Rahmenbedingungen für innovative Unternehmensgründungen

Empfehlungen für Deutschland auf der Grundlage europäischer Best Practices


Bachelorarbeit, 2020

76 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Innovative Unternehmensgründungen als Erkenntnisobjekt
1.2 Ziel und Vorgehensweise der wissenschaftlichen Arbeit
1.3 Das Anliegen des länderübergreifenden Vergleichs

2 Konzeptionelle Grundlagen
2.1 Begriffsdefinition und inhaltliche Abgrenzungen
2.1.1 Innovative Unternehmensgründungen
2.1.2 Entrepreneurship
2.1.3 Formen der Selbstständigkeit
2.1.4 Best-Practice und Good-Practice
2.2 Entwicklungs- und Finanzierungsphasen von Startups
2.2.1 Early Stage
2.2.2 Expansion Stage
2.2.3 Later Stage
2.3 Unterstützungsmöglichkeiten für Unternehmensgründungen
2.3.1 Finanziell Unterstützungsmöglichkeiten
2.3.2 Weitere Unterstützungsmöglichkeiten

3 Das Gründerökosystem
3.1 Theoretische Modelle der Erfolgsfaktoren
3.2 Ausgewählte Erfolgsfaktoren
3.2.1 Humankapital
3.2.2 Politik
3.2.3 Kultur
3.2.4 Finanzierung

4 Gründungsstandort Deutschland
4.1 Unternehmensgründungen in Deutschland
4.2 Rahmenbedingungen in Deutschland

5 Rahmenbedingungen im europäischen Vergleich
5.1 Unternehmensgründungen im europäischen Vergleich
5.2 Relevante Handlungsfelder
5.3 Auswahlkriterium des Best-Practice-Ländervergleichs
5.4 Bestandsaufnahme der Best-Practice Länder
5.4.1 Humankapital in Finnland
5.4.2 Politik in Luxemburg
5.4.3 Kultur in Dänemark
5.4.4 Finanzierung im Vereinigtem Königreich

6 Handlungsempfehlungen und Schlussfolgerung
6.1 Handlungsfeld 1: Humankapital
6.2 Handlungsfeld 2: Politik
6.3 Handlungsfeld 3: Kultur
6.4 Handlungsfeld 4: Finanzierung
6.5 Schlussfolgerung

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Formen der Selbstständigkeit

Abbildung 2: Die sechs Domänen des Gründerökosystems

Abbildung 3: Gewerbliche Unternehmensgründungen in Deutschland

Abbildung 4: Gründerquoten in Deutschland (2010–2018)

Abbildung 5: Innovative Unternehmensgründungen 2018.

Abbildung 6: Bewertung der gründungsbezogenen Rahmenbedingungen in Deutschland 2018

Abbildung 7: TEA-Quote der europäischen Länder in Relation zu der innovativen TEA-Quote

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Zuordnung und Eingrenzung der Gründungshemmnisse für Deutschland

Tabelle 2: Bewertungen der gründungsbezogenen Erfolgsfaktoren

Abkürzungsverzeichnis

COM Europäische Kommission

EET Unternehmerische Ausbildung (Entrepreneurship Education and Training)

F&E Forschung und Entwicklung

GBP Pfund Sterling (Great Britain Pound)

GEM Global Entrepreneurship Monitor

GEI Global Entrepreneurship Index

KMU Kleine und mittlere Unternehmen

OECD Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

SARL Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Société à responsabilité limitée)

TEA Gesamtquote der unternehmerischen Aktivitäten im Frühstadium (Total Early-Stage Entrepreneurship Activity)

VC Venture Capital

U.K. Vereintes Königreich (United Kingdom)

1 Einleitung

1.1 Innovative Unternehmensgründungen als Erkenntnisobjekt

Am Anfang einer Unternehmensgründung steht immer die Idee, deren Umsetzung eine Vielzahl von Herausforderungen nach sich zieht. Neben der Unternehmensidee spielt auch das Umfeld, in dem gegründet wird, eine tragende Rolle, denn erfolgreiche Unternehmensgründungen finden vor allem dort statt, wo die Umfeldbedingungen stimmen. Dabei liegt der Fokus auf einem funktionierenden gründungsfreundlichen Ökosystem, das in Europa von Region zu Region sehr unterschiedliche Gegebenheiten aufweist. So stellt sich die Frage, welche Faktoren für den Erfolg eines Unternehmens relevant sind und welche Gegebenheiten Gründungsstandorte erfolgreicher machen als andere. Führende Gründungsstandorte, wie z.B. das Silicon Valley weisen eine enorme Dichte an erfolgreichen und innovativen Unternehmensgründungen auf und genießen daher eine besondere Anziehungskraft. Dennoch ist es auch außerhalb des Silicon Valleys attraktiv und erstrebenswert geworden, ein eigenes Unternehmen zu gründen.

In den letzten zehn Jahren hat sich das Unternehmertum weltweit gewandelt. Es wurde nicht nur die Landschaft der unternehmerischen Handlungsmöglichkeiten neu definiert, sondern es hat sich auch die effektive Vorgehensweise bei der Verfolgung unternehmerischer Möglichkeiten grundlegend geändert. Der jüngste Wandel im Bereich des Unternehmertums ist auf einen anderen globalen Trend zurückzuführen: die Digitalisierung oder die Anwendung digitaler Technologien und Infrastrukturen zur Neudefinition der Funktionsweise von Wirtschaft und Gesellschaft. Um sicherzustellen, dass das durch den digitalen Fortschritt eröffnete Produktivitätspotenzial für das wirtschaftliche und gesellschaftliche Wohlergehen optimal genutzt wird, gilt es ein gründerfreundliches Ökosystem zu schaffen, um Innovationen zu fördern.

Dorothee Bär, Staatsministerin für Digitalisierung spricht sich für eine Anpassung der Rahmenbedingungen aus: (Kollmann et al. 2018, S.5)

„Wir stehen im internationalen Wettbewerb. Um diesen zu bestehen, bedarf es kreativer Köpfe und Talente aus Deutschland und der ganzen Welt. Daher müssen wir die notwendigen Grundlagen bereitstellen, indem wir sowohl die entsprechenden Voraussetzungen in unserem Bildungssystem schaffen, den Standort Deutschland für Fachkräfte attraktiv machen und die Rahmenbedingungen für Unternehmen optimieren.“

Innovative Unternehmensgründungen gelten als kraftvoller Motor für wirtschaftliches Wachstum und Beschäftigung (vgl. COM 2013, S.4). Die Konzentration auf Innovationen und eine wachstumsorientierte Geschäftsausrichtung tragen dazu bei, neue Technologien gesellschaftsfähig zu machen, alte Strukturen durch effizientere Lösungen zu durchbrechen und Arbeitsplätze in einer sich wandelnden Arbeitswelt zu schaffen (vgl. Kollmann/Schmidt 2016, S. 30; vgl. Volkmann et al. 2010, S. 16). Gerade durch die kommerzielle Nutzung neuer, innovativer Ideen wird die Produktivität erhöht und Wohlstand geschaffen. Demzufolge tragen Unternehmensgründungen dazu bei, dass Volkswirtschaften wettbewerbsfähiger und innovativer werden (vgl. COM 2013, S.4).

Im Rahmen der gegenwärtigen Entwicklungen in Technologiebranchen und der Digitalwirtschaft, die aufgrund des vielversprechenden Wachstumspotenzials und ihrer übertragbaren Wirkung auf andere Wirtschaftsbereiche eine wesentliche Bedeutung für die Volkswirtschaft haben, wird Deutschland immer seltener eine Vorreiterrolle zugesprochen. Die Relevanz innovativer Unternehmensgründungen ist daher unverkennbar, wenn Deutschland auch in Zukunft auf dem Weltmarkt eine tragende Position einnehmen und konkurrenzfähig bleiben will (vgl. ZEW 2019b, S. 5ff.).

1.2 Ziel und Vorgehensweise der wissenschaftlichen Arbeit

Das zentrale Anliegen der vorliegenden Arbeit ist es, aufzuzeigen wie es um die deutsche Gründerlandschaft steht, welche Rahmenbedingungen des gründungsbezogenen Ökosystems einer besseren und innovativeren Gründerperformance im Wege stehen und in wie weit Deutschland von innovativer performenden Ländern lernen kann. Dabei soll mittels eines systematischen Vergleichs näher auf die Best Practices der ausgewählten Länder eingegangen werden.

Im Mittelpunkt der Arbeit soll dazu die Beantwortung der folgenden Forschungsfragen stehen:

- Wie stark ist das Gründungsgeschehen in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ausgeprägt?
- In wie weit können diese Gründungen als innovativ bezeichnet werden?
- Wie schneiden die gründungsbezogenen Rahmenbedingungen Deutschlands im internationalen Vergleich ab?
- Welche Rahmenbedingungen sehen Gründer als Hemmnisse für den Standort Deutschland?
- Welche gründungsrelevanten Rahmenbedingungen werden von anderen europäischen Ländern besser geschaffen als von Deutschland? Von welchen Ländern kann Deutschland lernen?
- Welche Maßnahmen müssen getroffen werden, damit in Deutschland ein positiveres Gründungsumfeld entsteht?

Die Arbeit ist im Wesentlichen in zwei Elemente gegliedert. Zur Einführung werden zunächst die für diese Arbeit erforderlichen gründungsbezogen Grundlagen dargestellt. Diese beinhalten neben einer Abgrenzung und Definition der unterschiedlichen Begrifflichkeiten, die Herausstellung einzelner Entwicklungsphasen innovativer Unternehmensgründungen. Außerdem wird auf unterschiedliche Unterstützungsmöglichkeiten für Unternehmensgründer näher eingegangen. Anschließend sollen die auf das Gründungsgeschehen Einfluss nehmenden Faktoren dargestellt werden. Daraufhin werden lediglich die Erfolgsfaktoren beschrieben, denen die größten deutschen Gründungshemmnisse zugeordnet werden können.

Im zweiten Teil erfolgt eine Bestandsaufnahme der aktuellen Gründungsaktivitäten in Deutschland. Da eine einfache Betrachtung der Gründerzahlen dem Anliegen nicht gerecht wird, folgt außerdem eine Betrachtung des Innovationsgrades der Gründungen. Daraufhin werden die wesentlichsten Hemmnisse der deutschen Gründerlandschaft herausgearbeitet und dargestellt. Sie dienen zugleich als Grundlage für den anstehenden Vergleiche. Der Vergleich soll anhand einer systematischen Best-Practice1 -Analyse erfolgen. Hierfür werden zuerst die zuvor herausgearbeiteten Hemmnisse einem Erfolgsfaktor zugeordnet. Die Erfolgsfaktoren werden sodann anhand einer Studie der Europäischen Kommission auf nationaler Ebene mit denen anderer europäischer Länder verglichen. Das am besten performende Land in dem jeweiligen Bereich wird als Best-Practice-Wahl herangezogen. Dadurch soll aufgezeigt werden, welche Lösungsansätze anderer Innovationstreiber eine mögliche Alternative für die Behebung deutscher Hemmnisse sein könnte, und es wird geprüft, in wie weit die Konzepte anderer Länder auf Deutschland übertragbar sind. Abschließend folgt eine Handlungsempfehlung auf Grundlage der im Vergleich erarbeiteten Ergebnisse.

1.3 Das Anliegen des länderübergreifenden Vergleichs

Um die Relevanz des länderübergreifenden Vergleiches zu verdeutlichen und somit auch eine Begründung für die Wahl der Best-Practice-Analyse zu geben, soll im Folgenden auf das Anliegen und die Ziele des grenzüberschreitenden Vergleichs eingegangen werden.

In Europa gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen Gründerökosystemen, die sich aus den in Kapitel 3.1 beschriebenen Erfolgsfaktoren ergeben. Die einzelnen Faktoren tragen wesentlich zum wirtschaftlichen Erfolg eines Landes bei. Insofern ist es wichtig, sich an Innovationstreibern des Gründungsgeschehens zu orientieren und die einzelnen Grundbausteine näher zu betrachten.

Da ein direkter Vergleich aller globalen Länder aufgrund stark abweichender Umfeldbedingungen wie z.B. der Entwicklungsstufen und der Wirtschaftsausprägung als schwierig gilt und Unternehmensgründungen in Entwicklungsländer beispielsweise einen anderen Stellungswert einnehmen als in Industrieländern, werden im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit ausschließlich europäische Länder zu der Untersuchung herangezogen. Ein derartiger länderübergreifender Vergleich wurde ausgewählt, weil eine solche Gegenüberstellung in dieser Form noch nicht in der Literatur existiert und somit forschungsrelevant sein kann. Um die Rahmenbedingungen auf ihren Best Practice Charakter untersuchen zu können, wird in Kapitel 5.3 genauer auf die Auswahl der einzelnen Länder eingegangen.

2 Konzeptionelle Grundlagen

2.1 Begriffsdefinition und inhaltliche Abgrenzungen

Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen Begrifflichkeiten zum Thema Unternehmensgründung. Daher soll nachfolgend eine Definition innovativer Unternehmensgründungen und Entrepreneurship erfolgen. Außerdem wird auf die verschiedenen Formen der Selbstständigkeit eingegangen, wobei der Startup-Begriff ebenfalls betrachtet wird. Zuletzt erfolgt eine Unterscheidung und Erläuterung des Best-Practice- und Good-Practice-Begriffs.

2.1.1 Innovative Unternehmensgründungen

Die Diskussion um Innovation wurde entscheidend von dem Ökonomen Joseph Schumpeter (1883-1950) geprägt. Schumpeter definiert Innovation als eine neue Kombination existierender Ideen oder Elemente, die sich innerhalb eines Marktes von der Konkurrenz abheben. Dabei werden neue Prozesse innerhalb einer Organisation entwickelt, die bei fortlaufender Innovation erneut verändert werden (vgl. Schumpeter 1964, S. 100ff.).

Des Weiteren vertritt Schumpeter die Ansicht, dass innovative Unternehmer, die als Anwender revolutionärer Neuerungen fungieren, der Auslöser für wirtschaftliche Entwicklung sind. Dabei zerstören innovative Unternehmensgründungen das etablierte Gleichgewicht auf den Märkten, wodurch ein ständiger Wandel und Wettbewerb mit stetigen Verbesserungen ausgelöst wird (vgl. Schumpeter 1947, S. 138ff.). Schumpeter betont auch, dass der Wettbewerb eine Quelle der Innovation darstellt, die nicht nur auf den Preis- und Qualitätsdruck zurückzuführen ist, sondern insbesondere auf neue Technologien, Methoden und organisatorische Änderungen. Ein solcher Wandel kann durch neue Kombinationen in den Bereichen geschehen, die auch der Unternehmer und Professor der Universität Karlsruhe, Rheinhold Würth, in seinem Buch „Entrepreneurship in Deutschland“ (vgl. Würth 2001, S.37ff. /original: Schumpeter 1911) beschreibt:

- Die Herstellung neuer Produkte und Produktqualität (Produktinnovation)
- Die Einführung neuer Produktionsmethoden (Verfahrensinnovation)
- Die Erschließung neuer Märkte (Marketinginnovation)
- Die Erschließung neuer Bezugsquellen (Beschaffungsinnovation)
- Neuorganisation von Geschäftszweigen (Organisationsinnovation).

Würth (2001, S.140) ist außerdem der Meinung, dass eine erfolgreiche Innovation zu den Vorlieben der Kunden passen sollte, zusätzlich die richtige Form des Marketings gewählt werden muss und sich Innovationen von denen anderer Wettbewerber abheben sollten. Im Duden wird Innovation als die Einführung von etwas Neuem bzw. Erneuerung oder Neuerung definiert (vgl. Dudenredaktion, 2001, S.442).

Zudem kann zwischen radikaler, disruptiver und inkrementeller Innovation unterschieden werden. Radikale Innovationen schaffen Marktnischen und bereiten zukünftiges Wachstum vor. Disruptive Innovationen substituieren vor allem bestehende Dienstleistungen und Produkte. Inkrementelle Innovationen erhöhen generell die Effizienz, woraus Gewinne erwirtschaftet werden können. Im Vergleich zu herkömmlichen Unternehmensgründungen ergeben sich dadurch bessere Erfolgschancen. Allerdings bringt der Gründungsprozess innovativer Unternehmungen auch ein höheres Risiko für die Gründer mit sich. Vor allem die technische Komplexität und die damit verbundene Ungewissheit kommt zu den ohnehin vorherrschenden Risiken hinzu. (Vgl. Lau 2018, S.35 ff.)

Gerade die nicht absehbaren Folgen der Innovationsentwicklungen stellen den Gründer vor wirtschaftliche und technische Herausforderungen, die in Wechselbeziehung zu undurchsichtigen Aufwandsabschätzungen stehen. Hinzu kommt die Ungewissheit über eventuelle Imitationen durch Konkurrenzunternehmen, die vorkalkulierte Marktanteile für sich beanspruchen könnten. Andererseits stehen innovative Unternehmensgründungen für ein hohes Wachstums- und Entwicklungspotential, vorausgesetzt die Marktausschöpfung und Nachfrage begünstigt dies. (Vgl. Lau 2018, S.35 ff.)

Auch Startup Gründungen beinhalten die Erschaffung einer wirtschaftlichen Einheit und sind dadurch als eine Unternehmensgründung zu betrachten, die sich durch ihre innovative Geschäftsausrichtung von einfachen Unternehmensgründungen unterscheidet. Der Begriff Startup wird in der Öffentlichkeit immerzu benutzt, es besteht aber keine einheitliche Abgrenzung für den Begriff. Eric Ries, Entwickler der Lean-Startup-Methode, sieht ein Startup als eine menschliche Institution, welche unter besonders hoher Ungewissheit für die Entwicklung neuer Produkte bzw. Dienstleistungen steht. Unternehmen, die eine Replikation bereits am Markt existierender Geschäftselemente beinhalten, sind demnach keine Startups (vgl. Ries, 2012, S. 32). Blank greift die Definition von Ries auf und ergänzt zudem den Unterschied: Etablierte Unternehmen setzen ein Geschäftsmodell um, wohingegen sich Startups auf der Suche nach einem geeigneten Geschäftsmodell befinden (vgl. Blank 2013, S. 3-4). Nach Blank ist weder die Art der Gründung noch die Größe für eine Klassifikation als Startup entscheidend. Kollmann definiert Startups als Jungunternehmen, das innovative Technologien oder Geschäftsmodelle verfolgt und ein signifikantes Umsatzwachstum bzw. Beschäftigungswachstum anstrebt (vgl. Kollmann 2016, S. 2 ff.). Die Orientierung hinsichtlich neuer Innovationen und beschleunigtem Wachstum von Startups äußert sich meist durch internetbasierte, digitale und internationale Ausrichtungen. Dies führt zu größeren Märkten und effizienteren Vertriebswegen (vgl. Metzger 2018b, S. 1 ff.). Startups sind meistens wachstumsorientiert und benötigen daher relativ viel Kapital. Dennoch besitzen sie oft keine ausreichenden Sicherheiten, um die zu Beginn anfallenden Investitionen durch Kredite zu finanzieren (vgl. Ripsas/Tröger 2015, S. 4). Durch die Abhängigkeit von externen Finanzmitteln treten häufig Probleme bei der Gründungsfinanzierung auf.

2.1.2 Entrepreneurship

Schumpert sah die Innovation als wesentliches Element des Entrepreneurship an. Der ursprünglich aus dem Französischen stammende Begriff „entrepreneur“ ist ein Äquivalent zu den im deutschsprachigen Raum verwendeten Begriffen Gründer, Unternehmensgründer und Existenzgründer (vgl. Klandt 1984, S. 26.).

Dem Gründerszene-Lexikon zufolge, ist ein Entrepreneur jemand, der die Risiken eines Unternehmens oder einer Unternehmung organisiert, verwaltet und übernimmt. Entrepreneurship kann dann als die Aktivität angesehen werden, die ein Unternehmer ausführt (vgl. Gründerszene, 2019). Für das Wort Entrepreneurship existieren eine Vielzahl von Definitionen, nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch länderspezifische Definitionen. In den Vereinigten Staaten ist Entrepreneurship der Beruf eines Entrepreneurs, während in Deutschland die direkte Übersetzung ins „Unternehmertum“ häufig für das Verhalten aller Unternehmer oder höheren Führungskräfte eines Unternehmens steht. Allerdings wird Entrepreneurship im neudeutschen Kontext für die Umschreibung für Gründergeist, Gründungsgeschehen oder auch Gründerkultur genutzt (vgl. Gründerszene, 2019).

2.1.3 Formen der Selbstständigkeit

Unter dem Oberbegriff Selbstständigkeit versteht man alle wirtschaftlichen Aktivitäten, die der Selbstständige außerhalb einer abhängigen Beschäftigung auf eigenes Risiko und eigene Rechnung ausübt. Darunter fallen zum einen gewerbliche Gründungen sowie Gründungen aus freien Berufen. Gründungen aus freien Berufen sind wirtschaftliche Tätigkeiten, die nicht von der Gewerbeordnung erfasst werden. Selbstständige Ärzte oder Anwälte gehören beispielsweise zu den sogenannten Freiberuflern, deren Tätigkeit allerdings eine spezielle Ausbildung voraussetzt. Bei gewerblichen Gründungen ist zwischen Existenzgründungen und Unternehmensgründungen zu differenzieren (vgl. RKW 2019, S.31-32).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Formen der Selbstständigkeit; eigene Darstellung in Anlehnung an RKW 2019 S. 31

Der Begriff Unternehmensgründung unterscheidet sich in seiner Bedeutung von dem der Existenzgründung. Dies ist eine Besonderheit der deutschen Sprache und kommt so in der englischen Literatur nicht vor.

Klandt ordnet die Begriffe einer subjektbezogenen bzw. objektbezogenen Gründungsaktivität zu. Bei einer Existenzgründung steht seiner Meinung nach, das Subjekt im Mittelpunkt. Darunter versteht Klandt den Wechsel einer Person aus der abhängigen Beschäftigung oder Arbeitslosigkeit hin zur Selbstständigkeit (vgl. Klandt 1984, S. 31). Fallgatter sieht eine Existenzgründung oftmals als eine Replikation bereits bekannter Unternehmensformen, was einen grundsätzlichen Verdrängungswettbewerb zur Folge hat (vgl. Fallgatter, 2001, S. 1217 ff.). Per Definition zählen demnach Übernahmen und Beteiligungen ebenfalls zu den Existenzgründungen, obwohl kein Unternehmen im wirtschaftlichen Sinne gegründet wird. Eine Unternehmensgründung hingegen steht für die Schaffung einer neuen Wirtschaftseinheit und ist daher als objektbezogen zu betrachtet (vgl. Klandt 1984, S. 31).

2.1.4 Best-Practice und Good-Practice

Der Begriff Best Practice wird in Konsens als beste und bewährteste Vorgehensweise, Methode oder Anwendung definiert, welche von einer Organisation bereits real und praktisch umgesetzt wird. Das Gabler Wirtschaftslexikon definiert Best-Practice-Orientierung als die Umsetzung herausragender und exzellenter Praktiken, um nachhaltige Verbesserungen und eventuelle Wettbewerbsvorteile zu erlangen (vgl. Alisch 2004, S. 401)

Etwas umfangreicher beschreibt Krems den Begriff Best Practice. Demnach geht es vor allem um die systematische Suche und Herausstellung erfolgreicher, vorbildhafter Lösungsansätze anderer Organisationen. Dabei führt er mehrere Kriterien auf, welche es zu beachten bzw. zu erfüllen gilt (vgl. Krems, 2011):

- messbare Ergebnisse, die den Erfolg eines spezifischen Ansatzes nachweislich belegen können, sollten vorliegen,
- eine positive Wirkung muss feststellbar sein,
- die Lösung sollte innovativ sein und wiederholbar,
- der Erfolg sollte nicht durch einmalige Besonderheiten bedingt sein und
- der Einsatzbereich sollte ausreichend groß sein.

Daneben besteht ebenfalls der etwas pragmatischere Ansatz des Good-Practice, welcher für die Ermittlung von guten Lösungsansätzen dient. Good-Practice Lösungen sind weniger kompliziert zu ermitteln, da es sich nicht um die optimale Lösung im Marktumfeld handelt. Allerdings wird in der Fachliteratur fast ausschließlich von dem Best-Practice-Verfahren gesprochen, wobei nur selten eine genaue Definition des Begriffes vorkommt. Daher beziehe ich mich in dieser Arbeit auf den Best-Practice-Begriff.

2.2 Entwicklungs- und Finanzierungsphasen von Startups

Die Entwicklung eines Startups, also einer innovativen Unternehmensgründung, kann entsprechend des Reifezustandes in drei Phasen unterteilt werden. Diese sind besonders für Risikokapitalgeber, auf die im Laufe der Arbeit näher eingegangen wird, von Interesse (vgl. Kollmann 2005, S. 213). Aber auch für die interne Planung kann eine Kategorisierung des Entwicklungsstandes von Bedeutung sein. Die Grenzen zwischen den einzelnen Phasen verlaufen dabei meist fließend, sodass eine klare Einteilung nicht immer möglich ist.

2.2.1 Early Stage

Noch vor der eigentlichen Gründung eines Startups existiert eine Ideen- und Konzeptentwicklungsphase, die oft als Pre-Seed bezeichnet wird. In dieser Phase wird nur selten Kapital von außen beigesteuert. Es sind meistens Businessplan-Wettbewerbe, Veranstaltungen oder Universitätsprogramme, die diese Phase fördern und finanzieren. Da sich nicht nur das Team mit dem Konzept in der Entwicklungsphase befindet, sondern auch selten ein Geschäftsplan vorliegt, ist es für Außenstehende sehr schwierig, die Idee und das Potenzial des Startups zu bewerten. Die Pre-Seed Phase sehen viele eher als interne Entwicklungszeit der eigentlichen Idee und des Geschäftsmodells an. Investoren sehen daher häufig die nächste Phase, die Seed-Phase, als den eigentlichen Startup-Beginn, in der sie von der konkreten Geschäftsidee erfahren können (vgl. Kollmann 2005, S. 214).

Die sogenannte Early Stage gilt als eigentliche Gründungsperiode und deckt alle Aspekte von der Geschäftsplanung über das Prototyping bis hin zum Testen und Verkaufen der ersten Produkte ab. Viele Investoren suchen in dieser Zeit nach dem Proof-of-Concept, bei dem das Startup nicht nur nachweisen muss, dass die Geschäftsidee Potential hat, sondern auch, dass die Kunden bereit sind, ihre Dienstleistungen oder Produkte zu kaufen. Diese Seed- oder Startup-Phase ist die klassische Zeit, in der Business Angels bei sehr hohem Risiko investieren. Ebenso ist es wichtig, dass staatliche und institutionelle Programme, in dieser Phase finanzielle Unterstützung gewähren und Risiken übernehmen, die der Markt nicht zu tragen bereit ist.

2.2.2 Expansion Stage

Mit dem Eintritt in die Expansion-Stage gilt das Konzept des Startups für Investoren als weitestgehend erwiesen. Auch eine konstante Nachfrage sowie die Geschäftsfähigkeit wird den Gründern unterstellt. In der Regel treten in dieser Phase die ersten Wettbewerber in Erscheinung. Zudem wird verstärkt an der Produktion, der Ausweitung des Vertriebssystems und an der Weiterentwicklung der Produkte oder Dienstleistungen gearbeitet (vgl. Kollmann 2005, S. 214). Um den Ausbau des Unternehmens voranzutreiben, wird Kapital benötigt. Neben klassischen VC-Unternehmen, die oft die Finanzierung in dieser Phase übernehmen, leiten gerade umsatzstarke Unternehmen bereits den Gang an die Börse ein (vgl. Hahn 2014, S. 219).

2.2.3 Later Stage

In der Later-Stage (Spät- oder Wachstumsphase) der Unternehmensgründung ist weiteres Kapital für die „Skalierung“ des Geschäftsmodells nötig. Darunter versteht man die Steigerung der quantitativen Parameter, wie die Mitarbeiter-, Kundenzahl und die des Umsatzes. Also die Etablierung des Unternehmens am Markt. Außerdem wird eventuell Kapital für die Diversifikation der Produkte oder Dienstleistungen bzw. Sanierungen benötigt. Daneben kommt es im Management vermehrt zu Umstrukturierungen, wobei das Gründerteam oft durch erfahrenere Führungskräfte ersetzt wird. Auch in dieser Phase erfolgt die Finanzierung oft über Fremdkapitalgeber und Investoren (vgl. Kollmann 2005, S. 214). Während dieser Entwicklungsphase treten Startups üblicherweise in die Gewinnzone ein, wobei das Risiko zu scheitern nur noch gering ist.

2.3 Unterstützungsmöglichkeiten für Unternehmensgründungen

2.3.1 Finanziell Unterstützungsmöglichkeiten

Venture Capital wird unter anderem auch als Wagniskapital oder Risikokapital bezeichnet. Darunter versteht man die außerbörsliche Bereitstellung von Eigenkapital durch Beteiligungsgesellschaften für risikobehaftete Unternehmungen, wie Startups. Die finanzielle Unterstützung ist dabei auf einen festgeschriebenen Zeitraum begrenzt und sichert den Investoren im Gegenzug aktive Kontrollrechte zur Einflussnahme. In der Regel wachsen Jungunternehmen durch eine solche Finanzierungsform schneller, sind innovativer und scheitern seltener (vgl. Hahn 2014; S. 57-58).

Forschung und Politik sind der Meinung, dass Venture Capital wesentlichen Einfluss auf die Innovationsfähigkeit einer Wirtschaft hat. Dabei gilt das Wagniskapital als die entscheidende Finanzierungsform in Märkten, die durch starke Informationsasymmetrie ein hohes Risiko aufweist. In einem solchen Markt gilt die Beschaffung von Finanzmitteln seither als schwierig (vgl. Popov/Roosenboom, 2012, S. 447 ff.).

Private Equity kann als Oberbegriff für Beteiligungs- oder Risikokapital geltend gemacht werden und ist eine Form des Eigenkapitals, das ebenfalls außerbörslich in Startups investiert wird. Im Gegenzug für die finanziellen Mittel erhält die jeweilige Privat Equity Gesellschaft, die in der Regel das Geld von Privatpersonen oder institutionellen Anlegern einsammelt, Anteile am Unternehmen. Das Ziel einer solchen Investition ist es, das Wachstum anzukurbeln und durch eine spätere Veräußerung oder Rekapitalisierung satte Gewinne einzufahren (vgl. Hahn 2014, S.61-62).

Banken gelten als klassischer Fremdkapitalgeber, sind aber häufig nicht in der Lage aufgrund des hohen Anlagerisikos oder auch durch Regulierungen (Basel IV) Eigenkapital an Startup Unternehmen zu vergeben. Eine Reduzierung des Anlagerisikos für Banken können Jungunternehmen oftmals erst in einem späteren Entwicklungsstadium aufbringen. Banken sind jedoch ein wichtiger Vermittler für öffentliche Förderungsprogramme (vgl. Hahn 2014, S. 77 ff.).

Dadurch, dass Startups im Hinblick auf das gesamtwirtschaftliche Interesse immer mehr in den Fokus rücken, existieren mittlerweile mehrere von der Regierung oder Förderbanken geschaffene Förderprogramme. Die Förderprogramme zeichnen sich vor allem durch niedrige Zinsen, lange Vertragslaufzeiten oder Rückzahlungserstattungen aus (vgl. Hahn 2014 63 ff.; BMWi 2018a, S. 36).

Crowdfunding ist eine erst seit kurzem relevante Finanzierungsform. Über Internetplattformen wird mittels einer Selbstdarstellung der Unternehmensidee Geld eingesammelt. Die unterstützende Gemeinschaft stellt, soweit das Interesse für das jeweilige Projekt vorhanden ist, das Kapital zur Verfügung, welches dem Unternehmen sodann zu Verfügung steht (vgl. Schramm/ Carstens 2014, S. 6-7).

2.3.2 Weitere Unterstützungsmöglichkeiten

Gründerzentren sind physische Einrichtungen, die potenzielle Gründer und Gründungsinteressierte bei ihren Vorhaben unterstützen und informieren. Durch die Bereitstellung von Räumlichkeiten und Grundausstattungen können Gründer Betriebskosten einsparen. Auch die Nutzung gemeinsamer Ressourcen, wie z.B. Infrastruktur, Kooperationsmöglichkeiten und andere Dienstleistungen (vgl. Kailer/ Weiß 2014, S. 85-86) sind Vorzüge von Gründerzentren. Dabei können Sie auf allgemeine oder auch auf innovationsorientierte Gründungen ausgerichtet sein, welche dann als Technologie- und Innovationszentren bezeichnet werden. Häufig sind solche Zentren an Universitäten angesiedelt (vgl. Förderland 2015).

Business Angels sind Investoren, die unternehmerische Erfahrungen in ein Startup einbringen. Sie zeichnet vor allem finanzielle Stärke, branchenspezifisches Knowhow und ein großes Kontaktnetzwerk aus. Business Angels investieren meistens in einer frühen Entwicklungsphase in Unternehmungen, erhalten dafür eine Minderheitsbeteiligung und sind an aktiver Mitwirkung im Unternehmen interessiert (vgl. Kailer/Weiß 2014, S. 67). Daneben verfolgen auch sie das Ziel, ihre Anteile nach einigen Jahren gewinnbringend zu veräußern (vgl. Kollmann 2005, S. 54).

Inkubatoren (auch „Brutkästen“) sind Institutionen, die potenzielle Gründer in der frühen Gründungsphase mit verschiedenen Betreuungs- und Förderprogrammen unterstützen. Vor allem durch Beratungsleistungen und der zur Verfügungsstellung von Räumlichkeiten und Infrastruktur sind sie jungen Unternehmen bei der Weiterentwicklung der Geschäftsidee, dem Bau von Prototypen und dem Aufbau eines Teams behilflich. Außerdem dienen Inkubatoren auch zur Vermittlung von Kontakten, wie z.B. Investoren. Die Gründung des Unternehmens erfolgt oftmals erst während des Programmes (BMWi, 2018a, S.48).

Ein Accelerator deckt sich weitestgehend mit einem Inkubator-Programm. Das Ziel eines Accelerators besteht darin, zur Entwicklung des Unternehmens beizutragen und speziell die Unternehmensidee zu einem marktreifen Produkt bzw. einer marktreifen Dienstleistung zu formen. Über ein Bewerbungsverfahren ist es Startups möglich von einer solchen Unterstützungsmöglichkeit zu profitieren. Dabei fungiert das Programm als eine Art Trainingslager, indem neben vorhandener Infrastruktur und bestehender Netzwerke auch Coachingmaßnahmen bereitgestellt werden und Wissenstransfer stattfindet. Gegen Ende ist es den Startups möglich, an dem sogenannten „Demo-Day“ ihr Unternehmen vor Investoren zu präsentieren (vgl. Der Brutkasten 2016).

Co-Working-Spaces sind Räumlichkeiten, die von Gründern kostengünstig befristet angemietet werden können und zur gemeinsamen Nutzung zur Verfügung stehen. Zumeist sehen Co-Working-Spaces keine beratenden oder unterstützenden Tätigkeiten vor, sondern dienen den Jungunternehmen dazu, von dem Austausch und der Vernetzung mit anderen Startups zu profitieren (vgl. Zehrfeld/Funke 2014, S.99).

Gründungswettbewerbe sind wesentlicher Bestandteil der Gründungsförderung. Allgemein unterscheidet man zwischen unterschiedlichen Wettbewerbstypen, wie z.B. Ideenwettbewerben oder Businessplanwettbewerben. Als Anreiz werden Geld- oder Sachpreise vergeben. Daneben besteht die Möglichkeit, sich für Workshops und Coachings zu qualifizieren und von gegebenen Netzwerken zu profitieren (vgl. The Venture 2016). Ein weiterer Vorteil eines erfolgreich absolvierten Gründungswettbewerbs ist die mediale bzw. öffentliche Aufmerksamkeit, die einem Unternehmen zu Teil wird (vgl. Kerlen/ Prescher 2010, S. 12-13).

3 Das Gründerökosystem

3.1 Theoretische Modelle der Erfolgsfaktoren

Der Begriff Ökosystem wird ursprünglich in der Biologie verwendet und stellt ein biologisches System dar (vgl. Schwarzkopf 2015, S. 21). Dem Wirtschaftslexikon Gabler zufolge ist ein Ökosystem ein „komplexes Wirkungsgefüge verschiedener Lebewesen und deren anorganischer Umwelt“ (Günther 2018).

In der Literatur existieren verschiedene Modelle und Forschungsansätze, die die auf das Gründerökosystem wirkenden Faktoren beschreiben (vgl. Ahmad/Hoffman 2007, S. 16). Die nachfolgenden Ökosystem-Modelle fokussieren sich speziell auf Neugründungen von Unternehmen (vgl. BMBF 2015, S. 6). Denn bereits dem Ökonomen Alfred Marshall zufolge kommt es vermehrt zu Gründungen, wenn die Umfeldbedingungen stimmen, also die Rahmenbedingungen eine Neugründung begünstigen (vgl. McKinsey&Company 2013, S.19).

Daniel Isenberg ist einer der ersten Forscher, der die einflussnehmenden Rahmenbedingungen definiert hat und mit Hilfe eines Modells das sogenannte Gründerökosystem beschreibt. In seinem Modell geht Isenberg davon aus, dass sich das unternehmerische Ökosystem aus den sechs Faktoren Politik, Finanzierung, Kultur, Humankapital, Märkte und Unterstützung zusammensetzt (vgl. Isenberg, 2011b). Obwohl jedes unternehmerische Ökosystem einzigartig ist, vertritt er die Meinung, mit seinen sechs Wirkungsbereichen alle möglichen individuellen Gegebenheiten zuordbar machen zu können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Die sechs Domänen des Gründerökosystems; eigene Darstellung in Anlehnung an Isenberg 2011.

Auf den Gründer als Person, den man durchaus als relevanten Faktor eines solchen Systems ansehen könnte, geht Isenbergs in seinem Modell nicht weiter ein. Ebenso wie auf die Wechselwirkungen der einzelnen Faktoren untereinander.

Außerdem definiert Isenberg einzelne Prinzipien, die zur erfolgreichen Entwicklung eines Gründerökosystems in der Praxis beitragen (vgl. Isenberg 2011a, S. 2-11):

- Differenzierung zwischen den unterschiedlichen Formen der Selbstständigkeit. Wie in Kapitel 2.1.3 beschrieben, ist ein Startup klar von anderen selbstständigen Unternehmensformen abzugrenzen. Isenberg verweist in diesem Zusammenhang auf die Relevanz der Chancengründer als Erfolgsfaktor.
- Eine starke Reputation des Bereiches Entrepreneurship durch die Sensibilisierung der Öffentlichkeit.
- Eine ganzheitliche Betrachtung des Gründerökosystems mit einer vollumfänglichen Analyse der verschiedenen Wechselwirkungen zwischen einzelnen Faktoren.
- Die Konzentration auf den Ausbau bereits ausgeprägter Gründerökosysteme.
- Einen zeitlich festgeschriebenen Austrittspunkt für Startups, um durch neue Innovationen das Ökosystem dynamisch zu halten.

Das Weltwirtschaftsforum entwarf in Zusammenarbeit mit Stanford und Ernest Young ebenfalls ein Modell eines Gründerökosystems.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Gründerökosystem, eigene Darstellung in Anlehnung an World Economic Forum 2013, S. 6.

Das Modell besteht aus den Säulen: zugängliche Märkte, Humankapital, Förderung und Finanzierung, Mentoren/Berater/Unterstützungssysteme, Infrastruktur und Ordnungsrahmen, Bildung, Universitäten als Katalysatoren und kulturelle Unterstützung, (vgl. World Economic Forum 2013, S. 6 ff.). Sechs der acht Wirkungsbereiche stimmen mit denen von Isenberg weitestgehend überein. Zusätzlich sind die Faktoren „Allgemeine und berufliche Bildung“ und "Große Universitäten als Katalysatoren" vorhanden. Diese beiden zusätzlichen Säulen sind in Isenbergs Modell in der Subkategorie „Bildungseinrichtungen“ des Bereichs Humankapital zusammengefasst. Allerdings kann auch hier die gleiche Kritik, die für die Version von Isenberg gilt, auch für die Version des World Economics Forums einschließlich der beiden zusätzlichen Säulen geäußert werden. Wie in Isenbergs Version fehlt der Gründer ebenso wie die Korrelationen unter den Einflussfaktoren. Auch der Stand der Technik und das Wettbewerbsumfeld werden nicht berücksichtigt, obwohl dies beispielsweise eine der Schlüsselfragen ist, die Investoren mit Startups diskutieren.

Das Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft beschreibt das Gründerökosystem im Allgemeinen als ein komplexes Zusammenspiel aller gründungsrelevanter Wirkungsfaktoren, bei dem der Gründer im Mittelpunkt der Betrachtung steht (vgl. RKW 2015, S. 12-13).

Spigel (2015) bezieht sich auf die zuvor genannten Erfolgsfaktoren und fasst die am häufigsten genannten Elemente zusammen. Er unterteilt sie grob in drei Hauptkategorien: kulturelle, soziale und materielle Komponenten. Die Grundüberzeugungen und Perspektiven einer Region in Bezug auf das Gründungsvorhaben stehen für das kulturelle Merkmal. Es umfasst die kulturelle Einstellung und historische unternehmerische Erfolgsgeschichten. Alle Ressourcen, die aus sozialer Vernetzung entstehen oder über diese bezogen werden repräsentieren die soziale Komponente. Sie umfasst das Netzwerk selbst, Vorbilder und Mentoren sowie Talente. Schließlich gibt es noch Universitäten, Unterstützungsdienste und -einrichtungen, Politik und Regierung sowie offene Märkte, die die materielle Komponente darstellen (vgl. Spigel 2015, S.49 ff.)

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die einzelnen in der Literatur diskutierten Modelle, kaum Abweichungen untereinander aufweisen. Allerdings sind sich die Autoren einig, dass jedes Gründerökosystem individuelle Ausprägungen aufweist. Vor allem durch die unterschiedlichen Einflussfaktoren und deren Wechselwirkungen untereinander, ist jedes Ökosystem einzigartig. Daher sollten die Erfolgsfaktoren als gründungsbeeinflussende Bestandteile gesehen werden, die nicht zwangsläufig Bestandteile des Systems sein müssen.

3.2 Ausgewählte Erfolgsfaktoren

Um einen konzeptionellen Rahmen für die weiteren Untersuchungen zu schaffen, werden die in den Modellen aufgeführten Faktoren zu einheitlichen Einflussfaktoren zusammengeführt und im weiteren Verlauf der Arbeit einfachheitshalber ausschließlich isoliert betrachtet. Dabei wird sich auf die Erfolgsfaktoren von Isenberg (Kultur, Humankapital, Marktbedingungen, Finanzen, Politik und Unterstützung) bezogen. Ausgewählte für den weiteren Verlauf der Arbeit wesentliche Erfolgsfaktoren (Humankapital, Politik, Kultur und Finanzen) bilden die Rahmenbedingungen für die anstehenden Untersuchungen und werden fortfolgend erläutert.

3.2.1 Humankapital

Der Zugang zu Humankapital umfasst den Zugang zu dem Bestand an Wissen und Fähigkeiten, die sich in Einzelpersonen befinden (vgl. Wright et al. 2007, S. 791 ff.). Daher bezieht es sich nicht nur auf das Bildungsniveau des Einzelnen, sondern auch auf die Ausbildungsmöglichkeiten, die er auf seinem Karriereweg genießt. Humankapital wird als eines der wichtigsten Triebkräfte für unternehmerisches Handeln angesehen und bleibt während des gesamten unternehmerischen Lebenszyklus von Bedeutung. Erstens ist Humankapital von entscheidender Bedeutung für die Bildung unternehmerischen Handelns, da es die Fähigkeit bietet, die richtigen Chancen zu erkennen und zu ergreifen und sie zu detaillierteren Geschäftskonzepten zu entwickeln (vgl. Marvel 2013, S. 403 ff.). Zweitens wirkt es sich positiv auf die Unternehmensleistung aus, da es die erforderlichen Funktionen für den täglichen Betrieb von Unternehmen bietet, z. B. zur Problemlösung und zur Entscheidungsfindung (Chandler/ Hanks 1994, S. 331 ff.). Drittens ermöglicht es die Ansammlung von neuem Wissen und die Entdeckung und Entwicklung von Wettbewerbschancen (Corbett et al. 2007, S. 829 ff.).

[...]


1 Duden: „(besonders in Wirtschaft und Politik) bestmögliche [bereits erprobte] Methode, Maßnahme o. Ä. zur Durchführung, Umsetzung von etwas.“; Genauer beschrieben in Kapitel 2.1.4.

Ende der Leseprobe aus 76 Seiten

Details

Titel
Rahmenbedingungen für innovative Unternehmensgründungen
Untertitel
Empfehlungen für Deutschland auf der Grundlage europäischer Best Practices
Hochschule
Fachhochschule Trier - Hochschule für Wirtschaft, Technik und Gestaltung
Note
1,3
Autor
Jahr
2020
Seiten
76
Katalognummer
V1005105
ISBN (eBook)
9783346385574
ISBN (Buch)
9783346385581
Sprache
Deutsch
Schlagworte
rahmenbedingungen, unternehmensgründungen, empfehlungen, deutschland, grundlage, best, practices
Arbeit zitieren
Jonathan Dittner (Autor:in), 2020, Rahmenbedingungen für innovative Unternehmensgründungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1005105

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