehre eines Menschen über seine Würde.[34]

Die Betonung von Werten, wie „Ehre“ und „Würde“, ist in der traditionell türkischen Agrargesellschaft sehr ausgeprägt. In traditionellen Agrargesellschaften sind soziale Beziehungen eng miteinander verknüpft, und ihre Mitglieder stehen in einer so ge­nannten Face-to-face-Beziehung. „Ehre“ und „Würde“ haben daher eher gesell­schaftliche als familiäre Bedeutung. Je nachdem, um welche Gesellschaft es sich handelt, sind die Definitionen und Sanktionen von „Ehre“ und „Würde“ unterschied­lich ausgeprägt.[35] Die Einhaltung von traditionellen Werten ist von der jeweiligen türkischen Gesellschaft und dem sozialen Umfeld abhängig. Ebenfalls sind die Werte „Ehre“ und „Würde“ in ihrer Auslegung interpretierbar.

„Durch Prozesse wie Modernisierung und Verstädterung, Erweiterung der Bildungsmöglich­keiten für die Massen und Etablierung demokratischer Institutionen ist die soziale Mobilität gestiegen, wodurch sich die Wahrscheinlichkeit verringert hat, dass man diese Werte als ab­solut gültige Werte begreift.“[36]

Der Begriff „Würde“ erhielt im Modernisierungsprozess der Türkei ein neues We­sen. Aus der Würde „seref“ entwickelte sich der neutürkische Wert von Würde „onur“.

„Spricht man von „onur“ einer Person, so versteht man darunter den inneren Respekt und Werte, zu denen sich ein Individuum anders als im Fall des Ehrbegriffes „seref“ selbst be­kennt und mit denen es sich im Notfall gegen eine Verurteilung durch die Gesellschaft oder gegen Interventionen des Staates verteidigen kann.“[37]

2.4 Distinktionen innerhalb der Familie

Der Begriff der Distinktion wird in der Soziologie als ein elementares Unterscheidungsmittel verwendet. Er dient sowohl der bewussten als auch der unbewussten Abgrenzung von Angehörigen innerhalb einer bestimmten sozialen Gruppe oder von diesen zu einer anderen sozialen Gruppe. Hier bezieht er sich auf Rollenverteilungen innerhalb der Familie sowie auf die Auswirkungen im häuslichen und im öffentlichen Bereich.[38]

Um „Ehre“ und „Würde“ durch die Öffentlichkeit anerkannt zu bekommen, muss eine Person ein intaktes Familienleben vorweisen können. Denn nur, wenn die Per­son seine Aufgaben innerhalb der Familie vorbildlich erfüllt, können ihm „Ehre“ und „Würde“ durch die Öffentlichkeit zuteil werden. Die Ehre der Frau besteht aus ihrer Scham. Wenn sie sich innerhalb und außerhalb der Familie schamhaft verhält, ihre häuslichen Aufgaben erfüllt und ihrem Mann Achtung erweist, wird sie in der Öf­fentlichkeit als ehrenhafte Frau bezeichnet. Der Mann muss hingegen in der Öffent­lichkeit beweisen, dass seine Familie ihm Respekt und die nötige Achtung erweist und er seine Familie unter Kontrolle hat. Erst dann kann er durch die Öffentlichkeit „Ehre“ und „Würde“ gewinnen.

Innerhalb der türkischen Familie herrscht eine streng gegliederte patriarchalische Rangfolge. Das Oberhaupt der Familie ist der Vater. Ihm folgen seine Söhne, seine Frau, seine Töchter und am Ende seine Schwiegertöchter. Die Anerkennung seiner Autorität als Oberhaupt der Familie wird mit dem Begriff der Achtung (im Türki­schen: „saygi“) definiert. Der Sohn schuldet seinem Vater, die Frau dem Mann, der jüngere Bruder dem älteren Bruder Achtung. Die Achtung, welche dem Höherste­henden entgegengebracht wird, verbietet es, den Ranghöheren bei seinem Vornamen ohne die Nennung seines Familiengrades anzusprechen, ihm zu widersprechen, in seiner Gegenwart in der Öffentlichkeit zu sprechen, vor ihm zu rauchen oder zu trinken.[39] Der Vater als Oberhaupt der Familie (in seiner Abwesenheit ist dies der älteste Sohn) ist dafür verantwortlich, dass sich seine Familienmitglieder an die ge­sellschaftlich anerkannten Normen und Werte halten. Er ist der Einzige, der Ent­scheidungen innerhalb der Familie treffen und seine Familienmitglieder bei Fehl­verhalten bestrafen darf. Ein Vater, der die Achtung seiner Familienmitglieder erhält, wird in der Öffentlichkeit als ehrenhaft angesehen. Der Vater jedoch, der keine Ach­tung von seinen Familienmitgliedern erhält, gilt in der Öffentlichkeit als unehrenhaft und erfährt keinen Respekt. Bei Streitigkeiten wird argumentiert, er solle zuerst seine eigene Familie unter Kontrolle bringen, bevor er ein Recht bei anderen zu erkämpfen versucht.[40]

Die zu erweisende Achtung gegenüber Höhergestellten basiert auf den Vorstellungen von Ehre, der Notwendigkeit zur Solidarität gegenüber Familienmitgliedern, der reli­giösen Vorstellung des Vaters als Respektperson und auf dem staatlichen Recht (tür­kisches Zivilgesetzbuch).[41]

Der Bereich der Familie wird als Bereich des Inneren gegenüber der Öffentlichkeit definiert. Wird dieser innere Bereich angegriffen, sei es durch Belästigung weibli­cher Familienmitglieder oder durch Angriffe auf die eigene oder eine andere männ­liche Person der Familie, so fordert die Vorstellung von Ehre und die Solidarität zu den Familienmitgliedern zur Verteidigung dieser Ehre auf. Es ist dabei nicht rele­vant, ob das Familienmitglied für die Auseinandersetzung verantwortlich ist. Die Achtung vor dem Familienoberhaupt untersagt es allerdings, Auseinandersetzungen grundlos zu beginnen.[42]

Da der öffentliche und der häusliche Bereich streng voneinander getrennt werden, muss ein Gast vor seinem Eintritt in ein Haus oder eine Wohnung zahlreiche Reini­gungsrituale ausüben. Das Familienoberhaupt legt beim Erscheinen des Gastes be­sonderen Wert darauf, dass alle Familienmitglieder sich den gesellschaftlichen Nor­men und Werten entsprechend verhalten und dem Familienoberhaupt die nötige Achtung erweisen. Die Frauen ziehen sich daher in einen Teil des Hauses zurück oder bereiten das Essen für den Gast vor, falls dieser zu essen wünscht. Das Essen wird daraufhin bis zur Schwelle des Raumes getragen, in welchem sich der Gast befindet, und wird dort von dem Sohn entgegengenommen. Der Sohn bewirtet den Gast, er befolgt die Anordnungen des Vaters und schweigt während der Konver­sation des Vaters mit dem Gast.

„Die Familie stellt sich dem Gast genauso dar, wie es dem Ideal entspricht: Sie betont, dass ihre inneren Beziehungen durch Achtung (saygi) bestimmt sind, sie unterstreicht die Unter­schiede zwischen den Generationen und Geschlechtern.“[43]

2.5 Die Situationsgebundenheit von Ehre und Achtung

„Ehre“ und „Achtung“ sind Werte, die durch die Öffentlichkeit vergeben werden. Es wird weniger darauf Wert gelegt, „Ehre“ und „Achtung“ persönlich zu empfinden, als sie anderen zu zeigen. So ist es bereits ausreichend, wenn Verhaltensregeln for­mal eingehalten werden. Das Rauchen ist z. B. in Gegenwart von ranghöheren Perso­nen (Vater, Großvater, Onkel etc.) untersagt. Der Sohn oder die Tochter verlässt da­her zur Einhaltung der Verhaltensregeln zum Rauchen den Raum des Höhergestell­ten. Dabei kann der Höhergestellte über das Rauchen der Tochter oder des Sohnes informiert sein. Nicht das Rauchen an sich wird sanktioniert, sondern das Rauchen in Gegenwart des Höhergestellten.

„Es kommt nicht darauf an, ob der Vater weiß, dass sein Sohn raucht, sondern dass der Sohn die Achtung erweist, sich der väterlichen Autorität bedingungslos unterzuordnen, sich zu dis­ziplinieren und zu kontrollieren und damit die Ungleichheit zwischen beiden zu betonen.“[44]

Hierbei wird deutlich, dass „Ehre“ und „Achtung“ nicht auf den Charakterzug eines Menschen zurückgeführt werden, sondern auf die Einhaltung von Verhaltensregeln in einer Situation.

„In der Gegenwart des Vaters zu rauchen ist Respektlosigkeit und drückt sie nicht nur aus; keine Maßnahmen zu treffen, wenn die Ehefrau beleidigt wird, ist ehrlos und lässt nicht auf Ehrlosigkeit als Charakterdisposition schließen.“[45]

Die Verhaltensregeln für „Ehre“ und „Ansehen“ sind situationsbezogen. Sie hängen von Ort, Zeit und Position der Anwesenden ab. Eine Person kann für sich selbst nicht ehrlos oder ohne Ansehen sein. Erst die Situation, in welche sich eine Person begibt, kann die Person ehrlos machen. „Wer sich in eine bestimmte Situation begibt, wird sich ihr entsprechend verhalten.“[46]

2.6 Die räumliche Geschlechtertrennung

Die Geschlechtertrennung dient im traditionellen Sinne dazu, Anstand und Sitte in der Gemeinschaft zu wahren. Sexuelle Gelüste bzw. Ehebruch sollen durch die räumliche Geschlechtertrennung verhindert werden.[47] Die räumliche Geschlechter­trennung teilt sich in den Bereich des Äußerlichen, der Öffentlichkeit, welcher zu dem männlichen Bereich zählt und in den Bereich des Inneren, der Häuslichkeit, welcher den Frauen zugeschrieben wird. In den Großstädten der Türkei existiert diese räumliche Trennung im Gegensatz zu den traditionell türkischen Dörfern weitestgehend nicht mehr.[48] Im Gegensatz zu den Männern verlassen die Frauen in traditionell türkischen Dörfern das Haus und die engere Nachbarschaft nie ohne Grund. Die einzigen öffentlichen Plätze, welche den Frauen zugestanden werden, sind die Brunnen, das Backhaus und die Badehäuser. Hier treffen sich die Frauen­gemeinschaften zum Reden und zur Verrichtung ihrer Arbeit bzw. zur Reinigung ihres Körpers. Männer umgehen diese Plätze tagsüber, nur morgens und abends halten sie sich kurz am Brunnen auf und Tränken ihre Tiere. Die Frauen, besonders die jungen Frauen, meiden die Brunnen wiederum morgens und abends, denn sobald eine Frau nicht genügend Distanz zu einem fremden Mann hält, gefährdet sie ihren Ruf als ehrbare Frau.[49] „So wird also, da eine räumliche Trennung nicht möglich ist, diese Funktion einem zeitlichen Rhythmus übertragen.“[50] Sobald es dunkel wird, entfernen sich Frauen nicht mehr ohne männliche Begleitung (Ehemann, Bruder oder Vater) außer Sichtweise des Hauses, um nicht als verrucht und somit als ehrlos zu gelten. Dennoch treffen sich gelegentlich junge Leute vor der Hochzeit heimlich draußen, um sich zu unterhalten oder sich zu küssen. Wenn es sich um ein Treffen unter Verlobten handelt, so wird in der Frauengemeinschaft dieses Treffen bespro­chen, ohne dass die junge Frau ihren Ehrverlust zu befürchten hat. In der Männerwelt wird dieses Treffen jedoch verheimlicht. Wird das Pärchen in flagranti von einem Mann erwischt, so hängt es von der Gunst des Mannes ab, ob er den unehrenhaften Bruch mit der Geschlechtertrennung ignoriert oder sanktioniert.[51]

Auch im häuslichen Bereich bleibt die Geschlechtertrennung bestehen. So wird der Raum in einen oberen und einen unteren bzw. einen der Tür nahen und somit der Frau bestimmten und einen der Tür fernen und somit dem Mann zugeordneten Teil getrennt.

Die Strenge der Geschlechtertrennung hat sich jedoch im Laufe der Zeit geschmälert. So spricht im Jahre 1988 Andrea Petersen bereits von gegenseitigen Pärchenbesu­chen, die vorher undenkbar erschienen.[52] Heutzutage sind besonders die Frauen in Großstädten, in welchen eine räumliche Geschlechtertrennung kaum realisierbar ist, der Meinung, dass die muslimische Kleidung zur Wahrung von Distanz und Sittlich­keit ausreicht.[53]

2.7 Das muslimische Reinheitsgesetz

Die geschlechtsspezifische Unterscheidung von „Ehre“ in Form einer „männlichen Ehre“ und einer „weiblichen Scham“ basiert auch zum einem Teil auf den Vorschriften des muslimischen Reinheitsgesetzes. Zur Einhaltung der weiblichen Scham muss eine Frau Keuschheit vor der Ehe und Treue in der Ehe zeigen. Sie muss sich allge­mein „rein“ verhalten. Es wird in der traditionellen Vorstellung von weiblicher Scham eine Verbindung zwischen Reinheit und Ehrenhaftigkeit hergestellt. Da die Frau nach muslimischem Reinheitsgesetz stärker von Verunreinigungen betroffen ist als der Mann, wird ihr keusches und reines Verhalten als besonderer Wert ihrer Ehre hervorgehoben. Das muslimische Reinheitsgesetz gilt allerdings für Mann und Frau gleichermaßen.[54]

Das muslimische ist eine abgeschwächte Form des jüdischen Reinheitsgesetzes. Vor jeder religiösen Handlung, wie dem Betreten einer Moschee, der Berührung des Ko­rans, dem Beten oder Fasten, muss der Gläubige sich mit fließendem Wasser bzw., falls kein Wasser vorhanden ist, mit Sand rein waschen. Ein Gläubiger kann unter anderem durch die Berührung von etwas Unreinem, aber auch durch körperliche Zustände unrein werden. Die Verunreinigung eines Gläubigen ist allerdings nicht durch Berührung oder Ähnliches auf eine andere Person übertragbar.[55] Als unrein gelten unter anderem der weibliche Körper vom Busen und der männliche Körper vom Nabel an abwärts. Körperlich unreine Zustände werden nach der Schwere der Verunreinigung unterschieden. Der Gläubige befindet sich in einem Zustand schwerer Verunreini­gung nach dem Beischlaf, nach jedem Samenerguss, in der Menstruation, bei unre­gelmäßigen Blutungen und bis 40 Tage nach einer Geburt. Allein das Waschen des ganzen Körpers stellt den Zustand der Reinheit wieder her. In einem Zustand leich­ter Verunreinigung befindet sich der Gläubige nach der Verrichtung einer Notdurft, nach einem Schlaf oder einer Ohnmacht, nach Berüh­rung der Haut einer Frau oder nach Berührung der Scham. Hier reichen das Waschen des Gesichts, der Hände und Füße aus, um den Zustand der Reinheit wieder herzu­stellen.[56]

Es lässt sich erkennen, dass sich Frauen auch ohne ihr Fehlverhalten, sehr viel häu­figer in einem Zustand schwerer Verunreinigung befinden als Männer. Hieraus ent­springt die Fokussierung auf ihr keusches und reines Verhalten, welche den Zustand ihrer gegebenen Unreinheit zu kompensieren versucht. Fastentage, die eine Frau in der Zeit ihrer Menstruation nicht einhalten durfte, müssen nachgeholt werden.

In der traditionell türkischen Gesellschaft richten sich die Vorstellungen von Rein­heit und Unreinheit stark nach einer Separierung von innen und außen, vom weiblich dominierten häuslichen und männlich dominierten öffentlichen Bereich. Daher ist das Eintreten eines männlichen Gastes in ein Haus von zahlreichen Reinigungsritu­alen (wie z. B. das Reinigen der Stirn, der Haare und des Nackens) begleitet. Das Ausziehen der Schuhe vor der Haustür besagt, metaphorisch als auch real, dass der eintretende Gast das Haus nicht beschmutzen wird.[57] Umgekehrt wird eine Frau, welche allein nachts auf der Straße gesichtet wird, als unrein und ehrlos betrachtet. Die Straße gehört, besonders nachts, zum männlich dominanten Bereich und es wird der Frau von daher unterstellt, sie suche eine männliche Begegnung.

„Die Verbindung der Reinheitsforderungen zum Ehrbegriff und zu der Dichotomie sauber – schmutzig (temiz-pis) werden im direkten religiösen Kontext kaum, im alltäglichen jedoch ständig ausgesprochen.“[58]

2.8 Die traditionell türkische weibliche Scham

Die Ehre der Frau wird vor allem durch ihre sexuelle Keuschheit vor der Ehe und durch ihre Treue in der Ehe definiert. Daher bezeichnen manche Autorinnen die Ehre der Frau als Scham.[59] Die Scham der Frau umfasst weit mehr als die reine Keusch­heit vor der Ehe und die Treue in der Ehe. Um nicht in Verruf zu geraten und damit die Ehre zu beschmutzen, muss eine Frau sich schamhaft, schüchtern und scheu ver­halten und ihren Körper sowie ihre Haare vor den Männern verbergen.[60]

Schamhaftigkeit wird vor allem im Umgang mit Männern verlangt. In einer reinen Frauengemeinschaft werden die Regeln der Schamhaftigkeit weitgehend außer Kraft gesetzt. Frauen können sich gegenseitig nicht entehren, da die Ehre der Frau haupt­sächlich von ihrer Keuschheit abhängt.[61] Die Gemeinschaft der Frauen betont - bis auf leichte Rangunterschiede - die Gleichheit der Frauen untereinander. Da sie sich gegenseitig nicht entehren können, ist ihr Umgang untereinander informell. Durch diese Informalität, in der die Frauen viel über sich und ihren Tagesablauf preisgeben, entsteht ein engmaschiges Informationsnetz, welches vor allem zur Vorbeugung von übler Nachrede und vor Angriffen auf die Ehre dient. Die Frauen beweisen auf diese Art ihre Ehrenhaftigkeit vor den anderen Frauen.[62]

„Man beugt sich dem Druck der öffentlichen Meinung, an deren Bildung man selber dauernd beteiligt ist, indem man seine Handlungen offen legt und damit zeigt bzw. vorgibt, keine Ge­heimnisse und nichts zu verbergen zu haben. Auf diese Weise ergänzt die Kontrolle unter Frauen die durch die Segregation bestehende Kontrolle zwischen Männern und Frauen.“[63]

Im Alter von zwei bis drei Jahren lernen die Mädchen auf ihre Kleidung zu achten. Mit Einsetzen der Pubertät fangen sie an, Kopftuch zu tragen. Die Kleidung bedeckt den ganzen Körper mit Ausnahme von Händen und Gesicht. Nacktheit gilt mit Aus­nahme zwischen Eheleuten als schamlos und als Sünde. Selbst unter Frauen im Ba­dehaus, beim Arzt oder bis kurz vor der Geburt bleiben die Frauen mit einer Unterhose bekleidet.[64] Mit der Kleidung soll die ehrenhafte Kontrolle über den Körper zum Ausdruck gebracht werden. In den Städten kleiden sich die moder­nen türkischen Frauen auffallend elegant, um ihre Ehrenhaftigkeit zum Ausdruck zu bringen. Nachlässige Kleidung gilt hier als unehrenhaft und schmutzig. Weniger ele­gante Kleidung gilt hingegen im Dorf als angemessen.[65]

Ebenfalls gibt es Unterschiede im Tragen und Binden des Kopftuches, welche vom jugendlichen Binden bis hin zum altmodischen Binden reichen. Das Deckhaar darf jedoch niemals sichtbar sein. Junge Ehefrauen dürfen als Zeichen ihres veränderten Status’ einen Pony aus dem Kopftuch schauen lassen, welcher in der ersten Zeit nach der Hochzeit getragen wird.[66]

Frauen verhalten sich in Anwesenheit fremder Männer schüchtern, sie rufen nicht laut und sprechen leiser als sonst. Lediglich bei großer Trauer ist es ihnen gestattet, laut zu schreien und zu weinen und so aus ihrem sonst schamhaften Verhalten aus­zubrechen.

Begegnen sich nicht verwandte Frauen und Männer in der Öffentlichkeit, so verlan­gen es das Schamgefühl der Frau und der Respekt des Mannes gegenüber der Frau, dass beide ihren Kopf gesenkt halten und aneinander vorbeigehen, auch wenn sie sich kennen. Die Frau lässt bei einem Aufeinandertreffen den Mann passieren.[67]

Im häuslichen Umgang mit Männern untersagt das Schamgefühl der Frau in Anwe­senheit von Männern bzw. vor Älteren zu rauchen, offiziell eine Toilette aufzusuchen oder breitbeinig zu sitzen. Menstruierende Frauen werden, um ihre Unreinheit nicht preisgeben zu müssen, weiterhin vor Männern fasten, auch wenn ihr unreiner Zu­stand sie von dieser Regel entbindet. Frauen sitzen meist in einiger Entfernung von den Männern in der Nähe der Tür und daher auf den weniger geachteten Plätzen.[68]

„Der Körper soll kein Körper sein und keine körperlichen Funktionen haben. Vor allem soll keine sexuelle Attraktivität von ihm ausgehen. Alles, was die Grenzen dieser Kontrolle des Körpers überschreitet, gilt als hässlich, ekelerregend, unerotisch und unrein.“[69]

Für ältere Frauen, denen nachgesagt wird, dass sie keine sexuellen Bedürfnisse mehr haben, lockern sich die Anforderungen an die Schamhaftigkeit. Sie dürfen ihr Kopf­tuch locker tragen oder weglassen und sich die Haare färben. Sie dürfen auch in An­wesenheit von Männern laut rufen, ihnen widersprechen und obszöne Witze machen.[70]

„Die Ehe ist die einzige anerkannte Institution, in der sexuelle Bedürfnisse befriedigt werden können und sollen.“[71] Die traditionelle Gesellschaft versucht die Jungfräu­lichkeit der Mädchen vor der Ehe zu bewahren und mit dem Verbergen des weibli­chen Körpers in der Öffentlichkeit die Frauen vor dem unbeherrschbaren Verlangen des Mannes bzw. den Mann von der verführerischen Kraft der Frau zu schützen. Die Frau wird in der türkischen Gesellschaft als Versuchung angesehen. Das aus dem arabischen übernommene türkische Wort „fitne“ (im Arabischen „fitna“) beschreibt die von einer Frau ausgehende sexuelle Attraktion als „Verführung“, „verführerische Schöne“, aber auch als „Unfrieden“ und „Aufruhr“. „Die moslemische Frau ist so attraktiv, dass der Wille der Männer, ihr zu widerstehen, gebrochen wird. Der Mann spielt nur noch eine passive fügsame Rolle. Er hat keine Wahl.“[72]

Um die Jungfräulichkeit des Mädchens und daher die Ehre der Familie zu bewahren, werden Mädchen von ihren Eltern sehr früh zu einer Ehe bewegt. Zudem könnten aber auch der Abschluss der Schulausbildung eines Mädchens im Alter von zwölf Jah­ren oder die Übergabe der Verantwortung für die Ehre des Mädchens an den Schwie­gersohn Gründe für eine frühe Heirat sein.[73] Das durchschnittliche Heiratsalter in der traditionell orientierten türkischen Gesellschaft beträgt 16 bis 18 Jahre, in Aus­nahmefällen aber auch 14 Jahre bis hin zu 24 Jahren.[74] Die Unterhaltungen in der Frauengemeinschaft dienen unter anderem dazu, die Ehrbarkeit eines Mädchens auszukundschaften, die Chancen des Sohnes abzuwägen und das Mädchen als mögli­che Heiratskandidatin für den Sohn in Betracht zu ziehen. Willigt der Sohn ein, so arrangieren die Eltern des Sohnes einen Besuch bei den Eltern des Mädchens. Die Eltern des Mädchens laden zum Mokkatrinken (zur Brautschau) ein. Die Eltern er­scheinen mit ihrem Sohn bei den Eltern des Mädchens. Wird in die Hochzeit einge­willigt, so wird anschließend über den Brautpreis (die Morgengabe und die Abend­gabe) diskutiert. Der Brautpreis wird in ländlichen Regionen bezahlt, um den Verlust einer Arbeitskraft für die Familie finanziell auszugleichen. Der Brautpreis kann in Geld, in Wertsachen oder aber in der Ausrichtung einer großen Hochzeitsfeier be­zahlt werden. Im Falle einer Scheidung dient der Frau die Abendgabe (in Form von Geld oder Wertsachen) als finanzielle Absicherung.[75]

Das Mädchen bekommt vor der Hochzeit sämtliche Körperhaare von einer Bekann­ten der Familie (nicht von der eigenen Mutter) entfernt. Bereits im Jugendalter, wenn die Achsel- und Schamhaare anfangen zu wachsen, werden diese regelmäßig durch das Mädchen entfernt, um das Geschlecht hervorzuheben. Das Mädchen wird durch die Entfernung des „Zweideutigen, Ambivalenten, das beiden Geschlechtern gemein ist und von daher als unrein gilt“ gereinigt.[76]

Nach der Hochzeitsnacht wird das blutige Bettlaken als Beweis der Jungfräulichkeit des Mädchens öffentlich gezeigt. Die Öffentlichkeit vergewissert sich hiermit der Ehrenhaftigkeit der Frau und nimmt so in gewisser Weise an der rituell sexuellen Handlung der Neuverheirateten teil.[77]

„Im Gegensatz zu der Scham, mit der sonst alle sexuellen Handlungen und körperlichen Funktionen vor der Öffentlichkeit verborgen werden, ist der Beweis der Ehrenhaftigkeit – die Jungfräulichkeit bzw. die Männlichkeit – nur durch einen schamlosen Akt möglich.“[78]

Nach der Hochzeit verlässt die Frau für gewöhnlich ihr Elternhaus und zieht in das Haus ihrer Schwiegereltern und somit zu ihrem dort wohnenden Ehemann. Hat ein Vater allerdings nur Töchter, so kann zur Existenzsicherung des Vaters der Schwie­gersohn auch in dessen Haus ziehen. Dies geschieht allerdings nur in Ausnahmefäl­len und wird im Türkischen „icgüvey“ (innerer Schwiegersohn) genannt.[79] Zieht die Frau in das Haus ihrer Schwiegereltern, so fängt sie in der Rangfolge der Familie von ganz unten an. Sie muss ihrer Schwiegermutter und den anderen männlichen Fami­lienmitgliedern beweisen, dass sie sich auf häusliche Arbeit versteht und der neuen Familie Respekt erweist. Die Respektsbezeugungen vor den Schwiegereltern und die häusliche Arbeit machen eine Privatsphäre zwischen den Eheleuten fast un­möglich. Das Verhältnis zwischen Schwiegertochter und Schwiegervater ist dabei am gespanntesten. Die Schwiegertochter wird als eine Fremde in der Familie ange­sehen, die sich das Vertrauen erst verdienen muss. Nur wenn sich die Frau als fleißig, ehrenvoll und fruchtbar erwiesen hat, steigt ihr Ansehen in der Familie. Mit der Ge­burt eines Sohnes, und damit mit der Sicherung der Nachfolge, wird das Verhältnis von Schwiegervater zu Schwiegertochter gelockert und ihre Position in der Familie gefestigt.[80] Die Geburt eines Sohnes gibt der Schwiegertochter zusätzlich eine Absi­cherung, nicht im Alter allein zu sein, da der Sohn sie mit seiner zukünftigen Frau im Alter versorgen werden. Erweist sich die Frau allerdings nicht als fleißig, ehrenvoll oder fruchtbar, so wird dies als Verweigerung und Missachtung gegenüber der Auto­rität des Mannes interpretiert, und die Frau muss entweder mit Disziplinierungsmaß­nahmen (z. B. Beleidigungen, Schlägen, sexuellen Erniedrigungen) oder mit einer Scheidung rechnen.[81] Wurde die Scheidung wegen ihres ehrlosen Verhaltens vollzo­gen, dann wird sie auch von ihrer Ursprungsfamilie verstoßen (bis hin zur Tötung), da sie durch ihr ehrloses Verhalten Schande über ihre Ursprungsfamilie und über ihren ehemaligen Mann gebracht hat.[82] Die Frau kann ihre Ehre durch außerehe­lichen Geschlechtsverkehr, wozu auch eine Vergewaltigung zählt, oder aber durch eine Situation, in welcher ein außerehelicher Geschlechtsverkehr hätte stattfinden können, verlieren. Gerüchte können bereits für eine Frau entehrend wirken. Die Ent­ehrung kann durch die Frau nicht aufgehoben werden.[83] Nach einer Scheidung wird kein weiterer Mann die Frau ehelichen wollen, da sie in der traditionell türkischen Gesellschaft als „benutzt“ gilt. Sie muss daher mit einem kranken oder alten Mann Vorlieb nehmen.

Die Schwiegertochter kann zu ihren Eltern zurückkehren, falls der Ehemann sie misshandelt hat. Da die Erhaltung der Familie oberstes Ziel in der traditionell orientierten Gesellschaft ist, wird die Frau jedoch meist wieder durch die Eltern zu ihrem Ehemann zurückgeschickt. Sie hat allerdings auch das Recht, sich von ihrem Mann scheiden zu lassen, wenn dieser an Impotenz oder am Verlust seiner Geschlechtsorgane leidet.[84] In der neueren türkischen Rechts­ordnung wurden die geltenden Gründe zur Ehescheidung erweitert. Sie werden im Kapitel „Das türkische Zivilrecht“ behandelt.

Sollte der Ehemann der Schwiegertochter versterben, während diese noch jung ist, so verlangt es die Ehre der Familie, dass der Bruder des Ehemannes sie ehelicht. Eine verwitwete oder geschiedene Frau stellt in der Gesellschaft eine Provokation dar, da diese für Annäherungsversuche anderer Männer als besonders empfänglich gilt und somit die Ehre der Familie in Gefahr bringen könnte.

„Da sich kaum jemand finden wird, der eine Frau mit Kindern heiratet, bleibt dem Bruder des verstorbenen Ehemannes im Interesse der eigenen Ehre kaum eine andere Möglichkeit als die, seine Schwägerin zu heiraten – und sei es als zweite Frau.“[85]

2.9 Die traditionell türkische männliche Ehre

Ein Mann in der traditionell türkischen Gesellschaft muss in der Lage sein, seine Ehre zu beschützen und zu verteidigen. Da die Ehre des Mannes hauptsächlich von der Scham seiner weiblichen Familienmitglieder abhängt, muss er diese kontrollie­ren. Er ist verpflichtet, seine Ehre zu verteidigen und im Falle einer Ehrverletzung wiederherzustellen. Männliche Ehre erfordert daher zum einen Stärke, Entschieden­heit und Tapferkeit, zum anderen aber auch Großzügigkeit, Gastfreundschaft und Sanftmut.[86] Seine Autorität über Frauen lässt sich mit seiner Abhängigkeit von ihrer Scham begründen.

„Der Mann ist auf die Ehren- und Schamhaftigkeit seiner Frauen angewiesen, um seine Ehre zu bewahren, während die Frau auf seinen Schutz, d. h. auf sein Ehrgefühl und seine Stärke angewiesen ist, um die ihrige zu bewahren.“[87]

In einer Männergemeinschaft wird auf die Reihenfolge des Ansehens der Männer in der Gesellschaft geachtet. Die Reihenfolge der Begrüßung, die Anrede und die Sitz­ordnung in der Männergemeinschaft richten sich nach der „Ehre“ und der „Würde“ der Männer. Sie betonen im Gegensatz zur Frauengemeinschaft das ihnen entgegen­gebrachte differenzierte Ansehen innerhalb der Gesellschaft.[88] In der türkischen Männergemeinschaft wird nicht frei über Ehefrauen gesprochen, sondern ausschließ­lich mit Hilfe von Umschreibungen wie „hanim“ (Frau) oder „cocuklarin anasi“ (Mutter meiner Kinder). Da die Frau zu der Privatsphäre des Mannes gehört, ver­bietet es ihm seine Ehre, frei über seine Beziehung zu ihr zu sprechen.[89]

Begegnen sich Männer auf der Straße, so schauen sie sich, um keine Schwäche zu zeigen, direkt in die Augen, es sei denn, man möchte einer höherrangigen Person Ehre erweisen.

Großzügigkeit, Gastfreundschaft und Sanftmut sind ebenfalls Aspekte der Ehre des Mannes. Der Mann muss seine Gäste großzügig und angemessen bewirten können, so dass diese ihm mit einer Gegeneinladung danken, bei der sich die gleiche bzw. eine höhere Großzügigkeit erwarten lässt. Der Gast, welcher dem Gastgeber auf gleicher Ebene begegnet, wird in dem Moment der Bewirtung in einen Zustand der Ungleichheit versetzt. Diese Ungleichheit wird er bei einem Gegenbesuch auszuglei­chen bzw. zu übertreffen versuchen. Ist der Gastgeber geizig, so leidet sein Ansehen und seine sozialen Beziehungen darunter. „Die durch eine Gabe hergestellte Un­gleichheit muss umkehrbar sein. Eine Gabe, deren Wert an die Vergeltung nicht denken lässt, ist eine Beleidigung.“[90]

Die Beschneidung eines Jungen im Alter zwischen drei Monaten und sechs Jahren wird als erster Schritt betrachtet, um aus dem Jungen einen Mann zu formen. Der Bruch mit dem weiblichen Bereich wird in diesem Alter vollzogen. Der Junge wird von den Eltern angewiesen, sich zum Zeichen seiner Männlichkeit bei der Beschnei­dung tapfer zu verhalten (im türkischen: erkeklik) und weder zu weinen noch zu schreien. „Die Beschneidung der Knaben und jungen Männer entfernt, unter Bezug auf alttestamentarische Traditionen, das an ihnen, was „schmutzig“ ist, ihre männ­liche Natur mit Weiblichem vermischt.“[91]

Nach der Beschneidung wird der Sohn allmählich von der Mutter gelöst. Die Mutter darf ihn nach der Beschneidung nicht mehr an seinem Penis streicheln oder mit ihm baden. Er soll sich langsam der Männergesellschaft zuordnen.[92]

Sobald seine Schamhaare in der Pubertät anfangen zu wachsen, müssen diese eben­falls aufgrund der klaren geschlechtsspezifischen Trennung durch ihn entfernt wer­den.[93] Der Jugendliche muss sich allmählich mit seinem der Ehre entsprechenden Verhalten auseinandersetzen. Männliche Jugendliche bekommen zu diesem Zeit­punkt ihr Fehlverhalten noch mit den Worten „delikanli“ (verrücktblütig) oder „cahil“ (unerfahren) entschuldigt.

Männliche Jugendliche werden meist vor dem Militärdienst - im Alter von 18 oder 19 Jahren - von den Eltern dazu bewegt, eine Frau zu ehelichen. Die Heirat wird in traditionell ländlichen Gebieten der Türkei als ein Bündnis zwischen zwei Familien, anstatt zwischen zwei Personen, betrachtet. Die Ehe wird meistens arrangiert, d. h., die Eltern suchen nach potenziellen Ehefrauen für ihre Söhne. Entscheidet sich der Sohn für eine Frau, so werden die Eltern dieser Frau besucht. Wird in die Hochzeit eingewilligt und der Brautpreis akzeptiert, so sind der Sohn und die ausgewählte Frau miteinander verlobt. Die Hochzeitsnacht stellt den zweiten entscheidenden Punkt im Leben des Mannes dar. Er muss in dieser Nacht seine Männlichkeit unter Beweis stellen. Schafft er es nicht, so zeigt er Schwäche und die Frau wird ihn nicht als Respektsperson in der Ehe akzeptieren.[94] Generell kann er seine Männlichkeit auch in homosexuellen Handlungen beweisen, allerdings nur als „aktiver“ und nicht als „passiver“ Teil. Der „passive Teil“ gilt als weiblich und deshalb als schwach.[95] Nach der Hochzeit ist der Mann für die Ehre seiner Frau verantwortlich. Er kann es sich nun nicht mehr leisten „delikanli“ (verrücktblütig) zu sein. Er wird von der Män­nergesellschaft als vollwertiges Mitglied akzeptiert und muss die volle Verantwor­tung für seine Handlungen und die seiner Frau tragen. Der Mann ist daher kurz nach der Hochzeit am verwundbarsten, da sich erst später herausstellt, ob die Frau tatsäch­lich ehrenvoll, fleißig und fruchtbar ist. Aus diesem Grunde heiraten manche Männer ihre Cousine und ehelichen somit innerhalb der Familie, was ihnen die Ergebenheit der Frau zusichert.

„Bei einer Heirat mit der Tochter des Bruders des Vaters bleibt die Frau normalerweise in der unmittelbaren Nachbarschaft bzw. im Dorfviertel und kommt nicht mit Fremden in Verbin­dung, die ihre Ehre gefährden könnten. Heirat innerhalb der Familie garantiert zudem die Lo­yalität der Frau.“[96]

Die Frau wird unter anderem zu einer Heirat mit ihrem Cousin bewegt, um als Ar­beitskraft den Haushalt der Verwandten und nicht einer „fremden“ Familie zu unter­stützen. Zusätzlich werden durch gegenseitige Besuche die familiären Beziehungen gefestigt.[97]

„Wenn man die Beziehungen zu einem Verwandten nicht auffrischt, die Töchter nicht unter­einander verheiratet, sich nicht besucht, dann vergessen die Kinder die Verwandtschaft (…) Die Verwandtschaft soll nicht zerbrechen, deswegen verheiraten sie ihre Kinder untereinan­der.“[98]

Willigt die Cousine nicht in die Ehe mit ihren Cousin ein, so wird dies als persönliche Kränkung der Verwandten verstanden, und der Kontakt zwischen den Familienmit­gliedern kann dadurch zerbrechen. Heiratet die Cousine jedoch ihren Cousin, so mil­dert sich ihr schwerer Stand im neuen Haushalt zu Beginn der Ehe.[99]

Sollte es zu einer Verletzung der Ehre kommen (z. B. durch eine Beleidigung oder einen Angriff auf die eigene Person, durch eine unerlaubte Überschreitung der Gren­zen seines Besitzes oder eine Annäherung an die Frauen der Familie), so ist der Mann dazu verpflichtet, auf die Herausforderung oder die Beleidigung seines Ehrge­fühls mit der Wiederherstellung seiner Ehre zu reagieren. Er darf sich dabei weder versöhnlich zeigen, noch zu sanft reagieren. Weigert er sich, so muss ein anderes männliches Familienmitglied eingreifen, um die Familienehre wiederherzustellen. Der Verweigerer hat jedoch die Wiederherstellung seiner Ehre verwirkt. Allein Frau­en oder alte bzw. gebrechliche Männer haben die Möglichkeit, jemand anderen mit der Wiederherstellung ihrer Ehre zu beauftragen.[100] Männer, die ihre Frauen nicht bewachen und beschützen können, gelten in der traditionell türkischen Gesellschaft als ehrlos, denn sie verstehen es nicht, für ihre Ehre einzutreten.

2.10 Die türkische Verfassung

Die türkische Verfassung beinhaltet Bestimmungen, welche auf den Werten „Ehre“ und „Ansehen“ basieren. Der Wert der „Würde“ wird jedoch kaum behandelt. In der türkischen Verfassung lässt sich daher kein Nachweis finden, der die „Würde“ des Menschen wie im deutschen Grundgesetz[101] explizit festhält. Dennoch enthält die tür­kische Verfassung Andeutungen eines ideellen Menschenbildes sowie der Bewah­rung von Menschenwürde. Artikel 17 Absatz 3 der Verfassung besagt, dass „nie­mand gefoltert und misshandelt werden“ darf; „niemand darf einer mit der Men­schenwürde unvereinbaren Bestrafung oder Behandlung ausgesetzt werden.“[102]

„Dies ist insofern bedeutsam, als Art. 17 der Verfassung die klassischen Freiheitsvorschriften im Sinne des „Habeas Corpus“ darstellt, dem Menschen nicht nur Freiheit von körperlichen Eingriffen gewährleistet, sondern auch Bewegungsfreiheit, Freiheit von äußeren Zwangsein­wirkungen, soweit diese nicht durch andere vorrangige öffentliche Interessen gerechtfertigt werden können.“[103]

Auf die Bewahrung der Menschenwürde wird daher nur indirekt in der türkischen Verfassung eingegangen. Da die Menschenwürde jedoch nicht explizit in einem eige­nen Artikel festgehalten ist, kann sich der Einzelne auch nicht gegen die Willkür des Staates oder eines anderen zur Wehr setzen.[104] Nach dem jährlichen Bericht von Am­nesty International aus dem Jahre 2004 werden, trotz des Artikels 17 Absatz 3 der Verfassung, Häftlinge in türkischen Gefängnissen gefoltert und misshandelt.[105]

Das türkische Zivilrecht basiert auf dem schweizerischen Zivilgesetzbuch und wurde unter den kemalischen Reformen (Kemal Atatürk 1881 - 1938) am 4. Oktober 1926 in leicht veränderter Form übernommen. Das neue Gesetz umfasst das Personen-, das Familien-, das Erb-, das Sach- und das Schuldrecht.[106]

Das türkische Familienrecht betont die Institution der Ehe. Paragraph 41 der türki­schen Verfassung von 1982 drückt dies deutlich aus:

„Die Familie ist die Grundlage der türkischen Gesellschaft. Der Staat ergreift die notwendi­gen Maßnahmen, um das Wohl und Heil der Familie, insbesondere den Schutz der Mütter und Kinder und die Durchführung einer gezielten Familienplanung, zu gewährleisten und gründet dazu Organisationen.“[107]

Als Grundlage für das türkische Familienrecht gilt die Zivilehe. Sie besagt laut Art. 108 des türkischen Zivilgesetzbuches, dass erst vor dem Staat und dem Gesetz und anschließend vor der Religion geheiratet werden darf. Eine rein religiöse Heirat hat keine Rechtswirkung. Das zu ehelichende Paar muss bei der Eheschließung vor dem Gesetz anwesend sein.[108] Die gesetzliche Heirat hat unter anderem die Wirkung der Unterhaltspflicht, der Ehelichkeit der Kinder und des Erbrechts der Ehefrau. Mäd­chen dürfen vor dem Gesetz im Alter von 15 Jahren, Jungen im Alter von 17 Jahren heiraten; in Ausnahmefällen auch ab 14 Jahren bzw. ab 15 Jahren. Minderjährige dürfen nur mit Zustimmung eines gesetzlichen Vertreters eine Ehe eingehen (Art. 108 des ZGB).[109] Die Polygamie wurde im neuen Familienrecht verboten. Allerdings sieht das türkische Zivilgesetzbuch immer noch den Ehemann als Oberhaupt der Familie an, welcher dadurch verpflichtet wird, den Wohnort für seine Familie zu beschaffen und zu bestimmen und für den wirtschaftlichen Erhalt der Familie zu sorgen (Art. 152 ZGB).[110] Er kann als Einziger sein Eigentum vermehren (ZGB: „Die Ehefrau ist für das Haus zuständig.“) und muss lediglich für den familiären Unterhalt aufkommen.[111] Die Abendgabe (in Form von Geld oder Wertsachen), welche eine Frau bei ihrer Hochzeit erhält, dient der Frau im Falle einer Scheidung als Absicherung.[112] Stirbt der Ehemann, so muss sich die Ehefrau das Erbe mit den Kindern teilen.

Einige Reformen im neuen Familienrecht verbessern die Rechte der Frau: So darf die Frau nach einer Heirat ihren Mädchennamen hinzufügend zum Namen des Mannes tragen, sie hat das Recht mit Einwilligung des Ehepartners arbeiten zu gehen (dieses Recht darf sie auch vor Gericht einklagen) und sie darf sich aus einer vermehrten Anzahl von Gründen scheiden lassen. Als Scheidungsgründe werden akzeptiert: Im­potenz des Mannes oder Verlust seiner Geschlechtsorgane, böswilliges Verlassen, ehrenrührige Straftaten, Misshandlungen, Ehebruch durch den Mann oder die Zer­rüttung der Ehe. Die Person, die an dem Zusammenbruch der Ehe keine Schuld hat, kann vom Ehepartner entweder eine Entschädigung in Form von Ratenzahlungen (nachehelicher Unterhalt oder Rente), eine abschließende Summe oder einen Bedürf­tigkeitsunterhalt (Rente oder abschließende Summe) fordern.[113]

Dennoch gilt nach wie vor in ländlichen Gebieten der Türkei die „Imam-Ehe“, die religiöse Ehe, als weit verbreitet. Diese Ehe gilt allerdings nicht vor dem Zivilgesetz, und die Ehefrau kann daher kein Erbrecht (falls kein Testament gemacht wurde) für sich beanspruchen. Die Kinder gelten vor dem Recht als unehelich.[114]

Das türkische Strafrecht erkennt an einigen Stellen die Gewaltanwendung zur Wie­derherstellung der Ehre als strafmildernd an.[115] Bis vor kurzem wurde im Strafrecht zwischen den Geschlechtern unterschieden. So wurden Männer, die des Ehebruchs bezichtigt wurden, weniger hart bestraft wie Frauen. Dieses wurde mit der traditio­nellen Vorstellung der Rollenverhältnisse in der türkischen Gesellschaft begründet. Da die Ehrenhaftigkeit der Frau hauptsächlich von ihrer Jungfräulichkeit vor und ihrer Treue in der Ehe abhängt, verstößt der außereheliche Geschlechtsverkehr der Frau - mehr als der des Mannes- gegen die gesellschaftlichen Normen und Werte. Zweitens schadet die Frau bei einer Schwangerschaft den wirtschaftlichen Ressour­cen des Mannes, da dieser trotz seines Unverschuldens für eine weitere Person auf­kommen muss. Zudem wird das Abstammungskonzept durch das uneheliche Kind empfindlich verletzt. Die Folgen eines Ehebruchs durch eine Frau scheinen daher fa­taler als durch einen Mann.[116]

Am 13. März 1999 wurde in der Türkei die Strafe für Ehebruch im Sinne des Gleich­heitssatzes aufgehoben.[117] Es gibt im türkischen Strafrecht allerdings noch immer Bestimmungen, die Strafmilderung bei Gewaltanwendungen zur Wiederherstellung der Ehre gewähren. Dazu zählen die Tötung eines nichtehelichen neugeborenen Kindes durch die Mutter, welche hierdurch ihre Ehrverletzung zu vertuschen sucht und die Tötung der Ehefrau bzw. des Ehemannes, welcher beim Geschlechtsverkehr mit einer anderen Person durch den Ehepartner oder einen Abkömmling des Opfers ertappt wird. Der Täter muss zum Erreichen einer Strafmilderung dem Gericht plau­sibel erklären können, dass er z. B. durch den nichtehelichen Geschlechtsakt „provo­ziert“ wurde und diese Ehrverletzung ihn in einen derartig zwanghaften Zustand ver­setzte, dass er keinen anderen Ausweg als das Begehen der Straftat hatte. Dabei ist es irrelevant, ob die Tat erst Tage nach dem Ehebruch begangen wurde. Es ist lediglich wichtig, dass die Ehrverletzung zum Zeitpunkt der Tat noch anhielt.[118]

„Denn das Wesen der Provokation ist, dass der Täter in einen zwanghaften Seelenzustand versetzt wird, der ihn der eigenen Kontrolle entzieht und ohne den er die Tat nicht begangen hätte.“[119]

Der zwanghafte Zustand, in welchem sich der Täter befindet, wird meistens nicht durch die Tat an sich ausgelöst, sondern durch den Druck der Öffentlichkeit und der Familie, die den Täter zur Wiederherstellung seiner Ehre drängen.[120]

Strafmilderung gewährt das türkische Recht jedoch nicht bei Gewaltanwendungen zur Wiederherstellung von Ehre, die im Sinne einer Blutrache begangen wurden. Rächt der Täter die Ermordung einer seiner Familienmitglieder durch die Tötung eines männlichen Familienmitgliedes der anderen Familie, so löst er eine Kette von Gewalttaten zwischen den zwei Familien aus, die der Staat durch besonders harte Sanktionen verhindern möchte.[121]

Das türkische Strafrecht stellt mit der Strafmilderung bei Ehrenmorden den Wert der „Ehre“ über den Wert des „Lebens“.

„Denn an zu vielen Stellen im positiven Recht ist noch spürbar, dass Ehre mehr zählt als das Leben, wobei es nicht einmal um eine auf das Individuum bezogene Ehre geht, sondern um eine aus der Familienangehörigkeit abgeleitete, das Individuum gegenüber dem Familienverband herabgesetzte Ehre.“[122]

Es lässt vermuten, dass sich die türkische Ver­fassung generell eher mit dem Verhältnis zwischen Bürger und Staat als mit huma­nen Fragen auseinander setzt.

„Eine Antwort auf die virulente Problematik des Konflikts zwischen Leben und Ehre ist in der Verfassung nicht zu finden, umso weniger, als ein modernes Menschenwürdekonzept dort nicht erkennbar ist.“[123]

[...]


[1] Vgl.: Frankfurter Rundschau online: „Ehrenmordurteil lässt Fragen offen“, www.frankfurter-rund­schau.de, Artikel vom 13.04.2005, zuletzt eingesehen am: 13.04.2005

[2] Vgl.: Laus, Jörg: „Wie eine Deutsche“, aus: „Die Zeit“ vom 24.02.2005, www.zeus.zeit.de, zuletzt eingesehen am: 22.05.2005

[3] Postkartenaktion: „Ehre ist, für die Freiheit meiner Schwester zu kämpfen“, aus: www.madonna­maedchenpower.de, zuletzt eingesehen am: 01.06.2006

[4] Vgl.: Terre des Femmes e. V.: „Tatmotiv Ehre“, Tübingen 2004

[5] Vgl.: Neumann, Ursula: „Erziehung ausländischer Kinder. Erziehungsziele und Bildungsvorstellungen in türkischen Arbeiterfamilien“, 2. Auflage, Düsseldorf 1981,S. 117 - 145 ; Riesner, Silke: „Junge türkische Frauen der zweiten Generation in der Bundesrepublik Deutschland“, Verlag für Interkulturelle Kommunikation, Frankfurt am Main 1990, S. 69 - 184; Kelek, Neclá: „Islam im Alltag – Islamische Religiosität und ihre Bedeutung in der Lebenswelt von Schülerinnen und Schülern türkischer Herkunft“, Münster 2002, S. 103 - 192; Schiffauer, Werner: „Die Gewalt der Ehre. Erklärungen zu einem türkisch-deutschen Sexualkonflikt“, Frankfurt 1983

[6] Vgl.: Homepage Terre des Femmes, www.terre-des-femmes.de, zuletzt eingesehen am: 01.06.2006 und Postkartenaktion: „Ehre ist, für die Freiheit meiner Schwester zu kämpfen“, aus: www.madonnamaed­chenpower.de, zuletzt eingesehen am: 01.06.2006

[7] Vgl.: Terre des Femmes e. V.: „Tatmotiv Ehre“, Tübingen 2004 und Terre des Femmes e.V.: „Zwangs­heirat – Lebenslänglich für die Ehre“, Tübingen 2002

[8] Vgl.: Bielefeldt, Heiner: „Zwangsheirat und multikulturelle Gesellschaft – Anmerkungen zur aktuellen Debatte“, Deutsches Institut für Menschenrechte 2005, S. 7 - 13

[9] Lachmann, Günther : „Tödliche Toleranz. Die Muslime und unsere offene Gesellschaft“, München/ Zürich 2005, Kurzbeschreibung

[10] Vgl.: Botschaft der Republik Türkei in Berlin: „Zur Integration der Türken in Deutschland - Allgemeine Behauptungen und Ergebnisse von Studien“, Berlin 2002, Publikations-Nummer 1; Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: „Türken in Deutschland – Einstellungen zu Staat und Gesellschaft.“ Pro­jekt Zuwanderung und Integration, Konrad-Adenauer-Stiftung e. V., Dezember 2001

[11] Vgl.: Bielefeldt, Heiner: „Zwangsheirat und multikulturelle Gesellschaft – Anmerkungen zur aktuellen Debatte“, Deutsches Institut für Menschenrechte 2005, S. 26-27; Terre des Femmes: „Tatmotiv Ehre“, Tübingen 2004, S. 93-98; Friedrich-Ebert-Stiftung, Amnesty International, Terre des Femmes: Fachtagung zu „Verbrechen im Namen der Ehre“ vom 9. März 2005 in Berlin, www.terre-des-femmes.de, zuletzt eingesehen am: 07.09.2005

[12] Minikurs Islam, www.orientdienst.de, S. 102, zuletzt eingesehen am 09.05.2006

[13] Vgl.: Minikurs Islam, www.orientdienst.de, Forum, zuletzt eingesehen am 09.05.2006

[14] Bielefeldt, Heiner: „Zwangsheirat und multikulturelle Gesellschaft – Anmerkungen zur aktuellen Debatte“, Deutsches Institut für Menschenrechte, 2005, S. 19 aus: Mir-Hosseini, Ziba: „Neue Über­legungen zum Geschlechterverhältnis im Islam. Perspektiven der Gerechtigkeit und Gleichheit für Frauen, in: Rumpf, Mechthild : „Facetten islamischer Welten“, S. 53 - 81

[15] Vgl.: Petersen, Andrea : „Ehre und Scham. Das Verhältnis der Geschlechter in der Türkei“ X-Publikatio­nen, Berlin 1988, S. 16/17

[16] Vgl.: Yalcin-Heckmann, Lale: „Einige Gedanken zu den türkischen Ehrbegriffen „Namus“, „Seref“ und „Onur“, in: „Ehre und Würde – Seref ve Onur“ Deutsch-Türkisches Symposium 1999, Edition Körber Stiftung , Hamburg 2000, S. 144

[17] Vgl.: Girodano, Christian: „Ehre: Soziale Repräsentationen und Handlungsstrategien. Die Gesellschaften des Mittelmeerraumes als transkulturelle Metapher“, Hamburger Institut für Sozialforschung aus der Vortragsreihe „Ehrenmorde? Muslimische Kulturen und Integrationspolitik in der Bundesrepublik Deutschland“ 2006, S. 2 - 3

[18] Yalcin-Heckmann, Lale (2000): S. 144/145

[19] Yalcin-Heckmann, Lale (2000): S. 147

[20] Vgl.: Sperber, Dr. Jutta: „Ehre und Würde in Christentum und Islam“ in: „Ehre und Würde – Seref ve Onur“ Deutsch-Türkisches Symposium 1999, Edition Körber Stiftung , Hamburg 2000, S. 40

[21] Eisenrieder, Claudia: „Zwangsheirat bei MigrantInnen – Verwandtschaftliche und gesellschaftliche Hintergründe“ in: Terre des Femmes e. V. „Zwangsheirat – Lebenslänglich für die Ehre“, Tübingen 2002, S. 42

[22] Vgl.: Petersen, Andrea: „Ehre und Scham. Das Verhältnis der Geschlechter in der Türkei“ X-Publikatio­nen, Berlin 1988, S. 32

[23] Vgl.: Petersen, Andrea (1988) S. 34 aus Pierre Bourdieu: „Entwurf einer Theorie der Praxis“ Frankfurt 1976, S. 28

[24] Girodano, Christian (2006): S. 9

[25] Vgl.: Yalcin-Heckmann, Lale: „Einige Gedanken zu den türkischen Ehrbegriffen „Namus“, „Seref“ und „Onur“, in: „Ehre und Würde – Seref ve Onur“ Deutsch-Türkisches Symposium 1999, Edition Körber Stiftung, Hamburg 2000

[26] Vgl.: Toprak, Ahmet: „Das schwache Geschlecht – die türkischen Männer“ – Zwangsheirat, häusliche Gewalt, Doppelmoral der Ehre, Freiburg im Breisgau 2005

[27] Yalcin-Heckmann, Lale (2000): S. 147

[28] Vgl.: Petersen, Andrea: „Ehre und Scham. Das Verhältnis der Geschlechter in der Türkei“ X-Publikatio­nen, Berlin 1988

[29] Vgl.: Schiffauer, Werner: „Die Gewalt der Ehre – Erklärungen zu einem türkisch-deutschen Sexualkonflikt“, Frankfurt/Main 1983

[30] Vgl.: Petersen, Andrea (1988): S. 28/29

[31] Vgl.: Ebd. S. 29

[32] Yalcin-Heckmann, Lale (2000): S. 147

[33] Vgl.: Yalcin-Heckmann, Lale (2000): S. 148

[34] Vgl.: Sperber, Dr. Jutta : „Ehre und Würde in Christentum und Islam“ in: „Ehre und Würde – Seref ve Onur“ Deutsch-Türkisches Symposium 1999, Edition Körber Stiftung, Hamburg 2000, S. 40

[35] Vgl.: Yalcin-Heckmann, Lale (2000): S. 144/145

[36] Ebd. S. 149/150

[37] Yalcin-Heckmann, Lale (2000): S. 149/150

[38] Vgl.: Begriffsdefinition Distinktion, www.wikipedia.org, zuletzt eingesehen am: 18.06.2006

[39] Vgl.: Schiffauer, Werner: „Die Gewalt der Ehre. Erklärungen zu einem türkisch-deutschen Sexualkon­flikt“, Frankfurt 1983, S. 67

[40] Vgl. ebd., S. 68

[41] Vgl. ebd., S. 69

[42] Vgl. ebd., S. 66

[43] Vgl.: Schiffauer, Werner: „Die Gewalt der Ehre. Erklärungen zu einem türkisch-deutschen Sexualkon­flikt“, Frankfurt 1983, S. 73

[44] Petersen, Andrea (1988): S. 51

[45] Schiffauer, Werner (1983): S. 88

[46] Ebd., S. 91

[47] Vgl.: Kök, Hürü: „Gläubig, streng gläubig, getrennt gläubig: Geschlechtertrennung im Islam“ aus: www.planet-wissen.de, Stand vom 04.04.2003, zuletzt eingesehen am: 05.04.2006

[48] Vgl.: Petersen, Andrea (1988): S. 35

[49] Vgl.: Kök, Hürü: www.planet-wissen.de, Stand vom 04.04.2003, zuletzt eingesehen am: 05.04.2006

[50] Petersen, Andrea (1988) S. 36 aus: Bourdieu, Pierre : „Entwurf einer Theorie der Praxis“, Frankfurt 1976, S. 37

[51] Vgl., ebd. S. 38

[52] Vgl., ebd. S. 37/38

[53] Vgl.: Kök, Hürü: www.planet-wissen.de, Stand vom 04.04.2003, zuletzt eingesehen am: 05.04.2006

[54] Vgl.: Petersen, Andrea (1988): S. 80

[55] Vgl. ebd., S. 40 aus: Wensinck, A. J.: „Die Entstehung der muslimischen Reinheitsgesetzgebung“, in: Der Islam, Nr. 5/1914, S. 63

[56] Vgl. ebd., S. 40/41 aus: ebd. , S. 80

[57] Vgl.: Petersen, A.: aus Schiffauer, Werner: „Das Gastritual“ in arch. Nr. 46, Aachen 1979, S. 40

[58] Petersen, Andrea (1988): S. 44

[59] Vgl.: Girodano, Christian (2006): S. 4

[60] Vgl.: Petersen, Andrea (1988): S. 11

[61] Vgl. ebd., S. 11

[62] Vgl.: Petersen, Andrea (1988): S. 64

[63] Ebd.: S. 65

[64] Vgl. ebd., S. 12

[65] Vgl. ebd., S. 13

[66] Vgl. ebd., S. 13

[67] Vgl.: Petersen, Andrea (1988): S. 17

[68] Vgl. ebd., S. 15 und S. 37

[69] Ebd., S. 18

[70] Vgl. ebd. S. 18 aus Fuller, Anne H.: „Buarij“ Cambrige Mass. 1961, S. 59

[71] Ebd.: S. 19

[72] Petersen, A. (1988): S. 20 aus Mernissi, Fatima: „Beyond the Veil: male and female dynamics in a modern muslim society“, New York 1975, S. 11

[73] Vgl.: Toprak, Ahmet: „Das schwache Geschlecht – die türkischen Männer“, Freiburg 2005, S. 71 aus: Schiffauer, Werner “Die Bauern von Subay. Das Leben in einem türkischen Dorf.“ Stuttgart 1987, S. 181 f.

[74] Vgl.: Petersen, Andrea (1988): S. 9

[75] Vgl.: Toprak, Ahmet (2005): S. 100/101

[76] Vgl.: Petersen, A.: „Ehre und Scham. Das Verhältnis der Geschlechter in der Türkei“ X-Publikatio­nen, Berlin 1988, S. 14 aus: Douglas, Mary: „Reinheit und Gefährdung: Eine Studie zu Vorstellungen von Verunreinigung und Tabu“, Berlin 1985, S. 76

[77] Vgl. Petersen, Andrea (1988): S. 16/17

[78] Ebd., S. 16/17

[79] Vgl. ebd., S. 9

[80] Vgl. ebd. S. 52/53

[81] Vgl.: Toprak, Ahmet: „Das schwache Geschlecht – die türkischen Männer“, Freiburg 2005, S. 128

[82] Vgl.: Petersen, Andrea (1988): S. 54

[83] Vgl.: Ebd., S. 31/32

[84] Vgl. ebd.: S. 19 aus: Schiffauer, Werner: „Die Gewalt der Ehre. Erklärungen zu einem türkisch-deut­schen Sexualkonflikt“ Frankfurt 1983, S. 86 f.

[85] Petersen, Andrea (1988): S. 54

[86] Vgl.: Girodano, Christian (2006): S. 5

[87] Petersen, A. (1988): S. 8

[88] Vgl. ebd., S. 24 aus: Bumke, Peter: „Bemerkungen zur räumlichen Aufteilung der Lebenswelt anatioli­scher Bauern“, in: arch, Nr. 46 Aachen 1979, S. 34

[89] Vgl.: Toprak, Ahmet: „Das schwache Geschlecht – die türkischen Männer“, Freiburg 2005, S. 152/153

[90] Schiffauer, Werner: „Die Gewalt der Ehre – Erklärungen zu einem türkisch-deutschen Sexualkon­flikt“ Frankfurt 1983, S. 70

[91] Petersen, Andrea S. 14 aus: P. Rotkopf „Beobachtungen über eine kurdische Bevölkerungsgruppe“ in Jürgen Roth: „Geographie der Unterdrückten“, Reinbeck/Hamburg 1978, S. 136

[92] Vgl.: Schiffauer, Werner (1983): S.98

[93] Vgl.: Schiffauer, Werner (1983): S. 14 und 24

[94] Vgl.: Toprak, Ahmet : „Das schwache Geschlecht – die türkischen Männer“, Freiburg 2005, S. 145

[95] Vgl. ebd. S. 9 und 24

[96] Ebd. S. 27

[97] Vgl.: Toprak, Ahmet (2005): S. 70

[98] Toprak, A. (2005): S. 71 aus: Schiffauer, Werner: “Die Bauern von Subay. Das Leben in einem türki­schen Dorf.“ Stuttgart 1987, S. 181 f.

[99] Vgl. ebd., S. 71

[100] Vgl.: Petersen, Andrea: „Ehre und Scham. Das Verhältnis der Geschlechter in der Türkei“ X-Publikatio­nen, Berlin 1988, S. 27 aus: Julian Pitt-Rivers „Honour and Social Status“ in: Peristiany 1965, S. 28

[101] Deutsches Grundgesetz, Artikel 1 Abs. 1: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlicher Gewalt“ aus: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Staßfurt 1995

[102] Rumpf, Dr. Christian: „Ehre und Würde – was die türkische Rechtsordnung davon hält“ in: „Ehre und Würde – Seref ve Onur“ Deutsch-Türkisches Symposium 1999, Edition Körber Stiftung, Hamburg 2000, S. 163/164

[103] Ebd., S. 164

[104] Vgl. ebd., S. 164

[105] Amnesty International, Jahresbericht 2004 „Türkei“, „www2.amnesty.de“, eingesehen am: 14.04.2006

[106] Toprak, Ahmet (2005): S. 72

[107] Toprak, Ahmet: „Das schwache Geschlecht – die türkischen Männer“, Freiburg 2005, S. 70

[108] Vgl. ebd. S. 73

[109] Vgl. ebd., S. 73

[110] Vgl.: Rumpf, Dr. Christian (2000): S. 19

[111] Vgl. ebd., S. 19

[112] Minikurs Islam, www.orientdienst.de, S. 77, zuletzt eingesehen am: 09.05.2006

[113] Vgl.: Rumpf, Dr. Christian: „Ehre und Würde – was die türkische Rechtsordnung davon hält“ in: „Ehre und Würde – Seref ve Onur“ Deutsch-Türkisches Symposium 1999, Edition Körber Stiftung, Hamburg 2000, S. 20

[114] Vgl.: Rumpf, Dr. C. (2000): S. 20/21

[115] Vgl. ebd., S. 170

[116] Vgl. ebd., S. 167

[117] Vgl. Rumpf, Dr. Christian (2000): S. 165

[118] Vgl. ebd., S. 170

[119] Ebd.: S. 170

[120] Vgl. ebd., S. 170

[121] Vgl. ebd., S. 172

[122] Rumpf, Dr. Christian: „Ehre und Würde – was die türkische Rechtsordnung davon hält“ in: „Ehre und Würde – Seref ve Onur“ Deutsch-Türkisches Symposium 1999, Edition Körber Stiftung, Hamburg 2000, S. 173

[123] Ebd.: S. 173/174

Ende der Leseprobe aus 122 Seiten

Details

Titel
Männliche Ehre - weibliche Scham. Analyse immanenter Wertvorstellungen vor dem Hintergrund von Migration
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Note
gut
Autor
Jahr
2006
Seiten
122
Katalognummer
V65737
ISBN (eBook)
9783638582407
ISBN (Buch)
9783638719452
Dateigröße
968 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Männliche, Ehre, Scham, Analyse, Wertvorstellungen, Hintergrund, Migration
Arbeit zitieren
Anna Patzke Salgado (Autor:in), 2006, Männliche Ehre - weibliche Scham. Analyse immanenter Wertvorstellungen vor dem Hintergrund von Migration, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65737

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