Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Grundzüge und Ziele der Vorstandsvergütung
2.1 Merkmale der Vorstandstätigkeit
2.2 Der Shareholder Value Ansatz
2.3 Vorstandsvergütung und die Principal-Agent-Problematik
2.3.1 Informationsasymmetrien und Agency-Kosten
2.3.2 Anreizsysteme zur Lösung des Principal-Agent-Konflikts
3 Am Unternehmenswert orientierte Vergütungsmodelle
3.1 Aufbau und Bestandteile von Vergütungssystemen
3.2 Zielvereinbarungen
3.3 Typische Wertreiber und unternehmenswertorientierte Kennzahlen
3.3.1 EBIT und EBITDA
3.3.2 EVA und EP
3.3.3 RoCE und RoIC
3.3.4 CfROI
3.3.5 CVA
3.3.6 CF und FCF
3.3.7 TSR
3.4 Variable Vergütungsmodelle
3.4.1 Kurzfristig variable Vergütung
3.4.2 Mittel- und langfristig variable Vergütung
4 Vorstandsvergütungen im Vergleich deutscher und US-amerikanischer börsennotierter Unternehmen
4.1 Deutsches System
4.1.1 Dualistisches Leitungssystem und Societas Europaea in Deutschland
4.1.2 Anforderungen des DCGK
4.1.3 Bemessungsgrundlagen ausgewählter DAX Unternehmen im Detail
4.2 US-amerikanisches System
4.2.1 Monistisches Leitungssystem
4.2.2 Anforderungen des NYSE Listed Company Manual
4.2.3 Bemessungsgrundlagen ausgewählter S&P 500 Unternehmen im Detail
4.3 Vergleich und Diskussion
4.3.1 Quantitative Auswertung
4.3.2 Qualitativer Vergleich der Kennzahlen
4.3.3 Warum werden überwiegend EPS, TSR und CFs benutzt?
4.3.4 Bewertung der verwendeten Kennzahlen
4.3.5 Wertorientierung der Kennzahlen im Vergleich
5 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Vergütungskomponenten
Abbildung 2: Unterschiedliche DCF-Verfahren
Abbildung 3: Typen von asymmetrischer Information
Abbildung 4: Konzepte wertorientierte Vergütungssysteme
Abbildung 5: Berechnung des EBIT und EBITDA
Abbildung 6: Berechnung von Operating Cash Flow und Free Cash Flow
Abbildung 7: Art der Bemessungsgrundlagen kurzfristiger Vergütungsmodelle
Abbildung 8: Übersicht über Mittel- und Langfristige variable Vergütung
Abbildung 9: Verwendete Bemessungsgrundlagen der vorgestellten Unternehmen
Abbildung 10: Bemessungsgrundlagen für STIs
Abbildung 11: Bemessungsgrundlagen für LTIs
Abbildung 12: Eigene Einschätzung der Wertigkeit der Kennzahlen
1 Einleitung
In den letzten Jahren war das Thema Vorstandsvergütung häufig in den deutschen Medien vertreten. Hauptaugenmerk lag dabei überwiegend auf den sehr hohen Bonuszahlungen, die deutsche Unternehmen an ihre Vorstände zahlen. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz fordert, dass die Vergütung der Vorstände auch vom Aktienkurs der Unternehmen abhängen soll, sodass nur eine gute Leistung des Unternehmens zu einer hohen Vergütung führen kann.1 Dieser Forderung nach einer am Unternehmenswert orientierten Vergütung, entsprechen dem Einsatz sogenannter wertorientierter Kennzahlen.
Eine Studie aus dem Jahr 2010 kommt zu dem Ergebnis, dass bereits 92% der untersuchten Unternehmen aus dem HDAX für die Vergütung ihrer Vorstände auf im weiteren Sinne wertorientierte Kennzahlen als Bemessungsgrundlage zurückgreifen.2 Es ist zu klären wie der aktuelle Stand im Jahr 2019 aussieht und inwiefern unternehmenswertorientierte Bemessungsgrundlagen von den Unternehmen eingesetzt werden. In den Zeiten von Globalisierung, ist auch der internationale Vergleich mit den Bemessungsgrundlagen von Unternehmen anderer Länder interessant, um den deutschen „Entwicklungsstand" bezüglich wertorientierter Bemessungsgrundlagen, vergleichbar zu machen. Da die US-amerikanischen Unternehmen in der Unternehmensführung und Corporate Governance international die Standards setzen und die USA über eine starke Aktienkultur verfügen, bietet sich ein Vergleich der Vergütungssysteme zwischen amerikanischen und deutschen Unternehmen hinsichtlich der Bemessungsgrundlagen an. Es stellt sich die Frage, in wieweit die deutschen Unternehmen der aktuellen Forderung der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz nach einer aktienkursorientierten Vergütung der Vorstände nachkommt und wie die amerikanischen Unternehmen im Vergleich dazu stehen.
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, inwiefern unternehmenswertorientierte Kennzahlen als Bemessungsgrundlage für die Vergütung von Vorständen börsennotierter Unternehmen im Vergleich zwischen deutschen und US-amerikanischen Unternehmen verwendet werden. Dazu werden zu Beginn der Arbeit die wesentlichen Grundlagen der Vorstandsvergütung und die Ziele, die diese verfolgt, aufgeführt. Die Zusammenhänge zwischen dem Shareholder Value-Ansatz, der Principal-Agent-Theory und einer wertorientierten Vergütung werden ebenfalls aufgeführt. Anschließend werden am Unternehmenswert orientierte Vergütungsmodelle erläutert, indem wesentliche Bestandteile und notwendige Kennzahlen vorgestellt werden. Auf der Basis einer Stichprobe werden die Bemessungsgrundlagen der Vorstandsvergütung von deutschen DAXUnternehmen und amerikanischen S&P 500-Unternehmen untersucht. Dafür werden die Geschäftsberichte der Unternehmen untersucht und das Ergebnis mittels quantitativer und qualitativer Analyse untersucht. Abschließend werden die amerikanischen und deutschen Unternehmen auf eine nachhaltigere Wertorientierung verglichen. Das Fazit fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen.
2 Grundzüge und Ziele der Vorstandsvergütung
Als Folge, der sich ausweitenden Globalisierung werden Vorstände börsennotierter Unternehmen international zunehmend nach gleichen Grundsätzen für ihre Tätigkeit vergütet. Während in Deutschland traditionell das Festgehalt und eine sich am Jahresergebnis des Unternehmens orientierende Einmalzahlung weit verbreitet waren, zeigt die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte eine zunehmende Orientierung an dem angloamerikanischen Ansatz. Dieser verfolgt zusätzlich zu einem Festgehalt und einer kurzfristigen variablen Komponente eine Vergütung, die auf einem längerfristigen Erfolg des Unternehmens basiert und dabei den Unternehmenswert, den sogenannten Shareholder Value, nachhaltig steigert. Das Ergebnis ist eine wertorientierte Unternehmensführung durch die Vorstände.3 Neben einem Grundgehalt und verschiedenen Nebenleistungen, zählen jetzt auch variable Komponenten mit einem längeren Zeitbezug zu einer gängigen Vorstandsvergütung. Lediglich die Kennzahlen und deren Entwicklung, auf deren Grundlage die Höhe dieser Vergütung ermittelt wird, sowie die Gewichtung einzelner Vergütungskomponenten variieren sowohl unternehmens- wie auch branchenspezifisch. Sie werden individuell vom jeweiligen Unternehmen festgelegt.4 Die Wirkung der einzelnen Vergütungskomponenten und ihr Zeitbezug ist in Abbildung 1 dargestellt. Die gesamte Vergütung setzt sich aus einem fixen Anteil, einer variablen Vergütungskomponente sowie aus verschiedenen Nebenleistungen zusammen. Das fixe Gehalt oder auch Grundgehalt soll die Grundversorgung des betroffenen Vorstandsmitglieds gewährleisten. Ein anreizgebender Ansatz wird hierbei nicht verfolgt. Dem gegenüber steht der variable Teil der Vergütung, dessen absolute Höhe in den meisten Fällen, durch eine sogenanntes Cap, nach oben begrenzt ist. Der variable Teil kann zudem in short term incentives (STIs) beziehungsweise kurzfristige Anreize und long term incentives (LTIs) beziehungsweise langfristige Anreize unterteilt werden. Während sich die Bemessungsgrundlage der sogenannten STIs überwiegend an Jahresperioden orientiert, haben die sogenannten LTIs einen eher langfristigen Charakter und sind demnach auf Mehrjahresperioden ausgerichtet.5 STIs werden auch eingesetzt, um kurzfristige operative Unternehmensziele stärker zu gewichten. So werden zum Beispiel bei den Unternehmen Apple und AT&T, die STIs eingesetzt, um den rückläufigen Umsätzen und der hohen Verschuldung entgegen zu wirken.6 Für Vorstände bildet die variable Vergütungskomponente üblicherweise den größten Teil der Gesamtvergütung.7 Die letztendliche Höhe der variablen Vergütung ist demnach vorher nicht festgelegt. Sie orientiert sich vielmehr an der erbrachten Leistung, am Zielerreichungsgrad zuvor festgelegter Ziele des jeweiligen Vorstands sowie der positiven wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens.8
Zusätzlich zu den fixen und variablen Vergütungskomponenten werden bestimmte Nebenleistungen gewährt, die bei den Arbeitsvertragsverhandlungen individuell ausgehandelt werden. Dazu gehören zum Beispiel Leistungen wie Pensionspläne, zusätzliche Beiträge zur Altersversorgung oder die Überlassung eines Firmenwagens und abweichende Urlaubsansprüche und Arbeitszeiten.9
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Vergütungskomponenten [Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an v. Eckardstein, D. (2001): Variable Vergütung für Führungskräfte als Instrument der Unternehmensführung, in: v. Eckardstein, D. (Hrsg.): Handbuch variable Vergütung für Führungskräfte, München 2001, S. 5.]
Die Abbildung 1 zeigt ebenfalls wie die Variation der verschiedenen Vergütungskomponenten und deren Zeitbezug nach v.Eckardstein zu verschiedenen Vergütungsansätzen führt. Unterschieden wird zwischen einem traditionellen Ansatz, einem leistungs- und erfolgsorientierten Ansatz sowie dem für diese Masterarbeit relevanten wertorientierten Ansatz. Gemein ist den drei Ansätzen, dass sie sich aus den zuvor erläuterten drei Vergütungskomponenten zusammensetzten. Lediglich die Ausgestaltung und Gewichtung (aus Abbildung 1 nicht ersichtlich) der Komponenten ist unterschiedlich. Während beim traditionellen Ansatz die variable Vergütungskomponente durch eine einfache Gewinnbeteiligung beziehungsweise Tantiemen erfolgt, ist beim leistungs- und erfolgsorientierten Ansatz die allgemeine Performance und der Zielerreichungsgrad ausschlaggebend für die Höhe der zugeteilten Boni. Bemessungsgrundlage für den wertorientierten Ansatz bilden vor allem die unternehmenswertorientierten Kennzahlen, die den Beitrag zu Wertschaffung in der jeweiligen Periode repräsentieren. Dazu gehören aber auch leistungs- und erfolgsorientierte Bemessungsgrundlagen, die überwiegend im Bereich der kurzfristigen Vergütung Verwendung finden.
2.1 Merkmale der Vorstandstätigkeit
Der Aufgabenbereich eines Unternehmensvorstandes ist sehr vielfältig gestaltet. Er umfasst im Wesentlichen die Vertretung der Interessen der Gesellschafter sowohl innerhalb des Unternehmens, vor den Angestellten als auch außerhalb des Unternehmens in der Öffentlichkeit. Der Vorstand leitet das Unternehmen eigenständig und in eigener Verantwortung. Zu seinen Aufgaben gehören die Erarbeitung und Implementierung eines an den Erwartungen der Gesellschafter orientierten Wirtschaftsplans ebenso, wie die strategische Ausrichtung des Unternehmens im Markt zur langfristigen Sicherung des Unternehmenswertes. Ein nachhaltiges und wirtschaftlich erfolgreiches Fortbestehen des Unternehmens ist dabei das zu verfolgende Ziel seiner Handlungen. Maßnahmen werden nach dem eigenen Ermessen des Vorstands durchgeführt und unterliegen keinen Weisungen von Dritten. Der Vorstand vertritt beziehungsweise berücksichtigt dabei die Interessen wesentlicher Stakeholder. Das sind Gruppen, deren Interessen durch die Handlungen des Unternehmens berührt werden. Stakeholder sind nicht nur Aktionäre und Kapitalgeber, sondern auch Kunden, Lieferanten und Arbeitnehmer sowie die Öffentlichkeit.10 Der Eigenverantwortlichkeit des Vorstandes steht bei Verletzung der Leitungspflicht sowie bei Nichterfüllung der vertraglich festgelegten Vorstandsaufgaben, die Haftbarkeit gegenüber. Es ist zu beobachten, dass zunehmend auch internationale Unternehmen, deren Aktien an US-Börsen gehandelt werden, sich oder deren Vorstände mit Sammelklagen konfrontiert sehen.11 So wurde zum Beispiel der ehemalige Vorstandsvorsitzende von Volkswagen, Martin Winterkorn, von der US-Börsenaufsicht SEC in Folge des Dieselskandals angeklagt, die Anleger von Volkswagen getäuscht zu haben.12 Der Vorstand im Allgemeinen beziehungsweise das US-amerikanische Pendant Board of Directors, besteht aus mehreren Mitgliedern, die jeweils für unterschiedliche Geschäftsbereiche des Unternehmens zuständig sind, wie zum Beispiel das Personalwesen, Produktion oder Finanzen. Die Anzahl der Vorstände orientiert sich dabei an der Größe und an der Umsatzstärke des Unternehmens. Geführt wird der Vorstand durch den geschäftsführenden Vorstand beziehungsweise den chief executive officer (CEO), er stellt die höchste hierarchische Position im Unternehmen dar.13
Die Vorstandspositionen werden in Deutschland durch den jeweiligen Aufsichtsrat des Unternehmens beziehungsweise dem Board of Directors bei US-amerikanischen Unternehmen bestimmt und besetzt.14 Die Position eines Vorstandes besitzt nicht den Status eines Arbeitnehmers. Etwaige arbeitsrechtliche Vorschriften und staatlicher Arbeitnehmerschutz sind größtenteils nicht anwendbar. Jegliche vertraglichen Absicherungen und Schutzmaßnahmen muss der Vorstand bei seinen Verhandlungen über die Ausgestaltung daher individuell im Arbeitsvertrag aushandeln.15 Die Vergütung wird zwischen dem Kandidaten für die Vorstandsposition und dem Aufsichtsrat verhandelt und im Arbeitsvertrag festgehalten. Für spezielle Themen und Entscheidungen wie der Vergütung, befasst sich innerhalb des Aufsichtsrates beziehungsweise dem Board of Directors, jeweils ein spezielles Komitee mit der Festlegung und Ausgestaltung der Vergütung. Die Festlegung der Vergütung fällt dabei zum Beispiel in den Bereich des Personalausschusses. Dieser setzt sich aus mit der Sache betrauten und unabhängigen Aufsichtsratsmitgliedern beziehungsweise Board-Mitgliedern zusammen.16
2.2 Der Shareholder Value Ansatz
Der Begriff des Shareholder-Value wurde in den 1980er-Jahren maßgeblich durch den amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Alfred Rappaport geprägt. Seinem Ansatz folgend, richten Unternehmen ihre Politik und Strategie ausschließlich nach den Interessen der Anteilseigner („Shareholder") mit dem Ziel aus, den Marktwert („Value") des Eigenkapitals maßgeblich zu steigern. Bei börsennotierten Unternehmen spiegelt sich die Wertschaffung und Wertsteigerung vor allem in einem steigenden Aktienkurs wider.17 Die schnelle weltweite Verbreitung des Shareholder-Value-Ansatzes wurde unter anderem durch den starken Anstieg internationaler Unternehmensübernahmen und Fusionen sowie einer erhöhten Beteiligung institutioneller Anleger am internationalen Kapitalmarkt unterstützt. Die Anlagestrategie institutioneller Investoren, wie zum Beispiel renditefokussierte Investmentfonds oder Pensionsfonds, konzentriert sich überwiegend auf Unternehmen, die mit einem wachsenden Shareholder Value und einer hohen Rendite auf das investierte Kapital überzeugen können.18 Bei einer zu starken Konzentration auf den Shareholder Value besteht die Gefahr, dass die Belange und Interessen anderer, ebenfalls wichtiger Stakeholder des Unternehmens, nicht ausreichend berücksichtigt werden.19
Zur Bestimmung des Shareholder-Value eines Unternehmens, werden in der Literatur unterschiedliche Methoden und Herangehensweisen beschrieben. Zwei übliche, auf fundamentalen Daten basierende Verfahren zur Bestimmung des Unternehmenswertes sind die aus dem angelsächsischen stammenden Discounted-Cashflow-Verfahren (DCF) und das deutsche Ertragswertverfahren. Während das Ertragswertverfahren zukünftige Gewinne eines Unternehmens auf den aktuellen Marktwert diskontiert werden beim DCF-Verfahren die in Zukunft zu erwartenden Zahlungsüberschüsse (Cash Flow) zur Berechnung des aktuellen Marktwertes eingesetzt. Um den Shareholder Value einer wertorientierten Unternehmensführung darzustellen, wird heute zumeist auf Cash Flow basierte Verfahren zurückgegriffen, den sogenannten DCF-Verfahren.20 Auf Grund mangelnder internationaler Akzeptanz kommt das Ertragswertverfahren nur noch in Deutschland zur Anwendung.21 Innerhalb dieser Arbeit wird das Ertragswertverfahren daher nicht weiter behandelt.
Die einzelnen DCF-Verfahren lassen sich grundlegend, wie in Abbildung 2 dargestellt, in zwei sich unterscheidende Ansätze unterteilen, den Entity-Ansatz sowie den Equity-Ansatz. Der Entity- Ansatz, auch Bruttoverfahren genannt, bezieht sich dabei auf den gesamten Unternehmenswert. Als erstes wird der Marktwert des Gesamtkapitals bestimmt und davon, zur Ermittlung des Marktwertes des Eigenkapitals der des Fremdkapitals, abgezogen.22
Innerhalb des Bruttoverfahren gibt es zwei unterschiedliche Verfahren, den Adjusted-Present- Value-Ansatz (APV) und den Weighted Average Cost of Capital (WACC). Der APV-Ansatz geht davon aus, dass die ermittelten Cash Flows aus einem rein eigenfinanzierten Unternehmen stammen. Diese werden mittels einer risikoangepassten Eigentümerrenditeforderung diskontiert. Dem Wert der mit den Eigenkapitalkosten diskontierten Free Cash Flows, werden die steuerliche Gutschrift aus den Zinsen des Fremdkapitals hinzugerechnet und anschließend um den Marktwert des Fremdkapitals verringert.23
Das zweite der Bruttoverfahren ist der WACC-Ansatz mit seinen beiden Ausprägungen Free Cash Flow-Ansatz (FCF-Ansatz) und dem Total Cash Flow-Ansatz (TCF-Ansatz). Abweichend vom FCF- Ansatz erfüllt der TCF-Ansatz innerhalb seiner Berechnung nicht vollständig die Forderung nach dem Ansatz einer reinen Eigenfinanzierung. Der FCF basiert dabei ebenfalls auf Cash Flows aus einer fiktiven eigenfinanzierten Unternehmung mit ungenauen Steuerzahlungen. Diese Prognosefehler werden im weiteren Verlauf der Berechnung durch den WACC korrigiert. Der TCF dahingegen rechnet mit korrekten steuerlichen Annahmen.24 Bei der Berechnung des WACCs werden im Wesentlichen die durchschnittlichen Kapitalkosten für Eigen- und Fremdkapital gewichtet und als Zinssätze zu Grunde gelegt. Der Ertrag aus der Abschreibung der Zinsen für das Fremdkapital wird bei den Fremdkapitalkosten angerechnet. Die Kosten des Eigenkapitals werden dabei mit Hilfe des Capital Asset Pricing Model (CAPM) bestimmt.25
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Unterschiedliche DCF-Verfahren [Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Ballwieser, W. /Hachmeister, D. (2016): Unternehmensbewertung - Prozess, Methoden und Probleme, S. 137.]
Bei dem Equity-Ansatz, auch Nettoverfahren genannt, wird der Marktwert des Eigenkapitals mittels des Flow-to-Equity-Verfahrens (FTE) direkt ermittelt.26 Dazu werden die generierten Überschüsse der Eigentümer mit den ermittelten Eigenkapitalkosten diskontiert. Das operative Risiko und das Finanzierungsrisiko werden bei der Berechnung zudem mit einbezogen.27 Wenn man davon absieht, dass für den Risikozuschlag auf den Basiszins das Capital Asset Pricing Model (CAPM) verwendet wird, kommt dieses Verfahren dem zuvor erwähnten Ertragswertverfahren am nächsten.28
2.3 Vorstandsvergütung und die Principal-Agent-Problematik
Die in der Öffentlichkeit oft kritisierte Vergütungspolitik von börsennotierten Unternehmen und die daraus resultierenden hohen Vergütungen der Vorstände weist auf ein allgegenwärtiges Problem von börsennotierten Aktiengesellschaften hin, nämlich die Trennung von Eigentum und Management.29 Die Principal-Agent-Theory befasst sich mit dem Konflikt zwischen dem Eigentümer als Auftraggeber (Principal), und dem Vorstand als Auftragnehmer (Agent). In börsennotierten Unternehmen sind die Aktionäre in der Situation der Eigentümer und die von der Hauptversammlung bestätigten Vorstände in der der Auftragnehmer. Ziel des Prinzipals ist es einen möglichst hohen Shareholder Value zu erwirtschaften. Da er aber nicht selbst über die Fähigkeiten und Informationen verfügt, um dieses Ziel zu erreichen, ist er bemüht einen Agent zu beauftragen dem er die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse zur Erreichung seiner, des Principals, Ziele zutraut.30 Wie und mit welchem Einsatz der Agent seine Aufgaben erledigt ist vorher nicht offensichtlich. Die Principal-Agent-Theory geht allerdings davon aus, dass sich jedes Wirtschaftsindividuum grundlegend opportunistisch verhält und vorrangig seine eigenen Interessen verfolgt. Folglich muss davon ausgegangen werden, dass die Ziele des eingesetzten Agents andere sind wie die des Principals. Er wird versuchen den Einsatz seiner persönlichen Ressourcen zu optimieren, auch wenn er die Ziele des Principals nicht erreicht. Damit liegt die Problematik in der entsprechenden Motivation des Agents, den gleichen Zielen, wie denen des Principals, zu folgen.31 Trotz vorliegender Interessenkonflikte kooperieren Principal und Agent. Grundlage der Principal-Agent Beziehung bildet ein Vertrag zwischen beiden Parteien, der den Agent dazu verpflichtet, die ihm vorgegebenen Ziele zu erreichen. Die Absicherung der Beziehung durch einen Vertrag macht ebenfalls deutlich, dass Principal und Agent unterschiedliche Interessen verfolgen.32
Während der Principal an einer bestmöglichen Bewältigung der Aufgaben des Agents interessiert ist und seinen Kooperationsgewinn maximieren möchte, indem er den Arbeitseinsatz des Agents so hoch wie möglich ansetzt und gleichzeitig die Entlohnung so gering wie möglich gestaltet, versucht der Agent ebenfalls seinen Kooperationsgewinn zu maximieren, indem er seinen Arbeitsaufwand so gering wie möglich hält und gleichzeitig seine Entlohnung dennoch so hoch wie möglich ansetzt. Es wird unterstellt, dass sich der Agent gegenüber dem Principal opportunistisch verhalten wird.33 Um dieses Problem zu lösen, enthält der Vertrag eine zusätzliche Vergütungskomponente mit einem Anreizsystem, das dem Agent bei Erreichung der Ziele des Principals eine zusätzliche Vergütung zusichert. Damit haben beide, der Principal und der Agent ein gemeinsames Interesse, die gesteckten Ziele zu erreichen, ihrer beiden persönlichen Ziele sind jetzt anreizkompatibel.
Die Principal-Agent-Theory lässt sich in die Forschung der Volkswirtschaftslehre der Neuen Institutionenökonomie einordnen. Diese kann als Erweiterung des neoklassischen Ansatzes betrachtet werden. Anders als bei dem Ansatz der Neoklassik, wird bei der Neuen Institutionenökonomie nicht grundlegend von optimalen Marktstrukturen und perfekten Gegebenheiten ausgegangen. Vielmehr werden unvollkommene Informationen, Transaktionskosten sowie eingeschränkte Rationalität bei Entscheidungsfindungen und Handlungen von Individuen berücksichtigt. Dadurch werden Annahmen und Prognosen verlässlicher und nähern sich stärker dem realen Marktgeschehen an.34
2.3.1 Informationsasymmetrien und Agency-Kosten
Ein weiteres grundlegendes Problem bei der Vertragsbeziehung zwischen dem Principal und dem Agent liegt in dem unterschiedlichen Informationsstand der beiden Partner. Der Principal hat zum Beispiel ein grundsätzliches Defizit an Informationen aus dem sogenannten Tagesgeschäft sowie den internen betrieblichen Abläufen. Die Qualität und die wahre Intention des Agent ist für ihn nicht immer eindeutig zu bestimmen bzw. absehbar. Aus Sicht des Principals enthält diese Informationsasymmetrie Risiken für die Leistungsbeziehung, die es zu erkennen und zu minimieren gilt. Die Asymmetrien lassen sich im Wesentlichen in sogenannte Hidden Action, Hidden Information und Hidden Characteristics unterscheiden. Sie können aus unterschiedlichen Beweggründen oder Anlässen und ausgehend vom Vertragsbeginn zu verschiedenen Zeitpunkten, mit jeweils eigener Ausprägung zu einem Vertragsproblem führen.35 Hidden Action sind vom Agent getroffene Entscheidungen, die einen erheblichen Einfluss auf die Leistungsbeziehung zwischen Principal und Agent haben ohne dass der Principal diese beobachten kann. Hidden Information beschreibt dagegen die Situation, in der der Agent Informationen über Umweltzustände besitzt, die Einfluss auf eine optimale Handlung haben können. Hidden Action oder Hidden Information, die zu einem Zeitpunkt nach Vertragsabschluss (ex post) aufkommen, führen zu einem Moral Hazard (moralisches Risiko). Informationsasymmetrien, die bereits vor Vertragsabschluss auftreten (ex ante), werden dagegen als Adverse Selection bezeichnet. Sie beschreiben Unsicherheiten hinsichtlich der Qualität der Leistungserbringung und der allgemeinen Eignung des Agent für die auszuführenden34 35
Aufgaben. Die Folge wäre ein unvorteilhafter Vertragsabschluss für den Principal.36 Die unterschiedlichen Typen von Informationsasymmetrien und ihre jeweiligen Charakteristika werden in Abbildung 3 zusammengefasst veranschaulicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Typen von asymmetrischer Information [Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Jost, P. J. (2001): Die Prinzipal- Agenten-Theorie im Unternehmenskontext, S. 25.]
Um den Risiken, der aus einer durch Moral Hazard oder Adverse Selection entstandenen Situation zu begegnen, gibt es verschiedene Maßnahmen, die vom Principal beziehungsweise vom Agent angewandt werden können. Es besteht die Möglichkeit, den Agent nach Vertragsabschluss durch ein sogenanntes Monitoring überwachen zu lassen. Das sind beispielsweise Maßnahmen der internen Revision zur Überwachung der Geschäftsführung oder eine Geschäftsführungsprüfung.36 37 Zur Reduzierung vorvertraglicher Risiken, kann der Principal versuchen zusätzlich durch ein Screening, relevante Qualitätsmerkmale und Eigenschaften des Agents in Erfahrung zu bringen. Auch durch Self Selection, wo dem Agent unterschiedlich ausgestaltete Arbeitsverträge vorgelegt werden und anhand der letztlichen Auswahl des Agents Rückschlüsse auf dessen Eigenschaften gezogen werden, ermöglichen eine vorvertragliche Verminderung der Unsicherheit.38 Bei dem Signalling, hat der Agent selber die Möglichkeit dem Prinzipal seine Qualitäten zur Kenntnis zu bringen. Inwiefern diese signalisierten Eigenschaften und Qualitäten zutreffen, kann der Prinzipal dabei allerdings nicht unmittelbar feststellen.39 Als Agency-Kosten wird der Aufwand beschrieben, der nötig ist, um den Agent zu überwachen und möglichen Informationsasymmetrien in Erfahrung zu bringen und ggf. auszugleichen.40
Dabei unterscheidet man zwischen Signalisierungs- und Kontrollkosten sowie einem verbleibenden Wohlfahrtsverlust. Signalisierungskosten entstehen, wenn der Agent versucht, bestehende Informationsasymmetrien zwischen ihm und dem Principal abzubauen. Gleichzeitig werden Maßnahmen des Principals, zum Abbau von Informationsasymmetrien als Kontrollkosten definiert. Auch wenn beide Parteien einen gewissen Aufwand betreiben, um die Asymmetrien zu reduzieren, bleibt es dennoch immer bei einer unvollkommenen Informationsverteilung. Die Differenz zur idealen Symmetrie bezeichnet den Wohlfahrtsverlust und ist die dritte, verbleibende Komponente der Agency-Kosten .41
2.3.2 Anreizsysteme zur Lösung des Principal-Agent-Konflikts
Um den durch asymmetrisch verteilte Informationen begünstigten Interessenkonflikt zwischen Principal und Agent, oder im Falle eines börsennotierten Unternehmens zwischen Vorstand und Aktionären, aufzulösen, sollten die Ziele des Agent denen des Principals angeglichen werden. Durch eine entsprechende anreizkompatible Vertragsgestaltung ist es möglich, die persönlichen Ziele des Managements in die gleiche Richtung zu bewegen wie die des Unternehmens. Die gegebenen Anreize müssen so gestaltet sein, dass sie den Agent dazu bewegen, seinen Arbeitseinsatz zu maximieren und gleichzeitig die geforderten Aufgaben mit bestem Gewissen zu erledigen. Da der Agent seinen Kooperationsgewinn nutzen beziehungsweise in diesem Fall seine Entlohnung maximieren möchte, sollte die Aufgabendurchführung und der Arbeitsaufwand unmittelbar mit dem Entlohnungssystem gekoppelt sein. Dadurch würde bei hohem Arbeitsaufwand und Aufgabenerfüllungsgrad der Nutzen beziehungsweise die Höhe der Vergütung des Agents steigen. Gleichzeitig kann der Principal erwarten, dass der vom Agent zu seinem Vorteil angestrebte hohe Aufgabenerfüllungsgrad zur Erreichung seiner Ziele führt. Somit wäre ein Interessenausgleich zwischen den Interessen des Agents und denen des Prinzipals erreicht.42
Ein Vergütungssystem mit Anreizkompatibilität für einen Agent muss ein System mit variablen Vergütungskomponenten sein. Diese sorgen dafür, dass sich der Nutzen des Agents nur dann maximiert, wenn sich gleichzeitig der Nutzen des Principals maximiert. Der Principal maximiert im Falle eines Börsennotierten Unternehmens seinen Nutzen durch eine nachhaltige Entwicklung des Unternehmens und einen steigenden Shareholder Value.43 Neben monetären Anreizen können auch nicht-monetäre Anreize in das Anreizsystem integriert werden. Zu diesen gehören zum Beispiel soziale Anreize, wie ein „gesundes" Arbeitsklima und eine ausgewogene „Work-Life Balance" oder Karriereanreize, wie Fortbildungen und Anerkennung im Beruf. Aber auch die Nutzung von Firmeneigenen Autos oder Flugzeugen für persönliche Zwecke, kann als anreizgebender Punkt vertraglich zugesichert werden.44
Zusätzlich zu der Möglichkeit, das Verhalten und Handeln des Agents zu steuern, bietet ein entsprechendes Anreiz- und Entlohnungssystem, je nachdem wie „ansprechend" es gestaltet wird, die Eigenschaft, die Attraktivität einer Vorstandsposition zu steigern und gleichzeitig bereits eingestellte Führungspersonalien längerfristig an das Unternehmen zu binden.45
3 Am Unternehmenswert orientierte Vergütungsmodelle
3.1 Aufbau und Bestandteile von Vergütungssystemen
Ein Vergütungssystem für Vorstände besteht aus den drei bereits zuvor genannten einzelnen Komponenten Nebenleistungen, fixes Gehalt und variables Gehalt. Nebenleistungen und fixes Gehalt sind erfolgsunabhängig, das variable Gehalt ist dagegen erfolgsabhängig zu ermitteln.46 Da das vertraglich individuell fest vereinbarte Festgehalt mit seinen Nebenleistungen die Grundversorgung des betroffenen Vorstandsmitglieds gewährleisten soll bleiben sie in der Höhe unabhängig vom Erfolg des Unternehmens. Im Folgenden wird deshalb vor allem auf die durch wertorientierte Kennzahlen beeinflusste variable Vergütungskomponente eingegangen. Durch sie wird das am Unternehmenswert orientierte leistungs- und erfolgsorientierte Vergütungssystem mit den zuvor vertraglich festgelegten Bemessungsgrundlagen verknüpft.47 Zu beachten ist dabei, dass eine erfolgsabhängige Komponente nur dann sinnvoll ist, wenn die zugrunde liegenden Bemessungsgrundlagen und die damit einhergehenden Leistungsanforderungen durch den Vorstand beinflussbar und erreichbar gestaltet sind. Andererseits würden sie keinen anreizgebenden Charakter aufweisen.48
Abbildung 4 zeigt zwei unterschiedliche Ansätze einer variablen am Unternehmenswert orientierten Vergütung. Zum einen monetäre Anreize, die sich an den unternehmensinternen wertorientierten Kennzahlen orientieren. Sie verfolgen eine interne Bewertung auf der Basis von fundamentalen Daten. Zum anderen echte oder virtuelle Teilhabe in Form von Aktien oder aktiennahen Produkten die sich am Aktienkurs des Unternehmens als externe wertorientierte Kennzahl bemessen. Diese werden durch eine kapitalmarktorientierte externe Sichtweise bewertet. Daher wird die Entwicklung des Aktienkurses in dieser Ausarbeitung ebenfalls als wertorientierte Kennzahl betrachtet, die zumindest eine Tendenz darstellt, ob im Unternehmen Wert geschaffen oder vernichtet wurde.
Die Bezugsbasis der Bonussysteme kann aber auch aktienkursabhängig sein wie zum Beispiel beim TSR, der häufig als Bemessungsgrundlage für etwaige Bonussysteme verwendet wird.49
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Konzepte wertorientierte Vergütungssysteme [Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Evers, H. (2001): Stand und Entwicklung variabler Vergütungssysteme für Führungskräfte in Deutschland, in: v. Eckardstein, D. (Hrsg.): Handbuch variable Vergütung für Führungskräfte, München, S. 39.]
Variable Vergütungskomponenten basierten in Deutschland in der Vergangenheit oft auf vereinfachten Kennzahlen wie Jahresüberschuss oder Bilanzgewinn. Durch die Möglichkeiten des bilanziellen Bewertungswahlrechtes, eine auf nur wenige Unternehmensperioden begrenzte Sichtweite sowie die Nichtberücksichtigung der Eigenkapitalkosten sind die Kennzahlen Jahresüberschuss und Bilanzgewinn für eine wertorientierte Unternehmensführung, wie sie beim Shareholder Value Ansatz verfolgt wird, einzeln betrachtet nicht mehr wirklich aussagekräftig.50 Dennoch spielen bilanzielle Kennzahlen wie zum Beispiel der Gewinn je Aktie beziehungsweise Earnings Per Share (EPS), in Kombination mit weiteren leistungsorientierten Kennzahlen, bei den meisten Unternehmen eine große Rolle.51 Das EPS stellt das Nettoergebnis, aufgeteilt auf die gesamte Anzahl der im Umlauf befindlichen Aktien, dar.52 Heutzutage konzentrieren sich die aktuellen Kennzahlen, ergänzend zu den vielfach angepassten vereinfachten Kennzahlen, auf Bereiche der dynamischen Investitionsrechnung, strategischen Planung und Unternehmensbewertung. Diese ermöglichen nicht nur eine Bewertung kompletter Unternehmen und ihrer Teilbereiche, sondern auch eine Bewertung der eingesetzten Unternehmensstrategien. Damit sind die aktuellen Kennzahlen die Treiber einer validierten Performance-Steigerung des Unternehmens, wie es der-Shareholder Value Ansatz fordert.53
Kennzahlen haben die Funktion, messbare betriebswirtschaftlich relevante Sachverhalte konzentriert darzustellen.54 Unterschieden werden kann hierbei zwischen absoluten Zahlen, welche als Einzelzahl, Summe oder Differenz direkt aus dem Jahresbericht übernommen werden können sowie Verhältniszahlen, bei denen der Quotient aus zwei zueinander in Verbindung stehenden betriebswirtschaftlichen Größen gebildet wird. Verhältniszahlen bieten folglich eine weitere Interpretationsbasis als absolute Zahlen. Zusammengefasst in Kennzahlensysteme, können absolute Zahlen und Verhältniszahlen ein ausführliches Analyseergebnis ergeben, welches betriebswirtschaftliche Zusammenhänge und Abhängigkeiten berücksichtigt.55
3.2 Zielvereinbarungen
Ein Zielvereinbarungssystem bewirkt, dass Leistungserwartungen transparent kommuniziert werden müssen und individuelle Leistungen überprüfbar werden. Es dient der Leistungsmotivation und einer Leistungsdifferenzierung des betroffenen Managements.56 Im Sinne des Shareholder Value Ansatzes, wird die Steigerung des Unternehmenswertes als übergeordnetes Unternehmensziel betrachtet.57 Der Principal Agent Theory folgend sind das dann auch die Ziele für den Vorstand des Unternehmens. Das Ziel der Vorstandsmitglieder ist demnach die Steigerung des Unternehmenswerts.
Der Zielbildungsprozess und die Auslegung der Ziele für die Unternehmensführung orientieren sich auch an den individuellen Ansprüchen und Erwartungen der Stakeholder des Unternehmens. Nicht nur die Shareholder erwarten eine angemessene Verzinsung Kapitals, auch die Mitarbeiter des Unternehmens, die eine gerechte Entlohnung und ein Mitspracherecht erwarten, müssen bei der Zielfindung und Zielvereinbarung berücksichtigt werden.58 Bedeutend für die Anerkennung und den Erfolg von Zielvereinbarungen ist die korrekte Formulierung der Ziele und eine angemessenen Möglichkeit der Erreichbarkeit. Eine bewährte Herangehensweise, Ziele entsprechend zu formulieren und zu vereinbaren, ist das sogenannte SMART-Prinzip. Jeder Buchstabe steht dabei für eine spezielle Anforderung. Ein Ziel soll demnach spezifisch (specific) sein und messbar (measurable), es soll erreichbar (achievable) sein und muss realistisch (realistic) sein und es muss in einer bestimmten Zeit (timely) erreichbar sein, eingegrenzt durch Termine und Meilensteine.59
Für eine wertorientierte Unternehmensführung ist es demnach wichtig, smarte Ziele zu vereinbaren und dabei wesentliche Kennzahlen zu definieren, die für einen fundierten Soll-Ist- Vergleich und die Auswertung eines Zielerreichungsgrades notwendig sind.60
3.3 Typische Wertreiber und unternehmenswertorientierte Kennzahlen
3.3.1 EBIT und EBITDA
Die Earnings Before Interest and Taxes (EBIT) sowie die Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization (EBITDA) zählen zu den international gängigen Kennzahlen von Unternehmen, um die eigene Ertragskraft darzustellen. Zudem ist das EBIT die Grundlage, auf der die künftigen Cashflows eines Unternehmens bei den jeweiligen DCF-Verfahren ermittelt werden.61 Das EBIT beschreibt die Gewinne vor Zinsen und Steuern, was den operativen Gewinn eines Unternehmens ausmacht. Das EBITDA dagegen gibt die Gewinne ebenso vor Zinsen und Steuern aber zusätzlich auch vor Abschreibung und Amortisation auf das Anlagevermögen an. Im Detail berechnet sich das EBIT durch das addieren des Beteiligungs- und Finanzergebnisses zum gewöhnlichen Betriebsergebnis, abzüglich periodenfremder beziehungsweise unregelmäßiger sonstiger Beträge und zuzüglich periodenfremder beziehungsweise unregelmäßiger sonstiger betrieblichen Aufwendungen sowie außerplanmäßigen Abschreibungen. Wird das EBIT mit den gemeinen Abschreibungen addiert und zusätzlich um die außerplanmäßigen Abschreibungen subtrahiert, ergibt sich das EBITDA.62
Da es keine einheitlichen gesetzlichen Regelungen für das Berechnen des EBIT oder des EBITDA gibt, können die einzelnen Werte auf Grund der bilanziellen Wahlmöglichkeiten, je nach Auslegung, stark divergieren.63 Beim EBITDA hat das Unternehmensmanagement geringere bilanzielle Wahlmöglichkeiten wie bei dem EBIT, da es um die Ermessensspielräume bei den Abschreibungen bereinigt ist.64
[...]
1 Vgl. Die Zeit: Dax-Vorstände verdienen 52-mal so viel wie ihre Angestellten.
2 Vgl. Lueg (2010, S. 340-341.
3 Vgl. Hans-Böckler-Stiftung (2006), S. 13.
4 Vgl. Vgl. Eigene Auswertung der Geschäftsberichte in den Kapiteln 4.1.3 und 4.2.3.
5 Vgl. Bosse (2010), S. 51-52.
6 Vgl. Eigene Auswertung der Geschäftsberichte in Kapitel 4.2.3; FAZ: Apple bleibt auf Schrumpfkurs; Bloomberg: AT&T’s Debt Load Slows Its Metamorphosis Into Media Powerhouse.
7 Vgl. Jensen et al. (2004), S. 31.
8 Vgl. Bernard (2006), S. 21.
9 Vgl. Hungenberg (2006), S. 358; Dahlhaus (2009), S. 126-127.
10 Vgl. Raguß (2009), S. 47-50.
11 Vgl. Munich Re (2016), D&O Haftungsrisiken - Entwicklungen in den USA und weltweit.
12 Vgl. Manager Magazin (2019), SEC ignoriert VWs Milliardenvergleich im Dieselskandal.
13 Vgl. Hans-Böckler-Stiftung (2010), S. 33-35.
14 Vgl. AktG, § 84 Abs. 1 Satz 1; Aras / Crowther (2010), S. 161-162.
15 Vgl. Raguß (2009), S. 44.
16 Vgl. Hans-Böckler-Stiftung (2006), S. 19-20; vgl. Schrank (2017).
17 Vgl. Rappaport (1999), S. 1.
18 Vgl. Dahlhaus (2009), S. 68-71.
19 Vgl. Pape (2010), S. 1.
20 Vgl. Kussmaul (1999), S. 345.
21 Vgl. Sieben (1995), S. 715.
22 Vgl. Ballwieser / Hachmeister (2016), S. 137-139.
23 Vgl. Nölle (2009), S. 24.
24 Vgl. Pape (2010), S. 95-97.
25 Vgl. Behringer (2018), S. 102-103.
26 Vgl. Ballwieser / Hachmeister (2016), S. 137-138.
27 Vgl. Nölle (2009), S. 23.
28 Vgl. Ballwieser / Hachmeister (2016), S. 137-138.
29 Vgl. Die Zeit: Managergehälter - Wie viel ist zu viel?.
30 Vgl. Plaschke (2003), S. 39.
31 Vgl. Plaschke (2003), S. 40-41.
32 Vgl. Jost (2001), S. 13-14.
33 Vgl. Jost (2001), S. 16-17.
34 Vgl. Richter / Furubotn (2010), S. 2-3.
35 Vgl. Jost (2001), S. 24-25.
36 Vgl. Hochhold / Rudolph (2009), S. 135-136.
37 Vgl. Ewert / Stefani (2009), S. 158-159.
38 Vgl. Hochhold / Rudolph (2009), S. 138.
39 Vgl. Jost (2001), S. 28-29.
40 Vgl. Urban (2015), S. 44.
41 Vgl. Hochhold / Rudolph (2009), S. 136-137.
42 Vgl. Jost (2001), S. 18-20.
43 Vgl. Weber et al. (2017), S. 158.
44 Vgl. Becker / Kramarsch (2006), S. 22-23.
45 Vgl. Young / O’Byrne (2000), S. 114.
46 Vgl. v. Eckardstein (2001), S. 6-7.
47 Vgl. Becker / Kramarsch (2006), S. 2-3.
48 Vgl. v. Eckardstein (2001), S. 8.
49 Vgl. Eigene Auswertung der Geschäftsberichte in den Kapiteln 4.1.3 und 4.2.3.
50 Vgl. Evers (2001), S. 38-39.
51 Vgl. Eigene Auswertung in Kapitel 4.
52 Vgl. Berk / DeMarzo (2011), S. 47.
53 Vgl. Evers (2001), S. 38-39.
54 Vgl. Gräfer (2001), S. 41-42.
55 Vgl. Lummert / Schumacher (2009), S. 54-55.
56 Vgl. Eyer / Haussmann (2018), S. 79-80.
57 Vgl. Pape (2010), S. 40-41.
58 Vgl. Pape (2010), S. 20.
59 Vgl. Eyer / Haussmann (2018), S. 37-39.
60 Vgl. Eyer / Haussmann (2018), S. 20.
61 Vgl. Lorenz (2009), S. 21.
62 Vgl. Lummert / Schumacher (2009), S. 61.
63 Vgl. Kriete et al. (2002), S. 1092-1093.
64 Vgl. Lummert / Schumacher (2009), S. 62.