Leseprobe
Inhalt
1 Lernziele
1.1 Übergeordnetes Lernziel
1.2 Teillernziele
2 Unterrichtsvoraussetzungen
2. 1 Eigene Tätigkeit des Lehrers
2.2 Bild und Stand des Kurses
2.3 Besondere Voraussetzungen
3 Fachwissenschaftliche Bemerkungen
4 Didaktische Überlegungen
5 Methodische Überlegungen
6 Unterrichtsverlaufsplan
7 Literatur
1 Lernziele
1.1 Übergeordnetes Lernziel
Die Schüler/innen verbessern ihre Spielfähigkeit, indem sie die Annahme (im Bagger) in spielnahen Situationen festigen.
1.2 Teillernziele
1.2.1 Motorische Ziele
Die Schüler/innen sollen...
– …die elementaren Techniken des Volleyballspiels (Pritsch, Bagger) in spielnahen Situationen verbessern können.
– ...ihre Spielfähigkeit verbessern können.
1.2.2 Kognitive Ziele
Die Schüler/innen sollen...
– …den Unterschied zwischen positionsgebundenem und situationsorientiertem Spielen kennen.
– ...die taktischen Grundregeln des Volleyballspiels (Annahme – Stellen – Angriff / Überspielen) kennen und im situationsorientierten Zweierblock anwenden können.
– ...die Spielidee beim Volleyball (Lücken ausnützen und dadurch Punkte erzielen) verstehen und im Spiel anwenden können.
1.2.3 Sozial-affektive Ziele
Die Schüler sollen...
– ...in Spiel- und Übungsformen Kooperation erfahren und umsetzen können.
– ...Fairness im Spiel mit- und gegeneinander anwenden können.
2 Unterrichtsvoraussetzungen
2. 1 Eigene Tätigkeit des Lehrers
Bei der Lehrkraft handelt es sich um eine Praktikantin, die im Rahmen ihres Vertiefenden Praktikums im Bachelor bereits fünf Schulstunden in diesem Kurs hospitiert hat und nun selbst eine Stunde abhält. Die Leistungsbereitschaft ist im Allgemeinen eher mittelmäßig ausgeprägt, generell sind die Schüler/innen jedoch kooperationsoffen.
2.2 Bild und Stand des Kurses
Die Lerngruppe umfasst 9 Mädchen und 12 Jungen im Alter von 17-19 Jahren, die bereits in den vorausgehenden Stunden in die wichtigsten Grundtechniken des Volleyballspiels (Pritschen, Baggern) eingeführt worden sind. Im positionsgebundenen Spiel 2:2 wurde die Möglichkeit gegeben, diese Fertigkeiten zu festigen. Dennoch besteht eine starke Leistungsheterogenität: Während zwei der Schülerinnen im Verein aktiv sind, ist das Leistungsniveau im Kurs teilweise sehr niedrig. Bei einigen Schüler/innen bestehen immer noch große Defizite bei den Grundtechniken.
2.3 Besondere Voraussetzungen
Die Stunde wird nachmittags als zweiter Teil einer Doppelstunde (10. / 11.) erfolgen, wobei die 10. von einem weiteren Praktikanten unterrichtet wird. Eventuell könnte die Aufmerksamkeit bzw. Konzentrationsfähigkeit der Schüler/innen herabgesetzt sein, wenn sie bereits einen langen Schultag hinter sich hatten.
Der mittlere Teil B der Großsporthalle wird mit Klebeband entsprechend der Schülerzahl in ausreichend große und viele Felder unterteilt.
3 Fachwissenschaftliche Bemerkungen
Das Volleyballspiel ist eine Mannschaftssportart mit Rückschlagcharakter, das heißt der Ball muss volley ohne Ballhalten oder -führen gespielt werden. Für das Anfängerspiel ergeben sich dadurch technische und taktische Schwierigkeiten, die zunächst lange Ballwechsel verhindern. Aus diesem Grund wurde bisher im positionsgebundenen System 2:2 gespielt, bei dem die Position des Stellers (vorne am Netz) festgelegt ist.
Da im Schulsport das Basisspiel 2:2 die Grundvoraussetzungen in Technik und Taktik gleichermaßen schulen soll, muss im Rahmen der Taktik -Schulung das positionsgebundene vom situationsorientierten Spielen abgelöst werden. Beim situationsorientierten Zweierblock stehen beide Spieler im hinteren Bereich des Spielfeldes, sodass bezüglich der Annahme eine Entscheidung von den Spielern gefordert wird. Der annehmende Spieler (A) spielt nach vorne auf die Position des Stellers, zu welcher sein Mitspieler (B) direkt läuft, sobald die Entscheidung der Annahme klar erkennbar ist. Nun spielt der Steller (B) den Ball in Netzhöhe hoch, sodass Spieler A den Angriff abschließen bzw. im Anfängerspiel den Ball über das Netz spielen kann.
Die "Dreikontaktregel" soll von Anfang an eingehalten werden, da sie die stereotypen Standardsituationen des Volleyballspiels (Annahme – Stellen – Angriff / Überspielen) provoziert und somit auch Anfängern die Spielidee bzw. taktische Grundzüge erkennen lässt. Die Spielidee besteht darin, Punkte für die eigene Mannschaft zu erzielen sowie Punkte der Gegenmannschaft zu vermeiden. Es gilt also sowohl, sich selbst rechtzeitig zu entscheiden ("Wer nimmt an?") als auch Lücken in der gegnerischen Deckung zu erkennen und auszunützen. Generell basiert das Volleyballspiel größtenteils auf gruppentaktischem Verhalten. Jegliche Taktiken erfordern eine gute Absprache in der Mannschaft bzw. ein schnelles Reaktionsvermögen der einzelnen Spieler bei unerwarteten Spielzügen.
4 Didaktische Überlegungen
Der Lehrplan der Sekundarstufe II für das Gymnasium des Landes Rheinland-Pfalz sieht für den Sportunterricht in der Oberstufe mindestens eine Sportart aus der Kerngruppe B vor. Im oben genannten Grundkurs wurde das Sportspiel Volleyball gewählt, welches dem allgemeinen Ziel des Sportunterrichts in der Oberstufe Rechnung trägt, vor allem die sportliche und soziale Handlungskompetenz zu erweitern. Da im Volleyball das Verhalten des Einzelnen im Spielfeld zu den Mitspielern entscheidender ist als bei anderen Sportarten, ist neben der gruppentaktischen insbesondere auch die individuelle Handlungskompetenz von hoher Bedeutung für den Spielfluss und letztendlich den Spielerfolg.
Laut Brettschneider (1975)[1 ] sei die "Spielfähigkeit [...] ein qualitativer Ausdruck für ein bestimmtes Maß an spezifischer spielmotorischer Leistungsfähigkeit, kognitivem Vermögen sowie sozialer und emotional-affektiver Kompetenz". Um die bisher nur im positionsgebundenen System gesammelten Spielerfahrungen zu erweitern und mehr auf das Zielspiel Volleyball hinzuführen, soll nun der situationsorientierte Zweierriegel eingeführt werden, da er sowohl Reaktionsschnelligkeit als auch Aufmerksamkeit schult, welche wesentliche Grundvoraussetzungen im Volleyball bilden. Darüber hinaus sollen die taktischen Grundsätze (Annahme – Stellen – Angriff / Überspielen) weiterhin vertieft und stabilisiert werden. Im Gegensatz zum positionsgebundenen wird beim situationsorientierten Spielen zusätzlich eine Entscheidung gefordert, wer den Ball annimmt. Dies erfordert von den Schüler/innen eine angemessene und zielgerichtete Interaktion, welche nur durch eine erfolgreiche Kommunikation innerhalb der eigenen Mannschaft möglich wird.
Ziel der Stunde soll es daher sein, die Annahme innerhalb des situationsorientierten Spiels 2:2 zu verbessern. Hierfür sollen die Schüler/innen die Problematik dieses Spielsystems selbst erkennen und (gemeinsam mit der Lehrkraft) nach einer Lösung suchen. Dies entspricht auch dem allgemeinen Lernziel in der Oberstufe, das eigenständige Problemlöseverhalten weiterzuentwickeln. Die Schüler/innen sollen erkennen, dass die erfolgreiche Ballannahme Grundvoraussetzung für das Zustandekommen eines Spiels ist und dass diese nur gelingen kann, wenn die Absprache mit dem Spielpartner stimmt. In einer Reaktionsübung und einer spielnahen Übungsform sollen die erforderlichen Fertigkeiten wie Aufmerksamkeit, Kommunikation und Reaktionsschnelligkeit geschult bzw. eingeübt werden, um sie für das folgende Spiel 2:2 im situationsorientierten Zweierriegel abrufbar zu machen.
In motivationaler Hinsicht ist das situationsorientierte Spielen besonders im Hinblick auf die Profiligen beim (Beach-) Volleyball zu erwähnen: die Schüler/innen erkennen, dass auch ihre (potentiellen) Vorbilder mit diesem System zum Erfolg kommen.
Es wird davon ausgegangen, dass die grundlegenden Techniken des Pritschens und Baggerns in der Grobform bereits vorhanden sind, sodass sie nun im spielgemäßen Konzept verbessert und stabilisiert werden können. Weiterhin sind dem Kurs auch die volleyballspezifischen taktischen Grundsätze des positionsgebundenen Spiels bekannt, sodass ebenso die Spielfähigkeit durch das situationsorientierte Handeln erweitert und verbessert werden kann. Im Volleyball allgemein sind die Aktionsradien der einzelnen Spieler relativ gering, was eine geringe Bewegungsintensität und geringe körperliche Belastungen im Anfängerspiel zur Folge hat. Besonders im positionsgebundenen Spiel fehlen die Laufleistungen – ein weiterer Grund, weshalb der situationsorientierte Zweierriegel eingeführt werden sollte.
Mögliche Schwierigkeiten könnten sich aus der anspruchsvollen Technik ergeben, welche hohe Präzision erfordert: Eventuell könnte es notwendig sein, einzelne schwächere Schüler/innen erneut auf die wesentlichen Technikmerkmale hinzuweisen, damit sie im Spiel mit möglichst wenig Nachdenken eingesetzt werden können – bei zunehmender Übung wird sich ein Automatismus einstellen und ein insgesamt "flüssigeres" Spielen ermöglichen. Außerdem könnten auch ungewohnte Bewegungsabläufe den Spielfluss verlangsamen bzw. unterbrechen: hier soll der Blick nicht auf die korrekte Ausführung der Techniken gerichtet sein, sondern es soll ein Spielfluss ermöglicht werden, sodass die Schüler/innen möglichst einen Einblick in die grundlegende Spielidee erlangen sowie ein Verständnis für taktisches Vorgehen und Kooperation in der Gruppe entwickeln. In der Literatur heißt es, "nicht die lehrbuchhafte Ausführung der technischen Elemente, sondern angemessenes Handeln in einer bestimmten Situation ist zu lehren" (Dietrich et al., 2007). Das bedeutet, dass das Volleyballspiel wegen seines hohen Komplexitätsgrades zunächst durch vereinfachte, im Schwierigkeitsgrad steigerbare Formen zu repräsentieren ist, die jedoch eine jeweils identische Spielidee aufweisen sollten. Da die Schüler/innen jedoch teilweise große Defizite bei der Technik haben, kann diese vorerst zugunsten der Taktik vernachlässigt werden, um einen Spielfluss zu erreichen. Ich erhoffe mir dadurch auch, die Motivation, Leistungsbereitschaft und die Freude am Spiel zu fördern.
Ein weiterer wesentlicher Faktor beim Volleyballspiel ist die große psychische Belastung, da von den Spielern fast pausenlos Konzentration gefordert wird und der individuellen Handlungskompetenz insofern eine sehr bedeutende Rolle zukommt, als das Gelingen des Spiels sehr vom Mitspieler abhängig ist. Das bedeutet für den Schulunterricht, dass die Schüler/innen sowohl den Druck haben, selbst "gut" zu spielen als auch "schlechte Bälle der Mitspieler zu retten". Im Rahmen des für den Sportunterricht allgemein gültigen Lernzieles, soziales Handeln zu erfahren und zu praktizieren, ist es daher wünschenswert, dass die Schüler/innen lernen, sportliche Leistung zugunsten höherer Zielsetzungen (Spielfluss) zu relativieren und auch mit leistungsschwächeren Schüler/innen bei der Lösung komplexer Aufgaben zu kooperieren.
In diesem Zusammenhang trägt das Sportspiel Volleyball unter anderem auch einen entscheidenden Teil zur Persönlichkeitsentfaltung bei, da es sowohl soziales Verhalten fördert als auch psychomotorische Lernziele verwirklicht, d.h. die Wahrnehmungsfähigkeit für körperliche und psychische Reaktionen verbessert.
Während Aufschlag, Angriff und Spiel mit mehr als zwei Spielern pro Mannschaft dem Großteil des Kurses noch unbekannt sind, können die Vereinspielerinnen Sinne einer Differenzierung die bereits vorhandenen Techniken in Übungen und im Spiel anwenden. Durch ihre Vorbildfunktion können sie so helfen, die Motivation ihrer Mitschüler/innen (teilweise) zu fördern.
[...]
1 Vgl. Brettschneider, in: Dietrich, K. und Landau, G., 1977