Physiognomische und sozialstrukturelle Transformationsprozesse in Rio de Janeiro. Ausgelöst durch das Mega-Event Olympische Spiele 2016


Hausarbeit, 2020

14 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Stadtstrukturelle Hintergründe in Rio de Janeiro
2.1. Geographische Einordnung der Olympiastätten
2.2 Ausgangspunkt: Physiognomie
2.3 Ausgangssituation: Sozialstruktur vor den Spielen

3. Transformationsprozesse in Rio de Janeiro
3.1 Physiognomische Veränderungen
3.2 Sozialstrukturelle Transformation

4. Möglichkeiten für nachhaltige Entwicklungsprozesse

5. Fazit

Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

Brasilien wird nicht nur als traumhafte Tourismusdestination mit Karneval und Samba in Verbindung gebracht, sondern auch mit Kriminalität, Korruption und Gewalt. In den Fokus rücken besonders die großen Städte des Landes, wie zum Beispiel Rio de Janeiro, die zweitgrößte Stadt Brasiliens. Sie ist die Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaates und befindet sich in der wirtschaftlich starken Kernregion im Südosten Brasiliens in Küstenlage an der Guanabara- Bucht.

Die Stadt ist nicht nur durch Tourismus und Wirtschaft geprägt, sondern auch durch große Gegensätze im Erscheinungsbild der Siedlungsfläche mit Marginalsiedlungen und Reichenvierteln in unmittelbarer Nachbarschaft.

Während der letzten Jahrzehnte musste Rio de Janeiro einen politischen und wirtschaftlichen Bedeutungsverlust hinnehmen, der dem Image der Stadt schadete. Durch die letzten beiden Großsportereignisse, der Fußballweltmeisterschaft 2014 und den Olympischen Spielen im Sommer 2016, sollte das Image der Stadt durch eine nachhaltige Veränderung der Stadtstruktur aufgewertet werden.

Ein grundlegender Ausbau der Infrastruktur, der Um- beziehungsweise Neubau von Sportstätten, sowie Maßnahmen zur Stadtsäuberung und Sanierung sollten nicht nur die wirtschaftliche Struktur und Physiognomie der Stadt mit ihren Agglomerationszentren verändern um ausländische Investoren zu beeindrucken, sondern auch dafür Sorge tragen, dass sich die Sozialstruktur innerhalb der Stadt verbessert, damit ein positives Bild der Stadt nach internationalen Standards entsteht. (Urschel 2014: 32).

Im Rahmen dieser Arbeit wird der Einfluss der Olympischen Spiele 2016 auf die Entwicklung Rio de Janeiros untersucht. Dabei wird der Frage nachgegangen, inwieweit die Olympischen Spiele 2016 als Entwicklungsmotor anzusehen sind, unter besonderer Berücksichtigung der Veränderungen im Bereich der Physiognomie, und der Sozialstruktur der Bevölkerung und welche Auswirkungen diese Maßnahmen noch heute auf die Stadt haben. Dabei gehe ich von der These aus, dass die Sozialstruktur und die Physiognomie miteinander verknüpft sind: je mehr Sanierungsarbeiten und Aufwertungsprozesse abgeschlossen werden, desto teurer werden Mieten und Kaufpreise und desto mehr Menschen sehen sich gezwungen Wohnung zu verlassen, die sie sich nicht mehr leisten können. Dies gilt es im Verlauf der folgenden Arbeit zu analysieren.

2. Stadtstrukturelle Hintergründe in Rio de Janeiro

Zunächst müssen die Stadtstruktur mit Morphologie und Genese, sowie der Sozialstruktur in Rio de Janeiro analysiert werden. Das Jahr 2009 wird dabei als „Ausgangspunkt“ angesehen, als bekannt gegeben wurde, dass die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro stattfinden werden.

2.1. Geographische Einordnung der Olympiastätten

Rio de Janeiro ist die Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaates in Brasilien. Die Stadt liegt bei 22° 54' südlicher Breite und 43° 12' westlicher Länge (Michael 2008: 212). Brasilien liegt an der Ostküste Südamerikas und grenzt an den Atlantischen Ozean, was die Stadt sehr attraktiv für Touristen macht.

Die Hauptolympiastätten lassen sich in vier unterschiedlichen Stadtteilen lokalisieren: Barra da Tijuca und Copacabana im Süden und Südosten der Stadt in Küstenlage, sowie Maracanä, nordwestlich der Copacabana, und Deodoro im Zentrum der Stadt. Diese vier Teilräume qualifizierten sich aufgrund mangelhafter oder fehlender Infrastruktur im Bereich Verkehr, Versorgung und Entsorgung sowie verschiedener sozial-wirtschaftlicher Hintergründe für den Bau von Olympiastätten und den somit nachhaltigen Entwicklung dieser Quartiere. Die Regierung des Bundesstaates beschloss einen umfangreichen Infrastrukturausbau umzusetzen, welcher als Chance für signifikanten Veränderungen im Bereich der physiognomischen Stadtstruktur, der Verkehrsinfrastruktur und der Sozialstruktur dienen sollte (IOC 2009: 53).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1: Physische Karte Rio de Janeiro (Quelle: IBGE)

2.2 Ausgangspunkt: Physiognomie

Bei der Physiognomie als Teilbereich der Geographie handelt es sich im eigentlichen Sinne um einen Bereich, welcher sich mit dem äußeren Erscheinungsbild einer Oberfläche beschäftigt. Die physiognomisch-genetische Stadtgeographie als Teildisziplin der Stadtgeographie beschäftigt sich mit der Morphologie, der physisch wahrnehmbaren Gestalt, sowie der Genese der Stadt (Spektrum 2001a).

Im Bereich der Untersuchung von Transformationsprozessen in metropolitanen Räumen wird im Rahmen dieser Arbeit der physiognomisch-genetische Definitionsansatz zugrunde gelegt. Dieser Untersuchungsbereich steht in Wechselwirkung mit der Funktion einzelner Teilbereiche, bedarf jedoch eine getrennte Analyse.

Das Stadtbild Rio de Janeiros ist geprägt durch ein dichtes Nebeneinander von Wohnquartieren der Oberschicht, sogenannten Condommios fachedos, und Marginalsiedlungen, sogenannten Favelas. Die Stadt ist ein Musterbeispiel für eine sozial fragmentierte Stadt mit starken sozialräumlichen Disparitäten (Coy & Sandholz 2014: 5).

Die Condommios fachedos orientieren sich am nordamerikanischen Beispiel der Gated Communities, übertreffen diese jedoch im Bereich der Sicherheitsvorkehrungen (Coy & Pöhler 2002: 264). Das ist zurückzuführen auf die hohe Kriminalitätsrate im Land.

Es lassen sich zwei Typen von Condommios fachedos unterteilen. Zum einen der innerstädtische Typ, der sich durch ein erhöhtes Sicherheitssystem mit Mauern und strengen Zugangskontrollen um einen großflächigen Apartmentkomplex, sowie eine gut ausgebaute Versorgungsund Freizeitinfrastruktur, also einem sehr gepflegtem Erscheinungsbild, auszeichnet. Zum anderen der randstädtische Typ, der an die amerikanischen „edge-cities“ erinnert. Diese zeichnen sich, anders als der vorherrschende Bautyp in den innerstädtischen Vierteln, durch einen ausgeprägten Villencharakter aus. Auch hier sind Sicherheitsvorkehrungen getroffen, allerdings weniger stark ausgeprägt. Zusätzlich gibt es eine vollständig ausgebaute Infrastruktur und eine gute Verkehrsanbindung in das Zentrum (Coy & Pöhler 2002: 266-267).

Die Favelas liegen oft in Hanglage der Gebirgszüge. Häufig sind diese informellen Siedlungen geprägt durch eine willkürlich entstandene Siedlungsstruktur ohne planerische Vorgaben, so- wie durch oft unzureichende Infrastruktur in allen Bereichen. Dabei muss zwischen Ghettos und Favelas strikt unterschieden werden. Ghettos zeichnen sich durch eine homogene Bevölkerungsstruktur aus, wohingegen die Favelas eine heterogene Bevölkerungsstruktur in Bezug auf Alter, Ethnie, Hautfarbe u.ä. aufweisen (Spektrum 2001b).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2 Favela Jacarezinho (Quelle: Perlman 2011: 39)

2.3 Ausgangssituation: Sozialstruktur vor den Spielen

Rio de Janeiro ist ein typisches Beispiel für soziale Fragmentierung lateinamerikanischer Städte. Wie in der Karte zu sehen ist, liegen die Wohnquartiere der Ober- und oberen Mittelschicht entlang der Küste im Bereich Barra da Tijuca, Ipanema Saö-Conrado, Leblon und Copacabana. Es gibt 17 bewachte Wohnkomplexe im Stadtgebiet. Die Zahl der Favelas ist um ein Vielfaches höher.

Durch den starken Verstädterungsprozess im Laufe des 20. Jahrhundert kamen immer mehr Menschen in das Stadtzentrum von Rio de Janeiro, woraufhin sich der Druck auf den Wohnungsmarkt verstärkte und vermehrt Armutssiedlungen entstanden. Diese Siedlungen entwickelten sich unorganisiert inmitten bereits bestehender Wohnquartiere (Coy & Sandholz 2014: 5). Favelas liegen vermehrt in Wohnquartieren der Mittel- oder Unterschicht in peripherer Lage. Nur vereinzelt liegen Favelas im Bereichen innerhalb der Wohnquartieren der Oberschicht (Michael 2008: 218).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Sozialräumliche Segregation im Jahr 2008 (Quelle: Michael 2008: 218)

Die einzelnen Stadtteile, die als Olympiastätten fungieren sollten, bringen verschiedene Ausgangssituationen mit. Deodoro ist geprägt durch Marginalsiedlungen und Wohnquartiere der Unterschicht, während Maracanä eher ein Wohnviertel der Mittelschicht ist. Bei den Quartieren der Küstenregion, in der auch die Zonen Barra da Tijuca und Copacapana liegen, handelt es sich eher um Wohnquartiere der Oberschicht und oberen Mittelschicht. Barra da Tijuca und Copacabana gelten als reichere Regionen der Stadt (Michael 2008: 218).

3. Transformationsprozesse in Rio de Janeiro

Bei Transformationsprozessen handelt es sich um „tief greifende strukturelle Systemveränderungen hinsichtlich Wirtschaft, Politik und Gesellschaft (soziale Transformation) innerhalb eines Landes“ (Spektrum 2001c).

[...]

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Physiognomische und sozialstrukturelle Transformationsprozesse in Rio de Janeiro. Ausgelöst durch das Mega-Event Olympische Spiele 2016
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Geographisches Institut)
Veranstaltung
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten
Note
2,3
Autor
Jahr
2020
Seiten
14
Katalognummer
V1000062
ISBN (eBook)
9783346355980
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Physiognomie, Sozialstruktu, Rio de Janeiro, Olympische Spiele 2016, Großsportevents, Mega Event, nachhaltige Entiwcklungsprozesse
Arbeit zitieren
Anna-Lena Blizil (Autor:in), 2020, Physiognomische und sozialstrukturelle Transformationsprozesse in Rio de Janeiro. Ausgelöst durch das Mega-Event Olympische Spiele 2016, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1000062

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