Menschenrechte zwischen Idee und Wirklichkeit


Skript, 2009

50 Seiten, Note: 1,1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Die Vereinten Nationen in einer Krise? – auf jeden Fall vor Veränderungen!

2. Definition Menschenrechte
2.1 Naturrecht als Grundkategorie
2.1.1 Antike
2.1.2 Christentum
2.1.3 Historischer Stellenwert John Lockes
2.1.4 Abgrenzung Menschenrechte <-> Grundrechte

3. Historische Entwicklung
3.1. Englische Verfassung
3.2 Amerikanische Unabhängigkeitserklärung
3.3 Französische Revolution
3.4 Die deutsche Entwicklungslinie

4. Völkerrechtliche und europarechtliche Regelungen
4.1 UN-Konventionen und UN-Abkommen
4.1.1 Die UN-Charta
4.1.2 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
4.1.3 Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes
4.1.4 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte
4.1.5 Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Sozialpakt)
vom 19. Dezember 1976
4.1.6 Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (vom 10. Dezember 1984)
4.1.7 Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951 und das Zusatzproto-
koll über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte
und über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter
Konflikte
4.1.8 Übereinkommen über die Beseitigung jeder Form von Diskriminierung
der Frau - Frauenrechte sind Menschenrechte
4.1.9 Kinderrechte sind Menschenrechte
4.1.10 Erklärung von Rio zu Umwelt und Entwicklung
4.2 Europäische Konventionen und europäische Abkommen
4.2.1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)

5. Institutionen
5.1 Die Bedeutung der UNO (UN)
5.2 UN-Generalversammlung
5.3 Der Sicherheitsrat
5.4 UN-Menschenrechtskommission (Human Rights Commission)
5.5 Internationaler Strafgerichtshof (International Criminal Court; ICC)
5.6 Internationaler Gerichtshof (IGH)
5.7 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)

6. Menschenrechtsverletzungen trotz internationaler Vorschriften – eine traurige Realität
6.1 Einzelverstöße gegen völkerrechtliches Vertrags- und Gewohnheitsrecht
6.2 Beispiele für Menschenrechtsverletzungen aus einzelnen Ländern

7. Schutz der Menschenrechte
7.1 Probleme
7.2 Menschenrechtsorganisationen

8. Ausblick

9. Quellen

1. Die Vereinten Nationen in einer Krise? – auf jeden Fall vor Veränderungen!

„Wenn die UNO für den Rest der Welt wird, was der Warschauer Pakt für die sowjetischen Satelliten war, stellt sie eine Bedrohung für Autonomie und Sicherheit ihrer Mitgliedsstaaten dar – und ist eben nicht mehr das kollektive, schützende Instrument, das sie sein soll.[1]

Die Vereinten Nationen[2] liefern 60 Jahre nach Verabschiedung der UN-Charta vielfältige Schlagzeilen. „Die Reform der Vereinten Nationen – die Weltorganisation unter Anpassungsdruck“? Die UNO und das Völkerrecht in der Weltordnungskrise? Sie sind seit Jahren starker Kritik ausgesetzt. Schrille und lautstarke Kritik kommt insbesondere von der US Regierung. Sie fordert eine Reform der Weltorganisation und Anpassung des Völkerrechts an die neuen Herausforderungen. Dazu zählen u. a. der Krieg gegen den internationalen Terrorismus und der Kampf gegen Massenvernichtungswaffen in den Händen von „Schurkenstaaten“. Offensichtlich ist die Auffassung in diplomatischen Kreisen weit verbreitet, dass die Vereinten Nationen das 21. Jahrhundert ohne Reformen kaum überleben werden.

Soll der Sicherheitsrat erweitert oder aufgelöst werden?[3] Sollen dessen Kompetenzen auf die Generalversammlung übertragen werden? Nach Art. 18 der Charta der Vereinten Nationen hat jeder Staat eine Stimme. Trägt dies dem Grundsatz der Gleichberechtigung der Völker Rechnung? Müsste nicht wie im deutschen Bundesrat ein abgestuftes Stimmengewicht eingeführt werden? Die Bundesregierung fordert jedenfalls bei einer Erweiterung des Sicherheitsrates einen Sitz für Deutschland. „Die wirtschaftliche, technologische und ökologische Globalisierung lasse sich nicht ohne enge Kooperation meistern. Nötig sei eine tiefgreifende Änderung des internationalen Systems und seiner Institutionen[4]. Bundeskanzler Schröder forderte das Vetorecht für ein ständiges Mitglied Deutschland im UN-Sicherheitsrat.[5] Die von UN-Generalsekretär Kofi Annan eingesetzte Kommission schlug im Übrigen eine Erweiterung des Sicherheitsrates von 15 auf 24 Mitglieder vor und legte hierfür zwei Modelle vor, über die politisch diskutiert wird.[6]

Kofi Annan hat bereits in der Rede vor der UN-Generalversammlung am 23. September 2003 festgestellt, dass die Vereinten Nationen an einem Punkt angelangt seien, der nicht weniger bedeutend sei als die Zeit der Gründung. Die Regeln und das System der Global Governance stünden im Mittelpunkt. Im Februar 2005 stellte er fest[7], dass der Sicherheitsrat die Macht habe, selbst zu handeln oder ein solches Handeln zu autorisieren. Nach Art. 51 der UN-Charta haben Regierungen das Recht auf Selbstverteidigung. Zulässig im Rahmen der neuen Sicherheitskultur sollen präemptive Schläge sein, allerdings nur bei sehr „solider Informationsgrundlage.“ Eine hochrangige Kommission plädierte für die Möglichkeit von Präventivschlägen. Mit ihren Vorschlägen zur Legitimierung des präventiven Einsatzes von Gewalt kam die Kommission ein Stück weit der amerikanischen Regierung und deren Rechtsauffassung zum Militäreinsatz im Irak entgegen („Wenn es gewichtige Gründe für eine „präventive Selbstverteidigung“ gebe, dann solle der Sicherheitsrat mit dem Fall befasst werden und entscheiden, ob die Anwendung von militärischer Gewalt gerechtfertig sei. Kriterien seien die Ernsthaftigkeit der Bedrohung, das Ausschöpfen anderer Abwehrmöglichkeiten, die Angemessenheit militärischer Reaktionen und die Tragweite des Angriffs“).[8]

Bereits im Dezember 2004[9] unterstrich Annan, dass die acht Millennium - Entwicklungsziele die Messlatte für die Entwicklung bis 2015 seien. Angestrebt werde

- Die Halbierung der Zahl von Menschen, die unter extremer Armut und Unterernährung leiden.
- Alle Kinder sollen eine Grundschulausbildung erhalten.
- De Kinder- und Müttersterblichkeit soll gesenkt werden.
- Die Verbreitung von HIBV/Aids und Malaria soll gestoppt werden.
- Eine Politik der Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit soll verfolgt werden.

Annan forderte eine globale Partnerschaft zwischen armen und reichen Ländern, die auf offenen Märkten, Schuldenerlass, Investitionen und Entwicklungshilfe basiere.

Dies ist ein Teil der aktuellen Schlagzeilen. Tagespolitische Realität sind aber auch Schreckensmeldungen über Grausamkeiten gegenüber Menschen. So berichteten die Medien allein am 6. April 2005

- Hinrichtungen: China liege an der Spitze. Im Jahre 2004 sei[10] die Todesstrafe an Minderjährigen noch in China und im Iran vollstreckt worden. Beide Länder haben die Konvention der Vereinten Nationen zum Schutz von Kindern ratifiziert, die Hinrichtungen von Kindern verbietet.
- Kofi Annan übergab eine Liste über mutmaßliche Kriegsverbrecher im Sudan (Darfur) an den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes. Unter den Verdächtigen sollen auch führende Mitglieder der sudanesischen Regierung, der Armee sowie einige Rebellenanführer sein[11].

Diese aktuellen Schlagzeilen sollen 60 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Charta Anlass sein, kritisch zurück zu blicken. Menschenrechte, Gewalt und Gewaltverbot im Völkerrecht? Das kollektive und humanitäre Sicherungssystem der Vereinten Nationen überfordert oder gar überholt?

2. Definition Menschenrechte

Menschenrechte sind angeborene, unveräußerliche und unantastbare vorstaatliche Rechte und Ansprüche des Einzelnen zum Schutz seiner Person im politischen Leben und zur Entfaltung und Teilhabe am gesellschaftlichen Prozess. Menschenrechte sind Freiheitsrechte. Diese sind in einer verfassungsmäßigen Ordnung einklagbar und durchsetzbar. Sie sichern einen Mindeststandard an individueller Freiheit sowie politischer und sozialer Gleichheit. Sie gelten als Legitimationsgrundlage und Maßstab für das politische Leben.

Menschenrechte sind ein politischer Schlüsselbegriff. Das Ziel aller Menschenrechte ist die Wahrung der Menschenwürde. Sie treten insbesondere dann in das politische Blickfeld und sind Gegenstand humanitärer Aktionen, wenn es zu massiven Beeinträchtigungen von Menschenrechten oder gar zu Verletzungen kommt. Menschenrechtspolitik dient dem Menschen. Er steht im Mittelpunkt. Seine Würde ist unantastbar. Die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit soll gewährleistet werden: politisch, geistig, wirtschaftlich, kulturell und sozial.

Im juristischen Sinne sind Menschenrechte Rechte des Einzelnen, zu deren Wahrung der Staat aufgrund völkerrechtlicher Normen verpflichtet ist. Sowohl die eigenen Staatsangehörigen als auch die Menschen, die in einem bestimmten Staatsgebiet leben, haben das Recht auf Schutz.

Damit die Entfaltung und Durchsetzung gewährleistet werden kann, wird eine rechtsstaatliche Ordnung benötigt. Diese schützt den Menschen vor Übergriffen des Staates und sichert individuelle Teilhaberechte.

„Wir wollten die Grundrechte, die Menschenrechte, das was den Menschen ausmacht, die Freiheit und Würde nämlich, zum Inhalt unseres Staatsbewusstseins machen (Carlo Schmid).“

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland unterscheidet zwischen Menschenrechten (jedermann zustehenden Rechten) und Bürgerrechten (jeder Deutsche kann sich auf diese grundrechtlichen Gewährleistungen berufen).

Zu den Menschenrechten, die jedem Menschen in der Bundesrepublik garantiert sind, gleichgültig ob er deutscher Staatsangehöriger ist oder nicht, gehören zum Beispiel das Recht auf menschliche Würde, das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, der persönlichen Freiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung.

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie gilt, ohne dass dafür Leistungen erbracht werden müssen. Sie ist dem Wesen des Menschen und seiner Existenz immanent[12].[13] Sie ist als „sittlicher Wert“ und „vorpositives Fundament“ dem positiven Verfassungsrecht vorangestellt.[14] Dies wird freilich neuerdings in Frage gestellt. So sieht Herdegen die Menschenwürde nicht mehr als vorpositives Fundament, sondern als „Verfassungsnorm auf gleicher Ebene“ und zugleich für Abwägungen und Angemessenheitsüberlegungen zugänglich. Herdegen meint, dass sich der Menschenwürdeanspruch erst aus einer wertenden Gesamtbetrachtung ergebe.[15]

Auch das „Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte und Menschenwürde im Hinblick auf die Anwendung von Biologie und Medizin (Menschenrechts-übereinkommen zur Biomedizin des Europarates vom 4. April 1997) schützt die Menschenwürde. Die Menschenwürde ist betroffen, wenn der konkrete Mensch zum Objekt, zu einem bloßen Mittel oder zur vertretbaren Größe herabgewürdigt wird, wenn er einer Behandlung ausgesetzt ist, die seine ethische und rechtliche Qualität in Frage stellt. Die Menschenwürde wird leider auch heute noch – trotz vielfältiger nationaler und internationaler, rechtlicher und politischer Bemühungen – durch Folter, Sklaverei, Ausrottung bestimmter Gruppen, Geburtenverhinderung und die Unterwerfung unter unmenschliche oder erniedrigende Strafen oder Behandlung massiv verletzt.

Die Würde des Menschen ist unantastbar, jedes Menschen, überall. Es gibt keinen rechtsfreien Raum, keine Ausnahme von der Maxime (Claudia Roth).

2.1 Naturrecht als Grundkategorie

Die Idee der Menschenrechte geht davon aus, dass aus der Menschennatur Freiheitsrechte abzuleiten sind. Die Menschenrechte sind nach der Lehre des Naturrechts so alt wie die Menschheit selbst. Menschenrechte werden insbesondere dort zum Thema, wo die Freiheitssphäre des Individuums bedroht ist.[16]

Menschenrechte wurzeln in der Natur des Menschen und seiner Würde. Natur, Vernunft und Menschenrechte sind Schlüsselwörter auf denen auch der moderne Freiheits- und Gleichheitsbegriff beruht.

2.1.1 Antike

Die Antike gilt als Wiege des abendländischen Humanitätsideals. Der Mensch wurde als autonomes Individuum im Spannungsfeld von Staat und Gesellschaft entdeckt.

2.1.2 Christentum

„Grundlage für das christliche Verständnis der Menschenrechte ist die biblische Vorstellung, dass alle Menschen nach Gottes Bild geschaffen worden sind. Jeder Mensch hat die gleiche Würde und ist wertvoll in Gottes Augen (EKD).“

2.1.3 Historischer Stellenwert John Lockes

Der geschichtlich entscheidende geistige Durchbruch der Idee unveräußerlicher Menschenrechte wird durch die gedanklichen Ansätze John Lockes geleistet. Locke stellte in seinen „Second Treaties of Government“ klar, dass das Gesetz der Natur die Vernunft sei, die alle Menschen lehre, die Rechte anderer zu achten. Die Vernunft lehrt die ganze Menschheit, dass alle Menschen gleich und unabhängig sind, dass keiner den anderen in seinem Leben einschränken darf. Der Zweck des staatlichen Zusammenlebens bestand für Locke darin, die natürlichen Menschenrechte zu schützen. Da alle Menschen gleichberechtigt sind, wird eine Lenkung „von oben“ benötigt. Der Staat bestehend aus Legislative, Judikative und Exekutive, sorgt für die Gleichberechtigung aller Menschen. Auch Montesquieu ging von der Existenz unveräußerlicher, vorstaatlicher und vom Staat zu schützender Menschenrechte aus. Die Gewaltenteilung war für ihn eine institutionelle Vorbedingung, um die aus dem Naturrecht abzuleitenden Menschen- und Grundrechte zu schützen.

2.1.4 Abgrenzung Menschenrechte <-> Grundrechte

Art. 2 Abs. 1 GG enthält ein Bekenntnis zu den unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten (verfassungsmäßige Ordnung). Die Menschenrechte, die als allgemeine Regeln des Völkerrechts anerkannt sind, gelten schließlich unmittelbar als Bundesrecht, gehen jedoch nicht der Verfassung vor (Art. 25).

Die Grundrechte sind in erster Linie individuelle Rechte, Menschen- und Bürgerrechte, die den Schutz konkreter, besonders gefährdeter Bereiche menschlicher Freiheit zum Gegenstand haben. Sie wirken daher regelmäßig nur gegen Hoheitsträger. Dies ergibt sich zunächst aus Art. 1 Abs. 3 GG und aus ihrer geschichtlichen Entstehung und Sinngebung. Die Grundrechte sollen Freiheiten sichern (Freiheitsrechte). Carlo Schmid hat dies in seiner Rede in der zweiten Sitzung des Parlamentarischen Rates in Bonn so formuliert: „Als drittes Erfordernis für das Bestehen einer demokratischen Verfassung gilt im allgemeinen die Garantie der Grundrechte. Der Staat soll nicht alles tun können, was ihm gerade bequem ist, wenn er nur einen willfährigen Gesetzgeber findet, sondern der Mensch soll Rechte haben, über die auch der Staat soll nicht verfügen können. Die Grundrechte müssen das Gesetz regieren“. Die Grundrechte binden alle Staatsgewalten Art. 1 Abs. 3 GG, d. h. auch der Gesetzgeber darf die Grundrechte bei seiner Tätigkeit nicht außer Acht lassen. Aus dem Inhalt der Grundrechte können sich auch für ihn inhaltliche Begrenzungen ergeben. Ein Gesetz, das Grundrechte verletzt, ist verfassungswidrig. Dies kann allerdings nur vom Bundesverfassungsgericht verbindlich festgestellt werden. Es war lange Zeit streitig, ob sich aus den Grundrechten auch Leistungs- und Teilhabeansprüche herleiten lassen. Das Bundesverfassungsgericht stellte hierzu fest: „Je stärker sich der moderne Staat der sozialen Sicherung und kulturellen Förderung der Bürger zuwende, desto mehr trete im Verhältnis zwischen Bürgern und Staat über das ursprünglich Postulat grundrechtlicher Freiheitssicherung vor dem Staat die komplementäre Forderung nach grundrechtlicher Verbürgung der Teilhabe an staatlichen Leistungen hervor.“ In der neueren Entwicklung der allgemeinen Grundrechtslehren ist anerkannt, dass die Grundrechte auch auf das Organisations- und Verfahrensrecht einwirken, das auf diesem Weg zur Grundrechtsverwirklichung und Sicherung beiträgt.

In erster Linie ist der Mensch als natürliche Person grundrechtsfähig. Inländische juristische Personen können nach Art. 19 Abs. 3 GG Grundrechtsträger sein, soweit dies ihrem Wesen entspricht.

Grundrechte sind Freiheits- und Abwehrrechte, Mitwirkungs- und Teilhaberechte und schließlich haben sie verfahrensrechtliche Funktion.[17]

3. Historische Entwicklung

3.1. Englische Verfassung

In England standen sich Mitte des 17. Jahrhunderts absolutistische Tendenzen und republikanische Geistesströmungen gegenüber. Der Aufstieg von Landadel und Bürgertum führte zu Veränderungen in der traditionellen Machtstruktur Englands; das Parlament wurde zur treibenden Kraft für das Volk. Das „House of Commons“ erklärte im Jahre 1628 die alten Rechte des Parlaments für verletzt und legte die „Petition of Rights[18] “ vor. Eigentums- und Personenrechte wurden für unverletzlich erklärt.

Mit der „Habeas Corpus Akte“ von 1679 wurden individuelle Grundrechte weitestgehend durchgesetzt. Die „Habeas Corpus Akte“ stellte das Recht der persönlichen Freiheit wieder her. Kein Untertan konnte ohne gerichtliche Untersuchung in Haft gehalten werden; eine Verhaftung ohne triftigen Gründe wurde als freiheitswidrig erklärt. Der Verhaftete musste innerhalb von zwanzig Tagen einem Richter vorgeführt werden. Er hatte das Recht, dem König eine Petition einzureichen. In Ausnahmesituationen konnte dieses Grundrecht außer Kraft gesetzt werden.

Die „Bill of Rights“ (England) 1689 garantierte dem Parlament Redefreiheit. Die Wahlfreiheit zum Parlament wurde gesichert, grausame Bestrafungen wurden verboten. In 13 Artikel wurde die unter Berufung auf bestehendes Recht und unter Hinweis auf entsprechende Rechtssprüche Jakobs II die Macht des Königs eingegrenzt und die des Parlaments gefestigt.

3.2 Amerikanische Unabhängigkeitserklärung

In den „Bill of Rights“ des Staates Virginia wurde 1776 erstmals auf amerikanischem Boden ein Menschrechtskatalog verkündet. „Alle Menschen - unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft, Staatsangehörigkeit - sind von Natur aus frei und besitzen angeborene Rechte.“ U. a. wurden das Recht auf Leben, Freiheit, Eigentum, Versammlungs- und Pressefreiheit, Freizügigkeits- und Petitionsrecht zu unveräußerlichen Menschenrechten erhoben.

Die „Bill of Rights“ wurde 1791 der Verfassung der USA hinzugefügt. Damit verfügten die Amerikaner über einen anerkannten Grundrechtskatalog.

[...]


[1] Rheinischer Merkur vom 13. Januar 2005.

[2] Hüfner, Das System der Vereinten Nationen, Aus Politik und Zeitgeschichte, B 22/2005; Märker/Wagner, Vom Völkerbund zu den Vereinten Nationen, Aus Politik und Zeitgeschichte, B 22/2005; Varwick/Knelangen, Die Rolle der Vereinten Nationen in der internationalen Politik, Aus Politik und Zeitgeschichte, B 27-28/2002.

[3] Der Sicherheitsrat muss die Realität der Welt von heute widerspiegeln, um handlungsfähiger zu werden.

[4] so Joschka Fischer bereits anlässlich der 59. Generalversammlung.

[5] FAZ vom 10. Dezember 2004. Andererseits berichtet die Zeit (16. Dezember 2004) – „Das Vetorecht soll keines der neuen Mitglieder des Sicherheitsrates bekommen. Mützelburg, Rheinischer Merkur vom 6.10.2005 formuliert die Interessen Deutschland nach einem Sitz im Weltsicherheitsrat: „Solange Europa in Fragen von Krieg und Frieden nicht mit einer Stimme sprechen, dient es seinen Interessen, die europäische Bank zu vergrößern.“

[6] „Annan enttäuscht, grundlegende UN-Reform nicht erreicht“, FAZ vom 15. September 2005, S. 1 – Annan machte in seiner Eröffnungsansprache aus Anlass des 60. Jahrestages der Gründung der UN kein Geheimnis aus seiner Enttäuschung, dass die von ihm angeregten Reformen nicht bis zum Gipfeltreffen beschlossen wurden. Er beklagte besonders, dass es nicht gelungen sei, Verpflichtungen zur Abrüstung und zur Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen sowie konkrete Schritte zur Erweiterung des UN-Sicherheitsrates in die Schlusserklärung aufzunehmen.

[7] Die Zeit vom 17. Februar, S. 11.

[8] Demgegenüber relativieren amerikanische Rechtsprofessoren die Tragweite des Völkerrechts. Nach Überzeugung von Jack Goldsmith und Eric Posner ist das Völkerrecht lediglich ein Rädchen im Getriebe internationaler Beziehungen, das, wie andere politische Gestaltungsinstrumente, einer ständigen Kosten-Nutzen-Analyse unterliege. Internationale Verträge und Institutionen seien nicht um ihrer selbst Willen gutzuheißen, da sie sich nicht zwangsläufig als vorteilhaft erwiesen. … Ein Festhalten an internationalen Verträgen, die sich aus nationaler Sicht nicht länger als nützlich erwiesen, sei auch mit Rücksicht auf das globale Wohlergehen nicht geboten. Mit dieser Auslegung wird das Völkerrecht zum beliebig einsetzbaren politischen Werkzeug ohne Bindungs- oder Gestaltungskraft herabgestuft. Vgl. hierzu Gelinsky, Ein ständiger Machtkampf, FAZ vom 11. April 2005. Richard v. Weizsäcker, Was für eine Welt wollen wir, 2005, S. 59 nimmt zur These des Amerikaners Robert Kagan Stellung: Wir haben den Irakkrieg so sagt er, präemptiv geführt, und zwar auf eigene Faust. V. Weizsäcker stellt demgegenüber klar, dass dies nur legitim sei, wenn er im Interesse der ganzen Welt geführt wurde. Macht müsse legitimiert werden. Das müsse die frei, demokratische Welt, die unsere Ideale teilt ebenso sehen. Dies sehen auch Tucker/Davidson, Vom Nutzen des Völkerrechts, Rheinischer Merkur Nr. 45/2004, S. 6 so - Legitimität erwachse aus der Überzeugung, dass sich staatliches Handeln innerhalb eines rechtlichen Rahmens abspielen müsse. .. Das herkömmliche Völkerrecht das den Eingriff in die inneren Angelegenheiten eines fremden Staates verbiete, müsse der Notwendigkeit weichen, Zustände zu beenden, „die das Gewissen der Menschheit schockieren.“ Die USA müssten internationale Prozeduren beachten, wenn Interventionen rechtmäßig sein sollen.

[9] vgl. FAZ vom 3. Dezember.

[10] so amnesty international, Mannheimer Morgen vom 6. April.

[11] ARD Videotext vom 6. April 2005.

[12] innewohnend, in etwas enthalten

[13] vgl. Kant: „Dass die menschliche Natur Würde hat, ist nach Kant die Autonomie des Menschen, d. h. seine Möglichkeit, in Freiheit einem Gesetz unterworfen zu sein.“

[14] Herdegen, in Maunz/Dürig/ Herzog – „war“ unantastbar; vgl. Reiter, aus Politik und Zeitgeschichte, B 23-24/2004; Müller, FAZ Nr. 99/2005, S. 1f.

[15] Für einen Notstand, wie er im Zusammenhang mit dem Luftverkehrssicherheitsgesetz erörtert wird, liefert die Menschenwürdegarantie nach Herdegen nur wenige zusätzliche Bewertungskriterien. Insbesondere lasse sich die Inkaufnahme der Tötung Unbeteiligter nicht als deren Instrumentalisierung begreifen. Der Zugriff auf das Leben sei nicht das Mittel, sondern die unausweichliche Folge der Gefahrenabwehr.

[16] Idealrecht, das für alle Zeiten und Völker gültig ist und seine Entstehung nicht der staatlichen Rechtsetzung verdankt, sondern von Natur aus vorhanden ist.

[17] vgl. Schwab, Staatsrecht, S. 31f.

[18] 1628 vom englischen Parlament vorgelegte Bittschrift, zur Bestätigung folgender Rechte: Verzicht auf Steuererhebung ohne parlamentarische Bewilligung, auf Zwangseinquartierungen auf Anwendung des Kriegsrechts sowie auf willkürliche Verhaftungen.

Ende der Leseprobe aus 50 Seiten

Details

Titel
Menschenrechte zwischen Idee und Wirklichkeit
Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg Mannheim, früher: Berufsakademie Mannheim
Note
1,1
Autoren
Jahr
2009
Seiten
50
Katalognummer
V139348
ISBN (eBook)
9783640474882
ISBN (Buch)
9783640474721
Dateigröße
592 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Menschenrechte, Idee, Wirklichkeit
Arbeit zitieren
Prof. Dr. Dr. Assessor jur., Mag. rer. publ. Siegfried Schwab (Autor:in)Silke Schwab (Autor:in), 2009, Menschenrechte zwischen Idee und Wirklichkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/139348

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Menschenrechte zwischen Idee und Wirklichkeit



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden