Die Hinwendung Frankreichs zum Projekt "europäische Integration". War die Suezkrise ein Wendepunkt für die europäische Integration Frankreichs?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2020

27 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


I. Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Rolle Frankreichs bei der Gründung der Europäischen Gemeinschaft vor der Suezkrise
2.1 Der Schuman-Plan als erste Etappe der französischen Annäherung an Europa .
2.2 Das Scheitern der EVG
2.3 Die Vorverhandlungen der Römischen Verträge bis zur Suezkrise

3. Die Suezkrise als Wendepunkt für die europäische Integration Frankreichs
3.1 Ein kurzer Überblick über den Verlauf der Suezkrise
3.2 Die Suezkrise als Motor der Europäischen Gemeinschaft im Zusammenhang mit der Ratifizierung der Römischen Verträge

4. Schlussbetrachtung

Quellenverzeichnis

Literaturverzeichnis

II. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Innerhalb des zweiten Kapitels dieser Ausarbeitung wird die Gründung der EGKS durch den Schumann-Plan, das Scheitern der EVG und die Vorverhandlungen der Römischen Verträge thematisiert, welche essentiell sind für das Aufzeigen des Wendepunktes Frankreichs nach dem Scheitern der Operation Musketier und die damit verbundene Integration Frankreichs in die EWG und EURATOM. Innerhalb des ersten Unterkapitels des dritten Kapitels wird ein kurzer Überblick über den Ausbruch und Verlauf der Suezkrise gegeben. Bei dem darauffolgenden Unterkapitel wird die Suezkrise als der Auslöser für die friedlichen Verhandlungen und das Zustandekommen der Römischen- Verträge in den Blick genommen. Des Weiteren wird kapitelübergreifend ein Zusammenhang aufgezeigt, inwieweit sich die institutioneile Gestaltung des EGKS- Vertrages mit den Institutionen des EWG-Vertrages sowie des EURATOM-Vertrages deckt und welche Modifizierungen innerhalb der Römischen-Verträge vorgenommen wurden. Außerdem gilt es herauszufinden, ob die deutsch-französische Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg der Schlüssel für die EG darstellt oder inwieweit die Verhandlungen der Römischen-Verträge von der Beziehung zwischen Frankreich sowie der BRD abhängig waren. Außerdem soll untersucht werden, ob das Scheitern der EVG einen Einfluss auf die Vertragsverhandlungen der Römischen Verträge hatte. Zudem wird die Rolle Großbritanniens und der USA in den Gesamtkontext mit eingebettet, was besonders die Ablehnung Großbritanniens bei den Vertragsverhandlungen für die EG aufzeigt. Weiterführend wird das Verhältnis Frankreichs und der BRD zur NATO aufgezeigt und inwiefern sich das Verhältnis der BRD zur NATO nach der Suezkrise und der Wiederaufnahme der Verhandlungen über die Römischen Verträge wandelte. Es sollte mit Nachdruck erwähnt werden, dass der Hauptgegenstand der gesamten Ausarbeitung sich auf die Integrationsbestrebungen Frankreichs sowie die deutsch-französische Beziehung bezieht. Es wird in der Schlussbetrachtung die folgende Frage mit der Hinzunahme der Verhandlungen der EGKS, EVG, EWG und EURATOM beantwortet. War die Suezkrise ein Wendepunkt für die europäische Integration Frankreichs?

2. Die Rolle Frankreichs bei der Gründung der Europäischen Gemeinschaft vor der Suezkrise

Dieses Kapitel stellt eine außerordentliche Notwendigkeit dar, um den Zusammenhang der Suezkrise mit der Ratifizierung der Römischen Verträge nachvollziehen zu können. Bei der Bildung der Europäischen Gemeinschaft stehen besonders die Beitrittsländer Frankreich und BRD im Fokus. Es geht bei diesem Kapitel darum, einen Gesamtüberblick über die vorherigen Verhandlungen sowie Ratifizierungen von Bündnisverträgen in Europa aufzuzeigen, welche eine Basis für die EG darstellen. Des Weiteren wird die institutioneile Zusammensetzung der EGKS aufgezeigt, da diese eine tragende Rolle für die Organe der der EWG sowie EURATOM einnimmt.

2.1 Der Schuman-Plan als erste Etappe der französischen Annäherung an Europa

Bei dem folgenden Quellenauszug handelt es sich um die Schuman-Erklärung, welche am 9. Mai 1950 bei einer Pressekonferenz in der Pariser Straße Quai d’Orsay der Öffentlichkeit, nach der Zustimmung von Konrad Adenauer, durch den französischen Außenminister Robert Schuman verkündet wurde.1 Der Hintergrund der Schuman- Erklärung und der damit beabsichtigten Zusammenlegung der französisch-deutschen Kohlen- und Stahlproduktion, ist auf der einen Seite auf die geplante französisch außenpolitische Ablösung von den Großmächten USA sowie Russland zurückzuführen. Auf der anderen Seite geht es der französischen Regierung darum, für England eine Tür zur EG offen zu lassen und die europäische Integration der BRD zu überwachen.2

„Frankreich, das sich seit mehr als zwanzig Jahren zum Vorkämpfer eines vereinten Europa macht, hat immer als wesentliches Ziel gehabt, dem Frieden zu dienen. Europa ist nicht zustande gekommen, wir haben den Krieg gehabt. [...]. Die Vereinigung der europäischen Nationen erfordert, daß der Jahrhunderte alte Gegensatz zwischen Frankreich und Deutschland ausgelöscht wird. Das begonnene Werk muß in erster Linie Deutschland und Frankreich erfassen. [...]. Die französische Regierung schlägt vor, die Gesamtheit der französisch-deutschen Kohlen- und Stahlproduktion unter eine gemeinsame Oberste Aufsichtsbehörde (Haute Autorité) zu stellen, in einer Organisation, die den anderen europäischen Ländern zum Beitritt offensteht. Die Zusammenlegung der Kohlen- und Stahlproduktion wird sofort die Schaffung gemeinsamer Grundlagen für die wirtschaftliche Entwicklung sichern - die erste Etappe der europäischen Föderation - und die Bestimmung jener Gebiete ändern, die lange Zeit der Herstellung von Waffen gewidmet waren, deren sicherste Opfer sie gewesen sind. Die Solidarität der Produktion, die so geschaffen wird, wird bekunden, daß jeder Krieg zwischen Frankreich und Deutschland nicht nur undenkbar, sondern materiell unmöglich ist. [...]. Diese Produktion wird der gesamten Welt ohne Unterschied und Ausnahme zur Verfügung gestellt, um zur Hebung des Lebensstandards und zur Förderung der Werke des Friedens beizutragen.“3

Durch die Schuman-Erklärung wird deutlich, dass die EG aufgrund der damit beabsichtigten EGKS ihren Anfang nahm. Im Vordergrund steht der Zusammenschluss der deutsch-französischen Kohlen- und Stahlproduktion, was aber nicht bedeutet, dass den anderen europäischen Ländern der Beitritt zu dieser wirtschaftlichen Gemeinschaft verwehrt wurde. Jedoch sollte beachtet werden, dass die deutsch-französische Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg als essentieller Bestandteil der wirtschaftlichen Vereinigung der EGKS im Zentrum stand. Das zentrale Organ soll laut des Quellenauszuges eine Obere Aufsichtsbehörde übernehmen, welche als Verwaltungsorgan der geplanten EGKS fungieren soll und einen Präsidenten als Vorsitzenden besitzt, der eine Entscheidungsgewalt gegenüber den teilnehmenden Ländern besitzt. Der Präsident der vorgesehen EGKS wird von den Regierungen der Länder gewählt.4 Die Verwaltungsaufgaben der Hohen Behörde sollen sich auf folgende Eckpunkte beziehen:

„[...] die Modernisierung der Produktion und die Verbesserung der Qualität, die Lieferung von Stahl und Kohle auf dem französischen und deutschen Markt sowie auf dem aller beteiligten Länder zu den gleichen Bedingungen, die Entwicklung der gemeinsamen Ausfuhr nach den anderen Ländern, den Ausgleich im Fortschritt der Lebensbedingungen der Arbeiterschaft dieser Industrien.“5

Die Schuman-Erklärung, welche auch als Schuman-Plan bezeichnet wird, stellt eine Voraussetzung für die Entstehung der EGKS dar. Weiterführend kann der Schuman-Plan auch als Schuman-Monnet-Plan definiert werden, weil Monnet bei der Ausarbeitung der Schuman-Erklärung bedeutend mitwirkte.6 Der Schuman-Plan kann auf der einen Seite als deutsch-französische Versöhnung gedeutet werden und auf der anderen Seite als der Begin der EG angesehen werden.7 Somit gilt der Schuman-Plan als der Motor der deutschfranzösischen Annäherung.8 Der EGKS-Vertrag wurde am 18. April 1951 in Paris durch die Länder Belgien, BRD, Frankreich, Italien, Luxemburg und der Niederlande unterzeichnet. Alle sechs Gründungsstaaten stimmten durch die Ratifizierung des EGKS- Vertrages einer wirtschaftlichen Gemeinschaft zu.9 Nach der Unterzeichnung trat der EGKS-Vertrag am 23. Juli 1952 in Kraft und wurde auf eine Dauer von 50 Jahren begrenzt.10 Innerhalb des EGKS-Vertrages wurde die bereits genannte Hohen Behörde (Haute Autorité) als das Exekutivorgan festgelegt, in welcher der Präsident die führende Rolle einnahm. Zum ersten Präsidenten der Hohen Behörde der EGKS wurde Jean Monnet ernannt und er sowie seine Nachfolger legten einen besonderen Wert darauf, dass die Bedingungen unter den Mitgliedern dieses Organes aufgrund einer Übereinstimmung der Meinungen verabschiedet werden sollen.11 Dies widersprach den festgelegten Regularien des Vertrages, da eigentlich die Beschlüsse aufgrund von einer Mehrheit der Stimmen in Kraft treten sollten. Alle Entscheidungen der Hohen Behörde sollten laut der Schuman- Erklärung sofort in allen Mitgliedsstaaten verbindlich gemacht werden.12 Ein weiteres institutionelles Organ der EGKS stellt der „Besondere Ministerrat“ dar, welcher am 8. September 1952 das erste Mal zusammentrat. Der Ministerrat bestand aus sechs Mitgliedern, in welchem jeweils ein Vertreter aus jedem Mitgliedsstaat für dieses Kontrollorgan bereitgestellt wurde.13 Der Ministerrat nahm eine Kontrollfunktion gegenüber der Hohen Behörde ein und konnte auch in besonderen Fällen die Beschlüsse der Hohen Behörde aufheben. Der erste Vorsitz des Organs, der alle drei Monate neu gewählt wurde, war Adenauer.14 Somit war es möglich, dass die Entscheidungen der Hohen Behörde durch den Ministerrat aufgehoben werden konnten, was der Schuman- Erklärung widerspricht. Bei der Schuman-Erklärung heißt es: „Durch ein gemeinsames Abkommen wird von den Regierungen ein Präsident gewählt, dessen Entscheidungen in Frankreich, in der BRD und den anderen Teilnehmerländern bindend sind.“15 Daraus kann geschlossen werden, dass die Schuman-Erklärung in diesem Punkt noch angepasst wurde und der Präsident sowie die Vertreter der Hohen Behörde nicht endgültig die alleinige Bestimmungsgewalt erhalten hatten. Deutlicher wird der Zusammenhang zwischen der Hohen Behörde und dem Ministerrat in Verbindung mit dem siebenköpfigen Gerichtshof, welcher im Dezember 1952 als ein weiteres Überwachungsorgan der EGKS eine besondere Stellung bei den Verhandlungen zwischen der Hohen Behörde sowie dem Ministerrat einnahm. Der Gerichtshof hatte die Aufgabe, bei einem Verstoß gegen die Rechtsnormen des EGKS-Vertrages einzuschreiten, womit der Gerichtshof ebenfalls die Möglichkeit bekam, neu verhandelte Beschlüsse der Hohen Behörde aufzuheben.16 Als letztes zentrales Organ ist das Parlament zu nennen, welches zwei Tage nach dem Ministerrat das erste Mal zusammentrat. Das Parlament nahm auf der einen Seite eine beratende Funktion gegenüber dem Ministerrat sowie der Hohen Behörde ein und auf der anderen Seite diente das Parlament als ein Überwachungsorgan gegenüber der Hohen Behörde.17 Die Vertreter des Parlamentes wurden direkt durch das Volk der sechs Mitgliedsstaaten gewählt. Dieses setzte sich aus 78 Abgeordneten zusammen. Der erste Vorsitzende des Parlamentes wurde Paul-Henri Spaak.18 Damit wird wieder der Gedanke der Schuman-Erklärung verworfen, weil die Hohe Behörde die alleinige Bestimmungsgewalt von den ausgearbeiteten Entscheiden innehat. Dadurch wird besonders deutlich, dass der Entwurf der Schuman-Erklärung aufgrund des Druckes der anderen Teilnehmerstaaten noch weitreichend angepasst wurde, da der Ministerrat, das Parlament und der Gerichtshof innerhalb des Schuman-Plans noch nicht als Organe der EGKS vorgesehen waren.19 Die vier wichtigsten Organe und zusätzlich der weniger bedeutende „Beratende Ausschuss“, welcher nur eine beratende Funktion gegenüber der Hohen Behörde einnahm, sind heute noch genauso in ihrer institutioneilen Zusammensetzung bei der Europäischen Union vorhanden.20 Somit kann die institutioneile Verflechtung der EGKS als Geburtsstunde der EU angesehen werden. Jedoch sollte beachtet werden, dass die Mitgliedsstaaten unterschiedliche Interessen mit der Unterzeichnung des EGKS-Vertrages verfolgten.

„Für Monnet war die EGKS nur ein erster Einigungsschritt, für Frankreich bedeutete sie primär Sicherung der eigenen Stahlproduktion, für Deutschland war sie Ausgangspunkt staatlicher Gleichberechtigung und einer europäischen Föderation und für die Niederlande ein Mechanismus zur Aufrechterhaltung der nationalstaatlichen Souveränität. “21

Frankreich verfolgte mit der Ratifizierung des EGKS-Vertrages in erster Linie eine gewisse Eindämmungstaktik gegenüber der BRD, weil durch den EGKS-Vertrag aus der Sicht Frankreichs ein Wiedererstarken der BRD somit in Schach gehalten werden konnte.22 Dieses vorrangige Ziel Frankreichs ist auf die Erfahrung des Zweiten Weltkrieges zurückzuführen. Dies wird immer wieder ein zentraler Bestandteil der darauffolgenden Verhandlungen innerhalb Europas darstellen.

2.2 Das Scheitern der EVG

Als am 25. Juni 1950 der Koreakrieg ausbrach, in welchem Südkorea durch nordkoreanische Truppen angegriffen wurde, hatte die USA als Ziel, eine westeuropäische Verteidigung einzurichten. In diesem Zusammenhang forderte die USA einen Verteidigungsbeitrag von der BRD.23 Als diese Anordnung den französischen Ministerpräsidenten René Pleven erreichte, reagierte er sofort mit der Ausarbeitung des heute geläufigen Pleven-Plans, weil er innerhalb der von der USA geforderten Aufrüstung der deutschen Truppen eine Gefahr erkannte.24 Am 24. Oktober 1950 präsentierte Pleven seinen Plan einer möglichen EVG der französischen Nationalversammlung. Die Mehrheit der Mitglieder der Nationalversammlung stimmte der Vorlage mit der Hoffnung zu, dass sie somit erst einmal die Aufrüstung der deutschen Truppen verhindert hatten.25 Daraus kann geschlossen werden, dass es sich bei dem Pleven-Plan um eine wiederholte Eindämmungsstrategie gegenüber der BRD handelte, welche schon bereits in dem Schuman-Plan festgestellt wurde. Das Ziel des Pleven-Plans ist es, die schon bereits in der EGKS zusammengeschlossen Staaten in einer EVG zu vereinen. Es geht Pleven in seinem EVG-Vorschlag nicht nur um die Eindämmungsstrategie gegenüber der BRD, sondern auch darum, die europäische Einigung zu stärken.26 Weiterführend zeigte sich die Eindämmungsstrategie Pievens gegenüber der BRD besonders darin, dass innerhalb des Pleven-Plans die Führungsaufgaben dem deutschen Staat verwehrt werden sollten und sich im Gegensatz zu der EGKS eine deutliche Hierarchiestruktur abzeichnete. Verwunderlich bleibt, dass von französischer Seite ein Verteidigungsbeitrag der BRD in der EVG vorerst gebilligt wurde.27 Es lässt sich diesbezüglich ein deutliches Ziel Pievens anfügen, welches das Mitwirken der BRD innerhalb der NATO unterbinden sollte. Die USA standen dem Vorschlag einer EVG eher kritisch gegenüber, weil angenommen wurde, dass auf die Ratifizierung des EVG-Vertrages eine Schwächung der NATO folgen könnte. Trotz der schwierigen Verhandlungen kam es am 27. Mai 1952 zur Unterzeichnung des EVG- Vertrages durch die EGKS Mitgliedsstaaten, weil man durch die Integration der BRD annahm, dass man auf der einen Seite den deutschen Staat für die EVG aufgrund seiner zentralen Lage benötigt und auf der anderen Seite den deutschen Staat noch mehr an Westeuropa binden zu können.28 Obwohl es am 27. Mai 1952 zur Unterzeichnung des Vertrages kam, wurde dieser am 30. August 1954 von der französischen Nationalversammlung nicht ratifiziert. Das Scheitern der EVG wirkte sich auch auf den am 10. März 1953 durch das Zweikammernparlament ausgearbeiteten Entwurf einer EPG aus, welcher ebenfalls aufgrund des Scheiterns der EVG nicht durchgesetzt wurde.29 Das Scheitern beider vorgesehenen europäischen Gemeinschaftsverträge ist erstens auf die Ablehnung Großbritanniens gegenüber dem Beitritt zur EVG sowie zweitens auf die Niederlage Frankreichs in der Schlacht von Dien Bien Phu im Jahre 1954 zurückzuführen. Frankreich kam zu der Erkenntnis, dass die USA mitverantwortlich an der Niederlage Frankreichs war, weil keine amerikanischen Truppen zur Unterstützung für die französische Seite zur Verfügung gestellt wurden.30 Daraus lässt sich ableiten, dass dies der Anstoß dafür war, wodurch die französische Bevölkerung immer mehr Misstrauen gegenüber der EVG aufbaute. Die Folgen der fehlenden Unterstützung der USA innerhalb der Schlacht von Dien Bien Phu rief gleichzeitig ein Misstrauen auf französischer Seite gegenüber den militärischen Truppen der Mitgliedsstaaten innerhalb der EVG hervor.31

Der folgende Quellenauszug von Vollrath von Maltzan, der von 1955 bis 1958 seiner Tätigkeit als Botschafter in Frankreich nachging, übersandte dem Auswärtigem Amt am 25. April 1956 ein Kommuniqué, welches die außenpolitische Lage Frankreichs aufzeigt. Maltzan erwähnt bei dieser amtlichen Mitteilung ganz besonders die deutsch-französische Beziehung nach dem Scheitern der EVG.32

„Mit der Ablehnung der EVG am 30. August 1954 und mit der Erklärung von La-Celle- St. Cloud am 23. Oktober 1954 haben die deutsch-französischen Beziehungen eine entscheidende Wandlung erfahren. Während das deutsch-französische Verhältnis bis zu diesem Zeitpunkt von beiden Partnern fast ausschließlich im Rahmen der europäischen Integrationsbestrebungen gesehen wurde, trat von Ende 1954 an immer mehr der bilaterale Charakter dieser Beziehungen in den Vordergrund. Auf deutscher Seite rechnete man allerdings auch weiterhin damit, daß das deutsch-französische Verhältnis im engen Zusammenhang mit der europäischen Integration sich bessern werde. Demgegenüber dachten die Franzosen, daß die europäische Integration erst dann möglich sein würde, wenn im deutsch-französischen Verhältnis eine Besserung eingetreten sei. In der Saarfrage kommt der Unterschied in der deutschen und in der französischen Konzeption am deutlichsten zum Ausdruck.“33

[...]


1 Vgl. Pollak, Johannes und Peter Slominski: Das politische System der EU (=Europa Kompakt). Wien 2006, S. 24.

2 Vgl. Requate, Jörg: Frankreich seit 1945 (=Europäische Zeitgeschichte 4). Göttingen 2011, S. 68-69.

3 Schuman, Robert: Schuman-Erklärung (9. Mai 1950). In: Ralph Erbar (Hg.): Quellen zu den deutschfranzösischen Beziehungen 1919-1963 (=Quellen zu den Beziehungen Deutschlands und seinen Nachbarn im 19. Und 20. Jahrhundert 6). Darmstadt 2003, S. 160-161.

4 Vgl. ebd., S. 162.

5 Ebd.

6 Vgl. Requate 2011, S. 69.

7 Vgl. Roussel, Benoit und Astrid Küfer: Deutsch-französischer Motor / Moteur franco-allemand. In: Astrid Küfer; Isabelle Guinaudeau und Christophe Premat (Hgg.): Handwörterbuch der deutsch-französischen Beziehungen. Baden-Baden 220 1 5, S. 70-72 und vgl. Ménudier, Henri: Deutsch-französische Beziehungen und europäische Integration. In: Robert Picht (Hg.): Das Bündnis im Bündnis. Deutsch-französische Beziehungen im internationalen Spannungsfeld. Berlin 1982, S. 142.

8 Vgl. Roussel und Küfer 22015, S. 72.

9 Vgl. Weinstock, Ulrich: Bilanz der ersten Generation. In: Ders. (Hg.): Neun für Europa. Die EWG als Motor europäischer Integration. Düsseldorf, Köln 1973, S. 13-14 und vgl. Pollak und Slominski Wien 2006, S. 26.

10 Vgl. Pollak und Slominski 2006, S. 27.

11 Vgl. Mittag, Jürgen: Kleine Geschichte der Europäischen Union. Von der Europaidee bis zur Gegenwart. Münster2008, S. 93.

12 Vgl. ebd., S. 94.

13 Vgl. ebd.

14 Vgl. ebd., S. 94-95.

15 Schuman (9. Mai 1950) 2003, S. 162.

16 Vgl. Mittag 2008, S. 95-97.

17 Vgl. ebd., S. 96.

18 Vgl. ebd.

19 Vgl. Schuman (9. Mai 1950) 2003, S. 160-163.

20 Vgl. Mittag 2008, S. 97.

21 Pollak und Slominski 2006, S. 27.

22 Vgl. ebd., S. 28.

23 Vgl. ebd.

24 Vgl. ebd.

25 Vgl. Schwabe, Klaus: Jean Monnet. Frankreich, die Deutschen und die Einigung Europas ^Veröffentlichungen der Historiker-Verbindungsgruppe bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften 17). Baden-Baden 2016, S. 213-214.

26 Vgl. Grau, Andreas und Markus Würz: Europäische Verteidigungsgemeinschaft. In: http://www.hdg.de/lemo/kapitel/geteiltes-deutschland-gruenderjahre/weg-nach-westen/europaeische- verteidigungsgemeinschaft.html; 24.08.2020.

27 Vgl. Requate 2011, S. 70.

28 Vgl. Pollak und Slommski 2006, S. 28-29.

29 Vgl. Ménudier 1982, S. 143 und vgl. Pollak und Slominski 2006, S. 29.

30 Vgl. Pollak und Slommski 2006, S. 29.

31 Vgl. ebd., S. 29-30.

32 Maltzan, Vollrath von: Aufzeichnung der Botschaft Paris an das Auswärtige Amt über die außenpolitische Lage Frankreichs. In: Ralph Erbar (Hg.): Quellen zu den deutsch-französischen Beziehungen 1919-1963 (=Quellen zu den Beziehungen Deutschlands und seinen Nachbarn im 19. Und 20. Jahrhundert 6). Darmstadt 2003, S. 189.

33 Ebd.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Die Hinwendung Frankreichs zum Projekt "europäische Integration". War die Suezkrise ein Wendepunkt für die europäische Integration Frankreichs?
Hochschule
Universität Paderborn  (Fakultät für Kulturwissenschaften > Historisches Institut > Zeitgeschichte)
Veranstaltung
Der Suezkanal – Schlüsselort der Globalisierung
Note
1,3
Autor
Jahr
2020
Seiten
27
Katalognummer
V1000705
ISBN (eBook)
9783346387950
ISBN (Buch)
9783346387967
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Suezkanal, Globalisierung, europäische Integration, Suezkrise, Frankreich, Suezkrise als Wendepunkt, Suezkanal als Schlüssel der Globalisierung
Arbeit zitieren
Yannick Puhze (Autor:in), 2020, Die Hinwendung Frankreichs zum Projekt "europäische Integration". War die Suezkrise ein Wendepunkt für die europäische Integration Frankreichs?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1000705

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die Hinwendung Frankreichs zum Projekt "europäische Integration". War die Suezkrise ein Wendepunkt für die europäische Integration Frankreichs?



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden