Das bedingungslose Grundeinkommen. Von einem liberalen zu einem substanziellen Freiheitsbegriff


Masterarbeit, 2019

47 Seiten, Note: 6


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

A. Einleitung
1. Hinführung
2. Ziel
3. Aufbau

B. Der liberale Freiheitsbegriff
1. John Locke
1.1. Eigentumstheorie
1.2. Staatstheorie
1.3. Freiheitsbegriff bei Locke
2. Robert Nozick
2.1. Anspruchstheorie der Verteilungsgerechtigkeit
2.2. Freiheitsbegriff bei Nozick
3. Isaiah Berlin
3.1. Negative Freiheit
3.2. Positive Freiheit
3.3. Der Konflikt zwischen den beiden Freiheitsbegriffen
4. Wirtschaftsliberalismus
5. Der liberale Freiheitsbegriff

C. Grenzen des liberalen Freiheitsbegriffs
1. Das Problem der ökonomischen Macht
2. Das Problem der Rechtfertigung von Privateigentum
3. Das Problem der existenziellen Bedürfnisse
4. Einkommen und Arbeit
4.1. Armut
4.2. Arbeitslosigkeit
4.3. Freiheit im Wohlfahrtsstaat
4.4. Prekarisierung der Arbeit
5. Der substanzielle Freiheitsbegriff

D. Das bedingungslose Grundeinkommen (BGE)
1. Zentrale Wesensmerkmale
2. Die Erde gehört allen
2.1. Das Prinzip der Ressourcengleichheit
2.2. BGE als geeignetes Instrument
2.3. Freiheit für alle
3. Effizienteres Mittel gegen Armut
3.1. Wirksamkeit
3.2. Kosten
3.3. Psychische Belastung
4. Effizienteres Mittel gegen Arbeitslosigkeit
4.1. Arbeitsverteilung
4.2. Wegfall der Arbeitslosigkeitsfalle
4.3. Arbeitsbegriff
5. Verbesserung der Arbeitsbedingungen
5.1. Mehr Verhandlungsmacht für Arbeitnehmer
5.2. Umverteilung von Macht
6. Fazit: Das BGE

E. Schlussfazit
1. Ergebnisse
2. Weiterführende Gedanken des Autors

Literaturverzeichnis

Berlin Isaiah: Zwei Freiheitsbegriffe, in: Pfister Jonas (Hrsg.), Texte zur Freiheit (Stuttgart 2014), S. 305 ff. (zit. Berlin, S. xx)

Brocker Manfred: Arbeit und Eigentum (Darmstadt 1992). (zit. Brocker, S. xx)

Celikates Robin/Gosepath Stefan: Grundkurs Philosophie. Band 6: Politische Philosophie (Stuttgart 2013). (zit. Celikates/Gosepath, S. xx)

Dettmer Markus/Dohmen Frank: Frei schwebend in der Wolke, Der Spiegel 6/2012, S. 62 ff., abrufbar unter: <https://magazin.spiegel.de/EpubDelivery/spiegel/pdf/83865244> (besucht am 3.6.2019). (zit. Dettmer/Dohmen, S. xx)

Häni Daniel/ Kovce Philip: Was fehlt, wenn alles da ist? Warum das bedingungslose Grundeinkommen die richtigen Fragen stellt (3. A. Zürich 2016). (zit. Häni/Kovce, S. xx)

Hümbelin Oliver: Nichtbezug von Sozialhilfe: Regionale Unterschiede und die Bedeutung von sozialen Normen (2016), abrufbar unter: <http://repec.sowi.unibe.ch/files/wp21/Huembelin-2016-NonTakeUp.pdf> (besucht am 4.6.2019). (zit. Hümbelin, S. xx)

John Lo>Locke, S. xx)

Kollektiv Charles Fourier: Das allgemeine Grundeinkommen, in: Opielka Michael (Hrsg.), Die ökosoziale Frage (Frankfurt am Main 1985), S. 235 ff. (zit. Kollektiv Charles Fourier, S. xx)

Naef Josef: Wirtschaftsliberalismus. Wird Freiheit zur Fata Morgana? (München 2014). (zit. Naef, S. xx)

Nozick Robert: Anarchie Staat Utopia (München 2011). (zit. Nozick, S. xx)

Offe Claus: Das bedingungslose Grundeinkommen als Antwort auf die Krise von Arbeitsmarkt und Sozialstaat, in: Neuendorff Hartmut/Gerd Peter/Wolf Frieder O. (Hrsg.), Arbeit und Freiheit im Widerspruch? (Hamburg 2009), S. 20 ff. (zit. Offe, S. xx)

Reuter Timo: Das bedingungslose Grundeinkommen als liberaler Entwurf (Wiesbaden 2016). (zit. Reuter, S. xx)

Schreiner Patrick: Unterwerfung als Freiheit. Leben im Neoliberalismus (5. A. Köln 2018). (zit. Schreiner, S. xx)

Spät Patrick: Die Freiheit nehm ich dir. 11 Kehrseiten des Kapitalismus (Zürich 2016). (zit. Spät, S. xx)

Steltemeier Rolf: Liberalismus (Baden-Baden 2015). (zit. Steltemeier, S. xx)

Vanderborght Yannick/Van Parijs Philippe: Basic Income (Cambridge 2017). (zit. Vanderborght/Van Parijs (2017), S. xx)

Vanderborght Yannick/Van Parijs Philippe: Ein Grundeinkommen für alle? (Frankfurt am Main 2005). (zit. Vanderborght/Van Parijs (2005), S. xx)

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

A. Einleitung

1. Hinführung

Der Liberalismus ist das Fundament westlicher Gesellschaftsordnungen. Den Schutz der individuellen Freiheit haben wir als Leitprinzip tief in unseren intuitionen und Vorstellungen über Gerechtigkeit verinnerlicht. Auch in der Ökonomie dominieren liberale ideen. Damit ist der Wirtschaftsliberalismus gemeint, der das globale Wirtschaftsgeschehen in den letzten Jahrzehnten erheblich beeinflusst und verändert hat. Im Namen der Freiheit fordert er eine maximale Liberalisierung der Märkte, sodass Wirtschaftsakteure uneingeschränkt an diesen teilnehmen können, um ihre ziele zu verwirklichen. Dieses ökonomische Konzept der Freiheit steht angesichts der drastischen Veränderungen durch eine fortschreitende Globalisierung und Automatisierung auf dem Prüfstand. Stellenabbau, prekäre Arbeitsverhältnisse und fehlendes oder zu geringes Einkommen sind nur einige der zeitgenössischen Herausforderungen, welche es zu bewältigen gilt.

Die wohlfahrstaatlichen Schutzmechanismen, die diese strukturellen Nebenwirkungen des freien Marktsystems eindämmen sollen, stossen zunehmend auf Unzufriedenheit und Reformbedarf. Es ist sogar von einer Krise des Wohlfahrtsstaats die Rede.1 Stellt man sich nun die Frage, in welche Richtung sich unsere Gesellschaft entwickeln sollte und wie es um die Zukunft unseres Wirtschaftssystems steht, kommt man nicht umhin, sich mit dem instrument des bedingungslosen Grundeinkommens auseinander­zusetzen.

2. Ziel

Das ziel der vorliegenden Arbeit ist es, aufzuzeigen, dass der vorherrschende liberale Freiheitsbegriff nicht ausreichend bestimmt ist und angesichts zeitgenössischer struktureller Probleme an seine Grenzen stösst. Dem liberalen Freiheitsbegriff soll ein weitergreifender substanzieller Freiheitsbegriff gegenübergestellt werden, der geeignet ist, den Menschen in einer hoch entwickelten Gesellschaft in zeitgemässer Weise zu schützen. Als konkreter Lösungsvorschlag zur Verwirklichung einer substanziellen Freiheit soll das bedingungslose Grundeinkommen dargestellt werden.

3. Aufbau

Auf die Einleitung, die den ersten Teil der vorliegenden Arbeit darstellt (Teil A), folgen fünf weitere Teile, die im Folgenden kurz vorgestellt werden. im zweiten Teil der Arbeit (Teil B) werden zunächst verschiedene liberale Theorien analysiert, um anschliessend einen liberalen Freiheitsbegriff zu konkretisieren. im dritten Teil der Arbeit (Teil C) werden die Grenzen des liberalen Freiheitsbegriffs aufgezeigt und der substanzielle Freiheitsbegriff erarbeitet. im vierten Teil der Arbeit (Teil D) wird das bedingungslose Grundeinkommen vorgestellt und aufgezeigt, inwiefern es als instrument zur Verwirklichung einer substanziellen Freiheit dienen kann.

Die zwei letzten Teile ergeben sich aus dem Schlussfazit (Teil E) und der Selbständigkeitserklärung (Teil F).

B. Der liberale Freiheitsbegriff

Die Wurzeln des Liberalismus als eine der prägendsten Grundpositionen der politischen Philosophie liegen in der Zeit der Aufklärung. Wesensmerkmal dieser Zeit war die Forderung, den Menschen von unterdrückenden Mächten, dogmatischen Glaubenslehren und überholten Traditionen zu befreien. Neu sollten rationales Denken und Vernunft die universelle Urteilsinstanz bilden, mit der man sich für neu erlangtes Wissen öffnet.2 Liberalistische Positionen stellen das Individuum und seine Freiheit in den Vordergrund. Zentrale Werte sind individuelle Rechte, Freiheit, Gleichheit und Autonomie. Da diese Begriffe, ihr Wert und ihr Verhältnis zueinander in der Vielzahl von liberalen Theorien unterschiedlich bestimmt werden, lässt sich nur schwer eine umfassende Definition des Liberalismus aufstellen.3 Angesichts dieser Differenzen innerhalb des Liberalismus können sich die Freiheitsbegriffe der verschiedenen Theorien normativ widersprechen. Einen einheitlichen Freiheitsbegriff des Liberalismus als solchen gibt es somit nicht. Um als prägnanter Untersuchungsgegenstand einer Masterarbeit zu dienen, muss er konkretisiert werden. In diesem Kapitel wird daher ausgehend von John Locke als Urvater des klassischen Liberalismus schrittweise eine nähere Konkretisierung des heute in westlichen Gesellschaften vorherrschenden Freiheitsbegriffs erarbeitet. Dieser wird in der vorliegenden Arbeit als liberaler Freiheitsbegriff bezeichnet. Die Auswahl der liberalen Philosophen, die im Folgenden vorgestellt werden, wurde im Hinblick auf den begrenzten Umfang einer Masterarbeit und die Relevanz für den konkreten Untersuchungsgegenstand getroffen.

1. John Locke

John Locke (1632-1704) gilt als der Urvater des klassischen Liberalismus.4 Seine ideen beeinflussten „massgeblich die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten im Jahr 1776, die Verankerung der Menschenrechte (Bill of rights) in der amerikanischen Verfassung im Jahr 1789, aber auch die Verfassungen aller übrigen liberalen Staaten“.5 In seinem Werk Two Treatises of Government erläutert er die Legitimität, den Ursprung, die Reichweite und den zweck des Staates. Seine Staatstheorie basiert auf einem konstruierten Naturzustand, in welchem der Mensch eine vollkommene Freiheit besitzt, „innerhalb der Grenzen des Naturgesetzes seine Handlungen zu lenken und über seinen Besitz und seine Person zu verfügen, wie es einem am besten scheint - ohne jemandes Erlaubnis einzuholen und ohne von dem Willen eines anderen abhängig zu sein“.6 Das Naturgesetz bildet die Grenze der natürlichen Freiheit. Es verpflichtet die Menschen moralisch dazu, niemanden „an seinem Leben, seiner Gesundheit, seiner Freiheit oder seinem Besitz Schaden“ zuzufügen, ausser im Falle der Bestrafung eines Verbrechers.7 Die Menschen besitzen also naturgegebene Rechte: Das Recht auf Leben, das Selbsteigentum, das Eigentumsrecht und formale Gleichheit.

1.1. Eigentumstheorie

Gemäss Locke hat Gott die Erde allen Menschen gemeinsam übertragen, damit diese durch die Früchte, die die Natur hervorbringt, ihr Recht auf Selbsterhaltung erfüllen können.8 Die Erde ist also zunächst Gemeineigentum aller Menschen. Locke sieht allerdings die Möglichkeit vor, sich Produkte der eigenen Arbeit anzueignen: „Wenn die Erde und alle niederen Lebewesen wohl allen Menschen gemeinsam eignen, so hat doch jeder Mensch ein Eigentum an seiner eigenen Person. Über seine Person hat niemand ein Recht als nur er allein. Die Arbeit seines Körpers und das Werk seiner Hände, so können wir sagen, sind im eigentlichen Sinne sein. Was immer er also jenem Zustand entrückt, den die Natur vorgesehen und in dem sie es belassen hat, hat er mit seiner Arbeit gemischt und hat ihm etwas hinzugefügt, was sein eigen ist - es folglich zu seinem Eigentum gemacht.“9 Im Naturzustand besteht also das vom Selbsteigentum ausgehende Recht, sich Dinge durch die Vermischung mit der eigenen Arbeit anzueignen und zu Privateigentum zu machen. Dieses Recht wird allerdings durch das Locke'sche Provisio eingeschränkt: Der Mensch darf sich Dinge nur aneignen, solange genug und ebenso Gutes für die anderen vorhanden ist.10 Dies sah Locke grundsätzlich als erfüllt an, da er dachte, es gäbe genügend Ressourcen auf der Erde.11

1.2. Staatstheorie

Locke kritisierte die auf einem negativen Menschenbild basierende absolutistische Staatsvorstellung von Thomas Hobbes.12 Als Alternative entwarf er eine Theorie, die „auf der Idee des selbstverantwortlichen, informierten, emanzipierten sowie qua Besitz unabhängigen und freien Bürgers“ beruht.13 Darin würden die Menschen, um der Unsicherheit, dem gegenseitigen Leid und Übel und dem Unrecht des Naturzustandes zu entkommen, keine andere Möglichkeit sehen, als miteinander zu einer Übereinkunft zu gelangen und eine Gemeinschaft zu bilden. Als Gemeinschaft gründen sie eine Regierung, welche die Aufgabe hat, die Naturrechte zu schützen und über Konflikte zwischen den Menschen zu richten.14 Die Menschen geben also - anders als bei Hobbes - nicht alle ihre Rechte auf, sondern nur ihr Naturzustandsrecht auf Verfolgung und Bestrafung von Vergehen am Naturgesetz, dessen Ausübung aufgrund der Parteilichkeit der Menschen zu andauernden Konflikten führen würde.

1.3. Freiheitsbegriff bei Locke

Die individuelle Freiheit wird von Locke an oberste Stelle gesetzt. Es gilt, die Naturrechte durch positive Gesetze zu wahren: „Gibt es kein Gesetz, so gibt es auch keine Freiheit. Freiheit nämlich bedeutet, frei sein von Zwang und Gewalttätigkeit anderer, was nicht sein kann, wo es keine Gesetze gibt.“15 Der Staat soll als Rechtstaat Freiheitsrechte wie die „Religions-, Meinungs-, Rede-, Presse- und Versammlungsfreiheit“ sicherstellen.16

Es ist ersichtlich, dass Locke ein negatives Verständnis von Freiheit vertritt. Freiheit bedeutet für ihn, ohne ungerechtfertigte Einschränkung vom Staat oder von Dritten über die eigene Person, die eigenen Handlungen und das Eigentum verfügen zu können, ohne dabei dem Willen eines anderen unterworfen zu sein.17 Dabei spielt das absolute Eigentumsrecht eine besondere Rolle, da für Locke dessen Erhaltung das wesentliche Ziel des Staates ist.18

2. Robert Nozick

Robert Nozick (1938-2002) gilt als einer der bedeutendsten liberalen Philosophen des 21. Jahrhunderts. Anders als in der sozialliberalen Theorie von John Rawls, vertritt Nozick eine libertäre Position. Unter dem Libertarismus ist eine radikale Strömung des Liberalismus zu verstehen. Er fordert den unbedingten Schutz der negativen Handlungsfreiheit und die Einschränkung bis hin zu Abschaffung des Staates.19

Nozick präsentiert in seinem 1974 erschienenen Hauptwerk Anarchy, State, and Utopia das Modell eines libertären (Ultra-)Minimalstaats als Gegenstück zum sozialen Wohlfahrtsstaat. Demgemäss ist nur der Staat legitim, der sich ausnahmslos auf den Schutz der Bevölkerung vor Gewalt und Betrug und auf die Sicherung von Eigentum und Eigentumsübertragung beschränkt. Jeder staatliche Akt, der diesen minimalen Regulierungsbereich überschreitet, greift unrechtmässig in die individuelle Freiheit der Menschen ein. Nozicks Gerechtigkeitsgrundsätze basieren auf der Vorstellung, dass individuelle Rechte nicht kontraktualistisch begründet werden, sondern jedem Menschen schon von Natur aus zustehen.20 Diese Prämisse von natürlichen Rechten begründet er im Wesentlichen mit dem Naturrechtsverständnis von Locke. So hat auch für Nozick jeder Mensch naturgemäss ein absolutes Recht auf Eigentum am eigenen Körper und an der Frucht der eigenen Arbeit.21

2.1. Anspruchstheorie der Verteilungsgerechtigkeit

Aufbauend auf Lockes Eigentumstheorie konstruiert Nozick seine bekannt gewordene Anspruchstheorie einer gerechten Verteilung von Gütern. Diese basiert auf drei Grundsätzen: Der erste Grundsatz, welchen Nozick „Grundsatz der Aneignung“ nennt, beinhaltet das Recht der originären Aneignung durch Arbeit im Sinne der Locke'schen Eigentumstheorie.22 Der zweite Grundsatz - der „Grundsatz der gerechten Übertragung“ - bezieht sich auf den Erwerb von Eigentum durch Übertragung von Besitztümern, sei es durch freiwilligen Austausch oder durch Schenkung.23 Hierbei ist die Freiwilligkeit zentral, „die vor allem die freie Willensäusserung und die Abwesenheit von Zwang meint“.24 Der dritte Grundsatz betont explizit, dass Eigentumsrechte nur durch wiederholte Anwendung des ersten und zweiten Grundsatzes entstehen.25

Eine Güterverteilung ist gemäss Nozick immer dann gerecht, wenn sie im Einklang mit der Anspruchstheorie entstanden ist. Dies bedeutet, dass es bei der Frage der Gerechtigkeit „auf die früheren Handlungen der Personen in Bezug auf ihre Besitztümer ankommt“.26 Nozick nennt Verteilungsgrundsätze, die sich auf die Entstehung der Verteilung konzentrieren, historische Grundsätze. Demgegenüber folgen unhistorische bzw. endergebnisorientierte Grundsätze dem „Standpunkt, die Gerechtigkeit einer Verteilung hänge davon ab, wie die Güter verteilt sind“.27 Darunter fallen sozialstaatliche, utilitaristische und egalitaristische Verteilungsprinzipien.28 Für Nozick dürfen lediglich der frühere Erwerb und die Entstehung der Güter bei der Frage der Verteilungsgerechtigkeit eine Rolle spielen. Daher lehnt er endergebnisorientierte Verteilungsprinzipien ab. Diese würden ausserdem bedingen, dass man ständig in das Leben der Menschen eingreifen müsste: „Jede zulässige Verteilung würde in eine unzulässige übergehen, indem die Menschen auf verschiedene Weise freiwillig handeln; etwa indem sie Güter und Dienstleistungen untereinander tauschen, oder indem sie andere Gegenstände übertragen, auf die sie unter der zulässigen Verteilung einen Anspruch haben.“29 Um eine bestimmte Verteilung aufrechtzuerhalten, müsse man also die Menschen ständig daran hindern, frei über ihr Eigentum zu verfügen. Verteilungsgerechtigkeit bedeutet für Nozick letztlich Verfahrensgerechtigkeit beim Erwerb von Eigentum.

2.2. Freiheitsbegriff bei Nozick

Wie Locke setzt auch Nozick die individuellen Freiheitsrechte an oberste Stelle. Für Nozick sind diese überdies absolut und unantastbar. Dementsprechend müssen staatliche Kompetenzen auf ein Minimum reduziert werden: Der Schutz von Leib, Leben, Eigentum, Eigentumsaneignung und -übertragung. Für Nozick sind nur negative Freiheitsrechte relevant. Positive Freiheitsrechte, die bestimmte Dinge, wie ein Existenzminimum oder den Zugang zu Bildung, fordern, lehnt er ab. Selbst das Recht auf Leben hat für ihn eine rein negative Dimension: „Doch ein Recht auf Leben ist kein Recht auf alles Lebensnotwendige; andere Menschen könnten Rechte auf diese anderen Gegenstände haben“.30 Positive Freiheitsrechte lehnt er ferner ab, da entsprechendes staatliches Vorgehen zwangsläufig durch Steuermittel finanziert werden müsste und dies mit seiner Idee des absoluten Eigentumsrechts nicht vereinbar ist. Steuern stellen in diesem Sinne einen Eingriff in rechtmässig, durch eigene Arbeit erlangtes Vermögen und somit in das absolute Eigentumsrecht dar. Nozick geht gar soweit, dass er das Besteuern von Einkommen mit Zwangsarbeit gleichsetzt: „Die Besteuerung von Arbeitsverdiensten ist mit Zwangsarbeit gleichzusetzen .31 Diese Behauptung basiert auf der Vorstellung, dass, wenn man einem Menschen einen Teil seines Vermögens wegnimmt, man ihn während der Arbeitszeit, welche er für das Erwirtschaften dieser Abgabe investiert hat, seiner Freiheiten beraubt. Der Mensch ist während dieser Zeit gezwungen, für den Staat - also fremde Interessen - zu arbeiten. Dies bedeutet, dass alle anderen Staatsmitglieder einen Teilanspruch auf das Einkommen des Einzelnen und ein Teileigentumsrecht am Einzelnen haben.32

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Nozick eine besonders negative Freiheitskonzeption vertritt. Negative Freiheitsrechte sind für ihn unantastbare naturgegebene Rechte des Individuums. Der Staat hat sich folglich auf deren Schutz zu beschränken.

3. Isaiah Berlin

Isaiah Berlin (1907-1997) gilt als bedeutender liberaler Denker und trug durch seine Unterscheidung zwischen negativer und positiver Freiheit grundlegend zur Debatte um den Begriff der Freiheit bei. Im Folgenden ist zu klären, wie Berlin diese beiden Freiheitsbegriffe definiert und in welchem Verhältnis sie zueinanderstehen.

3.1. Negative Freiheit

Für Berlin geht es bei der negativen Freiheit um die folgende Frage: „In welchem Bereich muss (oder soll) man das Subjekt - einen Menschen oder eine Gruppe von Menschen - sein und tun lassen, wozu es imstande ist, ohne dass sich andere Menschen einmischen?“33 Negative Freiheit bedeutet für ihn, die Abwesenheit von äusserem Zwang. Von Zwang ist dann die Rede, wenn ein willentlicher Eingriff anderer Menschen in den Bereich vorliegt, in dem man sonst handeln könnte.34 Allerdings weist Berlin darauf hin, dass blosses Unvermögen keinen Zwang in diesem Sinne bedeutet. Manche Hindernisse würden sich nämlich auf die natürlichen Fähigkeiten der Individuen zurückführen lassen: „Wenn ich nicht höher als zwei Meter springen kann, wenn ich nicht lesen kann, weil ich blind bind, wenn ich die dunklen Stellen bei Hegel nicht verstehe, wäre es abwegig zu behaupten, ich sei insofern versklavt oder unterläge einem Zwang.“35

Berlin ist es wichtig, den Begriff der Freiheit aus sich selbst heraus zu verstehen und nicht zugunsten von Grundwerten wie Gerechtigkeit, Glück und Gleichheit zu verzerren: „Der ägyptische Bauer braucht vor der persönlichen Freiheit zunächst einmal Kleider oder Medikamente [...], aber die Freiheit, von der er heute ein Mindestmass und morgen vielleicht ein grösseres Quantum braucht, ist keine spezielle, ihm eigentümliche Art von Freiheit, sie ist vielmehr identisch mit der Freiheit von Professoren, Künstlern und Millionären.“36 Um gesellschaftliches Zusammenleben zu ermöglichen und die Schwachen vor Ausbeutung zu schützen, müsse allerdings zwingend die negative Freiheit gesetzlich eingeschränkt werden.37

Ferner stellt Berlin fest, dass die liberalistische Forderung nach einem Gebiet der Nichteinmischung immer auf einem negativen Verständnis von Freiheit basiert: „Aber gleichgültig, mit welchem Prinzip das Gebiet der Nichteinmischung umrissen wird, gleichgültig, ob es aus dem Naturgesetz oder den Naturrechten, aus Nützlichkeitserwägungen oder aus einem kategorischen Imperativ[.], aus einem unantastbaren Gesellschaftsvertrag[.] oder irgendeinem anderen Konzept abgeleitet wird, mit dem Menschen ihre Überzeugungen zu klären und zu rechtfertigen versucht haben - Freiheit in diesem Sinne ist immer Freiheit von etwas“.38

3.2. Positive Freiheit

Positive Freiheit ist nicht die Freiheit von etwas, sondern zu etwas. Sie gründet auf dem Wunsch des Individuums, als „sein eigener Herr“ unabhängige Entscheidungen treffen zu können und „nicht Gegenstand des Wirkens der äusseren Natur oder anderer Menschen“ zu sein.39 Sie fordert nicht nur „die Verhinderung von äusserem Zwang, sondern vielmehr [...] die Gewährleistung von innerer Autonomie“.40

BERLIN erkennt, dass Freiheit ohne eine gewisse materielle Basis unmöglich ist, d. h. „dass ein gewisses Einkommen notwendig ist, damit die Menschen ihre Freiheit auch nutzen und geniessen können“.41 Sozialpolitische Eingriffe und Einschränkungen der negativen Freiheit sind daher für ihn nicht per se unzulässig.

3.3. Der Konflikt zwischen den beiden Freiheitsbegriffen

Berlin räumt ein, dass sich die beiden Freiheitsbegriffe historisch in entgegengesetzte Richtungen entwickelt haben.42 Die Geschichte habe gezeigt, dass sich die positive Auffassung der Freiheit eignete, den Menschen in ein empirisches, heteronomes Selbst und in ein wirkliches, vernünftiges Selbst zu spalten. Diese Spaltung liesse einen gefährlichen Raum für Manipulation. Man könnte den Zwang gegen Menschen im Namen eines Ziels (bspw. Gerechtigkeit) dadurch rechtfertigen, dass man behauptet, die Menschen würden diesem Vorgehen zustimmen, wenn sie aufgeklärter wären und ihr wirkliches Selbst erkennen würden.43 Dieses wirkliche Selbst könnte man schliesslich so lange manipulieren und formen, bis der daraus strömende Freiheitsbegriff dem politischen Ziel des Manipulators entspricht.44 Als Beispiele für die schlimmsten Folgen eines solchen Missbrauchs lassen sich der Nationalsozialismus und der Stalinismus erwähnen.

Abschliessend lässt sich sagen: Da die Gewährleistung der positiven Freiheit eine Definition des Menschen und seines wahren Selbst voraussetzt, bekennt sich Berlin grundsätzlich zum negativen Freiheitsbegriff. Zwar erkennt Berlin, dass eine gewisse materielle Basis notwendig ist, um die Freiheit auch nutzen zu können, der Staat darf jedoch nicht im Namen einer positiven Freiheit die negativen Freiheitsrechte des Menschen missachten.45

4. Wirtschaftsliberalismus

Der klassische Liberalismus befreite den Menschen vor absolutistischer und dogmatischer Unterdrückung und verlieh ihm grundlegende Freiheitsrechte, welche der Staat zu respektieren und zu schützen hat. Die neuerlangte staatliche Nichteinmischung hatte zur Folge, dass der Mensch auch im Wirtschaftsleben Freiheiten brauchte, da er sich von nun an selbstverantwortlich um die eigene Existenz und das Gemeinwohl kümmern musste.46 Diese ökonomische Dimension des Liberalismus bildete die Basis des Wirtschaftsliberalismus, welcher heute die Politik und den Forschungsstandard der kapitalistischen industrieländer markant beeinflusst und dominiert.47

a) Adam Smith

Adam Smith (1723-1790), der als Begründer des Wirtschaftsliberalismus gilt, vertritt in seinem Werk The Wealth of Nations die idee, dass die grösstmögliche Freiheit des Individuums zum grösstmöglichen gesellschaftlichen Wohlstand führt. Gemäss Smith verleitet eine unsichtbare Hand die Menschen dazu, ihre natürlichen Triebe und interessen zu verfolgen. Dies würde zwangsläufig in einer gerechten Güterverteilung resultieren, so als ob eine „unabhängige Instanz“ alle Güter auf die Menschen verteilt hätte.48 Als Staatsaufgaben werden dementsprechend „nur der militärische Schutz, die innere Sicherheit und die Bereitstellung öffentlicher Güter anerkannt“.49

b) Friedrich August von Hayek

Nachdem sich während der Industrialisierung wirtschaftsliberale Ideen zunehmend durchgesetzt hatten und die Wirtschaftspolitik die Förderung des freien Marktes durch Deregulierung vorantrieb, entbrannte nach dem ersten Weltkrieg und der Weltwirtschaftskrise der 1920er Jahre die Diskussion über die Frage, ob der Staat in den Markt eingreifen solle.50 Um darauf eine Antwort zu finden, initiierte der Ökonom und Philosoph Friedrich August von Hayek (1899-1992) die Gründung der Mont Pèlerin Society. 51 Dies war der Beginn des Neoliberalismus, welcher heute eine politische Strömung beschreibt, die „jegliche Intervention des Staates in der Sphäre der wirtschaftlichen Produktion“ ablehnt52 und grösstmögliche „wirtschaftliche Freiräume für die Wirtschaftsakteure“ fordert.53

Hayek plädiert für eine Einschränkung staatlicher Interventionsmöglichkeiten in den Wettbewerb. Wirtschaftsakteure müssen die Freiheit besitzen, ihre Eigeninteressen zu verfolgen, damit der Markt sein ganzes Potenzial ausschöpfen kann. Die durch egoistische Einzelentscheidungen entstandene „spontane ordnung“ sei demzufolge der bestmögliche gesellschaftliche Zustand, welcher sich in der Praxis realisieren lasse.54 Dementsprechend vertritt Hayek einen negativen Freiheitsbegriff: „Die liberale Auffassung von Freiheit ist oft als lediglich negativer Begriff beschrieben worden, und das zu recht. Wie Frieden und Gerechtigkeit bezieht sie sich auf die Abwesenheit eines Übels, auf eine Bedingung, die Möglichkeiten eröffnet, aber keine bestimmten Vorteile garantiert. Man hoffte aber, durch sie die Wahrscheinlichkeit zu vergrössern, dass die einzelnen Menschen die Mittel auch vorfinden würden, die sie für ihre Zwecke brauchen.“55 Demgemäss bedeutet Freiheit keine Garantie für bestimmte Mittel und Ressourcen im Sinne einer positiven Auffassung, sondern lediglich die Möglichkeit in Abwesenheit von äusserem Zwang frei handeln zu können.

5. Der liberale Freiheitsbegriff

Im Folgenden wird die Auffassung von Freiheit gemäss den obigen liberalen Theorien erläutert und als liberaler Freiheitsbegriff konkretisiert.

Es ist ersichtlich, dass die erläuterten liberalen Positionen primär einen negativen Freiheitsbegriff vertreten. John Locke hob, als Urvater des klassischen Liberalismus, die Freiheitsrechte des Einzelnen hervor, die dem Staat eine Nichteinmischung in einen geschützten Privatbereich vorschreiben. In Robert Nozicks Libertarismus, gelten Lockes Naturrechte absolut und sind unantastbar. Sozialstaatliche Eingriffe sind dementsprechend unzulässig, da sie zwangsläufig in individuelle Rechte eingreifen. Auch Berlin bekennt sich zum negativen Freiheitsbegriff. Einschränkungen der negativen Freiheit und eine gewisse materielle Basis sind zwar notwendig für eine gerechte und stabile Gesellschaft, dem positiven Freiheitsbegriff steht er dennoch aufgrund des Missbrauchspotenzials skeptisch gegenüber.

Smith wie auch Hayek vertreten die Idee, dass die Dynamik eines freien Marktes und die eigenständigen egoistischen Entscheidungen der Individuen zu Verteilungs­gerechtigkeit und maximalem Wohlstand führen. In diesem Sinne muss dem Menschen grösstmögliche Handlungsfreiheit gewährt werden, damit dieser als Konsument, Unternehmer, Investor oder Arbeitnehmer seine Interessen und Ziele auf dem freien Markt verfolgen kann. Diesbezüglich beruft man sich in der Ökonomie auf das theoretische Konstrukt des homo oeconimicus, welcher in rationaler Weise die ihm zur Verfügung stehenden Handlungsalternativen, d. h. Kosten und Nutzen, gegeneinander abwägt und sich schliesslich für diejenige Alternative entscheidet, die den höchsten Nutzen verspricht.56 Demgemäss ist der Mensch frei, wenn er ohne Einschränkung durch äusseren Zwang eine ihm zur Verfügung stehende Wahlmöglichkeit wählen kann. Dabei spielen die Anzahl und die Qualität der Wahlmöglichkeiten keine Rolle: Derjenige, dem aufgrund des drohenden Hungertodes nichts anderes bleibt, als eine unwürdige Arbeit zu tätigen, ist in seiner Freiheit nicht eingeschränkt, da er nicht dem Zwang von anderen unterworfen ist.57 Dies bedeutet, dass die Unfähigkeit, seine eigenen Ziele und Interessen zu verfolgen (z. B. durch fehlendes Einkommen), keine Einschränkung der Freiheit darstellt.

Angesichts der obigen Ausführungen lässt sich der liberale Freiheitsbegriff wie folgt bestimmen: Freiheit besteht darin, in Abwesenheit von äusserem Zwang die zur Verfügung stehenden Wahlmöglichkeiten gegeneinander abzuwägen und sich - im Hinblick auf das persönliche Ziel - für die rentabelste Möglichkeit zu entscheiden.

C. Grenzen des liberalen Freiheitsbegriffs

Das Ziel dieses Kapitels ist es, aufzuzeigen, dass der liberale Freiheitsbegriff in verschiedener Hinsicht zu eng bestimmt ist, um die individuelle Freiheit in modernen kapitalistischen Gesellschaftsstrukturen zu schützen.

In einem ersten Schritt wird auf das Problem der ökonomischen Macht (1), das Problem der Rechtfertigung von Privateigentum (2) und das Problem der existenziellen Bedürfnisse (3) eingegangen.

In einem zweiten Schritt sollen Arbeit und Einkommen (4) als unabdingbare Voraussetzungen der Freiheit vertieft werden. Dabei wird aufgezeigt, dass der liberale Freiheitsbegriff nicht geeignet ist, um die Probleme der Armut, Arbeitslosigkeit und Prekarisierung von Arbeit zu erfassen, welchen vor allem in Anbetracht der Automatisierung und Globalisierung besondere Bedeutung zukommt. Zudem wird der herkömmliche Schutzmechanismus des Wohlfahrtsstaats in Bezug auf die Freiheit diskutiert.

In einem letzten Schritt wird im Hinblick auf die diskutierten Grenzen des liberalen Freiheitsbegriffs ein weitergreifender substanzieller Freiheitsbegriff (5) erarbeitet.

1. Das Problem der ökonomischen Macht

Durch die Globalisierung und die Domination wirtschaftsliberaler Ideen im politischen Diskurs sind in den letzten Jahrzehnten global operierende Konzerne mit enormer Finanzmacht entstanden, die „Standorte für Forschung, Produktion, Vermarktung, Vertrieb und Verwaltung allein nach ökonomischen Kriterien“ bestimmen können und nicht selten auf Kosten von Arbeitnehmern und der Umwelt ihre Gewinne maximieren.58 Damit einhergehend ist Geld als „Medium aller Wirtschaftstransaktionen“ zum grössten Machtfaktor auf der Welt geworden.59 Mehr Geld bedeutet auch mehr Mittel und Möglichkeiten, seine Freiheiten so auszuleben, wie man möchte. So kann man sich für durchschnittlich 30'000 Dollar von einer amerikanischen Leihmutter ein Kind austragen lassen60 oder für 150'000 Dollar das Tötungsrecht eines geschützten Nashorns kaufen.61 Es ist also nicht verwunderlich, wenn Menschen nach mehr Geldbesitz streben und sich in Extremfällen sogar dafür „die Netzadresse eines Online-Casinos auf die Stirn tätowieren [...] oder an nicht ungefährlichen pharmazeutischen Versuchen teilnehmen“.62 Zudem verschärft sich die exzessive Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen zunehmend. Nicht zuletzt, weil es finanzkräftige Wirtschaftsakteure für gewöhnlich einfach haben, immer reicher zu werden und so ihre Macht zu erweitern. Diese Entwicklungen weisen auf eine zunehmende Verdichtung ökonomischer Macht hin. Wer sie besitzt, kann seinen Willen durchsetzen und auf andere Einfluss nehmen. Wer sie nicht besitzt, ist faktisch abhängig und in unterlegener Verhandlungsposition.

Hierbei ergibt sich ein erster Kritikpunkt am liberalen Freiheitsbegriff: Er lässt das Problem der ökonomischen Macht ausser Acht.63 Im Sinne einer liberalen Freiheitsauffassung ist sowohl der Machtträger als auch der Machtbetroffene frei. Freiheit besteht nämlich primär darin, frei von äusserem Zwang am Markt teilnehmen zu können. Demgemäss sind Menschen, die aufgrund von Entscheidungen mächtiger Wirtschaftsakteure ihre Arbeitsstelle verlieren oder in unsichere und prekäre Arbeitsverhältnisse geraten, in ihrer Freiheit nicht eingeschränkt. Diese rein ökonomische Betrachtungsweise von Freiheit ist mit dem klassischen Liberalismus nicht vereinbar, der in emanzipatorischer Tradition den Menschen vor absolutistischer und dogmatischer Unterdrückung befreite. Dementsprechend besteht „die politische Pflicht, die Menschen im Sinne der Freiheit vor Wirtschaftsmacht zu schützen“.64

[...]


1 Vgl. Offe, S. 20 ff.; vgl. Vanderborght/Van Parijs (2005), S. 12.

2 Vgl. zum Ganzen Naef, S. 16.

3 Der philosophische Liberalismus, der Neoliberalismus und der Sozialliberalismus sind nur einige von zahlreichen liberalen Strömungen.

4 Vgl. Reuter, S. 52.

5 Naef, S. 19.

6 Locke, S. 5.

7 Locke, S. 6.

8 Locke, S. 21 f.

9 Locke, S. 22.

10 Locke, S. 22 f.

11 Vgl. Locke, S. 26; vgl. Reuter, S. 116.

12 Locke, S. 67 ff.; Naef, S. 17.

13 Steltemeier, S. 67.

14 Locke, S. 68 f.

15 Locke, S. 43.

16 Naef, S. 18.

17 Locke, S. 43.

18 Locke, S. 96 f.

19 Vgl. Reuter, S. 60.

20 CONINX Anna: Das Solidaritätsprinzip im Lebensnotstand - Zufall, rationale Entscheidung und Verteilungsgerechtigkeit (Diss. Bern 2012), S. 144.

21 Vgl. Nozick, S. 250 f.

22 Nozick, S. 219.

23 Ebenda.

24 Reuter, S. 118.

25 Nozick, S. 219.

26 Reuter, S. 92.

27 Nozick, S. 222 f.

28 Vgl. Nozick, 222 ff.

29 Nozick, S. 236.

30 Nozick, S. 256.

31 Nozick, S. 243.

32 Nozick, S. 247 f.

33 Berlin, S. 306.

34 Berlin, S. 306 f.

35 Berlin, S. 306.

36 Berlin, S. 310.

37 Berlin, S. 308.

38 Berlin, S. 313 (Hervorhebungen durch Verfasser).

39 Berlin, S. 318 f.

40 Steltemeier, S. 409.

41 Steltemeier, S. 414.

42 Berlin, S. 319.

43 Zum Ganzen Berlin, S. 320 f.

44 Berlin, S. 323.

45 Steltemeier, S. 414.

46 Naef, S. 24.

47 Naef, S. 14.

48 Naef, S. 26 f.; vgl. Reuter, S. 52.

49 Siems Mathias M.: Der Neoliberalismus als Modell für die Gesetzgebung?, Zeitschrift für Rechtspolitik 4/2002, S. 170, abrufbar unter: <https://www.j stor. org/stable/23427019?seq=1 #metadata_info_tab_contents> (besucht am 19.5.2019).

50 Vgl. Naef, S. 43; vgl. Reuter, S. 54.

51 Schreiner, S. 10.

52 Reuter, S. 56.

53 Naef, S. 58.

54 Naef, S. 50 f.

55 Hayek Friedrich: Die Anmassung von Wissen (Tübingen 1996), S. 230.

56 Naef, S. 33.

57 Vgl. Van Parijs Philippe: Real Freedom for All (New York 1995), S. 22.

58 Naef, S. 9.

59 Naef, S. 11.

60 Vogt Reto: Wunschkind dank US-Leihmutter (2017), abrufbar unter: <https://www.migrosmagazin.ch/wunschkind-dank-us-leihmutter> (besucht am 23.5.2019).

61 Naef, S. 10.

62 Naef, S. 11 f.

63 Vgl. Naef, S. 94.

64 Naef, S. 94.

Ende der Leseprobe aus 47 Seiten

Details

Titel
Das bedingungslose Grundeinkommen. Von einem liberalen zu einem substanziellen Freiheitsbegriff
Hochschule
Universität Bern
Note
6
Autor
Jahr
2019
Seiten
47
Katalognummer
V1000047
ISBN (eBook)
9783346379559
ISBN (Buch)
9783346379566
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Grundeinkommen, Negative Freiheit, Positive Freiheit, Kapitalismus, basic income, Neoliberalismus, Liberalismus
Arbeit zitieren
Jon Gashi (Autor:in), 2019, Das bedingungslose Grundeinkommen. Von einem liberalen zu einem substanziellen Freiheitsbegriff, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1000047

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Im eBook lesen
Titel: Das bedingungslose Grundeinkommen. Von einem liberalen zu einem substanziellen Freiheitsbegriff



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden