Oktoberrevolution 1917
1. Um die Vorgänge die im Oktober 1917 in Rußland abgelaufen sind besser verstehen zu können, sollten wir uns zuerst den Begriff Revolution genauer betrachten, und analysieren was alle Revolutionen vom Charakter her gemeinsam haben.
Das Kapitel 1.1 ist komplett zitiert aus Helmut Altrichter, Rußland 1917 Ein Land auf der Suche nach sich selbst: Schöningh-Verlag, Dortmund 1997(Seite 17)
1.1. ,,Es ist zunächst die Tragweite, die eine ,,Revolution" von bloßen ,,Unruhen", einem
,,Aufruhr", einer ,,Revolte" unterscheidet. Anders als eine Revolte verändert eine Revolution, wenn sie nicht scheitert, Staat, Wirtschaft und Gesellschaft von Grund auf. Sie stürzt nicht nur die alte Regierung und ersetzt sie durch eine neue; sie stürzt mit ihr zugleich die hergebrachte politische Ordnung, beseitigt die alte Verfassung, den Staatsaufbau und die Formen der politischen Willensbildung.
Anders als Putschisten begnügen sich Revolutionäre nicht mit bloßen punktuellen Eingriffen in die Wirtschaft,[...] sondern sie wollen vielmehr die alte Eigentums- und Rechtsordnung beseitigen und dadurch die Gesellschaft verändern: das Verhältnis von Klassen, Schichten und Gruppen zu einander; der Einfluß ihrer Organisationen; die Konflikte und die Form, in der sie ausgetragen werden; die Verteilung der Rechte und Pflichten.
Was eine Revolution von einem bloßen Aufruhr, Putsch oder Staatsstreich auch unterscheidet, ist die Unterstützung durch breite Schichten der Bevölkerung. Ihre Beteiligung erfolgt überwiegend ungeplant, unorganisiert und ist sichtbarer Ausdruck des Machtverfalls, des Loyalitätsverlustes, und der Krise der ,,alten Ordnung"1."
1.2. Nun kennen wir fast alle Aspekte, um definieren zu können was eine Revolution ist. Fast alle Kriterien dieser Definition treffen auch auf die Bewegung in Rußland im Jahr 1917 zu, deren Tragweite so groß war, dass man noch heute ihre Auswirkungen und Konsequenzen spüren kann. Denn die ,,Oktoberrevolution" war das zentrale Ereignis der modernen Weltgeschichte. Auf die Einzelheiten dieser Revolution werde ich später noch genauer eingehen; solange nur ein kleiner Ausblick um wirklich bestätigen zu können, dass es sich im Oktober 1917 auch um eine Revolution gehandelt hat. Dies kann man getrost sagen, denn es wurde nicht nur die Regierung von MP Kerenski gestürzt, sondern auch die alte politische und gesellschaftliche Ordnung wurde von Grund auf beseitigt und eine neue Verfassung wurde installiert. Die Bolschewiki - also die Mehrheitler - hatten allerdings nicht die breite Unterstützung durch das Volk. Nun, man kann zwar sagen, dass die Arbeiter durch bewaffnete Massenstreiks, die unzufriedene Landbevölkerung und die kriegsmüden Soldaten gegen die damalige Regierung protestierten und rebellierten, aber im Endeffekt auch nicht wirklich geschlossen hinter der neuen Staatsführung, unter Lenin standen, sondern nur den Machtverfall des neuen, bürgerlichen ,,Ancien Regimes" verdeutlichen wollten. Darum gingen sie lediglich spartanisch organisiert - durch die Sowjets - auf die Straßen um ihren Unmut u.a. auch mit Waffengewalt Luft zu machen. Dies war auch in dem Sinne Lenins der seine Ideologie einer straff geführten Kaderpartei durchsetzen wollte (dazu mehr in Kapitel 3.1.2.). Alles im allem kann man daher getrost von einer russischen Oktober-Revolution im Jahr 1917 sprechen, als solche sie ja auch in die Geschichte eingegangen ist.
2. Sicherlich kam die Oktoberrevolution nicht über Nacht zustande, sie war viel mehr das Ergebnis einer jahrelangen Diskriminierung unter einem absoluten Herrscher - dem Zaren -, verstärkt durch die aktuelle angespannte Lage aufgrund des 1. Weltkrieges der für die gesamte Bevölkerung eine Verschlechterung der Lebensverhältnisse bedeutete. Um die revolutionären Tendenzen in Rußland genauer aufzuzeigen, werde ich bei der 1. Russischen Revolution 1905/1906 beginnen, welche die Grundlage für die späteren Umstürze im Jahr 1917 darstellte und enden mit der deutschen Mäzenrolle für die Bolschewiki.
2.1. Die 1. Russische Revolution in den Jahren 1905/1906 war u.a. das resultierende, innenpolitische Ergebnis der außenpolitischen, russischen Niederlage im Krieg gegen Japan. Aber auf diesen Konflikt - das Scheitern der russ. Expansion in Ostasien ( Korea, Mandschurei) - möchte ich nicht weiter eingehen, sonder mich viel mehr mit den innenpolitischen Konsequenzen der russ. Regierung, des Proletariats, der Bauern und der Bourgeoisie auseinandersetzen. Die Revolution damals äußerte sich in von Massenstreiks des Proletariats - geführt von den neu gebildeten Sowjets - in den Städten und von Bauernunruhen auf dem Land, bei denen Großgrundbesitzer vorübergehend enteignet wurden. Allerdings wurde die Revolution nicht zu Ende geführt, was ja im Interesse der Arbeiterschaft und der Bauern gewesen wäre, denn nur so wäre der expropriierte Boden auch dauerhaft übereignet geblieben. Dazu muss man wissen, dass die damalige Arbeiterschaft sich hauptsächlich aus den Bauern heraus bildete, die meistens nur für ein paar Jahre (oder eine Saison) in der Stadt arbeiteten um danach wieder aufs Land zu gehen. Die richtigen Proletarier, im eigentlichen Sinne, also Arbeiterfamilien über mehrere Generationen hinweg, stellten weder 1905 noch 1917 die Mehrheit der Arbeiterschaft. Das es zur kompletten Durchführung der Revolution nicht kam, lag zum einen an den damaligen Mehrheiten in den Sowjets (Menschewiki und Sozial Revolutionären), die nach der Lehre Marx nicht daran glaubten, dass Rußland schon reif ist für eine Proletarische Revolution sei, da der Anteil der Arbeiter in der Bevölkerung nicht groß genug war. Die Mehrheit in den Sowjets wollte eine bürgerlich Revolution nach westl. Vorbild (Fr. Revolution) um danach das Proletariat an die Spitze des Staates zu führen. Der andere Grund, war der, dass sich die bürgerlichen bzw. demokratischen Parteien mit den Zugeständnissen des Zaren zufrieden gaben. Darum bezeichnete Lenin - nach 3 Seite 145 - die Menschewiki auch als ,,Agenten der Bourgeoisie", denn er und seine Anhänger (die Bolschewiki) glaubten daran, dass man Arbeiter und Bauern, als Koalition revolutionierender Klassen zu einem gemeinsamen, bewaffneten Aufstand bewegen kann. Diese Ansicht war auch noch im Oktober 1917 aktuell. Nachdem Anfang 1906 die Ordnungstruppen des ,,Ancien Regimes" den Kampf gegen die revolutionären Klassen gewonnen hatten, wurden nun Standgerichte eingeführt. Hierfür Verantwortlich war der Ministerpräsident Stolypin (Stolypinische Krawatte), der nun der Gegenspieler Lenins war, bis er seinen siebten Attentat 1911 zum Opfer fiel. Allerdings verdeutlichte die 1. Russische Revolution, dass der Zar in Zukunft nur noch auf die Großgrundbesitzer und auf die Großbourgeoisie - also den Kapitalisten um in den Worten Lenins zu sprechen - bauen konnte.
2.1.1 Eine von diesen Konsequenzen war die Gründung von Arbeiterräten, den sogenannten Sowjets, die von den Arbeitern als Streikkomitee für den Generalstreik ( 20.-30.Oktober 1905) in St. Petersburg gebildet wurden, und von denen später auch in anderen Städten welche gebildet werden sollten. Die Sowjets sind auch das Ergebnis der nicht legalisierten Gewerkschaften, die seit dem Beginn der Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert in der Illegalität darbten, die Anfangs noch wirtschaft -/gewerkschaftliche Forderungen, wie bessere Arbeitsbedingungen u.d.M. einforderten, aber in Folge der Krise von 1905 zunehmend politisch wurden. So steigerten sich die Forderungen angefangen bei der Legalisierung der Gewerkschaften bis hin zur Abdankung des Zaren und der Ausrufung der Republik. ,,Wer nach welchen Modus wie viele Deputierten wählen durfte, war nicht landeseinheitlich geregelt, und selbst innerhalb einer Stadt verteilten sich die Deputierten oft nicht gleichmäßig auf die Wählerschaft."5 Seite41 Die Sowjets setzen sich aus Arbeiter-, Bauern- und später auch aus Soldatendeputierten zusammen, die in getrennten aber auch in gemeinsamen Sowjets saßen. In den Städten kam pro 1000 Arbeiter einer Belegschaft ein Abgesandter in den Sowjet. ,, Das flache Land blieb hinter der politischen Entwicklung weit zurück. Die Rätebildung griff nicht auf das Dorf über. Bis zum Herbst 1917 hatten [...] erst 11% der ländlichen Amtsbezirke einen Rat[...]."5 Seite43 Daran kann man erkennen, das der politische Umsturz im Oktober 1917 hauptsächlich in den Städten - Petrograd und Moskau - abgespielt hat, obwohl auch die Bauernunruhen zum Wanken der Regierung beitrugen. Innerhalb der Sowjets wurde nach demokratischen Richtlinien ein Komitee gewählt, dass danach mit den anderen Sowjetkomitees wieder herum den nationalen Sowjetkongress bildete. Dieser Kongress wählte nun seinerseits das Präsidium und das Zentralexekutivkomitee, das die Verwaltungsspitze der Proletarier darstellte.
2.1.2 Als Gegenfaktor zu den neu geschaffenen Sowjets berief der Zar wieder die Duma ein, die ursprünglich der Rat des Bojarenadels war, und nun so etwas wie ein russ. Parlament darstellen sollte. Dieses neu geschaffene Parlament sollte laut dem Zaren bei jeder neuen Gesetzgebung beteiligt werden und die Grundlage dafür bildete die Verfassung auf die das russ. Volk schon lange gewartet hatte. Die Landbevölkerung nahm davon allerdings fast keine Notiz, denn über die Agrarfrage stand im Oktobermanifest des Zaren nichts. Die Duma allerdings konnte kein richtiges Parlament sein, denn sie hatte nur ein beschränktes Budgetrecht und auch das Wahlrecht wurde mehrfach eingeschränkt. Hinzu kam noch, dass sie nicht wirklich das Volk repräsentierte, welches zu mehr als 75% aus Bauern bestand, denn die Duma war in zunehmenden Maße aus konservativen Abgeordneten zusammengesetzt, da die ersten beiden Dumas aufgrund zu radikaler Bauerndeputierten rasch wieder aufgelöst wurden.
2.2. Die erste Russische Revolution krempelte den Staat nur zum Teil um, zwar waren die Menschewiki, nach 3 Seite 146, zufrieden mit dem bisher erreichten und wollten die bürgerlichen, parlamentarischen Freiheitsrechte im Rahmen der Legalität gebrauchen um die Situation für die ,,einfachen" Menschen im Zarentum weiter zu verbessern. Lenin - also die Bolschewistische Partei - aber wollte den bewaffneten Kampf, nach 3 Seite 146, fortsetzen, um den Zar abzusetzen und die Macht an das Kampfbündnis gebildet aus dem Proletariat und den Bauern, also letztendlich sich selbst, zu geben. Dazu schrieb er aus seinem Genfer Exil: ,,Wir müssen nicht die Demütigung der Zarenmacht anstreben, nicht die Anerkennung der Rechte des Volkes durch sie, sondern die Vernichtung dieser Macht."3 Seite146 Durch den Ausbruch des 1.Weltkrieges kam es in den Städten wieder zu einer Steigerung von Aufständen und Streiks, die spätesten seit dem Winter 1916/1917 auch von heftigen Hungerunruhen begleitet wurden. Am 3.März 1917 (Gregorianischer Kalender) kam es im größten Rüstungsbetrieb in Petrograd (St. Petersburg) - den Putilow-Werken - zu den ersten Streiks von kriegsmüden Arbeitern gegen die zaristische Regierung, die sich am 10. März zu Generalstreiks ausbauten. Als am 11. März sich die Abgeordneten der 4. Duma weigerten den vom Zaren erteilten Befehl der Parlamentsauflösung auszuführen und sich die Petrograder Garnison mit den streikenden Arbeitern solidarisierte - auf die sie Tags zuvor noch geschossen hatten - war der Sieg der bürgerlichen Februarrevolution perfekt. Die Duma bildete nun eine bürgerliche provisorische Regierung unter dem Fürsten Lwow (12.März) mit dem Justizminister Kerenski, der zugleich auch Mitglied des Vereinigten Rates der Arbeiter- und Soldatendeputierten war, und so die Interessen der Arbeiter in der Regierung vertreten sollte. Dieser Rat war das revolutionierende Gegenstück zu der bürgerlichen Regierung - außerdem hatte er die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich - und stellte zugleich die zweite Staatsspitze ohne Organe der Staatsmacht in den Händen zu halten. Allerdings verdeutlichte der Rat seine Stellung mit dem Befehl Nummer 1, mit dem er den Oberbefehl über die Armee erhielt.
2.3. ,,Diese Veränderung hatte einen großen Einfluß auf die anderen Kriegführenden Staaten, vor allem in Deutschland[...]. Lenin und andere Revolutionäre kehrten aus der Schweizer Emigration über Deutschland und Schweden nach Rußland zurück".2 Begriffe: Seite621 Nach Lenins Ankunft in Petrograd am 16.April 1917 auf dem Finnischen Bahnhof, der von den Bolschewiki und den Proletariat aufgrund seiner Rede - ,,Genossen! Soldaten, Matrosen und Arbeiter! Ich bin glücklich, in euch die siegreiche russische Revolution, die Avantgarde der proletarischen Weltarmee zu begrüßen... Die Stunde ist nicht fern, in der auf den Ruf unseres Genossen Karl Liebknecht die Völker ihre Waffen gegen ihre Ausbeuter, die Kapitalisten, richten werden... Die russische Revolution, von euch vollbracht, hat eine neue Epoche eingeleitet. Es lebe die sozialistische Weltrevolution!"3 Seite149 - gefeiert wird, verkündet er seine berühmten Aprilthesen (17.April) mit denen er versucht der Revolution einen neuen Charakter zu geben. In diesen Thesen wird verkündet, ,,dass das Proletariat die bürgerliche Revolution stürzen, alle Macht in die Hände der Sowjets legen und den Übergang von der bürgerlichen zur sozialistischen Revolution wagen solle. Die Bauern forderte er auf, sich den Großgrundbesitz auf illegalem Wege, durch Gewalt, anzueignen."3 Seite149 Die revolutionären Tendenzen in Rußland steigerten sich wieder im Juli als klar wurde, dass die neue provisorische Regierung sich nicht für einen sofortigen Frieden einsetzen würde. Darum kam es dann am 15.-17. Juli zu bewaffneten Aufständen der Arbeiter und Bauern unter der Parole ,,Frieden, Land und Brot". Obwohl die bolschewistische Partei keinen Einfluss auf diesen Putschversuch hatte, standen Lenin und andere Funktionäre nun auf der Fahndungsliste, deren Lenin - verkleidet als Arbeiter - sich entzog, indem er nach Finnland flüchtete. Dadurch das der Sowjet der Arbeiter- und Soldatendeputierten sich weigerte die Macht in die eigenen Hände zu nehmen, wurde die Sympathie des Volkes in Richtung der Provisorischen Regierung verschoben. Da die Bevölkerung nun glaubte, dass eine Verbesserung der Versorgungslage, eine Demokratisierung und die Beendigung des Krieges, nur durch die Unterstützung der Provisorischen Regierung möglich sei.
2.4. Da diese Konsolidierung nicht stattfand, und die Bolschewiki einen mächtigen Mäzen gefunden hatten, schien das Ende der bürgerlichen Regierung nahe. Sicherlich ist die Oktoberrevolution der ,,Verdienst" von Lenin, allerdings hatte auch die deutsche Führung unter Ludendorff ihren Anteil daran, denn sie ermöglichte nicht nur Lenin und anderen Revolutionären die Ausreise aus der Schweiz, auf den Weg nach Rußland im plombierten Waggon (April 1917), sondern sie finanzierte auch die politische, propagandistische Agitation der Bolschewistischen Partei mit ca. 26 Millionen Mark. ,, Diese Summe ist geradezu lächerlich für eine Kriegführende Nation,[...] aber nicht übel für eine Partei, die sich in ihrem Land auf die politische Machtübernahme vorbereitet."4 Seite75 Allerdings machte die deutsche Unterstützung Lenins Leben in Rußland nicht nur leicht, denn er wurde von der Gegenseite der Bolschewisten als ein Agent der Deutschen bezeichnet und sich somit des Hochverrats in Zeiten des Krieges schuldig macht. Es bedurfte schon Lenins komplette Rhetorik und wiederum die Unterstützung des Deutschen Reiches, das die Veröffentlichung der Artikel zu diesem Thema behinderte, um diese Anschuldigung zu entkräften.
3. Wie bei allen Ereignissen die in die Geschichte eingehen stechen einige Menschen hervor und prägen die Bewegungsrichtung der Menschen zu ihrer Zeit und sind auch zum Teil nach ihrer Epoche noch bekannt, die eventuell sogar nach ihnen benannt worden ist. Auch in der Russischen Revolution gab es solche entscheidenden Persönlichkeiten, die das Schicksal der Menschen in ihrem Land geprägt haben und auch ein wichtiger Faktor in dem weiteren Verlauf der (politischen) Welt waren. Dazu gehörten:
3.1 Lenin...Fast jeder kennt den Namen Lenin. Aber wer war dieser Mann eigentlich wirklich? Um diese Frage zu beantworten werde ich erst Lenin biographisch vorstellen, um dann auf seine Ideologie eingehen mit der er die Macht an sich reißen wollte und konnte.
3.1.1 Wlademir Iljitsch Uljanow (Lenin) wurde am 22. April 1870 geboren. Er war russischer Revolutionär und Staatsmann aus einer bürgerlichen Familie - wie paradoxer Weise fast die komplette russische Intelligencia, die später den Aufstand des Proletariats führen sollte - und promovierte als Rechtsanwalt mit Auszeichnung in St. Petersburg(1891). In seinem beruflichen Leben ist Uljanow zweimal gescheitert. Erst als adliger Großgrundbesitzer der ein Hof mit 200 Morgen Land zu führen hatte, und später als Rechtsanwalt, dessen Prozesse meist mit Verurteilungen endeten. Bei seiner ersten Auslandsreise 1895 nahm er mit den damaligen Exilrevolutionären Kontakt auf und gründete zusammen mit Julius Martow den Kampfbund zur Befreiung der Arbeiterklasse, als Vorläufer der leninistischen Partei. Wegen revolutionären Aktivitäten wurde er nach Sibirien verbannt, von dort er 1900 ins Exil floh. Im selben Jahr gründete er mit Plechanow die illegale Zeitung Iskra (der Funke), die er nach Rußland einschmuggelte. 1903 nahm er am II. Parteikongreß in London teil, bei der er die Spaltung der Partei im Bolschewiki (Kommunistische Mehrheitspartei) und in Menschewiki (demokratische sozialistische Minderheitenpartei) vollendete. Nachdem er 1905 das Sowjetsystem studieren konnte, stellte er fest, dass er mit diesen Räten die Macht übernehmen könnte, was er ja dann auch im Oktober 1917 in die Tat umsetze. Lenin starb am 21. Januar 1924 mit 54 Jahren an Gehirnblutungen.
3.1.2 Lenin der schon im Alter von 18 Jahren die Schriften von Marx und Engels studierte, entwickelte sie später weiter und war der Gründer des sogenannten Marxismus-Leninismus mit der er nach (Politik im 20. Jahrhundert Seite 87), ,,die antikapitalistische Revolution in einer Gesellschaft die noch vorkapitalistisch war" durchführen wollte. Dazu mußte man aber erst die Arbeiter befreien und ihnen ein revolutionäres Bewußtsein geben, dass ihnen von den marxistischen Intellektuellen nahegebracht wird. Da Lenin gegen eine Massenpartei ist, strebt er die streng geführte Kaderpartei, aus elitären Berufsrevolutionären an, die später, gemeinsam mit dem Proletariat, das Ziel der Weltrevolution erreichen soll, die durch die Diktatur des Proletariats geschützt wird. Dadurch wird wiederum die Elitepartei gebraucht, welche eine Erziehungsdiktatur steuert. Da Lenin sich und die Partei gleichsetzt, wird er der ,,legale" Diktator.
Die Abschnitte 3.2 und 3.3 sind sinngemäß zitiert nach: Imanuel Geiss, Geschichte griffbereit: Harenberg Lexikon-Verlag, Dortmund 1993
3.2 Leo D. Trotzki lebte von 1879 bis 1940 wo er von Agenten Stalins in Mexiko ermordet wurde. Trotzki - ein entschiedener Verfechter des Rätegedankens schon seit 1905 - wurde aufgrund von revolutionären Aktivitäten 1898 nach Sibirien verbannt, von dort aus er später in die Schweiz flüchtete um dort u.a. mit Lenin als Redakteur für die ,,Iskra" zu arbeiten. Als sich die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Rußlands (RSDRP) 1903 spaltete, wendete sich Trotzki von Lenin ab und wurde Menschewik und leitete in der 1. Russischen Revolution den Petersburger Sowjet. Danach wurde er wieder nach Sibirien verbannt von wo aus er nach Wien floh um als Publizist zu arbeiten. Nach seiner Ankunft im Mai 1917 schloss er sich den Bolschewiki an um wieder als Vorsitzender des Petrograder Sowjet und des Militärischen Revolutionskomitees den Aufstand der Bolschewiki gegen die bürgerliche Provisorische Regierung zu führen. Später wurde er Volkskommissar für Auswärtige Angelegenheiten (1917/1918) und der Verteidigung (1918-1925). Er leitete auch die Friedensverhandlungen von Brest-Litowsk und führte erfolgreich Bürgerkrieg gegen die Interventionstruppen. Trotzki war ein Verfechter der Idee der ,,permanenten Revolution" und ein Gegner des ,,Sozialismus in einem Land", welche das Konzept von Stalin war.
3.3 Alexander F. Kerenski lebte von 1881-1970 und war 1917 russischer Ministerpräsident bevor er in der Oktoberrevolution von Lenin und Trotzki gestürzt wurde. Als Mitglied des linken Flügels der Sozialrevolutionären Partei war er seit 1912 Mitglied der Duma nachdem er seit 1904 Rechtsanwalt in St. Petersburg war. Unter Fürst Lwow war er zuerst Justiz- und dann Kriegsminister. Er plädierte für einen ,,Frieden ohne Annexionen und Kontributionen" sowie der Fortsetzung des Krieges. Nachdem er General Kornilow im August, nach dessen Putschversuch von Rechts, seines Amtes enthoben hatte, wurde Kerenski selber der Oberbefehlshaber der russ. Armee. Er wirkte zuletzt als Geschichtsprofessor in den USA in denen er seit 1940 lebt.
4. Nachdem im September 1917 ein Staatsstreich von Rechts unter der Führung von General Kornilow aufgrund der schlechten Nachrichten von der Front, zu befürchten war, wurde die bolschewistische Partei zur Verteidigung der Hauptstadt Petrograd akkreditiert. Dazu wurde von den Bolschewiki ein Politbüro gegründet - dem Lenin, Trotzki, Stalin, u.a. angehören - , das aus 25.000 Arbeiter die ,,Rote Garde" organisierte. ,,Kornilow, der mit seinem abenteuerlichen Aufstandsversuch die Vernichtung des Bolschewismus und die Niederwerfung der Arbeiterklasse hatte erreichen wollen, leisteten in Wirklichkeit Lenin und seiner Partei die wertvollsten Dienste. Denn die Massen des Volkes überzeugten sich nun davon, dass Kerenski nicht imstande war, einen Anschlag der Reaktion abzuwehren, und dass die tatsächliche revolutionäre Macht in den Händen der bolschewistischen Führung lag."3.Seite 161 Die Grundlage für die Revolution im Oktober war gelegt, denn die Provisorische Regierung hatte ihren letzten Kredit bei der Bevölkerung verloren, nachdem sich nun auch noch die Lebensmittellage dramatisch verschlechterte und die Zahl der Arbeitslosen auf ein erschreckend hohes Niveau gestiegen war. Die Zeit für die ,,entscheidende Schlacht" schien gekommen und deshalb schuf die bolschewistische Führung ein ,,Militärisch- Revolutionierendes Komitee", unter dem Vorsitz von Trotzki, das den Aufstand führen sollte. ,,Am 15.(28.) September 1917 erhielt das Zentralkomitee der bolschewistischen Partei von Lenin, der sich immer noch in Helsingfors aufhielt, zwei Briefe"3 Seite161: ,,Nachdem die Bolschewiki in beiden hauptstädtischen Arbeiter- und Soldatendeputiertenräte die Mehrheit erhalten haben, können und müssen sie die Staatsmacht in ihre Hände nehmen. Sie können es, denn die aktive Mehrheit der revolutionären Elemente der Bevölkerung beider Städte reicht aus, die Massen der Bevölkerung mitzureißen und den Widerstand des Gegners zu überwinden.[...] Es wäre naiv, eine formelle Mehrheit der Bolschewiki abzuwarten. Keine Revolution wartet ab. Die Geschichte wird uns nicht verzeihen, wenn wir nicht jetzt die Macht ergreifen."6 Seite162 f Dies verdeutlichte Lenin auch nach seiner Ankunft in Petrograd am 10.(23.) Oktober dem Zentralkomitee, als er verkündete, ,,dass der bewaffnete Aufstand unverzüglich ausgelöst werden müsse."3 Seite161 Nach anfänglichen Widerstand wurde der Aufstand dann auch beschlossen, für den ca.12.000 Rotgardisten und 30.000 Soldaten zur Verfügung standen. In der Nacht vom 6.auf den 7.November besetzten die bolschewistischen Truppen die wichtigsten Punkte in der Hauptstadt, wie die folgenden Daten aus dem Buch Chronik 19177 Seite182 ff verdeutlichen. Am 6.November ab 20 Uhr begann der bewaffnete Aufstand, ausgehend vom Smolny-Institut. Nach anfänglichen Widerstand besetzen die Roten Garden alle Newa-Brücken um 7 Uhr am 7.November, nachdem sie auch von der See - u.a. von der ,,Aurora" - unterstützt wurden. Um 9 Uhr desselben Tages verkündet das militärische Kommando der Provisorischen Regierung den Ernst der Lage, den Lenin um 14.35 Uhr auch in seiner Rede verdeutlichte, als er vom Sieg der Arbeiter- und Bauernrevolution sprach, die Rußland nun in eine neue Epoche bringen sollte. Als um 18 Uhr das gesamte Winterpalais umstellt war, und die Provisorische Regierung das 20 Minütliche Ultimatum unbeantwortet verstreichen ließ, begann der Sturmlauf auf den Palais, der um 2.10 Uhr am 8.November beendet war. Kerenski der die Aussichtslosigkeit der Lage früh erkannte floh und ließ seine Minister alleine zurück, die von den neuen Machthaber gleich verhaftet und ins Gefängnis der Peter-Pauls-Festung gesteckt wurden. Der gelungene Militärputsch der bolschewistischen Roten Garden wurde auch am darauffolgenden Tag mit Flugblättern mit folgendem Inhalt verdeutlicht: ,,An die Bürger Rußlands! Die Provisorische Regierung ist gestürzt. Die Staatsgewalt ist in die Hände des Organ des Petrograder Rates der Arbeiter- und Soldatendeputierten des Militär-Revolutionären Komitees übertragen.[...] Die Sache für die das Volk gekämpft hat,[...] ist gesichert.[...] Es lebe die Revolution der Arbeiter, Soldaten und Bauern![...]"6 Seite174 f Der noch in der Nacht zusammengetretene II. Allrussische Sowjetkongress - der ohne die Menschewiki und Sozialrevolutionäre, die unter Protest gegen den Aufstand die Versammlung verlassen hatten, stattfand - beschloss noch in der Nacht, dass der Krieg beendet und die Großgrundbesitzer enteignet werden müssen. Die erste Regierung wurde aus einem Rat von 13 Volkskommissaren mit dem Vorsitzen Lenin gebildet, welche das Land ,,provisorisch" bis zum Zusammentritt der Konstituierenden Versammlung verwalten sollte. Die neue Staatsführung hatte große Anfangsschwierigkeiten zu bewältigen, die Lenin mit den Worten ,,Bei den ersten Schritten können Schwierigkeiten auftreten, kann sich der Grad der Vorbereitung als ungenügend erweisen. Aber man muss in der Praxis lernen, das Land zu verwalten, muss lernen, was früher das Monopol der Bourgeoisie war."7
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beschreibt. Das Ziel der neuen Regierung war der ,, Aufbau [einer] [...] sozialistischen Ordnung"3 Seite162, die von einer ,,sozialistischen Weltrevolution"3 Seite162 gefolgt werden sollte, die sich schon in Deutschland und anderen europäischen Staaten abzeichnete. Allerdings war das erste, was die neuen Machthaber betrieben, die Liquidierung der Institutionen des alten Staates. Dazu wurde die Polizei von einer Miliz rekrutiert aus Arbeitern, und die Justiz von Volksgerichten ersetzt. Ebenfalls gab es eine starke Zensur der Pressefreiheit, denn nach kurzer Zeit durften nur noch bolschewistische Zeitungen erscheinen. Die Betriebe wurden verstaatlicht und die Kirche wurde von Staat und Schule getrennt, sowie ihrem Monopol der Eheschließung erledigt. ,,Zum Schutz der <<Diktatur des Proletariats>> wurde eine <<Außerordentliche Kommission>> (Tscheka) geschaffen, die im ganzen Machtbereich der Sowjets den << Kampf gegen konterrevolutionäre Umtriebe, Sabotageakte und Dienstvergehen>> [mit äußerster Brutalität] zu führen hatte."3 Seite165 Dies alles zeigte schon früh, dass ,,von [einer] Demokratie im westeuropäischen Sinn [...] also von vornherein nicht die Rede [war]."3 Seite164
5. Ebenso wie die Fr. Revolution 1789 brachte die russische Revolution im Oktober 1917 große Veränderungen nicht nur im jeweiligen Land mit sich, sondern hatte auch einen gewaltigen Einfluss auf das Zeitgeschehen der übrigen Welt und in der Folgezeit.
5.1 Nun hatte Lenin zwar die Macht in seinen Händen, allerdings hatte er sie noch nicht fest im Griff und das lag nicht etwa an seiner sich anbahnenden schweren Krankheit, sondern eher daran, dass die Bolschewiki und damit die neue Regierung keineswegs die Unterstützung der Mehrheit der Bevölkerung hatte. Dies sah man auch daran, dass die Konstituierende Versammlung, die nach mehrmaligem Verschieben des Termins am 18.Januar zusammentrat, sich aus einer Mehrheit der bolschewistischen Gegner zusammensetze. Um die Macht nicht zu verlieren ließ Lenin diese Versammlung auseinanderjagen und bemühte sich einen Frieden mit dem Deutschen Reich zu schließen. Die Unterzeichnung des Friedensvertrags ,,gelang" dann auch im für Rußland schmachvollen Frieden von Brest-Litowsk am 3.März 1918. Dennoch geriet die noch junge Sowjetrepublik in eine tiefe Krise bei dem nun folgen Russischen Bürgerkrieg zwischen den ,,Roten" und ,,Weißen", der durch die Interventionskriege der Alliierten (1918-1922) noch verschärft wurde. Ab 1922 kann man von einer Konstituierung des Kommunismus sprechen, der sich in der UdSSR bis zum Augustputsch 1991 hielt.
5.2 Sicherlich wäre der 1.Weltkrieg nicht viel anders ausgegangen, hätte es keine Revolution in Rußland gegeben. Zwar hatten die Alliierten mit Rußland einen wichtigen Verbündeten im Osten verloren, allerdings hätte das Deutsche Reich auf Dauer nicht den Krieg gegen drei Westmächte überstanden (aber das ist ein anderes Thema). Der Friede von Brest-Litowsk allerdings hätte nicht stattgefunden, ohne die bolschewistische Revolution. Ohne diesen schmachvollen Seperatfriedensschluss, hätte das Deutsche Reich bestimmt einen würdevolleren Vertrag von Versailles unterzeichnen können, und somit wäre eventuell ein Drittes Reich vermeidbar gewesen. Dies allerdings ist schon ein sehr gewagter Ausblick.
5.3 Durch die Revolution im Oktober/November 1917 wurde die Grundvoraussetzung des Ost-West Konflikts gesetzt, aufgrund von den verschieden Weltauffassungen des kommunistischen, sozialistischen Osten und dem kapitalistischen, demokratischen Westen. Die USA haben zwar später noch einmal im Bürgerkrieg gegen die ,,Weißen" zugunsten der Regierung Lenins interveniert, doch dies war nur aus ihrem eigen Interesse heraus. Spätesten durch Lenins Tod 1924 und dem Beginn der Terrorherrschaft Stalins, gab es Anzeichen für unüberbrückbare Differenzen zwischen West und Ost, in denen später einmal Churchills ,,eiserner Vorhang" fallen sollte.
6. War es notwendig, dass die Oktoberrevolution stattfand oder nicht? Meiner Meinung nach war die Oktoberrevolution überflüssig, denn durch die neue bürgerliche Regierung war der autokratische Zarenstaat beseitigt. Die Verfassunggebende Versammlung, die im November 1917 unter konstruktiven Bedingungen hätte stattfinden können, wurde im Januar von den Bolschewisten sabotiert. Die Demokratieentwicklung wurde so in Rußland zurückgedrängt und der Zar wurde von den ,,Roten Zaren" abgelöst. Der diktatorische Staat unter Stalin wäre nicht möglich gewesen, wenn es nicht vorher den marxistisch-leninistischen Staat gegeben hätte. Selbst Lenin der auch schon ein Diktator gewesen ist, räumt nach Alfred Schaefer: Lenin 1917 (Seite 155) ein, dass er sich vor den Arbeitern Rußlands sehr schuldig gemacht hat. Auch Elisabeth Heresch erklärt in ihrem Buch ,,Blutiger Schnee" (Seite 11), dass der Umsturz im Oktober 1917 keineswegs von dem Großteil der Bevölkerung gewollt, sondern vielmehr eine gezielt vorbereitete und durch unzureichend organisiertem Widerstand begünstigte Putschaktion war. Nun gut, man kann nicht wissen, was passiert wäre falls es keine Oktoberrevolution gegeben hätte. Man kann nicht wissen, ob der dann eventuell demokratische russische Staat nicht auch in den Ost-West Konflikt geraten wäre und so, seine finanziellen Kapazitäten überschätzend - in den 80er Jahren in eine tiefe Staatskrise gekommen wäre. Auf jeden Fall hat meiner Meinung nach die Geschichte bewiesen, dass die marxistisch-leninistische Staatsvorstellung ein Modell ohne Zukunft ist.
- Arbeit zitieren
- Tim Marten Menck (Autor:in), 2001, Oktoberrevolution 1917, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/100464