Lieferservicegradorientierte Transshipments in mehrstufigen Supply Chains

Der Typ One-Warehouse-N-Retailer


Masterarbeit, 2012

104 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Danksagung

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Symbolverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Grundlagen des Supply Chain Management
2.1 Begriffsverständnis
2.2 Ziele und Aufgaben

3 Bestandsallokation im dynamischen Umfeld
3.1 Zielkonflikt des Bestandsmanagements
3.2 Das One-Warehouse-N-Retailer-Problem
3.3 Effiziente Bestandshaltung mittels Transshipments
3.3.1 Idee und Einordnung
3.3.2 Literaturübersicht
3.3.3 Möglichkeiten der Klassifizierung
3.3.3.1 Modellierung von Transshipments
3.3.3.2 Ausgestaltung des Distributionssystems
3.3.3.3 Merkmale der Lagerüberwachung und Bestellpolitiken

4 Das TBS-Modell von Diks/de Kok
4.1. Annahmen und Modellstruktur
4.2 Darstellung des Materialflusses
4.2.1 Rationing policy des Zentrallagers
4.2.2 Rebalancing policy der Regionallager
4.3 Bestimmung der Kontrollparameter
4.3.1 Minimierung der erwarteten Transshipment-Menge
4.3.2 Einhaltung der Servicegrad-Restriktion
4.3.3 Minimierung der erwarteten Lagerhaltungskosten
4.4 Erweiterungen des Basismodells
4.4.1 N-echelon-Systeme
4.4.2 Einführung eines Rebalancing-Levels
4.5 Numerische Erkenntnisse

5 Das Tagaras-Modell
5.1 Annahmen und Kostenfunktion
5.2 Transshipment-Politiken
5.3 Numerische Untersuchungen
5.3.1 Vorgehen und Parameter-Struktur
5.3.2 Bedeutung der Transshipment-Politik
5.3.3 Sensitivitätsanalyse
5.3.4 Vorteile des Pooling
5.3.5 Kosten des Vorhaltens mehrerer Lager
5.4 Heuristische Vereinfachung

6 Implementierung eines Transshipment-Modells in Maxima
6.1 Entstehung und Wesen von Maxima
6.2 Vorbemerkungen zur Implementierung
6.3 Erläuterung des Quellcodes

7 Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Anhang 1: Quellcode der Implementierung

Anhang 2: Ausgabe des Quellcodes für 10 Perioden

Anhang 3: Mögliche Erweiterung des Quellcodes

Danksagung

Am 9. Oktober 2006 saß ich zum ersten Mal in einer Vorlesung: Einführung in die Betriebswirtschaftslehre bei Prof. Dr. Bernd Rolfes. Banken hat mir als Schwerpunkt nicht zugesagt, ein Satz ist mir dann aber doch im Ohr geblieben: „Wenn Sie jetzt schön fleißig sind, können Sie später die Hosenträger schnalzen lassen.“ Hoffentlich.

Mit der Abgabe dieser Arbeit gehen für mich exakt 1999 Tage des Studierens zu Ende. Zum Glück und leider. Nach 63 Klausuren, fünf Seminaren, einem zweimonatigen Auslandsaufenthalt, der Bachelor- und nun der Masterarbeit bin ich einfach nur froh, dass es vorbei ist. Zugleich bin ich aber auch dankbar, dass ich die vergangenen fünfeinhalb Jahre nutzen konnte, um mich fachlich, ganz sicher aber auch ein Stück weit menschlich weiter zu entwickeln. Denjenigen, die mich auf diesem Wege begleitet, mir stets den Rücken gestärkt und somit maßgeblich dazu beigetragen haben, dass ich mich ab sofort Master of Science in Business Administration nennen darf, bin ich zu tiefem Dank verpflichtet.

Zunächst danke ich Herrn Prof. Dr. Michael Manitz und Herrn Dipl-Kfm. Andreas Serin vom Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Produktionswirtschaft und Supply Chain Management der Mercator School of Management der Universität Duisburg-Essen. Ich durfte mich in den vergangenen Mona- ten mit einem gleichermaßen anspruchsvollen wie interessanten Themenbereich des Bestandsmanagements auseinander setzen und fühlte mich stets gut betreut. Angesichts des kleinen Lehrstuhl-Teams war das keine Selbstverständlichkeit. Herrn Prof. Dr. Alf Kimms danke ich für die Übernahme des Zweitgutachtens.

Meine Tätigkeit als Pauschalist in der Sportredaktion der Rheinischen Post Duisburg ging sicherlich über den zeitlichen Aufwand eines „normalen“ Studentenjobs hinaus. Für die Erfahrungen, die ich den zehn RP-Jahren sammeln durfte, und die finanzielle Absicherung während des Studiums bin ich der Rheinisch - Bergischen Druckerei - und Verlagsgesellschaft aber zu Dank verpflichtet.

Dem Malteser Hilfsdienst, in allererster Linie Herrn Axel Lemmen, danke ich für die Unterstützung in den fast sechs Jahren, die ich nun schon als Pressereferent tätig bin.

Für die finanzielle und ideelle Förderung im Rahmen des NRW- und Deutschland-Stipendiums danke ich der Franz Haniel und Cie. GmbH.

Tim Winter danke ich für seine wohltuende Gelassenheit und dafür, dass er mir in den letzten Jahren ein guter Freund geworden ist.

Ganz besonders danken möchte ich Gisela Hüsken und Ursula Wittges. „Ersatz-Patentanten“ wie Euch zu haben, bedeutet mir wirklich viel. Auch wenn ich Euch das öfter zeigen müsste.

Zu großem Dank verpflichtet bin ich außerdem Simon van Weßel und Tobias Knüfermann. Ihr seid so unterschiedlich und doch so gleich: Die besten Freunde, die ich mir wünschen kann.

Meiner Freundin Carina Kawicki danke ich für das Verständnis, dass sie ihrem sehr angespannten Freund in den vergangenen Monaten entgegengebracht hat. Du bist wow. Und versprochen: Transshipments, Tagaras und Maxima sind in der nächsten Zeit Tabuwörter.

Mein größter Dank gilt meiner Familie, meinem Bruder Dominik und meinen Eltern Margit und Klaus Köller, denen ich eine zielstrebige Lebenseinstellung verdanke ohne jemals gedrängt worden zu sein. Ohne Euch hätte ich das nicht geschafft.

Duisburg, März 2012 Kristof Köller

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Struktur einer Supply Chain

Abb. 2: One-Warehouse-N-Retailer-Problem

Abb. 3: Einbettung des virtuellen Lagers 0' in das Distributionssystem

Abb. 4: Beispielhafte Struktur eines 3-Echelon-Systems

Abb. 5: Materialfluss innerhalb des Distributionssystems

Abb. 6: Ablaufdiagramm der Implementierung

Abb. 7: Relative Häufigkeit des Auftretens der Szenarien

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Mögliche Transshipment-Szenarien bei drei Regionallagern

Tab. 2: Parameter der numerischen Beispiele

Tab. 3: Mögliche Varianten der Transshipment-Szenarien

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Ein Besuch im Schuhgeschäft kann frustrierend enden. Der handgefertigte italienische Edeltreter aus dem Schaufenster ist vorrätig – nur leider nicht in der richtigen Größe. Bevor in einigen Wochen Nachschub aus Bella Italia eintrifft, ist dieSaison zu Ende, das Fest gefeiert oder aus dem „trendy“ ein „naja“ geworden. Ein jeder hat solche Situationen wohl schon durchlebt. Nicht zwingend im Schuhladen, denn dieser ist nur ein Beispiel für die Zwickmühle, in der Unternehmen heutzutage oftmals stecken. Durch die Vorhaltung hoher Lagerbestände kann sich ein Unternehmen gegenüber der Unsicherheit der regelmäßig stark schwankenden Nachfrage und des Ablaufs der Wertschöpfungsprozesse absichern.1 Bestände verursachen jedoch mitunter horrende Kosten, verringern durch Kapitalbindung die Liquidität und können so die Wettbewerbsfähigkeit stark einschränken.2 Man stelle sich nur vor, das Schuhgeschäft habe zahlreiche Paare des teuren Modells auf Lager, die dann doch keinen Käufer finden und schließlich abgeschrieben werden müssen. Dies ist ebenso misslich wie die eingangs beschriebene Situation des entgangenen Umsatzes und in letzter Konsequenz existenzbedrohend.

Was ist also zu tun, um mit möglichst niedrigen Beständen eine angemessen hohe Lieferbereitschaft sicherzustellen? Die Optimierung der internen Prozesse und Abläufe allein reicht längst nicht aus.3 Vielmehr bedarf es der unternehmensübergreifenden Kooperation. Als effektive Maßnahme zur Beseitigung von Diskrepanzen zwischen Angebot und Nachfrage hat sich in jüngerer Vergangenheit das Bestandspooling mittels Lateral Transshipments erwiesen.4 Hierbei fassen die Unternehmen einer Wertschöpfungsstufe, z.B. verschiedene Schuhgeschäfte, ihre Bestände virtuell zusammen. Sofern sich ein Unternehmen einem (drohenden) Fehlbestand gegenübersieht, helfen ihm seine Partner mit Ausgleichslieferungen (Transshipments). Deren Vorteilhaftigkeit liegt darin begründet, dass die Transshipment-Kosten i.d.R. deutlich niedriger ausfallen als jene Kosten, die mit einem Fehlbestand oder einer Notlieferung des Lieferanten einhergehen würden. Da die Standorte der Schuhgeschäfte nicht weit voneinander entfernt sind, ist die Transshipment-Lieferzeit wesentlich kürzer als die reguläre Wiederbeschaffungszeit. Transshipments ermöglichen so die Reduzierung der systemweiten Lagerbestände und Kosten bei Aufrechterhaltung des angestrebten Servicegrades. Würde das auf der Duisburger Königstraße ansässige Schuhgeschäft eine solche Kooperation eingehen, bestünde für den Kunden Hoffnung. Ein Mitarbeiter könnte in der Datenbank nachsehen, ob eine der anderen Filialen, z.B. die in der Schildergasse in Köln oder auf der Frankfurter Zeil, die gewünschte Größe vorrätig hat. Ist dies der Fall, wird das Modell unverzüglich versandt und kann vom Kunden kurz darauf, spätestens wohl am nächsten Tag, anprobiert und erstanden werden.

Das zweite Kapitel der vorliegenden Arbeit hat die Grundlagen des Supply Chain Management zum Gegenstand, wobei zunächst auf das Begriffsverständnis, anschließend auf wesentliche Ziele und Aufgaben eingegangen wird.

Das Kapitel 3 widmet sich der Bestandsallokation im dynamischen Umfeld. Einführend steht der Zielkonflikt des Bestandsmanagements im Blickpunkt. Anschließend wird das One-Warehouse-N-Retailer-Problem thematisiert. Kapitel 3.3 gibt einen Einblick in das Wesen von Lateral Transshipments. Neben der Unterscheidung in Emergency und Proactive Transshipments erfolgt eine Literaturübersicht. Hieran anknüpfend werden Merkmale aufgezeigt, anhand derer sich Transshipment-Modelle klassifizieren lassen.

Das Kapitel 4 befasst sich mit dem TBS-Modell von Diks/de Kok, in dem ein divergierendes 2-Echelon-System mit Proactive Transshipments betrachtet wird. Kapitel 4.2 stellt den Materialfluss bei gegebenen Kontrollparametern dar. Kapitel 4.3 zeigt auf, wie diese Kontrollparameter festzulegen sind, so dass das Service-Ziel zu minimalen Kosten erreicht wird. Anschließend werden mögliche Erweiterungen und numerische Erkenntnisse des Modells beleuchtet.

Im Kapitel 5 wird das Modell von Tagaras mit Emergency Transshipment untersucht. Im Fokus steht die Ausgestaltung der Transshipment-Politik. Zudem wird eine umfangreiche numerische Untersuchung durchgeführt. Diese bringt verlässliche Informationen über die Vorteilhaftigkeit von Transshipments hervor und zeigt auf, welche Struktur Pooling Groups vorweisen sollten, um effektiv zu arbeiten.

Eine Möglichkeit der Implementierung von Transshipments wird im Kapitel 6 vorgestellt. Der in Maxima geschriebene Quellcode simuliert ein Ein-Perioden-Modell, das wiederholt durchlaufen wird und so den Nutzen von Transshipments untermauert.

Das Kapitel 7 fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und gibt einen Ausblick.

2 Grundlagen des Supply Chain Management

2.1 Begriffsverständnis

Bedingt durch die fortschreitende Globalisierung der Märkte, erhöhte Kundenanforderungen, kürzere Produktlebenszyklen und eine zunehmende Umfelddynamik5 sehen sich Unternehmen einem steigenden Kostendruck gegenüber. Um der zunehmenden Belastung entgegenwirken zu können, reicht es nicht mehr aus, allein die internen Prozesse und Aktivitäten zu optimieren. Der Fokus hat sich auf die unternehmensübergreifende Gestaltung der Geschäftsprozesse und die systematische Koordination der gesamten Wertschöpfungskette verlagert.6 Dieser ganzheitliche Ansatz wird seit Anfang der 1980er Jahre unter dem Begriff Supply Chain Management (SCM) diskutiert7 und ist längst zu einem modernen Klassiker avanciert.8

Der Begriff Supply Chain als solcher ist in zweierlei Hinsicht irreführend. Zum Einen suggeriert Supply, dass die wesentlichen Impulse von den Lieferanten ausgehen. Tatsächlich jedoch gehen sie von der Nachfrage (Demand) der Endkunden aus.9 Ferner vermittelt Chain (zu dt. Kette) nicht die Komplexität und Schnittstellenvielfalt, welche das SCM beherrschen muss.10 In der Praxis stellt sich die Supply Chain als ein Netzwerk dar, das idealtypisch alle an der Leistungserstellung beteiligten Unternehmen vom Ursprung eines Produktes (Source of Supply) bis zum Endkunden (Point of Consumption) umfasst.11 Im Weiteren wird die Definition von Chopra/Meindl (2004) zugrundegelegt: „A supply chain consists of all parties involved, directly or indirectly, in fulfilling a customer request. The supply chain not only includes the manufacturer and the suppliers, but also transporters, warehouses, retailers and customers themselves. Within each organization, such as a manufacturer, the supply chain includes all functions involved in receiving and filling a customer request.”12 In Abbildung 1 ist eine Supply Chain beispielhaft dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Struktur einer Supply Chain (Quelle: Horváth (2004): 7)

Anknüpfend an die Arbeit von Oliver/Webber (1982) wurde der Terminus Supply Chain Management13 in verschiedene Richtungen weiterentwickelt. Zu einem einheitlichen Ergebnis ist die Begriffsdiskussion bis dato nicht gekommen.14 Ein wesentlicher Grund für diese Uneinheitlichkeit wird darin gesehen, dass der SCM-Ansatz in der unternehmerischen Praxis entstanden ist.15 Konsens besteht indes weitgehend über die Kernelemente des SCM: hohe Kundenorientierung, unternehmensübergreifende Betrachtung, hohe Integration der betrieblichen Funktionen.16 Unterscheiden lassen sich die zahlreichen Definitionen in solche mit direkter Bezugnahme auf die betriebswirtschaftliche Logistik und jene, die SCM als interorganisationales Management von Geschäftsprozessen bzw. als Koopera-tionsmanagement interpretieren.17 Die Definition von Hahn (2000) ist dem erstgenannten Typus zuzuordnen und wird im Folgenden zugrundegelegt: ,,SCM meint die Planung, Steuerung und Kontrolle des gesamten Material- und Dienstleistungsflusses, einschließlich der damit verbundenen Informations- und Geldflüsse, innerhalb eines Netzwerkes von Unternehmungen und deren Bereiche, die im Rahmen von aufeinander folgenden Stufen der Wertschöpfungskette an der Entwicklung, Erstellung und Verwertung von Sachgütem und/oder Dienstleistungen partnerschaftlich zusammenarbeiten, um Effektivitäts- und Effizienzsteigerungen zu erreichen."18

Im Vergleich zur klassischen Logistikkette stellt das SCM das umfassendere Konzept dar.19 Weitgehend unabhängig von institutionellen Fragestellungen befasst sich die Logistik v.a. mit den Informations- und Güterflüssen eines einzelnen Unternehmens. Das Hauptaugenmerk liegt mithin auf der Optimierung von Aktivitäten in abgegrenzten Funktionsbereichen sowie der Interaktion unmittelbarer Geschäftspartner. Das SCM betrachtet das komplette Netzwerk, ohne auf Unternehmensgrenzen zu achten. Die Strukturierung und Koordination autonom agierender unternehmerischer Einheiten in einem Wertschöpfungssystem wird explizit in die Analyse einbezogen.20 In Abgrenzung zur Logistik betont das SCM somit den interorganisationalen Aspekt der logistischen Managementaufgaben.21

2.2 Ziele und Aufgaben

Das grundsätzliche Ziel des SCM besteht in der Optimierung der gesamten Wertschöpfungskette.22 Es wird mithin angestrebt, den Kundennutzen zu maximieren und gleichzeitig eine Minimierung der Kosten herbeizuführen.23 Liebrecht (2010) spricht vom Gleichgewicht der interdependenten Kernziele Kosten, Qualität und Zeit.24 Werner (2010) erweitert dieses „magische Dreieck“ um die Komponente Flexibilität zu einem „strategischen Viereck“.25 Als für den SCM-Erfolg bedeutsame, operative Teilziele haben sich in der Praxis die folgenden herauskristallisiert:26

- Erhöhung der Lieferbereitschaft
- Verminderung von Lagerbeständen
- Verkürzung der Durchlaufzeiten
- Steigerung der Kapazitätsauslastung
- Steigerung der Produktivität
- Erhöhung der Planungsgenauigkeit
- raschere Anpassung an Änderungen des Marktes

Als das vorrangige langfristige Ziel benennt Tan (2002) die Steigerung der Kundenzufriedenheit, des Marktanteils und des Gewinns der beteiligten Unternehmen.27

Zur Erreichung der Ziele beinhaltet das SCM sowohl gestalterische als auch planerische und steuernde Aufgaben, die unter den Oberbegriffen Supply Chain Configuration (SCC), Supply Chain Planning (SCP) und Supply Chain Execution (SCE) zusammengefasst werden.28 Die SCC zeichnet für die Implementierung von Strategien verantwortlich. Aufgabe ist die zielgerichtete Konfiguration der gesamten Supply Chain.29 Es werden langfristig bindende Entscheidungen getroffen, die nur begrenzt umkehrbar sind. Neben Beschlüssen auf der institutionellen Ebene, die u.a. die in die Supply Chain zu integrierenden Partner, deren Wertschöpfungstiefe und die Zuweisung von Verantwortungsbereichen umfassen, sind Entscheidungen auf der Prozess-/Ressourcenebene zu treffen. Diese betreffen bspw. die Anzahl und räumliche Anordnung von Produktionsstätten oder Lagern, die Auswahl von Transportrelationen zwischen diesen Standorten und Entscheidungen über die einzusetzende Prozesstechnik und -kapazität.30 Aufbauend auf die strategische Gestaltung des Netzwerkes erfolgt im SCP eine integrierte Leistungsprogrammplanung.31 Als Grundlage hierfür dienen quantitative Nachfrageprognosen und vorliegende Kundenaufträge. Zielsetzung ist eine abgestimmte mittel- bis langfristige Produktions- und Transportplanung über die gesamte Supply Chain, die den kapazitäts- und terminbedingten Abhängigkeiten gerecht wird. Für immer detaillierter werdende Bereiche der Supply Chain, bis hinunter auf die Produktionslinie, werden Aufträge für entsprechend kürzere Zeitspannen eingeplant. Auf der Logistikseite stehen die Festlegung von Beständen zur Sicherung der termingerechten Lieferung sowie die Ermittlung der notwendigen Transportressourcen und deren detaillierte Planung im Blickpunkt, z.B. in Form einer Routenplanung.32

Die Realisierung der durch das SCP festgelegten Leistungsprogramme ist die Aufgabe der SCE. Auf dieser operativen Ebene gilt es, kurzfristige Beschaffungs-, Produktions- und Distributionspläne zu erstellen, und zwar unter Berücksichtigung kurzfristig notwendiger Anpassungen aufgrund aktueller Nachfrageentwicklung, Lagerbeständen und Unsicherheiten.33

3 Bestandsallokation im dynamischen Umfeld

3.1 Zielkonflikt des Bestandsmanagements

Bestandsmanagement meint die Planung von Lagerbeständen unter stochastischen Bedingungen.34 Bei Beständen handelt es sich um sämtliche Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie unfertige und fertige Erzeugnisse, die in der Position Vorräte des Umlaufvermögens bilanziell erfasst werden.35 Hierzu zählen sowohl Lager-, als auch Transport- und Bearbeitungsbestände.36 Zwischen nahezu allen Prozessen einer Lieferkette (Beschaffung, Produktion, Absatz) können Bestände vorgehalten werden; das Bestandsmanagement ist mithin als eine Querschnittsfunktion anzusehen, die die Bestände und damit die Materialflüsse über alle betrieblichen Funktionsbereiche zu optimieren hat.37

Vorrangiges Ziel ist die Sicherstellung einer reibungslosen Versorgung vor- und nachgelagerter Prozesse der Lieferkette mit dem benötigten Material. Ausdrücken lässt sich die Leistungsfähigkeit eines Lagers anhand verschiedener Kennziffern.38 In der Praxis wird bevorzugt der β-Servicegrad verwendet, der als mengenorientierte Kennziffer den Anteil der Nachfragemenge angibt, der umgehend, d.h. ohne eine lagerbedingte Lieferzeit, ausgeliefert werden kann:39 (3.1).

Das Streben nach einer hohen logistischen Leistungsfähigkeit verhält sich konfliktär zum zweiten Ziel des Bestandsmanagements.40 Denn die Minimierung der Bestandskosten41 lässt sich nur durch eine gleichzeitige Verschlechterung des Servicegrades erreichen – zumindest bei einer isolierten, unternehmensinternen Betrachtung des Material- und Informationsflusses.42 Regelmäßig gehen Unternehmen so vor, dass sie ihre erwarteten Gesamtkosten je Periode, , unter Vorgabe eines Mindestwertes für einen Servicegrad (z.B. ) minimieren.43 entspricht der Summe aus den erwarteten Bestellkosten je Periode und den erwarteten Lagerkosten je Periode. Erstere sind das Produkt aus den bestellfixen Kosten und der erwarteten Anzahl an Bestellungen je Periode, . Die Lagerkosten ergeben sich aus dem Lagerkostensatz multipliziert mit dem Erwartungswert des physischen Lagerbestands, . Ferner können in der Modellierung weitere Kosten verwendet werden, wie z.B. die erwarteten Fehlbestandskosten je Periode. Diese sind das Produkt aus dem Kostensatz für Fehlbestand und dem Erwartungswert des Fehlbestands, .44

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das SCM-Konzept hebt das Bestandsmanagement auf eine neue Ebene. Um den Zielkonflikt lösen zu können, bedarf es der unternehmensübergreifenden Planung, Steuerung und Kontrolle der Bestandskategorien und -höhen sowie der damit verbundenen Kosten und Verantwortlichkeiten in Unternehmenskooperationen und-netzwerken.45

3.2 Das One-Warehouse-N-Retailer-Problem

In Anbetracht der Komplexität von Supply Chains ist es ratsam, die Analyse auf kleinere Ausschnitte des Gesamtsystems zu fokussieren, um dadurch ein eingehendes Verständnis bezüglich deren Eigenschaften, Leistung und Trade-offs zu erlangen.46 Die meisten Modellierungsansätze betrachten dabei Systemstrukturen, die ausschließlich aus Lagerknoten bestehen. Das Interesse dieser Arbeit gilt mehrstufigen Lagersystemen mit divergierender Struktur. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass jeder Lagerknoten höchstens einen Vorgänger hat, während die Anzahl seiner Nachfolger nicht beschränkt ist.47 Das im Folgenden betrachtete zweistufige Distributionssystem wird in der Literatur als One-Warehouse-N-Retailer-Problem bezeichnet.48 Es setzt sich zusammen aus einem Zentrallager (ZL)49, das mehrere Regionallager (RL)50 beliefert. Die RL sehen sich jeweils einer stochastischen Nachfrage gegenüber. Die Parameter ihrer Lagerhaltungspolitik legen sie unter Beachtung des angestrebten β-Servicegrades fest.51 Ihre Bestellungen beim ZL werden nach einer als deterministisch angenommenen Lieferzeit erfüllt. Das ZL ordert seinerseits Nachschub von einem externen Lieferanten52, der über unendlichen Bestand verfügt und ebenfalls nach einer deterministischen Lieferzeit liefert. Die Disposition der verschiedenen Lagerknoten kann lokal oder zentral erfolgen.53

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: One-Warehouse-N-Retailer-Problem

(Quelle: in Anlehnung an Doğru (2006): 2)

3.3 Effiziente Bestandshaltung mittels Transshipments

3.3.1 Idee und Einordnung

Für viele Unternehmen stellt sich heutzutage „making supply meet demand“ als eine der größten Herausforderungen dar.54 Die Situation, in der ein Regionallager über Lagerbestand verfügt, während andere Regionallager aufgrund einer unerwartet hohen Nachfrage einen beträchtlichen Engpass zu beklagen haben, ist eher die Regel als die Ausnahme. Als effektiver Ansatz zur Beseitigung etwaiger Diskrepanzen zwischen beobachteter Nachfrage und verfügbarem Bestand in einem Lager hat sich in jüngerer Vergangenheit das Risk Pooling55 mittels Lateral Transshipments56 erwiesen.57 Ansatzpunkt ist hierbei die Flexibilisierung von Beständen.58 Die traditionell hierarchische Struktur des Distributionssystems wird insofern aufgeweicht, als dass neben den regulären Lieferungen des Zentrallagers im Bedarfsfall auch Ausgleichslieferungen zwischen den Regionallagern zulässig sind.59 Transshipments lassen sich als „monitored movements of material between locations of the same echelon (e.g. among retailers)“ auffassen.

Lager, die ihre Bestände auf diese Weise miteinander teilen, bilden eine Pooling Group. Deren Vorteilhaftigkeit liegt v.a. darin begründet, dass die Transshipment-Kosten regelmäßig deutlich niedriger ausfallen als jene Kosten, die mit einem Fehlbestand oder einer Notlieferung des Zentrallagers einhergehen würden. Zudem ist die Transshipment-Lieferzeit i.d.R. wesentlich kürzer als die reguläre Wiederbeschaffungszeit.60 Transshipments ermöglichen somit die Reduzierung der systemweiten Lagerbestände und Kosten bei Aufrechterhaltung des angestrebten Servicegrades.61

Mit Blick auf den Zeitpunkt von Transshipments lassen sich grds. zwei Kategorien unterscheiden.62 Emergency Transshipments63 werden vorgenommen, nachdem Nachfrage aufgetreten ist; sie können jederzeit erfolgen und dienen sodann als Korrekturmaßnahme. Ein etwaiger Fehlbestand in einem Regionallager wird dadurch ausgeglichen, dass ein oder mehrere Regionallager mit Überschuss Produkte dorthin transferieren, mithin als eine Art sekundäre Bezugsquelle im Notfall dienen.64 Ihren Nutzen entfaltet diese Transshipment-Form v.a. in einer Umgebung welche dadurch gekennzeichnet, dass die mit dem Transshipment-Vorgang einhergehenden Kosten im Vergleich zu den Lagerhaltungs- und Fehlbestandskosten niedrig ausfallen (z.B. teure Ersatzteile).65

Im Gegensatz hierzu haben Proactive Transshipments66 einen antizipativen Charakter. Zu einem festgelegten Zeitpunkt vor der Realisierung der Nachfrage werden die Bestände unter den Lagern eines Echelons so umverteilt, dass sich das Risiko eines zukünftigen Fehlbestands für alle Mitglieder der Pooling Group auf denselben Wert beläuft.67

3.3.2 Literaturübersicht

Die Einbeziehung der Möglichkeit von Transshipments hat zur Folge, dass das Distributionssystem schwieriger zu kontrollieren und zu optimieren ist. Neben Entscheidungen bezüglich des Zeitpunkts und der beim Zentrallager zu bestellenden Menge muss abgewägt werden wann, in welchem Umfang und von welchem Regionallager Transshipments bezogen werden.68 Die Forschung stellt seit mehr als einem halben Jahrhundert Versuche an, der deutlich gesteigerten Komplexität Herr zu werden.69 Um handhabbare Modelle zu kreieren, werden beinahe ausschließlich Systeme mit einem oder zwei Echelons betrachtet. Analytische Ergebnisse finden sich für Modelle mit zwei Regionallagern, für den N-Retailer-Fall liegen Heuristiken vor.70 Eine der frühen Arbeiten, die Transshipments erwähnen, den Ansatz jedoch nicht weiter verfolgen, stammt von Clark/Scarf (1960).71

Den ersten Beitrag zu Emergency Transshipments steuerten Krishnan/Rao (1965) bei, die unter der Annahme vernachlässigbarer Wiederbeschaffungs- und Transshipment-Zeiten die optimalen Bestellmengen zweier Regionallager mit identischen Kostenparametern und voneinander unabhängiger Nachfrage herleiten. Tagaras (1989) erweitert das Modell, indem er unterschiedlich hohe Bestell- und Lagerhaltungskosten in den Regionallagern und Servicegrad-Restriktionen einführt. Tagaras/Cohen (1992) ziehen positive Wiederbeschaffungszeiten in die Überlegungen mit ein.72 Robinson (1990) untersucht ein multi-period, multi-location Modell und weist die Optimalität der Base-Stock-Politik nach. Als Lösung stellt er eine LP-basierte Heuristik vor.73 Nonås/Jörnsten (2007) präsentieren eine Greedy Transshipment Policy,74 die für zwei und drei Regionallager optimale Ergebnisse liefert.75

Die Literatur zu Proactive Transshipments ist überschaubarer.76 Gross (1963) leitet die optimale Bestellpolitik für zwei Lager her, wobei die Entscheidung über Wiederauffüllung und Transshipments zu Beginn jeder Periode getroffen wird.77 Das (1975) wandelt Gross‘ Modell dahingehend ab, als dass die Nachfrage in zwei Teilperioden vor und nach den Transshipments realisiert wird. Jönsson/Silver (1987) zielen nicht auf die Kosten ab, sondern auf die Minimierung der Lieferrückstände. Die Transshipment-Entscheidung ist der Wiederauffüllung vorgelagert. Unter den Annahmen eines bestandslosen Zentrallagers und positiver Transshipment-Zeiten gelangen sie zu der Erkenntnis, dass Proactive Transshipments v.a. bei einer hohen Nachfrageschwankung, langen Bestellzyklen und hohen Servicegrad-Anforderungen von Vorteil sind.78

3.3.3 Möglichkeiten der Klassifizierung

Abgesehen von der grundlegenden Unterscheidung in Emergency Transshipments und Proactive Transshipments lassen sich die Modelle anhand zahlreicher weiterer Merkmale klassifizieren. Wesentliche Annahmen werden im Folgenden näher betrachtet.

3.3.3.1 Modellierung von Transshipments

Ist das sendende Lager gewillt, seinen gesamten Bestand zu teilen, liegt Complete Pooling vor. Die Transshipment-Menge ist sodann das Minimum aus dem Überschuss des Senders und dem Fehlbestand des Empfängers. Folglich wird so lange „transshipped“, bis sämtliche Lager, die ihre Nachfrage nicht in Gänze selbst befriedigen können, entweder einen Überschuss haben oder aber einen Fehlbestand aufweisen müssen. Haben sich die Mitglieder der Pooling Group vertraglich auf Complete Pooling verständigt, muss eine Priority Rule definiert werden, die regelt, wie im Falle eines Defizits vorgegangen wird.79 Wird indes ein Schwellenwert eingeführt, der es dem sendenden Lager erlaubt, zur Befriedigung künftiger Nachfrage eine festgelegte Menge zurückzubehalten, spricht man von Partial Pooling.80

Die Entscheidungsfindung bezüglich der Bestellmengen in den Regionallagern kann zentral oder dezentral vonstattengehen. In der Literatur überwiegt ersteres Vorgehen bei weitem.81 Die Regionallager werden als demselben Unternehmen („parent-firm“) zugehörig betrachtet und kooperieren mit dem Ziel, die Gesamtkosten zu minimieren oder aber den Gesamtgewinn zu maximieren.

Die durch Transshipments entstehenden Kosten werden i.d.R. pro Stück in die Analyse einbezogen. Die frühen Beiträge von Allen (1961, 1962) stellen insofern absolute Ausnahmen dar, als dass hierin – unabhängig von der Menge – die fixen Kosten je Transshipment-Vorgang betrachtet werden. Ähnlich unüblich ist die Herangehensweise, die Gesamtkosten (fix und variabel) einzubeziehen oder aber die Kosten gänzlich außen vor zu lassen.

Die Zeit, die benötigt wird, um ein Produkt von A nach B zu „transshippen“, wird zumeist als vernachlässigbar betrachtet. Diese Annahme ist logisch vertretbar,82 liegen die in einer Pooling Group agierenden Regionallager doch für gewöhnlich räumlich nah beieinander oder aber können die benötigten Produkte zumindest per Über-Nacht-Lieferung zustellen.83

In der Regel sind Transshipments nicht auf eine Richtung beschränkt; sendet A an B, so sendet B auch an A. Für den Fall, dass sich die Regionallager unterschiedlich hohen Fehlmengenkosten gegenübersehen, könnte freilich die Betrachtung einseitig gerichteter Transshipments angezeigt sein.84

3.3.3.2 Ausgestaltung des Distributionssystems

Die Analyse des Distributionssystems folgt fast immer dem single-item approach.85 Das Zentrallager wird entweder in die Analyse des Distributionssystems einbezogen oder aber, zur Reduktion der Komplexität, nicht berücksichtigt (one-/two-echelon system). Die Wiederbeschaffungszeit wird i.d.R. als deterministisch und von der Bestellmenge unabhängig angenommen, wobei sie unter den Regionallagern (2, 3 oder n) variieren kann. Die Regionallager können völlig identisch sein86, eine identische Kostenstruktur vorweisen87 oder aber nicht-identisch sein.88

Die in den Regionallagern auftretende Nachfrage wird zumeist als voneinander unabhängig und identisch normal- oder gammaverteilt betrachtet. Die nachgefragte Menge hängt von der betrachteten Branche ab. So legen Kukreja/Schmidt (2005) für Ersatzteile eine Weibull-Verteilung zugrunde, Needham/Evers (1998) unterstellen für militärische Ersatzteile eine gegen Null laufende Normalverteilung. Wong et al. (2006) treffen für Equipment-intensive Industrien, wie z.B. die Luftfahrt, die Annahme einer Poisson-verteilten Nachfrage.89 Kann die Nachfrage nicht in vollem Umfang befriedigt werden, sind zwei Szenarien denkbar. Die Auftragsrückstände (Backorders) werden zu einem späteren Zeitpunkt befriedigt oder aber die entstandene Fehlmenge geht mit dem Verlust des Kundenauftrags einher (Lost Sales).90

3.3.3.3 Merkmale der Lagerüberwachung und Bestellpolitiken

Die Literatur über Emergency Transshipments lässt sich unterschieden in Beiträge, denen die Annahme einer periodischen Lagerüberwachung zugrundeliegt, und solche, die die Annahme einer kontinuierlichen Lagerüberwachung treffen. Erstere sieht die regelmäßige Aktualisierung des Lagerbestands vor, z.B. am Ende des Tages. Letztere liegt vor, wenn der Disponent zu jedem beliebigen Zeitpunkt exakte Informationen über den Lagerbestand hat und unverzüglich die mglw. erforderliche Bestellung auslöst.91 Proactive Transshipments hingegen werden an einem festgelegten Zeitpunkt vorgenommen, sind also die mögliche Konsequenz einer periodischen Lagerüberwachung.

Bei kontinuierlicher Überwachung wird für selten nachgefragte, kostspielige Produkte die Base-Stock-Politik (S-1, S) präferiert. Hierbei löst jede Lagerentnahme umgehend eine Bestellung aus, die den disponiblen Lagerbestand auf das Bestellniveau anhebt und diesen somit konstant hält. Für stärker frequentierte Produkte bietet sich die (s, q)-Politik an. Die Annahme einer periodischen Lagerüberwachung geht zumeist einher mit der Annahme von Auftragskosten gleich Null, sodass folglich die Base­-Stock-Politik (1, S) verfolgt wird.

4 Das TBS-Modell von Diks/de Kok

Die nachfolgenden Ausführungen befassen sich mit dem TBS-Modell, welches Erik Diks und Antonius de Kok in ihrem Aufsatz „Transshipments in a divergent 2-echelon system“ aus dem Jahre 1998 analysieren. Betrachtet wird ein divergierendes 2-Echelon-System92 mit Proactive Transshipments, dem ein Zentrallager und N Regionallager angehören.93 Die Modellstruktur als solche ist bekannt aus Diks/de Kok (1996). Zur Abbildung der Bestandsallokation im Zentrallager und der Transshipment-Entscheidung in den Regionallagern erfolgt hierin der Rückgriff auf die Consistent Appropriate Share (CAS) rationing policy.94 Das TBS-Modell schlägt insofern einen anderen Weg ein, als dass es sich die Erkenntnisse von van der Heijden (1997) zunutze macht und die dort eingeführte Balanced Stock (BS) rationing policy anwendet.95

4.1. Annahmen und Modellstruktur

Das Zentrallager verfolgt eine Periodic-Review Base-Stock Replenishment Policy. In jeder Periode löst es beim externen Lieferanten eine Bestellung aus, die den systemweiten disponiblen Lagerbestand (echelon inventory position) auf das Bestellniveau hebt. Der systemweite disponible Lagerbestand eines Lagers entspricht seinem systemweiten Lagerbestand (echelon stock) zzgl. der Produkte, die sich auf dem Weg zu diesem Lager befinden. Der systemweite Lagerbestand eines Lagers erfasst den lokalen Lagerbestand eines Lagers zzgl. aller Lagermengen, die das betrachtete Lager bereits verlassen haben, aber noch nicht an den Endkunden ausgeliefert worden sind und abzüglich der Auftragsrückstände (backorders) der Endkunden-Lager. Formal lässt sich der systemweite Lagerbestand also wie folgt ausdrücken:96 (4.1).

Der Lieferant verfügt annahmegemäß über unbegrenzte Kapazität und kommt der Bestellung stets nach einer deterministischen Lieferzeit von Perioden in vollständiger Höhe nach.97 Unmittelbar nach deren Ankunft im Zentrallager kontrollieren die Regionallager ihren Bestand und lösen jeweils eine Bestellung aus, die wiederum ihren systemweiten disponiblen Lagerbestand auf das Bestellniveau hievt. Nun kommen zwei Möglichkeiten der Zuteilung in Betracht:

- Der physische Lagerbestand des Zentrallagers reicht aus, um den systemweiten disponiblen Lagerbestand eines jeden Regionallagers auf zu heben. Die hierzu benötige Menge wird versandt, der darüber hinaus gehende Bestand verbleibt im Zentrallager98 und wird bei nächster Gelegenheit zugeteilt.

- Der physische Lagerbestand ist zu niedrig, um der Nachfrage sämtlicher Regionallager nachkommen zu können. Tritt dieser Fall ein, erfolgt die Rationierung anhand einer allocation rule, um den verfügbaren Bestand angemessen auf die Regionallager zu verteilen. Im Zuge dessen wird auf van der Heijdens BS rationing policy zurückgegriffen. Nicht-befriedigte Nachfrage der Regionallager geht verloren.

Die Regionallager können die so ermittelte Menge nach einer ebenfalls deterministischen, für alle identische Lieferzeit von Perioden in Empfang nehmen.99 Unmittelbar hiernach wird der kumulierte systemweite Lagerbestand ins Gleichgewicht gebracht (rebalancing)100, wobei wiederum der Rückgriff auf die BS rationing policy erfolgt. Produkte von Regionallagern mit Überschuss werden per Proactive Transshipments zu Regionallagern transportiert, die über vergleichsweise wenig Bestand verfügen, sich mithin der Gefahr eines baldigen Fehlbestands gegenübersehen. Die Transshipment-Zeit ist gleich Null.101 Um etwaige Auftragsrückstände (backorders) in einem für die Kunden akzeptablen Rahmen zu halten, wird unterstellt, dass jedes Regionallager die Einhaltung eines bestimmtenβ-Servicegrades garantiert.

4.2 Darstellung des Materialflusses

Im Folgenden wird der Materialfluss für den Fall gegebener Kontrollparameter erläutert.102 Es wird unterstellt, dass die kumulierten systemweiten Lagerbestände der Regionallager in jeder Periode rebalanced werden. Hierdurch lässt sich die Bestandsentwicklung innerhalb des Distributionssystems am besten nachvollziehen. Zudem werden die angestrebten β-Servicegrade der Regionallager und der Erwartungswert der Transshipment-Menge hergeleitet.

4.2.1 Rationing policy des Zentrallagers

Den Ausgangspunkt der Überlegungen stellt der Beginn der Periode t-L dar. Zu diesem Zeitpunkt ordert das Zentrallager beim externen Lieferanten so viel Nachschub, dass sein systemweiter disponibler Lagerbestand auf steigt. Diese Lieferung erhält er zu Beginn der Periode t. In der Zwischenzeit, t-L bis t, tritt an jedem Regionallager eine Nachfrage in Höhe von auf. Die Gesamtnachfrage an allen Regionallagern in diesem Zeitraum, , beläuft sich auf:103

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Gemäß der vorherrschenden Base-Stock-Politik stellt diese Summe die Bestellmenge der Regionallager zwischen t-L und t dar. Der systemweite Lagerbestand des Zentrallagers in Periode t lässt sich demnach wie folgt ausdrücken:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Unter Rückgriff auf (4.1) lässt sich der lokale Lagerbestand des Zentrallagers ermitteln:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Da die Regionallager ebenfalls eine Base-Stock-Politik verfolgen, beläuft sich ihre Gesamtbestellung auf:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Um dieser in Gänze nachkommen zu können, muss folglich gelten:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Durch Einsetzen von (4.3) und weitere Umformungen erhält man:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Angenommen, die Regionallager streben in Summe ein Bestellniveau von an. Das Zentrallager verfügt über diese Information, kann in t-L die zwischen t-L und t auftretende Nachfrage aber naturgemäß nur abschätzen. Setzt es sein Bestellniveau auf , darf maximal eine Nachfrage von 20 auftreten, damit der physische Lagerbestand des Zentrallager in t nicht negativ ist. DieLinke-Hand-Seite aus (4.9) lässt sich somit als maximaler physischer Lagerbestand auffassen. Diks/de Kok verdichten diesen im Kontrollparameter :

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Falls , nimmt das Zentrallager die Rolle des bestandslosen Bestandskoordinators ein; für würde das Distributionssystem indes den Charakter N parallel arbeitender One-Echelon-Systeme annehmen.104

Unter der Annahme gegebener Bestellniveaus gibt es nun zwei Möglichkeiten:

i) ist gleich/größer als die Nachfrage; folglich können die systemweiten disponiblen Lagerbestände aller Regionallager auf gehoben werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

ii) ist kleiner als die Nachfrage; der komplette Lagerbestand des Zentrallagers wird unter Anwendung der BS rationing policy zugeteilt. Die systemweiten disponiblen Lagerbestände der Regionallager entsprechen jeweils ihrem abzüglich eines gewichteten Anteils ( mit ) der Menge, die das Zentrallager nicht bereitstellen kann ( ):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die allocation fraction eines Regionallagers hängt nicht, wie prinzipiell denkbar, von dessen Bestellniveau ab. Vielmehr wird die Varianz der Nachfrage des Regionallagers ins Verhältnis zur Summe der Varianz aller Regionallager gesetzt:105

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Vor der Zuteilung bzw. Rationierung betrug der systemweite disponible Lagerbestand eines Regionallagers definitionsgemäß . Die ihm zugeteilte Menge beläuft sich somit auf: (4.14).

Die Höhe von und ist abhängig vom systemweiten Lagerbestand des Zentrallagers in t-L und t sowie der Allokationsfunktion (4.12). Fällt die Nachfrage außergewöhnlich hoch aus, kann es passieren, dass , sprich negativ wird. Folglich müsste das Zentrallager dem betroffenen Regionallager eine negative Allokationsmenge zukommen lassen.106 Um diesem für Echelon-Stock-Politiken typischen, als Imbalance bezeichneten Phänomen einen Riegel vorzuschieben, wird die Balance Assumption getroffen. Aus (4.11) und (4.12) lässt sich eine allocation rule folgern, die sicherstellt, dass das Zentrallager ausschließlich nicht-negative Allokationsmengen bereitstellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4.2.2 Rebalancing policy der Regionallager

Die von ihnen in Periode t georderte Bestellmenge bzw. der Anteil, den das Zen-trallager ausliefern konnte, erreicht die Regionallager in t+l. In der Zwischenzeit sehen sie sich der Nachfrage gegenüber. Ohne Transshipments betrüge ihr systemweiter Lagerbestand folglich jeweils:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der kumulierte systemweite Lagerbestand wird jedoch rebalanced. Die Variable stellt hierbei die Summe der Produkte dar, die ein Regionallager in einer Periode von den anderen Teilnehmern der Pooling Group erhält (falls ) bzw. die es im Rahmen der Vereinbarung an diese „transshipped“ ( ). Es wird demnach zwischen dem systemweiten Lagerbestand vor und nach dem Rebalancing unterschieden: (4.17).

Im Zeitraum zwischen der Bestandsallokation des Zentrallagers und der Ankunft der Ware im Regionallager wird annahmegemäß l-1 Mal (in t+1, t+2,…t+l-1) rebalanced.107 Die Summe108 von beläuft sich also auf und erweitert (4.16) zu:109

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der kumulierte systemweite Lagerbestand lässt sich wie folgt darstellen:

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ergibt sich aus der allocation function (4.15), die Gesamt-Nachfrage zwischen t und t+l lässt sich analog zu (4.2) ermitteln. Der Term fällt bei einer zusammengeführten Betrachtung weg; im Zuge des Rebalancing wird der auf einer Stufe vorhandene Bestand schließlich nur in jeder Periode umverteilt: Somit ergibt sich:

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Abb. 3: Einbettung des virtuellen Lagers 0' in das Distributionssystem

(Quelle: Diks/de Kok (1998): 430)

Um diese Menge nun angemessen unter den Regionallagern aufzuteilen, kommt wiederum die BS rationing policy zum Einsatz. Im Gegensatz zu der Bestandsallokation des Zentrallagers, dem es erlaubt ist, überschüssigen Bestand einzubehalten, muss der verfügbare Bestand beim Rebalancing vollständig umverteilt werden. Daher bedarf es eines veränderten Vorgehens. Zwischen das Zentrallager und die Regionallager wird – wie in Abbildung 3 dargestellt – ein virtuelles Lager 0' geschaltet.

Die Regionallager richten den Wunsch an 0', der kumulierte systemweite Lagerbestand möge durch Proactive Transshipments unverzüglich so umverteilt werden, dass ihr systemweiter Lagerbestand das Niveau erreicht. Dies ist jedoch nicht möglich, da angenommen wird, dass:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

fällt naturgemäß stets niedriger aus als die Summe der in t anvisierten Bestellniveaus, .110 Aufgrund obiger Annahme unterschreitet er nun auch die Summe der just in t+L angestrebten systemweiten Lagerbestände der Regionallager. Die Folge ist eine Unterdeckung, die eine Rationierung notwendig werden lässt. dient somit als Kontrollparameter, der sicherstellt, dass der verfügbare Bestand innerhalb der Pooling Group adäquat verteilt wird.

Die Menge, um die den gewünschten Lagerbestand verfehlt, lässt sich durch einfaches Einsetzen ermitteln:

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Diese Menge wird analog zum Vorgehen im Zentrallager mittels der allocation fraction auf die Regionallager verteilt. Der systemweite Lagerbestand eines Regionallagers nach dem Rebalancing beträgt somit:

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Um die Höhe der Fehlmenge in einem für die Kunden annehmbaren Rahmen zu halten, wird unterstellt, dass jedes Regionallager die Einhaltung eines bestimmten β-Servicegrades garantiert.111 Die erwartete Fehlmenge eines Regionallagers im Zeitintervall [t+l, t+l+1] beläuft sich auf:

Für den β-Servicegrad ergibt sich somit folgender Ausdruck:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4.3 Bestimmung der Kontrollparameter

Im Folgenden wird aufgezeigt, wie die Kontrollparameter des Distributionssystems festzulegen sind, so dass jedes Regionallager sein anvisiertes Service-Ziel zu minimalen Kosten erreicht. Die Annahme, dass der kumulierte systemweite Lagerbestand in jeder Periode rebalanced wird, bleibt bestehen. Um der Komplexität Herr zu werden, erfolgt die Dekomposition des Problems in leichter handhabbare Teilprobleme.

4.3.1 Minimierung der erwarteten Transshipment-Menge

Den ersten Schritt stellt die Bestimmung des Kontrollparameters dar. Dieser ist definiert als die Differenz aus dem Bestellniveau eines Regionallagers, , und seines in t angestrebten systemweiten Lagerbestands, . Folglich ist der Ansatzpunkt, um den Erwartungswert der gesamten Transshipment-Menge proPeriode112, , zu minimieren:113

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Zielfunktion gestaltet sich somit wie folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Anlehnung an (4.17) lässt sich auffassen als: . Beide Größen sind in Kapitel 4.2.2 bereits definiert worden, sodass sich ergibt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

wird durch den Ausdruck in (4.15) ersetzt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Nach dem Zusammenfassen der Terme bleibt stehen:

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Nun führen Diks/de Kok die Hilfsvariable ein, für die per Definition gilt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wendet man diese Beziehung in (4.29) an, gelangt man zu:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


1 Vgl. Tempelmeier (2010): 4.

2 Vgl. u.a. Loukmidis (2006): 833-835 und Haasis/Zimmermann/Plöger (2010): 263f.

3 Vgl. Vahrenkamp/Siepermann (2007): 5.

4 Vgl. Herer/Tzur/Yücesan (2002): 204.

5 Vgl. Vahrenkamp/Siepermann (2007): 5 und Hahn (2000): 11.

6 Vgl. Vahrenkamp/Siepermann (2007): 5. Die Ausweitung der Optimierungsperspektive hebt das Verständnis der Konkurrenzbeziehungen auf eine neue Ebene; der Wettbewerb verlagert sich zunehmend und findet weniger zwischen einzelnen Unternehmen, sondern zwischen gesamten Supply Chains statt. Der Kunde bewertet nicht die Leistung der einzelnen in der Supply Chain agierenden Unternehmen, sondern das Resultat aller in der Supply Chain vollzogenen Wertschöpfungsprozesse. Siehe Wengenroth/Werner (2001): 62, Arndt (2010), 47f. und Christopher (1998).

7 Die Bedeutung unternehmensübergreifender Logistikkonzepte ist bereits seit den frühen 1960er Jahren durch die Arbeiten von Burbidge (1961) und Forrester (1961) bekannt.

8 Vgl. Cohen/Roussel (2006): 6.

9 Vahrenkamp (2005): 24 stellt hierzu fest: „Die Bezeichnung Demand Chain wäre korrekter.“

10 Vgl. Müller (2000): 164.

11 Vgl. Christopher (1998): 15. Cox (1999): 211 bemerkt hierzu: The process by which raw materials are turned into end products […] is rarely a simple linear process chain, and much more like a spaghetti web of complex interconnected relationships.“

12 Vgl. Chopra/Meindl (2004): 4.

13 Als Synonyme für das SCM werden z.B. die Begrifflichkeiten Network Sourcing, Value Stream Management, Supply Pipeline Management und Demand Chain Management genannt. Vgl. Pfohl (2000): 5.

14 Vgl. Fettke (2007): 420. In der Literatur existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Definitionen. Für eine Übersicht über die verschiedenen Ansichten und Definitionsmöglichkeiten sei auf Kotzab (2000): 25, Werner (2008): 5-12 und Liebrecht (2010): 42-45 verwiesen.

15 Vgl. Wemer (2008), 4 f.

16 Siehe hierzu ausführlich Fettke (2007), 421f., der sich an der Konzeptualisierung von Handfield/Nichols (1999) orientiert.

17 Vgl. Schmidt (2006): 20.

18 Vgl. Hahn (2000): 12.

19 Auf eine eingehende Betrachtung der Typisierungsmöglichkeiten des SCM und die Abgrenzung von traditionellen Begriffen und benachbarten Managementansätzen wird an dieser Stelle verzichtet. Siehe hierzu ausführlich Werner (2008): 15-24.

20 Im Mittelpunkt der Betrachtungen steht die unternehmensübergreifende Fluss- und Prozessorientierung aller beteiligten Unternehmungen. Vgl. Arndt (2010): 48.

21 Vgl. Liebrecht (2010): 46.

22 Vgl. Obersojer (2009): 46. Zielstruktur und -gewichtung können freilich sowohl zwischen Supply Chains als auch zwischen den Partnern einzelner Supply Chains differieren.

23 Christopher (1998): 12 definiert die Ziele wie folgt: „The goal of supply chain management is to link the marketplace, the distribution network, the manufacturing process and the procurement activity in such a way that customers are serviced at higher level yet at lower costs. In other words to achieve the goal of competitive advantage through both cost reduction and service enhancement.”

24 Vgl. Liebrecht (2010): 41.

25 Vgl. Werner (2010): 25f.

26 Vgl. stellvertretend für viele Vahrenkamp (2005): 25 und Buer (2003): 75f.

27 Vgl. Tan (2002): 43.

28 Auf die Interdependenzen und die notwendige Koordination zwischen diesen Planungsebenen wird in dieser Arbeit nicht näher eingegangen. Siehe hierzu in aller Ausführlichkeit Sucky (2004): 30-35.

29 Die Auswahl einer geeigneten Konfiguration erfolgt oftmals auf simulativem Weg. Zur Bewertung werden i. d. R. optimierende Verfahren herangezogen.

30 Vgl. Sucky (2004): 26f. und Rohde/Meyr/Wagner (2000): 10.

31 Bickel (2005): 3-5 geht auf die Bereiche des SCP näher ein. Gleiches gilt für Piontek (2009): 3-9, der einen Überblick über Merkmale, Ziele und Aufgaben des SCM gibt.

32 Vgl. Hegmanns et al. (2008): 463.

33 Vgl. Schmidt (2006): 20.

34 Vgl. Tempelmeier (2010): 4. Pfohl (2004): 28 subsumiert unter Bestandsmanagement alle Entscheidungstatbestände, die einen Einfluß auf die Lagerbestände haben.

35 Vgl. § 266 HGB.

36 Folglich wird Lagerung als Zeitüberbrückung verstanden, zu deren Objekten auch Güter zählen, die während einer zeitlichen Veränderung auch eine räumliche oder qualitative Veränderung erfahren, d.h. sog. Durchlaufbestände, die transportiert werden oder auf die Bearbeitung warten. Vgl. Pfohl/Stölzle/Schneider (1993): 530.

37 Vgl. Loukmidis (2006): 835.

38 Siehe die Übersicht mit Beispielen in Tempelmeier (2010): 25-44 und die Ausführungen von Fischer (2008): 17-22.

39 Vgl. Tempelmeier (2010): 29.

40 Verschärft wird der Zielkonflikt durch gegenläufige Interessen der einzelnen funktionalen Bereiche im Unternehmen.

41 Diese setzen sich zusammen aus Beschaffungs-, Lagerhaltungs-, Fehlmengen-, Distributions- und IT-Kosten. Hartmann (2002): 34 geht hierauf näher ein.

42 Vgl. Loukmidis (2006): 833.

43 Dieser wird von den Entscheidungsträgern des Unternehmens festgelegt und kann auf vertraglichen Vereinbarungen mit den Abnehmern oder auf allgemeinen Managementvorgaben beruhen. Siehe Fischer (2008): 12, der als alternative Modellformulierung die Kostenminimierung mit Fehlmengenkosten erwähnt.

44 Selbstredend können auch andere Leistungskriterien (z.B. -Servicegrad) verwendet werden. Vgl. Fischer (2008): 11f.

45 Vgl. Stölzle/Heusler/Karrer (2004): 5.

46 Vgl. u.a. Tagaras (1999): 39 und Chiou (2008): 429.

47 Prinzipiell können divergierende Lagersysteme also beliebig viele Stufen umfassen.

48 Tagaras (1999) spricht synonym vom local distribution network.

49 Synonym werden die Bezeichnungen Großhändler oder stromaufwärts gelegener Lagerknoten verwendet.

50 Einzelhändler und stromabwärts gelegener Lieferknoten sind gängige Synonyme.

51 Selbstredend können auch andere Serviceziele anvisiert werden.

52 Dieser wird i.d.R. nicht als Bestandteil der Supply Chain betrachtet.

53 Bei der lokalen Disposition wird jeder Lagerknoten isoliert disponiert, d.h. die Lagerbestände in den Regionallagern sind im Zentrallager nicht bekannt. Informationen über eventuelle Nachfrage-Schwankungen erhält das ZL zeitverzögert erst, wenn die RL ihre Bestellungen auslösen. Diese verzerrte Weitergabe ist eine der Ursachen für den Bullwhip-Effekt, der durch eine zentralisierte Disposition verhindert werden kann. Hierbei werden Entscheidungen über Bestandsergänzungen in den verschiedenen Lagerknoten von einem einzelnen, zentralen Entscheidungsträger getroffen, der das Ziel der Minimierung der systemweiten Kosten verfolgt. Zu diesem Zweck verfügt er stets über aktuelle Bestands- und Nachfrageinformationen aller beteiligten Akteure und kann so auf eine ungewöhnliche Nachfrage umgehend reagieren. Vgl. hierzu ausführlich Tempelmeier (2010): 160 und 167. Für eine eingehende Betrachtung des Konzept des systemweiten Lagerbestands sei an dieser Stelle ebenfalls auf Tempelmeier (2010): 206-213 verwiesen. Eine anschauliche Darstellung des Bullwhip-Effekts gibt Alicke (2005): 99-111.

54 Vgl. Nonås/Jörnsten (2007): 48.

55 Oeser (2010) gibt einen umfassenden Überblick über die Risk-Pooling-Forschung und identifiziert die zehn wichtigsten Methoden des Risk Pooling.

56 Der Begriff Transshipment ist nicht zu verwechseln mit dem ebenfalls so bezeichneten Umlagevorgang beim Cross Docking. Alternativ zu Lateral Transshipments werden u.a. die Begrifflichkeiten intra-echelon transshipments, lateral resupply, reallocation of stock, substitutions, stock transfers und inventory sharing verwendet. Siehe Paterson et al. (2011): 126 und Oeser (2010): 37.

57 Vgl. u.a. Herer/Tzur/Yücesan (2002): 204.

58 Vgl. Haasis/Zimmermann/Plöger (2010): 264.

59 Vgl. Paterson et al. (2011): 125.

60 Als simples Beispiel führen Herer/Tzur/Yücesan (2006): 185 die Einzelhandelskette Foot Locker an. Italienische Lederschuhe, die in der Hamburger Filiale vergriffen sind, können über Nacht aus einer nahe gelegenen Filiale „transhipped“ werden. Der Kunde muss nicht warten, ehe regulärer Nachschub aus Italien eintrifft, sondern erhält schon tagsdrauf seinen Wunschschuh.

61 Vgl. Tagaras (1999): 39f. Oeser (2010): 37 stellt die Vorteile dar und greift in dem Zusammenhang das u.a. von Herer/Tzur/Yücesan (2002) thematisierte Konzept der Leagility auf. Der Begriff ist eine Kombination der Begriffe Leanness (i.S. von schlank, effizient) und Agility (i.S. von flexibel, reaktionsfähig), den Eigenschaften, die eine Supply Chain vorweisen muss, um wettbewerbsfähig zu sein. Mittels Transshipments können Leanness (Reduzierung von Beständen und Kosten bei gegebenem Servicegrad), Agility (Anstieg des Servicegrades ohne Aufstockung der Bestände) oder gar Leagility (Anstieg des Servicegrads bei gleichzeitiger Reduzierung der Bestände) erreicht werden.

62 Archibald et al. (1997) stellen ein alternatives Modell vor, in dem Transshipments während des Auftretens der Nachfrage erlaubt sind.

63 Der Begriff Reactive Transshipments wird synonym verwendet.

64 Vgl. Mangal/Chandna (2009): 445.

65 Das niederländische Unternehmen ASML, das der weltweit größte Anbieter von Lithographiesystemen für die Halbleiterindustrie ist, weist ein solches Kostenprofil auf. Kranenburg (2006) weist nach, dass ASML seine jährlichen Bestandkosten für Ersatzteile mittels Emergency Transshipment halbieren kann.

66 Da der Versuch unternommen wird, einem Fehlbestand vorzubeugen, ist die Bezeichnung Preventive Transshipments ebenso geläufig.

67 Vgl. Mangal/Chandna (2009): 445.

68 Vgl. Paterson et al. (2011): 126.

69 Paterson et al. (2011): 127 und 130 führen Allen (1958) als erstes Paper an. Von einer eingehenden Betrachtung der Veröffentlichungen wird an dieser Stelle bewusst Abstand genommen. Zum Einen würde dies den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen, zum Anderen finden sich insb. in Köchel (1998), Chiou (2008) und Paterson et al. (2011) umfassende Literaturüberblicke.

70 Vgl. Nonås/Jörnsten (2007): 49.

71 Clark/Scarf (1960) führen die Echelon-Stock-Politik ein. Hierauf wird im vierten Kapitel näher eingegangen.

72 Das Drei-Retailer-Modell von Tagaras (1999) wird an dieser Stelle nicht betrachtet; es ist Gegenstand des fünften Kapitels.

73 Da die optimale Lösung nur für den Fall von zwei nicht-identischen Lagern oder n identischen Lagenr, nicht aber für mehr als zwei nicht-identische Lager ermittelt werden kann.

74 Die Anwendungen eines Greedy-Algorithmus ist angezeigt, sofern Probleme zu komplex, um sie rechnergestützt zu lösen. Nonås/Jörnsten treffen folgende Annahmen: 1) zwischen zwei Lagern mit Überschuss finden keine Transshipments statt; ebenso nicht zwischen zwei Lagern mit Fehlbestand, 2) es ist immer vorteilhaft zwischen einem Lager mit Überschuss und einem Lager mit Fehlbestand zu „transshippen“, 3) jedes Transshipment senkt den Überschuss des sendenden Lagers auf null oder ist gleich dem Fehlbestand des empfangenden Lagers. In den Kapiteln 5 und 6 kommen diese Annahmen zur Anwendung.

75 Siehe hierzu ausführlicher auch Nonås/Jörnsten (2004): 509-524.

76 Der Überblick von Paterson et al. (2011): 128 umfasst 20 Veröffentlichungen.

77 Die Grundstruktur des Modells ähnelt stark dem von Krishnan/Rao (1965).

78 Die Modelle von Diks/de Kok (1996, 1998) sind Thema des vierten Kapitels.

79 Möglich sind u.a. die zufällige Auswahl des sendenden Lagers oder die Wahl des Lagers mit dem höchsten Lagerbestand. Auf die Random Policy und die Risk Balancing Policy nach Tagaras wird in Kapitel 5.2 eingegangen.

80 Angenommen, das Lager i hat vier Einheiten eines Produkts auf Lagers, während das Lager j sich einem Defizit von zwei Einheiten gegenübersieht. Im Falle des Complete Pooling sendet i zwei Einheiten an j, sodass j sein Defizit ausgleichen kann. Wird indes Partial Pooling praktiziert und liegt der Schwellenwert bspw. bei drei Einheiten, so würde i lediglich eine Einheit an j senden.

81 Ausnahmen stellen bspw. Rudi et al. (2001) und Lee/Whang (2002) dar.

82 Chiou (2008): 430 stellt fest „If the part can be supplied via transshipment via one day, then the assumption of negligible transshipments are acceptable“ und geht auf die wenigen Ausnahmen ein.

83 Wäre dem nicht so, kämen die Vorteile von Transshipments gegenüber Notfall-Lieferungen, günstiger und schneller zu sein, nicht zum Tragen. Vgl. Paterson (2011): 50.

84 Tagaras/Cohen (1992), Axsäter (2003) und Liu/Lee (2007) ziehen diese Möglichkeit in Betracht.

85 D.h. der Lagerbestand eines Produktes wird isoliert von anderen Produkten betrachtet. Der system approach wird nur in Archibald/Sassen/Thomas (1997) und Wong et al. (2005, 2006) verfolgt.

86 In Bezug auf Überwachungsintervall, Bestellniveau, Wiederbeschaffungszeiten, Nachfrageverteilung, Kostenstruktur und angestrebtem Servicegrad.

87 Das in Kapitel vier behandelte Modell von Diks/de Kok trifft diese Annahme.

88 Tagaras (1999) und Nonås/Jörnsten (2007) unterstellen unterschiedlich hohe Bestell- und Verkaufspreise, Strafkosten sowie Restwerte für nicht-verkaufte Waren.

89 Vgl. Chiou (2008): 430.

90 Einige Autoren ziehen auch eine Mischform in Betracht.

91 Stadtler/Kilger (2009): 158 grenzen Periodic Review und Continous Review voneinander ab und gehen auch auf die jeweiligen Auswirkungen auf den Risikozeitraum ein. Siehe zudem Tempelmeier (2010): 21f.

92 Für ein eingehendes Verständnis des Konzepts des systemweiten Lagerbestands sei an dieser Stelle auf Zipkin (2000): 121-124 und Tempelmeier (2010): 206-213 verwiesen.

93 Siehe Abbildung 2.

94 De Kok/Lagodimos/Seidel (1994) führen die Consistent Appropriate Share (CAS) rationing policy ein, die an die Fair Share (FS) rationing policy von Eppen/Schrage (1981) anknüpft. Hierbei wird das Verhältnis von prognostiziertem Netto-Bestand in jedem Lager im Verhältnis zum Netto-Bestand des gesamten Systems konstant gehalten. Erreicht wird dies durch laufende Proactive Transshipments zur Behebung der Über- und Unterbestände. Vgl. Boone (2002): 1965.

95 Van der Heijden (1997) analysiert ein divergierendes 2-Echelon-System ohne Transshipments. Das Zentrallager greift im Zuge der Bestandsallokation auf die Balanced Stock rationing policy zurück und erzielt so bessere Ergebnisse als mit der CAS policy.

96 In Anlehnung an Tempelmeier (2010): 18f. und 207.

97 Der systemweite disponible Lagerbestand wird also immer auf angehoben, das Zentrallager muss nie backordern.

98 De Kok (1990) trifft noch die Annahme eines bestandslosen Zentrallagers, das lediglich als „Bestandskoordinator“ fungiert.

99 Die Annahme identischer Lieferzeiten ist für die Analyse von elementarer Bedeutung. Variierende Lieferzeiten würden zeitliche Dependenzen zwischen rationing- und rebalancing-Entscheidung bedingen, wodurch die Analyse deutlich komplizierter würde. Freilich, die Annahme ist vertretbar, sind die Regionallager in der Praxis doch i.d.R. in etwa demselben Abstand um das Zentrallager positioniert, sodass die Transportzeit ungefähr dieselbe ist.

100 Zunächst wird angenommen, dass in jeder Periode rebalanced wird. In Kapitel 4.4.2 wird die Möglichkeit aufgezeigt, dass nur rebalanced wird, wenn der kumulierte Echelon Stock ein bestimmtes Level unterschreitet.

101 Zudem gelten folgende Annahmen: Kundennachfrage tritt nur an Endknoten auf; die Nachfrage einer Periode ist zufällig und stationär; die Nachfrage ist unabhängig von der Nachfrage an anderen Regionallagern und in anderen Perioden; Kundennachfrage, die nicht unmittelbar befriedigt werden kann, wird backordered; die anteilige Auslieferung von Kundenbestellungen ist erlaubt; im Zuge der Wiederbeschaffung existieren keine Losgrößen-Restriktionen; Produktion, Lagerung und Transport verfügen über unbeschränkte Kapazitäten.

102 Die Bestimmung der Kontrollparameter, sodass jedes Regionallager sein anvisierte Serviceziel zu minimalen Kosten erreicht, erfolgt in Kapitel 4.3.

103 Die aufgestellte Gleichung dient vornehmlich der Sicherheit des Autors.

104 Vgl. Diks/de Kok (1996): 372.

105 Vgl. van der Heijden (1997): 536f.

106 Theoretisch müsste das Zentrallager aus dem Pipeline-Bestand des betroffenen Regionallagers Produkte entnehmen und diese Menge auf andere Regionallager verteilen. In der Praxis ist dies unmöglich.

107 Die Möglichkeit, dass nur bei Unterschreitung eines bestimmten Wertes rebalanced wird, wird in Kapitel 4.4.2 in Betracht gezogen.

108 Ist l=4, wird bis t+l drei Mal rebalanced. nimmt den Wert an, also bspw.

109 Bei l ≥ 2 ist abhängig von der gesamten Bestandshistorie des Distributionssystems. Bei l = 1 hängt nur von und ab.

110 Es sei denn, der rein theoretische Fall träte ein, dass das Zentrallager in t sämtliche Bestellungen der Regionallager erfüllen kann ( ) und zugleich zwischen t und t+L keine Nachfrage auftritt ( ).

111 Dieses Vorgehen ist weit verbreitet, so u.a. bei Hadley/Whitin (1963), Silver/Peterson (1985) und Lagodimos (1992). Siehe ausführlich Diks/de Kok (1996): 374.

112 Falls die Transshipment-Kosten der Regionallager gleich sind, lassen sich so zugleich die erwarteten Transshipment-Kosten minimieren.

113 Die Nebenbedingung ergibt sich aus (4.21).

Ende der Leseprobe aus 104 Seiten

Details

Titel
Lieferservicegradorientierte Transshipments in mehrstufigen Supply Chains
Untertitel
Der Typ One-Warehouse-N-Retailer
Hochschule
Universität Duisburg-Essen  (Mercator School of Management - Lehrstuhl für Produktionswirtschaft und Supply Chain Management)
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
104
Katalognummer
V1002166
ISBN (eBook)
9783346383396
ISBN (Buch)
9783346383402
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Supply Chain Management, SCM, Lagerhaltung Transshipments
Arbeit zitieren
Kristof Köller (Autor:in), 2012, Lieferservicegradorientierte Transshipments in mehrstufigen Supply Chains, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1002166

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Titel: Lieferservicegradorientierte Transshipments in mehrstufigen Supply Chains



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