Für die Arbeit in der Altenpflege besteht ein Handlungsbedarf. Um zukünftig die Krankenstände zu reduzieren, wird nachfolgend ein evidenzbasiertes Präventionsprogramm nach § 20 SGB V für Pflegekräfte konzipieren. Ziel der Konzeption ist es, den Gesundheitsproblemen Rückenschmerzen und depressive Episoden bei Beschäftigten der Altenpflege vorzubeugen. Daher wird mit den beiden Handlungsfelder Stressmanagement und Bewegungsgewohnheiten gearbeitet.
Vor der Erstellung der Konzeption ergeben sich nun die Fragen, mittels welcher Maßnahmen die psychische und physische Gesundheit von Pflegekräften in stationären Pflegeeinrichtungen positiv beeinflussen werden kann? Mit Hilfe welcher Interventionen den Gesundheitsproblemen vorgebeugt werden kann? Und wie der zugrundeliegende Bedarf anhand von Best-Practice-Beispielen und allgemeinen Handlungsempfehlungen gedeckt werden kann? Unter „Best-Practices“ werden erfolgreiche Praktiken, welche überdurchschnittliche Leistungen ermöglichen, verstanden.
Ein weiteres Ziel ist die Zertifizierung des Kurses durch den Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen. Wodurch eine Bezuschussung der jeweiligen Krankenversicherung ermöglicht werden kann. Darüber hinaus kann eine zusätzliche Kooperation des Kursanbieters mit den Betrieben eine kostenfreie Teilnahme für die Zielgruppe ermöglichen. Das erarbeitete Konzept soll nach Fertigstellung vor Ort in den Pflegeeinrichtungen angeboten werden, dadurch soll den Teilnehmenden trotz Schichtarbeit eine regelmäßige Kursteilnahme ermöglicht werden.
Inhaltsverzeichnis
1 EINLEITUNG UND PROBLEMSTELLUNG
2 ZIELSETZUNG
3 GEGENWÄRTIGERKENNTNISSTAND
3.1 Definitionen
3.1.1 Präventionsgesetz
3.1.2 LeitfadenPrävention § 20 Abs. 2 SGB V
3.1.2.1 Handlungsfeld Bewegungsgewohnheiten
3.1.2.2 Handlungsfeld Stressmanagement
3.1.3 Primärprävention und Gesundheitsförderung
3.2 Epidemiologie
3.2.1 Gesundheitsproblem Rückenschmerzen
3.2.1.1 Mögliche UrsachenundRisikofaktorenvonRückenschmerzen
3.2.1.2 Probleme und Einschränkungen durch Rückenschmerzen
3.2.2 Gesundheitsproblem depressive Episoden
3.2.2.1 Mögliche Ursachen und Risikofaktoren von depressiven Episoden
3.2.2.2 Probleme und Einschränkungen durch depressive Episoden
3.3 Bedarf.
3.3.1 Aktuelle Daten zu Fehlzeiten in der Pflegebranche
3.3.2 Berufsspezifische physische & psychische Belastungsfaktoren
3.4 AktuellerForschungsstand
3.4.1 Allgemeine Handlungsempfehlungen Bewegung
3.4.2 Allgemeine Handlungsempfehlungen Entspannung
3.4.3 Spezifische Interventionen zur Prävention von Rückenschmerzen
3.4.4 Spezifische Interventionen zur Prävention depressiver Episoden
4 METHODIK.
4.1 Zielgruppe
4.2 Übergeordnete Ziele der Konzeption
4.3 Analyse der Rahmenbedingungen
4.4 Dokumentation und Evaluation
4.5 Kostenanalyse und Break-Even-Point
5 ERGEBNISSE
5.1 Konzeptname
5.2 Aufbau der Kursstunden
5.3 Belastungsparameter
5.3.1 Kraftausdauertraining
5.3.2 Ausdauertraining
5.3.3 Beweglichkeitstraining
5.3.4 Koordinationstraining
5.4 Überblick Präventionskurs nach §20 SGB V
5.5 Beschreibung der einzelnen Kursstunden
5.5.1 Beschreibungl.Kurseinheit
5.5.2 Beschreibung 2. Kurseinheit
5.5.3 Beschreibung 3. Kurseinheit
5.5.4 Beschreibung4.Kurseinheit
5.5.5 Beschreibung 5. Kurseinheit
5.5.6 Beschreibungö.Kurseinheit
5.5.7 Beschreibung7.Kurseinheit
5.5.8 Beschreibung 8. Kurseinheit
5.5.9 Beschreibung 9. Kurseinheit
6 DISKUSSION
6.1 Kritische Beurteilung der Erreichbarkeit der Zielgruppe
6.2 Kritische Beurteilung der Durchführung
6.3 Kritische Beurteilung der gewählten Kursinhalte
7 ZUSAMMENFASSUNG
8 LITERATURVERZEICHNIS
9 TABELLEN-, ABBILDUNGS- UND ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
9.1 Tabellenverzeichnis
9.3 Abkürzungsverzeichnis
10 ANHANG
10.1 Anhangsverzeichnis
1 Einleitung und Problemstellung
Bereits die World Health Organisation schrieb 1986 in der Ottawa-Charta „Gesundheit wird von den Menschen in ihrer alltäglichen Umwelt geschaffen und gelebt: dort, wo sie spielen, lernen, arbeiten und lieben“.
In Deutschland liegt die durchschnittliche Arbeitszeit von Männern bei 43 Stunden pro Woche, daneben liegt sie bei Frauen im Schnitt bei 35 Stunden wöchentlich (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin [BAuA], 2018, S. 17). Beide Geschlechter verbringen somit einen Großteil ihres Tages im Setting Betrieb. Aufgrund dessen können die dort herrschenden Bedingungen wesentlichen Einfluss auf ihr körperliches und seelisches Wohlbefinden haben.
In den vergangenen Jahren rückte besonders die Gesundheit der Altenpflegekräfte in stationären Einrichtungen in den Vordergrund. Ein Blick auf die Zahlen zur Pflegeprävalenz zeigt eine kontinuierliche Steigerung für die kommenden vier Jahrzehnte. Die Pflegeprävalenz bezeichnet den Anteil der pflegebedürftigen Bevölkerung welche gesetzlich versichert ist. Es wird davon ausgegangen, dass die Anzahl der zu betreuenden Personen bis 2060 um 7,6% ansteigt (Jacobs, Kuhlmey, Greß, Klauber & Schwinger, 2020, S. 10). Ein derartiger Zuwachs erhöht den Bedarf an Altenpflegekräften bis 2060 um 700.000 Stellen und somit um 80% (Jacobs, et al., S. 13). Jedoch senken die vorhandenen Arbeitsbedingungen sowie die hohen physischen und psychischen Belastungen die Attraktivität des Berufes für zukünftige Arbeitskräfte. Ebenso sind diese Faktoren für viele Angestellte ein ausschlaggebendes Motiv für einen Berufswechsel (Jacobs, et al., S. 50). Die Kumulation der verschiedenen psychischen und physischen Anforderungen stellt eine starke Belastung für die Beschäftigten dar (Jacobs, et al., S. 58). Dass die hohen Arbeitsbelastungen einen wesentlichen Einfluss auf die Gesundheit der Beschäftigten haben, zeigt sich in den überdurchschnittlich hohen Fehlzeiten (Jacobs, et al., 2020, S. 25). Mit 7,5% weist die Altenpflege im Vergleich mit anderen Berufen die höchste Krankenstandsquote auf (Jacobs, et al., S. 32). Als die drei häufigsten Gründe für Arbeitsunfähigkeit bei Angestellten in der Altenpflege werden Atemwegserkrankungen, gefolgt von muskuloskelettalen und psychischen Erkrankungen genannt (Jacobs, et al., S. 39).
Daher erscheint es sinnvoll, neben der Personalaufstockung auch die Gesundheitsressourcen der Beschäftigten zu stärken. Nur wenige Leitfäden zur Gesundheitsförderung in der Altenpflege beschäftigen sich in ganzheitlicher Form mit den Angestellten. Oftmals stehen Veränderungen der Arbeitsbedingungen, wie z. B. der Einsatz von Hilfsmitteln oder die Dienstplangestaltung, im Vordergrund. Die wenigen Empfehlungen zur körperlichen und seelischen Stärkung sind oftmals unzureichend formuliert oder benötigen professionelle Anleitung. In dieser Arbeit wird daher ein präventivorientiertes Be- wegungs- und Entspannungsprogramm konzipiert, welches berufstypischen Gesundheitsproblemen entgegenwirken soll. Durch einen fachkundigen Kursleiter sollen die Pflegekräfte psychischen und physischen Ressourcen aufbauen. Mittels theoretischer Wissensvermittlung und praktischer Körpererfahrungen erlernen sie einen neuen Umgang mit beruflichen Belastungsfaktoren. Dies soll die hohen Fehlzeiten und die starke Fluktuation vermindern oder besten Falls sogar verhindern. Die Förderung ihrer Gesundheit soll dazu beitragen, dass ihre Arbeitsfähigkeit so lang wie möglich erhalten bleibt. Dadurch soll einem krankheitsbedingten vorzeitigen Renteneintritt und den dadurch entstehenden finanziellen Einbußen (Fuchs-Frohnhofen, Gessenich, Dautzenberg, Metzen, Hammann & Bogert, 2019,S.4) vorgebeugt werden.
2 Zielsetzung
In der Einleitung wird deutlich, dass für die Arbeit in der Altenpflege ein Handlungsbedarf besteht. Um zukünftig die Krankenstände zu reduzieren wird nachfolgend ein evidenzbasiertes Präventionsprogramm nach § 20 SGB V für Pflegekräfte konzipieren. Ziel der Konzeption ist es, den Gesundheitsproblemen Rückenschmerzen und depressive Episoden bei Beschäftigten der Altenpflege vorzubeugen. Daher wird mit den beiden Handlungsfelder Stressmanagement und Bewegungsgewohnheiten (Spitzenverband Bund der Krankenkassen [GKV-Spitzenverband], 2018) gearbeitet. Vor der Erstellung der Konzeption ergeben sich nun die Fragen, mittels welcher Maßnahmen die psychische und physische Gesundheit von Pflegekräften in stationären Pflegeeinrichtungen positiv beeinflussen werden kann? Mit Hilfe welcher Interventionen den Gesundheitsproblemen vorgebeugt werden kann? Und wie der zugrundeliegende Bedarf anhand von Best-Practice-Beispielen und allgemeinen Handlungsempfehlungen gedeckt werden kann? Unter „Best-Practices“ werden erfolgreiche Praktiken, welche überdurchschnittliche Leistungen ermöglichen, verstanden (Thiel, 2002, S. 90).
Ein weiteres Ziel ist die Zertifizierung des Kurses durch den Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen. Wodurch eine Bezuschussung der jeweiligen Krankenversicherung ermöglicht werden kann. Darüber hinaus kann eine zusätzliche Kooperation des Kursanbieters mit den Betrieben eine kostenfreie Teilnahme für die Zielgruppe ermöglichen. Das erarbeitete Konzept soll nach Fertigstellung vor Ort in den Pflegeeinrichtungen angeboten werden, dadurch soll den Teilnehmenden trotz Schichtarbeit eine regelmäßige Kursteilnahme ermöglicht werden.
3 Gegenwärtiger Kenntnisstand
In diesem Kapitel werden zunächst die grundlegenden Begrifflichkeiten der Arbeit definiert. Bevor im Anschluss näher auf die Epidemiologie der relevanten Gesundheitsprobleme Rückenschmerzen und depressive Episoden eingegangen wird. Den bestehenden Bedarf belegen aktuelle Daten und die Analyse der berufsspezifischen psychischen und physischen Belastungsfaktoren. Abschließend werden allgemeine Leitlinien sowie spezifische Interventionen zur Prävention der Gesundheitsprobleme dargestellt.
3.1 Definitionen
Für die bessere Verständlichkeit der Thematik werden in diesem Kapitel zunächst das Präventionsgesetz, der Leitfaden Prävention nach § 20 Abs. 2 SGB V wie auch die Begriffe Primärprävention und Gesundheitsförderung definiert. Das Präventionsgesetz und der Leitfaden Prävention werden als rechtliche Grundlage dieser Arbeit herangezogen. Dadurch sollen Richtlinien, Handlungsfelder und Kriterien, an welchen sich die Erstellung des präventivorientierten Kurskonzeptes im Rahmen des § 20 SGB V orientiert, veranschaulicht werden.
3.1.1 Präventionsgesetz
Im Jahr 1989 wurde mit Einführung des § 20 SGB V, Gesundheitsförderung und Prävention zu einer Leistung der gesetzlichen Krankenversicherungen. Hierdurch konnte bereits ein ausgedehntes Präventionsangebot etabliert werden. Durch das im Jahre 1996 erlassene Beitragsentlastungsgesetz wurde dieser Paragraph weitestgehend gestrichen und geriet vorübergehend aus dem Fokus der Gesetzgeber. Im Rahmen der „GKV-Gesundheitsreform 2000“ wurde dem Thema Prävention erneut mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Jedoch wurden vier Gesetzesinitiativen benötigt, bevor am 17. Juli 2015 das Präventionsgesetz - kurz PrävG - zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention vom Bundestag verabschiedet werden konnte. Konzipiert wurde das PrävG als sozialversicherungszentriertes Artikel- und Leistungsgesetz, welches primär über Beitragsgelder der gesetzlichen Krankenkassen finanziert wird. Der Schwerpunkt des Gesetzes wurde auf die Lebensweltorientierung, den sogenannten Settingansatz gelegt. Zur Sicherung der Qualität wurden vom Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen Handlungsfelder, Kriterien sowie ein einheitliches Zertifizierungsverfahren festgelegt (Meierjürgen, Becker & Wamke, 2016, S. 208). Diese für die Leistungen nach § 20 Abs. 1 SGB V festgelegten Kriterien wurden im § 20 Abs. 2 SGB V verankert. Hierdurch gilt der Leitfaden Prävention des GKV-Spit- zenverbandes (2018) als das zentrale Dokument für die Erstellung der im folgenden geplanten Konzeption.
3.1.2 Leitfaden Prävention § 20 Abs. 2 SGB V
Die Handlungsfelder und Kriterien für Leistungen der Krankenkasse im Bereich der Primärprävention und Gesundheitsförderung nach den §§ 20, 20a und 20b des Sozial- gesetzbuches V werden im Leitfaden Prävention des GKV-Spitzenverbandes (2018, S. 6) vorgelegt. Diese gelten verbindlich für die Leistungserbringung vor Ort und bilden die Grundlage für die Bezuschussung von Maßnahmen, welche zur Vorbeugung von Krankheitsrisiken und zur Stärkung von Ressourcen dienen. Im Leitfaden des GKV- Spitzenverbandes werden verschiedene Zielgruppen, wie beispielsweise Kinder, junge Menschen, Erwerbstätige und arbeitslose Menschen, anhand ihres Lebenslaufes definiert. Für diese Arbeit ist besonders die Gruppe der Personen im erwerbsfähigen Alter (Erwerbstätige) von Bedeutung (GKV-Spitzenverband, S. 15). Die geplante Konzeption bewegt sich in den Handlungsfeldem Bewegungsgewohnheiten und Stressmanagement, diese werden nachgehend näher beleuchtet.
3.1.2.1 Handlungsfeld Bewegungsgewohnheiten
Der Intervention liegt im Bereich Bewegung das Präventionsprinzip „Vorbeugung und Reduzierung spezieller gesundheitlicher Risiken durch geeignete Verhaltens- und gesundheitsorientierte Bewegungsprogramme (GKV-Spitzenverband, S. 64)“ zugrunde. Unter körperlicher Aktivität ist im Allgemeinen jegliche Art körperlicher Bewegung zu verstehen, welche durch die Skelettmuskeln erzeugt wird und den Energieumsatz über den Grundumsatz anhebt (Caspersen, Powell & Christenson, 1985, S. 126). Der Energieumsatz eines Individuums beläuft sich auf 24 Stunden und kann in Kilokalorien gemessen werden. Dieser setzt sich zum einen aus dem Grundumsatz, jener Energie, welche zur Erhaltung des Lebens erforderlich ist und aus dem Leistungsumsatz, welcher den Mehrbedarf an Energie deckt, zusammen (Haber, 2018, S. 350). Für die Gesundheit stellt körperliche Aktivität einen der wichtigsten Ansatzpunkte zur Prävention und Therapie von einer Vielzahl nichtübertragbarer Krankheiten dar. Unter nichtübertragbaren Krankheiten werden unter anderem, Herzkreislauf-, Krebs- und Stoffwechselkrankheiten sowie psychische Krankheiten und Krankheiten des Bewegungsapparates verstanden (Finger, Manz, Krug & Mensink, 2017, S. 4).
3.1.2.2 Handlungsfeld Stressmanagement
Im Handlungsfeld des Stressmanagements steht das Präventionsprinzip „Förderung von Entspannung“ (GKV-Spitzenverband, 2018, S. 79) im Vordergrund. Der Begriff der Entspannung wird aufgrund seiner Vielfalt in der Literatur oftmals nicht ausreichend definiert. Im Lehrbuch der Verhaltenstherapie (Maercker & Krampen, 2009, S. 500) schreibt die Autorenschaft, dass der Zustand der Entspannung durch einen gesenkten biologischen Energieumsatz gekennzeichnet ist. Verfahren zur Entspannung dienen demnach der Vermittlung von Bewältigungsstrategien für Angstsituationen und Spannungszustände. Dadurch soll ein als angenehm erlebter Zustand hergestellt werden soll.
Anhand der primären Gesundheitsprobleme der Pflegekräfte, welche im Punkt 3.2 näher erläutert werden, wurden diese beiden Handlungsfelder des Leitfadens Prävention als zentrale Strategien ausgewählt.
3.1.3 Primärprävention und Gesundheitsförderung
Die Zielsetzung der Leistungen der Krankenkassen richtet sich einerseits auf den Bereich der Primärprävention, welche die Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken beinhaltet. Andererseits wird der Fokus auf die Gesundheitsförderung gelegt, welche auf die Förderung des selbstbestimmten gesundheitsorientierten Handelns der Versicherten ausgelegt ist. Die Verknüpfung dieser beiden Disziplinen rückt die Tatsache in den Vordergrund, dass die Verhütung erworbener Erkrankungen sowohl die Minderung von Gesundheitsrisiken als auch die Schaffung von Bewältigungsstrategien erfordert. Gemeinsam bilden die beiden Bereiche daher komplementäre Strategien, welche der Verhütung von Erkrankungen und der Sicherung der Gesundheit gerecht werden (GKV-Spitzenverband, 2018, S. 9). Aufgrund dieser kombinierten Ausrichtung sind Leistungen und Angebote nach § 20 SGB V stets von vorbeugendem Charakter und setzen somit vor der Krankheitsentstehung an. Dies wiederum schließt aus, dass rehabilitative Maßnahmen als Teil des § 20 SGB V gesehen werden können (GKV-Spitzenverband, S. 10).
3.2 Epidemiologie
Die häufigsten Fehltage bei Angestellten in der Altenpflege fallen zurück auf: Atemwegserkrankungen mit 53,9 Prozent, gefolgt von Muskel-Skelett-Erkrankungen mit 39,5 Prozent (Jacobs, et al., S. 41) und psychischen Erkrankungen mit 19,4 Prozent (Jacobs, et al., S. 42). Im Folgenden werden die Gesundheitsprobleme Rückenschmerzen und depressive Episoden bezüglich ihrer Verbreitung, Ursachen und Einschränkungen herausgearbeitet.
3.2.1 Gesundheitsproblem Rückenschmerzen
Pflegende Berufe werden international mit einer hohen Prävalenz von Rückenschmerzen assoziiert, wobei keine genauen Daten zur Lebenszeitprävalenz bekannt sind (Frey, Rieger, Diehl & Escobar Pinzon, 2018, S. 172). Der Vergleich von Beschäftigten in der Altenpflege zu allen anderen Berufsgruppen zeigt, dass sie deutlich öfter an Rückenschmerzen leiden. Als häufigste Muskel-Skelett-Erkrankung bei Pflegekräften werden Rückenschmerzen (ICD M54) genannt (Jacobs, et al., S.41). ICD-10 ist eine internationale Klassifikation zur Einteilung von Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information [DIMDI], 2020). Die Kodierungen werden im ambulanten und stationären Bereich zur Diagnoseverschlüsselung verwendet. In diesem Fall steht M54 für die Diagnose Rückenschmerzen.
Rückenschmerzen werden als unterschiedlich starke Schmerzzustände in verschiedenen Bereichen des Rückens, unabhängig von ihrer Ursache beschrieben (Casser, Ha- senbring, Becker & Baron, 2016, S. 4). Allein 297,6 Arbeitsunfähigkeitstage je 100 Versicherungsjahre fallen in pflegenden Berufen auf diese Diagnose zurück. Somit liegen sie deutlich über dem Vergleichswert aller Berufe, welche lediglich 196,8 Arbeitsunfähigkeitstage je 100 Versicherungsjahre verzeichnen (Jacobs, et al. S. 41). Die möglichen Ursachen, Risikofaktoren und Einschränkungen durch dieses Gesundheitsproblem werden nachfolgend erörtert.
3.2.1.1 Mögliche Ursachen und Risikofaktoren von Rückenschmerzen
Rückenschmerzen können in 85-90 Prozent der Fälle keiner spezifischen Ursache zugeordnet werden. Der zugrundeliegende Ursprung ist komplex und wird nach wie vor nur eingeschränkt verstanden, weshalb sich in der Wissenschaft die Fachwörter „unspezifischer“ oder „nichtspezifischer“ Rückenschmerz etabliert haben (Casser et al., 2016, S. 5). In ca. 10-15 Prozent der Fälle sind spezifische Ursachen der Auslöser. Beispiele hierfür sind Kompressionsfrakturen bei Osteoporose, Tumore oder Metastasen wie auch Infektionen. Genauere Angaben werden bei der Festlegung von Risikofaktoren getroffen. Eine große Bedeutung kommt den psychosozialen Risikofaktoren zu, wie beispielsweise Depressionen oder negativer Stress. Demnach stehen psychosoziale Arbeitsplatzmerkmale, wie Arbeitsplatzunzufriedenheit, Konflikte und Stress am Arbeitsplatz im Zusammenhang mit Rückenschmerzen. Des Weiteren werden laut Casser (S. 6) Rückenschmerzen mit mechanischen Arbeitsplatzfaktoren, wie starkem Heben oder Tätigkeiten in ungünstigen Körperhaltungen, assoziiert. Übergewicht oder körperliche Inaktivität weisen nur einen geringen Bezug zu Rückenschmerzen auf (Casser, et al., S. 6). Eine Studie zu Einflussfaktoren auf chronische Rückenschmerzen in der Altenpflege (Frey, et al., 2018, S. 172) identifiziert hingegen einen schlechten subjektiven Gesundheitszustand sowie eine schwache Ausdauer der Rückenmuskulatur als potenzielle Einflussfaktoren. Als weniger signifikant für Pflegekräfte erwiesen sich hier Zeitdruck, viele patientenferne Aufgaben oder die Arbeit mit zu vielen Bewohnern.
3.2.1.2 Probleme und Einschränkungen durch Rückenschmerzen
Folglich können Rückenschmerzen zu einer eingeschränkten subjektiven Gesundheit wie auch zu einer verminderten Leistungsfähigkeit führen. Somit haben diese Schmerzen Auswirkungen auf Alltag, Beruf und Freizeit der betroffenen Personen (Raspe, 2012, S. 15). Die subjektive Beeinträchtigung hängt insbesondere von den Parametern, Schmerzerleben, körperliche Einschränkung und der verminderten Leistungsfähigkeit bei Aktivitäten des Alltagslebens ab (Mohr, Roch, Korsch & Hampel, 2017, S. 13). Im beruflichen Sektor kann dies bei Beschäftigten zu einer geringeren Arbeitsproduktivität, bis hin zu einem Arbeitsausfall führen (Raspe, S. 15). Dies wiederum führt zu steigenden Krankheitskosten für Rückenleiden. Auch der Alltag und die Freizeit werden wesentlich in der Qualität eingeschränkt. Hierbei werden Merkmale wie subjektive Behinderung, Erschöpfung und Depressivität von Betroffenen genannt (Raspe, S. 16).
Zudem werden erhöhter emotionaler und sozialer Stress sowie eine eingeschränkte Unabhängigkeit als beeinträchtigend angegeben (Mohr, et al., S.13).
3.2.2 Gesundheitsproblem depressive Episoden
Ein ebenfalls hoher Prozentsatz der Arbeitsunfähigkeitstage in der Pflegebranche fällt auf die Diagnose ICD F32 „depressive Episoden“ (Jacobs, et al., S. 42) zurück. Sie zählen zu den unipolaren depressiven Erkrankungen, welche sich durch die Hauptsymptome, niedergeschlagene, traurige Stimmung, Interessenverlust und Freudlosigkeit und Antriebs- und Aktivitätsminderung definieren (Mohr, et al., 2017, S. 26). In den Industrieländern zählen unipolare depressive Erkrankungen zu den größten und bedeutsamsten Volkskrankheiten. Allein in Deutschland leiden rund 4,9 Millionen erwachsene Menschen an einer behandlungsbedürftigen unipolaren Depression (Mohr, et al., 2017, S. 27). In der Pflegebranche fallen rund 233,7 Arbeitsunfähigkeitstage - genormt auf 100 Versichertenjahre - auf depressive Episoden zurück (Jacobs, et al., 2020, S. 42).
3.2.2.1 Mögliche Ursachen und Risikofaktoren von depressiven Episoden
Neben einem niedrigen sozioökonomischen Status steigert das Geschlecht ebenfalls das Alter das Erkrankungsrisiko. Demnach erkranken Frauen im Schnitt doppelt so häufig wie Männer. Ebenso treten depressive Erkrankungen bei 18- bis 34-jährigen deutlich häufiger auf als bei anderen Altersgruppen (Mohr, et al., S. 28). Die Entstehung depressiver Störungen ist bis heute nicht abschließend geklärt, jedoch wird von einer multifaktoriellen biopsychosozialen Kausalität gesprochen. Ursächliche Einflussfaktoren für die Entstehung könnten demnach eine Wechselwirkung biopsychosozialer Faktoren wie beispielsweise, genetische Faktoren, ungünstige Stressreaktion und -Verarbeitung sowie familiäre und berufliche Belastungssituationen sein (Mohr, et al. 2017, S. 29). Beispielhafte Risikofaktoren für Angestellte in der Altenpflege sind einerseits der Umgang mit Leid, Todesfällen und schwierig zu behandelnde Personen andererseits häufiger Zeitdruck wie auch schlechte Bezahlung (Jacobs, et al., S. 41).
3.2.2.2 Probleme und Einschränkungen durch depressive Episoden
Ähnlich wie Rückenschmerzen schränken auch depressive Episoden die betroffenen Personen in den verschiedenen Lebensbereichen Alltag, Freizeit und Beruf wesentlich ein. Aus der Krankheitsentstehung im frühen Alter resultieren oftmals schwerwiegende Folgen für die Zukunft. Demzufolge kann es zu vermehrten Arbeitsunfähigkeitstagen, Frühberentung sowie der Inanspruchnahme des Gesundheitssystems kommen (Mohr, et al., S. 32). Diesen gesundheitsökonomischen Einschränkungen stehen individuelle Probleme gegenüber. Im beruflichen oder privaten Alltag der Betroffenen kann es insbesondere zu einem verringerten psychosozialen Funktionsniveau kommen, wodurch sie ihren Aufgaben und Pflichten nicht mehr gerecht werden können (Mohr, et al., S. 33).
3.3 Bedarf
Der Anteil älterer Menschen in der Gesellschaft nimmt aufgrund des demografischen Wandels und der steigenden Lebenserwartung in Deutschland stetig zu. Folglich ist ein Anstieg der Anzahl von Pflegebedürftigen zu erwarten. Bereits heute sind viele Arbeitsplätze in der Pflegebranche nicht besetzt. Die Gründe hierfür sind vielfältig und reichen von schlechter Bezahlung und ständig wechselnden Arbeitszeiten bis hin zu den psychischen und physischen Belastungen (Techniker Krankenkasse [TK], 2019, S. 15). Der hohe Bedarf an Prävention für Pflegekräfte, soll deshalb im Folgenden anhand aktueller Daten zu Fehlzeiten und berufsspezifischer Belastungsfaktoren aufgezeigt werden.
3.3.1 Aktuelle Daten zu Fehlzeiten in der Pflegebranche
Aktuell gibt es ca. 601.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte im Bereich der Altenpflege in Deutschland (Bundesagentur für Arbeit [BA], 2020, S. 6). Alle pflegenden Berufe, darunter fallen Gesundheits- und Krankenpflegerin, Fachkinderkranken - pflegerln, Fachkrankenpflegerln, Altenpflegerln wie auch die jeweiligen Führungskräfte, zeichnen sich durch überdurchschnittlich hohe krankheitsbedingte Fehlzeiten aus (Jacobs, et al., 2020, S. 25). Berufe in der Altenpflege weisen mit 7,5 Prozent im Jahr die höchste Krankenstandquote aller pflegenden Berufe auf (Jacobs, et al., S. 32). Damit zählt dieser Bereich zu den zehn Berufsgruppen mit den höchsten Fehlzeiten in Deutschland (Badura, Ducki, Schröder, Klose & Meyer, 2019, S. 440). Die Arbeitsunfähigkeit wird von verschiedensten Einflussfaktoren, wie beispielsweise Alter, Geschlecht, Region, Vertragsart und Bildungsstatus, beeinflusst (Jacobs, et al., S. 26). In der Pflegebranche zeigt sich, dass Frauen über alle Altersklassen hinweg deutlich höhere Krankenstände aufweisen als Männer (Jacobs, et al., S. 34). Diese Entwicklung lässt sich durch den hohen Frauenanteil von 85,5 Prozent und das mittlere Durchschnittsalter der Beschäftigten von 40,6 Jahren begründen (Jacobs, et al., S. 30).
Im Allgemeinen zeichnet sich ab, dass in Pflegeberufen die Bewertung der Arbeitssituation deutlich negativer ausfällt, als im Gesamtdurchschnitt aller Berufsgruppen. Die schlechtere Arbeitsqualität verdeutlicht sich insbesondere durch die bestehenden körperlichen, psychischen und emotionalen Anforderungen, welchen Pflegende ausgesetzt sind (Jacobs, et al., S. 52). Der folgende Abschnitt beleuchtet diese Belastungen näher.
3.3.2 Berufsspezifische physische & psychische Belastungsfaktoren
Beschäftigte in der Altenpflege gehören zujenen Berufsgruppen, welche einer Kombination aus hohen psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt sind. Drei Viertel aller Pflegekräfte bestätigen, dass ihr Arbeitsalltag sehr häufig bis oft aus schwerer körperlicher Arbeit besteht (Jacobs, et. al., 2020, S. 55). Das wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO, 2010, S. 50) wertete aus, dass sich Angestellte in der stationären Pflege folgenden körperlichen Belastungen ausgesetzt sehen: Heben und Tragen von schweren Gegenständen, körperlich schwere Arbeit, Schieben und Ziehen von schweren Gegenständen sowie eine gebückte Haltung.
Im Bereich der psychischen Belastungen strapazieren die hohe Verantwortung, ständige Aufmerksamkeit und Konzentration, Termin- und Leistungsdruck, ein hohes Arbeitstempo und zu großes Arbeitsvolumen die Angestellten der Pflegebranche (WIdO, 2010, S. 50). Das Risiko für emotionale Erschöpfung und depressive Störungen erhöht sich, wenn eine derartige Arbeitsintensität dauerhaft ausgeübt wird (Jacobs, et. al., 2020, S. 53). Der regelmäßige Umgang mit schweren Krankheiten, Leid und Sterben erhöhen die emotionalen Belastungen zusätzlich (Jacobs, et al., S. 54).
3.4 Aktueller Forschungsstand
In den vergangenen Jahren beschäftigte sich die Ludwig-Maximilians-Universität in München mit den Beanspruchungen der Pflegebranche. In Deutschland ist das Projekt „PFLEGEprevent“ (2020) das aktuellste seiner Art und zielt darauf ab, die Gesundheit von Pflegepersonal zu fördern und zu verbessern. Eine Befragung von 1381 Pflege - kräften ergab einen Präventionsbedarf bei den Themen Stressreduktion, Kommunikation, Entspannung, Rückengesundheit und -kräftigung (Ehegartner, Kirschneck, Frisch, Schuh & Kus, 2020, S. 442). Die Interventionen des Projektes gliedert sich aus, aktiven Bewegungseinheiten zu den Themen Rückenschule, Ausdauertraining sowie aktiven und passiven Entspannungseinheiten. Außerdem sind gesundheitspsychologische Seminare zum Thema „Stress und Arbeitsbelastung“ eingebaut. Die Ergebnisse der Studie zeigen langfristig eine subjektiv empfundene Verbesserung der Arbeitsfähigkeit, vor allem im Bereich des Stresserlebens und Wohlbefindens (Ehegattner, et al., 2020). Die Projektevaluation weist daraufhin, dass eine Kombination aus Bewegungsund Entspannungsverfahren positive Auswirkungen auf die Gesundheit der Teilnehmerinnen hat. Nachfolgend werden daher Leitlinien zur Behandlung von Rückenschmerzen und depressiven Episoden dargestellt, deren Empfehlungen als Anhaltspunkte für die Konzepterstellung dienen. Da es keine fundierten berufsspezifischen Handlungsempfehlungen gibt, wird auf allgemeingültige zurückgegriffen.
3.4.1 Allgemeine Handlungsempfehlungen Bewegung
Die nachfolgende Tabelle stellt die zentralen evidenzbasierten Empfehlungen der nationalen Versorgungsleitlinien nicht-spezifischer Kreuzschmerzen (Bundes Ärztekammer [BÄK], Kassenärztliche Bundesvereinigung [KBV], Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften [AWMF], 2017) dar. Zusätzlich werden für die Konzepterstellung relevante Maßnahmen aufgelistet.
Tab. 1: Handlungsempfehlungen nationalen Versorgungsleitlinie nicht-spezifischer Kreuzschmerz (modifiziert nach BÄK, KBV & AWMF, 2017)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3.4.2 Allgemeine Handlungsempfehlungen Entspannung
Die untenstehende Tabelle nennt die zentralen Aussagen der nationalen Versorgungsleitlinie unipolarer Depressionen der deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN, 2015). Ebenso wird die Bedeutung dieser Empfehlungen für die Präventionsmaßnahme in Kurzform erläutert.
Tab. 2: Handlungsempfehlungen nationale Versorgungsleitlinie unipolare Depressionen (modifi
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3.4.3 Spezifische Interventionen zur Prävention von Rückenschmerzen
Ergänzend zur allgemeinen Bewegungsförderung wird eine Funktionsverbesserung der Rumpfmuskulatur zur Rückenschmerzprävention empfohlen (Kempf, 2014, S. 11). Kempf (S. 30) befürwortet ebenso Koordinationsübungen, Übungen zur Stärkung der Rumpf- und Beinmuskulatur wie auch Mobilisationsübungen zur Verbesserung der Kraft und Ausdauer des Rückens. Ergänzend dazu schlägt Kempf Ausdauersportarten zur Förderung der allgemeinen Fitness (2017, S. 11). Casser et al. (2016, S. 370) sehen die Wiederherstellung der gesundheitsbezogenen Leistungsfähigkeit ebenso als grundlegenden Faktor zur Verbesserung von Rückenbeschwerden. Als Ergänzung zu ausdauerorientierten Trainingsformen, wie Walking und Schwimmen, empfehlen sie intensive lumbale Rumpfübungen zur Kräftigung und allgemeine intensive Kräftigungsübungen.
Diese können gerätegestützt, durch den Einsatz von Trainingsgeräten oder frei, beispielsweise durch Funktionsgymnastik, absolviert werden.
3.4.4 Spezifische Interventionen zur Prävention depressiver Episoden
Als Primärprävention bei depressiven Erkrankungen rät das Robert Koch-Institut (Witt- chen, Jacobi, Klose & Ryl, 2010, S. 32) dazu Risikofaktoren zu verhindern und Resili- enzfaktoren zu stärken. Als Resilienz wird die Fähigkeit eines Individuums bezeichnet, „erfolgreich mit belastenden Lebensumständen und negativen Stressfolgen“ (Fröh- lich-Gildhoff & Rönnau-Böse, 2019, S. 9) umgehen zu können. Unter die Resilienzfak- toren fallen Selbstwahmehmung, Selbstwirksamkeit, Selbststeuerung, soziale Kompetenz, der Umgang mit Stress sowie die Problemlösefähigkeiten einer Person (Fröh- lich-Gildhoff & Rönnau-Böse, S. 30). Der Leitfaden für eine gute Verhaltensprävention in der Altenpflege (Fuchs-Frohnhofen, et al., 2019, S. 23) gibt Handlungsempfehlungen zur Stressbewältigung im Pflegealltag. Die Autoren empfehlen Mentaltraining, Achtsamkeitsübungen, Bewegung und Entspannungsübungen in Form von progressiver Muskelrelaxation, autogenem Training oder Hatha Yoga. Auch das Bundesministerium für Gesundheit (2017, S.3) empfiehlt Seminare zur Stressbewältigung, Entspannung und Resilienz als gesundheitsförderliche Maßnahmen für Pflegeeinrichtungen.
4 Methodik
Zur genauen Einordnung wird in diesem Kapitel die Zielgruppe anhand von soziodemo- grafischen Merkmalen, Sozialstatus, Gesundheitsbelastungen und Kontraindikationen genau definiert und tabellarisch dargestellt. In Anlehnung an die definierte Zielgruppe und deren spezifischen Gesundheitsprobleme wird die Zielsetzung des Konzeptes beschrieben. Daraufhin erfolgt eine Analyse der Rahmenbedingungen. Der methodisch-didaktische Konzeptaufbau wird in Form einer Grobplanung tabellarisch aufgeführt und schriftlich begründet. Zur Überprüfung der Wirksamkeit der Intervention wird ein Evaluationskonzept erstellt. Zuletzt erfolgt eine Berechnung der Konzeptkosten und eine Break-Even-Analyse.
4.1 Zielgruppe
Das Risiko eine psychische Erkrankung zu erleiden ist in jeder Altersgruppe gegeben. Als besonders gefährdet gelten jedoch Personen zwischen 18 und 34 Jahren (Mohr, et al., S. 28). Im Bereich der muskuloskelettalen Erkrankungen zeigt sich die Gefährdung mit steigendem Alter als deutlich erhöht (BÄK, KBV & AWMF, 2017, S. 14). Somit weisen jegliche Altersgruppen Risikofaktoren und somit einen Bedarf an Prävention auf, weshalb für die Zielgruppe eine Altersspanne von 18 bis 64 gewählt wurde. Da die berufsspezifischen Belastungen auf beide Geschlechter gleichermaßen wirken, sollen sowohl Frauen als auch Männer von der Intervention profitieren. Angesprochen werden sollen Menschen, welche ihren beruflichen Alltag als Beschäftigte in der stationären Altenpflege verbringen. Unabhängig von ihrer Qualifikation können alle Pflegekräfte an der Präventionsmaßnahme teilnehmen. Besonders angesprochen werden sollen Pflegekräfte welche verschiedene Gesundheitsbelastungen, wie z. B. Mangelbewegung, Beschwerden im Rückenbereich wie auch hohe psychische und physische Arbeitsbelastung aufweisen. Als kontraindiziert für die Intervention gelten jegliche behandlungsbedürftige Vorerkrankungen im Bereich des Muskel-Skelett-Systems (GKV, 2018, S. 68), ebenfalls akut behandlungsbedürftige psychische Erkrankungen (GKV, S. 80). Die nachfolgende Tabelle grenzt die Zielgruppe anhand verschiedener soziodemografischer Merkmale ein.
Tab. 3: Darstellung der Zielgruppe (eigene Darstellung)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
4.2 Übergeordnete Ziele der Konzeption
Das Konzept orientiert sich an den sechs Kemzielen des Leitfadens Prävention, diese werden spezifisch auf die Zielgruppe angepasst (GKV, 2018, S. 61). Um gesundheitsförderliche Wirkungen zu erzielen, sollen physische Gesundheitsressourcen wie gesundheitsbezogene Fitness, Ausdauer, Kraft, Dehn-, Koordinations- und Entspannungsfähigkeit gestärkt werden. Bei Beschäftigten in der Altenpflege rückt insbesondere die Stärkung von Ausdauer und Kraft der Rückenmuskulatur sowie die Entspannungsfähigkeit in den Vordergrund. Auch psychosoziale Gesundheitsressourcen wie Selbstwirksamkeit und die Einbindung gesundheitsförderlichen Verhaltens in den Alltag sollen zielführend gestärkt werden. Die Stärkung dieser beiden Komponenten soll langfristig zu einer Verminderung der vorhandenen Risikofaktoren und Beschwerden führen und bei der Bewältigung von psychosomatischen Anforderungen helfen. Um positive Wirkungen auf Dauer zu erhalten, sollen die Teilnehmenden eine Bindung an gesundheitssportliche Aktivität aufbauen und diese auch nach Kursende in ihren Alltag integrieren. Der Aufbau von kooperativen Netzwerken, welcher Teilnehmenden einen Zugang zum Weiterführen gesundheitssportlicher Aktivität ermöglicht, soll diese Integration unterstützen (GKV, S. 61). Einhergehend mit der Erreichung dieser physischen und psychischen Ziele soll eine kosteneffiziente Intervention zur Prävention erschaffen werden, wodurch spätere Behandlungskosten und Fehlzeiten reduziert werden sollen. Nachfolgend werden die genannten Kernziele in drei Grobziele eingeteilt. Diese werden jeweils nach Inhalt, Ausmaß und Zeit formuliert. Die Tabelle enthält Evaluationsinstrumente, welche im Punkt 4.4 näher beschrieben werden.
Tab. 4: Übergeordnete Ziele des Bewegungs- und Entspannungskonzepts (eigene Darstellung)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
4.3 Analyse der Rahmenbedingungen
Nachfolgend wird die Grobplanung der Präventionsmaßnahme vorgenommen, sie bildet das Grundgerüst der späteren Detailplanung. Entsprechend der im vorangegangenen Kapitel dargestellten nationalen Versorgungsleitlinien, der Leitlinie Prävention (GKV, 2018) sowie dem Buch „Die Neue Rückenschule“ von Hans-Dieter Kempf (2014) werden in der nachfolgenden Tabelle die theoretischen und praktischen Inhalte dargestellt. Die übergeordneten Kursziele sind abgeleitet von dem geäußerten Präventionsbedarf der Befragten des „PFLEGEprevent“ Projektes, welche in Punkt 3.4 genannt wurden. Der GKV-Spitzenverband (S. 55) empfiehlt die Kombination theoretischer und praktischer Inhalte wie auch eine möglichst lange Betreuung der Teilnehmenden. Diese Aspekte sollen dazu führen, dass gesundheitsförderliche Verhaltensweisen leichter in den Alltag integriert werden können. Da einige vor einer zu langen Kurslaufzeit zurück schrecken wurde diese auf einen Zeitraum von 9 Wochen ausgelegt (Kempf, S. 48). Durch einmal wöchentlich stattfindende Kurseinheiten von je 75 Minuten soll Kontinuität geschaffen werden. Die einzelnen Kurseinheiten wurden zeitlich in verschiedene Phasen aufgeteilt, diese orientieren sich an dem Kursaufbau nach Kempf (S. 69) und werden im Kapitel 5.2 näher erläutert. Die zu berücksichtigenden Kriterien für die Prozessqualität sowie die Anbieterqualifikation werden dem Leitfaden Prävention (GKV, 2018) entnommen. Demnach liegt eine angemessene Gruppengröße zwischen minimal sechs und maximal 15 Teilnehmenden (GKV, S. 55). Diese Anzahl an Teilnehmenden ermöglicht nicht nur eine individuelle Betreuung, sondern auch dynamische Gruppeneffekte. Bei einer dementsprechenden Gruppengröße empfehlen sich Räumlichkeiten von ca. 60-120 m2 (Kempf, S. 48). Die materiellen Ressourcen werden so gering und einfach wie möglich gehalten, um die Umsetzbarkeit der Übungen zuhause zu gewährleisten. Dadurch soll vermieden werden, dass Teilnehmende nicht üben, weil sie das benötigte Equipment nicht vorrätig haben. Der Kurs darf von Personen mit entsprechender Qualifikation durchgeführt werden, diese Anforderungen sind ebenfalls im Leitfaden Prävention (GKV, 2018) definiert. Da es sich um eine handlungsfeldübergreifende Konzeption handelt, müssen Anbieter einerseits die entsprechenden Qualifikationen des Handlungsfeldes Bewegungsgewohnheiten vorweisen (GKV, S. 63). Andererseits müssen sie die nötigen Anforderungen an Anbieter aus dem Handlungsfeld Stressmanagement abdecken (GKV, S. 80). Um eine kontinuierliche Teilnahme der Kursbesucher sicherzustellen, soll der Zugangsweg zum Präventionsprogramm so einfach wie möglich gemacht werden. Da die Zielgruppe aufgrund der Schichtarbeit keine regelmäßigen Arbeitszeiten hat, empfiehlt es sich die Intervention direkt vor Ort durchzuführen. So können Mitarbeitende nach Absprache mit dem Betrieb für die Dauer der Kurseinheit freigestellt werden.
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