Staatslehre. Theorien und Begriffe im Überblick


Ausarbeitung, 2000

10 Seiten


Leseprobe


Gemeinschaftskundearbeit:

I. Demokratie

? ? Beginn

Philosophie der Aufklärung, Kampf gegen Absolutismus

? ? Identitätstheorie

Urheber: Jean-Jacques Rousseau

Ideologie: Er will die Herrschaft von Menschen über Menschen beseitigen, dadurch dass Regierte und Regierende identisch sind. Die Staatsgewalt soll beim Volk liegen. Die Volkssouveränität ist nicht veräußerbar, unteilbar und kann nicht vertreten werden. Die Gewaltenteilung und das Repräsentationsprinzip wird abgelehnt. Das Volk hat damit eine direkte Mitsprache.

Prämisse: Es gibt ein einheitlicher Volkswillen (volonté générale) und ein objektives Gemeinwohl vor. Der allgemeine Wille ist Ausdruck des Gemeinwohls und stets richtig. Es gibt insgesamt wenig voneinander abweichende Einzelwillen (volontés particulières). Das Gemeinwohl bzw. der allgemeine Wille ist nicht identisch mit dem Willen aller (volonté de tous). Parteien und Verbände sind dazu da, die Sonderinteressen ihrer Mitglieder durchzusetzen und den allgemeinen Willen zu formen. Es gibt also keine subjektive Mehrheitsentscheidung, sondern nur ein objektiv entschiedenes Gemeinwohl. Die Mehrheitsentscheidung wäre der Willen aller, drückt nur den Willen einer bestimmten übermächtigen Gruppe aus und ist aber nicht der allgemeine Wille und damit nicht das Gemeinwohl. Es entsteht die Gefahr der Tyrannei einer Mehrheit.

Voraussetzung: Utopie einer sozial homogenen Gesellschaft mit einer Staatsideologie und einem hohen Bildungstand der Bürger.

Problematik: Die Theorie ebnet mit der Annahme eines objektiv erkennbaren Gemeinwohls, der Absage des Pluralismus und des Mehrheitsprinzip Erziehungsdiktaturen den Weg.

Beispiele: DDR, UdSSR, Verfassung von 1793 in Frankreich (Robespierre)

? ? Konkurrenztheorie Urheber: John Locke

Ideologie: Die Gesellschaft hat unterschiedliche Interessen und Weltanschauungen. Es gibt kein Gemeinwohl. Der Staat hat die Aufgabe Leben, Freiheit und Eigentum der Bürger zu sichern. Er versucht den Machtmißbrauch durch Gewaltenteilung, politische Vertretung und das Recht des Widerstand der Bürger gegen eine tyrannische Staatsmacht zu verhindern. Die Unterdrückung kleinerer Minderheiten soll durch ein ausgedehntes Staatsgebiet mit sozialen und wirtschaftlichen Unterschieden (? viele Meinungen) und zum anderen durch das Repräsentationsprinzip (? Kontrolle der Vertreter untereinander, Ausgleich und Filterung der Interessen) und die Gewaltenteilung verhindert werden.

Problematik: Oligarchisierung der Wenigen und Wohlgeboren, d.h. die Herrschaft einer kleinen Gruppe wird unterstützt. Eine Vertreterversammlung kann nie das Abbild der Gesellschaft sein. Beispiele: alle westlichen Demokratien

? ? Neopluralismus Vertreter: Ernst Fraenkel

Hintergrund: Die beiden oben genannten Theorie konnten beide nicht durchgesetzt werden. Der Staat mußte aufgrund sozialer und wirtschaftlicher Probleme zum Interventionsstaat werden. Die Identitätstheorie entsprach nicht der Wirklichkeit. Es gab keine homogene Gesellschaft mit einfachen politischen Problemen, sondern eine differenzierte Gesellschaft mit komplizierten Problemen. Die Konkurrenztheorie ist zwar näher an der Wirklichkeit, aber durch die Ausweitung der Staatsausgaben, steigt gleichzeitig auch die Gefahr des Machtmißbrauchs.

Kernfrage: Wie erreiche ich ein Optimum an allgemeiner Freiheit und sozialer Gerechtigkeit.

Idealtypus: Autonom-heterogener-pluralistischer Rechts- und Sozialstaat

?? Autonom:

Politischer Wille richtet sich nicht an vorgegebenen und verbindlichen Zukunftsentwürfen aus, sondern ist ein anfechtbares und diskussionswürdiges Ergebnis politischer Auseinandersetzung (? kein Gemeinwohl).

?? Heterogen:

Die Gesellschaft hat unterschiedliche Interessen und Strukturen. Dies ist legitim und soll nicht gleichgeschaltet werden.

?? Pluralistisch:

Die verschiedenen Interessen können sich frei artikulieren und organisieren. Der Willensbildungsprozess findet durch die Aktivität und Rivalität konkurrierender Gruppen und Parteien statt. Es haben nur kollektiv organisierte Teilinteressen Erfolgsaussichten.

?? Rechtsstaat:

Damit der Pluralismus nicht zur Zersplitterung und Auflösung der Gesellschaft führt, gibt es das Repräsentationsprinzip. Nur unabhängige Abgeordnete, die ihre Legitimation in allgemeinen Wahlen bekommen haben, können durch Verhandlungen und Kompromisse verbindliche Entscheidungen treffen. Das Gemeinwohl ergibt sich also im nachhinein (Gemeinwohl a posteriori). Die Machtinhaber müssen vor allem durch die Parteien kontrolliert werden. Die Parteien sind wichtigste Möglichkeit der Bürger an der Politik teilzunehmen und müssen deshalb demokratisch strukturiert sein.

Es gibt zwei Sektoren:

1. Streitigen Sektor:

Der Bereich des Konflikts und der politischen Gestaltung

2. Unstreitigen Sektor:

Anerkennung der Grund- und Menschenrechte, rechtsstaatliche Verfassungs- und politische Spielregeln (Mehrheitsprinzip, Minderheitenschutz) ? Grundkonsens

Der Grundkonsens und damit die Stabilität des Staates ist nur gewährleistet, wenn die Spielregeln anerkannt und die Belange der Minderheiten beachtet werden.

Fazit: Das durch Ausgleich anzustrebende Gemeinwohl wird zur regulativen Idee einer richtig verstandenen Konkurrenzdemokratie.

? ? Unsere Verfassung

Prinzipien: Staatsform Republik, Volkssouveränität, Föderalismus, Gewaltenteilung, Gewaltmonopol des Staates, Widerstandsrecht, Sozial- und Rechtsstaatsgedanke ? Ewigkeitsgarantie

Politisches System: freiheitliche demokratische Grundordnung

? ? Parteienstaat

Im Artikel 21 ist die besondere Bedeutung der Parteien für den Willensbildungsprozess niedergeschrieben. Sie gelten als Sprachrohre des Volkes.

Verfechter: Gerhard Leibholz

Ideologie: Eine moderne Variante der Identitätstheorie, die den Parteienstaat als eine Form der plebiszitären (= volksentscheidenden) Demokratie begreift, die den Bedingungen der Massendemokratie im Flächenstaat Rechnung trägt.

Das Grundgesetz hat aber mit dem Gesetz des freien Mandats auch den Kerngedanken der repräsentativen Monarchie übernommen ? Konfliktpotenzial durch zwei Theorien.

Die Realität hat das Problem gelöst:

Vor wichtigen Entscheidung wird die Partei gefragt und das gesetzlich geregelte freie Mandat ist zu einem imperativen, parteigebunden Mandat geworden.

II. Parteien

? ? Parteiendiskussion

In der Bundesrepublik verlieren immer mehr Leute das Vertrauen in Parteien. Es stellt sich die Frage, ob die Parteien ihren Machtanspruch nicht mißbrauchen oder überziehen und ob aus der Mitwirkung nicht schon längst eine Dominanz des politischen Prozesse geworden ist. Die Parteien beantwortet politische Fragen fast immer nur mit Blick auf die nächsten Wahlen und entscheiden nach Kategorien des Machterhalts. Des weiteren ist die Rekrutierung des Führungspersonals in politischen Institutionen weitgehend ihre Sache. Damit ist die Parteipolitisierung der öffentlichen Angelegenheiten vollkommen.

Vielen erscheinen die politischen Parteien als erstarrt und unfähig zeitgenössische Probleme aufzugreifen. Junge Leute meiden deshalb die Parteien und ihre Jugendorganisationen. Es entsteht eine Gefahr für die Zukunft der Demokratie. Als Alternative zu den Parteien gehen viele Menschen in Bürgerinitiativen oder ähnliches.

Man kann die Parteien aber nicht einfach so abschaffen. Eine offene, freiheitliche, pluralistische Gesellschaft braucht konkurrierende Parteien, damit sich die verschiedenen Interessen organisieren, artikulieren können und dann im politischen Willensbildungsprozess ausgeglichen werden können.

Fazit: Die Forderung nach Reformen, einer Öffnung und einer Attraktivierung der Parteien ist für manche zu wenig. Sie fordern einen Rückzug des Staates und damit eine Selbstbeschränkung der Parteien, welche deren Akzeptanz in der Bevölkerung wieder verbessern würde.

? ? Entwicklung der Parteien

Das deutsche Parteiensystem entwickelte sich im 19. Jahrhundert als ein Vielparteiensystem. Es entstanden folgende Parteien:

(1) Liberale Parteien für das Bürgertum
(2) Konservative Parteien für Adel und Großgrundbesitzer
(3) Sozialistische Parteien für die Arbeiterschaft
(4) Katholische Partei

Die liberalen und konservativen waren eher locker organisiert; ihnen gegenüber stand die sozialdemokratische Partei als eine Massenpartei mit eine straffen Organisation. Das Vielparteiensystem wurde durch die Verfassung des Kaiserreiches unterstützt, da diese nur die Gesetzgebung für die Parteien in sich barg und die Parteien damit nicht mehrheitsfähig werden mußten. Sie waren eher Interessenvertretungen. Ihren Typus nannte man Interessen- oder Klassenpartei. Die sozial sehr heterogene (ähnlich einer Volkspartei) Zentrumspartei, die eine klare Ideologie hatte, war eine Weltanschauungspartei.

Nach dem zweiten Weltkrieg entstand ein Vierparteiensystem. Diese vier Parteien lauteten wie folgt:

(1) Christlichen Demokraten
(2) Liberalen
(3) Sozialdemokraten
(4) Kommunisten

In Laufe der Jahre ging die Zahl der Parteien im Bundestag von 10 auf 3 zurück. Zwei Hauptparteien (SPD, CDU mit 90%) und eine mehrheitsbeschaffende Partei. Dadurch entstand eine Stabilität der Regierung und des Parteiensystems. Die Parteien CDU und SPD entwickelten sich zu Volksparteien. Dieser Prozess ging in zwei Phasen vor sich:

(1) Der CDU gelang es bis 1961 die Wähler der kleineren bürgerlichen Parteien an sich zu ziehen. Sie vergrößerte damit den Abstand zur SPD erheblich.
(2) Das Godesberger Programm der SPD 1959 bereitet den Weg zur Volkspartei für diese. Sie kehrte vom Marxismus ab und wurde damit für eine bürgerliche Wählerschaft interessant. Die SPD glich sich auch der Außenpolitik der Westintegration von Adenauer an.

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Details

Titel
Staatslehre. Theorien und Begriffe im Überblick
Autor
Jahr
2000
Seiten
10
Katalognummer
V100051
ISBN (eBook)
9783638984812
Dateigröße
386 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Staatslehre
Arbeit zitieren
Marco Eipper (Autor:in), 2000, Staatslehre. Theorien und Begriffe im Überblick, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/100051

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